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HERMANN SCHERCHEN ...... Oeleilwoii
:::::: AN BUSON1 —
HEINZ TIESSEN .........
HERMANN SCHERCHEN . . . . .
Prof, OSCAR BII; ........
Prof. ADOLF WKISSMANN . . . .
KI!.i>\*SSt. 1-i-iMHVhi lUi^mi
PAUL VON KLENAU .......
Dr. LEICHTENTRITT .......
HERMANN SCHERCHEN . . . . .
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Arnold Schdnberu
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Der Wen #uin modernen Pianiftcn
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a.usf dUiejSlith dem Geiffe der Perf onlichkeif unferliegen 1 — foda0 es
fich fur uns nichf urn eine Theorie des Fur — oder — Wider handelf, fondern darum, ganz
die Bedeufung der beiden Einzelfakforen zu erfaffen, die zufammengefaj5f immer erff das
Gefamfbild „Mufikkulfur" ergeben.
Der Sinn, den das Worf Melos fiir uns umfdilie^f, beffimmf audi die Art wie die
Probleme erorferf werden follen. Qedes Ajiffinden „innerer GefefsmaPigkeifen'' fefjf
neben dem Wiffen um die Taffadien eine fchopferifche Fahigkeif voraus: Konffafieren
und Formulieren, Defshalb werden die Melosblaffer ganz auf Akfivifaf eingeffellf fein,
iff alle Beibringung von Taffachenmaferial hier Miffel — niemals aber Ziel Deshalb
kennen wir keine „Krifiken" — wohl aber Monographien, in denen von unem liber-
fchauenden Geiffe aus der Fiille der konffafierfen Erfcheinungen Typifches und Wefenf-
lidies abgeloff und in Synlhefen zu einem Idealfyp zufammengefragen wird. Bei all
diefen Dingen werden neben den „Befrachfend"- Werfenden (Krifiker, Affhefik^r) „Aus-
iibend"-Werfende (die Kiinffler felbff) zum Worfe kommen, bei aller Problemafik nie-
mals der Unfergrund, das rein Mufikanfifdie vergeffen werden. Es gibf Zeifen, wo
alles fo in Frage geffellf iff, da$ das Problem um des Problems willen widifig wird, —
um fo behuffamer muff en alle fieferer Einfichf Fahigen in unferer enffcheidenden Wende-
zeif an dieDinge herangehen, um nie das Band zu diefem Unfergrunde felbff zu verlieren.
Die Melosbeilagen Werden eineReihe von unveroffenflidifenDokumenfen (Brief e ufw.)
bedeufender Perfonlidikeifen umfaffen; die Nofenbeilagen beginnen mif einem Zyklusi
Typea des modfernen Liedes. Im Anhang wird eine Anzeigenfafel ausgebauf, die eine
forflaufende 13 berfichf aller wichfigeren Neuerfcheinungen ermoglichen und Manufkripf-
anzeigen umfaffen foil. Hier wollen die Melosblaffer eine unbeeinfluj5fe, ffafiffifch-fadilidie
Widerfpiegelung des mufikaltfdien Sdiaffens der Zeif geben.
Hermann Sdierchen*
cm
■: i
An Ferruccio Bujoni]
In dankbarem Gedenken an die zwei Jahrzehnfe umfaffende
kiinftlerifehe Arbeit in unferer Sfadf, und in der Uberzeugung, daj3
die Bande nichf zu lofen find, weidie das mufikaiifche und kulturelle
Berlin, wie Deuffdtland iiberhaupt mit Ihnen verkniipfen, bitten wir
Sie, hochverehrter Meifter Bufoni, Ihre ideale, felbfflofe Tatigkeit in
unferer Miffe wieder aufzunehmen.
I. A. der Neuen Mufikgefellf chaff: I. A. der Redaktion:
Wolfgang Gurlitf. Hermann Scherdien,
4
Der neue Strom
Von Heinz T i e f f e n
I.
Strom, nidif Sfromung. Zukunff, nichf herablaffend gewiirdigfe Sonderbewegung.
Dm was gehf es, urn ein Worf mif der Endung „ismus"? Gibf es in der Tonkunff das,
was in Dichfung und biidender Kunff man Impreffionismus und Expreffionismus nennf?
Haf redif, wer diefe Modeworfe mif tiberlegener Geffe verwerfen will? (Off, im dia-
lekfifdieri Zwiegefedif, wahnf jemand, den anderen widerlegf zu haben, und hat nur
feine Auj3erungsform, das unvollkommene Auskunffsmiffel „Worf", gefroffen, nichf feinen
Gedanken felbff.) Weif mehr find diefe Ridifungsparolen, als nur Sdilagworfe fur be-
grenzfe Kunff lergruppen: alfe, ewige, nafurnofwendige, grundlegende Eigenfdiaffen des
Menfchengeiffes, Ihre bewuf5fe Einzelbefonung haf neuerdings Sdilagworfe daraus ge-
jchaffen. In diefer Einzelbefonung fpiegelf fich der Charakfer zuerff der impreffioniffifdien
Zeif, danadi der expreffioniffifchen. Wekhe kiinfflerifdien Fragen befchaffigen heufe
die Mufikwelf? Sind es foldie der ideell-fchopferifdien Einffellung, das Prinzip des
mufikalifdien Exprejfionismus? Im geiffigen Sinne iff diefe Frage die widifigere. Aber
naher und vernehmbarer nodi fonf Sfimmengewirr von dem Kampfplafze, wo man iiber
handwerkliche Miffel und Grundlagen ffreifef. Wer madif die elemenfarffenEinwendungen?
Das Ohr. Was begegnef den elemenfarffen Widerffancieii ? Dinge des Tonmaferials:
neue Klangelemenfe. Nach dem ideellen Sdiaffensproblem wird darin, zuvorderff, noeh
nidif gefragf. Was die Kunff der Romanfiker an Impreffionismus enfhalf, was Beefhoven
an Exprejfionismus, iff iiberdies (audi ohne diefe Bezeidmungen) jedem unbewu£>f ge~
laufig. Die Klange als foldie find das unmiffelbar Erregende in der Tonwelf der jungen
Generation. Man fagf „Kakophonie", mif dem Sfolze deffen, der fiir das ihtn Un-
verffandlidie ein begliickend ilberlegenes (und fehr wenig zufreffendes) Fremdworf ge-
funclen haf. So darf ich zunadiff die maferiell - handwerklichen Elemenfarfragen ein
wenig beleuchfen.
Die Mufikfheorefiker unferer verheiJ3ungsreichen Werdezeif find iibel dran. In ge-
fcheifer Beweisfuhrung verfudien fie es, aem alfen Syffem als unwefenflidie Grenz-
moglichkeifen anzugliedern diejenigen Dinge, die fiir die fdiopferifche Empfindung von
heufe Kern und Wefen find. Alle Zufammenklange, die nichf nach dem gefe^lidi ge-
fchii^fen Gebrauchsmuffer 1—3—5—7 orienfierf find, feien nichfs als Gebilde aus Nachbar-
nofen der eigenflidien rediffchaffenen Drei- oder Vierklangsfone, in die fie denn audi
unverziiglidh fich aufzulofen die Pflichf haffen, da fie felbff keine biirgerlidien Ehren
redife befa£>en. Als ob Nafur — die, enffprediend efwa der Farbenreihe des Sonnen-
fpekfrums in der Opfik, dem Klangfinne die Urfaffadie des Grundfones mif feinen Ober-
fonen als orienfierende Grundlage verliehen haf — nidif hinausgegangen ware iiber
Terz und Sepfime; als ob Nafur nur drei Tonen die Beredifigung eigenen Dafeins ge-
gonnf haffe; als ob fie einer kleinen bevorzugfen Oberfdiichf das alleinige Eigenfums-
redif am mufikalifdien Grund und Boden und Kapifal und die alleinige Regierungsgewalf
fiir alle Zeifen iiberfragen haffe. Die fogenannfen „Diffonanzen" y die lange Enfredifefen*
haben nun zum enffcheidenden Kampf fich gefammelf. Auf die Barrikadenl Dikfafur
5
dies Proletariats! Heine Konfonanz darf mehr der Regierung angehorenl (Man ver-
Iff eh f den Radikaiismus der in ihren Redifen nodi nichf Anerkannfen.) So fordern's die
Diffonanzen, forderf's Sdionberg. Nadi deffen Meinung „konnen vielleidif diefe efwas
leeren Klange (d, h. die fruheren Akkorde) nichf ffehen nehen jenen vollen, ■ iippigen,
wahrend die ausfchlieJSiiche Verwendung der einen oder der anderen Einheiflichkeif
und damif ridifige Wirkung fidierf". So viel iff War: ein komplizierfes Diffonanzengebilde
kann fidi nichf in plolpdier Harmlofigkeif zu eineni. einfachen Dreiklange hinwenden;
das Qefiihl forcierf iiberzeugende Abgeffuffheif im Sfimmengewebe, Aber „ausfchlieP*
lidie Verwendung der einen oder der andern" — diefe Alternative, diefe Polifik des
Klaffenhaffes vermag ich nidif ffidihalfig zu finden. Wer ware unfer uns Jiingffen auf
die ffralilencle Elemenfarkraff des reinen C-dur-Dreiklangs zu verzichfen gewiilf? Der
Klaffenkampf follfe bereifs hinfer uns liegen, wie audi der Klaffengegenfa^ „Konfonanz-
Diffonanz" hinfer uns liegf. (Sonff audi fur Sdionberg; ein kleiner Widerfprudi bei ihm.)
Das AbffufungsbewuJ3ffein hat das primitive Gegenfafjdogma abgeloff, Abgeffnff fur
Gefuhl und Praxis waren wohl die „ Diffonanzen" -unfer fidi, ebenfo die „Konfonanzen"
unfer fich: Okfave, Quinfe, Terz. Die Terz darin faff gleidi der Dijfonanz, da)3 fie un-
gern verdoppelf wird, wie fie einff audi nidif fdilu$fahig war. Heufe horen, fiihlen und
wiffen wir, daj3 audi beide Gruppen zufammengenommen ohne fdiarfe Scheidung eine
gemeinfame grojSe Sfufenreihe bilden; da|5 mancher mild „diffonierende" Akkord einem
„konfonierenden" ahnlicher iff als einem fdiarfer diffonierenden; und daf3 man einen
fdiarfer diffonierenden in einen milderen hineinfuhrf niif dem Gefuhl der Anflofung.
Die forflaufende graduelle Abffufung (Sdionberg jfoigf diefer allein bef'riedigenden Ridif-
linie nidif ganz t obwohl er fie felbff verktindef) hat ihre legitime mafhemafifdie Konfrollier-
barkeitSin dem forflaufenden Verhalfnis der Sdiwingungszahlen, in denen gleichfalls von
gegenfafjlidien Gruppen kerne Rede fein kann. Weldi grofeske Komik liegf in der Vor-
ffellung, da|3 aus der Fiille aller Tone nur drei die voile Dafehisberedifigung befifcen,
ein vierfer nodi bedingf zugelaffen wird, alle tibrigen aber nur als abhangige Anhangfe!
(unfelb)fandige Nadibarn der Beredifigfen) figurieren mufJtenl Was legifirnierfe uns
dazu, fedis- oder fiebenffimmige Klange nidif in gleidier Weife zu befradifen wie den
Vierklang? Riemann nennf als einzigen Grund dafiir, daj3 man zur Svffembildung nidif
audi die weiferen Oberfone heranzog: das Ohrl Nun, damif iff fiir uns die Frage er-
ledigf. Wir find anderen Shines, weil wir andere Sinne haben.
Die Kernfrage der Toneiemenfe kriffallifierf fidi zum Problem der „Tonalifaf". Diefes
Zenfralifierungsprinzip fuj3t auf dem Verhalfnis des erffen zum zweifen Oberfone, von
„Tonica" und „bominanfe". Audi komplizterfeffe Harmoniefolgen und kiihnffe Modu-
lafionen in der bisherigen Mufik find im Pnnzip zurikkfiihrbar auf diefe einf'adie Grund-
limkfion, die wie Haken unci ©fe, wie Spannung und Lofung, wie Frage und Ant-
wort der Inbegriff der nuifikalifchen Logik iff. Da}3 in dem Verhalfnis Dominanfe
Tonica der Angelpunkf der Tonalifaf liegf, hat volie fachlidie Berediftgung. Aber audi
h.ier f genau wie in der Honfonanzbeffimmung, hat man fehr bald das Rennen auf-
gegeben. Nur eirige nadiffverwandte Klange hat man ausgewahlf und als tonalifaf-
hIJdend zufainmengefafM, alle fonffigen Klangmoglidikeifen aber von diefem Zufammen-
hange ausgefdiloffen. Die weiter enflegenen Tonverbindungen nannfe man atonal und
enfreditefe fie vollffandig.
Ein fo einengendes Tonalifafsdogma vermodifen die Sdiaffenden prakfifdi immer
weniger in voller Sfrenge anzuerkennen, je grojSer ihr Bediirfnis nadi Bewegungsfreiheif
und Erweiferung der Klangmoglidikeifen wurde. Seif langem wird, je nadi Tempera-
ment mid Spannweife, bald zaghaffer, bald heffiger an dem bisher verriegelfen Tore
gcriiffelf. Je&f find wir, fdieinfs, fo weif, daj3 Unendlidikeif ungehinderf einffromen kann,
und wir iiber den htirgerlidien Garfenzaun hinweg freien Horizonf gewinnen.
6
sr«ra«j
Die Qanzfonreihe, diefer kleine Vorffoj3 gegen die Tonalifat, iff kein gleidiwertiger
Erfafj fiir Durfonleiter und fonale Kadenzierung, Ihr fehlt das naturgegebene Grund-
element der reinen Quinfe fowie der Leitton, mifhin die Dominantfunkfion. Das aktiv-
energetifdie Moment kommt dadurch zu kurz, Unfahig zu pla'tifch-kraftigen Sdiriiten,
bietef die Ganztonreihe nur ein paffiv-fenfitives Verfdiwimmen und Sdiweben und bleibt
ein (bei Debuffy fehr reizvoller) Einzelfall ohne griindende Allgemeinbedeutung,
Die Tonfprache von Ridiard SfraujJ hat — foweit folche Formulierungen eben zu-
treffen konnen — zwei Seelen: eine tonale Mufizierfeele und eine zum Atonalen hin-
drangende, aber nidit fich vom Tonalen ablofende Ausdrucksfeele. Diefe am ftarkften
in feinem ftarkften Werke: „Elektra". Die Tonkunft verdankt Strau^ens Genius eminente
Bereidierungen. Durdi Vermittlung beftimmter fiofflich-poetifdier Anregungen find neue
rhythmlfche, melodifche, harmonifche, inftrumentale Elemente fiir die mufikalifche Spradie
gewonnen worden, die es zuvor nodi nicht gab* (Und feinem univerfellen Kiinftiergeifte
dankt die Mufik eine erhohte Freiheit und Beweglichkeit im Ausftromen unmittelbaren
Lebensgefiihles.) Die nachftrauj3ifdie Tonkunft fiihlt das Bediirfnis, den bei Sfrauj3 vor-
handenen Dualismus von tonaler Mufizierfeele und zum Atonalen drangencler Ausdrucks-
feele fozufagen durch eine einzige Ausdrud*s-Mufizier-Seele zu erfefcen, die in ihrer
Stellungnahme zum Tonalitatsproblem unzweideutig den Kurs nach links nimmf. — Zu-
weilen fjndet man in Kunftbetraditungen den merkwiirdigen Gedankengang, daj3 irgend-
welche kiihnen Tonverbindungen, Sfimrnfiihrungen, Klangkombinationen der Tonkunft
als fcldier nidit eigentlich angehoren diirffen und nur wohl einmal auf Grund befonderer
auf5ermufikalifcher Gefichtspunkte ftaifhaft feienl! Daj5 diefes kunftkritifdie Kuriofum
gerade ein Lieblingsfa^ der neudeutfdien Phrafeologie ift, die nichts ohne nafuraliftifdie
Erklarung gelten laj3t, ift eine verhangnisvolle Folge der falfdien naturaliffifchen Auf-
faffung der ProgramnvMufik: Aufgeben einer mufikalifchen Stilgeftaltung zugunffen greif-
barer ftofflicher Verdeutlichungszwecke.
Sdionberg machi der bisher herrfchenden Mufikfheorie den bereditigten Vorwurf,
daj3 fie nur die erften drei Oberfune des Tones berutkfichtige und ihr Svftem durdi In-
zudit der hieraus abgeleiteten Gefe^e griinde, anftatt weiter zu fuchen und die ubrigen
Obertone unterzubringen. Pofitiv jedoch folgf er nicht diefer felbftgezogenen Kidiflinie,
fondern gibt die Beziehungsmoglidikeit auf ein Zentrum vollig preis. Er meint, wer
an Tonalitaf glaube, fiir den miiffen neue Tonreihen und Klange von vornherein aus-
gefdiloffen fein, der durfe nur Elemente verwenden, die fich der Tonalvaf willig einfiigenJ
wem die Klange unferer Klafliker nidit gentigen, der mtiffe ganz aaf fie verzichfen. In
diefer Alternative gibt er den Qevvinn wieder preis, den feine kritifdie Einfidit gebradif
hatte, und verziditet auf den Ausbau der naturgegebenen tonlidien Verwandtfchafts-
beziehungen. Diefer Widerfpruch in ihm geht fo weit, daj5 er alien Ernftes den Ge-
danken eines Quartenfyftems erortert, das dem Naturvorbilde ganz aus dem Wege
geht, wahrend er das Quinf-Terz-Syftem eben deshalb ablehnt, weil es nidit weitgehend
genug das Naturvorbild beriickfidifigtl Komponieren konnen wir Quarten, fo viel
wir wollen; aber ein Syftem von allgemeiner griindender Bedeutung wird immer von
Quinte und Terz ausgehen miiffen, wie die Nafur. Das gleiche gilt audi von Bufonis
neuen Skalen, die eben kompofitorifdie Ereigniffe find, nidit fyftematifch-grundlegende.
Nur mit einer allumfaffenden tonlidien Weltordnung auf breiteffer Grundlage kann der
Zweck erreichf werden, nidit mit Einzelfallen.
Die bisherige Auslegung des Begriffes „Tonalitat" als fonlicher Weltordnung war
eine fo enge, da|3 fie heute keine Dafeinsbereditigung mehr beanfpruchen kann, Doch
mir erfcheint es weder finnvoll nodi gewinnbringend, deshalb im Prinzip jede
Zentralifierungsmoglidikeit iiber Bord zu werfen. Idi halte es nidit fiir richtig, wenn
man die Tonalitat (nidit die bisherige, aber allgemein die tonlidie Weltordnung) fchlecht-
hin fur uberwunden erklarf. Wenn im Reidie der Tone eine Sfaafsform verfagf, fo wird
man darum doch audi in jeder zukiinffigen Verfaffung „Funkfionare" und „Befriebsrafe"
braudhen. Und wenn wir heufe diejpafriardialifdi-monardiifdie Herrfdiaff der Dreiklangs-
dynaffie zur Abdankung zwingen, fo find dadurdi die (den erj'fen Grundinfervallen zu-
ffehenden) Fiihrerfunkfionen nichf aus der Welf gefdiafff. Die neue zenfralifierende
Verfaffung des neuen fonlidien Einheifsffaafes mu)3 in einer fo weifausgreifenden Weife
aufgebauf werden, daj3 alle, aber audi wirklich alle Klangmoglidikeifen darin „refflos
erfaj3f" werden konnen. Nichf die konfonanfe „Oberfdiichf", fondern die „ganze Maffe
des werkfafigen Volkes" bilde den Geiff diefer Verfaffung] Die Exiffenz eines Klang-
zenfrums, um das fidi die Klange in finnvoller Schaffierung gruppieren, wurzelf in einer
Nafurfaffache, gegen die wir uns fo wenig auflehnen konnen, wie efwa die Opfik gegen
die Elemenfargefetze von Lichf und Farbe. Ganz im Sinne diefer Nafurfaffadie liegf
es aber audi, den Radius des Tonreiches unbehinderf verlangern zu konnen, da die
Peripherie des Kreifes im Unendlidien liegf.
Die an fidi grundlegend widnfige Frage der Beibehalfung oder Ausfchalfung des
femperierfen Syffems, ohne das unfere bisherige Tonkunff in ihrer Form eine Un-
moglichkeif gewefen ware, iff vorlaufig fiir diefe allgemeine Richflinie nodi nichf enf-
fcheidend. Enffdieidend iff zunadiff hier vor allem, daj5 das fheorefifche O^tr mif den
„Diffonanzen" auf denfelben verfraufen Fu$ kommf, auf dem es bisher nur mif dem
Drei- undVierklarige ffand. Einmal fpielfelch einem geiffigund kiinfflerifdi weifblickenden,
dodi nichf fpezififch mufikalifdien Menfdien folgenden Akkord vor: C c g c' e' g' b' d" fis" a",
und fragfe ihn: „H6ren Sie das als Konfonanz oder als Diffonanz?" Er erwiderfe fponfan:
„Als Konfonanz/' (Anderes, Scharferes empfand er ais diffonanf.) Man fiehf: der nidif
durdi die fheorefifdien Doqmen der Dreiklangsfchule eingefdiniirfe Sinn vermag mehr
und ridifiger aufzufaffenl Diefer mif ffarker Anlehnung an die Oberfonreihe an-
gefdilagene Akkord haf eben aus der Nafur der Akuffik heraus in fidi diefe Einheif
und Zufammengehorigkeif, die — ebenfo nafiirlidi — fidi foforf veranderf, wenn wir
efwa das fiefffe C forflaffen. Tonalifaf als Prinzip der Beziehungen iff nidif iiberwunden.
Nur muj3 ihr wahrer, kernhaffer Sinn von feiner bisherigen nur hifforifdi-genefifdi*) ge-
redifferfigfen, fadilich nidif mehr ffichhalfigen Ausdeufung gefrennf werden. Was mir
unfer einer Tonalifaf der Zukunff ungefahr vorfdiwebf (die geringfiigige Ausdehnung,
die man heufe unfer dem nodi ganz ffarren UJbergangskompromi£> der „erweiferfen"
Tonalifaf verffehf, zahlf im Prinzip gar nichf), iff eine radikale Arf von gefamfer fon-
lidier Welfordnung, von der nidifs, aber audi nidifs durdi ein Giffer ausgefperrf bleiben
kann, die vielmehr Alles, jede Infervallverbindung von beliebiger Mehrffimmigkeif in
abgeffuffen Beziehungen in fich zu begreifen vermag. Eine fonlidie Welfordnung miijjfe
das fein, die den Sfreif fiir und wider die Tonalifaf wefenlos madif, weil fie fowohl fiir
die Ausdrucksmiffel gelfen wiirde, die in der engffen Umgebung des Zenfrums liegen,
wie audi fiir diejenigen, die in die au)5erffen Grenzbezirke zu phanfaffifdien Klang-
bildern mif vielffimmigen Tonkomplexen enffdiweben, um fpafer, wie an einem heim-
lidien Ariadnefaden, wieder den Weg aus dem Labyrinth zum Ausgange zuriickzufinden,
fobald ein Bediirfnis dazu vorliegf. Lange Zeif war die Mufik, in der das Ohr badefe,
vergleichbar einem ficheren Baffin fiir Nichffchwimmer, man blieb an der Leine, konnfe
fidi vom feffen Lande nidif enffernen. Der Sdiwimmer aber darf fich dem offenen Waffer an-
verfrauen, er darf, nein er mu)3 fidi in das (fo gern mefaphorifdi verponfe) „Uferlofe" wagen.
DieAufgabe, Theorefifches auszubauen, fallf jedodi dem Wiffenfchaffler zu. DerKiinffler
kann nurRidiflinien erfiihlen. Darum fpridif es audi eher fiir als gegen den genialenSdiopfer
der „Kammer-Sinfonie", wenn er als Theorefiker nur anregend, nichf geffalfend wirki
- — — — (Forffe^ung folgf)
*) (mithin nuf der jcweiligcn mcnschlichen Auffassungsgabc basierenden)
Arnold Schonberg
Von Hermann Scherchen
Bei Werfungen von kiinffletifdien Erfcheinungen find zwei Frageffellungen e
fcheidend: 1, Wie ffark iff die Refeffenheif cles Kiinfflers von der Maferie feiner Ku:
und 2. Weldier Art iff die menfchliche Pofenz, die als Ton, Worf, Farbe fprichf.
fein: Was er empfindef, w
irfer Kriippel, nur Ohr, n
<(( y^/Jf jU-z " 7eifen des Menfdien, wird er
er Kiinfflerfum — : der Mer
fwendiger Ausdruck ift Ds
ienfein" in Melodie und Fo
snherzens, find wir das W
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44K*y^uv^*'
-Cy^^y
J%*t /WwU^'i
befeffen gewefen wie Arni
o elemenfar, da$3 fein Schaf
Lofung neue Kraf'fe enfbin
„Pelleas und Melifande",
agnerfche Kunffwerk, die Y
Richard StrauP'. Wahre:id i
ungenf chaff en des Wagner fd
aid das „Prcgramrn" bent
igen neue Gefchmeidigkeit
enketfe in„DonQuijhoffe"uj
lie gegebenen Kraffe in ne
,/Pelleas und Melifande" <
i Maferialfriebkraffen.
Orchefferklang diefes Wer
und daftir liegf darir, daP
ribergs und Regers Wege
— bis auf Ausnahmen —
sfolgen zu Grunde behalf
„Pelleas und Melifande"
Akkordanordnung hinaus
frofz der beginnenden Se
-gungen von Akkordbeffan<
Sdionbergs irn gegenwarfi
berhaupf.
e ; die riefenhaf'fen Sdiopfur
ihres verdammernden Ta
lalifaf, iff ausgefchopft, gew
zufammenfaffenden Meiffern wie btraup noon ein icizieb (elffames Ergluhen der Elem<
enfbindef fie zuglekh aber audi. So erleben eigenjdiopferifdie Menfdien vom Maf<
A-^fet-* /i<w*r~
tiberwunden erklarf, Wenn im Reidie der Tone eine Sfaafsform verfagf, fo wird
irurn doch auch in jeder zukiinffigen Verfaffung „Funkfionare" und „Befriebsrafe"
m. Und wenn wir heufe diejpafriarchalifdi-monardiifdie Herrfchaff der Dreiklangs-
; zur Abdankung zwingen, fo find dadurch die (den erffen Qrundinfervallen zu-
en) Fiihrerfunkfionen nidif aus der Welf gefchafff. Die neue zenfralifierende
tig des neuen fonlichen Einheifsffaafes muj3 in einer fo weifausgreifenden Weife
mf werden, daj3 alle, aber auch wirklidh alle Klangmoglichkeifen darin „refflos
werden konnen. Nichf
rkfafigen Volkes" bilde
is, urn das fidi die Klan
ffache, gegen die wir ur
mentargefetze von Lichf
* audi, den Radius des
:rie des Kreifes im Une
e an fidi grundlegend
erf en Syf ferns, ohne d,
keif gewefen ware, iff
id, Enffdieidend iff zur
mzen" auf denfelben vs
id Vierklaiige Jfand. Eini
3if fpezififdi mufikalifdier
3fe ihn: w H6ren Sie das s
mfonanz." (Anderes, Sc
iie fheorefifdien Dogme
hfiger aufzufaffenl Di
jene Akkord haf eben
fammengehorigkeif, die
is fiefffe C forflaffen. Toi
i)3 ihr wahrer, kernhaffe
figfen, fadilidi nidif me]
iner Tonalifaf der Zuku
n heufe unfer dem noc
if verffehf, zahlf im Pri
'elfordnung, von der nic
ie vielmehr Alles, jede
ffen Beziehungen in fidi
1, die den Sfreif fur unc
idrucksmiffel gelfen wiir
ch fur diejenigen, die
mif vielffimmigen Tonk
riadnefaden, wieder dei
ein Bediirfnis dazu vor"
hbar einem ficheren Ba
i feffen Lande nidif enffer;
sn, erdarf, nein er mu)3 ]
t Aufgabe, Theoi efifdies <.
rRichflinien erfiihlen. Da
mimer-Sinfonie", wenn
^^¥ pC^ dy^Op^ XA^a^t/^. Jl&f*<**r S&u
*^/n*<Us wife (& A-^^^y^^^^^ V- s&<*£***y&
(Forffe^ung folgf)
mithin auf der jeweiligcn mcnschlichcn Auffassungsgabe basierenden)
Arnold Schonberg
Von Hermann Scherchen
Bei Werfungen von kiinfflerifdien Erfcheinungen find zwei Frageffellunf
fdieidend: i Wie ffark iff die Befeffenheif des Kiinfflers von der Maferie feinc
und 2. Welcher Art iff die menfchlidie Pofenz, die als Ton, Worf, Farbe fpridii
fern: Was er empfmd
irfer Kriippel, nur C)
zeifen des Menfchen, w
{/LUmS
/ 1$L«* ^^^y^u. ^.fow*
<C*%*a**^
^1AAA4$C
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J-
*^7:
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er Kiinfflerfum — : dei
fwendiger Ausdruck ifl
fenfein" in Melodie ur
mherzens, find wir d;
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o elemenfar, da£ fein
Lofung neue Kraffe e
„Pelleas und Melifam
agnerfche Kunffwerk, <
Richard Sfrauj3'. Wahr
rungenfdiaffen des Wag
und das „Programm"
ngen neue Gefchmeidij
lenkeffe in„DonQuichol
die gegebenen Kraffe i
i „Pelleas und Melifam
n Maferialfriebkraffen.
• Orchefferklang diefes
.^und dafiir Uegf darin,
mbergs und Regers W
i — bis auf Ausnahmei
isfolgen zu Grunde be]
i „Pelleas und Melifan
Akkordanordnung hiti
frofz der beginnendei
'egungen von Akkordbe
/Hto*s
*C ^4h
q Schonbergs im gegen^
liberhaupf.
le ; die riefenhaffen Sdic
i ihres verdammerndei
>nalifaf, iff ausgefchopff,
zufammenfaffenden Meiffern wie fetraup nocn on ituzLt^ [elffames Ergluhen der E
enfbindef fie zugleidi aber audi. So erleben eigenfdiopferifche Menfchen vom
'■$-■*■• u i •-■ t ;; iiivl v ; : ' ;;i -^''^^ ^Cf; ^^i i .-::^.^;: .. - r^y.; .,--.l.,.:- :■
her Einwirkungeh von unerhorfer Kraff, deren Faffungen im Werk dem AujSenffehendeh
zunadiff nur Zerfe^ung bedeufen konnen.
Wie nennf dodi Zarafhuffra den Schaffenden: den ^Bredier, Zerbrecher" beffehender
Werfe. Und leidif wandelf fich das Wort zum driffen, „Verbredier", wenn der Be-
frachfende, der neues Pofifives nie begreiff, eben nur „Zerfforung" findef, fein Ge-
wohnfes geloff, in neuer, unerhorfer Perfpekfive fchauf.
Keiner iff fo elend wie der Vorauslebende, der Vorweggeffalfende zukiinffiger
Werfe. Iff er vom Damon feiner Maferie befeffen wie Schonberg, da|5 ihre Triebkraffe
ihn rafflos freiben und in der kurzen Spanne e i n e s Schaff ens ganz auswirken wollen,
fo wachff feine Schopfereinfamkeif ins Unermej31iche.
<$>
Von der oben gezeigfen Lockerung zwifchen Konfrapunkfmelodie und Harmonie-
geriiff fiihrf Sdionbergs Weg in den Quarfeffen und der Kammerfymphonie zur vollen
Ausbildung des linear -konfrapunkfifchen Sfils, in Werken, wo Linie- Individuality
felbffherrlidi gegen Linie lauff, das Harmonifche zum Sekundaren wird.
Das machf ein neues Hohren nofig, zu dem der Pelleas-Sfil nur den Ubergang
bildef: das Horen in die Lange, in den Verlauf von Melodie und Einzelsfimme; Baj5,
als Harmonie grund, gibf es nidif mehr, und die wirkenden Kraffe gelangen zu vdllem
Ausdrudk nur, wenn die Darffellung das Nebeneinander von Melodie-Individualifafen
in der Zeif bewuj3f widergibf,
Waren Harmonie und Harmonie-Melodie in jener Bindung des Tonalen zu Sklaven
geworden, das eine vom anderen abhangig und beider Eigenarf in diefer Arf Sfilifierung
gefchwachf, fo bedeufef Sdionbergs Sdiaffen zunadiff die Befreiung jener Elemenfe;
dann aber bliihf aus feiner Kunff eine neue Eigenfdiaff des Materials hervor und kommf
als driffes Element zu den bisherigen beiden hinzu: das Element des auf fich geffellfen
Klanges. Der Klang als foldier gebierf Formen, wird fchopferifdie Kraff; nichf mehr nur
als Erfcheinung a n Harmonie und Melodie — als primares, von fich aus zu Qeffalfung
fiihrendes Element friff er hinzu und reijSf die Vorherrfchaff an fich. So enfffehenSdiopfungen
wie das 5. der Orchefferffiicke op. 15 und die 21 Lieder des „Pierrof lunaire",
<$>
Den Naheffehenden blendef die Nahe, Zerfefzen und Umgeffalfen fdieinf Zer-
fforung; unfer Pofifives wurzelf in Bekannf-Gewohnfern — wie konnfen wir anders als
mipverffehen, als uns und unfere Schwerfalligkeif verfeidigen, unfer Beharren in der
Zeif gegen den Einfam-Zeiflofen,
Den Einfam-Zeiflofen, den Burger von Sdiopenhauers ,,Republik* der die Jahr-
hunderfe iiberleuchfenden Einzelnen. Wie fie, gluhf feine Seele von Wirklidikeifen ferner
Menfdiheif, wie fie hat er keinEcho in der Zeif, fprichf feine Hohe nur anderen Hohen,
Was ihn einzig madif, audi hier noch fcheidef von den Briidern, iff fein hohes,
gliihendes Ethos, feine verzehrende Begeifferung.
„Reinffer der Reinen" — fo fprechen die Tone, friff der Menfch Arnold Schonberg
hinfer dem Mufiker hervor. Ein Nofwendiger, Enffcheidender, in Zukiinffe Weifender —
feiner Kunft dienen iff der Mufik felber dienen, fein Formen und Geffalfen faff en, die
Mufik felbff belaufchen.
Wir kehren zu unfer er Ausgangsfrageffellung zuriidk und bejahen:
Schonberg iff von feiner Maferie befeffen wie wenige, iff fo ganz Mufiker,
dag die Bewegungen feiner Maferie wie in diefer felbff in ihm wirken,
Und iff von hochffer Menfdiheifspofenz; fein reines Gliihen verbrennf den
Unrein-Nahenden, wandelf alles ihm Nahekommende zu fich hinauf.
10
r
Mufikalifdie Perfpekfiven
Von Oscar Bie
L Oper
In diefer Zeiffchriff, die nidif eine Sammlung zufalliger Auffa^e fein foil, fondern
beffrebf iff, auf eine gewiffe fyffemafifdie Art und vor einem fehr weifen Horizon!
unferer Kunff neue Wege zu eroffnen, wird unfer den mufikalifdien Angelegenheifen
in einer befonderen und periodifdien Weife von jenen Gaffungen zu reden fein, die
iiber den abfolufen Ton hinaus die Beziehung zum Wort und zum bewegfen Korper
pflegen. Es handelf fidi urn die Mifchgaffungen, die fcheinbar eine Vereinigung mehrerer
Kiinffe bedeufen, in Wirklidikeif aber nur ihren Sfreif darffellen, Es iff klar, da{5 diefe
Gaffungen beweglicher und proMemafifdier find, als das abfolufe Kunffwerk. Sie find
einem dauernden Weffkampf ihrer Elemenfe unferworfen. der ihr Schwergewichf ffefig
veranderf, und find auf>erdem durch die Briicke des Worfes und Korpers zur Umwelf
einer ffandigen Beeinfluffung hingegeben, die von der Kunff und Kulfur, von der Mode
und dem Sfil drauj3en auf fie ausgeiibf wird. An ihnen iff das kulfurelle Leben der
Mufik befonders deuflich abzulefen, und die Probleme der Zukunff frefen in einer sehr
lebendigen Deuflidikeif und Durchfidifigkeif vor unferen Geiff.
Die Oper iff von diefen Mifdigaffungen die verwickelfffe, So wenig fie ein Gefamf-
kunffwerk iff, wie Wagner philofophierfe und moralifierfe, fo fehr iff fie ein Schlachffeld
famflidier in ihr zufammengefpannfen Kiinffe, Worf, Ton, Mimik, Gefang, Ordieffer,
Biihnenmufik, Dekorafion, Archifekfur, Gefellfdiaff, Wir befinden uns feif langer Zeif
in einer Trefmiihle diefer Gaffung, Sie giif als efwas felbffverffandliches. Paffende Texfe
werden gedidifef, paffende Mufik wird dariiber gebreifef, Hunderfe folcher Zwiffer-
gefdiopfe werden durdi die Jahre fabrizierf, beffer oder fchlechfer, genialer oder
trad if lonelier, aber niemand ffehf einen Augenblid* ffill und liberlegf fidi, ob der Lohn
der Miihe wiirdig iff. Bisweilen verffehf man den Inhalf tiberhaupf nidif, die Worfe
faff nie und in der ungeheuren Anhaufung von Nofen gehf das wahre mufikalifdie
Infereffe unfer. Die Sanger unfer fich und im Kampf mif dem Orcheffer ringen mif-
leidslos um den Triumph. Sie find gliicklich, wenn ein Effekf fie reffef. Fur den Reff
bleibf eine kleine mufikalifdie Gemeinde, die den kiinfflerifchen Werf beurfeill Der
Erfolg beim Volk beruhf fchliejSlich immer auf irgend einem Mij3verffandnis. Es foil
nidif geleugnef werden, da)3 es eine gro|3e mufikdramafifdie Kunff gibf, fehr eigener
Nafur, die aus der Verbindung von Handlung, Worf und Ton ihre Wirkungen erzielf,
aber von dem Werk, das der Komponiff in die Parfifur gefdirieben haf, gelangf nur
efwa ein Zehnfel zum Versfandnis. Hier muj3 irgend ein Manko liegen. Hier arbeifef
eine UJberlieferung, die fidi nichf mehr h on^ollierf. In Wahrheif: der gro^e Reiz, der
in der Unlosbarkeit des Problems liegf, verwid^elf es immer mehr, und ffaff daj3 die
Schwierigkeif hemmf und zur Befinnung bringf, wird fie aus Angff vor einem Mangel
an Kraff und Phanfafie gehauff. Ich glaube, da£ ich weniger den Komponiffen von
heuf, als den Horern und Beurfeilern aus dem Herzen rede* Bisweilen, wenn idi in
einer folchen dicken modernen Oper fi£e, fallf plo^lidi die Zunff von mir ab und idi
fehe midi vor einem Organismus, der krampfhaff urn Schonheifen fich bemiihf, die er
felbff wieder erffid^en muj3, Dann fdhlage idi die Hande zufammen und fdireie nach
einer Erlofung.
Wir wollen einen Blick zuriickwerfen. Es gab Zeifen, in denen die Oper nichf fo
war, in denen die Paradoxie ihres Wefens duidi die Paradoxie ihrer Aufmadiung
iiberwunden wurde. Roffini iff der Golf diefes Reiches. Idi fpreche nidif von der Er-
findung, fondern von der Gaffung, Mozarf fraf nahe an das Problem heran. Wagner
fraf miffen hinein, Aber Roffini fchrieb fiir die Freiheif des Gefanges auf der Grand-
lage einer leidifen Handlung. Die Herrfchaff des Gefanges und die Herrfchaff des
Orcheffers, das Bekennfnis zum Sfil und das Bekennfnis zur Logik wedifeln einander
ab, hier wie in jeder Kunff, Ganz rein war cler Sdmiff niemals. Roffini fdireibf nodi
ein Drama mif Mufik, und Wagner fdireibf eine Mufik mif Drama.. Wagner fdireibf
Symphonien, an denen die Biihne befeiligf iff. Er ffeigerf das Beefhovenfdie Thema
zum mufikdramafifdien Leifmofiv. Es war die Reakfion auf Ifalien. Ifalien und Deuffdi-
land pendeln. Dorf fuhrf der Gefang, hier das Orcheffer. Die Folgen find merkwiirdig.
Auf der einen Seife enfziehf Debuffy fowohl dem Gefang, wie dem Grdieffer das Bluf;
oben pfalmodierf er, unfen illuffrierf er. Auf der anderen Seife beginnf Ifalien den
EinflujS cler deuffdien Mufik aufzunehmen und befdiwerf den Gefang, ohne ihin ganz
die Fltigel zu fchneiden, und befdiwerf das Ordieffer, ohne es zur Symphonie zu madien,
Es friff ein Chaos ein. Die moderne Oper befindef fidi in einem unleidlichen Zuffande
der Unenffdiiedenheif. Sie haf die Welfanfdiauung verloren. Die alfe Buffo-Gper, die
Opera comique, die deuffdie Romanfik, Wagner, alle haffen einen fesfen Kreis von
Mufikkulfur und Opernfyffem. Heuf gehf alles durcheinander und findef fidi alles neben-
einander, Mandie ffreben den Gefang an, ohne es zu konnen. Andere wollen die
Melodie pflegen, ohne dabei efwas anderes zu jchaffen, als Epigonenfum. Pfi^ner folgf
den Spuren der Romanfik, D'Alberf freibf ifalienifdies Theafer, Sdireker verfuchf den
Klang zu maferialifieren und Sfraup in der „ Ariadne" fammelf eine Galerie famflidier
bisher dagewesener Opernformen. Fragf man die Komponiffen aufs Gewiffen, wonadi
ihre Sehnfudif ffehf, fo wird der kleinere Teil anfworfen: nadi dem fymphonifdien Klang;
der grojSere wird anfworfen: nach der Erneuerung des Gefanges. Wir befinden uns
auf dem Punkfe der Abkehr von der Symphonie, der Reakfion in der Kehle des
Sangers, der Abkehr fowohl vom Wagnerfdien Realismus, als von der Debuffyfchen
Logik, tiberhaupf von jeder Infellekfualifaf zur Expreffion des Menfdien in der Maferie,
das iff hier im reinen, unbefchwerfen, Jelbffherrlichen Gefang.
Idi modife einmal wagen, den Pendel ganz nach einer Seife zu fchieben. Nidif
ein bisdien Gefang, der im Orcheffer unferfauchf, nidif ein bisdien Ordieffer, das den
Gefang begleifef, fondern nach der Zukunffsfeife, alfo nadi der Gefangsfeife, eine vollige
Befreiung. Was idi hier fage, iff nodi nidif auszufuhren, aber es iff guf, fidi einmal
ein radikales Ideal aufzuffellen, nadi dem man hinffrebi Idi fraume mir eine Handlung
aus Gefang, Wie weif eine wirklidie Handlung dazu nofig iff, weip idi nidif; ich wei]3
audi nidif, ob man Texf dazu brauchf. Idi will midi einmal blo)5 an den Gefang halfen
und ihn bis zum lefzfen Exfrem durchdenken. Je^f hore ich eine mannlidie und eine
weiblidie Sfimme ein Dueff aufflihren, das Liebe bedeufef. Idi hore die Liebe aus den
Linien und Rhyfhmen der Sfimmen. Sie find nidif gebunden an Worfe, fie haben fidi
nidif mif den Problemen der Deklamafion zu befaffen, fie find vollkommen frei und
konnen fidi gefanglich ergehen, wie es die Enfwid^lung ihrer Leidenfdiaff erforderf. Idi
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hore ein andermal einen Sfrelf dreier Sfimmen oder ein gemeinfames Verfinken in eiri
gleidies Schidsfal. Ich hore dm raufchenden Triumph eines Solos und idi hore Chore,
die zuffimmend oder warnend, fich nur mufikaiifch aufbauen. Idi fiihre mir dies
abfolufe Gefangsbild bis in feine kuhnffen Moglichkeifen durch, und wenn idi weifer-
gehe, verbinde idi es mif einer Inffrumenfalmufik, die es hebf, fowie fie von ihm ge-
hoben wird. Begleifung, wo es Begleifung iff, Symphonie, wo es Symphonie iff. Poly-
phonie mif der Sfimme, wo es mufikaiifch fich ergibf. Das reine fonlidie Bild ffehf liber
allem. Es half die Mandlungen in fidi felbff und iiberfragf fie auf das Auge durch eine
rhyfhmifche .Geffalfung desKoffiimes, der Bewegung und des Lidifes, wie fie die modernffe
Technik und Phanfafie ausgebildef hat Eine gefungene Pantomime das zu nennen,
ware zu wenig. Idi nenne es Gefangsbild, Das Mufikalifdie und befonders das Sfimm-
Jidie bedingf den Charakfer und die Gaffung, Idi konnfe mir denken, da)5 eine Auf-
fiihrung mif diefen Miffeln einen refflofen Emdruck hinferlajSf, Weil hier endlich die
Emanzipafion des Gefanges ohne jeden Widersfand erreichf iff und weil der Gefang
dodi wieder nichf als losgeloffe Maferie in der Luff Jdiwebf, fondern an einen finnlidien
Vorgang und an eine fidifbare Darffellung durdi feine Trager gebunden ift Wie im
expreffioniffifdien Drama die begriffliche Enffalfung einer Idee nidif mehr durdi eine
realijfifche Handlung vermiffelf Wird, fondern wir fie an der Erfcheinung des Korpers
und dem Rhyfhmus der Gruppe, die die Trager der Idee find, ablefen, fo horen wir hier
Empfindung und Wandlung an einem fidifbar gewordenen Gefang ab. Konnfe man je
diefen Verfudi inadien und fanden wir ein Genie, das ihn erfiillf, fo wiirde die alfe Oper
von uns abfallen, als haffen wir einen Sdireckensfraum gehabt In Paris wurde einmal
Rimsky-Korfakoffs „Goldener Hahn" fo gegeben, daj5 das ruffifdie Balleff das Sfiick
mimfe, wahrencl ringsherum die fi^enden Sanger es fangen. Das War fdilie)31idi nur
eine Pantomime mif Gefangsbegleifung. Idi aber modife den Sangern ihre foridifen
und fdiaufpielerifchen Worfe aus dem Munde nehmen und fie in die Leiber der Tanzer
ffecken. Dann v^are es ungefahr erreichf. Es iff nichf wahr, daj3 idi hier ffaff der alfen
Opernkombinafionen eine neue mache, zwifchen Tanz und Gefang. Idi will das Worf,
die Realifaf, die Bindung an den Texf loswerden. Idi will dem Gefang alles geben.
Sogar die Darftollung. Man frage dies Ideal eine Zeiflang in fich, es wird helfen und
klar machen, Es wird zcigen, da)5 es aus dem gefamfen Geiff der modernen Kunff ge-
wonnen iff. Idi konnfe ja fagen, fie follen lafeinijch fingen; jioch nie haf Mufik dgjdurdi
verloren. da)5 deuffdier Texf nidif verffanden wird. Schreckf vor nidifs zuriick, erfindef
Vokale und Konfonanfen, die dem Mund efwas zu fun geben, wahrend er fingf. Eine
Sprache, rein aus Lauf und Klang gebildef. Und Lauf und Klang konnen gefungen die
Seele vielleidif eher zum Ausdruck bringen, als unfere gedankenbefchwerfen Worfe.
Heiahei, hojofoho — Wagner haf es geahnf. Der Triffanfexf iff faff auf dem Wege
dazu. Unfere lefzfe Dichfung machf es fdion leichfer. Es gehf, es gehfl
Bevor unfere Oper wurde, ehe derRealismus und der Individualismus der ifalienifchen
Renaiffance fie fdiuf (denn fie iff erff dreihunderf Jahre alf), gab es andere Moglidi-
keifen, die unferbrochen wurden. Vor allem die Madrigaloper. Im „AmfiparnafJo" des
Orazio Vecchi fingen fiinfffimmige Chore eine Handlung mif Szenen von Liebe und
Eiferfudif, Szenen zwifchen Herr und Diener, Herr und Kurfifane, Klagen der Liebenden,
Parodien, Dialekfe, Szenen von Judert, die den Sabbafh feiern in fehr merkwiirdiger
Spradie — was haffe daraus werden konnen I Ubrigens Wurde diefe Oper damals
ebenfo panfomimifch (gefanglich begleifef) gegeben, wie der Coq d'or. Die Handlung
iff von ihrem Realismus befreif, fie ffilifierf fich in Chanfdns, die nodi zufammengefe£}f
werden. Einen Schriff weifer und man iiberfragf fie ganz in eine abfolufe GefangsWelf,
nodi einen Schriff weifer und man brauchf kaum mehr die Worfe. Moderne Mufiker,
denen ich das erzahle, find einen Augenblick Jfarr. In ihnen keimf der Gedanke neuer
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Wege, die dodi halb die alfen find. Und jo fehr ich wei& daj5 f oldie Plane noch nidtf
prakfifch find, fo fehr fehe ich dodi in der Gefchichfe Vorbereifungen zu diefer Befreiung,
die \vir allmahlich erff wieder verffanden haben. Die Kolorafur iff die Muffer meiner
Wiinfdie. Sie wuchs aus der Bedrangnis des Realismus, wie eine Blume hervor und
fchwelgfe im Sonnenfchein ihrer gefanglichen Erlofung. Genau wie eine friihere Zeif
fie als F.eindin der Logik verachfefe, bete ich fie als Refferin der Sfimme an. Horf, wie
fie fich vom Worfe losloff, frei in die Liiffe fdiwebf und nur den Gefe&en ihrer be-
fliigelfen Schonheif folgf, aie felbff in der Tedinik Poefie wird. Wieviel Kolorafur horen
wir in alfen Opern, audi wo Icheinbar das Worf nodi herunferziehf. Denkf Eudi das
Quarfeff aus dem Fidelio ohne feine kiffchigen Worfe. Die Sfimmen folgen ihrer Form
und ihrer Nafur. Die Wehmuf eines hangenden Sdiickfals fenkf fidi hernieder. Das
iff alles, und alles iff Mufik, und Mufik menfchlicher Xippen, Ich mochfe Eudi Sfiicke
aus dem Triffan vorfiihren ohne Worfe* wie idi den Triffan fpielen mochfe, ohne Biihne.
Er wird nodi reiner fein. Es genugf nichf die Kolorafur und den Gefang an fich, als
Inffrumenf oder als Sfilmiffel zu benufjen. Rigoleffos Sfurmgeiffer oder die Sirenen
Debuffys benufjen den Chor als Inffrumenf. Zerbineffa benufjf die Kolorafur als Sfil-
miffel, aber dodi fdion mehr als Ausdruck ihrer fchweifenden Perfonlichkeif. Nodi wenden
fidi moderne Kolorafurfiguren konzerfmaj3ig an das Publikum. Sie enffchuldigen ihre
Exfravaganz mif einem Sfilknicks, aber wir wollen den abfolufen Gefang nichf von der
Biihne ins Konzerf hiniiberfpielen und vom Konzerf auf die Biihne hiniibergeffaffen,
fondern wir wollen ihm auf der Biihne innerhalb der Biihnengefe^e fein groj5es Rechf
wiedergeben. Urn ein Redif zu erreichen, mu)5 man eine Revolution predigen. Wir
wollen daran arbeifen. Hier iff eine erffe Skizze.
U
Der Weg zum modemen Pianifferi.
Von Adolf Wei Bm ann.
Virtuofitat ift die groBe Lebensfpenderin der Mufik. Ohne die Luft an der ^ertigkeit, die
Tich der Freude am Klang paart, verdorrt fie.
Die moderne Mufik, die nach letzter Zufammenpreffung des Ausdrucks ftrebt, haBt die
Kunft als Spiel: fie wendet fich alfo von rechts wegen gegen die Virtuofitat. Und in Schonbergs
KlavierftUcken op. 11 fpricht fie ihre Ablehnung alles Spielerischen fo aus, daB das Inftrument
verachtet und fOr eine Abftraktion benutzt wird.
Gehen wir auf diefem Wege weiter, fo wiirde dies das Ende des Klavierfpiels Uberhaupt
bedeuten. Ohnedies darf man wohl von einer Krife im Leben des Klaviers fprechen, filr das es
immer wieder nur eine Rettung geben kann — : schSpferische Virtuofitat.
Man bedenke: jene auBerordentliche Entfaltung des Inftruments, die mit Mozart begann,
muBte nolwendig fehr bald zu einem Krafteverbrauch ftihren. In dem kaum erft ins Dafein ge-
tretenen Konzert hat verftihrerifche Einftimmigkeit der Geige, die Melodie und Ornament vollendet
und im Wettbewerb mit der menfchlichen Stimme ausfpricht, die Herrfchaft Uber alle Orchefter-
inffrumente, die jetzt Technik und Klang wunderbar entwickeln. Der Virtuofe Mozart fUhlt feine
Finger von der leichten Spielaft der neuen Wiener FItigel befchwingt, iibertragt die Singkoloratur
auf die Taften und wird der BegrUnder der Klavierpaffage groBen Stils.
Welche Erfolgsmoglichkeiten find nun da? GdwiB nicht nur die der Elegan? des Klavier-
fpiels. Denn zu gleicher Zeit hat die Kunft, auf dem Klavier zu fingen, einen Schritt vorwarts
getan. Mozarts Adagiofpiel ift das Entziicken feiner Zeitgenoffen. Aber der Gefang des Klaviers
fcheitert an feinem Wefen. Er bedarf unbedingt des harmonifchen Unterbaus, um akuftifche
Taufchung zu werden. Aber gerade der Kampf mit dem Mechanismus, der den mahlig an-
fchwellenden Ton verfagt, reizt von jeher den fchopferifchen Mufiker. In der Kreuzung von
Mehrftimmigkeit, die dem Wefen des Kfaviers verkntipft ift und Grundlage der Sonatenarchitektur
ift, mit dem Gefang, der nicht zur volligen Tat werden kann, liegen die ftarkften Anreize ftir
die fchOpferifche Phantafie. Freilich audi in der Bewaltigung der technifchen Schwierigkeit, die
eine Luft am Technifchen erzeugt.
Ich fpreche nicht von den Klavierpadagogen wie Czerny und Clementi, die dem Werk der
fchopferifchen Naturen den Antrieb zum Ordnen entnehmen, fondern von den Meiftern, die
Antriebe geben.
Da fahrt Beethoven und feine Sonate in die Pianiftik hinein. Sie tiberrennt die Ent-
wicklung des Klavierbaus. Zum erften Mai wird ein Kampf zwifchen einer tiefleidenfchaftlichen,
damonifchen Natur und dem Mechanismus eines Inftrumentes ausgefochten, der fchlieBlich mit
der Niederlage des Klaviers endet. Der Schaffende Beethoven erlebt alle Reize, die das Taften-
inflrument dem fchopferifchen Menfchen bietet; nur erlebt er fie viel intehfiver. Man weiB und
kann es an feinen Klavierwerken nachprtifen, wie ftark ihn das rein Spielerifche lockte. Die
Kadenz, die es zur Entfaltung bringt, liegt ihm am Herzen. Aber fein Eigenwefen, in dem
Brutalitat und Innigkeit fich mifchten, erbittert die Kampfe zwifchen Mehrftimmigkeit und Gefang.
Das Klavier ift feiner Kraft nicht gewachfen. Seinem fchtirfenden Inrtern fetzt der Ton
heftige Widerftande entgegen. Sein Rhythmus gibt Akzente, die der gleichmaBigen SchcJnheit des
landlaufigen Klavierfpiels zuwider find. Seine Mehrftimmigkeit wtihlt in den tiefen^ dickeii Lagen
des Klaviers. Alles drangt zum orcheftralen Spiel. Aber feine Zeit ift noch nicht gekommen.
So wird Beethoven das Orchefter Befreiung von dem Albdruck, den fein fchSpferiicher Klangfinn
am Klavier erlebt. Die groBe Fuge der Hammerklavierfonate etwa zeigt, zu welchen Krifeij der
15
Klavierftil gelangen kann. Man gebe nicht der Taubheit Beethovens Schuld daran. Denn der
Variationenteil des op. Ill zeigt uns eine Luft am harfenartigen Wohlklang und eine Freude an
der Koloratur, die dem letzten Beethoven zu widerfprechen fcheint.
Beethovens mittlere und letzte Sonaten, jenfeits der HeerftraBe entftanden, harren eines
anderen Inftruments und eines neuen Klavierlpiels.
Indes regt Mozarts Paffage die Finger an. Die Singkoloratur treibt unfchopferifche Spieler,
die den Kampf der Innerlichkeit mit dem Mechanismus des Inftruments nicht kennen, immer
weiter. In Hummel wird die Paffage fchopferifch.
Der groBe Augenblick ift da, wo jemand die Seele des Klaviers fucht, um es zur Vollendung
zu fUhren. Selbftbefchrankung einer fchwarmerifchen Natur, urterhorte Einfeitigkeit nur kann es
vollbringen. Ein Menfch, der die Stimme belaufcht und doch in Fernen fehweift, die ihr un-
reichbar find, fingt und traumt an den Taften. Seine phyfifche Schwache weift ihn auf das Klavier,
das nur Klavier bleiben will. Er kann nicht brutal fein, nicht Grenzen Uberfchreiten. Im Kampf
zwifchen Mehrftimmigkeit und Gefang entfcheidet das klangfchopferifche Ohr. Polyphonic, die
des Wohlklangs nicht aehtet,' darf es nicht geben. Der Timbre der verfchiedenen Lagen wird
erhorcht. Die Polyphonie hat fich den Ergebniffen zu ftlgen. Sie ift accordlich gerichtet, erhalt
aber ihr Eigenwefen darch den traumenden Schaffenden. In ihm ift Luft an der Koloratur, von
Hummel befruchtet,.aber Raffe,Volkstum lenken dasOhr, das die Finger leitet, eine neueTechnik bildet
ein neues Fingergeftihl, das nun wieder auf das Ohr zurtickwirkt und neue Klangwunder hervorruft.
Wir ftehen am Wendepunkt des Klavierfpiels. Chopins Spiel ift Kammerrnufik der Romantik.
Der Konzertvirtuofe hat es ungefahrdet dem groBen Raum zu gewinnen.
Was ift feitdem gefchehen? Die Anpaffung diefer romantifchen Klavieriftik an den groBen
Raum vollzieht Lifzt, der erftc moderne Pianilt. Mit gutem Bedacht habe ich den Umweg zu
ihm gemacht. Denn hier faBt ja ein fchopferifcher Menfch alle vergangenen Eroberungen des
Klavierfpiels zufammen, um die bisher ftarkfte Wirkung zu erzielen. Ein Romantiker will
dramatifch wirken. Was Beethoven fUr das Virtuosentum geahnt, aber als anders gerichteter,
innerlich zerriffener Schaffender nicht durchgeftihrt hat, wird Vollendung: das Klavier gibt den
Abdruck des Orchefters. Beethoven, dem Bach'fche Mehrftimmigkeit im Blut liegt, war zu tief
gedrungen, um fich durch Rtickfichten auf den Klang hemmen zu laffen. Die zauberhafte Ein-
feitigkeit Chopins erft hat dem Titanenhaften, dem wahrhaft orcheftralen Spiel den Weg gebahnt.
Im Romantiker Lifzt bleibt im Streitfall Homophonie Siegerin gegen die Polyphonie. Aber wie
die Dynamik alle Starkegrade durchlauft, fteigert fich die Spannweite der Hand. Mozart, Hummel,
Chopin fummieren fich in der Koloratur, die von dem damonifchen Paganini rilckfichtslofe
KUhnheit nimmt. Die beiden Hande arbeiten fur und gegeneinander im Dienfte des Vollklangs.
Farbenfinn und Rhythmus des Zigeuners und des Romantikers werden fchopferifch.
Von der Hohe des dramatifchen Romantikers wird alle frtihere Mufik beleuchtet und die
Partitur dem Klavier fo gewonnen, daB ihre Uebertragung Eigenleben hat. Denn was in den
Taften aufgefangen wird, erhalt von einem klangfchopferifchen, dem Auge verbtindeten Ohr ab-
geftufte, charaktervolle Spiegelung. Die Paraphrafe groBen Stils, die alles Zugkraftige und vieles
Unbekannte, aber Wertvolle in den Bereich des Tafteninftruments fpannt, gibt ihm noch ftarkeres
SefbftbewuBtfein. Die Etude, durch Chopin zum Charakterstuck geworden, faBt die neue Technik
des Malerifchen groBartig zufammen. Und von ihr ftihrt ein grader Weg zu den Werken, die
das Erlebnis des Auges, die Szenerie der Landfchaft fttr den Ausdruck des Klaviers erobern.
Elm Gipfel ift erreicbt. Lifzt hat dem Klavier die ftarkfte Ausgleichung feiner natUrlichen
Schwache als Konzertinftrument gegeben. Aber es droht Gefahr: die Ailnaherurig des Klaviers
an das Orchester in einer Zeit, wo diefes fich immer mehr fteigert und eine neue Farbigkeit
gewinnt, erzeugt eine Hochftfpannung feiner Kraft, mit der der Klavierbau eben noch Schritt
halten kann. Und der. Augenblick fcheint nahe, wo das Klavier in diefem Wettlauf erliegen und
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eine urn fo tiefere Demlitigung erleben muB. Dann: die neue Technik ift anfpruchsvoll; fie
fordert ein Studium, das gerade dem fchopferifchen Menfchen Opfer an Zeit und Tatkraft auf-
erlegt, und fie kann nur erhalten werden durch eine Zahigkeit, die gerade in der Reife nicht leieht
aufzubringen ift. So gefchieht es, daB der grcBe, fchOpferifche Klavierfpieler als Vierzigjahriger
einer Krife verfallt: er fetzt die eigetie Schaffenskraft gegen die AusdrucksmSglichkeiten des
Inftruments und wird ihm leieht abfrtlnnig.
Diefe Krife zeigt fich ja in Lifzt felbft, dem erften modernen Konzertpianiften. Und fie wird
verfcharft durch eine Zeit, die der rein finnlichen Wirkung des Virtuofen Hemmungen bereitet.
Das Romantilche verfltichtigt fich, und in Deutfchland, das dem Virtuofen niemals Heimat, fondern
immer nur Echo war, erftarkt allmahlich im Konzertwefen die Enfemblemufik fo, daB der Solo-
fpieler leieht alsFremdkOrper der deutfehen Mufik verdachtig wird. Bei alledem aber wachst der
unfehopferifehe Techniker im Virtuofen und wird durch die moderne Konzertinduftrie kapitalifiert.
Die nachlifztfche Periode des Klavierfpiels ift eine Zeit der Verwertung. Der Mufiker im
Pianiften, der Techniker im Pianiften find beide an ihr beteiligt.
Mufiker im Pianiften: Lifzfs Rivale Rubinftein, nach rtickwarfs gerichtet, eine tiefinnerliche>
lyrifche Natur gibt der Romantik Chopins und Schumanns beraufchende Wirkung, fucht fchopferifch
vorwartszufchreiten, faBt aber nur zufammen. D'Albert, eine brutale Eroberernatur, durch Lifzt
hindurchgegangen, aber in der Mehrftimmigkeit wurzelnd, entfaltet nochmals in der Zufammen-
faffung des Vorhandenen eine ganz einzige Kraft.
Der vorlaufig letzte, jUngfte Auslaufer diefes Typus ift Artur Schnabel. Hier erlebt man,
wie ein pianiftifch Hochbegabter im Berliner Klima alles Virtuofifche abftreift und zum Verklinder
einer deutfehen Mufik wird, die in der Verwertungsperiode den ftarkften Erfolg hat: Schnabel wird
am Klavier der Prophet eben jenes Brahms, der auch in der Sinfonie das Sonatengeriist in feiner
Weife ausbaut. Was bedeutet uns Brahms als Klavierkomponist? GewiB keine Weiterentwicklung
im pianiftifchen Sinne, denn in ihm findet der ZufammenftoB zwifchen Kontrapunkt und Klavieriftik
keine befriedigende Enlfcheidung durch den Klangfinn. Nur Dammerftimmungen, wie fie im
Intermezzo Ausdruck werden, haben ihren pianiftifchen Eigenklang, wie fie auch in feiner Sinfonie
fein Ohr befruchten. Und nur in einer Zeit, wo das eigentliche Klavierstiick zurttekgeht, ift ihm
dank feinen inneren Werten die Wirkung auf deutfche Konzertbefucher gegOnnt.
Was natiirlicher, als daB der Pianift Schnabel als typifcher Vertreter des belehrenden nord-
deutfehen, nicht internationalen Klavierfpiels bei der Kammermufik landet und hierzur fchopferifchen
Kraft wird? DaB auch er fchlieBlich feine Krife erlebt?
Techniker im Pianiften: Aus der Unzahl der Spieler hebt fich Leopold Godowsky heraus,
der in der vorbildlichen, gleichmaBigen Entwicklung beider Hande den Weg zur Bereicherung
des Spielmechanismus findet. Noch einmal wird, mit dem ganz neuen Fingergeftihl eines un-
dramatifchen Pianiften, der Bearbeitung, der Paraphrafe ein Schein des Lebens geliehen.
Man denkt, mit neuen Erfahrungen ausgerUftet, uber die Technik nach, Breithaupt begrtindet fie
pfyfiologifch und zeigt die Carreno-Art, mit geringftem Kraftaufwand die hochften Ergebniffe zu erzielen.
Das alles dient der Verwertung.
Denn nur abfeits von der HeerftraBe gefchieht das Wunder einer neuen, wahrhaft fchopferifchen
Klavieriftik. Es muB einer kommen, der die Forderungen der Zeit hort, aber als echter Virtuofe
Faden zur Vergangenheit knupft.
Wir find bei Busoni, dem Typus des modernften Pianiften. Icfvhabe in meinem Buch „Der
Virtuofe" fein Profil gezeichnet. In diefem Gedankengang fcheint mir wefentlich zu fagen, daB
Bufoni noch einmal Technik und Mufik im Klavierfpiel einander in groBem Stil befruchten laBt.
Eine Zweiheit ift in ihm: er ruht f eft in der deutfehen Mehrftimmigkeit, ftlhit aber mit ftarker
Erregung den Reiz der Farbe, Ahnlich wie in Lifzt, deffen wahrer Erbe er ift, kreuzen fich in ihm
M
akuftifche und optifche Vorftellungen. Er laufcht dem
neuen Klang, der aus Frankreich kommt. Aber anders
als Debuffy, der die kleine franzOfifche Form in im-
preffioniftifcher Gleittechnik auf den Taften ins Dafein
zurtlckruft, anders als Cyrill Scott, der das rein Im-
preffioniftifche in grofiem Stil ftir das Klavier fchopferifch
macht, gibt Bufoni eine einzigartige Durchdringung von
Gotik und Impreffionismus. Das neue klavieriftifche
Wunder vollzieht fich freilich am ficherlten und iiber-
zeugendften da, wo er Interpret feines eigenen Werkes
ift: etwa in feinem Concerto und in feiner Fantafia
contrappuntiftica, Spricht er in fremder H iche, fo kann
fein Spiel problematifch wirken. Denn auch er formt
und knetet alle Muttk von der Hohe feiner Eigenart. Da
geht es ohne Gewaltfamkeiten nicht ab. Es entftehen
Schichtungen, die dem Wefen des Werkes widerfprechen
Aber wer kann fich dem Eindruck dieler Deutung enl-
ziehen, die auf einer eigenen, erzenen, eigenwillig, krampf-
haft gebauten Technik ruht, das fehlende Legato durch
prachtvoll abgeftufte, mit dem Pedal verfchleierte Farbe^
erfetzt und uns immer zu Zeugen einer unermtldlich
Bufoni fchaffenden Phantafie macht! Hier ift Gewiffen und mehr
Befonnenheit, als fie Lifzt zeigt. Klavierrafereien find ihm fremd. Aber diefer Mann darf es wagen
felbft die alte Paraphrafe aus der Rumpelkammer zu Ziehen. Erhalt fie nicht die fchOne Unbefonnen-
heit, die*Lifzt ihr gab, fo geht fie doch aus der Werkstatt eines Halbltalieners — denn Italien
ift im Grunde klavierfeindlich — neu belichtet hervor.
jUngft horte ich Eduard Erdmann die Fantafia contrap-
puntiftica fpielen. Wie merkwUrdig, einen, der noch zu jung
ift, urn Bufoni's SchOler zu fein, auf ureigenftem Gebiet des
Meifters nachfchaffen zu horen. ^j^ x mufikantifcher Menfch,
der nur den HeiBhunger nach moderner Mufik hat; einer,
der, zum Gllick noch ohne Routine, das ubliche Pianiften-
programm, den Pianiftentrick und den leichten Publikum-
erfolg noch nicht kennt, fturzt fich auf diefes Werk, das unter
ganz anderen Vorausfetzungen als der einer fpielerifchen
Einfatt in die Welt trat.
Was wird, wenn er heranreift, aus ihm werden? Berliner
Luft ift gefahrlich. Das AuBerordentliche foil jetzt, fcheint es,
mehr und mehr verdachtig, das Brave ttbermachtig werden.
Man h5rt Erdmann Schonberg, der den Klavierftil
fchrumpfen laBt, und auch Scrjabine, der feinefrn begabten
Chopinepigonentum plotzlich einen Ruck gab, mit ahn-
lichem Feuereifer fpielen.
Virtuofitat ift die groBe Lebensfpenderin der Mufik. Ohne
die Luft an der Fertigkeit, die fich der Freude am Klang
paart, verdorrt fie. Aber wirwttnlchen dem Klavier in feiner
trotz Bufoni kritifchen Lage Rettung durch die Liebe zum Inftrument, die IchOpferifch macht
Kunst als Ausdruck und Kunst als Spiel umfchlingen, entfalten fich neu — dies dieRettung
des Klaviers.
Eduard Erdmann
18
Danifche Mufik
Von Paul von Klcnau
Allcin in dcr Literatur habcn danischc Kunstlcr tiber
die Grcnzen ihrcs Landes hiiaus bcfruchtend gewirkt :
Namen wic H. C. Andersen, Jacobscn, Kirkegaard, Bang,
Peder Nansen legen Zeugnis ab von der europaischen
Bedcutung danischen Geistes. Malerei und Skulptur
dagcgcn blieben mehr an die Heimat gebnndcn; auch
die Arciiitektur, die einc iiohe Stufc crrcichte, wahrcnd
danischc Musik auBerhaib dcr Landesgrcnzen iiberhaupt
nicht gekannt vvird.
Und dcnnoch niufi das danischc Volk als von Natur
aus musikalisch bezcichnct werdcn! Spielt doch das
Volkslied einc so groBc Rolle, dafi allein dadurch schon
dcr natiirliclie Boden fur einc eigcuc Musikliteralur gc-
gcben scheint Wcnn es dcnnoch nicht zu cincm wirk-
lich bedcutcnden Einsatz in dasgrofic, volkerumspannendc
Musikleben kommcn konnte, so mag dcr Grund vor
aiicm in dem Mangel einer Icbcndigen Verbindung mit
dcm Auslande gesucht wcrden.
Wahrcnd die Literatur dtirch Georg Brandes gcniale
Hinweise auf die Weltiiteratur ungeheuer befruchtet
wurde, hielt Niels W. Gade alles fern, was nicht zu
seinem nordischen Mcndelssohn-Klassizisinus paBtc. Eine
gewisse Neigung der Danen zu unproblematischen glatten
Formen (siehe auch Thorwaldsen) kani ihm entgegen.
So fand der differenzierte Individualismus, der durch die
Kleinheit des Landes leicht aufbluhte, in der Musik
kcinenAusdruck, wcil hier die entsprcchcndenAusdrucks-
moglichkeiteu fehltcn. Es herrschten ja die Dogmcn des
Formalismus vor, welchc niemand zu durchbrechen ver-
mochtc, und man lebte seine personlichen Geftihle in
dcr klcinen Liedform aus — fein und zart — , ohne zu
wagen, das Architcktonische, Konstruktive der grofieren
Formen umzugestalten. DaB es 'moglich war, solchen
formalistischen Terrorismus in der Musik auszuitben,
wird nur verstandlich, wenn man bedenkt, wie klein
dieses Land ist; Cliquen der Opposition waren nie groB
genug, urn ein Publikum auszumachen. So fanden die
Krafte und Taiente, die viclleicht hcitten Neues bringen
kCnncn, nirgendwo cine Stlitze. Erzogen im Formalismus,
konnte die Jugend keincn Bodcn gewinnen, wenn sie
wagte, andcrc und ncttc Wege zu suchen.
Die danischc Musik ist bisher an dicscm Widcr-
spruch zwischen historischem Formalismus und diffe-
renzicrtem, individualistischcm Seelenlebcn gescheitert;
untcr grofien Gesichtspunkten hctrachtet, haben nicht
einmal die Leistungen dcr Bestcn wirkliche Bcdcutung
gewinnen konnen.
So ist dies Land ohne eigenc Widcrspiegelung der
Entwicklung geblieben, die sich im europaischen Musik-
leben vollzieht, ruht seine Mi.sik bis heute wie in einer
DornrGschenstarre, aus der erst der Giuthauch neuen
Geistes sie wird erwecken kOnnen.
19
Hugo Riemanns le^fe Werke.
I iugo Riemann's Tod im letzten Sommer bcraubtc die
Musikvvclt ciner unersetztichen und einzigartigen Per-
sonlichkeit, deren Leistungen in ihrer Bedeutsamkeit erst
langsam in weitcren Kreisen gebiihrend gewiirdigt werden
konnen. Seine beiden letzten grofien Arbciten, deren
Druck er nicht mehr erlebt hat, liegen jetzt vor. Von
seinem Wcrk iiber die Beethovenschen Klavier-
sonaten (Verlag Max'ilesse, Berlin) ist der ab-
schliefiende dritte Band erschienen. Was Ricmann hier
bietet, war bishcr noch nicht versuclit worden: cr will
das metrisclie Gefiige, den rhythmischen und harnionischen
Sinn dieser Meisterstucke bis in die letzten Feinheiten
hinein klarlegen. Und dies gelingt ihm in crstaunlicher
Weise dank der Einsicht, die seine tiefgreifenden Studien
iiber Rhythmik und Metrik ihm iiber diese, den meisten
Musikern noch jetzt reichlich unklaren Fundamentc ihrer
Kunst gebracht haben. Der gauze sonatenmaBige Auf-
bau ist nach Riemann weiter nichts als eine 1 angere
Reihe von Perioden und Kadenzen. Verlangerungcn,
Verkiirzungen, Varianten in der Periodenbildung maclien
das an sich etnformige Theiua rnannigfaltig und be-
fahigen es, cine gcwaltige Fiillc von Abstufungen dem
Gefiihlsausdruck zu ermoglichen. Untrennbar von der
Periodenbildung ist die, sei es wirklich klingende, sci
es latcnte Harmonik, die wiederum auf die Kadenzformel
zurtickgefiihrt wird und in den Varianten dieser Formcl
fur alle Feinheiten der ornarnentalen Harmonisicrung,
der Ausweichrmg und Modulation ihre thcoretische Be-
grundung findet. Freilich maclit Riemann es dem Leser
nicht gerade leicht, ihm in alle Verwicklungen dieser
an sich erstaunlich einfachen Grundansichten zu folgcu.
Er setzt eine volikommene Vertrautheit mit seinem System
der Rythhmik, Metrik, Harmonik voraus. Da den meisten
Benutzern diese Spezialkcnntnis aller technischen Aus-
driicke, abkurzenden Zeichen fehlt, so musscn sich diese
Leser erst muhsam durch ein Gestriipp ihnen nur haib
verstandlicherErklarungen durcharbeiten. Wenn Riemann's
bewundernswerte Arbeit wirklich Friiclite tragen soil,
dann halte ich es fiir uneriaBlich, durch eine kurze Ein-
fiihrung die Grundbegriffe der Riemann'schen Lehrc klar
zu erlautern. Von kundiger Hand geschrieben, wiirde
eine solche in wenigen Druckseiten zu erledigen-de Ein-
leitung den Gebrauchswert jeder ncuen Auflage be-
Zu Hans Pfifzners „Asfhefik
von Hermann
Ein Buch des Protestes, des leidenschaftlichsten Un-
mutes; ein Buch, gegen das ein Jeder Protest er-
heben mufi, dem es Ernst urn Dinge der Kunst ist.
DaB ein Kiinstler von Pfitzners Range heut wagen
kann, auf 155Seiten urn das Wesentliche herum-
zureden, daB er Paul Becker nennt und Mahler,
Busoni, Schreker, Schonberg meint, den Kampf
gegen diese Kiinstler versteckt unter dem Deck-
mantel einer asthetischen Auseinandersetzung fuhrt
— das sind Symptome eines Niederganges, gegen
den nicht scharfgenug Front gemacht werden kann.
dcutend crhohen. Es liegt im Wesen der Riemann'schen
Betrachtungsweise, daB seine metrischc und harmonische
Analyse hauptsachlich den Zusammenhang der einzclncn
Glieder, ihrVerhaltnis zu einander klarlegt, jedoch weniger
befriedigt, wenn man nach den Konstruktionsidcen
schwierig vcrstandlicher Sttickc fragt, die nicht von dem
iiblichen Formenschcma gcdeckt werden. So wertvoll
z. B. Riemann's Bemerkungen iiber den Aufbau der pro-
blematischen Fuge aus op. 106 im einzelnen sind, so
geniigen sie doch nicht, urn dtn Konstruktionsgcdanken
im groBen klarzulegen. Riemann erklart das ganzc Gc-
baude gleichsam von innen, einen Teii nach dem audercn
priifend. Zur Erganzung ware aber des ofteren eine Be-
trachtung von auBen erwiinscht, die dcirVanzen Aufbau
mit einem Blick umfaBt und von diesem lundruck auf
den GrundriB des Ganzen schlieBt. Mit dieser Eiu-
schrankung darf man Riemanns Beethovenwerk als cine
unersetzliche und katun genug liochznschatzendc Ucisttmg
ansehen. ■-■ ^
In ncucr, .H:unter Auflage liegt auch Riemann's be-
riihmtes M Musikl exikon " in einer trotz den Noten der
Zeit wahrhaft vorziigiiciien Ausstattung vor (Verlag
Max Hesse, Berlin), Dr. Alfred Einstein aus
Miinchcn zcichnet als Hcrausgeber. Er spricht sich in
seinem Vorwort iiber die Haltung aus, die er Riemann's
Anlage gegemiber einzunehmen gedenkt. Schr zu billigen
ist, daB'er sich nicht von falschcr Pictat will leiten iassen,
sondcrn glaubt in Riemann's Sinne am besten zu wirken,
wenn er den immer fortschreitenden rirkenntnissen einer
ncuen Zeit Rechnung tragt. So wird dies wcrtvolle
Buch iebendig blciben und sich die unvergleichlichc
Stellung siclicrn, die es in der gesamten Weltmusik-
literatur einnimmt. Wohl gibt es englischc unci fran-
zosische lexikalische Werke (Grove und Fetis), die viel
umfangreicher sind, sich aber mit dem vie! handlicheren
Riemann an Zuverlassigkeit, Vollstandigkeit, wissenschaft-
iicher Griindlichkeit nicht entfernt messcn konnen. Die
neue Auflage ist gegen die vorhergegangene wiederum
betrachtiich vermehrt und ist wiederum eine imerschopf"
liche Fundgrubc alles Wissenswcrten auf dem Gebiele
der Biographic, dcrTheorie, der formalcn und asthetischen
Problemc, der Entwickelungsgcsclnchtc.
Dr. Hugo Leichtentritt.
der mufikalifchen Impofenz**
Scherchen.
Hier kann es keineMeinungsverschicdenheiten geben!
— Versuche, Untcrscheidtuigen aufzustellen, wie „jiidiseh-
intcrnationa!" und ..national-pfitznerisch" (das letzterc ist
nicht gesagt, schrcit aber formlich aus dem Buch), urn cia-
durch Lebensangclegenhciten der Kunst zti cnt-
scheiden, sind so unwiirdig, daB sie mit Scham fiir
Pfitzner erfullen.
Dies Buch ist nur abzulehnen.
Ober die sachlichen Problemc desselben wird an
anderer Stellc 2u rcden scin.
20
Wichfige neue Mufikalien, Biicher und Auffafze
iiber Mufik,
mitgeteilt von 1
Professor Dr. Wilhelm Altrnann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54.
Diese Zusammenstellung, die moglichst in jedem Heft dieser Zeitschrift erfolgen wird, will auch noch un-
gedruckte groGere Werke, vor allem Symphonien, symphonlsche DIchtungen, Konzerte, Kammerrhusikwerke, Opern,
Chorwerke mit Orchester einbeziehen, urn namentlich Dirigenten darauf aufmerksam zu machen.^DiejenigenTonsetzer,
die derartige Werke (jedoch nicht etwa Klavierstiicke, Lieder, Mannerchore) fertig haben, werden gebeten, mich davon
in Kenntnis zu setzen, doch behalte ich mir die Entscheidung iiber die Aufnahme vor. Diese kann auch bei gedruckten
Werken weder durch ein Inserat noch durch Einsendung der betreffenden Musikstiicke oder Biicher erzwungen werden.
Rucksendung etwaiger Einsendungen wird grundsatzlich abgelehnt.
Die Hinzufiigung des Veriags wird etwaige Bestellungen crleichtern. Zu den angegebenen Preisen kommt
immer noch der sogen. Kriegsaufschlag fur den Verleger und auch den Sortimenter hinzu; er schwankt bekanntlich,
. meist hber bctragt er 50% + 10%.
I. Mufikalien
a) Orcheffermufik
Beilschmidt, Curt: op. 33 Serenade (B) f, kl. Orch,
Heinrichshofen Part. 3,50; St. 7,50 M.
Duvosel, Lieven: Der Morgen. Symph. Gedicht. Breit-
kopf & Hartel Part. 9M.; St. 32 M.
Hegar, Friedrich: op. 44 Konzert (c) f. Vc. Sim rock
Part. 20 M. St. 30 M.; m. Kiav. 12 M.
Jarnefelt, B.: Suite. Part. Hansen 14 M.
KoefMer, Hans (Ansbach); Symphonic Nr, 2 (C), noch
ungedruckt.
Kopsch, Julius (Berlin): Symphonic b-rnoll, noch un-
gedruckt.
Liszt, Franz: Totentanz. Phantasie f. Pfte mit Orch.
Erste Fassung, z. 1. Male hrsg. v. Ferruccio Biisoni.
Breitkopf & Hartel Part. 20 M.
Marteau, Henry: op. 18 Concerto p.Violon. Steingraber
Attsg. m. Klav. 10 M.
Reznfcek, E. N. v.: Symphonie F-rnoll, Part. u. St.
Simroc : Preis nach Vereinbar.
Straesser, Ewald (Koln): Symphonie Nr. 3 (A), noch un-
gedruckt.
Tschaikowsky. Peter: op. 71a Nufiknacker-Suite. Kleine
Part. Euienburg 2 M.
Zilcher, Hermann: op. 24 Nacht und Morgen f. 2 Pfte,
Streichorch. u. Pauken. Breitkopf & Hartel Part. 20 M.
Klav.-Part 10 M., jede Orch .-St. 1,50 M.
b) Kammermufik
Andreae, Volkmar: op. 29 Trio (d) f. V., Br. u. Vc. Hug
Part. 2,40; St. 5 M.
Blumer,Theodor: op. 40 Suite f.Flote u. Pfte. Simrock 6M.
Haas, Joseph: op. 50 Quartett (a) f. 2 V., Br. u. Vc.
Wunderhorn-Verl. Kl. Part. 2,50; St. 14 M.
Klengel, Julius: op. 52 Dritte Suite (D) f. Vcello u.
Pfte Breitkopf & Hartel 5 M.
Klose, Friedrich: Streichquafrtett Esdur Kl. Part. Euien-
burg 0,70>t.
Knudsen, Niels: op. 8 Sonate (c) f. Vc. u. Pfte. Hansen
15 M.
Mendelssohn, Arnold: of). 67 Streichquartett (D) Kl.
Part. Euienburg 1 M.
Moser, Franz: op. 23 Sextett (F) f. 2 V., 2 Br. u. 2 Vcelli.
Universal-Edition kl. Part. 1,50; St. 10 M.
Reger, Max: op. 141a Serenade (G) f. Flote, V. it. Br.
Kl. Part.: Euienburg 0,70 M.
— , — : op. 141b Trio (d) f. V M Br. u. Vc. desgl.
Reufi, August: op. 31 Quartett (Edur). Fruhlingsquartett
f. 2 V„ 'Br. u. Vc. Euienburg Kl. Part. 1 M.; St. 6 M.
Roters, Ernst: op. 5 Nachtstuck (F) f. 2 V., Br. u. Vc.
Simrock KL Part. 2, St. 3 M.
Stohr, Richard: op. 49 Sonate (a) f. Vcello u. Pfte.
Dobiinger 10 M.
Weingartner, Felix: op. 62 Streichquartett Nr: 4 (Ddur)
Universal-Edition Kl. Part. I ; St. 6 M. *
Wolf, Bodo: op. 16 Streichquartett (Edur). Bergstraesser,
Darmstadt Kl. Part. 2,50; St. 10 M.
c) Sonffige Inftrumenfalwerke
Brahms, Joh.:ZweiSarabanden.f. Klav. Nachgelass.Werkm.
einem Vorwort v. Max Friediander und der Wieder-
gabe der Urschrift. Simrock 3 M.
Caland, Elisabet: PraktischerLehrgang des ktinstlerischen
Klavierspiels mit zahlreichen Erlauterungen 2 Bde.
Heinrichshofen 20 M.
Frankenberg und Ludwigsdorf, Anna v.: Sonate (c) f.
Pfte. Herder, Karlsruhe 4,20 M.
Fuchs, Robert: op. 109 Sonate Nr. 3 (Des) f. Klav.
(Robitschek) .6 M.
Halm, August: Klaviertibung. Ein Lehrgang des Klavier-
spiels nach neuen Grundsatzen, zugleich erste Ein-
fiihrung in die Musik. 1. Bd. Zumsteeg 20 M.
. 2i
Halm, Aug. : Violintiburig. Ein Lehrgang des Violinspiels
Heft 1. Zumsteeg 5 M. >
Nierfiann, Walter: op. 60 Sonate (a) f. Pfte. Kahnt 4M.
— , — : op. 63 Alt-China. Suite f. Klav. Peters 1,50 M.
Pfitzner, Hans; Palestrina. Musikal.legende. Vorepiele
bearb. f. Klav. 4h. (Otto Singer). Fiirstner 6 M
Riidinger, Gottfried: op. 28 Sonate (G) f. Klav. Wunder-
horn-Verlag 4 M.
Schwarz-Reiflingen, Erwin: Technik der Guitarremusik.
Eine Auswahl aus den Meisterwerken alter Guitarre-
musik Heft 1. Zwifiler 3 M.
Zuschneid, Karl: op. 83 Die Technik des polyphonen
Spiels in Vorubungen tnit ausgefiihrten Beispielen f.
Pfte. od. Harm. Vieweg 5 M.
IL Vokalmufik
a) Opera*)
Albert, Etigen d' : Revolutionshochzeit. Klav.-A. (Otto
Singer). Drei - Masken - V. 20 M.
Bittner, Julius: Der Bergsee. Klav.-A. (Otto Lindernann).
Universal-Edition 15 M.
Delius, Frederick: Fennimore und Gerda. Zwei Epi-
soden aus dem Leben Niels Lyhnes. Klav.-A. (Otto
Lindernann). Universal-Edition 8 M.
Foerster, Jos. B.: op. 100 Nepreniozeni. Klav.-A. in.
bOhm. Text Universal-Edition 10 M.
Gal, Hans: op. 4 Der Arzt der Sobeide. Kom. Oper.
Klav.-A. Universal -Edition 15 M.
Humperdinck, Engelbert: Gaudeamus. Szenen aus dem
deutschen Studentenleben. Klav.-A. (Otto Singer).
Fiirstner 16 M.
Montemezzi, Italo: Die Liebe dreier Konige. Klav.-A.
(deutsch). Ricordi 12 M.
Schoeck, Othmar: Don Ranudo. Kom. Ooer. Klav.-A.
(Otto Singer). Breitkopf & Hartel 20 M.
Schuster, Bernhard: Der Jungbrunnen. Romant. Oper.
Klav.-A. (F. H. Schneider). Universal-Edition 20 M.
Sidhr, Richard : Use. Fantast. Oper. Klav.-A. Universal-
Edition 12 M.
Straufi, Richard: op. 65 Die Frau ohne Schatten. Klav.-A.
' (Otto Singer), Fiirstner 24 M.
Waltershausen, Hermann Wolfgang v. : Die Rauensteiner
Hochzeit. Klav.-A. (Hans Scholz). Drei-Masken-V. 15M.
Weingartner, Felix : op. 65 Musik zu Shakespeares „Der
Sturm". Klav.-A. (Alois Haba). Universal-Edition 10M. .
— 9 _ : p^ 66 Meister Andrea. Komische Oper. Klav.-A.
(mit Dialog) Universal-Edition 12 M.
Wolf, Hugo: Der Corregidor. Klav.-A. Peters 7,50 M
b) Sonffige Vokalwerke
Andreae* Volkmar : op. 28 Magentalied („In Bohmen
liegt ein Stadtchen") f. Mannerchor m. Orch. Hug
Part. 4AI.; Orch.-St. 8 M.
*) Opern-Partituren pflegen meist nur zu vorher
zu werden.
Keufilef, Gerhard v, : Die Mutter. Ein Marien-Oratorium.
Klav.-A. Rahter 10 M,
Koch, Friedrich E.: op. 42 Die Weissagung des Jesaias.*
EineKammerkantate. Leuckart Part. 5M.;Orgel-A.2,50M.
Langgaard, Rud* Immanuel: Spharenmusik f. Soli, Chor
u. Orch. Hansen Part. 30 M.
Ill, Biidier
und Zeindiriffen^Auffa^e
(alphabctisch sowohl „ nach Stichworten wie nach den
Verfassern geordnet)
Abert, Hermann — s, Mozart.
Altmann, W-ilh. — s. Meyerbeer ; Orchester - Literatur-
Katalog; Preufiische Staatsbibliothek (musikal. Auto-
graphen).
Astorga, Emanuel d\ von Hans Voikmann. Bd. 2 :
Die Werke des Tondichters. Breitkopf & Hartel 10 M.
Autographen in der Musikabteilung der Preufi. Staats-
bibliothek — s. Preufiische Staatsbibliothek.
Bachs Ddur-Praiudium u. Fuge f. Orgel von Reinhard
Oppel — in: Zeitschrift f. Musikwissenschaft II, 3.
Beethoven und die musikalischc Zeitschrift Cacilia — in
Mailer-Renter, Th.: Bilder u. KUinge des Friedens.
— als Pianist und Dirigent von Konrad Huschke.
Schuster & LOffter, Berlin 2,50 M.
— . Die rhythmische Bedeutung der Hauptmotive im
1. Satze der 5. Symphonie von B. in M tiller-Re liter,
Th.: Bilder u. Kl^nge des Friedens.
— . Warum diirfen wir die neunte Symphonie audi
heute spieien? Von Felix Weingartner — in:
Sang- u. Klang-Almanach 1920.
Berg, Alban — s. SchCnberg, Arnold op. 9.
Biehle, Joh. — s. Rauni und Ton.
Brahms, Joh.: Briefwechsei Bd. 11 u. 12 = Briefe an Fritz
Simrock Bd.3 u. 4 (Max Kalberg). Deutsche Brahms-
Gesellschaft, Berlin 8 M,
Biicken, Ernst — s. Reich a.
Cahn-Speyer, Rudolf: Handbuch des Dirigierens. Breit-
kopf & Hartel 15 M.
Calatid, Elisabet — s. Klavier.
Chopin, Frederic. Von Bernard Scharlitt. Breitkopf
& Hartel 12 M.
Chrysander, Friedr. — s. Handel.
Dirigieren — s. Cahn-Speyer. *
Einstein, Alfred — s. Musiklexlkon.
Frieden. Bilder und Kiange des Friedens — s. Miiller-
Reuter.
Geschichte der Oper — s. Kretzschmar,
vereinbartqn Preisen von der Verlagsfirma direkt abgegeben
22
H&ndel, Georg Friedr. Von Friedrich Chrysander. 2. un-
ventnderte Aufl. Breitkopf & Hartel, Leipzig 30 M.
Harmonik — s. Merkel.
HeuB, Alfred — s. Kammernuis'ik. .
Huschke, Konrad — s. Beethoven.
Jahn/Otto — s. Mozart
Italien. Ober ein handschriftlichcs Sammclwerk von
Gesihigen itatienischerEruhmonodie von Paul Nettl
— in: Zeitschrift f. Musikwissenschaft II, 2.
Jtingste Musik — - s. Pis ling, Sigmund.
Kammermusikabende. *Auf welche Weise kann Kammer-
musik dem Volke gebotcn werden? Erlauterungen
von Werkcn der Kammcrmusik. Von Alfred HeuB.
Breitkopf & Hartel 4,50 M.
Kinsky, Georg — s. Klavier (kurze Oktaven).
Klavier. Anhaltspunktc zur Kontrollc zweckrnaBiger
Annbcwegungen beini ktinstlerischen Klavierspicl. Von
Elisabeth Caiand. Heinrichshofcn 7,50 M.
-— . Kurze Oktaven auf besaitetcn Tasteninstru'mcnien.
Ein Beitrag zur Oeschichte dcs Klaviers von Georg
Kinsky — in: Zeitschrift f. Musikwissenschaft II, 2.
- : - s. Sch a rwenka.
Kretzschmar, Hermann: Oeschichte der Oper. Breitkopf
& Hartel, Leipzig 14 M.
Kritlk, Die. Zeitschrift tind Sammclwerk fiir Thcater-
Interessenten. Ausgabe B: Oper, Operette, Tanz.
Kritik-Verlag, Giistrow i. Meckl., vicrteljahrlich 15 M.
Liszt, Franz: Briefwechsel rnit Wagner --- s. Wagner.
Mahler, Gustav, und Schuch, von Dr. Fritz Stiedry in:
Sang- und Klang-Almanach 1920.
Merkel, Joh. : KurzgefaBtcs Lelirbuch der Harmonik.
2. verb. -ti. crweit. Aufl. Breitkopf & Hart 1 4 M.
Meyerbeer itn Dienste des preuBischcn Konigshauscs
von With. Altmann -- in: Zeitschrift f. Musik-
wrssenschaft II, 2.
Mozart, W. A. Von Hermann Abert 5. vollst. neu-
bearbjitete u. erweitcrte Ausgabe von Otto Jahns
Mozart. Toil 1. Breitkopf & Hartel 35 M.
Mtiller-Reuter, Thecdor: Bilder und Ktangc des Friedens
[Vcrmischte Aufsatze]. W. Hartung, Leipzig 12 M.
Muslkbiatter des Anbruct.s. Halbmonatsschrift f. modcrnc
Musik. Universal-Edition jahrl: 16 M.
Musikgeschichte, Handbuch der — s. Riemann.
Musiklexikon, Hugo Riemanns. 9., vom Verf. noch
vollstandig umgearbeitetc Auflage, nach seincrn Tode
fertiggestclit v. Alfred Einstein. Max Hesse gut
geb. 65 M.
Nettl, Paul — s. Italien.
Niklsch, Arthur: Erinnerungen aus meiner Wiener Jugend-
zeit — iit: Sang- und Klang-Almanach 1920.
Notationskunde — s. Wolf, Joh.
Oktaven, Kurze, auf besaiteten Tasteninstrumenten —
s. Klavier.
Oktoechos — s. Serbischer. i
Oper, — s. Kritik, Die. Zeitscliritt.
— , Geschichte der — s. Kretzschmar.
Qppel, Reinhard — s. Bach.
Orchester-Literatur-Katalog. Verzeichnis vonseit 1850
erschienenen Orchesterwerken (Symphonlen, Suiten
. . . Konzerten . . .) nebst Angabe der hauptsachlichsten
Bearbeitungen v.Wiih. Altmann. Lenckart, Leipzig 5M.
Pisling, Siegmund: Jttngste Musik — in: Jang- und
Klang-Almanach 1920.
PreuBische Staatsbibliothek. Der Zuwachs an Auto-
graphen in der Musikabteilung der PreuB. Staatsbibi.
in der Zeit vom 1. April 1914 bis 30. Juni 1919 von
Willi. Altmann — in: Zeitschrift f. Musikwisscn-
schaft II, 3.
Rarnn und Ton. Eine akustische Studie von Joh.Biehle
— in: Zeitschrift f. Musikwissenschaft II, 3.
Reicha, Anton, a!s Theoretiker, von Ernst Buck en —
in: Zeitschrift f. Musikwissenschaft II, 3.
Riemann, Hugo: Handbuch der Musikgeschichte. I, 1;
Die Musik des Aitertums. 2. Aufl Brcttkopf&Hartel 10M.
■— , -: ■- s. Musiklexikon.
Sang- und Klang-Almanach 1920. Hrsg. Adolf Wcifi-
mann. Neufeld & Henius 3,25 M.
Scharlitt, Bernard — s. Chopin.
Scharwenka, Xaver: Methodik des Klavierspiels. 3 Aufl.
Breitkopf & Hartel. 4 M.
SchOnberg, Arnold. Kammersymphonic op. 9 Thematische
Analyse v. Alban Berg. Universal -Edition 0,35 M.
Schueh, Ernst, von Dr. Eritz Stiedry — s. unter Mahler.
Schumann, Clara — in; Muller-Reuter, Th.: Bilder
u..Klange des Friedens.
Sciling, Max — s. Wagner.
Serbischer Oktoechos. [Kirchengcsimgc nach 8 Tonen].
Seine Struktur von Egon Wellesz — in: Zeitschrift
f. Musikwissenschaft II, 3.
Simrock, Eritz — s. Brahms, Briefe an Eritz Simrock.
Specht, Rich. — s. StrauB, Rich., DieFrau ohneSchatten.
Stiedry, Eritz -— s. Mahler und Schuch.
StrauB, Richard: op. 65 Die Fran ohne Schatten. The-
matische Einfuhrung v. Rich. Specht. Fiirstner 2,50M.
Volkmann, Hans — s. Astorga.
Wagner, Rich.: Briefwechsel zwischen W. und Liszt
4. Aufl. Breitkopf & Hartel 14 M.
— . Die Musik im Kunstwerk R. Wagners, von Max
Selling. Hans Sachs -Verlag, Munchen 4,50 M.
Weingartner, Felix — s. Beethoven.
Weifirtiann, Adolf — s. Sang- und Klang-Almanach.
Wellesz, Egon — s. Serbischer Oktoechos.
Wieck* Friedrich, in seinen letzten Lebensjahrcn — - in
Muller-Reuter, Th.: Bilder u. Klfinge des Friedens.
Wien — s. Niklsch, Arthur.
Wolf, Johannes: Handbuch der Notationskunde. II. Tell:
Tonschriften derNeuzeit, Tabulaturen, Partitur, General-
bafl u. Reformversuche 25 JVL
23
I Breitkopf & Hartel - Berlin w. 9 1
<§ Pofsdamer Sfraj3e 21 (parterre und j. Efage) »J
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I Zenfralffelle fiir in- und auslandifche Mufik |
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| Kunff-Abfeilung fiir Mufiker-Bilder, Buff en ufw. J
S Abfeilung fiir famfliche Mufik- I
§ Inffrumenle und Beffandfeile I
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1 Fliigel /. Pianos /. Harmoniums 1
t i iiiiiiutiHiiiiiiiiitiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin (audi Zlir JVIiefe), ihiiihiiiiii™^ %
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=H Mit Originalbeitrdgen von Generalmusikdirektor Felix Weingartner I Prof. Arthur H|
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fH den Almanach; „lch hegluckwunsche Sie und den Herausgeber zu der ganz famosen Arbeit, §|§
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Copyrigbi 1920 by Neuendorff & Moll Berlin-Wel$en|ee
Nofenbeilage zu „Me)os" 1. Hefi Februar 1920.
m^M*^v?
Erscbeint am 1. und 16. jedeu Monafcs. Zu beziehon durch die Postanstalten, Buch- u, Musikalienhandlungon, sowie direkt vom Verlag.
Reda-ktion: Borlin W. 10, Kouigin Augustasfcr. 34, JFernrui': Lilfczow 3-123. — Verlag: Berlin- Weissensee, Berliner Allee 71, Fernruf: Ws. 126.
Preis des EinzelheXtes Mk. 2.40, im Viertelj.-Abonn. Mk, 12.—, bei Kreuzbandbezug vierteljahrlicb Mk. 13.—. — Naehdruck vorbohalton.
Nr. 2
Berlin, den 16. Februar 1920
L Jahrgang
INHALT
HEINZ TIESSEN . . Der neue Sfrom, II.
Dr. HUGO LEICHTENTRITT ..... Die Quellen des Neuen in der Mufik
EDUARD ERDMANN Moderne Klaviermufik
ALFRED DOBLIN Vom Mufiker (Ein Dialog mif Kalypfo)
Dr. HANS MERSMANN Mufikalifdie Kulturfragen
FRITZ FRID. WINDISCH Mufikphyfiologie .
SIEGMUND PISLING . Paul Bekkers „Neue Mufik"
Prof. Dr. ALTMANN Bedeufende Neuerfcheinungen und Manufkripfe
BEILAGE: „Grablied", Lied von Heinz Tieffen in Fakfimile
(aus Shakespeares „Cymbelin"; ubersetzt von Ludwig Berger)
„MELOS"
in einer Luxusausgape
erfcheinf monaflidi einmal im Kunffverlag
Fri&Gurliff, Berlin W 35
Der neue Strom
Von Heinz Tieffen.
II.
Kami man Mufik mif Polifik in Zufammenhang bringen? Dafiir zeugflder ehr-
Wiirdigffe Gewahrsmann: kern Geringerer als Plafo hielf die Auswiichfe der Mufik —
oder was ihm Jo erfchien — geradezu fiir ffaafsgefahrlichi Grillparzer nennf Webers
Euryanfhe eine polizeiwidrig fcheuj31iche Mufik, die Unmenfchen heranziidifen miij3fe,
und bedauerf, daj5 man dergleidien nichf, wie in den gufen Zeifen Griechenlands, mif
Sfrafe von feifen des Sfaafes belegen kann. Vogeler-Worpswede vergleichf die deuffdie
Polifik, die zum Kriege gefiihrf haf, vielfach mif dem Wefen des auf Eindruck hin-
zielenden Impreffionismus in den Kiinffen. Wohl libf Gedruckfes, - Gefilmfes off eine
das menfchliche Gemeirwefen gefahrdende Wirkung auf fafendurffige Knaben (von der
gelegenflich ffaafs- und minifjergefahrdenden Machf der Preffe zu fchweigen); dennodi
kann man im allgemeinen, wenn man die verfdiiedenen Gebiefe geiffiger Befafigung
auf ihre gegenfeifige Einwirkung hin priiff, nidif grundfa&lich die Ereigniffe auf einer
Seife fiir die Urfache erklaren und die anderen fiir die Folge. Vielleichf kamen uns fonff
nodi gar die konfervafiven Mufiker mif dem Anfrag, den Arnold Schonberg als Haupf-
fchuldigen des polififdien Zufammenbrudis vor den offerreichifchen Sfaafsgeridifshof zu
ffellenl Sein Verfeidiger aber wiirde ihn im Gegenfeil als Vorfiihler eines neuen
Aufbaus riihmen. Plafos Gedanke und griechifcher Braudi find alfo fiir uns juriffifdi
dodi nichf ganz unanfechfbar durchzufiihren, da nur riickblickende Gefdiidife voile
Beweiskraff haben kann, und eine „Schuld" nichf erweislich iff. Denn eine gemeinfame
Wurzelverwandf Jchaff verbindef die geiffigen Regungen, die aus den Grundbedingungen
desfelben menfchheiflichen Enfwickelungsffadiums fidi enffalfen. — Heufe ffehf die
polififdie Taffadie im Vordergrund, dajS eflidie Inhalfe der Kunff (am handgreiflichffen:
Konvenfionelle Familieri-Probleme in der Liferafur) im fpezififch Biirgerlidien befchrankf
find und dem Prolefarier nichfs bedeufen konnen. Das kann fiir die Kunff eine neue
Kraffquelle des Rein-Menfchlidien und Wefenflichen werden. Und es iff kein Zufall,
daj3 gerade in den le^fen Jahren heffiger Gegenwind gegen das Nur-GefchmacMerifche
eingefe^f hat Wie Polififdies, Soziales die auj3ere und innere Gefamfhalfung der
Kiinffe regulafiv beeinflu|5f haf, erweiff ihr ganzer gefdiidiflicher Werdeprozej3. In
unferer Zeif haf man mif verffarkfem Nachdruck darauf hingewiefen. (Idi nenne Paul
Bekker.) Die Einfidif in die Bedeuffamkeif foldier heferogenen Einfliiffe konnfe aber
auch leichf zu deren IDberfdia^ung fiihren; darum darf man niemals vergeffen y da)5 es
eine aufonome und aufodifhone Kraff iff, die dem fchopferifdien Menfchen innewohnf
und mif ihrer Eigengefe&lichkeif der griindende Ur-Boden feiner Leiffung bleibf.
Einen anderen, engeren, auj3erlidieren Sinn haffe es, wenn idi (im vorausgehenden
Kapifel) Wendungen aus dem Worffcha&e der Polifik vergleichsweife auf die mufikalifche
Umwalzung anwandfe. Nichf ohne gewiffe Abfichf,' nichf als aujSeren Schnorkel fiigfe ich
meinen (vor zwei Jahren im Konigsberger Goefhebund vorgefragenen) mufikalifdien
Gedankengangen diefe fozialiffifdien Mefaphern ein. Man kann namlich heufzufage
an alien Enden das Worf „Bolfchewismus in der Mufik" lefen und horen, worunfer
26 9 /., ', .''"
man fich (mij5-)klanggewordenen „Biirgerfchreck", „ Chaos", „Anarchie" vorzuffellen haffe.
Entgegen diefer unfinnigen Begriffsbildung zeigfe ich, wie und wo eine Neuordnung
der Tonelemenfe mif einer Neuordnung des mepfdilichen Gemeinfchaffslebens einen
verfaffungsmaj3igen aujSeren Vergleichspunkf biefef. — *
Wer heufe unfer Tonfyffem bemangelf, hat wohl nichf das purifanifche Bediirfnis,
die reine Sfimmung nur urn ihrer felbff willen wiederherzuffellen, fondern vielmehr den
Wunfch, die Klangmoglidikeif en zu verfeinern und anff elle der zwolf Halbfone unferes
Syffems den reichen Farbenraufdi eines unendlichen Meeres von Tonen einzufaufchen,
IDberall regf fich feif langem das Bediirfnis nadi feineren, weicheren Verfdiiebungen der
bisherigen fonlidien Grenzen. Der paffive Impreffioniff fand verfchwebende Zwifchen-
fone, Klangkomplexe, duffige oder lippige Sfimmungs-Hinfergriinde. Und darauf fein
Widerparf, der akfive Expreffioniff, drangf heufe fein Lebensgefiihl in abfolufe Konfuren
von neuer, kiihner Linienfiihrung.
Das gleiche Bediirfnis, Welches das Tonmalerial aufzuruffeln und mif neuen Keimen
zu verjiingen frachfefe, fudife audi die Ton for men gleidi abgeernfefem, ffarrem Boden
aufzulockern und zu neuer Gefchmeidigkeif zu beleben und fchopferifch zu durchdringen,
Bejonders fchon und eindringlich find die Wprfe, mif denen Bufoni in feinem „Enfwurf
einer neuen Aeffhefik der Tonkunff" (an der der Tifel das fchwachffe iff), die Voraus-
fe^ungslofigkeif des Sckaffens und die Souveranifaf des Schaffenden der kunffhand-
werklidien Paragraphenfammlung gegeniiberffellf: „Die Roufine wandelf den Tempel
der Kunff um in eine Fabrik. Sie zerfforf das Schaffen, Denn Schaffen heij3f: aus
Nichfs erzeugen. Die Roufine aber gedeihf irn Nachbilden." — Freilidi iff es nichf ciamif
gefan, daJ5 man den Schaffenden (Niefjfches „aus fich rollendes Rad") auf die eine
Seife und alles irgendwie aus Gefe&en Beffehende auf die andere Seife ffellf, wie Bufoni
es fuf, wenn er zarafhuffrifdi ausruff: „Die Aufgabe des Sdiaffenden beffehf darin,
Gefe&e aufzuffellen, und nichf, Gefefjen zu folgen. Wer gegebenen Gefe&en folgf, horf
auf, ein Schaffender zu fein/' Ein fo einfa drier Hieb fcheinf mir den gordifdien Knofen
des fdiopferifdien Problems denn doch nichf zerfeilen zu konnen. Ich glaube, daJ5
alle wahre Kunff ewigen Gefe^en unbewujSf gehorcht Diefes Ewige darf
man nur nichf dorf fuchen, wo es nie und nimmer liegen kann: in fechnifchen
Sfileigenfiimlichkeifen irgendwelcher bedeufender hifforifcher^Perioden, Und doch haben
unaufhorlich zahllofe Manner des Faches Zeif vergeudef mif der liberfliiffigen, ja fchad-
lichen Verrichfung, Gefe^e peinlich feffzulegen, die nur im nladeren, befchrankferen Sinne
Gefefje find: Gefe^e, die aus den jeweiligen hifforifdi bedingfen Erfcheinungsformeji der
Kunff und dem jeweiligen finnlichen und geiffigen Enfwickelungszuffande der Bewohner
unferer miffeleuropaifchen Lande fich herleifefen und mif diefen Bedingungen fich felbff
verandern und vergehen mu)3fen und miiffen; im Prinzip vergehen, auch wenn her-
vorragende Werke dank ihrer fdiopferifdien Geiffeskraff jenen Dauerwerf gewinnen,
welcher der hifforifchen Begrenzung fpoffef. (Denn das Kunffwerk als foldies iff und
gilf, unabhangig von Enfwickelungsfragen — wahrend in den Wiffenfdhaffen jedes
neue Refulfaf die alferen auj5er Kurs fe£>t Kiinfflerifch Vollkommenes darf wohl das
Affribuf „klaffifch" fragen; jedoch darf man nichf vergeffen, daj3 jeder Verfuch, Voll-
kommenes als fradifionelles Muffer feffzulegen, dem Wefen des Schaffens zuwiderlauff
und es deklaffierf.) „Gefe^e" genannfer Arf, die als Harmonie — , Konfrapunk( — und
Formenlehre jedem Schiiler aufs neue als Grundwerfe der Tonkunff eingeimpff werden,
fo)¥j^n von vornherein unfer ffandiger Beriickfidifigung des Hifforifdi-Genefifchen
|lf/Not|j er ifiiiifi^en Gefamfvorausfe^ungen behandelf werden; als Relafiva, nichf als
F u ' \fa; als Lehre des Sfilgefiihls, welches fagf; die Gefamfhalfung eines Sfiles muj5fe
m\ e \ Tonfolgen gls ihm vollig unaffimili§rbar ausfcheiden, Wahrend diefelben Ton-
27
folgen dem Sfile einer anderen Periode nichf einmal als befondere Freiheifen er-
Jcheinen konnten.
Ewige Gefefje konnen nur in s einem anderen hoheren Sinne waif en: Goff ftillf
nidif den Loffel, audi nichf den Teller, fondern die Schiiffell Ewige Gefefie miiffen im
gemeinfamen Wefen alles kiinfflerifdien Schaffens felbff verankerf fein und in ihm
jederzeif unwillktirlich fidn auswirken, wie audi immer die jeweiligen hifforifdien
Erfcheinungsformen des Schaffens gearfef fein mogen, und von wie „revolufionaren"
Abfidifen der Schaffende audi immer geleifef fein mag. Das Ewige der Kunff kann
nur in dem inneren Sinne der fchopferifchen Funkfion felbff gefudif werden, d. h. in
in dem Triebe und Vermogen des fchopferifchen Geiffes, aus einem feelifch-geiffigen
Keime heraus mif den reinen Miffeln einer Kunff einen felbffgenugfamen Organismus
zu geffalfen. Erffrebenswerfes Ziel iff. folche „ewigen Gefef3e" zu finden; oder, be-
fcheidener, nur: in richfiger Fahrfe zu fuchenl Denn der ProzeJS des menfchlichen
Geiffeslebens iff unendlich, jedes vermeinflidie Refulfaf aber kann nur ein endlidies
fein. Unendlich, wie das Ganze, iff audi jedes Einzelnen kiinfflerifches Schaffen felbff,
ewig neues Weiferfchreifen, „Sfirb und Werdel" Der Kiinffler, der ferfig iff, iff —
„ferfig". Sehr bequem fur den Kiinffler (und fehr gleichgulfig gegen den Inhalf) ffellen
fidi diejenigen die „Form" vor, die in ihr ein Gegebenes vermufen, einen Behalfer,
in den man feine Tone nur fo hineinzuf chuff en brauchf, wie Niiffe in einen Sack. Doch
auch keine Vorausbeffimmung der Form durch den Inhalf iff nun die Lofungl
Das Schaffen erff fchafff die Form. Form ffehf nichf am Anfang, fondern am Ende
der Arbeif.
Wie Ewig-Bindendes, Unabanderliches audi im Material von derNafur gegeben
iff, habe idi im erffen Kapifelberiickfichfigf. Die jefif beriihrfe Frage des kiinfflerifchen
Geffalfens fiihrf hinein in die verfchiedenen Arfen fchopferifdier Einffellung, wie fie
gerade zu unferer Zeif nach zwei auj5erffen Gegenfaf^en hin fidi prazifierf und zum
Gegenffand lebhaffeffen Richfungsffreifes gemachf haben. Diefes bleibe einem Schluj3-
kapifel vorbehalfen.
(Schlu^ folgf.)
*
Die Quellen des Neuen in der Mufik.
Von Dr. Hugo Leichtentritt.
Bei alien Neuerungen in der Kunft muB man unterfcheiden zwifchen den groBen fchopferifchen
Ideen felbft, der Entdeckung neuer Kontinente fozufagen und der Ausarbeitung diefer Ideen im
Einzelnen, vergleichbar der Urbarmachung, Kolonifation eines der Wirtfchaft neu zugefllhrten
Gebiets,
Dabei ergibt fich fUr die Mufik, daB die groBen Ideen fehr gering an Zahl find und^nift
erft in langeren Zeitraumen einander folgen. Oberblickt man die etwa 2000 Jahre der ^ e \fik-
gefchichte, fo wSren an folchen groBen Ideen, die einen Weridepunkt der Kunft bedeute| er Ay/a
die folgenden zu nennen: / /
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Copyright 1920 by Neuendorf f & Moll Berlin-WeiBensee
Notenbeilago zu n Melos 1 * 4. Heft April 1920.
1. Die Entdeckung der Tonalitat und der Tonarten durch die griechifchen Mufiker.
2. Die Entdeckung der Mehrftimmigkeit, des Kontrapunkts im Mittelalter.
Die freien, taktlofen Rhythmen. Die Architektur der Mufik, Fuge, Kanon.
3. Die Klaviatur, ihre Anwendung auf Orgel und Klavier.
4. Die akkordilche Begleitung, der GeneralbaB im 17. Jahrhundert, der Takt.
5. Das Mufikdrama, der Sprachgefang, die Monodie mit Begleitung.
6. Dur und Moll, die temperierte Skala, die Formulierung der Harmonik durch Rameau.
7. Die Sonatenform, die thematifche Durchftthrung.
8. Eindringen der romantifchen malerifchen Vorftellungen, der Chromatik, Klangfarbenkunft
des neuen Orchefters. #
9. EinflUffe der orientalifchen Mufik, neue Skalen.
10. Beginnende AuflOfung der Tonalitat, Vorbereitung eines neuen Tonfyftems durch Drittel-
und VierteltOne.
Fragt man nach den Entdeckern diefer wahrhaft epochemachenden UmwSlzungen, fo ergibt
fich, daB die groBen Meifter der Tonkunft nur zum kleinften Teil hier zu nennen find. Weder
Paleftrina, noch Orlando di Laffc, Heinrich Schlltz, Handel, Bach, Gluck, Mozart, Beethoven,
* Weber, Schubert, Mendelsfohn, Brahms kommen hier in Betracht. Was fie Neues brachten, fteht
auf einem anderen Blatt, es ift ihre gewaltige PerfOnlichkeit, der Ausdruck ihres inneren Erlebens,
das Subjektive, Individuelle, Unnachahmliche. Die feelifcheft, geiftigen Werte, urn die es fich
hier handelt, find die Blute der Kunft, wahrerid die genannten neuen Ideen der Wurzel zu ver-
gleichen waren. Das Grundlegende, Stoffliche, Sachliche, Gemeinfame kommt in ihnen zum
Ausdruck, dasjenige, was fahig und geeignet ift, Schule zu machen, wahrend die groBen Einfamen,
die Meifter eigentlich unnachahmlich find, und wenn fie Schule machten, zum Epigonentum
ftihren. In Einzelheiten der Technik, Dingen minder grundlegender Art haben auch die groBen
Meifter viel Neues gebracht, im Wefentlichen aber haben fie mit der Entwicklung und Vollendung
der Zeitideen zu tun. Ihr h5chftes Ziel ift: das Zeitliche, aus beftimmten Vorausfetzungen, in
beftimmter Umgebung entftandene zeitlos zu machen, es gleichfam umzumtlnzen in einen Wert,
der immer und iiberall gilt. Sie vergeiftigen die Materie, die ihnen durch die neuen Ideen der
Spekulation mehr oder weniger roh zugefilhrt wird.
Es fei in Kurze auf die oben angefUhrten Grundgedanken der mufikalifchen Entwicklung
eingegangen, mit der Tendenz die Quellen jeder diefer Neuerungen aufzuweifen.
Die Mufik wird zu einer wirklichen Kunft erft, indem fie aber das primitive, inftinktmSBige *
Mufizieren hinaus eine Theorie, eine fefte Regel, ein Syftem fich fchafft. Dem philofophifch fo
reich veranlagten griechifchen Geift war diefe Leiftung vorbehalten. Sie wurde die unentbehrliche
Grundlage, ohne die auch die Mufik des 20. Jahrhunderts nicht denkbar ift Der Begriff der
Tonalitat, der Tonleiter, Tonart, der Intervalle wurde hier aufgeftellt, Damit kam man taufend
Jahre hindurch aus.
Die folgenfchwerfte Neuerung der ganzen Mufikentwicklung kam zuftande, als zum erften
Male ein ungenannter Monch des Mittelalters mit dem Gedanken fpielte, daB man mit zwei oder
drei Stimmen nicht nur unifcno fingen kOnnte, fondern auch in Zufammenkiangen verfchiedener
TGne. Die Mehrftimmigkeit war geboren, und mit ihr kam die endgiltige Trennung der europaifchen
von der orientalifchen Mufik, der harmonifchen Kunft von der ausfchlieBlich rhythmifch-melodifch
einftimmigen Mufik des Oftens, die bis zur Gegenwart noch an ihrer Eigenart fefthait.
Vom Quintenorganurn des MOnches Hucbald Uber Joh. Seb. Bach (etwa achthundert Jahre
f pater), bis in unfere Tage hinein fUhrt der Entwicklungsweg der Idee: Mehrftimmigkeit. Die
einzelnen Stationen diefes Weges laffen deutlich erlcennen, wie eine Neuerung aus der anderen
abgeleitet ift, wie die Grundidee fich fpaltet und veraftelt. Das rohe crganum: ¥erdopplung
29
elner Melodic in der Quarte oder Quinte hat nach etwa zweihundert Jahren feine Kraft erfchopft.
Man ift der unabanderlichen Parallelquinten- und -quartengange tiberdriiffig geworden. Irgend
ein ungenannter Mufiker probiert, ob man nicht auch die Gegenbewegung verwenden konne.
Der Kontrapunkt ift gefunden, die Moglichkeit, einer" Stimme anders gefilhrte Gegenftimmen
gegeniiberzuftellen. Nun kann zwar ein kUnftliches Geflecht von Stimmen hergeftellt werden,
aber noch weiB man nicht, die verfchiedenen Stimmen zur hoheren Einheit zufammen zu
fiihren. Das Zeitalter der Scholaftik, der gotifchen Baukunft findet auch hierfiir die neue Technik:
Irgend jemand erfindet das Prinzip der „Nachahmung" (es wird neuerdings dem aiten Ockenheim
zugefchrieben). Wieder eroffnen fich neue Moglichkeiten fiir die Kunft, Ein Motiv wird durch
die Stimmen geftihrt, fie fpielen mit ihm, ahmen einander nach, unterhalten fich iiber ein gemein-
fames Thema: Die JLogik des mehrftimmigen Gefuges ift gefunden. Die Mufik ift nun
intellektuell mtlndig geworden. Auf diefer Bafis entftehen Kanon, Fuge mit ihren Abarten. Mehr
als das: die architektonifchen ldeen der Zeit konnen nun auf die Mufik ubergreifen. Die
Konftruktion wird ein wichtiger, unerlaBlicher Beftandteil der Kompofition. Maji baut in Tonen
Geflige von machtiger GroBe, zwingendem Zufammenhalt, aber auch von zierHchem Spiel der
Konturen. Auch die Idee des Profils, der Ze^hnung, des Spiels der Linien gegen- und mit-
einander, der Arabesken wird fiir die Mufik fruchtbar. Die Mittel find gegeben urn aus der
gegenfeitigen Beziehung von Wort zu Ton neue Worte des Klang'es und des Ausdrucks zu Ziehen.
Die Torimalerei, erft erne Spielerei, wird in den Motetten, Liedern, Madrigalen des 16. Jahr-
hunderts zu einem legitimen Kunftmittel. Das Erwachen der italienifchen Literatur in der
Renaiffancezeit geht an den Mufikern nicht eindrupkslos vorbei.
Die mittelalterliche Architektonik hat zwifchen 1500—1600 ihren Hohepunkt in der Mufik
Uberfchritten. Die groBen niederlandifehen Meifterftucke der Polyphonie, bei Josquin des Pres
und Orlando di Laffo, die italienifchen Gegenftucke bei Paleftrina, den Gabrieli in Venedig waren
nicht mehr zu ilberbieten. Die architektonifche Idee hat fich erfUllt, nun drangt der literarifche
Renaiffancegeift fich mit Macht nach oben, es entfteht die artiftifche Literaturfchopfung der
Oper. Dies illegitime Kind der Renaiffanceliebe zur Antike, von der Prachtliebe italienifcher
Furftenhofe verhatfchelt, hatte nicht auf die Dauer gedeihen konnen, wenn es fich nicht fpaterhin
mit dem Singeinftinkt des italienifchen Volks vermahlt hatte. In diefer Ehe zwifchen Drama und
Gefang waren nur zeiiweilig beide Teile gleichberechtigt; nicht immer war der Gefang die fchonere
Halfte, auch die beffere, das Drama, wurde fpater von ihm vergewaltigt, bis Gluck mit machtigem
Griff die Uberhebung des Gefangs in die gehorigen Grenzen zurtickverwies. Dem fiir das Drama
neu zurechtgefchnittenen Gefang, der Monodie gebiihrte eine befonders geartete Begleitung, deren
Idee grundlegend wurde ftir die gefamte Mufik von anderthalb Jahrhunderten.
Die akko/difche Begleitung iiber dem bezifferten GeneralbaB beherrfcht die ganze Mufik
faft ausnahmslos von etwa 1600 bis zu Bach und fpater noch. Auch diefe bedeutfame Neuerung
jft nicht mit dem Namen eines der groBen Meifter verkniipft; ihr eigentlicher Erfintder ift un-
bekannt, zum erften Male erfcheint fie fyftematifch ausgebaut in Viadana's „Concerti ecclefiaftici"
vom Jahre 1602, Aber alle groBen Meifter der Tonkunft von Monteverdi an, iiber Cariffimi,
Scarlatti, Haffe, Schiitz ufw. bis zu Handel und Bach tibten ihren Witz am GeneralbaB und
machten aus ihm fchlieBlich das gefchmeidigfte, willigfte, brauchbarfte Werkzeug der Tonfetzkunft.
Befonders reizvoll die Verbindung des neuen Akkordgefiiges mit der Erbfchaft der alten groBen
kontrapunktifchen Kunft im fogenannten konzertierenden Stil, wo iiber einem GeneralbaB fich die
obligaten Stimmen der Soloinftrumente in reizvolleii Linien iiberfehneiden, durchqueren und in
den mannigfaltigften rhythmifchen Verhaltniffen vermifchen, wie uns dies fo manche wundervolle
Kantatenarie bei Bach in der vollendetften Weife zeigt. Wahrend in Italien die Prunkliebe, das
bis zum Prahlerifchen GroBztigige der Barockzeit auch die Mufik auf neue Bahnen leitete (in der
Oper und in den vielchorigen, effektvollen GlanzftUcken der fpateren romifchen ScHule, die in
Orazio Benevoli's gewaltiger Feftmeffe mit ihren zweiundfunfzig Partiturzeilen gipfelte), wurden
der Mufik in Deutfchland durch die harte Not der Zeit andere Wege gewiefen. Die Verwilderung
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und Verarmung, das dauerhaftefte Eroftllck des 30jahrigen Krieges zwangen zum Verzicht auf
Luxus und GroBe. Die gequalte Menfchheit flUchtete fich in die Kirche, man wurde glSubig.
Nur diefem Umftand ift zu danken, daB die Mufiic, kleinblirgerlich hefcheiden zwar, aber echt im
Geftfhl, fich durch die fchlimmften Zeiten hindurch rettete. Die kleinen proteftantifchen Kantoren,
die Choraldichtungen des 17. Jahrhunderts legen den Grund zu der gewaltigen Kunft eines Bach.
Kann der Gefang des proteftantifchen Nordens fich nicht mit der glanzenden Kunftfertigkeit
Italiens meffen, to wachft hier daftlr die tiefgrtlndige Inftrumentalkunft, zumal das Orgelfpiel, in
dem der erbeingefeffene polyphone Geift der Niederlander verjtingt wieder auflebte. Es fei bei-
laufig hier nachgetragen, daB auch die Erfindung der Tafte, der Klaviatur urn das 13. Jahrhundert
durch einen unbekannten Mufiker eine der folgenfchwerften Neuerungen war, indern fie, was bei
den frilheren Seiteninftrumenten mit Bogen unmOglich war, alle zehn Finger beider Hande zum
gleichzeitigen Spielen frei macht: der mehrftimmige Gefang eines ganzen Chors wurde hier einem
einzelnen Spieler buchstablich in die Hand gegeben.
Wiederum eine ErfchlieBung gewaltiger neuer Moglichkeiten bewirkt die Erfindung eines
fimplen Organiften Andreas Werckmeifter, dem es gelingt, durch die temperierte Stimmung
der Tafteninftrumente alle Schwierigkeiten zu befeitigen, die fich aus akuftifchen Grllnden bis
dahin beim Ubergehen aus einer Tonart in die andere ergaben. Dur und Moll, die unter dem
EinfluB des Volksgefangs fich im 17. Jahrhundert aus den alten, immer etwas volksfremd ge-
bliebenen Kirchentonarten abgefondert hatten, konnten erft jetzt zur vollen Auswirkung kommen,
Seb. Bach.zog aus diefer Erfindung fofort geniale Konfequenzen, nicht nur im „Wohltemperierten
Klavier", fondernin feiner reichen, biegfamen Harmonik Uberhaupt, die fchon das neue Kunft-
mittel der Modulation mit groBer Virtuofitat handhabt. Allgemein gtiltig formulierte Rameau das
Syftem der neuen Tonartenbeziehungen. Er legte dadurch den Grund zur neuen Harmonik, der
Kunft der Kadenzen und Modulationen, die in ihrem Kern eigenilich noch bis in's 20. jahrhundert
Gultigkeit behalten hat. Der Begriff des Dreiklangs, des Akkords wurde gefchaffen und dadurch
erhielt der einzelne Ton eine neue Bedeutung gegentiber feiner frliheren Stellung als Beftandteil
einer kontrapunktifchen „Stimme". Die Folge war ein neues Aufbliihen der Homophonie, ein
frifcher Zug zum volkstumlich Melodifchen hin, das durch den GeneralbaB und die vorwiegend
polyphonifche Behandlung der frliheren Epoche feine eigentOmlichen Reize nicht recht entfalten
konnte. Zudem war wieder ein unliberbietbarer Gipfelpunkt mit Bach erftiegen. Eine groBe
Kunftperiode war vollendet, und noch vor ihrem AbfchluB waren fchon die Krafte am Werk, die
einen neuen Stil vorbereiteten, der die notwendige Folge der ganzen Lage der Dinge war. Zu
der neuen akkordifchen Harmonik, der voiksttlmlichen Melodie mit ihrem fingbaren und tanz-
freudigen Einfchlag gefellte fich eine neue formale Konftruktionsidee, die wiederum in hOchft
glOcklicher Weife den BedUrfniffen des Tages entfprach und doch dehnbar genug war, urn
Generationen von Schaffenden zu dienen.
Die Sonatenform entfteht, irgendwo in Wien oder Mannheim, von talentvollen Mufikanten
zweiten Ranges inftinktmaBig in ihren Umriffen geftaltet. Ein genialer KUnftler greift die neue
Idee auf: Jofef Haydn verdankt ihr feine Quartette und Simfonien, aber auch die Sonatenform
verdankt Haydn ihre bewundernswerte Biegfamkeit und faft unerfchopfliche Variationsfahigkeit.
Der Gegenfatz der Tonika und Dominate in zwpi gegenfatzlichen Themen, die finnvolte
Gruppierung der nah verwandten und entfernteren Tonarten, die intereffante Verwicklung vermittels
der „Thematifchen Arbeit" im DurchfUhrungsteil, die neuartige Verbindung von Homophonem,
Schlichtmelodifchem mit Polyphonem, find die Pointen der neuen Form. Sie bot Beethoven's
Genie die Moglichkeit der ihm entfprechenden Auswirkung, hat doch Beethoven's unerhorte
geiftige und feelifche Kraft fich in ihr ebenfo naturgemaB betatigen konnen, wie Bach in der Uber-
kommenen Fuge. Selbft da in feinen letzten Quartetten, wo Beethoven die Form zu zerbrechen
feheint, zehrt er noch von ihrern Geifte, indem er das organifch Gewachfene, jhren wefentlichften
Beftandteil, gleichfam potenziert, wie man an op. 106 ? 130, 131 z. B. fehen kann, wena man fich
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die MUhe gibt, bis in die kleinften Einzelheiten hin die Geftaltungskraft der Grundmotive hier
zu verfolgen.
Das 19. Jahrhundert hat weniger fchulfahige, epochemachende Ideen aufzuweifen. Es zehrt
an der Sonatenform. Ihm eigenttimlich ift eigentlich nur eine neue Idee, die der romantifchen
Phantafie, der geiftigen Verfaffung der Zeit von etwa 1800—1848 entftammt. Man verwifcht die
Grenzen der Kiinfte, die Vorftellung Wagner's vom Gefamtkunftwerk wurzelt ficherlich ir. diefer
romantifchen Sehnfucht der Poefie nach Mufik; der Mufik naeh Malerei und Poefie, un<± fo fort
in mancherlei Abwandlungen. So kommt die poetifierende und malerifch orientierte Mufik eines
Schumann, Chopin auf. Waren diefe Beftrebungen dem Formideal der Mufik (mit feiner natUr-
lichen Verwandtfchaft zum Architektonifchen im GroBen und zum Plaftifchen im Kleinen) venig
zutraglich, fo hat doch der Klang an Schonheit, Intimitat, fuggeftiver Eindringlichkeit neue, frOher
ungeahnte Reize gewonnen. Das Ohr wurde feinhoriger, man fuchte und fand feinere Obergaige,
farbigere, zarte, leuchtende Klange, entdeckte ein .zauberhaftes Haibdunkel, wogende Schafren,
flimmernde Lichter: die chromatifche Harmonik eines Schubert, befonders aber eines Chopin und
u'fzt ift der wefentfichfte Gewinn der romantifchen Kunftperiode. Damit hangt eng zufammen die
Ausbildung der neuen Orcheftertechnik eines Berlioz, Lifzt, Wagner, die in dem reizbareren
Gehor der Ktinftler diefer Zeit wurzelt. Was man dagegen lange Zeit als eine gewaltige
Neuerung von unvergleichlicher Klihnheit angefehen hat, der Wagner'fche Sprachgefang mit feiner
fymphonifchen Begleitung, die Leitmotivtechnik, seine chromatifche Harmonik und blendende
Orchefterbehandlung (ganz zu fchweigen vom eigentlich Dramatifchen) — , erweift fich nach der
Erfahrungvon faftcinemhalben Jahrhundert imSinne dergegenwartigenBetrachtungals ein trUgerifches
Vorbild fiir die Ji'mgeren. Von der, wie die fpatere Erfahrung gezeigt hat, nicht ganz zutreffenden
Meinung ausgehend, daB die Sonatenform durch Beethoven erfchopft fei, kam Lifzt zu einem
Formtypus, der fymphonifchen Tondichtung, der programmatifchen Mufik, der feiner glanzenden
Begabung und der blendenden Richard StrauB'fchen Kunft einige eindrucksvolle Partituren er-
moglichte. Eine fruchtbare Idee von groBer Tragweite fcheint die Programmmufik aber nicht zu
fein. Im Gefolge der romantifchen Differenzierungsneigung hebt fich im 19. Jahrhundert aller
Orten die nationale Mufik. Chopin entdeckt die ktinftlerifche Bedeutung der polnifchen Volks-
mufik fOr die ganze Welt. Er erfchlieBt fo den Often. Es folgt die ruffifche nationale Kunft,
die fkandinavifche, finnlandifche, die bohmifche, neuerdings auch die fpanifche Mufik. Die
Tendenz, dem Stamm der gemeinfamen, internationalen groBen europaifchen Kunft ein nationales
Reis aufzupfropfen, hat im einzelnen zu vielen reizvollen Neuerungen gefllhrt und viele frifche
unverdorbene Safte aus dem naiven Volkstum der Mufik zugeftihrt. GroBe neue Ideen find
jedoch da/aus nicht entftanden. Ahnlich verhalt es fich mit Verbefferungen im Inftrumentenbau,
der Konftruktion des Hammerklaviers, der Ventile fur die Blechblasirvtrumente. Sie hatten eine
erhebliche Weiterbildung und Vollendung der Klavier- und Orcheftertechnik zur Folge, nicht aber
eine AuJfchlieBung neuer groBer Moglichkeiten.
Eine folche jedoch fcheint fich gerade in nnferen Tagen vorzubereiten. Aus der Welt des
fernen Oftens find durch Vermittlung der ruffifchen Mufik Einfltiffe der uralten und uns doch fo
neuen orientalifchen Mufik in den Weften gelangt. Auch die noch junge Wiffenfchaft der ver-
gleichenden Mufikgefchichte belehrt uns Uber die Mufik der exotifchen und primitiven Voiker-
fchaften. Wir lernen fo eine Mufik kennen r die auf ganz anderen Vorausfetzungen beruht als
die unfrige. Sie kennt keine Harmonik, keinen regelmaBigen Takt, kein Dur und Moll, hat ganz
andere Skalen, andere Intervalle, andere formale Konftruktionsideen als unfere Mufik; fie Ubertrifft
unfere Mufik an rhythmifcher Feinheit und Mannigfaltigkeit. Durch Moufforgshy, Debuffy und
deren Anhang find orientalifche ZUge unferer Mufik angepaBt worden. Es kann fich nicht darum
handeln, den Orient als fenfationelles Reizmittel zu kopieren, fondem nur bei der gegenwartigen
inneren'Notwendigkeit einer Neuorientierung der Mufik die neuen Ideen zuzuftihren, die fie
braucht, zu denen uns der Orient anregen kann. Das Streben der Zeit geht nach Erweiterung,
fogar allmahlicher AuflOfung des Tonalitatsbegriffes. Konfonanz und Diffonanz haben eine neue
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Bedeutung bekommen. Alles drangt auf ein neues Tonfyftem, das theoretifch wohl fchon voir-
ftellbar ift, aber praktifch nicht verwirklicht. Wir brauchen einen erfinderifchen Inftrumentenbauer,
der uns handgreifiidh beweift, wie man uber die (fchon ziemlich ertchopfte) chromatifche
Halbtonfkala hinaus in Drifted und Vierteltonen bequem mufizieren kann. Den Kunftlern mag
man es ruhig uberlaffen, wie fie fich mit folchen neuen, heute noch fantaftifch anmutenden
Moglichkeiten abfinden. Schon das, viel zu wenig gekannte und gewiirdigte Johannes Mofer-
Klavier wirft die alten Konfonanz- und Diffonanzbegriffe Uber den Haufen, gewahrt die Ftilie
neuer, intereffanter Klangkombinationen, ohne die Grenzen des temperierten Halbton's zu tiber-
fchreiten. Ein Bufoni, Schonberg und einige andere wagen den VorftoB in die unbekannten
Regionen, aber mehr taftend, inftinktiv, als in voller Klarheit auf ein ficheres Tonfyftem geftiitzt.
MUBig, dariiber zu fpekulieren, ob der klihnfte Schritt, das Aufgeben der Tonalitat fich als ein
Irrweg erweifen wird oder v nicht. Meine Erwartung, gefttltzt auf die nahere Kenntnis der ge-
fchichtlichen, durchaus organifchen Entwicklung geht dahin, daB die Tonalitat nicht von der
Mufik zu trennen ift, daB man aber erwarten darf, neue Skalen und Intervalle werden auch ein
neues TonalitatsbewuBtfein erzeugen.
Immer kommt es nur auf klares Erkennen, auf Einficht in die unfachlichen Zufammenhange
an. Was dem Unwiffenden als atonal erfcheint, mag der Wiffende fehr wohl als tonal begreifen
und empfinden. Dem neuen Tonfyftem wird die neue Praxis, die neue Theorie folgen, auch diefe
alle wiederum nur als ein Glied in der groBen Kette der organifchen Entwicklung wieder zu
neuem filhrend. Man hUte fich jedoch vor dem FehlfchluB, daB „neu" auch „beffer" oder fogar
nur „gut u bedeuten miiffe. Die feelifchen und geiftigen Werte der Kunft ftir die Menfchheit find
abhangig von den groBen Individuen. Die ftlhrenden Ktlnftler wiederum find abhangig von den
Ideen der Zeit. Diefe auszufchopfen, zu vollenden, reftlos rein zu geftalten ift ihr Lebenswerk,
daneben noch neue Ideen vorzuahnen, vorzubereiten, deren Vollendung anderen Individuen
beftimmt ift. Noch lange nicht ift der groBte Neuerer notwendig auch der groBte Kunftier. Die
Welt verehrt fogar die groBen Vollender unvergleichlich inbrllnftiger, als die erfinderifchen
Entdecker und Anreger. Sicher aber ift, daB die Kunft den immerwahrenden Kreislauf alles
Lebens durchmachen muB, aus frifchen Keimen hervor bis zur Vollendung wachfen muB und
daB mit der Entdeckung der notwendigen neuen Ideen und deren Geftaltung bis zur. Vollendung
das ganze Leben der Kunft reftlos umfchrieben ift. So ift das Neue unentbehrlich, aber nicht
als der afthetifch gewichtigfte Ted der Kunft anzufehen. Das eine Neue wird von dem folgenden
Neuen Uberwunden (der Neuerer wird ftets als Feind des Beftehenden empfunden), nicht jedoch
wird eine Vollendung von einer anderen Vollendung ausgelofcht. Die groBen Kunftwerke ftehen
in voller Eintracht neben einander, trotz groBter Verfchiedenheit. Wie problematifch die Wirkung
des Neuen gemeinhin ift, ware auch darzutun aus der Tatfache, daB die Entwicklung durch das
ftandig wieder entftehende Neue meiftens nicht geradlinig verlauft, londern, was viel zu wenig
in der Mufik bekannt ift, fogar mit Vorliebe rticklaufige Bewegungen macht, fo daB Ideen der
langft verfchollenen mittelalterlichen Renaiffancemufik, felbft der noch viel alteren primitiyen
Kunft nach langen Zeitlaufen als funkelnagelneu wieder auftauchen und auch meiftens gelten,
Diefen feltfamen Beziehungen von Reform und Reaktion in der Mufik gebUhrt jedoch eine
befondere Studie, wie auch einer Reihe anderer Fragen, die fich aus dem Problem des Neuey
ablofen: Wie find Tradition und Revolution, Schule und Individualismus gegen einander ab-
zugrenzen? 1st Konvention durchaus oder nur in gewiffen Grenzen zu verwerfen, ift das kuhne
Experiment der planvollen ausgereiften Leiftung Uberlegen, kommt es mehr auf Evolution oder
Revolution an, find nicht alle nur mOglichen Neuerungen nur Variationen von wenigen den
Naturgefetzen ahnlichen, unwandelbaren Grundwahrheiten? Dies alles zufammen genommen
wOrde erft zu einer zulanglichen Behandlung des Problems ftthren.
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Moderne Klaviermufik
Von Eduard Erdmann
Prinzipiell lassen sich in der modernen Klaviermusik zwei einander entgegengesetzte Grund-
tendenzen unterscheiden. Auf der einen Seite sehen wir ein Kultivieren der Sonderindividualitat
des Klaviers als Instrument, ein bestandiges Streben nach Verfeinerung, Differenzierung seiner
koloristischen Moglichkeiten, ein starkes Interesse ftlr die preziose und suggestive Erscheinungsform
des Kunstwerkes. Den Kompontsten dieser Richtung ist das Klavier dasjenige Soloinstrument,
welches am meisten fahig ist, mit der farbenfreudigen Entwicklung des Orchesters Schritt zu
halten und im Klangfarbenraffinement mit diesem zu wetteifern. Die Musik ist hier vorvviegend
aufs Akkordliche — gewissermaBen Vertikale — gestellt und wurzelt ursprtinglich in der glanzenden
virtuosen Klavierkunst der vorigen Generation. Ich mOchte diese Richtung, die das klavierklang-
liche Material aufs auBerste ausnutzt, scharft, verfeinert, als artistisch-koloristisch bezeichnen. Am
Ende dieser Entwicklung ware etwa Debussy zu nennen.
Diametral entgegengesetzt zu jener Richtung beobachten wir eine andere, Diese hat fiir das
typisch KlaviermaBige wenig besonderes Interesse. Sie wendet sich an das Klavier von einem ganz
anderen Gesichtspunkte aus. Das Klavier ist hiernur Notbehelf, ein wnvollkommener Phonograph
minutiosen seelischen Erklingens. Hier sehen wir das Klavier im wesentlichen urn seiner technischen
Vollstandigkeit willen benutzt — im Sinne der moglichen Kombinierung von Akkordlichem und
Linearem auf einem Instrument. Es wird zum Material fur den Rhapsoden und dient dazu,
seelisch-klangliche Vorstellungen auf der Schneide ihrer Materialisierung festzuhalten und zu bannen.
Das Klavier, als das Gebrauchsinstrument des Improvisators, wird hier — bloB in hOherem Sinne,
im Sinne aktiven Schaffens — erweitert und umgewandelt. Das Intime einer Nur-Ausdrucks-
betonung kommt hier zu seiner reinstmoglichen I osung, durch das Solistische des Instruments
unterstrichen und durch die nachschaffende Identifizierung des Interpreten mit dem Komponisten
gewahrleiftet. Hier sehen wir die Kunst in groBtmogliehern Verzicht auf ihre Pose, da der Roh-
zustand der tonlichen Verkorperung inneren.Erlebens moglichst betont bleibt und rnanchmal bei-
nahe zu der Einseitigkeit des bloBen Daseins und Wertes ftlr den schaffenden Urheber ftihrt.
(Tagebuch!) Auf diese Poselosigkeit, dieses Festhalten am ersten Ergebnis des Schopferwillens zielt
letzten Endes die aus dem Schonbergkreise so hartnackig und riicksichtslos ausgesprochene Forde-
rung der kilnstlerischen Ehrlichkeit. Die Beschrankung auf das Soloinstrument kommt dieser An-
forderung viel harmonischer entgegen als das Orchester, das schon durch die Pose seiner Masse,
seiner vielgestaltigen Erscheinung etwas auch innemalb der KunstauBerung selbst herausfordert, was
nach Podium und Redeschmuck schmeckt. Am Ende dieser Richtung, welcher, im Gegensatz zur
erst erwahnten, die klangliche auBere Erscheinung gewissermaBen nur KompromiB mit der AuBen-
welt und nicht ein Selbstzweck ist, sehen wir Schonberg und seinen Kreis. Dieten zwei entgegen-
gesetzten Tendenzen (die auf Wirkung gestellte arfistisch-koloristische gegentiber der im engeren
Sinne expressioni^tischen) entsprechen auch die an den Interpreten zu stellenden Anforderungen.
Die erste appelliert an den anpassungsfahigen, kultivierten, mehr passiven — seiner Einstellung
dem Kunstwerk nach — Virtuosen, wahrend die andere im Wesentlichen einen selbft gestaltenden,,
aktiven und schopferischen Interpreten verlangt. Schonbergs Klavierwerke restlos wiedergeben
kann letzten Endes doch nur ein Schaffender, der beim Spielen der StUcke, gewissermaBen von
Neuem gestaltend, sie zum zweiten Male komponiert. Zwischen diesen beiden Polen, in be-
standigem Schwanken, Hinneigen bald mehr zum einen oder andern, bewegt sich die Musik unserer
Generation. Dazu kommen naturgemaB noch Ziige, die eine Unselbstandigkeit gegentiber der
Slteren Musik, namentlich derjenigen der vorigen Generation, bekunden, und das Reden uber
unsere Musik aueh bei den Reprasentanten so sehr komplizieren, die wir als unsere scharfst-
profiliertesten ansprechen. —
Als neue Errungenschaften in der Klavierbehandlung ware vor alien Dingen die immense
Verfeineruug der Pedalbehandlung durch Debussy und Skrjabin zu nennen: das standige Rechnen
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mit halben Pedalhebungen, wobei die T5ne der eben verlassenen Harmonie in den weiter£ri
Verlauf des StUckes hineinklingen, das Nachtonen der tonlos angeschlagenen Wiederholung
eines Akkordes durchs Pedal, die gesteigerte Verwendung von una corda-Wirkungen — kurz,
eine unendliche Reihe neuer Farben. Dazu die erhOhten AnsprUche an die ModulationsfShigkeit
des Anschlages. IndeB altere, technische Manieren, wie gebrochene OktavengSnge, Tremoli,
Tonleitergange immer mehr und mehr zurticktraten, kamen mehr linear empfundene Passagen
ohne die Ubliche Dreiklangsbasis, Man braucht bloB einen Blick in Busonis gewaltiges Concerto
zu tun, um von modernen Klavierm5glichkeiten einen Begriff zu bekommen. Eine anders
geartete Klavierbehandlung kam mit Reger auf, vvelche in ihrem massiven Satz hMufig Orgel-
wirkungen anstrebt. Dieser dicke, akkordpolternde Klaviersatz spukt in verschiedenen Nuancen
und Abarten heute bei Szymanowski und vieleo Regerschtllern nach. Wieder Neues brachte dann
der Schonbergkreis. Hier ist es die lineare Polyphonic, die die Klaviertechnik bereichert. Das
Dureheinander- und Ineinanderweben der verschiedenen Linien erOffnet neue Perspektiven, verlangt
eine vollig anders geartete Einstellung vom Interpreter Als Errungenschaften der Sch5nberg-
schen Klavierbehandlung ervvahne ich noch das Klavierflageolett, die Akkordmelodien, endlich die
so charakteristische GegenUberstellung dynamisch scharf konstatierter Gedankenkomplexe — das
Entsetzen aller „Rechtdenkenden".
Bei den folgenden Hinweisen auf mir bedeutend erscheinende Komponisten und Klavier-
werke verzichte ich von vornherein auf jegliche Gefilhlsdeutung von Musikstdcken. Eine
solche muB, entsprechend dem verschiedenen Material (Ton und Wort) immer StUckwerk
bleiben, ebenso wie der Ausdruck eines Bildes sich letzten Endes auch nicht mit Worten
fassen laBt. Zuerst will ich von Schonberg reden. Ich halte SchSnberg ftlr den
schopferischsten Menschen unsrer jUngsten Musik. Wenige Klavierwerke hat er bssher veroffentlicht,
aber um fo gewichtigere. Aus SchOnbergs Nur-Ausdrucksbetonung resultiert seine eigentUmliche
Schreibweise, in der alles Formalvermittelnde, Abglattende, Verwassernde fast vollkommen verdammt
wird. So kommt eine Musik zustande, die beinahe ausschlieBlich aus Gefilhlsextrakten ohne alle
entspannenden Zwischenflachen — im Sinne der alteren Musik — besteht. Berechtigung erhSlt
dieser Stil durch die Kiirze der Schonbergschen Stiicke, denn auf die Dauer mUBte diese ununter-
brochene seelische Hochspannung unertraglich ermilden. Die ersten beiden Sttlcke aus op. 11 bieten
in ihrem formalen Bau, ihrer moirvischen Durcharbeitung noch manches Gewohnte. Im zweiten
KlavierstUck z. B. konnte man unschwer die Liedform erkennen. Neu ist der tief-visionSre Inhalt,
der in der eigenartigen Klangwelt seine Ausdrucksmittel findet, sowie die ungeheure Geftlhlsinten-
sitat. Ganz revolutionar ist Schonberg in Nr. 3, einer seiner kUhnsti? und gewaltigsten Visionen.
Fabelhaft die Sicherheit des Instinkts, welche ihn bei der Auswahl und AbwSgung der neuent-
deckten Harmonien leitet. Eine atemraubende seelische Eruption-Damonie, die grotesk wird. Ganz
anders die Welt in op. 19. Hier alles intim und differenziert. Skizzenhaft in der andeutenden
KUrze, gilt doch jedes StOck ein ganzes. Es herrscht eine Freiheit der Melodie, eine Entstoff-
lichung des Rhythmus, die Meisterschaft zeigt. Nirgends Erstarrung, nirgends Gebundenheit, nir-
gends Brahms! 0, lange wird es dauern, bis Schonberg Allgemeingut wird! — Aus dem Schfinberg-
kreis haben wir vor allem eine prachtige Sonate von Alban Berg, ein Werk, das in seiner linearen
stilistischen Reinheit musterhaft ist. Formal ein Qblicher Sonatensatz, aber modern in der seelischen
Durchdringung, der Okonomie, Ein KlavierparallelstUck zu SchOnbergs Kammersymphonie, nur
etwas zu musterhaft, ohne den Phantasieschwung Sch5nbergs. Wellesz Klavierstticke sind im
Werte ungleich. und namentlich die letzten Werke von ihm enttMuschten. Sein bestes gab er
wohl im zweiten und dritten Stuck von op. 9. Weitere Werke aus dem engeren SchOnbergkreise
sind mit bisher nicht in die Hande gekommen. Ich will hier aber noch eines Komponisten er-
wahnen, der stilistisch auf SchOnberg fuBt, wenngleich er nicht zu dessen Kreis gehOrt: Hans-jUrgen
von der Wense. Ein Gltihender, machtig durch seine extatische Begeisterung den Zuh5rer zu
sich zu zwingen. Man hat fUr seine Schreibweise Schlagworte, wie „TeIegrammstil a , ^GebSrden-
musik** geprSgt, ohne damit das Tiefste, Gesunde zu packen. Diese KunstSuBerungen sind es
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gerade, die mir neue Hoffnung geben; denn-der Verfall hat nie auf knappe Pragung des
Ausdrucks Qewicht gelegt: seine Merkmale waren stets Routine, technische Ueberladung, Erstarren
von Oberkommenem in Manier. — Zu dieser radikalen musikalischen Linken tendieren auch
einige Komponisten, die die Beziehung zur „Mehrheits a -Musikentwicklung nicht eigenwillig
abgeschnitten haben. Hier steht Heinz Tiess en. Auf StrauB fuBend, hat er sich allmahlich mehr
und mehr von ihrn freigemacht. Seiner Veranlagung nach' von erstaunlicher Vielseitigkeit,
reprasentiert er eine ungewohnlich glllckliche Mischung von Lyriker und Symphoniker. Sein
Klavierwerk „Eine Naturtrilogie" ift hochbedeutend und gibt in ihrem ersten Teil Tiefstes. Hier
in der „Einsamkeit" herrscht angespannteste Ausdrucksintensitat und -konzentration, wahrend
in clen beiden anderen Teilen koloristische und Symphoniker-StrauB-Elemente vorwiegen.
Mufikantentum steht neben Tonmalerel und Mystik: Dem Baumeister gelingt dennoch ein Ganzes.
Ich erwarte gespannt und voll Hoffnung Weiteres von Tiessen. GroBes gab unserer deutschen
Klavierliteratur R^ger mit seinen „Bachvariationen" op. 81. Gegenllber diesem Wunderbau mit
seinem gottesdienstlichen Inhalt, seiner gigantischen Fuge kommen die bourgeoise intime
Hausmusik seiner kleinen StUcke, die konzerfante Oberflachlichkeit seiner Telemannvariationen
kauin in Betracht, allenfalls das Klavierkonzert: trotz seiner mUrrischen Unangeregtheit in
einzelnen Teilen ein achtunggebietendes Werk, von einem ernsten Musikhandwerker geschaffen. —
Die andern Meister unserer eben in der Ablosung begriffenen Zeit: Mahler, Pfitzner, StrauB sind
mit Klaviervverken nicht vertreten. So will ich denn Deutschland mit dem Hinweis auf einen
Einsamen verlassen, der, „unserer Welt abhandengekommen", abseits steht Nicht eine schOpferisch
sprudelnde Musikernatur sondern ein verschlossener tiefernster Mensch, oft von rtihrender
Zartheit, spricht aus den Werken Conrad Ansorges, von denen man die Sonaten (namentlich
Nr. 2 und 3) und nicht die epigonenhafte Jugendballade im Konzertsaal kultivieren sollte. Im
besten Sinn „modern" ist hier der ungetrtlbte, unbeirrte Blick, der ihn seine modeferne Tonsprache
schaffen lieB. Bei den Bohmen, die der deutschen Musik immer naher gestanden haben, als die
anderen V5lker, hat sich von Alters her eine gute musikantische Tradition erhalten, die auch
das ErfreuMche an den Werken unserer Generation ist. Joseph Suk's Sttlcke „Erlebtes und
Ertraumtes* (op. 30) haben mich unter den tschechischen Klavierkompositionen am meisten
tiberzeugt. Hier finden wir neben dem Musikantischen — welches nach Deutschland weist, wenn
es auch an sich bohmischen Typ zeigt — eine artistische Pragung, die dem gegentiber das
Merkmal romanisch-slavischer Musikallianz ist. Farbnuancen von feinem Reiz wirken wie
Exotismen — lineare beinahe quartettmaBige Schreibweise bertlhrt sympatisch. Novak, Kricka,
Stepan sind weitere beachtenswerte Namen.
Alexander Skrjabin begann S la Chopin — frtih ward allerdings schon eine persOnliche Note
deutlich (die prachtige Polonaise) — steigerte sich dann zu aktivstem, eigenwilligem Schaffen —
in seiner 5. Sonate (sowie Orchesterwerken zwischen op. 50 und 60) — nud vereb^te in Neu-
rasthenic. Skrjabins Spatzeit ist charakterisiert durch zunehmendeAbstumpfung gegen immer wieder-
kehrende uppige Farben, die den Rausch zuletzt zur Qual machen. Regiebemerkungen, wie w mit
schmerzhafter Wollust" zeigen eine abwegige Psyche. Das Schwelgen schlieBt den Konflikt, die
Tat allmahlich ganz aus — es entsteht ein planloses Hindammern. HOhepunkt bleibt Skrjabins
mittlere Periode mit ihrer extatischen Phantastik; die spatere rein koloristische Entwicklung wird
Verfall, das Geniale verkrampft. — In Frankreich nimmt die Entwicklung einen Shnlichen dem
Kolorismus zuneigenden Verlauf wie in RuBland. Die musikalische Jugend Frankreichs reprSsen-
sentieren auch im Auslande ~~ Debussy und Ravel. Debussy ist die hOchste BHlte des
artistisch-kolorististischen Prinzips. Eine typisch franz5sische Erscheinung, deren Schaffen in
einem dem Deutschtum viMlig heterogenen Boden wurzelt; Asthet bis in die Fingerspitzen.
Musikantische Ztlge fehlen vollstandig; diese setzen Aktivitat des Schaffens voraus, Debussy ist
aber ganz passiv, der artistisch-dekadente StimmungskUnstler. Er wird — seine Werke lehren uns
dieses Wunder — zum Impressionisten innerhalb der ganz expressionistischen Kunst Musik. Er
zaubert intimsle AuBeneincirtlcke aus dem Klavier hervor, erfllllt vom ersten bis zum letzten Ton
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fnit Debussy's franz6sischen Nerven. Er schaltet alles an Formlogik, Harmonik, Melodik aus, wag
ihm nicht in den Kram paBt, macht die Musik prezios und arm, damit sie seiner Einseitigkeit
dienen kann. Seinen Lehrsatzr „la musique doit etre sugguestive" tibersetzt er in die Praxis
seiner Stimmungsmalerei; und die Stimmung, die Grundstimmung aller Stimmungen bei Debussy
ist: — eine mtide Sinnlichkeit, differenzierte, parfumierte Langeweile. Nervenkunst . . . dafllr
aber fein, verfeinert, UberfeinerL — Eine Unzahl von KlavierstUcke hat Debussy geschrieben:
von der bezaubernden, noch ganz regelrecht gebauten Suite bergamasque — unter bestSndiger
Lockerung der Form — bis zum Pointillismus, der Tupfenmalerei seiner letzten rein impressionistischen
„Preludes". Duftigste Gebilde sind darunter — Gebilde, die mich periodisch immer wieder
zum Sklaven Debussy's machen; denn zum Sklaven werde ich immer, wenn ich Debussy spiele:
ich gebe meinen Willen auf, welcher „Nein" sagen wtirde! — Ich empfehle ftlr den Konzert-
gebrauch vor alien Dingen „Coins des enfants" und beide Hefte (namentlich das zweite)
„Preludes". Ravel ist aktiver, ursprttnglicher und ist vvohl der einzige an Debussytis leidende
Komponist, der auBer Meister Claude ertraglich ist. — Etwas von einem ungarischen Debussy — '
was das Artistisch-Koloristische betrifft — hat Bela Bartok; aber einen ganz andercn Menschen
zeigen seine Stticke. Er wurzelt bodenstandig im Nationalen, bevorzugt nationale Rhythmen und
hat eine stark ausgepragte groteske Ader. Nichts von Debussys Weichheit, alles ist mannlich-
herbe. Sein Stil ist von ganz individueller Pragung und weist, meiner Ansicht nach, in die
Zukunft. Op. 6, die Rumanischen Tanze und op. 14 schejnen mir besonders hochbedeutend. —
Zum SchtuB Busoni. Er vertritt gewissermaBen den international^!! Ktlnstlertypus. In unserer
Zeit ist er der geistvollste Komponist — im abgrenzenden Sinne des Wortes. Nicht in der
schOpferischen Erfindungskraft liegt bei ihm der Schwerpunkt aber in seiner schaffenden
Intelligenz, seinem psychischen Sonderleben, seiner klangkombinatorischen Phantasie.
Sein Starkstes gibt Busoni in katholischer Myslik, spukhafter Phantastik, resignierender Stilik.
Er schenkte uns das wohl bedeutendste Werk der modernen Klavierliteratur: die Fantasia
contrappuntistica. Dieses Werk muB man kennen. Busonis groBes Concerto erwahnte ich schon.
Wichtig sind sonst noch sein „Indianisches Tagebuch", sowie drei Sonatinen, von denen mir die
erste am nachsten steht. Wichtig endlich noch seine vielen Bearbeitungen und Phantasien
Uber Bach'sche Werke. In Busoni verbindet sich die artistisch-koloristische mit der im engeren
Sinne expressionistischen Richtung zu einem neuen, lebendigen Ganzen.
*
37
Vom Mufikef.
Em Dialog rnif Kalypso.
Von Alfred DOblin.
Muliker: Teh foil dir von den Menfchen fprechen, denen die Mufik etwas bedeutet, und
was He ihnen bedeutet. — Seh ich rafch tiber unfere Freunde hin, fo erblicke ich den Herrichter
der Mufik, die VorfUhrer und Horer.
LaB mich dir vom Vorfiihrer fprechen. Es fteht urn feine Fahigkeit und ihre Beziehung
zur Perfon ebenfo wie bei jedem andern KUnftler. — Der VorfUhrer ift ein Doppelwefen; erft
einmal KUnftler, darin, daB er begabt ift mit einer feltenen Stimme und dergleichen; diefe Stimme
aber allein ift leer; fie muB fingen, und das Lied des Herrichters ift die Darftellungsmoglichkeit
der Stimme; fo ift der VorfUhrer das andere Mai Horer. Doch fagt dies, daB nicht die Dar-
ftellung des Liedes der Zweck der Stimmtatigkeit ift, fondern vielmehr, daG zunachft die Dar-
ftellung der Stimmtatigkeit der Zweck des Liedes ift. Denn die Aufgabe des VorfUhrungskUnftlers
kann nur die fein, feine KUnftlerfchaft zu zeigen, nicht aber etwas anderes. FUr den VorfUhrer
ift das Lied ebenfo Stoff, wie dem Herrichter manche Ordnungen und Zufammenhange Stoff fUr
das Lied waren; und fo wenig darf der Herrichter von bloBer Wiedergabe feines Werkes reden,
■ wie der Naturfchopfer, der Donnergott von Wiedergabe feines Gewitters, feines Waldesraufchens
in den Tonfolgen. Und fo kennt auch der VorfUhrer ein Sicheinleben in das Werk, das ein,
wenn auch nur leifer, Hauch belebt von der wUtenden Kraft und Zufammenraffung, von der
Hingeriffenheit der Geburtswehen, aus denen fich der Herrichter blaB erhebt, fprechend:
„da fteht es!"
Wenn man den Maler preift, weil er das gelbliche Fleifch eines badenden Knaben aus
dunkelfarbenen, blaulich flimmernden Wellen auffteigen laBt, wenn man fich an meergrUnen
Kiffen beraufcht, die auf einem Bett, von falbem und halbem Lichte betaftet liegen, warum tadelt
man den VorfUhrer, der Gleiches tut? Viele Beftimmtheiten, Werte und Ordnungen, wirken in
\ jedem Kunftwerk zufammen; weniges und einiges nur von dem Schatz kann der VorfUhrer heben,
. jmanches hinzutun. Er gleicht auch einem wechfelnd farbigen Lichte, einer Laterne/ die Uber
/das Land leuchtet; feine Stimme ift die Laterne, das Lied das Land, das unter dem Licht aufwacht.
/ Binden das Kunftwerk des VorfUhfers, den Gefang, das Spiel wenige und dUnne Ordnungs-
/ weifen, Eigenfchaften, Fahigkeiten, tont faft nur feine Stimme, fpielt faft nur feine Mimik, fo
\verarmtaber das Kunftwerk; und der KUnftler, der nur einzelnes ausbildet, der BruchftUckkUnftler
wfcheint, der unter die Seiltanzer und Radfpringer gehort. Wo die Luft etwa an der Meifterung
dfes Handwerks, an der Gefchicklichkeit fich breit macht, wo das Erftaijnen und die kalte Be-
wunderung die HSnue zum Klatfchen bringen, weitet fich der Raum zum Zirkus.
Kalypfo: So rede ich wohl in deinem Sinn: du trennft nicht Formen und Inhalle noch
fonft derart Ich denke mir aber cine Kunft und kenne fie, welche gegenUber fteht aller Kunft,
fich abhebt von ihr, trotzdem aber Kunft ift. — Ich meine jene, die, wahrend fie fpielt, Stores Spiels
lacht, die mit ihrer Kraft Kraft verhohnt, — die ironifche Kunft, die fich felbft zerftOrt, indem
fie fich aufbaut Sie hat den Gedanken „Kunft" felbft als Ordnungsweife aufgenommen, eine
AbtrUnnige, eine Gegenkunft, — ein fehr reifes, feltenes Weib, mit dem Meffer in der Bruft
noch hohnend.
, M u f i k e r : Dies alfo ware der dreifach merkwUrdige Geifterfchritt der Kunft, den du zu
Ende gingft: die ganze Kunft, die Zirkuskunft, die ironifche Kunft. — Wir fprachen von dem
VorfUhrer; — laB uns genug von ihm geredet haben.
Kalypfo: Gern will ich aber dir von dem H5rer erzahlen. Jedes Werk ftellt an den
HOrer Aufgaben. Du nannteft die Mufik eine Zeichenfprache, eine Hyroglyphenfchrift; aber viel-
38
deutig, iiberbeftimmt, unbeftimmt find ihre 2eichen. Keine Sprachbildung, — fchillernde Irf-
lichter, die hintanzen. Und eben dies fchafft dem Horer groBe Machines fetzi fo vieles in feine
Willktir. Man kann bei jeder Kunft fragen, wie viel fie aufdrSngt, dem wir nicht entrinnen
kOnnen, — und wie viel fie uns liberlaBt. Ich denke an den Henkel, den fie gibt, und die
BlUtenvafe, die fie meint. Aber eben dies verleiht dem HOrer eine Luft der Freiheit und Un-
gebundenheit, — Luft, welche wachft aus dem Fehlen des Zwanges zu jenei Anerkennung, aber
fpater auch aus der Moglichkeit felbftherrlichen Waltens.
Seh ich auf die Vafe, die der Herrichter meint, und vergleiche fie dem Werk des Horers,
fo darf ich freilich nur leife zu dir fprechen. Oh fchlechter, glaub ich, pfllicken wir diefen StrauB
der Mufik, als eine Kuh Gras rupft. Rafch find wir felbftherrlich mit unferem Wunfche, Erlebnis
und Erinnerung zur Stelle. Oh welche Macht hat liber uns das Ruhende, die Vergangenheit —
in der Gewohnheit. Ohne Oberlegung greifen wir zu, vergreifen wir uns, — fetzen wir an, was
du Ordniingsweifen nennft. — In unfere Willktir ift fo vieles gegeben. Es bleibt ganz.bei uns,
ob die Tonfolgen uns Mufik werden, welche und wie tiefe Mufik fie werden; ob das Ganze
ttberhaupt zum Kunftwerk wird, zum Bild eines von uns erlebbaren Wbhls oder Wehes. Wie
klein feid Ihr, Ktinftler vor mir und vor uns! Schafft einer -*eine Waffe, fo kann er mich damit
fchlagen, einen Seffel, ein Bett, — ich muB es anerkennen; es wird fich zeigen, was es ift, mag
ich wollen oder nicht: du kannft aus aller Kiinfte Wohlgefchmack und Erlefenheit dein Werk
bltlhen laffen, ich brauch nur den Kopf abwenden, — una alles war umfonft. Das Kunftwerk
ift etwas zwifchen dir und mir, — bin ich nicht, fo ift es auch nicht. Es ift von dir, zwar nicht
fUr mich, aber doch durch mich — und auch von mir. Es niitzt nicht, daB du fagft, es hatte
fich aus dir und deinem Leben losgeriffen, und fo fei es fait und genug: fo war es wohl dein
Werk, aber feine Werte wachfen erft aus Vergleich und Urteil, zeigen fiber fich und dich hinaus,
auf Vergangenheit, Vorwelt, Umwelt. Das Perf5nliche, Beziehungslofe, hat keinen Eingang in
eine Kunft, zum wenigftens in die Mufik: fo hohne ich dir! — Es wachft das Werk mit Werten
aus den Werten, und darum wachft ^das Kunftwerk — aus mir — fOr mich. Ich bin dein Boden,
und bin dein Richter; du bift mein Vater^ und bift mein Kind. Du bift rettungslos in meine
Hand gegeben, — du liegft rettungslos an meiner Bruft.
Muf iker: Aus deinem Munde klingt mir kein Hohn mehr. Wohl Bitteres, o Kalypfo, liegt
in manchem, .worauf du deuteft. Ich mag nicht denken an den H5rer, — wie eine Mutter nicht
an die Fremde denken mag, in die ihr Kind ziehen muB. Ich will nur fchweigen von ihm. —
Heimlicher wird mir bei den Herrichtern.
Die Mufik ift fo eng mit ihnen verbunden, fo zu ihften gehorig, wie ihr — SchweiB, ihre
Haare. Es ift abgefchmackt, fie zu fragen, warum fie mufizieren. Bisweilen fieht man die
Armen, deren Geift erkrank'e, fich bewegen wider ihren Willen, Worte ausftoBen, ohne daB ties
hindern konnen: die Zunge fpricht und der FuB hllpft von felbft; es ift nicht ihre Zunge, nicht
ihr FuB. So freiwillig unfreiwillig mufizieren der Herrichter.
Wenn ich dir wie ein Anatom oder Phyfiolog deuten foil, fo will ich fagen: in der Rinde
des Schlafenlappens unferes Gehirnes findet fich eine kleine befondere Stelle; in diefe ftrahlt der
Gehornerv aus, und hier follen die Gehorempfindungen erfolgen, fagt man mir; genauer lehren
die Phyfiologen, daB an diefer Stelle fich das Wunder der Umfetzung einer Nervenerregung in
eine Gehorsempfindung vollzieht. Die Nervenfafern diefer Sphare enden aber nicht hier, fondern
weitere Fafern und BUndel ftellen Leitungsbahnen zu anderen Rindenfpharen dar, welche dem
,Geficht dienen, den Erinnerungsbildern der Worte, den fonftigen Empfindungen, den zahlreichen
Bew r egungsvorftellungen. An eine auftauchende Gehorsempfindung kniipfen fich unmittelbar
Maffen von andersartigen Empfindungen; eine mufikalirche Vorftellung ift nie allein Gehors-
vorftellung. Die Ausbildung der Leitungs- und Verbindungsbahnen kann aber bei den ver-
fchiedenen Menfchen verfchieden fein; das OberftrOmen der Nervenerregung kann rafch und leicht
in diefe Bahn hinein, fchwerer in jene hinein erfolgen. Auf die Bildung einer Gehorsempfindung
zu einer mufikalifchen Vorftellung und auf ihre Fortftihrung wirken hier mehr Erinnerungsbilder
. 59
von Worteii, dort mehr Bewegungsvorftellungen verlchiedener Muskelgruppen, dort mehr Gefichts-
und fonftige Empfindungen: dies hangt von Anlage und Erleben ab. Diefem Mufiker diktieren
feine und eigenartige Bewegungserinnerungsbilder, ftammend aus Arm, Bein, Rumpf, feine
Rhythmen, jener fchreibt rhetofifche Mufik. Du fiehft ubrigens, daB audi die anatomifche Ober-
legung diejenigen widerlegt, welche glauben, die Mufik allein und fUr fich betrachten zu konnen,
ohne die Wirklichkeit und den Menfchen. Es verbindet fich die Gehorfphare doch mehr oder
weniger mittelbar auch mit den Gehirngebieten, welche die Weite der BlutgefaBe fteuern und
die Empfindungen der inneren Organe vermitteln, und fo tritt das Gefuhlsleben, und was wir fo
nennen, in Verbindung mit dem mufikalifchen Vorftellungsleben.
GewiB ift fehr lehrreich, Kalypfo, daB die Horfphare doch naher und enger, als mit fonft
einem Bezirk, mit denen der Sprache und der Korperbewegungen verbunden ift, daB die Mufik
auf das Geftthl nur wirkt vermittelft jener Nerven und Muskeln. Wie mannigfach aber, bei
wechfelnder Bildung und Benutzung der Bahnen vermogen fich die Mufiker zu entwickeln!
Einige Bahnen lieben und bevorzugen fie immer wieder; im Laufe haufiger Obung erlangen
bevorzugte das (Tbergewicht, wachfen auf Koften der anderen, So bemachtigen fich einige wenige
Affekte immer entfchjedener der mufikalifchen Schatze; fie allein mufizieren noch und fetzen das
Werk in Betrieb, wahrend anderes verkriippelt und verlahmt. Da bildet fich der mufikalifche
Charakter heraus, — der aber zunachst umfchrankt, nichts oder wenig oder noch wenig mit dem
Ubrigen, dem Perfonliehkeitscharakter zu tun hat, Doch kann er mit ihm in enge Verbindung
treten; das was ich mufikalifcher Charakter nannte, kann auf eine fehr umgeftaltende Art in den
andern hineinwachfen, mit ihm geradezu urn Luft und Boden kampfen. Je leichter und rafcher
und mehr Erregungen und Spannungen, die der Tag im Menfchen erzeugt, auf das Mufikalifche
uberfpringen, urn fo gefahrlicher wird es ftir den Perfonliehkeitscharakter. Zu viel Kraft,
Erregung und Aufmerkfamkeit nimmt die Mufik dem Leben, Wie in einen Ofen ftopft der Ktinftler
in fich hinein.
Es kommt zu keinem reftlos glatten Ablauf der Erregungswellen, zu keiner Erledigung ; das
Erlebnis erzieht die Ktinftler nicht. Vielmehr macht es fie krank und kranker; du weiBt nicht,
wie ungezahmt, zum Schamen ungezahmt fie find, wie alles in ihrer Seele ihnen davonlauft, wie
vieles fich ziellos durchkreuzt und ihrer bemachtigt, wie fie ratios urn fich felbft in Angft oder
Trauer verfallen, die fie zu irgend einer Religiofi drangt oder einer Spielerei, oder zum Vieh
finken laBt, — haltlofe Menfchen, den Frauen verwandt und doch fehr drangend zu deren
hoffnungsfpendenden Lippen. Viel mtiffen fie dulden unter dem Nachwirken und Wiederaufleben
des Unerledigten, das fie verwUftet; fie leiden an unterirdifchen Erinnerungskrampfen, die fie
aufzehren, fchwer und tatlos machen, wiihlen fich glQcklich ein in eine kleine ficher weifende
Tagesarbeit — Du fragteft mich, Kalypfo, wie viel vom Ich fich die Kunft bindet.
Ich will dir erzahlen von denen, die ihr Ich hineinlegen in die Kunft, weil fie nur darin
ihre Kraft und GroBe fehen, Uberall fie felbft zu fein. Sie glauben an fich, fie dachten nie iiber
fich nach. Ich heiBe lie Ichmufiker. Wir dtirfen uns nicht verlieren, fagen fie mit jedem
Atemzug. Hier ift der Boden der Bekennerkunft. Sie fingen ihre Liebe und ihren HaB aus,
erringen in ihr Siege, kampfen, morden, predigen mit Gefchrei, wtlten und waten in Blut, un-
erhorte Opfer dampfen zu ihnen; immer bebt der Boden unter ihnen. Was andern ein Fauftfchlag
oder DolchftoB ift, ift ihnen eine harmonifche Wendung. Kalypfo, du horteft, daB ich N diefe
Ktinftler nicht liebe. Sie ift mir zu gut zu dem, wozu fie fie gebratfehen, —
Da lob ich mir die Stolzen, die fehr Feinen, die Barbaren jene nennen, und daftir h5ren,
fie konnten nichts als — mufizieren. —
Kalypfo: Ins Blaue alfo, ins Himmelblaue hinein?
Muliker: Wohl, es ift zum Spotten iiber die feindlichen Briider. Diefe Kunftmufiker
wollen nicht mehr und nicht weniger als Mufik, aber fich wollen fie aus dem Spiel laffen,
Ich nenne fie Esmufiker, die fachlichen, Sie dienen der Kunft, wo die anderen die Kunft dienen
40
laffen. Hier wird nicht gefprochen von Echtheit der Stimmung, Ti6fe der Empfindung/ packendertt
Ausdruck, fondern von der Schonheit, Eigenart des Einfalls, der Gewahltheit, dem Reichtum der
Erfindung, der bliihenden DurchfUhrung. Sie halten fich zurUck von der Mufik, fie wafchen ihre
Wafche zu Haufe. Sie find fo fcheu und fiirchten fich, daB fie fich gern maskieren, ganz mit
den auBeren Zeichen ihrer Kunft behangen.
Aber du fiehft, Kalypfo, Einfeitiges lehrt man und will man Uberall; gut nur, daB die
Werke nicht fo viel von dem Wollen bertlhrt werden, wenngleich immerhin mehr, als die zugeben,
welche nur aus einem Konnen die Kunft entftehen laffen. — Sie wollen urn jeden Preis —
ZirkuskUnftler fein, die Stolzen, die Esmufiker, — zum Teil aus Reinlichkeit, urn nicht mit den
andern verwechfelt zu werden, die fich wie brunftiges Vieh in der Kunft walzen.
Naiv und blindes Naturfpiel mogen fie heiBen, — die Ichmufiker; wenn einer, fpielen lie
und poltern wie fUBe fchmutzige Kinder, kennen nicht die Scheu, den Hohn und die Ehrfurcht, —
wenn jemand, find jene Kenner fentimental voll Widens und fchwarnterifcher Zucht. Die Ktinftler
follerjt aber alle mehr oder weniger fertig, das ift, genial fein, denn dies macht fie zu Ktinftlern, —
Ich will eine letzte Gruppe an dir voriiber Ziehen laffen; du muBt nicht wegfehen, wenn fie
blaken, die Zunge ausftrecken und Kobolz fchieBen. Diefe Gruppe kennt weder Ehrlichk6it,
noch Unehrlichkeit, weder Schonheit, noch HaBlichkeit, noch Eigenart, will weder fich noch die
Kunft, fondern — den Zuhorer. Sie kennt gut nur deinen einen Satz: Kunft ift etwas zwifchen
dir und mir. Dies find die Dumufiker. Auf den zerwiihlten, rtickfichtslofen Ernft, die brutale
blinde Losgelaffenheit der einen, auf die ganze zartliche Zurtickhaltung der andern folgt hier
grobes brtillendes Gelaghter. Etwas von einem Arzt haftet ihnen an; ihre Mufik ift Apotheker-
ware. Diefe Giftmifcher wollen den Horer aufbeben fehen von feinem Sitz, fie wollen ihn zittern
machen, fchluchzen; das ZeitmaB feiner Atmung beftimmen; wollen feinen Puis ftocken und
wieder ftromen laffen, eine Spannung liber feine Kniee und Kehle werfen, feine FUBe im Takt-
fchritt locken. Diefe Menfchen, o Kalypfo, liebe ich fehr, — auch, weil fie mich Kalte und
Abgrtinde ahnen laffen. Was ift ihnen die Mufik? Wie Rauber fpringen fie mit ihr urn, ver-
gewaltigen fie. Sie ift ihnen ein GenuB, eine Waffe, ein Gewand, viele Gewander, eine Peitfche,
"eine Narrenklingel, die fie anderen auffetzen, ein koftbarer SpaB. — Ich will dich fchonen, will
nicht zu viel fprechen von ihm, dem Herrichter. Du laBt den Menfchen, fagft du, nur in der
Mufik herankommen; aber halte dir auch den fern, der folch Gebrau bereitete, halte dir ihn
befonders fern. (Kalypfo lachelt, fieht ihn an; der Mufiker nickt traurig: Ja, oh ja. —
<8>
4i
Mufikalifche Kulfurfragen.
Von Dr. Hans Mersirann,
Zwischen Kunst und Kultur besteht ein tiefer
Zusammenhang. Seine Erkenntnis ist Allgemeingut ge-
worden. Das Kunsiwerk ist das feinste Organ fiir
die Schwingungen seiner Zeit, Resonanz ihrer leisesten
Sprache. In der Musik ist dieser Zusammenhang &m
schwersten zu spiiren. DaB er da ist, leugnet heute
niemand mehr. DaB eine Kulturgeschichte der letzten
Jahrhunderte ohne die Musik geschrieben und gelehrt
wurde, ist ein Verlust fiir sie. Fiir manche Strecken
der Entwicklung sogar ein schwerer, der das Gesamt-
bild entstellt.
Konnte die Frage nach dem Zusammenhang
zwischen Kultur und Musik je dringender sein, als
heute? Die redenden und bildenden KUnste eilten
der Zeit voraus. Ihr Zusammenbruch lag in einer
Zeit, da die Weit noch von sattem Behagen strahlte,
Durch sie halite der Schrei nach Erneuerung schon,
als man urn sie herum noch plauderte und , Genre 1
malte. Und als nun der gteiche Schrei viel tausend
Kehien sich entrang und die FUhrer fehlten, die sie
befeuernd einten, da haben schaffende Ktinstler neue
Fahnen gehiBt und neue Alt&re gebaut. Sie traten
der Zeit nicht als F^rtige gegenttber. Sie waren noch
ISngst nicht vollendet. Sie sahen wohl Wege und
Ziele, aber die waren noch in weitfer Feme. Doch
sie rangen. KSmpften in den ersten Reihen nach
gleichen Zielen. FQhlten sich eins mit ihrer Gegen-
wart, getragen, vide auch verschlungen von den
reiBenden StrOmen der lebendigen Entwicklung.
Und die Musik? Staod sie nicht fernab von
diesem lebendigen Strom? Ging sie nicht eigene,
stiilere Wege? Sie war die aristokratische der KUnste.
Sie lebte ein eigenes, innerliches Leben und hatte
eigene Probleme, die sie gaiiz zu erfillhn schienen,
Sie rang v/^hl auch, aber nicht urn Ethos unci
Menschentum, sondern urn den Sieg uber Tonalit&t und
konstruktive Formen. Nein, doch auch urn mehr; urn
eine neue Spiache. Wie aber konnte diese neue
Sprache Ausdruck ihrer Gegenwart sei ( n?
Etwa vor zwei Jahrhunderten war die Musik eine
Sprache, die alle verstanden. lnhalt und Stil einer
Kirchenkantate waren allgemeii es Besitztum. Die
Organisten, die sie sehrieben, waren gewissermaBen
Beauftragte des Volkes. Noch iange blieb den Musikern
diese Beamtenstellung. Sie komponierten im Auf-
trage ihres I arsten, ihres Gesellschaftskreises, ihrer
Qetneinde. Aber UL f er der OberflMche regte sich
langst der Keiin des persdnlichen Ausdrucks, verhlillter
Wille, eingeschmolzene Klage, ja bereits frilhroman-
tische Sentimentalist Bis Beethoven alle Schranken
durchbrach, alies iOnen lieB, was an Frende und Jubel,
an Schmerz und ZusatnnienLi uch jemais ktlnstlerischen
Ausdruck fand. Aber schon, die ihn zu T :rstehen
meinten, tauschten sich. Waren sie noch fahig, seine
,klassische* Zeit zu filhlen, so wandten sie sich von
ihm, wo er am grOBten wurde; wo er vom Mensch-
lichen ins Kosmische hineinragte. Von Beethoven an
war der Ausdruck des musikalischen' Kunstvverks
42
personlich. Durch die Romantiker wurde er subjektiv.
Seit Beethoven ist die wahrhaft verstehende Qemeinde
des schaffenden Musikers zunehmend kieiner geworden.
Und nie war sie kieiner als in tinseren Tagen. Ich
fasse den Begriff des Kunstwerks, das ein Ausdruck
unserer Zeit ist K eng. Ich lehne es ab, mich mit
musifeaJischen Reisetagebiichern zu beschaftigen, mil
Quetle:i, Mondscheinnachten, wie sie dutzendfach auf
den Markt geworfen werujn, mit nachempfundenen
klassizistischen Formen, wie sie mit und ohne Programm
aus den Kompositionswerkstatten als gangbare MQnze
in den Konzertsaal wandern. Ich suche das Kunst-
werk unserer Zeit da, wo es (gleichviel in welchen
Formen und in welchem Stii) um Erneuerung ringt.
Um die pleiche Erneuerung, nach der die Kunst der
letzten Jahrzehnte inbriinstig suchte. Hier klafft ein
Widerspruch. Weniges bleibt. Und noch geringer ist
die Zahl derer, die den neuen Ausdruck verstehen,
auch nurverstehenwollen. Oderauchverstehenkonnen?
Wohl gibt es ein Gemeinsames in der Kunst
unserer Tage. Sie streift das Beiwerk, die Zutaten
ab, stellt Wesentliches in groBen Linien heraus. Nicht
mit gefaliiger Selbstempfehlujg wendet sie sich an
den Empfangenden, sondern mit strenger Forderung.
Alles dies ist auch im musikJischen Kunstwerk er- '
fiillt. Es verschwinden anmutige Be^ieitungen, be-
queme Oberieituugen, wohlgerundete Teilformen. Es
werden Formen geschaffen, die alien ihr Inhalt ge-
bietet, ' die erprobten Gesetze jahrhundertealter
Architektonik treten zuriick. Es handelt sich hier
nicht um ErftHlungen und um Werturteiie. Es geniigt,
daB dies ziles da. ist, auch wenn es noch im Zustande
ersten Werdens sein solUe. Nur das eine muB hier
iestgestelit werden: der neue Ausdruck in der Musik
dieser Zeit ist Bcsitztum und Wille einer verschwindend
kleinen Minderheit.
Und das ist nicht nur darin begriindet, daB die
Musik von jeher den andern Kunsten in einem Abstand
folgte, der zwar verschieden groB, aber immer vor-
handen war, sondern es iiegt auch in ihrem Wesen.
Denn diese musikalische Sprache ist in ihrer gegen-
wartigen Formung noch immer hochste Verfeinerung.
Sie steht dem Versuch nach Verbreitung schroff ent-
gegen, ^pottet jeder Verailgemeinerung, ist ein Suchen
ihrer Schopfer, so eigenpersonlich wie es niemals
zuvor gewesen ist. Ihr fehlt die eindeutige Starke der
Malerei, die heute nicht zufallig an primitive Kunst
ankniipft, aber ihr fehlt auch der ekstatische Ausdrucks-
zwang der Dichtung.
Dieser Widerspruch soil hier nur aufgestellt
werden. Er scheint mir notwendiger Ausgangspunkt
jeder Frage nach den Beziehungen zwischen der
Musik unserer Tage und ihrer Kultur. Aus ihm heraus
wachsen die Kulturfragen unserer musikalischen Gegen-
wart. Diese Kulturfragen miissen gestellt werden,
auch wenn es nicht mOglich ist, sie richtig oder er-
schopfend zu beantworten. Es handelt sich darum:
die Wurzeln dessen zu erkennen, was als junger Trieb
durch unsere Hand gleiiet. Es handelt sich darum:
das Kunstwerk unserer Gegenwart als eine Not-
vvendigkeit verstehen zu lernen, Spekulation und Ex-
periment zu trennen von vorw&rts weisendem Willen.
Aber es handelt sich auch darurii: den Boden um-
zupiJUgen, auf dem die Scheinkultur unseres Musik-
leben^ ihr Schattendasein ftihrt, auszuroden, was an
Verlogenheit, Bequemlichkeit und GtschUft sich breit
macht in Feuilletons und Musikiesten, an Unfahigkeit,
Reklame und Erstarrung in den Konzertsalen. Tiefe
Furchen sollten gezogen v/erden auf frischer Erde, in
clenen der Same des groBen Kunstwerks unserer Zeit
wachsen und reifen kann.
Hier solien nur Hinweise gegeben werden. Neben
der asthetischen Begrundung des modernen Kunst-
werks als formale und inhaltliche Notwendigkeit
gehen diese Blatter ihre Aufgabe auch in der Be-
griindung unserer heutigen Musik aus ihrer Zeit und
aus der Gemeinsamkeit und BerUhrung aller KUnste.
Bisher war nur vom Kunstwerk die Rede. Jetzt aber
sind die Fragen zu, erweitern: ist die Eigenart und
Entwicklung unseres gesamten Musiklebens zu sehen
in engster innerer Verbindung mit der Kultur- und
Gesellschaftsschichtung der Gegenwart. Und handelte
es sich bei der Stellung zum Kunstwerk allein um
Erkenntnisse, so handelt es sich hier um Forderungen.
Denn die nur erkennende Bewertung unserer mu-
sikalischen Kultur bleibt unfruchtbar und ihr Ergebnis
starkste Verneinung.
Die Trager aber unserer musikalischen Kultur sind
auBer dem Kunstwerk der KUnstler in weitesten]
Slnne und die Gesamtheit der Empfangenden: das
konzertgewohnte Publikum ebenso wie die, welche
immer mehr zu Tragern werden solien: das Volk als
Kulturgemeinschaft. Auf sie alle erstreckt sich der
Kreis lebenswichtiger Fragen. Die kulturbedingte und
soziale Stellung des KUnstiers und des Musikers
tiberhaupt, die Einrichtung unseres Musiklebens,
Moglichkeiten und Notwenciigkeiten ihrer Umge-
staltung, Liebhaber- und Fachunterricht, Erziehung
des falsch geleiteten Durchschniitpublikums und der
kunstfremden Masse des Volkes, ~~ alle diese Fragen
sind alt und oft gestellt. Aber nicht sie zu wieder-
holen kann der Sinn neuer Arbeit sein, sondern nur:
sie in neuem Geiste ^u steilen. So soil der Kampf
aufgenommen werden gegen das, was hohl ist und
verbraucht soli eingerissen werden, was als rauchende
Triimmer einer zerstOrten Vergangenheit noch stehen
blieb, soil gestiitzt werden, was aus eigener, echter
Lebehskraft zum Lichte will. Auch die weltabge-
wandteste der KUnste stelle sich in die Reihe derer,
die nach Erneuerung suchen.
cfc
43
Mufikphysiologie
Von Fritz Frid. Windisch.
In der deutschen Musikerzeitung No. 51, 50. Jahr-
gang, findet sich in dem Aufsatz „Die rheinisch-
westfalischen Uniernehmer und ihre Helfershelfer"
iolgende kunstsoziologisch bedeutsame Stelle:
„Hier [in Dtisseldorf] besteht neben dem
stadtischen Orchester ein philharmonisches
Orchester aus 34 Berufskollegen. Diese sind
in letzter Zeit fast vollstandig zur Untatigkeit
verdammt und in ihrer Existenz bedroht. Am
hiesigen Stadttheater aber wird Aushilfe von
einem Beamtenorchester gestellt unter Leitung
eines bei der Provinzialverwaltung angestellten
Landessekretars, welcher auBerdem auch noch
ein gutgehendes Zigarrengeschaft betreibt Die-
selben VerhSItnisse liegen hier beim Schauspiel-
haus vor, wo atisschlieDlich Beamte Musik
stellen."
Ein deutliches Anzeichen — aus einer groBen
Zahl gleicher Falle herausgegriffen — , daB unser
Musikleben sich in einer degenerativen Umgestaltung
befindet! Die ernsten Berufskooperationen im
Musikerstand sind infolge rein wirtschaftl'cher Ein-
flilsse von schnelierer oder langsamerer Zersetzung
bedroht. Damit andert sich das ganze Musikbetatigungs-
bild: das wirtschaftliche Moment, das bisher eine
vvenig beachtete Rolle gespielt hat, greift jetzt be-
stimmend in das Musikgetriebe ein.
Solange ein Korper gesund ist, vollziehen sich
seine untergeordneten Funktionen unbewuBt; erkrankt
aber ein Organteil, so tritt dessen funktionare Be-
deutung fUr den Gesamtorganismus ins BewuBisein.
In dem augenbiicklichen Zustand der wirtschdtlichen
Krisen wird — durch die entsprechende Wirkung auf
den Kunstorganismus — die soziologische Funktion
in den grell-bewuBten Vordergrund geruekt, und es er-
ciifnen sich der Erkenntnis ganz neue Perspektiven und
Zusammenhange Ein vollkommen neuer Wissenschafts-
zweig hat sich erschlossen, als dessen spiritus rector
Paul Bekker mit seinem grundiegenden Werk „Das
deutsche Musikleben" anzuerkennen ist. Ich mochte
dieses Wissenschaftsgebiet Kunstphysiologie be-
nennen, und in unserem Spezialfall Musikphy-
siologie. Physiologie der Kunst im Gegensatz zur
Psychologie der Kunst, urn in dieser Begrifflichkeit
auch zugieich das Aktionsfeid des neuen Wissenschafts-
zweiges festzuiegen. Dieses neue Forschungsgebiet
der Kunstphysiologie ist aber nicht nur wissenschaft-
lich berechtigt, sondern sogar kunst„hygenisch" (zur
Gesunderhaltung des gesamten Kunstorganismus) not-
wendig. Materie dieses Wissenschaftszweiges wird
die Erfassung der Kunst in ihrer soziologischen Be-
ziehung und ihrem wirtschaftlichen Abhangigkeits-
verhaltnis sein; die Nutzanwendung der Forschungs-
ergebnisse stellt sich als wirtschaftlich bestmogliche,
physiologische Basis des Kunstmechanismus dar, und
zwar sind alle sczialen Bestrebungen des Musiker-
standes als Berufsstand in diese Disziplin mit ein-
begriffen.
Paul Bekkers „Neue Mufik".
)
'Das schmale Biichlein gleicht einem liauschen, aus
dessen Fenstern man eine weitc Rundsicht genicBt. Sie
umfafit die Hauptproblemc der musikalischen Moderne,
die mit sicherer Hand ausgewahlt, mit iessingscher
Klarheit behandelt sind. Ich bewundere den Stil
Bekkers, obwohl er mir, wie der Lessings, wesenfremd
ist. Novalis fand Lessings Blick zu durchdringend, seine
Prosa ohne „hieroglyphischen Zusatz" flir die Magie des
unendlichen Ganzen. So geht es mir, im kleinen, mit
Bekker. Im vorliegenden Fall ist Mangel Tugend. Das
Schriftchen eignet sich, wie nichts anderes, zur Ein-
fiihrung in die neue Musik. Sein propadeutischer Nutzen
kann nicht hoch genug angeschiagen werden.
Zunachst stoBt Bekker die Fenster weijt auf und laBt
die Stickluft heraus, die sich ansammelt, wenn Agenten,
ausubende und schaffende Kinistler, Fach- und Tages-
presse, sei es bewuBt oder unbewuBt, im Dienste einer
kapitalistischen Musikindustrie fur die Verewigung des
:i: ) „Neue Musik". Von Paul Bekker. In „Tri
Herausgegeben v6n Kasimir Edschmid. Berlin, Erich
Alten arbeiicn. „Das Wort der Wahrheit lautet schlicht
und ungeschminkt." Wie in seinem „Detitschen Musik-
leben", deckt Bekker das Treiben der heiligen Ailianz
mit einer Riicksichtslosigkeit auf, daB man sich or/lentlich
feige vorkommt. W.iirde matt doch lieber die eigenc
Zunge verschlingen, als den Herrschaften ins Gesicht
speien, was alle Welt fiihlt, aber kein Mensch ausscr
Bekker offentlich auszusprechen wagt.
Der deutsche Kunstschreiber, von dem sich mit Fug
und Recht behaupten laBt, daB ihm Charakter zttm
Multiplikator seiner Falngkeiten geworden — Paul Bekker
spricht es aus. Wesen, Gang, Ziele der neuen Bewegung
werden mit der hochsten begrifflichen Klarheit auf-
gezeigt. Pfitzners v Futuristengefahr", ein echt Nicolai-
sches Produkt, wird mit dem schiagenden Hinweis
abgetan, daB es eine Futuristengefahr fiir die Musik
uberhaupt nicht gibt, was ich, mit Bekker, innig bedauere.
biine der Kunst und Zeit". Eine Schriftensammlung
ReiiJ Verlag 1919,
u
(Mittlerweile hat Bekkcr iiber Herrn Pfitzner, der die
Philosophie seines Schicksals mit bourgeoiser Riick-
standigkeit unci schlcchten Manieren verbindet, fiirchter-
liche Musterung gchalten.) Gerade der Lcscr d i Cs c r
Zeitschrift erwartet nicht, daB icli ihm das Buchlein in
mcin eigenes Dcutsch iibersetze. Er wird es besitzen
wollen. Es wird ihm maiichcs sagen, was die Freunde
der Modcrne wuBten. Es wird den Wissenden
Klarheit bringcn. Es ist zu bedaucm, daB sich Bekkcr
iiber den parallclcn Stiiwilien in moderner Literatur und
bildender Kunst keine geniigende Rcchcnscliaft gibt
Seine unromantische Natur scheint sich gegen
die gefiihlsmaBigc Zusammenschau der Kiinste
zu strauben. Nur sic fuhrt ins Innerste der
musikalischcn Modcrne. Ich habe der moderncn
Architektonlk, mit ihrer Auflosung jedweder Stabilitat in
Melodik, Harmonik, Rhythmik und Form, mit den
Kategorienpaarcii aus Wolfflins „Kunstgeschichtlichen
Gmndbegriffen" beizukommen versucht und wiirde mich
freucn, Bekker auf diesem Wege folgen zu sehen. Es tut
vvuhl, SchOnberg „die geistig starkste, innerlich selbsi-
standigste, weitest blickende, aliLungsreichste" von alien
schopferischen Kraften der musikalischen Gegenwart
nennen zu horen, und wenn der Verfasscr an dem
Vater des musikalischen Expressionismus „klangsinnliche
Ausdruckskraft" vermiBt, so bin ich iiberzeugt, daB er
ihn, der das Sopransolo im Fis-moIl-Quartett schuf, ba d
audi von dieser Seite bewundern lernen wird.
S i e g in it n d P i s 1 i n g.
<$>
Wichfige neue Mufikalien, Biicher und Auffafze
iiber Mufik,
mitgeteilt von
Professor Dr. Wilhcim Aitmann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54.
Diesc Zusammenstellung, die moglichst in jedem I left dieser Zeitschrift crfolgen wird, will audi noch un-
gedrnckte groflerc Werke, vor allcm Symphonien, symphonische DIchtungen, Konzerte, Kammermusikwerke, Opern,
Chorwerke mit Orchester cinbeziehen, urn namcntlich Dirigenten darauf aufmcrksam zu machcn.3 Diejenigcn Tonsetzer,
die dcrartige Werke (jedoch nicht ctwa Klavicrstiickc, Lieder, Mannerchore) fertig haben, werden gebetcn, mich davon
in Kenntnis zu setzen, doch behalte ini mir die Entscheidung iiber die Aufnahme vor. Diese kann auch bci gedruckten
Wcrken weder durch cin Inscrat noch durch Einsendung der betreffenden Musikstiickc oder Biicher erzwungen werden.
Rticksendung ctwaigcr Einscndungcn wird grundsatzlich abgelehnt.
Die Hinzufugung des Vcrlags wird Bestellungen erleichtern. Zu den angegebenen Preisen kommt immer
noch der sogen. Teuerungsaufschlag seitens des Verlegers und auch des Sortimenters hinzu; er schwankt bekanntlich;
mcist abcr bctragt er 50° o + 10%.
L Inffrumenfalmufik
a) Orcheffermufik
Kahn, Robert: KonzertstUck (es) f. Kiavier m. Orch. noch
ungedruckt [Urauffiihrung Berlin 25. 1.]
Koch, Friedr. E.: Wandervogel. Deutsche Suite noch
ungedruckt [Urauffiihrung Berlin 25. 1.]
Kuyper, Elisabeth [Nowawes bei Potsdam]: Symphonie
(E) noch ungedruckt.
Sinding, Christian: Konzert f. Viol. Nr. 3 noch un-
gedruckt
b) Kammermufik
Brauer. Max: Suite (D) f. Pfte u. Viol. Breitkopf &
Hartel 4 Jl
Butting, Max: op. 8 Streichquartett (A) Wunderhorn-
Verlag. Part. 3; St. 12 J(
-,— : op. 18 Streichquartett (f) Wunderhorn-Verlag.
P. 3,50; St. 14 Jt
Hartzer-Stibbe, Margarete: Trio f. Klav., V. u. Vcello
(cis)noch ungedruckt [Urauffuhr. Berlin 16. 12. 19.]
Hindemith, Paul: op. 10 (Streich)-Quartett (f). Schott
kl. Part. 2; St. 8 Jt>.
Hfiber, Lorenz : Streich-Quartett (d) noch ungedruckt
[Urauffiihrung Berlin 3. 2.]
Kahn, Robert: Suite f. VioL.u. Kiavier (d) noch un-
gedruckt [UrauffUhrung Berlin 9. 12. 19.]
Kroyer, Theodor: Zwischenspiel f. 10 Blasinstr. noch
ungedruckt [Urauffiihrung Biickeburg 19. 6. 19.]
Probost, Hans: op. 17 Sonate im alten Stil f. Flote und
Pfte. Zimmermann 2 J&
Schleemuller, Hugo: op. 30 Auf Orlaub. Suite fur
Vcello mit Pfte. Zimmerman 8 Jt
Schnabel, Artur: Streichquartett (d) noch ungedruckt
[Urauffuhrung Berlin 10. 12. 19.]
Straesser, Ewald (Koln): Quintett f. Klarin., 2 V., Er.
u. Vcello noch ungedruckt
Tartini, Gius.; Sonate „H trillo di diavolo" (g) f. Viol,
m. Pfte. (H. Marteau). Steingr&ber 1,50 .//
Urack, Otto [Berlin]: op. 21 Quintett f. Flote, Ob.,
Viol., Br. u. Vcello (A) noch ungedruckt [Urauf-
fUhrung Berlin 28. 1.]
Windsberger, Lothar: Trio f. Klav., Viol. u. Vcello.
(h) Schott.
c) Sonffige Inftrumenfalwerke
Buchal, Hermann: op. 19 Sonate f. Kiavier (c)
Hainauer 8 Jt>
45
Bttsoni, FerAccio: Kadenzen zu W. A. Mozarts Klavier-
konzertet/ Breitkopf & H.: zu Nr 26 (A, Kochel
Nr 488)/l ^; zu 24 (c, Kochel Nr 491) 2 .#
Hofman# Rich.: Universal-Technik des Vioiinspieis
~***fcttf grundlichen Ausbildung der Finger- u. Bogen-
technik. Nebst Erganzungsheften. Zimmermann
19 Hefte je 4 ..<#
Koessler, Hans: Canticum f. Viol. m. Orch. Ausgabe
mit Klav. Simrock 3 ..#
Krause, Paul: op. 26 Choral-Meditationen zum Konzert
und gottesdienstl. Qebrauch f. Org. Kahnt 9 .//
Kuyper, Elisabeth: op. 11 Ballade (g) f. Vcello m. Orch.
Simrock St. 6 .M
Landowska, Wanda: Kadenzen zu klass. Pfte-Konzerten.
Breitkopf & H. Nr 1 zu Haydn, Jos. op. 21 (D) 2.
Satz; Nr 2 zu Mozart Nr 20 (d), ,letzter Satz
je 1,20 J(
Coreti, A. H.: Neue Schule f. Gitarre oder Laute.
Vollstand. Lehrgang f. d. Begleitungsspiel. Ein-
fUhrung in das Solospiel. Holzmann % Jf
Marteau, Henri: op. 23 Drei Kompositionen f. Org.
Nr 1 Praludium u. Passacaglia (e), Nr 2 Praludium
und Fuge (c), Nr 3 Introduction et Fugue meditative
Steingraber je 2 Jf
Mtiller-Hartmann, Robert: op. 8 Drei KlavierstUcke
(Intermezzo, Elegie, Capriccio). Rahter 2,50 ,//
Schering, Arnold; Sonate f. Viol, allein noch un-
gedruckt [Urauffuhrung BQckeburg 19. 6. 19.]
Schleemulter, Hugo: op. 28 Der Daumenaufsalz.
Eine Schule f. das Studium des Daumenaufsatzes
beim Vcello. Zimmermann 8 ./?
Windsberger, Lothar: Ode (c) f. Viola sdo. Schott 2./(
IL Vokalmufik
a) Opern
Kaun, Hugo: Der Fremde. Phantast. Oper. Klavier-
Ausz. Zimmermann 18 .//
b) Sonjfige Vokalwerke
Fiebach, Otto: Weihnachtskantate f. Chor, Soil, Streich-
orchcster m. Orgel noch ungedruckt [Urauffilhrung
Konigsberg i. Pr. 14. 11. 19.]
Klemperer, Otto: Missa sacra lC). Schott Part. 20 J(\
Klav.-A. (W, Rudolf) 8 ,/f
StrauB, Rich.: op. 69 FUnf kleine Lieder Nr 1 Der
Stern, Nr 2 Der Pokal, Nr 3 Einerlei, Nr 4 Waides-
fahrt, Nr 5 Schlechtes Wetter. Hoch u. tief . Ftirstner
Nr 1 u. 2 je 2,40, Nr 3-5 je 3 ' J£
Vollerthum, Georg: op. 16 Liederkreis von Agnes
Miegel. Zimmermann 4 .M
Winternitz, A.: op. 10 Liebes-Lieder f. die Kicnen;
op. 11 Sechs Lieder f. GroB u. Klein; op. 12 Ja-
panischer Fruhling. Liebes-Lieder. Benjamin. Jedes
Werk 2,50 Ji
— ,— : op. 12 Drei Lieder f. 1 Singst. m, Pfte u. oblig.
Viol. Benjamin je 1,50 >M
Wolfurt, Kurt v.: op. 1 [17] Gedichte von Goethe.
Hofmeister 10 M.; einzeln je 1 — 1,80 M
IIL Biicher
und Zeiffdiriffen-Aufsa^e
(alphabetisch sowohl nach Stichworten wie nach den
Verfassern geordnet)
Absolute Tonhohen — 8. Tonhohe.
Acappella-Frage, zur. Von Th. Kroyer — in: Archiv
f. Musikwiss. 2, 1.
Agypter, Die Tonkunst der alten. A. von Curt Sachs —
in: Archiv f. Musikwiss II, 1.
Altmann, Wilhelm — s. Impotenz; Koennecke.
Andro, L. — s. Mann, Thomas.
Anton, Karl — s. Loewe.
Aufftihrungspraxis — s. Kammermusik.
Bach, joh. S. u. Graupner, Christoph: Meitf Herze
schwimmt in Blut. Von Friedr. Noack — in: Archiv
{. Musikwiss. 2, 1.
Balladengesang, Lehre vorn - s. Loewe.
Band 9 Erich: Theaterkultur, Theaterreform, Theater-
kunst. Ein Versuch Ober die deutsche Opernbtthne.
2. Aufl. Suize & Gailer 0,60 .# *
Bildzeichen, ein neues, in der Notenschrift. Von
Julius Kopsch — in: Allgem. Musikztg. Nr 4
Berliner Liederbuch [des 15. Jahrh.], Die Herkunft
des B. L. von A. Freitag — in: Archiv f. Musik-
wissenschaft 2, 1.
Brahms. Herders Edvard- Ballade bei Joh. Brahms
von Paul Mies — in: Zeitschr. f. Musikwiss. Ii, 4.
Breitkopfs — s. Hiller.
Btlckeburg. Bericht liber die erste Vollversammlung
der 1 Mitglieder des Fiirstl. I nstituts f. musik-
wissenschaftl. Forschung Biickeburg. Von Max
Schneider — in: Archiv f. Musikwiss. 2, 1.
Byzantinisch - orientalische Musik. Zur Erforschung
der . . . Von Egon Wellesz — in: Zeitschr. f.
Musikwiss. II, 4.
Camerloher, Placidus v. [1718 — 82] Jes altbayrischen '
Komponisten Leben und Werke. Diss. d.-Univers.
MUnchen von Behno Ziegier. Druck v. Datterer,
Freising.
Dahms, Walter — s. Mendelssohn.
Deutsche Opern von Julius Hagemann — in: Musik-
zeitung Nr. 1 ff.
— Opernbuhne — s. Band, Erich.
Deutschland — s. Kammermusik.
Diesterweg, Adolf — s. Futurismus; Steuer.
Ductia — s. Stantipes.
Eichberg, Rich. J. t — in: Deutsche Tonkiinstler-
Zeitung Nr. 348.
Einstein, Alfred — s. Villanella.
Frauenorchester. Zur Frage des F. Von Walter
Kommoll — in: Allgem. Musikztg. Nr. 1.
Freischiitz, der, ein Versuch Qber die Grundlagen der
musikal. Romantik von Herm. W. v. Walters-
hausen = Stiliehre, musikal. Bd. 3.
Freitag, A> — s. Berliner Liederbuch.
Futurismus oder Selbstbesinnung. Von Adolf Diester-
weg — in: Allgem. Musikztg. Nr. &
46
Graupner, Christoph: Mein Herze schwimmt in Blut —
s.. Bach.
Hagemann, Julius — s. Deutsche Opern.
Hase, Hermann v. — s. H i i I er» Joh. Ad. u. Breiikopfs.
Hiller, Johann Adam u. Breitkopfs von Hermann
v. Hase. Breitkopf & H. 1,50 Ji
Jachimecki, Zd. — s. Polnische Orgeltabulatur.
Impotenz, Die neue Asthetik der musikalischen
Impotenz. Von Hans Ptitzner. Verlag Suddeutsche
Monatshcfte 4 Ji- Besprechung von Wilhelm Alt-
man n — in: Musikztg Nr 3.
Kammermusik. Beitrage zur Auffiihrungspraxis der
vorklassischen Kammermusik in Deutschland. Von
Hans Mersmann — in: Archiv f. Musikwiss. 2, 1,
Kapelle — s. Papstliche Kapelle.
Klavier. Kiaviermusik und Klavierspie! von Eugen
Schmitz. Quelle & Meyer 2,50 .M
Klavierspiel. Drei Handschriften aus der Fruhzeit des
Klavierspiels von Wilh. Merian — in: Archiv fQ r
Musikwiss. 2, 1.
Kobald, Karl — s. Wien.
Kobe It, Joh. — s. To nh 3 hen.
Kdnnecke, Fritz, ein eigenartiger deutscher Tonsetzer.
Von Wilh. Altmann - in: Der Fiihrer durch die
Konzerte u. Theater von Konigsberg Nr 7.
KommoII, Walter — s. Frauenorchester.
Konta, Robert — s. Musiker.
Kopsch, Julius -- s. Bildzeichen.
Krebs, Karl — s. Taktstock.
Kritik — s. Vokalmusik.
Liederbuch — s. Berliner.
Loewe. Aus Karl Loewes noch unveroffentlichter
Lehre des Balladengesanges von Karl Anton -— in:
Zeitschr. f. Musikwiss. II, 4.
Mann, Thomas. Die Musik in Th. M. Von L. Andro —
in: Der Merker 11,1.
Meister des Taktstocks — s. Taktstock.
Mendelssohn v. Walter D a h m s. Schuster & Loffler 6 - //
Merian, Wilh. — s. Klavierspiel.
Mersmann, Hans — s. Kammermusik.
Mies, Paul — s. Brahms.
Moser, Hans Joachim — s. Stantipes u. Ductia.
Mozart — s. Zauberffote.
.Musiker, der junge. Von Robert Konta — in: Der
Merker 11, 1.
Musikkritik — s. Vokalmusik.
Musikwissenschaft. Gntndrift der M. Von Hugo
Riemann. 3. Aufl. Quelle & Meyer 2,50 J(
Musikwissenschaftliche, Forschung, institut fur — s.
Buckeburg.
Noack, Friedr. — s. Bach u. Graupner.
Notenschrift — s. Bildzeichen.
Oper — s. Deutsche Opern u. Opernbuhnen.
Orgeltabulatur -— s. Polnische.
PMpstliche Kapelle unter Paul IV, die. Von Karl
' Weinmann — in: Archiv f. Musikwiss. 3, 1.
Parodie — s Vi 1 1 an ell a.
Paul IV, Papst — 3. Papstliche Kapelle.
Pfitzner, Hans — s. Impotenz.
Polger, Alfred — s. Wagner, Lohengrin
Polnische Orgeltabulatur a. d. Jahre 1548. Von Ed.
Jachimecki — - in: ZeitschriftJ. Musiker. If, 4.
Primadonna, die.* Von Adolf WeiBmann. Paul
Cassirer 36 J6
PythagorSische Terz — s. Terz.
Richard, Aug. — s. Schillings.
Riemann, Hugo — s. Musikwissenschaft.
Sachs, Kurt — s. Agypter.
Schillings, Max v. Von Aug. Richard — in: Musik-
zeitung Nr. 1.
Schmitz, Eugen — s. Klavier.
Schneider, Max — s. Buckeburg.
Schwers, Paul — s. Weingartner.
Seiffert, Max — s. Strunck.
Siegfriedidyll oder die Ruckkehr zur Natur. Von
Herm. W. v. Waltershausen = Stillehre, musikal.
Bd. 2,
Stantipes [frei rhythmisierte Konzertmusik des M. A]
u. Ductia [TanzJ von Hans Joachim Moser — in:
Zeitschrift f. Musikwiss. II, 4.
Steuer auf Kunst; Von Adolf Diesterweg — in:
Allgem. Musikztg. Nr. 4.
Stillehre, mnsikalische, in Einzeldarstellungen von
Herm. W. v. Waltershausen Hugo Bruckmann
Mtinchen Bd. 1—3 je 5 J6
Strunck, Delphin. Zur Biographie D. Str.'s .» Von
Max Seiffert — in: Archiv f. Musikwiss. 2, 1.
Taktstock, Meister desT. Von Karl Krebs. Schuster*
Loffler 4 J(
Terz, die pythagoraische. Von Albert Thierf elder —
in: Zeitschr. f. Musikwiss. II, 4.
Theaterkultur - s. Band, Erich.
Thierfelder, Albert — s. Terz, pythagor.
TonhOhen. Das Dauer-Gedachtnis fur absolute Ton-
hohen. Von Joh. Kobelt — in: Archiv f. Musik-
wissenschaft 2, 1.
Villanella. Die Parodie in der V. Von Alfred Ein-
stein in: Zeitschr. f. Musikwiss. II, 4.
Vokalmusik als Objekt cier Musikkritik. Von Eber-
hard Waechter — in: Der Merker \l t 2.
Wagner. Lohengrin, Szenisches zum. Von Alfred
Polgar — in: Der Merker 11, 2.
Wagner — s. Siegfriedidyll.
Waltershausen, Hermann W. v. — s. Freischiitz;
Siegfriedidyll; Stillehre; Zauberfiote
Weber, Karl M. v. — s. FreischUtz.
Weingartner, Der Fall — in: Musikzeitung Nr. 1.
y von Paul Schwers in: Allgem. Musikztg. Nr. 2.
Weinmann, Karl — s. Papstliche Kapelle.
WeiBmann, Adolf — s. Primadonna.
Wellesz, Egon — s. By::antinisch-oriental. Musik.
Wien. Alt-Wiener Musikstatten. Von Karl Kobald.
Amalthea-V., Zurich.
ZauberflSte, die, eine operndramaturgische Studie von
*4erm. W. v. Waltershausen — Stillehre, musik. Bd.l
Ziegler, Benno — s. Camerloher.
*
47
m
d
N. SIMROCK
G.M.
B.H.
BERLIN W. SO . TAUENT^IENSTRASSE Til
Trernfprecher: Sfeinpla& 8300 Bank-Konfo: Commerz- und
\m Pofffdieckkonfo: 47200 Berlin
Diskonfobank, Depofif enk. M
iiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiH
Mullkalieii~ Gr o!i~S©r t imenf
Mufik-Inffrumenfe und Saifen
Fliigel . Pianinos . Harmoniums
Kunf i\ piel ■ Pianinos
Piano -Vermielung
Niederlage der welfberuhmfen
Braffchen und Celli
m
Laulen . GIi«arreri . Mandolinen
Konzerf- und Akkordzifhern /. Waldzifhern
Mund- und Hand-Harmonikas
.'. Geigen- und Cello-Bogen .'.
Geigenkasfen und Form-Efuis
Sfoffhiillen fiir Laufen, Gifarren und Mandolinerj
Saifen fiir Sfreich- und Zupf-Insfrumenfe
Besfandfeile fiir Insfrumenfe
TAMBOURINS . TROMMELN
Verlangen Sie unsere neuesfen Kafaloge (iber
Musikalien umfonll
48
ill
m»**AJU"" U't^JM' '-^JUJUU J ^U WCig*^^^W^pq^eg^g?»^*iw^ppwc>
i
I
BORDELL
Ein infernalifdier Roman
in fiinf Spriingen von
CURT CORRINTH
Buchausffaffung nadi Enfwiirfen von
Cesar Klein
Geheffef 8 M. / Gebunden 10 M.
Der kommen.de groj5e Roman
erfolg unferer Epochel
{
WtinmN
]ATHO"VERLAQ /5DDLIN WJO
/A 7rad)je6er> J?s>t Vfatogrc - '■'- - A
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49
1 SANG UND KLANG ALMANACH 1920 i
|j :: HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. ADOLF WEISSMANN :V (
^| yW/V Originalbeitragen von Oeneralmusikdirektor Felix Weingartner I Pro/. Arthur ft
|| Mfo'scA / Prof. Oscar Pie I Prof. E. Humperdinck / Prof. Adolf Weissmann fi
Ijj Z)r. Stiedry I Siegmund Pisling usw.. sowie mit zahlreichen ganzseitigen ||
f|| Bildertafeln in Tonfarbendruck und einer Notenbeilage. ft
jj Klein-Oktav, hochelegant gebunden, Ladenpreis nur Mark 3.25 J
HH Ein kleines Schmuckstuck fur die Bibl iothek pt
• ■ ■•«—■— ^^^—. ~ ' ' ■ '*■■" ^ , i .
fH eines jeden Buch- und Musikfreundes. S.
Is Den 1. Kapellmeister am Deutschen Opernhaus zu Berlin, Herr Eduard Mdrike, schreibt liber |9
s§ den Aimanach; Jch begluckwunsche Sie und den Herausgeber, zu der ganz famosen Arbeit, Hi
= die durch ihre wertvollen Beitrage fraglos das intaresse allerKreise erregen wird. Ich freue mich, Wk
JH daf3 endlich einmal wir klich etwas Gutes auf derm musikalischen Markt erschienen ist und =
e= wunsche Ihrem jungen Unternehmen nur das allerbeste/ |i£
=§ Zu beziehen durch jede Buchhandlung |j|
l|j Wo nicht erhaltlich, vom Verlag =
1 NEUFELD & HENIUS 1
jj BERLIN SW. 11 :: GROSSBEERENSTR. 94a p
I Breitkopf & Hartel - Berlin w. 9 f
§ Pofsdamer Sfraj3e 21 (parterre und j. Efage) «|
| Raabe & Plofhow - Mufikalienhandlung |
% Fernruf: Liifzow 1692, 6516 %
ft iiiiiiiHiiiiilliiiilllliiiiiiiiiliiM I
I Zenfralffelle fur in- und auslandifche Mufik |
•1 Leihanffalf fiir Mufikalien und Mufikbucher %
| Kunff-Abfeilung fiir Mufiker-Bilder, Buff en ufw.
Abfeilung fur famflidie Mufik-
Inffrumenfe und Beffandfeile
•I
•I
I 1 AKfaihinrr Vfiv* Inm-if Wrincx IX/lnYil-? |«
I Inffrumenfe und Beffandfeile S
fFlugel /. Pianos /, Harmoniums!
% iiiiiiiiti»iii!iiiiiiiiiiiii!!!iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii!t!iii (audi zur Mieie). iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiraiiiiiiiiiiiiiiiiiiinimitiiiti %
.^I'lL^HiM'ii'iiffiii"^^,!^^
50
I
Mufikalifche Legende von Carl Hauptmann
Mufik von Manfred Gurlitt
Urauffiihrung am Stadttheater Bremen
Kfavieramzug mit far Big en OriginaffitBograpBien von
Cefar Kfein erfcBeint im TeBruar in unferem Verfag
Das JaHrbudymoderner Kunft und modernen Lebens
Mit wTafeln, 2 OriginaLGraphiken von Lovis Corinth und Max
Pe chit em, uber 60 Zeichnungen im Text und literarifchen Beitrasen
tuhrender Kunftler . Preis 6 Mark
DIE LUXUSAUSGABE
auf Japvelin in gefchmadwollem Einbande enthalt aufier den zwei
graphifchen Blattern eine Origin alradierung von Lovis Corinth
Preis 30 Mark
Das Stundenbuch der Dame von Welt
Mit 24 Taf eln, zahlreichen Zeidmungen und 10 farbigen Modebildern
von Paul Scheurich Preis 7,50, geb. 10 Mark
DIE LUXUSAUSGABE
auf Biittenpapier, vornehm in Japaniiche Seide gebunden
Preis 47,50 Mark
I BERL IN W35 • POTSDAMER STRASSE 11I
zr. j; /
.-ISllllllllilllllllllllll;
^jlJIIIIIHIIIIIIIIIIIllllllllltlllllU IIIIIIIIIIIIIIIIIIHIIIII'lllllllllllllllllMIIIIIIIIINIIIIimillllllllll Illllllllllll MUM • ItlJII Jl» Itlllll IIIIIIIIIIIIIIIII1IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIMII{II{IIIIIIIIIIIIIIIIIIMIIIIIIIIIIIIIII|III||[1.-
1 Otto Jahns klassisches Mozartwerk erschien soeben in funfter Auflage als 1
i W. A. MOZART |
von Hermann Abert
| * Herausgegeben als funfte, vollstandig neu- ' §
| bearbeitete und erweiterte Ausgabe von 1
— Otto Jahns Mozart —
| Erster Teii (1756—1782). XXV, 1035 Seiten 8°, Mit 9 Bildnissen und 4 Faksimiles f
| Geheftet 35 Mark, gebunden 40 Mark, T.-Z. 40%. . |
Jahns Mozartbiographie, das Mozartbuch schlechthin, hat leider geraume Zeit im Handel fehlen mQssen. 1
Jetzt iiegt es nun in einer Form vor, die sich nicht mit Zusatzen und Aenderungen biographischer Art |
| hegnugt, wie das die fruheren Auflagen getan haben, sondern ein auf der bedeutend erweiterten geschiehtlichen 1
| Erkenntnis unserer Zeit aufgebautes neues Buch bedeutet. Alio die Vo^zuge. die dem Jahnschen Buche |
| seine alles uberragende Steliung in der Mozart I iteratur verliehen und durch zwei Menschenalter hindurch 1
I sicherten, hat Hermann Abert, soweit sie "aucft heute noch als splche fur ein Mozartbuch geiten konnen, fur das 1
I neus Buch zu nutzen gewuBt, sonst aber ist es von dem Standpunkte aus er?standen, daB jede Zeit die 1
I Pflicht hat, ihre geistige Selbstandigkeit auch gegenuber den GroBmeistern der Kunst zu wahren. 1
I So ist ein neues Mozartbuch entstanden, wurdig des alten, das in ihm weiterleben soil. 1
HimmiimHiiMniiuiiiiimHHiimmiiiiHiiiiiimhHHimimiiiiimiiimiMm
Hermann Kretzschmar
jGeschichte derOper)
J VI, 286 Seiten 8°. Geheftet 14 Mark, gebunden 18 Mark, T.-Z. 40 %, §
| |V/|it Kretzschmars „Geschichte der Oper" wind eines den hervorragendsten Bucher der 1
| ' v, Musikgeschichte der neueren und neuesten Zeit veroffentlicht, das, seit Jahren sehn- 1
| suchtig erwartet, nun zum ersten Male im Zusammenhange Kretzschmars Forscherarbeit 1
| auf dem Gebiete der Oper bringt, auf dem die Musikgeschichte in ganz besonderem MaBe i
1 lebendige Forderung von ihm erfuhr. Es ist ein echtes Kretzschmarsches Buch, 1
1 ohne jede Weitschweifigkeit meistert es in der aus Kretzschmars Werken 1
| her bekannten lebendigen, treffenden Darstellung den Stoff in |
1 einer Art, die jedem Gebildeten verstandlich ist und das % |
1- Studium seines Buches aus dem Nicht- |
1 historiker zu einem Genusse macht, |
=JitUill ttlMlM IWMMI IMIMII .IIJfM IllirflJ MMIM IMJI1MI IIMIIMJiriMtlliMMir lllllfl} MIJtriMMMJII IIIIIIM^UMIJI MfMIII IfMMM IIIUTMIJ MUM M11MM riMIIIJ Itlfllli Mlllll^lillllll lllilflf llJJIUr IfllllM IIII1M f IIMMIIMIIMI1 1 tMHIi (IMMM MIIMMMtlirit=
J veriag BREITKOPF & H ARTEL - LEIPZIG Benin I
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Copyright 1920 by Neuendorff & Moll Berlin-WeilSensee
Notenbeilage zu „Melos" 2. Heft Februar 1920.
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Bemerkung: Es kam darauf an, ein absolutes Jiedartiges MusikstLick zu geben, weder untermalende Begleitung noch
melodramatiscries IneinandergreiEen nocli genau ants einzelne Wort komponiert. Denn, wegen muglicher Kontaktschwiertgkeiten,
sollen die Augenblicke des Einsetzens, Ablusens, Aufhurens der Schauspieler nicht durchaus festliegen. Notwendig ist nur
ems: die einfach-kraftvollc, doch nicht starre rhytlimische Stetigkeit im Zusammengehen von Ton und Wort; die Schauspieler
bringen dtu Hebungen genau auf die Viertel der Musik. Bei der Auffuhrung in Deutschen Theater unter Regie von Dr. Ludwig
Berger (z. \, Male am 10. Oktober 1919) hattc sic'n das hier notierte Zusammengehen ergeben. Gegen SchluB hin gingen
die Schauspieler allmahlich und unmerklich in die ffxierte Tonhcihc iiber, der sie sich auch zuvor bereits bin und wieder
genShert hatten. Heinz T i e s s e n.
ErsuhoiiU. Jim 1, u ri'l It), jt-di'ii Moimt.s. Zti liw.iuhcn f.1mv!i <l!n ]\isiJiiist:ill.i*ti. Uneh- n. Miisik«.lionh:itir]Iimg«n, (towio dirckt vom Vorbtj;
Uedaktion: Uwlin \V. IU. K«".ni^iti An(iiist.»*ir. '.'A. 1-Vmrui': Li'lzow :U2-',. - Vi>rl« W : Bcrlin-Woissotison, Bm-liupr AUtxwI. Fonirtil': Ws. 1 '.!■;.
i'1-..is dos Kin/.idhcrtcs Mk, :'..10, i'm ViVrLd/.-Abonn. Mk, ll'. - , bvi K.»(-iizl>,indl)ftzuf; vicrtcljiihrlicli Mk. 13.-. — Xni-.liilruek vorl>,<ha1tcn.
Nr. 3
Berlin, den \. Marz 1920
I. Jahrgang
INHALT
OSKAR BIE Nibifch und das Dirigieren
HERMANN SCHERCHEN Nikifdi und das Ordtejfer
LORENZ HOBER Die Dirigierkunff Arthur Nikifch's
J13RGEN VON DER WENSE .... Die augend, die Dirigenfen und Nikifch
H. W. DRABER Die Nikifdi -Programme und der mufikalifdie
Forffdirift
ARTHUR NIKISCH Erinnerungen aus meiner. Wiener Jugendzeif
Prof. Dr. ALTMANN Bedeufende Neuerldieinungen u. Manufkripfe
PORTRAIT: ARTUR NIKISCH
Aus der Luxusausgubc „Im Konzcrt" von Oscar Bie mit Stcinzcichmingeu von Ehrch Spiro,
Verlag Julius Bard, Berlin
„MELOS"
in einer Luxusausgabe
erfcheinf monaflich einmal im Kunff verlag
Fri£ Gurliff, Berlin W 55
Nikifch und das Dirigieren -
Von Oscar Bie.
Dirigieren fdieinf unfer den Kunffleiffungen die abffrakfeffe. Das Werk des
fchaffenden Kiinfflers iff irgendwie greifbar, zu fehen, zu horen, zu lefen, durdi irgend
eine Vermiftlung wahrzunehmen. Reproduzierende Kiinffler fchaffen nach, indem fie
Sichfbares oder riorbares durch das Inffrumenf ihrer tiand, ihres Mundes, ihres Korpers
finnlidi wahrnelimbar madien. Unfer ihnen nimmf der Dirigenf eine befondere Sfellung
ein. Das Werkzeug feiner Tafigkeif iff ein korperliches, iff das Angeben des Takfes
und des Ausdruchs durch die Geffe. Was ware, wenn die Geffe nichf da ware? Ein
Okfeff fpielf ohne Dirigenfen nach gegenfeifiger Einffudierung. Audi das Orcheffer
kann ohne Dirigenfen fpielen. Der Dirigenf fchafft nichf im Augenblick feiner Leiffung,
was wir horen, wie der Pianiff und Sanger, fondern er leifef es nur. Nur] Er ffehf
auf dem verfchwenderifchffen Poffen der Kunff. Seine Aufgabe fdieinf abffrakfer, als
die irgend eines andern Kiinfflers. Das iff der erjfe Blick auf inn.
Das Problem des Dirigierens erklarf fich aus diefer Merkwiirdigkeit Inr Dirigenfer
fammelf fich die auffaffung des Tonffiickes, die maJ3gebend wird. Diefe Auffaffung
konnfe audi im Geheimen wirken. Je fcharfer fie aber hervorfriff und je nuanzierfer
fidi mif der Zeif die Vorfragsmoglichkeifen ergeben haben, deffo infenfiver verdichfef
fich die Auffaffung und Leifung in einer einzelnen Perfon, die am Pulfe ffehf. Der
Dirigenf iff zugleich das Produkf einer forffchreifenden geiffigen Variability und iff
andererfeifs zugleich ein Eakfor derfelben Bewegung. Durch die ungeheure Fiille der
reproduktiven Aufgaben, die fich feif hunderf Jahren in der Mufik gefammelf haben,
wir^ die Perfonlichkeif der Auffaffung gereizf, die im Dirigenfen Geffalf gewinnf. Und
durch diefelbe Enfwicklung wird die Virfuofifaf eben diefes Dirigenfen wiederum Jo
angeffachelt, daj5 die Verfiihrung beffehf, die nafiirliche Subjekfivifaf zu einer willkiir-
lidien werden zu laffen. Diefe Anfinomie iff das Weferi des Dirigenfenfums. Je weniger
er ein handgreifliches Maferial unfer fich hat, je mehr . er nur als geiffiger und
rhyfhmifcher Ausdrrck figurierf, deffo fcharfer iff er alien Leiden ausgefetjf, deren Reihe
zwifchen Amf und Temperament ablauff.
Ich wollfe diefen Rahmen zeichnen, um die zenfrale Sfellung von Nikifch mofivieren
zu diirfen. Ich will fagen, was Nikifch iff. Er iff der geborene Parfifurenkiinffler, ohne
Hemmung fliejDf ihm der Klrmg der Parfifur ins Ohr. Der Verkehr mif ihrem Gebilde
iff ihm nafiirlich und felbffverffandlich. Er iff geboren, Seele der gefchriebenen Mufik
zu werden, Einheif der auseinandergelegfen Parfifur. Dies iff ausgefprochene Anlage
und Gnade, ihm auf den Lebensweg mifgegeben. Es iff ein Gliick und zugleich eine
Weifung und auch eine Million. Die Miffion offenbarf fich in einer fo vielfeifigen, iippigen
und unbefchrankfen Dirigenfenfafigkeif. daj3 es niemanden heufe gibf, deffen Wefen fich
fo unge-tdrf mif diefer Funkfion verbande. Die Weifung liegf in der Art, wie ihm
beffimmf iff, fich zur Mufik zu ffellen. Er iff kein Lehrer, kein Dokfrinar, kein Kampfer,
kein Revolufionar, fondern er gehf in der yanzen Weife und Breife feines Wefens in
der ganzen Weife und Breife der Mufik auf. Er-gibf fich der Mu'ik hin, wie einer
Geliebfen. Er koffef ihre Reize faglich neu aus und fiinlf den Raufch ihrer Schonheif
in bewuj3fem Genuf5. Spielf er die Pafhefique von Tfchaikowsky, glaubf man fein
Zenfrum gefunden zu haben, Spielf er Brahms oder Bruckner, verklaren fich die
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Unferfdiiede der kriffallifierfen und der improvifierenden Kunff in einer hoheren ro-
manfifdien Einheif. Spielf er Wagner oder Beethoven, vereinigen fidi Weifen in der
Synfhetik des Klanges. Man kann feinen Liebling nidif konffruieren, da er nidif die
beffimmfe Forderung an ein fubjekfives Erlebnis ffellf. Er liebf das Erne iiber dem
Andern, er liebt Mufik, wegen der Mufik. Man hat das gufe Worf mufikanfifdi daffir.
Piefe Mufiker uben ihre Kunff, nidif um eines Symboles oder eines Dokumenfes willen,
fondern wegen ihrer unverganglidten Maferie, wegen diefer ewig wiederhplfen Sdion-
heifen der Melodie und Polyphonic, der Akzenfe, des Aufbaues und der Chemie aller
Akkorde. Nikifdi verfinkf in die Fluf der Tone. Er badef fich in feinem Ordieffer, Er
entzudtf fidi an dem felbffgefdiaffenen Kiang und an alien Reizen ewig wedifelnder
inftrumenfaler Farben. Nidifs rlerrifches gehf von ihm aus, gegen die Mufi;?, die ihm
anverfrauf iff, Er faugf die Parfifur ein und wie durdi einen Zauber gewinnf fie in
ihm Ma£, Geffalf, Dispofifion und Sinnlidikeii Er iff fo gludslich nidifs zu fun zu
brauchen, als die Hingabe an diefen Zauber zu verauj3ern. Warme Afmofphare liegf
um fein Werk. Gemiif, Empfindung, Innerlichkeif, reinffe Ergebung an die ruhrende
Gewalf diefer Kunff ffromen in ihm und von ihm, Es iff das eine Worf: er iff die
Perfonifikafion der Parfifur. Dies iff das Zenfrale, dies iff das Mufikalifdie, dies ,?*
das Bleibende im Flu£ der Zeifen.
Es iff nofwendig, diefe Definition der befonderen Arf von Nikifch zu geben, Weil
fie innerhalb der verfdiiedenen Dirigenfengaffungen eine mufikalifdie Reinkulfur be-
deufef, die fur die Erlialfung des ganzen Sfandes wichfig iff. Efwas davon wird in
jedem Dirigenfen fein muffen, damif das Bluf der Mufik v/arm lau^'f. Es wird in ihm
fein muffen, gleichviel welche Einffellung feine Kunff zur Umwelf, zur Kuifur und zu
den Lebensanfchauungen der Zeif befi&f. Mufik iff ja, als Funkfion im Menfdien
befrachfef, eine abfonderlidie Erfdieinung; fo akfiv fie iff, fie ffeckf irgendwo als fidierer
Befi$ heimlidi in der inneren Verfaffung des Kiinfflers. Der Mufiker iff kein Sdiwarmer-
Von der Liebe zu Jeiner Kunff fpridif er nichf viel. Sie machf ihn nidif ekffafifdi oder
empfindfam, wie den Dileffanfen. Sie arbeifef irgendwie in dem Bereich feiner Er-
finduug und Seele, gefaffigf mif den Erfahrungen von CTahrhunderfen und eingefenkf
in die Ilefe einer unwUlkurlich f chaff enden Phanfafie. Die Freude am Spiel, der Genuj3
des Klanges und der Polyphonie, diefes ganze eigenfiimliche Vergniigen an der Geffalf
und Form der " mufikalifdien Sprache fi^f in ihm, wie ein Erbe feiner Ahnen, wie eine
lange vorbereifefe Auc.'romung feiner myffifchen Nafur. Solches Mufikanfenwefen darf
ihn nichf verlaffen, mif welchen Idealen audi, nif weldien Forderungen er an die Welf
heranfriff. Denn das iff Unfergrund feines Wefens, die ffefe Frudifbarkeif feines Schaffens.
Es gibf keinen Typ des Dirigenfen, der diefe Verwandffchaff mif dem Kiinffler enfbehren
konnfe. Niir darin erreidif er die Tiefe und den Grund, den Friihling und das Weffer,
die die Kunff befrudifen. Es gibf Dirigenfennaturen, die fiber die reine Mufikalifaf,
enfweder aus ganz ffarker Subjekfivifaf oder ganz ffarker Objekfivifaf£hinausgehen.
Der Werf ihrer leiffungen wird immer darin begriindef fein, wie weif die urfpriingliche
mufikalifdie Beriihrung nodi miffpridif. Bei Nikifdi iff di6 Mufikalifaf, dies reine Auf-
gehen in der Subffanz und im Klang fo vollendef, daj5 fie nidif mehr einen Teil feiner
Leiffung darffellf, fondern fie ganz umfaj3t Alle Grope bei ihm erklarf fidi aus der
Ifolierung diefer Funkfion, und feine wunderbarffen Abende find diejenigen, an denen
durch ihn die Mufik an fidi, in ihrer abfolufen Bedeufung, Kraft .und Schonheif fidi
darffellf. Hier iff, was anderen Bluf zufiihrf, Thefe und Charakfer geworden. So fehr,
da£ man faff von einer Richfung fprechen kann, die feine Arf bedeufef. Hingabe iff
Romanfik. Herrf chaff der Subffanz iff Impreffionismus. Unfer den Dirigenfen iff er in
diefem Sinne Romanfiker und Impreffioniff.
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Der dozierende Dirigenf befonf die Folgerichfigkeif der Enfwicklung vonjjMofiv
und Bau im Werke. Er analyfierf, er will iiberzeugen, er zifelierf das Detail und
monfierf das Ganze. Die Zeichnung iff ail fein Sfreben. Klang Iff Nebenfache. Klarheif
iff alles. Kem fofer Punkf ffehf in der Dynamik. Das war Biilow.
Die Mahlerfchule geht auf Plajlik. Rund, mif den Handen faffen, in den Flachen
abzufaffen, korperlich in Raum und Zeif, ffehf die Mufik vor uns. Ein efhifcher Wille,
nichf objekfiv erzieherifch, wie bei Biilow, fondern- fubjekfiv begeifferf, mif dem Theater,
den Kunfiiern, dem Orcheffer als Adreffe> leuchfef aus dem Korper diefer Mufik.
Erziehung lahmt Schaffensfreiheifen. Ethik erhohf fie. Das Mufikanfifche, nichf durch
Bildungsang]ft befchaffef, fondern durdi Bildungswillen' erhellt, raufchf auf. Es iff eine
fchone Gegend des Mufizierens. Aber noch dienf die Perfon der Aufgabe.
Als Lob der gehobenen Subjekfivifaf befinge man Richard Sfrauj3. Seine Cmoll
Symphonie iff der Wiederfchein feiner Kraft Er verfinkf nichf in dem Werk, als in
einer Maferie und er gibf fich ihm nichf hin, als einer klanglichen Subffanz. Sondern
er ffellf fich dar. fein Tempo, feine Leidenfchaff, feine Geberde. Es gabe eine
Subjekfivifaf, die fich nichf darauf befchrankf, eigene Spiegelungen darzuffellen, nichf
einmal die eigene Durchdringung des Werkes, fondern die die Uberwindung der
Maferie durch den Geiff erffrebf. Geiff gehf iiber Mufik hinaus. Er wahrf den
Zufammenhang der Zeif. Er benu&f die Mufik zur Darffellung eines inneren Erlebniffes.
das fich im Tone fymbolifierf. Es wird Dirigenfen geben, die nach diefer Richfung ihre
Sendung erfullen. Sind die reinen Mufiker Romanfiker, find die Lehrer und Zeidrner
Klaffiziffen, fo find diefe Geiffigen nichf mif Unrechf Expreffioniffen zu nennen. Die
Wandlung iff diefelbe, wie in aller Kunlf. Aus dem Manne, der Takf fchlagf, urn das
Orcheffer aujSerlich zufammenzuhalien, wird der Vermiffier afthefifcher Pofenzen, die
das Mechanifche vergeiffigen und das Berufliche verallgemeinern. Da ffehr der Im-
preffioniff am Pulf, deffen Quelle in der Materia Jiegf, und der den Reflex des Klanges
zur Lofung feiner Kunff empfangt Da ffcM der Expreffionift der feine eigene
Vorffellungswelf zur Forderung machf, deren Gefe^e er dem reproduzierfen Werk enf-
windet Eine Art von Akfivismus, ein Wille, durch feine Kunff geiftig zu wirken, nichf
zur Mufik, nichf in Mufik, fondern mif Mufik zu erziehen, nichf zu geniegen, fondern
zu erhohen, wird aus ihm fprechen. Von Nachfchaffen ein Neufchaffen. Der Dirigenf,
der aus diefer inneren geiffigen Nofwendigkeif fchafft wird der Typ der Zukunff fein.
Er wird die Miffe gejfunden haben, zwifchen dem Subjekf und dem Objekf, zwifchen
dem Geiff und dem Klang. Er wird den Mufikanfen in fich aufnehmen und liebevoll
pflegen. Denn diefer iff der Blufzufiihrer, er iff die Nafur, zu der die Kunff zuriick-
kehrf, wenn fie fich am Geiffe erkalfef haf. Gibf es IDberwindung? Richfungen wechfeln.
Jede Zeif fchaft't ihren Typus. Aber Mufik bleibf.
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Nikifdi und das Orcheffer
von Hermann Sdierdien.
Wird vcm Dirigieren gefprodien, fo glaubf man das Thema gewohnlich mil der
Erorferung der zur Technik dienenden Ausdrucksmiffel des Dirigenfen erfchopft Die
Taffache aber, da£ das Inffrumenf des Dirigenfen, das Orcheffer, als felbjfandiger
Organismus fich aus verfchiedenarfigen Individualifafen zufammenfefst ohne deren
richfige Behandlung die vollendefffe Dirigierfedmik nidif das Lef>fe erreichf, iff nur felfen
in ihrer Bedeufung erkannf worden, fro^dem hierin ein grundlegender Unferfdiied ge-
geben iff zwifchen dem Dirigenfen iiberhaupf und alien anderen reproduzierenden
Mufikern.
Der Pianift der Violinvirfuofe, hat fein Inffrumenf, deffen Giife kaum irgend welchen
Sdiwankungen unferliegf; was nodi hinzukommf, iff — neben dem fechnifchen Ver-
mogen — nur die perfonliche Kraft Das Inffrumenf des Orchefferdirigenfen aber iff
ein ganzes Heer von Virtuofen, alle mif verfchiedener Tedmik, mif verfchiedener
feelifcher Kraft begabf Es folgf hieraus mif Nofwendigkeif, dap das Verhalfnis des
Dirigenfen zu feinem Inffrumenf ein weif wichfigeres iff, dap hier alle Moglichkeifen
unbeftfmmfer und zugleich lebensvoiier find.
Nehmen wir an, die fechnijche Begabung eines Dirigenfen fei voll enfwickelt jeine
Rhyfhmus und Geffalf vermiffehide' manuelle Gefchiddichkeif ebenfo ausgebildef wie
das Mimifche. Dirigierf er eine Orchefferauffuhrung, fo iff bei gufer Qualifaf des
Ordieffers ein beffimmfer Grad der Giife der Auft'iihrung garanfierf, und doch wird
Wefenflidiffes nidif erreichf werden, verffehf er nidif innerhalb feiner Regie des Werkes
die individuellen Kraffe der einzelnen Mufiker aufklingen zu laj'j'en.
Das le^fere iff von )'o groj5er Bedeufung, daj3 von hier aus ganz allgemein zwei
Richtungen in der Einffellung der Dirigenfen unferfdiieden werden konnen:
Der einen gehoren jene Dirigenfen an, die, ganz erfiilK von einem beftimmfen
Klangbild vor das Orchejfer frefen und mif rudtfidifsiofer Kraft den Mufiker
zu zwingen fuchen, das innerlich Gehorfe in jeder Kurve nachzubilden. Wie
glanzvoll und „einheiuicrr' folche Auffiihrungen 1'ein mogen, die begliickende
Warme hemmungslos verjfrornfen inneren Lebens wird dennoch fehlen.
Derandere Typ des Dirigenfen iff nur in Nikifch rein verfrefen. uener Dirigenf,
der in jedem einzelnen Mufiker die Muj'ik felbi'f zu wecken fudif, der iiber
das Orcheffer den breifen umfaffenden Afem feines mufikalifdien Fiihlens
hinffromf und in diefem warmen Hauch alle aufbliihenden, individuellen
Eigenkraffe liebevoll umfangt
Nie habe ich das Wunder des Organismus Orcheffer jo Ifark empfunden, als bei
Nikifdi: die ruhevolle Kraft die von feiner Perfonlichkeif ausgehf. erftreckf fich auf
jeden Einzelnen, regelf den unruhvollen widerfpredienden Gang der vielen Pulfe fojforf
in ein Alle umfaffendes, gemeinfames groj3es Sdiwingen. Man mag fagen, da]5 die jahr-
zehnfelange Vernvmfheif zwifchen Orcheffer und Dirigenf (ich fpreche naftirlidi immer
nur von Nikifdi, dem Dirigenfen des Berliner Philharmonifchen Ordieffers) die nidif
wegzudenkende Vorausfe^ung fur folche Wirkungsmoglichkeif fei, mag an die jedes
neue Orcheffer-mifglied fogieidi wie eine geheime Afmosphare untflufende Nikifchfradifion
erirmern — : das alles find nur die Vorausfe&ungen jener Idealforderung, die hier in
dem Verhalfnis von Ordieffer und Dirigenf einmal ganze Verwirklichung gefunden hat.
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Nikifch vergij3f me, daJ3 die Taften der Klaviafur femes Inftrumenfs Perfonlichkeiten
find, lebend'e Menfchen, zu denen feine Energien ffrornen miiffen, deren Krafte umge-
kehrf auf ihn zuriickftrahlen. Wohl kaum ein anderer Dirigenf mufizierf [omit dem
Orchefter, nimmt ffandig Anregungen von ihm enfgegen.
Der Oboift blaft ein Xhema mif bejonderer Befeelung, rundet die Linie ausdrucks-
voller als fonff; begliicfct horcht Nikifch, nickt leife, und geftaltef den ganzen weiferen
Verlauf bereichert um jene Eigenregung des Mufikers, angepaj3f an das perfonliche
Moment, das aus dem Orchefter aufleuditete. Die Pofaunen haben ein melodifch be-
deutfames Mofiv; folange fie es der rhythniifchen Gliederung angepa|5t blafen, wie die
Partitur fie zeigf und der Streichkorper fie in Klang umfetjt, bleibf ihre Bewegung
ftarr, ungefchickt, milifarjnufikartig. Der Charakfer diefes Instruments bedingt -eben
eine Ausfiihrung, die nur dann die SteUe widergibt, wie der Komponift fie gehorf hat,
wenn das ganze iibrige Orchefterbild hier den Pofaunen angepajof wird, Da fangt
Nikifch an, unmerklich im Tempo zu riicken, den Pofaunen in dem rhyfhmifchen Verlauf
gewifjerma^en „Raum" zu fchaffen, und plotjlich „klingf" ihr Solo, fcheiuf alles Ge-
zwungene, Miihevolle hinweggenommen.
Soldier Beifpiele laffen fich endlos viel anfiihren; was fie aiie beweifen, ift, da£
Nikifch einer der feinften Kenner des Inftruments Orchefter ift, daJ5 er mit einziger
Meifteffchaff alle Hemmungen beherrfchf, die von ihm herkommen und alle Krafte zu
lofen verfteht, die latent darin enthalten find.
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Diefes Verhaltnis Nikifch's zum Orchefter ift aber richt nur fur den Wert feiner
Auffiihrungen von Bedeutung; es ift darin zugleich ein ftarkes erzieherifches Moment
enthalten, das' auf die Qualifaf des von ihm geleiteten Klangkorpers zuriickwirkt.
Dadurch, daj3 Arthur Nikifch die kunftlerifche Perfonlichkeit jedes einzelnen Ordiefter-
mitgliedes achtet, da£ feine reiche Individualist alle anderen im Orchefter gebundenen
wohl umfchlie£f, zugleich aber auch fich entfHfen la|5t, wird die kunftlerifche Bedeutung
des einzelnen Mufikers ungemein geftarkt. Der Klang feines Inftrumentes wird aus-
gepragfer, die Empfindung warmer, und das ganze Orchefter erfcheint plo^lich wie ein
finnberaufchendes Aufgliihen vieler, deutlich voneinander unterfchiedener Lichter, deren
verwirrender, einander widerfprechender Glanz durch die Perfonlichkeit Nikifch's wie
in einem Spiegel aufgefangen und— wie auf einen Grundton— auf fein Gefiihl abgeftimmt
wird. Hier ift das Geheimnis der Sinnlichkeit des Nikifchorchefters, feines betorenden,
umfchmeichelnden Klanges; hier ift auch das Eigenturnliche feiner Begabung, in dem
kein Dirigent ihm gleichkommf.
Aber nicht nur des erzieherifchen Faktors in Nikifch's Verhaltnis zum Orchefter ift
zu gedenken, fondern auch der Riickwirkung auf den Stand des Orcheffermufikers, die
fich aus Nikifch's Art des Mufizierens ergibt Der einzelne Kiinftler innerhalb des
Orchefters gewinnt an SelbftbewuJ3tfein t da Nikifch feine Perfonlichkeit refpektiert; der
Hornift, der Pauker geiien mit erhohtem Verantworflichkeitsgefuhl an ihre Aufgabe, da
Nikifch fich an ihrer felbftandigen Lofung freut. Und diefe beiden Eigenfchaften,
SelbftbewujStfein und Verantwortlichkeitsoefuhl, begriindet auf felbftandigen, unge-
wohnlichen Leiftungen, werden allmahlich mif zur Gewahr, daj5 der Orcheffermufiker
feinen Infereffenkreis und feine Bildung '^ erweitert, wie fie dem Range enffprechen,
der ihm aiif Grund feines Konnens und feiner Leiftungen langft im Kunftleben gebiihrt.
Der gute morieme Ortheftermufiker mu)5 in feiner Mufikalitat derarfig elaftifch, irt feiner
Tedmik derartig leift-ngsfahig fein, wie wir beides in Virtuofenkreifen kaum finden.
Rechnef man dazu noch die Fiille der mufikalifchen Erfahrung, das enorme Wiffen um
alfe wie um neufte Liferafur, fo kann man nur wunfcheri, daj3 die Anregungen, die hier
indirekt von Nikifch aus^ehen. allmahlich immermehr zu Bewuptfein gebracht werden,
urn jo an dem Enfffehen eines neuen Typs des Orcheffermufikers mif zu helfen, der,
bei klaren, hohen Forderungen an Jich felbff eine feinen wirklidien Leiffungen enf-
fprechende Sfellung in der Mufikerfamilie einnimmf.
Ein Grundzug von Nikifch's Perfonlichkeif iff die aus feinem Slavenfum herriihrende
reine Kraft des Gefiihls. Ohne Umwege tiber Geiffiges friff er damif nah an die Dinge
heran, fchopff hieraus das Myffifch-Schvvarmeril'che, das feinem Wefen eigen iff. In diefer
umfpannenden Weife des Gefuhls iff ihm auch fein befonderes Vermogen gegeben, das
Orchej'fer zu wecken: als einen Organismus voller Eigenbewegungen von hochffem
Reiz, die dennodi von feiner Gefiihlsfphare gefaffigf in feinem Gefamffchauen verfinken.
Diefes Verhalfnis des Dirigenfen Nikifch zum Ordieffer erfdiien mir wichfig, diefes
Verhalfnis fuchfe idi mif moglichffer Eindringlidikeif nachzuzeichnen weil hier durch
Nikifch Spannungsverhalfniffe zufage frefen, die fur jede weifere Dirigenfengenerafion
ebenfo, wie fiir die Weiferenfwicklung des Orchefferwefens von hochffer Bedeufung find.
Breitkopf & Hartel ■-
* Zentralste
Flugel
Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe 21
e fiir in- und ausiandische Musik
Pianos . Harmoniums
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Die Dirigierkunsf Arfur Nikifdi s
Von torenz Hober.
Die Vollkommenheif jeder reproduzierenden Leiffung in der Kunff fefjf Virfuofifaf
in der Beherrfchung der Technik voraus: der Inffrumenfalkiinffler, der ein Werk zu
hochffer Infenjifaf erweckf, mup der Herr aller Geheimniffe femes Inffrumenfes fein;
ebenj'o der Orchej'ferleifer, der ias Klangleben einer Parfifur erffehen laffen will.
Diefe Virfuofifaf in der Dirigierkunff iff bei Arfur Nikifdi aufs Hochffe enfwicfcelf
und haf in feiner Tedinik zu nur jhm e ; genfumlichen Erfcheinungen gefiihrf. Nikifch's
Arf zu dirigieren, zeigf felfen jene Klarheif und Eindeufigkeif der Bewegung, die
Weingartner kennzeidinef. Im Gegenfeil, Nikifdi liebf Bewegungen, die der auj5eren
Pragnanz off ganzlich enfbehren, 'daftir aber bis ins feinffe die Ausdruckskraffe der
Mufik widerjfpiegeln. Hierin geht er bis an die Grenze des Moglidien, verfolgf aber
audi dann nodi beffimmfe Ziele, die eben nur Jo erreidibar find.
Von aujSerordenflicher Bedeufung iff die rahevolle Kraft die von feinem Wefen
ausffromf. Er nimmi Jem Mufiker j'egliche Nervofifaf und fuchf durdi die Art femes
Probierers ncch den grojSfen fedinifdien Schwierigkeifen gegeniiber ein {jefiihl
der Sicherheif zu fchaffen. Deshalb konffrafieren Proben- und Auffiihrungsfempi bei
ihm off fo fcharf. Die Probe foil in den Ausfuhrenden die GewijSheif Jdiafjfen, daj5 fie
das Technifche refflos beherrfchen. Dies zu erreichen, fdieuf Nikifdi nichf zuriick,
Preffifjimofempi in der Probe zu verlangfamen ; bei der Auffiihrung ffehf dann mif
einem Mai das wirkliche Tempo da, werden die Sdiwierigkeifen nunmehr fro£ der Be-
fdileunigung mif dem durch die Proben erworbeuen Oefiihl der Sidierheif ausgefiihrf.
Ulberhaupf Nikifch's Arf zu probieren! Hierin unferfdieidef er fich von alien
anderen, verfolgf ein aufs engffe mif feiner Perfonlidikeif verkniipffes Ziel. Es haf bei
ihm Auffuhrungen gegeben, bei denen neben einem dem Ordiej'fer genau bekannfen
kiaffifchen Werk irgend eine neuere Kompofifj'on auf dem Programm ffand. Sfaff nun
das neue Werk zu probieren, verbrauehf Nikifdi die Haupfzeif feiner Proben mif dem
Sfudium jener langjf bekannfen Kompofifion. Aber nichf Nachlaffigkeif oder mangelndes
Infereffe fur die Novifaf beffimmen ihn dazu; jondern es iff als ob er die ganze Zeif
nur verfuche, an jener langff bekannfen Kompofifion mif dem Ordieffer den innigen
Konfakf zu finden, in dem fidi die Leiffungsfahigkeif aller Ausfiihrenden aufs Hochffe
ffeigerf. Iff diejes Moment eingefrefen, fo greiff er auf das neue Werk' zuriick, ffucHerf
die fedinifdiert Sdiwierigkeifen und erzielf eine iiberrafdiend gufe Auffuhrung am Abend.
Es iff naturlich Jchwer zu fagen, wie weif fclche Vorgange bei ihm bewu£f find;
Taffadie ift jedenfalls, dap fur ihn — im Gegenfa£ zu den fanafikern der Genauigkeif,
die innerhalb des Sfudiums das Werk fchon feff umriffen fidierffellen wo lien — die Proben
immer cfwas von der Art eines gegenfeifiger. Ausprobierens von Ordieffer und
Dirigent haben, ein Taffen nadi letter Anpaffung find, einem Auflockern der Kraffe
vergleichbar, die bei der Aujffiihrung felbff erff voll dem Ordieffer enfffromen.
Auch dazu dienf ihm das langfame Zeifmap, dap er off in den Proben anwendef;
ein tedtnifdi komplizierfes Gebilde, deffen Durchfichfigke^ durch das vorgefdiriebene
fdmelle Allegro bedrohf \% wird bei dem ruhigen fedinifdien Sfudium zugleich wie in
eineL* Ver grower t< ig ien Mufikern nahegefuhrf, daj5 fie mif dem Sfudium feine
Zufammenfe^ung erfajjen.
Nikifch's Arf, mif dem Ordieffer zu ffudieren, iff auperdem durch das Eigenfumliche
feiner rnufikalifchen Perfonlichkeif bedingf. Seine Sinnlidikeif bindef ihn fo eng an den
materieUen Klang, daj5 er vor dem Ordieffer ffehend demfelben forfwahrend An-
regungen er:'::immf. Nikifch's erffaimfes Aufhordien, 'mitten im Spiel, plo^lidies Ab-
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brechen und dann fein: „Aber, meine Herren, das iff ja wunderbar, fpielen Sie das fo
und fo", enffpringen ganz dem Phanomen feiner mufikalifchen Nafur, die inn beffandig
den Klang wie in neuem Zufammenhang horen und geffalfen la£f. Er reagierf audi
mif feinffen Nerven auf das Orcheffer und bereicherf feine Phanfafie an ihm, enfdeckf
durch leife Verfchiebungen in der Anordnung der zufammen einen Akkord farbenden
Inffrumenfe ffandig neue Klangwunder.
Nikifdi iff dem Orcheffermufiker naher als die anderen Dirigenfen, weil er infim
mif ihm mufizierf, mif ihm das Werk geffalfef und hort Off haf man bei Nikifch das
Gefuhl. da§ er nidif mif vorgefaj3fem, genau feffgelegfem Klangbild zur Probe kommf,
fondern daj3 diefes, lebendig und fchmiegfam wie nur ein Organismus, mif der Probe
felbff fur ihn enfffehf und Geffalf gewinnf. Dies iff nafurlich nur moglich dank der
einzigarfigen Mufikalifaf feines Wefens, diefem unerhorfen Klangfinn, der ffandig
empfangend und geffalfend iff.
Nikifch's Dirigieren iff auf ein Mindefunaj5 der Bewegung befdirankf: er gebraudif
faff nur die rechfe Hand; kommf die linke hinzu, fo bedeufef das immer efwas Un-
gewohnliches, eine befondere Ausdrucksnuance, ein Unferffreichen und .Abdampfen.
Der Korper felbff iff. in volliger Rune; nur die Augen geben direkferen Konfakf,
wenden fidi unmiffelbar an einzelne Mufiker oder Gruppen des Ordieffers. Ganz
felfen ffrafff fich fein Korper und wachff empor: in jenen Sfeigerungen, wo audi feine
iinke Hand ihre beredeffe Sprache fiihrf, und er breif ausladend alle Energien zu
wudifigen Schluj3akkorden zufammenballf.
Wie wenige Dirigenfen liebf Arfur Nikifdi das Ausfchlagen von Unferfeilen des
Rhyfhmus: er bewirkf dadurch Dehnungen fowie Verklirzungen der durdi die Parfifur
fixierfen Nofenwerfe, individualifierf fie gewiffermaj3en, bereicherf ihren Ausdruck. Als
Beifpiel nennen wir Mozart's Es-Dur Symphonie (Nr. j5 der kleinen Parfifurausgabe
von Ernff Eulenburg). Die ar/varfsgehenden Sedizehnfel in Braffchen, Celli und Baffen
(in Takf 2, 4 und 6 auf Seite 3) erhalfen durdi fein Ausfakfieren einen Zeifwerf, der
zwifchen Sedizehnfel und Zweiunddreif5igj"fel fchwankf. Nikifdi ffraubf fidi bei folchen
Sfellen gegen die „fpieJ3biirgerlich-brave" Arf ihrer rhyfhmifdien Wiedergabe. Was er
verlangf, iff gewifferma^en „empfundener" Rhyfhmus, das Leben der einzelnen Nofe
in voller Auswirkung.
Uberrafchend iff off, wie er Paffagenffellen der Sfreicher (z. B. die auf Seife 40 der
kleinen Parfifur der Eroika-Symphonie beginnende) auj3erlich unklar, faff verfdiwommen
dirigierf. Wahrend andere Dirigenfen hier befonfe rhyfhmifche Scharfe zu Hilfe nehmen,
verwifchf er diefe fcheinbar mif merkwiirdigen Auf- und Abwarfsbewegungen des Takf-
ffockes. Der Rhyfhmus iff fa gegeben, lauff fcharf in den Sfaccafoachfeln der Blafer;
da iff es wie wenn Nikifdi in einer Arf „Konfurenzeidmung" die Sfreicher auffange,
begleife und fiihre. Tro& des Verzidifes auf befonfe rhyfhmifche Bewegung, klingf die
Paffage Joliffifch-virmos, wie von einem einzigen Inffrumenf. Wo iff hier der Zauber?
Es iff, wenigffens in diefem Maaj5e eine nur ihm eigene und au#erordenfliche Begabung,
rhyfhmifche < und Klang- Vqrffellungen dem Mufiker durch zeidinerifche Bewegungen
darzuffellen. Dann das Scherzo der Eroika; unfer weffen Direkfion war fein Anfang
je fo ganz nur Erbeben rhyfhmifcher Energien, in geheimnisvoll beunruhigender Haff
und Deuflichkeif auffpriihend, als unfer Nikifch's gerade hier weichen, „verfchwommenen w
Bewegungen? Es gibf alJo*noch andere Vermifflungen zwifchen Dirigenf und Orcheffer
als nur die harfe Deuflichkeif der Zeidiengabe; vielleichf, da$ ihr Geheimnis in jenem
Krajffelockern und ffandigem Suchen nach vollkommener Anpaffung in feinen Pro-
ben beruhf?
63
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Die Auffakfbewegungen der Sfreicher nadi der groj3en Fermafe im Andante der
5. Symphonie] (ab le^fen Takf vonSeife 62 der kleinen Parfifurausgabe). Hier wird
Nikifdi faff doppelf fo langfam, als das Haupffempo des Sa^es iff, half die Achfel zu-
riick, fchwer, wie voller Unheil laffend. Wie er dann aber von diefer Tempobreife mif
den einzelnen Einfa^en von Klarineffe und Fagoff bis zu den laufenden Terzen der
Flofen-Oboen und Klarineffen in eine leidife Bewegung zurii<kgelangf, bewirkf er auf
'eine Weife, die keine fichtbare Verdeutlichung in feinem Sfab findef. Anfcheinende Un-
klarheif, Undeuflichkeif und dabei hochff befreiies, faff foliffifdies Mufizieren aller mif-
einander; das iff Nikifdi, enfffehf bei feinen beffen Auffiihrungen als Fruchf feiner
Art des Probierens, durch die der etnzelne Mufiker am Abend vorbereifef iff, die
Gewichfsverhalfniffe der einzelnen Forinenfeile, Verlangfamungen und Befdileunigung
mif ihm und wie er felbff zu empfinden.
Bei Bruckner geldiiehf mandimal, daj5 Nikifdi fidi an dem Klang eines raufchenden
Sfreidierfremolo^ enfziindef und in der unmiffelbaren Freude am Klang einen foldnen
Takf faff um das Doppelfe dehnt Nidif durch ein Sfillffehen femes Takfffockes: in
einem leifen Auf und Ab dehnf er den Augenblick, la£f gewiffermaj3en das innere
Leben des Akkordes Form gewinnen. In all dem iff es immer die grope Kraff Jeinesf
reinen Gefiihls, die inn fo uber die Unvollkommenheif, die leifen Endes jeder Deuf-
lidikeif anhaffen bleibf, hebf, und im Augenblick das ganze Orcheffer eins werden
laj5t mif ihm , . .
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Nikifdi iff nidif nur infim verfrauf mif der Leiffungsfahigkeit der Inffrumenfe, er
fuhlf und kennf audi die Charakfere der Mufiker, welche die verfdiiedenen Inffrumenfe
fpielen. Vor einigen Jahren iff ein Auffafs von ihm erfdiienen, in dem er von den
Inffrumenfen und den fie handhabenden Mufikern fpridif. Hier verraf fidi efwa's von
feinem Wefen, wie er eines Teils infiufiv fiihlend fein Inffrumenf Ordieffer beherrfdif,
andererfeifs aber mif einer faff bis ins Raffinemenf gehenden Feinfiihligkeif lnfimifafen
und Geheimniffe diefes Organismus kennf. Er unferfcheidef zwifdien dem Cboer, der
wie eine Geliebfe zarf angefaj5f werden miiffe, und den Spielern der Baj3inffrumenfe,
die zur Enffalfung der vollen Leiffungsfahigkeif eines ihrer „Wurde" enffprechendes
Pathos bediirfen. Nikifch's Klugheif gehf aber nodi dariiber hinaus: er weij5, dajS
jedes Inffrumenf gewiffe Schwierigkeifeu haf, die leifen Endes nur der Spieler felbff
kennf. Daj3 man inn hier nur ffii^en miiffe, ihm helfen, frei von aller Nervofifaf audi
damif ferfig zu werden.
Hierher gehorf zum Teilder Einfa£ des i. Horns am Anfang der IV, Symphonie
von Bruckner. Diefen Einfa^ „dirigierf" Nikifdi dem Homiffen faff nie, fondern laj5f ihn
felbffandig einfefjen, ]*e nachdem, wie nadi der Vorbereifung des Anfaoes der Ton fidi
fruher oder fpater bildef. Ahnlidies iff mandimal in dem vorherbeginnenden, wehenden
Tremolo der Sfreicher. Kein fcharfes Niederfchlagen, ein Verffandigen mif dem Auge
nur, ein leidifer unmerklidier Wink, und der Akkord hangf, fchwebf gewiffermaj5en
in der Luff.
Um die foliffifche Kraff der einzelnen Blafer ganz zur Enffalfung zu bringen, f.icuf
Nikifdi nichfs: bei folchen Sf ellen, (Flof e, Oboe iiber ruhenden Akkorden bei Brudr er,
Oboe im Andante der „Benvenufo Cellini" Ouverfiire, FLofe, Pofaunen im IV. Sa& ocr
E-moll Symphonie von Brahms) „pinfelt" er off nur nocr* abfichflich, daj3 der Mufiker
fidi aus feinem Takfieren „keinen Vers" mehr madien kann, ob er will oder nidif die
ganze Initiative an fidi reij3en, und fidi von Nikifdi mif der hochffen Veranfworflichkeif
belaffen Iaffen mu£.
Der Virfuofe in dem Dirigenfen Nikifch kqmmt ungehemmf zur Enffalfung, wo er
Zigeuner fein kann, fo z. B. bei der Interpretation der 1. Rapfodie von Lifzf. Hier
machf er das Orchefter zu feinem Inftrument, da£ es willfahrig, wie nur ein Klavier
oder eine Geige jede Nuance wiedergibf, die er empfindef. Es gibt da plo&liche
Tempoverfchiebungen, eine Freiheit der Phrafierung und einen hinreij3enden Schwung;
wie fie nur hochffen Virfuofenleiffungen eigen find. Hier bewirkf fein Zauberffab, daj3
das Orchefter klingf, als wenn es wie ein Klavier „befpielf" wiirde. Die i. Rapfodie,
ein „inffrumenfierfes" Klavierffuck; Nikifch's Auffiihrung, das Orchefter eine Riefenkla-
viatur. Bei diefem Werk wird Nikifch zum Zigeuner : die kleinjfe Phrafe iff voll kiihner
Freiheit, voller rhyfhmifcher Verfchiebungen; Paffagen raufchen, wogen hin und her,
Blechblaferakkorde bleiben wie in der Luff hangen und ffiirmen dann wieder vorWarfs—
der Rhyfhinus im iiblichen Sirme, als ffreng beffimmfe, abgemeffene Zeifverhalfniffe
ift aufgehoben. Es ift, der Rhythmus des Zigeunerprimas mif d e m N : k i f ch
hier geffalfef, Beraufchen am Klang, Nachgeben jedem Impuls gegeniiber, ein
IDberfchaumen feines Temperamentes. Und diefe Virtuofenleiffung bringt Nikifch zuftande
mit wenigen kleinen Takfierbewegungen, durdi die er das ganze Orchefter zu tem-
peramenfvollfter, freiefter Improvifafion hinreijSf.
Das Erffaunliche ift daJS folche Improvifationen, eben weil fie aus dem Moment
herauswachfen, in den Proben nie geiibt werden. Da8 diefe immer wieder nur zur
Orientierung, zur Bewalfigung des Technifchen dienen, und Nikifch frofjdem bei der
Auffiihrung riickfichfslos jedem Impuls nachgeben kann. So wechfelf audi das Bild der
Auftuhrungen: immer find Unferfchiede vorhanden, ftehen Tempoveranderungen neben
dynamifchen Neuerungen, ohne daj3 aber die technifche Qualifaf der Auffiihrung felbff
Unferfchiede erlifte.
Hat alfo die Vollkommenheit jeder reproduzierenden Leiffung in der Kunff Virtuofitaf
in der Beherrfchung der Technik zur Vorausfe^ung, . fo ift gerade diefe Forderung bei
Arfur Nikifch in unvergleichlicher Weife erfiillt. Aber daneben ift feine gefuhlsffarke
Mufiziernafur )'o grojS, da£ die hochffe Virtuofitaf der Leiffung und die myffifch-dunklen
Griinde feiner Perfonlidikeit fich beriihren; da£ rein fechnifch unerreichhare Dinge
moglich werden durch jenes Zauberband, das fein grojSes Fiihlen urn das Orchefter fpannf.
Arthur Nikifch 's Dirigenfenbegabung iff ganz einzig art ig; unfer
feinem Einflu]5 fingf und blunt das Orchefter, wie nur je ein voll-
kommenes Inftrument unfer goffbegnadefen Hand en.
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aua
Die Ougend, die Dirigenfen und Nikifch
Von Hans Jiirgen von der Wenfe.
Revolution der Mufik? Abbruch aller Realien? Sforung jedes zenfrifchen Bezugs
. in Melos, in Vifion? — was kummerfs uns; wir geben uns hin in dem Unwilikurlichen,
das in uns wird, und es iff fchon, wie jede erffe Bewegung fchon iff. Wenn wir uns
felbft begriffen, wiirden wir uns felbff zerbrechen. Einzig widifig nur iff unfere Einfe^ung
in die Maffe der uns umiaufenden Ideen, iene Wechfelwirkung aus Gegenwarf zu uns
her, die zule&f docn Gefichf und Empfangnis jeder Regung in unferem Gemiif beffimmf.
Im Sfaub des Umffurzes, jener zeifweijen fchweren und verworrenen Goffiofigkeif
unferer Empfindungen erkennen wir an das Zugrundegehen aller Anfdiauungen, denen
die Mufik nidifs war, als eine nadifwandlerifche Genialifaf des Herzens, Wir finden
ein anderes Gejefs in uns, das uns ruff: ein neues Erfchauen iff es der innerffen Phanomene
mufikalifcher Lineafur, die Forderung der Melodie nidif als Bewegung fchledifhin denn
als ffromender Kraft, die Lehre oder dodi das ungelehrfe und hodiff lebendige Wiffen
urn den dynamifchen Logos der Linie. Keine Ergriibelung umffandehalber Affheffik:
infuifo infellekfualis iff es unmiffelbar. Unmerkliche Paffion im Sdiajffenden findef fie
im Dirigenfen erff den Miffelsmann ihrer apodikfifehen Sidifbarwerdung.
Nichf mehr iff wiebisher „die perfonlidie Auffaffung" des Dirigenfen das aufdringlidi
Gegebene; gegen den exerzierenden Kapellmeister, der feine nur gerade ihm vereignefen
Leidenjchaffen riickfichfslos in die Maffe des mufikalifchen Apparafes wirff, gegen die
Jinnliche Hierardiie efwa Wagners, die fanatifche Skepfis Biiiows, die ' exorziftifche
Konfeffion des Mahler jchen Sfabes — gegen ali diefe Schrankenlofen, die mil ihrem
Namen das Werk veranfworten, ffellf fidi heufe ein neuer Schlag, der gleidigulfig gegen
jeden Kulfus feiner Person ganz einfalfig zunachff nur miffen in das Eigenffe des
Werkes einfritf, die Geheimkraffe femes Gejuges auffchliej5f, die lafenfen Spannungs-
zuffande jeder melodifchen Kurve auffpiirf, ihre Sdiwer- und Leichfpunkfe, die Gej'e^e
ihres Auffriebs, die Mamemafik ihres Gefanges geiftig erfiihlf, die Laaerungen der
Einzelgebilde harf abgrenzf und auf die formulierfe Angelegfheif des Ganzen logifch
beziehf und nun fidi des Orcheffers zu nidifs bedienf, als dies neue, vielorganige Ganze
fidifbar zu erformen, namlidi zu erleben. Wir horen dann nidif fo ausfdilieJ51idi eine
„infereffanfe Interpretation*'.- wir horen vor aliem endlidi die Mufik felbff, die da iff.
Dorf der auj3erfte hinreijSenctyfe Eindruck fchwindelnder Sinnlichkeif und auf'gewiegelfer
Affebfe — er dampff fidi hier vor dem Ergriffenfein von jener Eberfinmgkeif, die das
zarteffe Aroma nidif enfwirkf und es einbeziehf in die zenfrlj'ugale Kraff, die das Ganze
vom Zu-Irdifdien abhebf in eine folche Erklarrheil daj5 der Makrokosmos hier in emem
mikrofkopifdien Bilde zufammenfrift, und dafiir das Nachffe und Geringffe in ein
13niverfum auseinandergeht Alle hervorragenden. Dirigenfen der vergangenen, fagen
wir fubjekfiven Epodie, audi noch Furiwangler: fie malen jede Mufik zufammen in ein
dramafifches Gemalde, wo Lidif und Schaffen unermiidef fich im Kampfe verfuchen; das
Werk iff ihnen ein Gefaj5. dem fie ihre perfonlichffe Polifik eindrangen, ganz unbe-
kummerf, ob es diefe Expanfion nidif enlffelle. Material isf ihnen die Mufik, das man
handhabf, nidif aus fidi felbff heraus fidi erleben lafSf. Sfcckwerk fchiebf man zu
Sfockwerk auf dem konffanien Fundament der Akkordik, von der aus zu denken man
gewohnf iff. So wird die Energie des Dargeffellfen eine kiinfflidie, angefchafffe, felfen
eine eingeborene und nofwendige. Sie iff ftefs moforifch und faff nie kinefifdi. Die
Mufik der Zeif kam folchem Darffellungswillen enfgegen: Wagner, Lifzf, Strang, das
war eine vom Gegenffand, vom Angreif baren_erregf e Kunff und jedem fremden Wilien
ein unferfaniger Sfoff. Wie aber konnfe eine fo wahrhaff polyphone, namlidi aus der
Unruhe ineinanderdringender Energien lebende Mufik wie die Anton Brudmers oder
66
~-.n :
Schonbergs auf fokhe Arf w gedeufef" werden. Die Fiille ihrer ureigenen Krajff unfer-
warf fidi keinem egoiffifd'.en Erklarer, ohne das Jich nidif die Armafur ihrer Teilcher
locherfe, das geordnefe Chaos ihrer Vifion fich in eine verdunkelfe Trunkenheif zu^
fammengor. . IJie Gro£e diefer Mufik blieb mij3braudif, folange fich nichf em gewiffes
Draufgangerfum endgiilfig von ihr abhob, und fie wird erff erfcheinen, wenn Menfchen
fie in ihre Seele zu nehmen verffehen, die nichfs von ihr verlangen als fie felbff in
ihrer felbffverffandlichen Erffandung.
Wir Jungffen haben diefen Akf der Klarifikafion, diefe Sfeigerung vom ffrebenden
Willen zum habenden in keiner Art der alferen Dirigenfen als Gewiffen vorgefunden.
Nur in Einem fiihlfen wir eine unbewuj3fe Erregung auf dies Ziel hin: unfer Arfur Nikifch's
Sfabe fraf Jchon off iene geheimnisvoile Mefamorphofe ein, jene Zuriicfcnahrung an
ein verborgenes Zenfrum iiberall inmiffen des Dargeffellfen felber, ein grower Jchwe-
bender Zuffand der Mufik ohne die pafhefifcheu Erfchtifferungen fahriger Leidenfchaffen,
die zum Zifaf werden, wenn man fie ausfchwa&f und ihre Kraft zu Muskulafur, wenn
man fie nidif an einei\ Punkf aiijSer uns anffrengf. So fehr fchien uns bei Nikifch fdion
off die Mufik fich felber wieder iiberlaffen, daj3 fie fo ffrahlend aus fich herausbrache
wie aus einei groj3en Befreiung. Ohne Anffrengung und fo aus fidi felbff hob fidh
dann der Afem der Mufik hoch und jfiel gerade fo wieder in fein Maj5 zuriick wie aus
einern nofwendigen Vermogen feiner Nafur. Aber es iff fokhes dodi bei Nikifch nodt
keineswegs ein prinzipielles Erfchauen der kinefifchen Energies im Melos oder efwa
der Form als einer Querfumme auf den Raum bezogener Bewegungsempfindungen —
es iff vielmehr das Ereignis einer unerhorf reinen Befeelungskraff, einer ganz unge-
brochenen Exiffenz des Gemiifes, ohne die BifferkeK iiberall einen Widerffand zu finden
und als foldie daher der firmlichen Vielfalf der Schilderung naher als efwa den Reibungen
der Konfraffe. Nikifch gibf nie wie meiff iiblich die Biographie des Mufikwerkes allein:
er verfieff fie zu einer oft hochff infimen PfVchographie und kommf eben darin zuweilen
fehr nahe unferem Darffellungsideal, das wir Logographie nennen kc: ueh, als dem
bewu£fen Ausarbeifen eines fidh fo erff zu kosmifchen Einklang erganzenden Gefpiels
unferfchiedlidier Infenfifafen. Bei ihm ffrebf alles zu dem weifen Umfchwang des Klang-
biides, der fonenden Landfchafflichkeit, der gefaffigfen T.uhe einer Temperaiur, welche
fich jedes Temperamenfes, des erhabenen wie des murrifchen bedienf und fie alle in
die lebendigffe Empfindungsqueile zuruckkonzenfrierf. Aber iff nichf audi diefe Arf
im erffen Grunde noch Egoismus? Nichf aus dem Material felbff wird dodi hier das
Leben erlebf, es wird dodi immer nodi zuviel Perfon hineingefragar., wenn auch wie
wir fag--n mehr Seele als Charakter, rnehr Transzendenz als Empirie; immer nodi
wird zuriel veranlaj5f und begehrt vcdurch die Balance erzwungen wird. Die Mufik
wei]3 immer nodi zuviel von ihixm Bemeifferer, fo richfef fie fich nie ohne ein verbor-
genes Hindernis ganz an ihm aus. Mehr fcheinf fie mif alien fechnifchen Fineffen auf-
gezogen wie ein Geraf, als da]3 fie den geiffigen Sfoff empfangf, durch den allein fie
ihren eigenen Korper erleben kann. So wird das Werk nie ganz wiedergeboren in
der urjachlichen Beffimmung femes Schdpfers, es wird derer ein Sinnbild, aber es
erreichf nie die Urfprurvichkeif ihres erffen Gefichfes. Es wird immer mehr eine
„Wiedergabe", ein Opjer, ein beffimmfes Gefchopf als die Schopfung felbff. Am fichf-
barJfen offenbarf fich uns diefe Verlegenheif in feiner Darffellung Bruchners. Wiederum—
welche auffallige Beriihrung zwifchen Nikifch i;nd uns in diefer Liebe zu 3ruckner und
wiederum welche Scheidung auf Grund ganz anders fundierter Vorffehuiigen. Uns
fcheinf das Gefiige vieler aufeinander einwirkender Melismen, das eine Brucknerfche
Parfifur ausmachf, auf eine gemeinfchafflidie organifche Maxime nur gebradif werden
zu konnen durch forgfame Erziehung jedes Gliedes zu auf5erffer Auspragfamkeif
feiner Bewegung, durch die harfe Abkanfung feiner Kurve, durch feinffe gegenfeifige
67
m
Abfeilung aller Kraffeverhalfniffe und Spannungsbeziige; und da jedes kleinffe diefer
Glieder ein gleich wichfiges Afmungsorgan iff, fo ergibf erff ihre gemeinfame Welle
gegen einander diefen grandiofen Zufammenhang, der iiber die fchemafifche „gerade
Halfung w der klaffifchen Form langff hinaus eine mefamufikalifche Erformung gewinnt
Audi eine vom empfindfamffen Klanggeift geleifefe Wiedergabe wie die Nikifch's kann
das Wefen diefer Mufik nur zufallig, opfifch freffen. Mag er Melodifches zu groj3fer
Infenfifaf abrunden und nach den Himmelsleifern der Sfeigerungen unfern Blich in
Raumen von beruhigter Helle fidi verlieren lafferi: es bleibf eine Sfimmungsmagie, die
wohl die themafifche Formel aufloff, aber das Raffel der Einmuf in der Form nichf
off net Denn diefe Mufik (und das ift audi der Schluffel zu Schonberg) — fie lebf nur
dem, der Tich ihr fo hingibf, daj3 er fidi felber ganz verlaf3f und in ihrer Miffe friff und
fie bedienf. Unferm Verlangen nach dem Primaf aller innen-mufikalifchen Kraffwellen
kommf Nikifch dem auJ5eren Eindruch nadi Weif naher in feiner Art Tfchaikowfky,
Wagner, Strauj5 anzufaffen. Die melodifdie Lineafur lebf hier ein viel geringeres
Eigenleben; abhangig von rhyfhmifchem und harmonifchem Gefchehen verausgabf fie
an diefe Sfufjpunkfe zuviel Kraft urn eine audi ohne foldie Hilfslinien noch freie
Exiffenz und gedrangfe Taffacbe zu fein. Solche Mufik iff jedem eigenwilligen Geffalfer
willfahriger als efwa Bruckner oder gar Schonberg. Sie haf keinen Sfolz, weil fie
keine rechfe innere Groj5e haf. Sie verfragf nichf nur, fie verlangf Ausbeufung. Gewalf.
Nikifch bannf fie in die Gewalf femes vielumfr'affenden Gemufes, er heilf fie von den
liferarifchen Wurmffichen, an denen ihre melodifche Expanfion krankf — und dann iff
der Gefang diefer Mufiken eine Flamme, die svir Jiingffen umfo heffiger ehren als uns
fchon ein anderer Sinn gegeben iff, der fie fo nichf mehr begreiff.
Denn anders — ffrenger fchauen Wir Mufik, anders — fdilichfer den Berujf des
Dirigenfen. Unfere Empfindungswelf, geboren zwifchen karnpfenden Volkern und ge-
reiff in der kampfenden rleimaf: fie iff feurig aber barf. Darum meidef fie das Bunfe
und das Geffimmfe, verjfluchf das Ebert'luffige und verachfef kleinliche Erregungen, die
nur das eigene Leben umwerfen. Weniger Will He den Genuj5 als die Abgefchiedenheif.
Sie liebf audi die Ekffafe nur joweif, als fie das Ergebnis der Konzenfrafion iff. Wenn
fie heffig iff, fo iff fie es gegen fidi felbff zuerff; fo fehr liebf fie die Selbffbezwingung.
Sie haf nichf mehr die Fiille der Vorigen, aber fie haf fchon die Zuchf der Kommenden.
In die Urfprunge frefen wir zuriick. Wir finden fie iiberall. Wir heben fie alle auf,
wenden fie alle an. Denn wir fuchen dies fanffe Gefe£, das uns regierf.
Die Nikildi-Programme und der mufikalifche
Forffchriff,
Von H. W. Draber.
Vor fait zehn Jahren habe ich einmal Nikifch in einem „Offenen Briefe" in der „B. Z. am
Mittag" fehr heftig wegen der Obergehung der fortEchrittlichen Komponiften in feinen Pro-
grammen der Berliaer Philharmonifchen Konzerte angegriffen. Unter Fortfchrittlern verftand ich
damals fchon nicht fo fehr Bruckner, Mahler, StrauB und Reger, als SchOnberg, Buroni, Bartok,
Debuffy, Ravel, Skrjabin, Strawinsky ufw. Wenn ich mich heute abermals zu diefem Programm-
Thema auSere, To tue ich dies nun nicht ohne ein leifes Lacheln uber meinen damaligen Zorn,
der [eine Urfache in meiner ehrlichen, temperamentvollen Begeifterung filr die genannten Fort-
fchrittler hatle, und in der Ueberzeugung, daB Nikifch fie geringfchatzig verachte.
Urn aber die Nikifch-Programme richtig einfchatzen zu konnen, muB man Nikifch feibft und
die Sleliung der Berliner Philharmonifchen Konzerte bctrachten. Vom Diiigtnten Nikifch kann
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il.
man nur fagen, daB er eine ganz einzigariige Errcheinung ift, technich von bochfter VoUendung,
von widerftandslofer Wirkung auf Orchefter und Publikum. Aber nicht der Dirigent, fur deffen
Technik es keine Probleme oder Schwierigkeiten gibt, macht die Programme, fondern der Mufiker
Nikifch. Und diefer ift, ganz abgefehen von feiner naturlichen romantirchen Veranlagung, durch-
aus ein Kind feiner Entwicklungsjahre gewefen und geblieben. Er hat nie verrucht ttber die
Grenzen feines Mufikfinns hinauszugehn, was bei einer fo feTt und klar umriffenen PerfOnlichkeit,
wie Nikifch fie beh'tzt, allein richtig ift. Diefer MufikHnn wurzelt vollkommen im Tonalitats-
prinzip, wie es bis zu StrauB und Reger gegolten hat. Ein Mufiker aber, und wenn er in feiner
Art noch fo bedeutend ift, kann einem Werk, das tiber den Rahmen der bisher giiltig gewerenen
„allein richtigen" Tonalitat hinausgreift, niemals eine Uberzeugende Darftellung zuteil werden
laffen, folange er nicht die klare Empfindung fur die feinen neuartig gerponnenen und verwobenen
Harmoniefaden beHtzt, aus denen heraus ihm der Empfindungsgehalt des Werkes zu perfonlichem
Befitz wird. Nikifch hat fich ohne Frage bis an die auBerften Grenzen feiner Mufikalitat ent-
wickelt, genau fo wie ein StrauB iiber eine gewiffe, durch ihn wohl bis zur ietzten Mdglichkeit
getriebene Ausnutzung 1 des tonalen Harmonie- und Rontrapunktfyftems nicht mehr hinausgehn
wird. Das find Grenzen, die dem Muh'ker von der Natur gezogen werden. Ueberfchreitet er
fie lediglich aus Furchr, fur einen zum Stillftand gekommenen Mann gehalter zu werden, fo kann
nur Unglaubwiirdiges das Ergebnis fein.
Innerhalb feiner Grenzen aber hat Nikifch in feinen Programmen ein fehr betrachtliches
Silick Mufikgefchichte an uns voriiberziehen laffen. Er begann vor fUnfundzwanzig Jahren, feiner
Neigung zur Romantik entfprechend, mit den damals die Aufmerkfamkeit erregenden Neu-Rurfen,
vor allem mit der bedeutendften Erfcheinung dierer Gruppe: Tfchaikowfky. Dann kam der
Impreffionift Richard StrauB. Beide, der Deutfche wie der Ruffe, waren noch nicht anerkannt und
muBten beim Publikum durchgefetzt werden. Das dauerte jahre. Spater kam Reger hinzu. Das
find nur die hauptsachlicMten Namen. Eine ganze Reihe Epigonen, die ein Dirigent in jenen
Jahren beachten zu miiffen glaubte, liegen dazwifchen. Vergeffen wir auch nicht, daB Liszt und
Brahms durchaus noch nicht „ durchgefetzt" waren, und jede ihrer Sinfonien im Programm groBer
Konzerte, wenn auch nicht mehr eine laute Oppolition, fo doch ein gewiffes MiBbehagen des
auf GenuB atisgehenden Burgers hervorriefen.
Hier muB zunachft einmal die Stellung der von Nikifch geleiteten Berliner Philharmonii'chen
Konzerte in Betracht gezogen werden. Unter Hans von Billow waren Tie zur Grilndungsftatte
einer neuen, inzwifchen zur Tradition erhobenen Klaffikerauffaffung geworden. Nikifch hatie
letztere zunachft endgtiltig zu befeftigen und tat dies in feiner hdchft perffinlichen Weife. Das
Publikum, das nun einmal zur Aufrechterhaltung regelmaBiger bedeutender Konzerte unentbehrlich
ift, verlangt eine folide Zuverlaffigkeit hinfichtlich der Darbietungen, lowohl was das Programm
wie die Qualitat anbelangt. Die Maffe des Publikums ift in kfinrtlerirch'en Dingen konfervativ,
und das umfomehr, als die politifchen und geTellfchaftlictien Verhaltniffe fich konfolidieren. Der
Fortfchritt braucht bis zu feiner Anerkennung immer mehr oder weniger Zeit. Man kann nicht
verlangen, daB der Mufikliebhaber im Aufgreifen des Neuen ein gleiches Tempo zeigt wie der
Musiker felbft; der Urheber, geborener oder wohlvorbereiteter VerftSndiger ift. GroBe, ftandige
Konzerte miiffen notgedrungen in ihren Programmen hauptfSchlich den Niederrchlag aus der -
garenden, fprudelnden Maffe des Neuen enthalten, und zwar in abgeklarter Darrtellung: Nicht
nur fur die Zuhorer, denen nur durch dauernden Erfolg abgeftempelte Kunftwerke wverftandlich"
find, fondern noch viel mehr fur den jungen Mufikernachwuchs, der bis zur Erlangung einer
felbftftantjigen Auffaffung fich an der Gediegenheit und Vollkommenheit der Meirterwerke bilden
muB. Fur den ungeftiim vorwarts drangenden Fortfchritt konnen folche Konzerte nur dann in
Frage kommen, wenn ihr Dirigent kraft feiner perfonlichen Veranlagung imftande ift, den grtfBeren
Teil der ZuhOrerfchaft von dem pofitiven Gehalt der Kompolitionen, fUr die er fich einfetzt zu
Uberzeugen. Die Grenzen, die Arthur Nikifch gezogen find, haben die Einbeziehung der neueften
Entwicklung der Mufik (etwa von SchOnberg und Bufoni an) in die Philharmonifchen Konzerte
'II
' 69
SHE
verhindert; aber nicht nur Nikifch, fondern alien anderen groBen Dirigenten feiner Epoche eben-
falls. Ich kann mir z. B. nicht vorftellen, daB Mahler fUr Schonberg oder Buroni eingetreten
rein wurde, hatte ein gUtiges Schickfal inn uns langer erhalten. .Auch Richard StrauB hat dies'
noch nicht getan. Bei beiden ift der Grund ebenfalls die Begrenzung,
lnfoige all dierer Verkettung der Verhaltniffe ift eine betracht!ic!;e Menge neuerer und
neuefter Mufik niemals in den Philharmonifchen Konzerten gehort vt-.ruon. Sie ift in ihrem
krSftigen Sturmfchritt, mit dem fie vorwarts drangt, an ihnen vorbei und aber He hinaus ge-
gangen. Verwunderlicher, und mir nicht fo klar zu begreifen, ift hingegen die Tatrache, daB
felbft Mahler und Bruckner, die beide Nikifch nahe ftehen, — feine AuffUhrungen haben es
bewiefen — nur vereinzelt und in viel zu groBen Abftanden aufgefiihrt worden find. Er hat
jedes Mai, wenn er ihnen einen Platz im Programm einraumte, einen deutlichen Erfolg mit den
Werken gehabt. Warum alfo die Zurltckfetzung? Wir waren zweifellos heute fchon ein be-
tr&chtliches Sttlck weiter mit- der Anerkennung diefer zwei gewaltigen Sinfoniker, wenn fie in
den Philharmonifchen Konzerten etwas mehr, etwas demonftrativer in den Vordergmnd gefetzt
worden fein wtirden, und zwar auch mit anderen Sinfonien als den am Ieichteften einganglichen.
Buroni, der bis zu Teinem groBen „Concerto" fur Klavier und Chor fich noch ganz im Rahmen
jener Mufikalitat bewegt, die auch Nikifch vollkommen zuganglich ift, hat noch keine einzige
Auffuhrung eines feiner Werke an diefer Stelle erlebt, Seine Kompofitionen find in Berlin immer
nur, und mit zunehmendem Verftandnis und Erfolg, auBerhalb des Philharmonifchen Orchefters
zu Gehor gelangt. Sicherlich hatten fie auf das Publikum belebender und anregender gewirkt
als manche furchtbar brave Profefforenarbeit, bei der man rich Tchlafen legen und wieder er-
wachen konnte, ohne etwas getraumt zu haben. Die Entw.Lklung ift. nun aber uber die
Programm -Tendenz der Nikifch -Konzerte hinausgegangen. Wir haben Schonberg und den
atonalen Bufoni kennengelernt; man verlangt nach beiden heute. Skrjabine, der gegenwartig in
London fogar das zweifelhafte VergnUgen genieBt, „populSr" zu fein, ift nicht mehr langer zu
iibergehen. Bartoks Name v/ird beftandig mehr genannt. Debuffy, der in anderen tandern mit
alien feinen Werken bekannt ift, durfte bald wtlrdiger bei uns vertreten werden als bisher-
Delius hatte fchon vor neun Jahren Erfolge in Berlin. Ravel und Strawinsky sind uns mit
Arbeiten vorgefetzt worden, die Appetit auf mehr hinierlatfen haben. Sie alle und noch andere
find die Komponiften, die in den Programmen der Philharmonifchen Konzerte noch garnicht
oder nicht mit einem Hauptwerk geftaiiden haben, Ihre Dafeinskraft hat fie nun dicfen Konzerten
vorausgetrieben. Sie gehoren einer neuen Dirigenten- und Publikumsgeneraiion, einer neuen
Zeit, deren Menfchen aus neuen Empfindungsqueltefi fchopfen, und darum werden die Werke
diefer unaufhaltfam vorwarts fchreitenden Zeitgenoffen baid ihre eigene Gemeinde haben, die
h'cherlich nicht auf die groBen, crhabenen und die klcineren, zarteren Kompofitionen der Meifter
fruherer Jahrhunderte zu vtrzichten gedenkt. Aber die neue Gemeinde wird verlangen, daB der
Zeitgeift zu feinem Recht kommt, und zwar genau To in der Darftelltfng der Klattiker wie im
Schaffen der Gegenwart und Zukunft — bis auch diefe Gemeinde wieder von den fpateren
Neuen, die, dem EntwicklungsprozeB folgend, kommen werden, Uberholt worden ift.
Arthur Nikifch und feine Programme find ein ziemlich getreuer Spiegel detfen, was die un-
ausfterbliche Schicht der Burger, die von der Mufik in erfter Linie die Tolide, alte Bekanntfchaft
erwarten, in diefen funfundzwanzig jahren horen woliten. Diefe Burger verlangen GenuB im
hoheren Sim e und Befriedigung. Das die Mufik auch eine Anregung una eine Erfegerin noch
unbekannter rimphndur.gen und GemQtsbewegungen fein kann, irt ihnen unwichtig. S : ie kennen
nicht den Reiz des Experiments; nach dem man unter Umftanden auch mit Ieerem Hefzen nach
haufe gehen muB. Nikifch hat fie infolge feiner Veranlagung vor diefer Erfahrung bew.ahrt. Er
■konnte nicht anders; aber er hat es in einer Weife getan, daB auch diejenigen, die gem' gefehn
haben wtirden wenn die Philharmonifchen Konzerte ganz mit der Zeit fortgefchritten warc?n, ihm
dankbar bleiben werden.
70
i!;H
'\\\.n
I i
Erinnerungen aus meiner Wiener Jugendzeif
Von Arthur Nikisch.
Wir sdiriebcn das ,l;ilir 1872. Dcr Friihling war ins
Laud gezogcu in nil seiner Prnclil. mit ;illeni Zauber, der
einem wolil kauiii in irgend eincr andereu groLieu Sladt
so ;ille Siuue gefangen nimmi wic in Wicn! Icli wnr
riucii Sdiiiler des Kfluservaturiums. Durdi f lellmes-
bergers Prolektion [dnrftc icli bereils in Hrkranktings-
fiillen irgend chics Mitgliecles des Hufoneriiordieslers In
dcr Oper unci in -den Piiilliarmnnischen Koiizerten ills
Geigcr ^SLibsHtiiici un'- ! Ich war sdir begliickt, dadurcli
auf bequemerc Art die groL'cn Mcislerwerke kenneii zu
lerneu als vorber, da icli illicit uocb mil ?> Uhr nadi-
mittags nn dcr Opcr anstclltc, inn eiiieri miiglidisL guleu
Plalz in dcr vicrten Galerie zu erliaschen. Wemi icb von
den erst en ubcrwattigcudeu liindriickcn absclic, weldie
die ..Fidclio" • - mid „Don .:uan"-Aufnihruiigcn im alien
Kiirntncrtor-Tlicatcr mit dcr Dustmann, mit Berk unci
Gustav Walter in den Ilauptrollcn am mich zwulfjahrigen
Knaben machtcu, welcbe nun nicin lnncrstes mit
elcnicntarer Gcwall aufrtitlelten. Nadt Vcranlaguiig mid
durcb strcngc hiiuslichn Znclil bis dabiii melir dein
Konscrvatismus in dor Musik hinneigend, bat Warners
Musik inui einen rcvolufionicrenden HintluB auf mich
ausgeiibt. Wic oft saB icb die lialben Niichte king beiin
spiirlichmi Kcrzcnlicht iiber den Klavir.raiLszi.igen (die
Partituren warcn mir nattirlich unziigiiiiglicli), die nnbc-
grciflichen Wundcr dicscr Musik cinsangend, bis meinc
brennenden, schmerzenden Angcn den Dicnst vcrsagten;
die gliiokiicbsten Stundeu bereitetc icli mir, vvenn icli
nad unit lags glcteh nach dem Miltagcsscn in meiner
Stnbc mir durcb Xtizichcn siimtlicher Vorlningc cine
kfmstlidie Danmicrung scluif mid z. B. den B Tristian"
von Anfang bis Endc diirchspielle. Plotzlich ging cs
wie ein Lanffetier third i die Stadt: Richard Wagner
komml nadi Wien, uiti ein grofks Werk zu dirigicrcn!
In ficberhafler Frregurig fiber die Aussiclit, den Meistcr
in Person sclicn, am Endc gar untcr seiner Lcitung
spielcn zu diirfen, besprach ich soglcich mil cinigen
gleiebgesimiten Kameradcn den Plan, untcr den Scltiilcrn
des Kunscrvatoriums cine Sammhing zu veranstalteu, inn
Wagner cine Ehrcngabc zu iiberrciciien. Bald batten
wir sovie! beisamnien, urn cincn hiibsclier. silberntn
Pokal ersteben .;u ktinnen, wclchcr dem Einzigen, Grotlcn
ein besebcidenes Zeichen dcr grcnzcnlosen Bcwunderung
unci Ycrehrung dcr musikalischcn Jugcnd Wiens scin
solite. Wagner stieg bci seinein Freunde, dem damaiigen
Prim lira rzt- des Ailgen.cineri Kraukcuhauscs Dr. Josef
Standtbardtner ah; durch die giitige Vcrtnitthmg des
Ietzlcrcn crkliirtc sich der Meistcr bercit, tins an Vormittag
vor dem Konzcrt, welches urn halb 1 Uhr im N rosscn
Musikvereinssaal stattiand, (cs war Sonntng, dcr 12. Mai
1872), zn cuipfaugen. Die Sdiiiler-Dcputation, wcldicr
aulkr mir nodi Felix Mo til, Emil Paur mid Josef Pottjc
angchortcn, wahlte mich als Sprechcr! Das Ilerz klopftc
mir zum Berstcn, als wir im Salon Dr. Standthardtners
' i !>'
(Ladonproia M. 3,2'tj.
von AiloH V.-Ulinnnn im Vflrinff von KVmCdd & Ilvmut
msgopuboiion „S.ing mid Klaug" Almaaaiih 1020
1\
"SEPC
'st.inilcti dcu FJntritt Winners erwartend. Hndlich
• iffnete sidi die Tiir, tmtl er tnit cin! Unbcschreiblich
dcr Sturm dcr Gefiilile, denderBlirk seines fasziuierenden
Alices auf mein jugendlichcs Genuit ausubte! Von dem,
was icli mir cigeutlich vorgenouimcn hatte zu sagen,
wuBte idi natiirlicli kein Sterbenswbrtdicn mclu. Nach
eminent fiir mich qualvollcH Sckundcn, fand icli abcr
mcinc Fassmig vvicder, mid icli redetc, vv.is mir gerade
cinfiel, so reclit voin Hcrzcii weg. Die .SjcIic scliicn
dem Mcister zu gefallen, cr iwlnn unsere Gahe freund-
licit cutgegen, dankte mis in sehr lierzlidier Weise mid
spraeh die fiir tins b<:souders hcclcutini^svollcn Wurle:
cs sei ihiii urn die Zuktu.ft seines Werkes nidit hangc,
wenn er sehe, dal.l die Jiisjcncl fiir ilm sui!
Mittajj;s I'anci claim das Konzert stall. Gliicklichcr-
webe (!) w.ir vvicder cincr der crsten Geigcr erkrnnkt,
liiid ieh durt'tc aKSubslitul mitspicleu. Warner dirigicrtc
■Siicrst Beethovens ..I-.roiKa" urid danri im zweiten Teil
das I'iir Paris nadikomponicrtc Bacchanak: aus dein
„Tannlniiiscr" mid Watans Absdiied iind Feuerzauber
Ans dcr „Walkure". W.'ihrctid des Konzcites (am Vur-
mittag war cs dnickend sclnvnl) bracli cin furchtbares
Gewittei- mit Blitz mid Doimer los. Am SchiuB des
Kouzertcs (das Ge witter hatte sich iiiAvisdicn wieder
verzogen) befand sidi das Puiilikum fiirrnlidi in cinem
Tannic I der Begcisterung. Nadidem Wagner durch eitic
cntsprcclicride Mandhe-wcyuiig _ /it vastehen gab, tints er
^nrcchen wollc, trat pkitzlidi ToteustiMe tin. Mit vor
inncrei Errcgung bebemlen I.ipp«rii (seiu Gesidit weift
wie -in Tisditticlt) sagk- cr: ..Die alreu Griechert be-
tracliteteu es ais ein gules Zcidieu von nbun, vvenu bci
cincr ilirer U ilcrnehmTigcn djr Minind ein G.-wiUcr
sandte. So wollc audi er dieses Gewittcr als gliick-
verhciflend fiir die Frfiillung seiner Lebcnsatifgabc, des
Werkcs von Bayrcntli bctraditcn". Zwci Wochen spiiter,
am 22. Mai, seinem Gchurtstagc, fand in Bayrcitth zur
f ; eier der Grmidstcinlcguug des Fcstspielhauscs im alien
MiarkL'Tiiflidien Opernliause jene denkwurdigc, alien
Teiliicbmern imvcrgctflidie Auffiihriir.g dcr Neuntcn
Symphonic statt. Das Ordicstcr war zusanuneTi^cstcllt
.'ins den hervorragendsten deutschen Ordiestcrn, mid
wieder dnrfte idi durdi die Fmpfehhmg 1 lellineshergcrs
als 21. initgehcn; idi spielte damals bci den zweiten
Geigeti mil. Was idi '-i den vier Probcn, wcldic
Wagner mit nns abhielt, lernte, ist fur meinen ganzen
kiinstlerischeip Werd-.-^an^ von ungeiieureni Kinflnl.) gt-
wescii. Idi kaim sa^eu, dal.i Wagners ..Froika" in Wieu
mid dnun die „Neimte" in Bavreutii fiir mcinc ganze
Bcetlioven-Aiifl'assung. ja, fur meine Orcliestcr-inler-
prctatiou liberhaupt enlsdieidend gewurden ist, Wagner
war RewiB nidit, was man eincn ..ruutinicrtcii Kapell-
meister" neunt: abcr seine „Gestc" alleiu war sdinn
Musik. Nitclist Wagner waren der geniale .loiiann
! Icrbeck mid mciri gelicbter l.^hrer Otto Dessoff die-
jeuigen. weldien idi als Diligent am meisten nadi/.u-
eifern traciitete. Der bedeutendste Mnsikei Wiens jeuer
Zeit war aher unstreitig Juscf 1 Icllmcsbcirger d. A. Un-
crsdiopflidi waren die Aiiregun^en, die man von diesem
^ottbcgnadeten Kiinsiler umpfing. Nad i dan icli das
Wiener Konscrva tori um verlic!.t, trat icli am ]. .lauuar 1S7-1
als engagiertes Mitglied in das Ordicstcr des K. K. 1 fof-
Opcrutiicatcrs ein. In dieser Stellung vcrblieb icli vier
.laltrc lung, bis Angela Neumann auf Umpfchluag Dessoffs
mich als Kapellmeister an die Leipdger Oper bericf.
Witiifige neue Mufikalien, Butiier und Auffatze
uber Mufik,
"' mit^ct'JU von
Professor Dr. Williclm Altmann, Bcrlin-Fricdenan, Sponliolzslr. 53-54.
Diesc ZLisaiuuienstelliuig, die rnuylidisl in jedem Heft dicker Zeitschrift crfolgcn wird, will iudi nodi un-
scdrucktc gr61icrc Wcrke, vor allem Syinplionicn, symphonische Dlchtungcn, Konzcrtc, Kammcrmusikwerke. Onern,
Cborwcrke mit Ordicstcr cinbczielicn, wn nanientlieh Dingeuten darauf aufmerksmn zu machen. Diejcnigcn Tcmsctzcr.
die derartige Wcrki: (fcdoeb .lidit etwa Kl. vicrstiicke. I.icdcr, Maiincrcliiirc; fcrtig li.ibcn, werden gebetcn, mich davou
in Kcnntni-s zn setzen, doch behaltc icli mir die Hntsdicidung fiber die Aufnalunc vor. Dicse kann'anch bei gedruckten
Wcrken wedcr durch ^in Inscrat nod drndi F.ii:-endnn b der betrefienden Mnsiksliickc odcr Biicher crzwungcii werden.
Riicksendung etwaigct Finsendimgeu wild gmndsatzlidi abgck'hui.
Die Ilinzufiigung des Vcrlngs wird Bcstciltmgcn crlcichtern. Zii den angegebenen Preisen ko'nmt immcr
nodi der sogem Tcucriuigsanfsdilag «citcns des Vcrlegers mid audi des Sortimenters liinzu; cr scliwanki hckauntlich;
mcist abcr bctragl cr 5!J «'.'(. + 10°/o.
Debussy, Claude: Berceuse heroique. Durand. Part,
4 fr.; St. 12 fr.
Faure, Gabriel: op. 112 Masques et Bergamasqnes.
Suite. Durand. Part. 2!j fr.; St. 25 fr.
Moriiz, Edvard fBerlinl: Symphonic 1 (c) noch un-
gedruckt [bevorstehende Urauff. 10.4. Dusseldo :].
■') Die bcruhmtc Parir,er Vcrlagsfirma A. Durand el F i ! s, dcrcn ucueste V^otfcntliclu-ugcn bisher !;;
Dcutschland ganz unbekannt gcblicbcn siad, crlicht zu den angegebenen N'cttnprciscn audi noch 5t)"' f Teitnmgs-
zusdilag und vcrlangt Bezabhtng der Francs nacii dem Kurswcrt.
72
L InJfrumentalmufiK
a) Ordieffermufife (ohne Soloinftr.)
Habanera. Durand.*) Part 40 fr.;
Aubert, Louis
St. 30 fr.
mam
Roger- Ducasse: Nocturne de printemps. Durand.
Part. 12 fr.
— Evocation au dieu Hymen et la Course au Flam-
beau. Durand. Part. 30 fr.; St. 50 fr.
— Suite. Durand. Part. 9 fr.; St. 20 fr.
Rcpartz. J. Guy: Divertissement. Durand. Part. 20 fr.;
St. 25 fr.
— : Soir sur les Chaumes. Durand. Part. 20 [■-.;
St. 30 fr.
Schmilt, Florent: op. 44 Musique de plein air. Suite.
Durand. Part. 30 fr.; St. 50 fr.
— : Roves. Durand. Part. 15 fr.; St. 30 fr.
Simun, James (Berlin]: Laudliche Suite (Es) r.och
ltngedruckt
b) Kammermufik
Blair-Fairchald: op. 43 Sonate p. Piano et Viol. (e).
Durand S fr.
Bruch, Max |B.-Friedenauj: 2 Quintette f. 2 V., 2 Br.
u. Vc. fa, Es) nodi ungedruckt.
— Oktett f. 4 V., 2 Br., Vc. u. KB (B) noch un-
gedruckt.
Chapuis, Alfr.: Sonate p. Piano etVcelle. Di rand. 10fr.
Cras, J.: Trio p. Piano, Viol, et Vcelle(C). Durand lOfr.
Debussy. Claude: Sonate p. Piano et Viol. (g).
Durand. 7 fr.
— Sonate p. Piano et Violoncelle (d). Durand. 6 fr.
— Sonate p. Flute, Alto et Harpe. Durand. ID fr.
Faltis. Evelyne[Berlin[: Sonate f. Klav. u. V. (d) noch
ungedruckt [Urauffuhrung Berlin 4. 2\
Fnure, G.: 2" Sonata p. Piano et Viol. (e). Durand. 8 fr.
: Sonate p. Piano et Vcelle. Durand. 8 fr.
Gauhert, Ph.: Sonate p. Piano et Fiiite, Durand. 7 fr.
Jarnach, Ph.: Sonate p. Piarrj et Viol. (E). Durand. 8 fr.
Juon t Paul: op. 69 Sonate f. Klav. u. Viol. (F> noch
ungedruckt [Urauffuhrung 14. 2. Berlin]
Maleingreaii, P. d<>: Sonate p. Piano et Vcelle,
Durand. 8 fr.
Mifhaud, Darius: Sonate p.2Vio!et Piano. Durand 8fr.
— Quatuor p. 2 Viol., Alto et Vcelle. Durand.
Part. 3 fr.; St. 8 fr.
— : 2 Sonates p. Piano et Viol. Dur:uu.. je 8 IV
Ravel. M.: Trio p. Piano, Viol et Vcelle (a).
Durand. 10 fr.
Roparfe,J.Guy: 2- Sonate p. Piano et Viol. fe». Durand.
Pa:is 10 fr.
— 2" Sonate p. Piano et Vcelle. Durand. 8 fr.
-: Trio p. Piano, Viol, et Vcelle (a). Durand. 12 fr.
Saint-Saens, Camille: op. 153 2" Quatuor p. 2 Viol.,
Alto et Vcelle. Durand. Part. 3 ir.; St JO fr.
c) Sonffige Inffrumenfalwerke
Bachelet, Alfred: Ballad- p. Viol, avec Orch. Durand.
Part. 20 Fr., St. 30 fr.; mit Klav. 7 fr. .,.
Barnes, Edvard Shippen: op. 23 Petite Suite p. Orgue.
Du.and. 6 fr.
Delwssy, Claude: 12 Etudes p. Piano. Durand. I? fr.
— £n bianc et noir. 3 Morceaux p. 2 Pianos a 4 ms.
Durand. 10 fr.
Debussy, Claude: Six epigraphes antiques. Piano alms
(auch ersch. eln 2 lid. Arrang des Komp. . Durand. Gfr.
— : Rapsodie p. Saxophone et Orch. Durand Part
20 fr.; St. 30 fr,; mit Klav. 4 fr.
Fairre, G.: op. 11 1 Fantaisie p. Piano avec Orcli. Durand
Part. 25 fr., St. 20 fr.; f. 2 Kfav. 4h. 12 fr.
Maleingreaii, P. de: Suite p. Orgue. Durand. 6 fr.
Roger-Ducasse: Etudes p. Piano a 4 ms. Durand. 12 fr.
Saint-Satlns, Camille; op. 154 Mcrceau de Concert p.
Harpe et Orch. Durand. Part. 20 fr ; St. 25 fr.
— : Cypres et Lauriers p. Orgue et Orch. Durand.
Pait. 15 fr.; St. 30 fr.
— : op. 150 Sept Improvisations; op. 157 3« Fantaisie
p- Orgue. Durand. 8, bew. 3,50 fr.
II. Vokalmufik
Aubert, Louis: La Lettre. Chant avec accoinp. d'Orch.
Durand. Part. u. St. 5 fr.
— Crepuscules d'automue. P. voix moyenne avec Piano.
Durand. 6 fr.
— : 6 Poemes arabes p. Chant et Piano. Durand. 6 fr.
Bardac, R.: Simone. Poeme champetre p, Chant et
Piano. Durand. 5 fr.
Debussy, Claude: Noel des enfants qui n'ont pas de
maisons a 2 voix svec Piano. Durand. 2,50 fr.
Emmanuel, N.; Chansons Bourguignonnes, 28 chansons
du pays de Beaune avec Piano. Durand. 12 fr.
Ravel, Maurice: Trois poemes p. Chant avec accomp.
d'Orch. Durand. Part. G fr.; St, 6 fr.
— : 3 Choeurs p. 4 voix mixtes. Durand. Part. 3 fr.
Saiul-Saens, Camille: La cendre rouge. 10 Chants avec
I'accomp. de Piano. Durand. 8 fr.
— : Hymne au travail p. 4 voix d'homme. Durand. 2,50 fr.
Schmilt, Florent: op 47 Danses des Devadasis p. Solo,
Choeur et Orch. Durand. Part. 15 fr,; St. 25 fr.
- : op. 63 Chant de guerre. Choeurs, Tenorsolo, voix
d'hommes et Orch. Part. 10 fr.
Simon, James [BerlinJ: Urworte (Goethe). Kantate f.
2 Solos t, Chor, Orch. u. Org. noch ungedruckt.
III. Biicher
und Zeiffdiriffen-Auffa$e
(alpljabctisch sowolil nacli Stichworten wie nnch den
Vcrfasscrn geordnctj
Altroann, Wilh. — s. Bruckner.
Beethoven. Der SchluBsafz der Heldensymphonie und
Beethovens Darstellung des rein Menschlichen. Von
Artur Prufer — in: Allg. Musikztg Nr G,
Bekker, Paul - s. Kritik.
Bonnerot, Jean — s. Saint-Saens.
Bruckner. 1st Bruckners sogen. Chorrlthema seine
eigene Erfindung? Von Wilh. Altmann - in:
All gem. Musikitg Nr 6.
Chop, Max — s, Eingriffe.
Deutsche Schule im G^genspiel — s. Geige.
Eckstein — s, Musikpflege.
73
Eingriffe in das Recht freier Ur'eils-A'jsubung Von
Max Chop — in: Signale f. d. musikal. Welt Nr 6.
Faure\ Gabrie' Sa vie et son -jeuvre p. Louis
Vaillemin. Durand. 2 fr.
Freie Urteils-Ausubung — s. Eingriffe-
2 ige, Deutsche Schule im Geigenspiel. Von Ar T
Leop. SaB — in: Musikpadag Blatter Nr 1,2.
Gotiier, Georg — s. Zukunftssorgen
Hermene utile, zur musikalischen. 'on Hans Mers-
mann — in: Mu~ikpadag. Blatter Nr 1;2.
Heumann, Hugo ~ s. Violoncello.
Klavierpadagogen, beruhmte. Von Moritz Voge! --
in: Deutsche TonkCnstler-Ztg Nr 349.
Kiavierspielen, das, mit dem Gehirn. Bruchstiicke
einer nenen Methode. Von Wilhelm TrenKler —
in: Der Merker, Heft ?.
Kri*<k und PersSnlichkeit «'on Paul Bekker — in :
Ber'iner Konzert-Kritiken Heft 5.
Kritiker. Der, auf dem Parkettsessel. Von Paul
Marsop — in: Deutsche Tonkunst!er-Ztg Nr 349-
Krug, Walter — 3. Neue Musik.
Laienrecht, Das, in der Kunst Von Karl Storck —
in; Allgem. Musikztg Nr 7.
Marsop, Paul — s. Kritiker.
Merseiurger, Max — s Violoncello.
Mersmanr, Hans — s Hermeneutik.
Mnsik, die neue — s Neue
Musikpflege, Musikunterricht und Notopfergesetz. Von
Eckstein — in: Allgem. Musikztg Nr 7.
Nationalen, Vom, im Opernwesen — s Oper
Neal. Heinr. — s. Selbsiverlag.
Neue Musik, Die. Vo Walther Krug. Eug. Bentscli,
Mimchen. 5 Mk
Noiopftrgesetz — s. Mupikpflege.
Oper. Vom Nationalen im Op£rnu*esen und musik-
rtramat Schaffen.Von Hans Som.ner. Musikztg Nroff.
Prufer, Artur — 's. Beethoven.
Saial-Saens, Camille. Sa vie et son eeuvre par Jean
Sonnerot. Durand. 2 fr.
SaG, Aug. Leop. — s. Geige.
Selbstverlag, Der. V-;n Heinr. Neal — in: Musik-
ze'tung Nr 6.
Simons. Rainer — s. Staatsiheater.
Sommer. Hans — s. Oper.
Staatsiheater. Reformen der Staatstheater? Von Rainer
Simons — in: Musikal. Kuner (Wient Nr 6-
Storck. Karl — s. Laien;echt.
Trenkl^r, Wilhelm — s. Kiavierspielen
Vad.ding, M. — s Violoncello-
Violoncello. Das, und seine Literatur I. £t:t\vicklung,
Form u. Bauart . . . von M. Vadding. II. Die
Violoncello - Literatur von Max Merseburgcr.
Merseburger, Lpz 10 M.
Violoncello-Spiel. Anleitung zu sicherem Gieifen und
Sicnerer Bogenfuhrung. Eine padagogisch-techn ; scht:
Siuciie von Hugo Heumann. Merseburger, Lpz. 3 M.
Vogel. Moritz — s. Klavierpadagogen-
Vuiliemin, Louis — s. Faure.
Zukunftssorgec, musikaiische. Von Georg Gohier —
in: Musikzeiiung Nr 6.
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% rtach fe6er>..%rt TDfy&tpgrapfjfcrv A
§ rtach f&fer>..%rt TDfyotograpfifcrv |
I ^tridimciractr $
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74
j|:llll!!!ll[|li[i!li:i!l!!!m^^
= Demna'cnst erscheint: =
LAUTEN-
auf das Jahr
ALMANACH
% Ein Jahr- und Handbuch fur alie Lauten- und Gitarrefpieler, Freunde guter Hausmufik i
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liruii;-. Kii. V. r.-..;< h:v.< ron M-.i.tikaliMO rr.ir Antra!,.- der if' f-.w-i.-rl-k-:-. Ad.-es«-n =
■r. J.-i. L:,u:..n-A;ni'.::.i..:\ zu .-in-m ur.iTitb.-lirti *h-n Har .ilbu-L. .!:i* iVd'-m Laut«n- 3
willk.-.'r.-r.-ii i-t. K- ■ Uirlr* in k-Mr..>ni H-.us- f«r!..n. =
r: tgo gen.
DIE LAUTE
Mcnccraphie von Hermann Sommer
-C- M.
nfL!*r.fch«m Eintarti £; P/ .
\Vvr: tiurch d^i
].i(i^»'rw art t-iit \\Vri; dw bekaunvn Jfti*ikschri ft* toilers =
Au> s ta , :ii::^ ■■r>fli-i!ii'ii. ;':»■ L:r-;r:<:if ir^m!" Arbeit ;"ibcr jit- I,am«? *>rh;iit ib.ren ninzi'iariigcn S
Hi!(J.-!i. , l::iiut'k. I»as .-i::s^> ■/.< .< h::fif W.-rk i.'t b.>soacifr> zu GosclR'skz-.vevken ci-oipoet." s
Varausbestcllungeo nimmt der VerlaTj ent-egen. ----- : — =7=; HE
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75
I Otto Jahns klassisches Mozartwerk erschien soeben in funfter Auflage als 1
W. A. MOZART |
von Hermann Abert
Herausgegeben ais funfle, vollstandig neu- 1
boarbeitete und erweiterte Ausgabe von 1
— Otto Jahns Mozart —
Erster Teil [1756—1782), XXV, 1035 Seiten 8°. Mit 9 Bildnissen und 4 Faksimiles \
Geheftet 35 Ma, k, gebunden 40 Mark, T-Z. 40%. ■ J
Jahns Mczartbiographie, das Mozartbuch schlachthin. lint leider geraume Z*?it im Handel fohlen musscn. 1
OJeu' liegt es nun in einer Form vor, die sich nicht mit Zusatzen und Aendorungen biographischer Art 1
begnugt, wie das die fruheren Auflagen getan haoen, sondern sin auf der bedeutend erwuiterten geschichtlichen |
Erkenntnis unserer Zelt aufgebau l ?s <eues Buch bedeutet. Alia die Vorziige. die dam Jahnschen Buche 1
seine alles Qberragende Stcllung in der l/ozartliteratur verliehen und durch zwei Menschenaller hindurch f
sicherton, hat Hermann Abert, sow&it sie auch heute r.^ch als solche fur ein Mozartbuch getten ktinnen, Fur das |
neue Buch zu nulzen gewuBi, sonst aber ist es von dem Standpunkte aus erstandcn, daB jede Zelt die 1
PHicht hat, ihre geistige Selbstandigkeit auch gegenuber den GroBmeistern der Kunst zu wahren. |
.^o Is* ein neues Mozartbuch entstandtn, wurdig des alten, das in ihm weiterleben soli. I
Hermann Kretzschmar
Geschichte derOper|
VI, 286 Seiten 8 U . Geheftet 14 Mark, gebunden 18 Mark, T.-Z. 40 °/c I
IV /l IE Kretzschmars „Geschichie der Oper" wird eines der hervorragendsten Bucher der I
vl Musikgeschichte der neueren und neuesten Zeit veroffentlicht, das, seit Jahren sehn- |
suchtig erwartet, nun zum ersten Male im Zusammenhange Kretzschmars Forscherarbeit I
auf dem Gebiete der Oper bringt, auf dem die Musikgeschichte in ganz besonderern Ma6e §
lebtndige Forderung von ihm erfuhr, Es 1st ein echtes Krttzschmarsches Buch, i
ohne jede Weitschweifigkeit meistert es in der aus Kretzschmars Werken f
her bekannten lebendigen, treffenden Darstellung den Stoff in j
einer Art, die jedem Gebildeten verstardliqh ist und das j
Studium seines Buches aus dem Nicht- j
historiker zu einem Genusse macht, I
Verlag BREITKOPF & HARTEL - LEIPZIG Berll,
76
.
l SriE
i'iV- ■ n\ -\ l ""i j!^ "-"'io ' 'ii .". ' "\-
''.'','' I^.M. 1 ;,',^ '','"' i- 1 '"' hi Kr"
^((li.-ii, llui-li- ii. MiisiltiilimiliiMiillmi;,
.. - Vi-rhij:: H.'r]hi-\\'..i>s..ii-*cc. ISitIi
i/i.;iii.|li.-/.u:r vi.'i-t.-lj;ilii'lti-]i Mk. i::.
.■ii, Miwiu .lirr-kl i-oin Vi.rlrn:
u-r AIImcwI. i-Vrurnf: \V>. I-' 1 '
- Njicliilrii.-k vnHi.-li.-ilfn.
Nr. 4
Berlin, den 1
. April 1920
I. Jahrgang
INHALT
HlilNZ TIESSEN- Der ncue Sfrom, III.
rkiTZ FR1D. WIND1SCH Roger's Verhalfnis zur Tonalitat
OSCAR B1E Mufifcalifdie Perfpekfiven, II.
CESAR SAERCHINGER Amerikanifdie Mufik
Dr. ALFRED DOBLIN Bemerkungen eines mufikalifdien Laien
1NAYAT KHAN Mufikweisheif der Inder
Prof. Dr. ALTMANN Bedeufende Neuerfdieinungen u. Manufkripfe'
BEILAGE: Alfred Momberf: ,.Blufe des Chaos", Hans Jurgen von der Wenfe
I i ! !
„MELOS"
in einer Luxusausgabe
er)'dieinf monaflidn einmal im Kunftverlag
Frif> Gurlitf, Berlin W 35
Der neue Strom
Von Heinz Tie Hen.
III. Impreffionismus In der Mufik.
Die bedeuffame Enffalfung der Nafurwiffenfchaffen hatte in der zweifen Halfte des
neunzehnfcn Clahrhunderts mit ihrer Wirkung auf alle geiftigen Regungen der Zeif
iibergegriffen. Scharfjte Wirklichkeits-Erkenntnis, fieffte Nafurwahrheif wurde Zweck und
Ziel audi in den Kiinften. Einficht in die Gebundenheifen des menfdilidien Willens
jfellte (im nafuraliftifchen Drama) iiber individuelle Willenskraff die Madif des Milieus
und der naturgegebenen au$5eren und inneren Vorausfe^ungen und f chuff den leidenden
Helden anftelle des handelnden. Das Interefje des Kiinftlers wurde ffark vom Stoff-
lichen, von der Wirklichkeit beanfprucht. Wiffen um die Dingc, gerechfe Sadilidikeif,
[oziale Intereffen, Aufdecken von Urfadilichkeifen, minutiofe Seelenanalyfe 1'chien Wefen
der Kunft zu werden.
Diefem Boden entwuchs als Kunft der Jahrhundertwende der Impreffionismus, die
femfiihlige, artiffifche, afthetifierfe Tochfer des Naturalismus. Impreffionismus iff
fchopferifch werdende Paffivifaf; die Kunft empfanglicher Hingabe an Eindriicke und
fubfilen unmiffelbaren Reagierens. Das durch den Naturalismus genahrfe Abhangigkeifs-
gefiihl des menfdilidien Willens la|5f des Kiinftlers Selbffgefiihl anderswo Genugfuung
fuchen: im Ehrgeiz, feinffes, wahrnehmtmgsfahigffes Aufnahmeorgan zu werden, Innigffes
ffoffliches Erf af[en von Eindrucken, fin^falligpfes (daher das Wachsfum der fednnifchen
Ausdrucksmiffel beforderndes) ErzeugerH erlebfer Eindriicke, das werden die kiinff-
lerifchen Haupfeigenjchaffen. Der Menfchengeiff ffreichf die Segel vor der Welt der
Erfcheinungen, die in herrlicher, ungemeffener Fulle Inhalt der Kunft wird ; lef>fen Endes
ohne Werfunferfdieidung, mehr Feffffellung als Sfellungnahme, ohne eigenwilliges
Hervorheben von Ideell-Wefenflidiem, ohne Ethos. UNichfs i)'t mir zu klein, und ich
lieb es frotjdem / und mal es auf Goldgrund mid groj5", fagf Rilke). Denn aus der
Schule der Erkennfnis von Nafur und Mafchinerie des Lebens Kommenden erjcheint
Kraft unfein, Pathos verlogen oder forichf ; Jem Element bleiben die vielfalfig-gebrochenen,
feingefpi^fen Gefiihlsabffufungen. Nidif der Eigen-Charakfer des Subjekts, fondern
deffen Auffaffungsvermogen und Feinftihligkeif gegen die Objekte wird fchopferifch.
Gleich dem relafiv gewordenen Willen lofen die zielbewujSfen Konfuren fich auf, ver-
flie£en zu weichen Hlbergangen; Kernhaifes verfdiwimmt in Afmofphare, Gefiihlskraft
in Nervenffimmung; Sfimmung fdiafff Form-Einheit in Anwachfen und Abklingen.
Atmofphare — im dichferifchen, malerifdi-fichfbaren, mufikalifch-horbaren Sinne — wird
Wefen des Kunftwerks und findet eine reichflutende Oberflachenbelebung. Was
Bedingtheit und Gebundenheit von Wille und Charakfer, oft mit letter Konfequenz in
muden Verzichf miindend, dem Kiinffler an Eigenkraff .und Eigenbewegung nehmen,
das erfe^f ihm, neben der Einfiihlungsmeifferfchaff, audi die Selbffzufriedenheif des
Artiftentums. Kunft wird allmahlich mit der Entwicklung des Imprefl'ionismus mehr
gefchmacklerifche als feelifche Angelegenheit; Vorbehalf einer engbegrenzten Bildungs-
gruppe; „Odi profanum vulgus el arceo". Man legt fchliejSlich mehr Wert auf fedinifdi
arfiftifche Vorziige, als auf inneren Gehalt. „Alle Tchlechfe Kunft ftammt aus echtem
Gefiihl", fa at Oscar Wilde — was buehftablich vollkommen richtig iff, da der Schaffens-
tt
wmmffl mmssmm
i
anfrieb jedes Unzulanglidien oder nidnf fpezififch kunfflerifch Infereffierfen ohne edited
Gefiihl j'diwer denkbar iff. Dei' zufiefj'f kunfffeindlidie Wahnfinn diefes Sa^es liegf nur
in feiner Tendenz, das echfe Gefiihl als belanglos hinzuffellen und aus der Kunff ein
fonend Erz und eine klingende Schelle zu madien.
Ohne Sonderung in Einzelkunffe, galfen diefe Ausfiihrungen allgemein der
fchopferifdien Einffellung, aus welcher dann erff jede Kunff nach den verfdiiedenen i
Bedingungen ihrer Maferialien eigene fchopferifche Arbeit verrichfef. Nidif jeder Zug
diefes Profrafs, das t'ich vom Nafuralismus bis zu seinem Gegenfa£>e, zur l'arf pour
l'arf enfwickelf, paj3f auf jeden impreffioniffifchen Kiinjfler; Menjchen find nichf wandelnde
Prinzipien, felbff dann nichf, wenn fie den bedenklidien Ehrgeiz haben, es zu fein. Der
Kern des impreffioniffifchen lebens- und Kunffgefiihls iff nidif an eine Zeif gebunden,
fondern ein zeiflofer nafurlicher Beffandfeil des Menfchengeiffes; dennodi kann man
von einer impreffioniffifchen Zeif fprechen* in der diefe Elemenfe bewuj3f zu einer
Anfchauungseinheif fith konzenfrierfen und verabfolufierfen. Und: Lebensgefiihl wie
Sdiaft'ensfrieb find das alien Kiinffen Gemeinfame, alle mifeinander innerlich Verbindende.
Mif dem Material erff und den aus ihm fidi ergebenden Folgen kommf die Trennung.
Wer aber die urfpriingliche finhejflichkeif der fchopferifchen Einffellungsarf, die in alien ;
Kiinffen gleichen Beziehungen zur Emp'findungswelf, zur erlebfer: Wirklichkeif nidif zu j
Jpiiren vermag und jeweils feine eigene Kunff als einzigarfig und unvergleichbar hin- !
jfellen will, kommf zu ganz ungeredifen Folgerungen. Speziell Mufiker lieben es, zu \
behaupfen (unlangff Pfifjner), daj3 der bilderde Kunffler weif weniger ^'chaffe" als der
Mufiker, denn diefer bringe nur feine Gefuhle mif und miifj'e die Tone felbffj'diopferifch ;
geffalten, wahrend jenem alle feine Objekte von der Nafur „gegeben" feienl Auf fo \
naive Au]5erungen iiber bildende Kunff (die, wenn wertvoli, ebenfo Zeugung iff wie j
MuJ'ik, und nidif Wiedergabe), brauchf man nidif ernffhaff zu erwidern. Iff es dodi
vielmehr fog./.r eine Bevorzugung des Tondichfers, daj5 er unmiffelbar den Weg zum
Innern findef, wozu die anderen Kiinfte erff den nofwendigen Umweg der Enfffoff-
lidiung zuriicklegen miiffen. — Selbff die fdieinbar reprodukfive Kunff des Sdiaufpielers
:ff nidif Wiedergabe, fondern Zeugung und Geffalfung aus einem inneren lebensgefuhls-
keime; die Geffalf wachff im Sdiaufpieler zu eigenem orgamfdiem Leben, wie der
Baum aus der WurzeL Kein wirkliaier Sdiaufpieler fiberfragf feine Budiroile in eine
Biihnengeffalf efwa wie jemand, der efwas in eine andere Spradie tiberjetsf, d- h. aus
bloj5er Kennfnis, Ferfigkeif und tiberlegung. Im infuifiven Erfiihlen und durchlebten
Geffalfen eines organifdien Prozeffes muJ3 der Wahre Sdiaufpieler ebenfo fdiopferifch i j
wirken wie jeder „Schaffende". Ebendarin liegf audi der Punkl, wo der wahre Dirigent j
oder fonffige mufikalifdie Interpret vom falfdien fidi unferfdieidef. \ \
Der Kunffler empjfpgf feine Ifofflichen, geif tiger, gefiihlsmaj3igen Impulfe von der j, j
(auj5eren oder inneren) Natur und Wirklidikeif im weifeffen Sinne; fein fdiopferifches j j
Wirken hingegen vollziehf fidi in einem anderen, in fidi fouveranen Reidie: Diefe I
doppelfe Verankerung des Kiinfflers und der Kunfi': bringf es mif fich, daf5 die Aus- j ''\
balancierung eben jener beiden Gewidife, das Verhalfnis von Gehatt und Geffalf, im j h
Vordergrunde aller kiinfflerifdien Fragen ffehf. Der Hifforiker kann zur Beffafigung ! . j.
Beifpiele in unbegrenzfer Fiille anfuhren: Neigung zu ffarkerer Sfilifierung und innigere | ^;
Annahernng an die Nafur 16) en einander ab in imm^r erneufem Wechfel. Wenn wir — ! J ;
urn je£f auf die Tonkunft zu kommen — nur efwa an die einzelne Frage der Sprach-
behandlung in Lied und Mufikdrama denken: rezifafivifch-nafuraliffifche und melodifch-
ffilifierfe Formung biefen fidi hierin als die Gegenpole dar, zwifchen denen jede Zeif,
jeder Kiinftler, jedes Werk feinen Weg und ?eine Sfcllung fuchf. Sobald ein Sfil auf-
hcrf, innerlidi wahrer Ausdruck zu fein, und anfangf, Konvenfion zu werden, drangf
der Geiff aufomafifch zu neuer Befruchfunn durdi die Nafur.
79
I
Widerfpruch dere.*% die eines neuen Lebcns voll waren. gegen akadernifche' Er-
ftarrung: das gab, wie in der Malerei, fo audi in der deaffchen Tonkunft des lefjien
Jahrhunderfs den Anjfoj3 zur Entfalfung der (i.-« weiteffen Sinne) impreffioniftifdien
Empfindunge- jid Geftaltungsweife. Wagner, der grope Romantiker, iff grundlegend
fur viele imprrffioniffifche Stileigenfchaf'ten, fypifch im Anbahnen der (fidi bei Beethoven
vorbereitenden) Formbildung durch Sfimmung, in der Kunft der Atmofphare. in der
fubfilen poefifchen Einfuhlung; jedoch, durch Pathos, Idee und feelifche Kraft, nodi
entf'ernt von jenem kunftlerifchen Charakferbilde des impreffioniften. das ich vorhin in
(einen fich allmanlich entwickelnden Koni'equenzen aulfi'tellfe. Das nafuraliftifch-
pfychologifche, infellekfuell-analyfifdie Moment, das fpafer bei StraujS j'eine Gipfckmg
fand, bekam durdi Wagner lebhaffe Anregung.
In der infimeren Gattung des Liedes konnfe einfuhlende Wiedergabe emp'jangcner
Stimmungs-Eindriicke befonders nachdriickiich ihre poefis'dien Fahigkeifen erweil'en.
Der impreffioniffi'iche Liederkomponift verhalf fich paffiv gegeniiber join em ffoftlich-
poetifchen Anreger, bleibf zarmervig hingebender Wiederftrahler. Mif Robert Schumann
}e£f gelegenflidi bereifs die Neigung ein, den Sdiwerpunkt des Liedes in der hin-
gebender, Einfiihlung zu fudien. In der neuen liedliteratur gehf die Neigung, nur
fubfil zu reagieren, haufig fo weit, daj5 die Mufik auf eigene GeffaHung verzichicf and
lediglidi der Poefie als diskrefe, ftumm verftandnisvolle Vertraute dierrf. ohne den
rechffchaft'enen Ehrgeiz zu zeigen, aus ihren Mitteln und Funkticnen den feelifcuen
Gehalf eigenkraftig neu zu erzeugen und zu geffalten. Paffivlfaf ffaff Akiivitiii".
Mufikalifcher Mond der liferarifchen Sonne. Abglanz Iff aft Eigcnlicht
Die neuere deuffche Mufik um Wagner. Lifzf, Sirauj3 gab fich gem den Bei name it
„Ausdrucksrciufik". In dem Meinungsftreif, den die Neudeuffcheti gegen Liber der
"akademifch-formalifiifchen Ridhfung auszuj'editen haften, wurde der Sdiwerpunkt ge-
legentlich auf vollig nebenfachliche Fragen verlegf, die mit* der ungerediffcrfigten Aii\-
baufchung des Fur und Wider (z. B. in der Fragc der ..Programm-Mufik" unci mrer
Bereditigung) einen Sturm im Wafferglafe erzeugfen. Es gibt kaum zwei ungluefclichere
Worte in der Mufik als „Programm-Mujik" und ..absolute Mufik*". Entweder ifr das
Mufikftiick gut und ein Gebilde von organifchem ieben: dann ift es fiir die Bcwerfung
gleichgiiltig, ob der Komponift einen poetifdi ausgedrikkfen Hinvveis au'f feinen
Empfindungsgehalt gibt oder nicht. Oder das Mufikwerk ift fchiechf: dann hilfl ihm
weder das eine nodi das andere Prinzip. Der Sinn des Programms ift ein pfycho-
logifdier: cine jfarkere Annaherung des Geniejocnden an die Emp'/indungswelt des
Sdiaffenden zu ermoglichen. Ihre Adullesferfe zeigt die Progi-amni-Mufik, wenn fie
nur eine ffofflich-gedanklich konftruierte, nicht audi eine mufikorganifdie cinheit darffelll;
fchlechte „abfolute" Mufik bietet demgegeniibej* nur ein auj5eres Formbild, keine
zwingende gefiihlsrnaj3ig durchlebte Einheit. Im Ailgemeinen hatte die Program m-
Mufik mehr Anfprudi aujf den Namen ..Eindrucks-Mufik" anftafi ..Ausclrucks-Mufik",
wegen ihrer Verwandffchaff mit der naturaliftifch-impreffioniftifdien Kunjianfchauung.
Der gropte Programm-Mufiker, Strang ift fur die deuffche Mufik der Hauptfrager
des impreffioniffifchen Kunffgefiihles, Er vereinigt ziemlidi a He Eigcnfchaffen c\er im-
preffioniftifchen Kunft, doch ift audi er nur ein rela liver Impreffionift, der fidn von den
formal-architektonifchen Gefidifspunkten der klafi'ii'dien Mufik nodi nicht ganziich im
Sinne eines abfolufen Impreffionismus losfagf. Bei Straujp f'fndel man. die fdiarje Er-
'faffung lebendig-wirklicher Eindriicke. die Fahigkeit fubtilftens Wahrnehmens und
I?eagierens, die Neigung mehr zu feinnervigen Gefiihlszufpi^unger;, als zu erhabencr
Gujiihlsgrojoe, die liebevolle Behandlung unwiditiger Einzelhcitcn. die ItoVfiidic Sinn-
failiykeii, die reidie Fiille der Objekie ohne befonfe Stcliungnahme. das lilberwicgcn
des Artiftifdnen iibcr das Efhifdic und Tiber die i decile Kiiudtiebun<j ;c*iiii:s innere.i
3J
Menjfdienfunis. In feinen zwei tfcnialen Mufikdramen „ Salome" und „Elekfra" erziclf
cr die auperfte Anna her ung vor a Hem an die fpradilich-deklamaforifchen Erfdieinungs-
formen der enffpredienden wirklichen Situation. Ein Plus an Einfiihlung wurde bereiis
in aller zum Impreffioniffifdien neigendcn Vokalmufik, mif einem Zuriidtfrefen der
akfiven Liniengeffalfung erkauff. Im Liede, im Mufikdrama fraf die Melodie zuriick,
zunadiff aus der Singffimme; Herr der Situation wurde die , Begleiiung", wie das
„ Milieu" im nafuraliffifdien Drama. Cledoch iff Sfrauj3 zu univerfell, um fidi als ,,Im-
preffionifr erfdiopfen zu la Hen. In feinen ftarkffen Werken findef fich audi reinffer
Expreffionisinus fiber impreffioniffifche oder audi arfiffifche Komponiervirfuofifaf ge-
waltig emporwadifend.
Bezeichnend fin; die neudeuffdie Tonfpradie iff die Vorliebe fur rein harmonifdie
Wirkungen, fiir warrae. klangfchone Zufallsakkorde, die miffels Durchgangsnofen,
ploglidi hier und da diefe und j; ne harmonifdie Bezeidinung zu enflegeneren Ton-
arfen anklingen. (Man kennf Mozarfs langfamen Guarfefffat) in Asdur, ''' -, der das
Triffan-Vorfpiel vorausahnf.) Der harmonifdie Gefamfbau gewinnf eine reichere, fiefere
Perfpjkiive, der Klang eine geffeigerte vVarme, die Linie eine infenfivere (freilich nidif
als Linie felbffverdienfe) Empfindungswirhung. Vielfadi fcheinf das Gefuhl des Kom-
poniffen zuerff die Harmonik ergriffen zu haben, und erff um ihrefwillen danadi die
Stimmfiihrung. In der Verfolqung diel'er Neigung zu eindringlidierer Durdiempfindung
der Harmoniefolgen iff in der neueren Mufik die blope Harmonie vielfadi iiberhaupf
zur alleinigen Tragerin des Au:»drucks geworden. Wie in der Liferafur das nafura-
liftifdie und neuromanflfdie Drama Willenskraff und Handeln durdi Abhangigkeifs-
nadiweil'e von Milieu und Stimmung erfetjfe, fo tritt in der ihm hifforifdi verwandfen
Mufik die akfive Linie, das aus fidi felbff heraus fchreifende und vorwarfsfiihrende
Element zuriidt, Die Linie felbff gewinnt off ffimmungbildenden Begleifungscharakfer
durdi jforfgej'efcfe Mofivwiederholung; die Sequenz wird aus einem archifekfonifchen zu
einem ffimmungbildenden Miffel. Paffivifaf ffaff aus fidi wadifender Gefuhlsakfivifaf.
Moiiv-Wiederholung kann einfchlafernd wirken: Feuerzauber; Sequenz leidenfdiafflich
bcraufdiend: Ifoldes Liebesfod. Durdi die'fes Sdiweben der Linie wird der Harmonik
eine um ]'o ffarkere Wirkungsmoglichkeif zugefchanzf. Off iff eine Harmonie, eine
einzige vertikale Tonverbindung an und fiir fich allein enffdieidend und wefenflidh,
wahrend das daruber liegende Mclos gleidigiiltig bleibf und z. B. weif eher eine
Anderung feiner Einzelfone verfriigc als der Akkord. (Z. B. der diarakferiffifdie
Elekfra-Akkord.)
Gegenuber dem relativcn Impreffionismus der deuffdien Tonmeiffer ffehf der
abfolufe Impreffionismus. dor am ffarkffen durdi zwei bedeufende Namen auslandifchen
Klangs verfreten und s'erfodifen iff: Debuffy und Bufoni. In Debuffys konfequenfem
Impreffionismus iff die Mufik keine Seelenfpradie mehr, fondern aparf-gcfch mack voiles
Malen auperer Stimmungen, feiner Afmofpharenohne Kern, reizvoller feinfchmeckerifdier
Hintergrunde. aus denen kein Menfchenantlig fchauf, (Dem Menfchenantlitj im Profraf
aber gleidif der melcdifdie Gefang. der aus der menfdilidien Bruft quillf.) Debuffy will
nur malend Eindriid*e wiedergeben. Er unferdriickf die melodifdie Zeichnung zu-
gunffen eines diarakteriffifdien, farbig-bewegfen Klangkomplexes, zugunffen einer
Afmofphare. Und wo dennodi Melodie-Anfa^e auffrefen, find fie nicht das auf-
bauende, freibende akfive Moment, fondern fie felbff werden gleichfam getrieben und
gefragen wie ein Blaffdien auf dem Waffer. fie fdiwimmen paffiv auf der in fidi be-
wcgten Oberfladie ohne eigene organifierende Triebkraff. Von der gleichen 1'diwebenden
Paffivitaf iff die Rolle des Rhyihmus, der mehr als Zierraf wirkf. Alles iff paffive
Hingabe an den Eindruck, alles zielf auf feinnervige, preziofc Gcfdimad^ineffe.
Wagners leidenfdiafilidies Pathos, das von Sfeigerung zu Sfeigerung fdireifet und j.,
81
■i;il
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gegengewichfslos jeden Ton, iedes Wort jedes Ding mif voller Erlebnisfchwere faffigf,
wollfe Debuffy durdi feinen Sfil einer amiifanf-blalfierten, gefchmadAVoll-laffigen Eleganz
iiberwinden. Der Salonmenfdi den rlohenmenfchen. Seine kiinftlerifchen Abfidiien
bewirken eine Verarmung der Miffel; denn imprefl'ioniytifch malen la£f fichs am beffen
mif geraufchhaff eingeffellfen Klangkomplexen, nichf mif akfiv-melodifchen Linien. Die
Ausfchalfung alles deffen, was Mufik zur Seelenfprache und zum Menfchlidikeifswerf
machf, gibf feiner Tonfprache den Charakfer des Auj5erften an l'arf pour l'arf, was die
Tonkunff iiberhaupf aufzuweifen hat. Gleich Oscar Wilde konnfe Debuffy gefprochen
haben: „AUe fchleehfe Kunj'f kommf aus edifem Gefiihr. Man fagf, er habe Beethoven
fur den Gipfel der Gefchmacklol'igkeit erklarf. Kunff iff in feinen Bezirken nichts als
Gefchmacksangelegenheif. Und als folche in ihren Grcnzen von fafzinierendem Reiz.
Fin bej'irkkender GefeHfchaffer; nur wird man nichf lange mif ihm in einer l;ckc fif^en
und fiber ernffere Dinge red en wollen.
Bufoni iff eine ungleich ftarkere und umfajfendcre Perfonlidikeif. Da uns in diejem
Zufammerhange nur das lmpreffioniffil'die an ihm angchf, \o iff neben feinem klang-
fchopferifdien Klavier-Impreffionismus (Klavierkonzerf. Elegien) insbefondcre audi fein
„Enfwurf einer neuen Affhefik der Tonkunff" von Widifigkeif. Gefchrieben iff diefes
geiffvolle Biid-Llein mif der Front gcgen Akademifches und Neudeuffches; cs bildef ein
Bekenntnis zum Lmabgegrenzfenlneinanderflief5cn r zur Atmofphare, zum impreffioniftifch-
Schwebenden, Offenbleibenden, Afymmefrifchen, Fragenden. Verfdiwimmenden, zu
myffifcher Paffivitat. Vieles darin ift wohl ffark und bleibend an Einzelbemerkungeii
iiber das Wefen von Kunff und kiinftlerifdiem Schaffen; im Ganzen jedoch ift es eher
ein qereinigfes testes Ergebnis der impreffioniffifdien Kunffanfchauung, nichf cin Zukunffs-
zeidien f'fir die anbrechende, die fidi heufe ,.Expreffionismus" nennf. Bezeidinend iff:
der Impreffioniff Bufoni bearbeifet ein Klavi erf fuck Sdionbergs derart daj5 er cs, Teil
fur Teil ausfpinnend, in eine Klang-Afmofphare erweiferf. Dief'e ,.konzerfma£ige
Interpretation" fdiien mir vor Jahren das Stuck erff geniej5bar zu madien, wahrend idi
mich heufe durchaus nur an das gar nichf zu verbeffernde Original halte: meine ge-
wandelfe Sfellungnahme in diefem Einzelfa'Je fdteinf mir audi bezeidinend zu fein fur
den allgemeinen Wandel der Zeit und des Kunffsefiihles.
(SchlujS folgt.)
Reger' s Verhalfnis zur Tonalifaf
Von F r i f> F r i d. W i n d i )' ch.
Die merkwiirdige Beriihrung von neuen Kunffepodien mif jahrhunderfeweif zuriidv-
liegenden hat fich off als ein Kraffausholen zu ungeahnfen Enfwicklungsvorf£6j5en
offenbarf (Zeifalfer der Renaiffance). Ein Stuck Renaiffance iff im FluJ3 aller Dingo
enfhalfen; es la£f fich aus jeder rorffdiriffserfcheinung herauskriffallifieren. Selbff der
radikalffe rorffdiriff bringf nicht abfoluf Neues, fondern Umgewerfefes, Weifergeffalfefes.
Trefe:i aber bei einer neuen Kunffridifung fdieinbar uberholfe Geffalfungsrnomenfe
faf5bar in Wirkjamkeif. )'o iff der Konfervafismus fchnell bei der Hand, feine belie!-fe
Diagnol'e auf Degeneration und Verjfall zu ffellen. Er begreifi nichf, daj5 Kind und
Greis anfhropologifdi unfer ganz verfdiiedenen Vorausfe^ungen zu befrachfen find*
obwohl beide fidi in verwandfen Ausdruchsformen auJ5ern. »
Der augenblickliche Garungsprozep in der Mufik, das Zerfprengen der Tonalifaf
zur Aufonomie der Afonalifaf, das Tangieren von jefjfzeiflichen Akkordproblemen mif
vorbadt'fdien Klangelemenfen ; 'veranfchaulichf eine folche Reakfion. Und zwar iff der
Begriff ..Reakfion" gejchidiflidi und nafurwiffenfchafflidi zu faff en. Gefchichflich — als
fpiralkreifende Beriihrung mif fruheren EnKvicklungsepochen; nafurwiffenfchafclich als
Aufeinanderwirkung (Reagens) zweier Klangelemenfe (des lin'earen und der verfikalen).
dcren Verbindung erff zu dem driften Neuen fiihrf: der emanzipiex*enden Loslojung von
der Sdiemafik der harmonifdvfonalen Akkordfolge. Es ware unmoglich, die urn-
ge'/falfenden Kraffe fdion jef^f in ihren Zwifdienffadien zu erkennen, wenn fidi diefer
Entwid\lungsprozef5 nur expiofiv wie in Arnold Schonberg, Bela Barfok u. a. und nichf
audi reformatorij'ch fruchfbar wie in Reger vollzcgen hafte.
UJbergang vom Harmonifdien zum Disharmonifchen — keine endgulfige Begrifflidi-
keif! aber vorlaufig iff der Sprung vom Tonalen ins Afonale darin feffgelegf und das
Forffchriffliche des fdieinbar Riickfchnfflichen ausgedriickt. Denn bei den vorbachfdien
Meiftern friff die Disharmonie nur als eine Folge — und off unangenehme Nebener-
fdneinung der haupfgewichfefen Horizonfalfuhrung der einzelnen Sfimmen auf, wahrend
in der fonalbefreifen Mufik die Disharmonie zugleidi bewujof zu beffimmfen Klangfarben,
Stimmungswirkungen und Expreffionen angewandf wird, wobei die Afonalifaf — bedingf
als Begleifumffand - von neuem in Erfcheinung friff.
Wie (ich in Scbaftian Badi inffinkfiv, aber mif erffaunlidier Logik die Enfwiddung
zum harmonifdi-modulaforifdien Prinzip vollzog und wie diefes Prinzip dann fheorefifch
von Rameau in feinem ..Traife de l'harmonie" (1722) zur gebarenden Norm ffafuieii
wurde, (da)3 die einzelnen Tone im Sinne von Akkorden zu verffehen find, und da)5
fich die Akkorde wieder aus ihren Beziehungen zu Grundfonen begreifen laffen), fo
findef diefe iiberreiffe Schemafik des Schaffens in Reger ihre geiffreidiffe Gipflung und
wird gleichzeifig in ihrer fheorefifchen Uberfpannung zum Sprengmiffel des klaffifchen
Akkordbegriffes.
In diefer Bedeufung liegt iiberhaupf das Monumenfale und Charakferiffifche in der
Perfonlichkeif Regers; da)3 in ihm die gewalfige Epodie der tonalen Dogmafik ihren
meifferlidien AbfchIiiJ5 findef und andererfeifs reifprodukfiv zu den unbegrenzfen Mog-
lidikeifen der afonalen Klangenfwicklung durchbrochen wird.
83
Hugo Riemann bezeidmefc Brahms aid das ..Komplhneni der hiflorlfdnen Be-
ffrebungen der in den le^ten Dezennien aufgebluhten Mufikwiffcnichafr und jtiep* mif
dieferAuffaffimg bei Reger aut'fdiai'fUen Profeff. Ebenfo muj5 jefct die lebendige Forfchung
gegen die graue Theorie auftreten, die am Werk iff, Reger in die Akten der fancta
academia einzuregiffrieren. ,.Zwifdnen Theorie und dem gewalfig vo r warts -
drangenden Zug in unferer Mufik jeif Wagner und Lifzf", warf Reger den Lehr-
ftiihlen enfgegen, ..befteht ein haarfcharlfer, grower Unterfdiiedl"
Wie auftern fidi die vorwartsdriingenden Krafte in Regers Mufik?
Ein ftarkcs Anzeidien find die felbffandig bewegfen, o'it diffon anion Baffe bei Reger,
die fchon in feinen Friihwerkcn (z. B. der Violoncello-Souate F-moll op. 5) dcntlich fiihl-
bar hervortreten und die den fpatcren Reger in ihrer markanten Auspragung unver-
kennbar diarakferifieren. Diefe revolufionare Bewegung der Bajfc, die mit der
Akkordillujirafion desBaffo confinno in der antiken Mufik nidifs gemeinfam hat. i|'t das
fypifdie Symptom der modernen, afonalen Mufikentwirklung: das emanzipicrfc. linear-
melodifdie Fortfchrciten der einzelnen horizontalen Stimincn ohne die fdicmatifche
Gebundenheit an die vertikale, harmonifdi-tonale Akkordfolge. Da bei mup" idi nodi
einmal hervorheben, daJ5 die Entwitklung nidif aulf die Auswikhfe unenhvirrbar medci -
landifcher Polyphonie hinauslauff, 1'ondern dap" fie einem pfydiologifdien Wechfelver-
halfnis zwifdien horizonfaler unbefdirankter Entfalfung und einer gefiihlsmapigen
verfikalen Akkordverpfliditung (die durchaus diffonant fein kann) zufirebt. Bine radikaic
Akkordanardnie, die fich in dem Sdiaffen der Al'crjungften anbahni. iff dem Geifte
Regers geradezu enfgegengefetjt.
Ein weiteres Argument fur den Vorwartsdrang in Regers Sdiaffen. i'jt der aus-
giebige Gebrauch der Variafionenform una vor alien Dingen die befondcre Art ihrer
Anwendung. Die Variation birgt an und t'iir fidi fchon cincn reformatorijehen Trieb in
fidi, einen alten Inhalt neuzeitlidi auszugefiaJien und ihn in neuer Gewandung
zu zeigen. Bei Reger wird das ubernommene Thema in phantafieweiteffer Forfge-
ftaltung in die manigf'altigften (neumodulaforifdien) Perfpektiven geriickt und in inte-
reffanfeften Farbungen und vollkommcn ncuen Kombinationsmoglidikeifen beleuchtet.
Die Variation bedeutet bei ihm in fruchtbarfter Meifterung die Neuwertung und erkenn-
barfte Weitergeftaltung des Vorhandenen. Reger zerfprengt in ihr am unmittelbarften
una oflfenfidiflidnfien die Sdiaffensgefe^lichkeit der klaffifdien Befdirankung.
Auf dem Wege der indirekten Erkenntnis erfdilie£f fich am iibcrzeugendfien der
Berechfigungsgrund, Reger unter die zeitvorgreifenden Eigenen reihen zu durfen. Die
Knift'eleien und vergeblichen Anftrengungen der Theoretiker. Reger auf irgend eine
Weife in das tonale Sdiema zu zwangen, zeigen am einwandfreiften, wie weif er fchon
iiber diefes Syffem hinausgewachfen iff.
Ludwig Riemann (Effen) hat ein Tcnnef> konftruiert, fujSend auf dem Tonkreis:
Tonika, Dominanfe, Subdominante, durch deffen Gewebe fich famtlidie Reger'fchen
Akkorde tonal fieben la f fen (felbff die C-dur Violinfonafe [A - F - F - E und S (es) -A - F -E]»
die fis-moll Violinfonate und das fis-moll Quartett, gegen deren tonale Auffaffung nadi
fraditionellen Grundfaf>en fich jeder Gehorfinn auflchnf). Ludwig Riemann kniipjr'f in
diefer theoretifchen Konftruktion zum Teil direkf an Hugo Riernanns erweitertes Syffem
an: dap* konfonanfe /Akkorde die Harmoniebedeutung diffonanter Akkorde haben konnen,
wenn fie nicht als Vertreter des Klanges gefaj3f werden. den fie da. -f tell en. (Wenn man
z. B, c e o nadi h e gis aufloff, wobei g als Vorhaltton zu gis angenommen werden
mi;p\ ift c 2 g nur eine Nebenharmonie). Zum Teil bauf er uber das Hugo RfemaimTcne
Syftem hinaus, indem er nach Thuille die GrofSierzverwandffdiaft. die Medianfe nach
oben und unten in fein Nefz mit einbeziehf.
Das Unfinnigc und Gegenfeilbezeugende der Riemann'fchen Mufikmafhemafik
liegt in dcr Grur.dbcdir.&unQ, oafj jeder jogenannfc Farbklang (d. h, jeder Diffonanz-
und Afonal-Akkord) in feinen Urklang zuruckgedeufef werden mu^ damif die Reger-
Akkordik tonal fiebbar wird. Und zwar haf man fich vor dem Experiment dariiber
kJar zu fein. ob der Farbklang ah Toniha, Dominanfe, Subdominante oder Mediante
aufzufaffen iff, und danach iff die Entfarbung (die Enffernung des difj'onanten Verj'e£ungs-
zeidicns) vorzunehmen.
lch fuhre hier a Is Beifpiel die Umdeufung einiger nodi verhalfnisiiiaj3ig fonalifafs-
vcrwandfer Takte aus dem fis-moll Quarfeff nadi Riemannfchem Rezept aus. Die
Parfifurffimmen habe i£h dabei als vierlfimmigen Saf5 gefchrieben.*) Der Laie erkennt
aus die]'er Gegemiberffellung. dap der urfpriingiiche Reger mi( dem tonal verge waliigfen
Roger keinen Zug mehr gem ein fa m hat. daj5 das Urbild in feiner fonalen Umdeufung
ein nidif mehr wiederzuerkennendes Zerrbild geworden iff, ahnlich den Farben, die
man von einem Vecdiio cder Ticiano Vicellio abkra^f, um die Kunff diefer Meiffer
aus den ubrigbleibenden, zerfchabfen Konfuren zu erfaffen.
Die Ludwig Riemann'fche Theorefik bezeugt alfo gerade das Enfgegengefefjfe von
dem, was fie ervvei)'en will: daj5 dem fieferen Verftandnis Regers mil fonalen Voraus-
fef5ungen allein nidif beizukommen i)'t. Dabei foil ein nebenlaufiger Werf diej'es
Theorefiyierens nidif uneingej'cha^t bieiben. Aujf Grund der Umdeufungen iff es moglich,
nichf nur gejuhlsmaf5ig, I'ondern auf wi)jeni<haftlicher Bafis fej'fzuffellen, daj3 die Haupf-
eigenarfen (um nidif akademifch zu fagen: Haupfnadifeile) des Reger'fchen Schaffens
zu crblicfcen find 1. in den Akkordfarben (afonalc Verl'e^ungszeidien), 2. in der An-
haufung ungeloj'fer Diffonanzen, 5. in der ffockenden, unbeffimmten Tonalifaf (die
klanglidi off vollkommen afonal wirkf).
Una nun Reger 's Modulafionslehre!
In der infoleranfen Tendenz, fidi um jeden Preis der haimionifch-mcdulaforifchen
Tradition unferzuordnen, haf diefes Biichlein bei fadilidien Mufikbeurfeilern (and das
find leider unfer den „Fachleu£en" i miner nodi die meiften) nichf zum geringffen dazu
beigefragen, daj5 man Reger einfach als akademifdien Problemafiker abzufun verfudit
haf. Allen groJ5en Harmonikern (Wagner. Lifzf ufsv.) war die Harmonik nur ein Miffel,
um das fiefere Verftandnis in die Verborgenheiten ihrer Schopfungen zu erfchliej3en.
Reger's Modulafionslehre erzielt in ihrer fa lichen Deufung das Gegenfeil: )'ie verfdilie)3f
das fiefere Verftandnis feiner Werke.
Greiff man einmal zwei der infereffanteften Beij'pieie heraus**), |'o will es einem
erfcheinen, als beruhe Reger's ganze frappanfe Harmonik auf einigen fheoretifchen
Kniffen. Reger nennf die enharmcifdie Verwechflung in der Modulation dileffaniifch
und reifet dabei felbff ein ganz analoges Steckenpferd zu Tode : die Umdeufung eints
Akkordes in die Neapolifartifrfce Sexfe. Was iff die Umdeufung in die Neapolifanifche
Sexfe anders als eine Begriffsunifdinlfung? Fine Begrif/sumfchalfung allerdings. die
fheorefifch einwandfrei die kuhnffen afonalen Wendungen geftaffef. Iff ein eigenes
Kunftfdiaffen auf Grund einiger theorefifdier Tricks uberhaupf denkbar? Leider I Idi
mochfe empfehlen, einmaJ zu unterfudien. wieviel an Infereffanfem von den d'Alberf
Opern verloren geht wenn man aus ihrer Harmonik die Neapolifanifche Sexf-Urn-
deufung herausffreidif. Andererfeifs kann man von Reger's Harmonik fagen, dap fie
in all I'einen grojSen Werken unmiffelbar und unermeSlidi neufchopfcrifdi iff. Seine
Modulafionolehre fteht nur in einem verfdiwindenden Verhalfnis zu der Unmiffelbarkeif
i'eines monumentalen Schaffens. Kein Menfch konnfe auffrefen und die Werke Reger's
als die Quinfeffenz diefer Modulafionslehre erklarcn. Viel widitiger iff fur unfere
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1 ■;
m-\ A ;ii]i Si-l!tiil.i des AnikHs
XnioiU-ispkl II ;ini Si-lilnl". i!i-s Arlila'ls.
S5
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Unferfuchung aber die Erkennmis, da£ dort, wo das Auge auf Grund fheorefifcher
Weiferungen nodi tonale Zufammenhange enfdeckf, das Ohr fich fchon vollkommen
afonal einftellen mu]p, um zu einem unmiifelbaren Eindruck zu gelangen. Wollte man
Reger modulaforifch-harmonifch genieJ5en, fo miijSfe man (nach der Auszahlung von
Ludwig Riemann) in 12 Doppelfakfen, die aus den ..Tagebuch-Klavierffiicken** op. 82
No. 2 herausgegriffen find, die Auflofung der Dijfonanzreihen 18 mal hinzudenken !
Es erfdneinf mir, da)5 die fanatijfch fonale Einffellung, mit der man immer
wieder Reger von auj3en beizukommen fuchf, und die bei feiner Formffrenge und auf
Grund feiner fradifionellen Modulationslehre )'o verlockend nahe liegt am meiffen
dazu beitragt, da6 weiteffe Kreife der wahren inneren Einfcka^ung und Wiirdigung
Regerfdier Mufik noch fern ffehen.
h^" J
■■!!:
Mufikalifdie Perfpekfiven
Von Oscar B i e
2, Opernfexfe
Ich habe das vorige Mai verfucht das bloBe Gefangsbild einer textlofen Oper zu entwickeln
als auBerfte Lofting der vokalen Reinhcit auf tier Bfllme. Heut muchte ich diefe Phantafie"
auBerhalb laffen tind micli auf den Standpunkt der gegcnwartigen Oper ftellen. Und mochte
Jragen wcnn fchon die Oper einen Text unci eine Handlung hat: in welcher Weife das Buch fo
zu gertalten fei, dab es den Anforderungen der Oattung am beften genUgt. Man ift rich dariiber
me recht klar geworden. Man hat den Text entweder Uberfchatzt oder unterfchatzt. Manche
haben behauptet, daB die Mufik dienen miiffe, ar:dere wieder verlangen, daB fie herrfchen Toll
tmige bedienen fich der Literatur als Grundlage, andere ftecken Philofophien in den Text Der
ivxt war immer abhangig von der Laune oder dem Ehrgeiz des Komponiften, doch folgte er der
Ze.t tromung in der dichterifchen Anfchauung. Eine Norm, nach der er fich zu richten hatte
wurc.e nicht gefunden. Es feheint mir aber, daB die Bevorzugung ftiiifierender Elemente in der
nuuigen Dicfnkunft von folcher Bedeutung fur die Faffung des Operntextes geworden ift da8
von hier aus endhch einmal eine iefte Grundlage zu gewinnen ware, vom Dichter aus nicht
menr w,e es bisher Qblich war, von der Mufik/her. Sokhe Verfuche treten jetzt fchon ofter
am. Wir wollen zum SchluB auf eine bdtimpte Anregung eines modernen Dichters zurtlck-
kommen, die m.r fehr beachtenswerl erfeheint. Vorher aber wird es gut fein, den gefchichtlichen
Verlaui zu betrachten. das Verhalmis des Komponiften zum Librettiften.
Es gab einmal eine Epoche, in der die literarifche Hallung des Textes eine beftimmte
Opernku.tur verbtirgte. Das war die Zeit Metaftafios. Die Texte diefes Dichters find ein Be-
Itandte,! der oh,zieiIen klafMchen Diehtung, die nach dem Mufter der Hoftragodie in gehobenem
Pathos ihre Handlungen formte, Liebesgefchichten, Szenen der Eiferfucht und jegliche Art von
imngen, die dazu gehoren. Es war ein beftimmter Kreis von Vorgangen, der fich immer wieder-
ho te und dem Komponiften die bewahrten Nummern lieferte. Da auch die Kultur der Kom-
pofn.on in d.efer Zeit naeh gleichen Gefetzen verlief, fo gab es eine Obereinrtimmung in der
upera ler.a, die menials vor Problemen zu fchaudern brauehte. Die Texte Metaftafios, dichterifch
vuii emer eigenen Scliunheit der erhabenen Spraehe, bedeuteten einen fo unabanderiichen Befitz
aubiie haung v.m den verfchiedenften Komponiften vertont worden find und daB fich ein
wahrer Wettbewerb entwickelte, fie immer wieder in neue Mufik zu fetzen und fie der Zeit zu
ernalten. Dies war ein beneidenswerter Fall.
Ich fpreche jetzt von dem Fall, daB der Komponift fich den Text felbft herftellt. Der Grund
dazu , ft, fobald die Fertigkeit vorhanden, zwiefacher Art. Entweder ift es einfach Routine, die
die doppeite Arbeit gleich felbf: bdurgt, fo war es bei Lortzing. Oder es ift im Gegenteil die
hOchfte Not urn die Einheit feines Werkes, die den Komponiften dazu treibt, fich felbft vorzu-
"l n .'. D ?? l \ d Z Fa " bCJ Wagncr Umi aildl bei Pfitzners Pal ^ina. In diefem Falle treten
tgelmaBig Verfeh.ebungen auf. Der Komponift, befeelt, von der GruBe feiner Aufgabe, halt nicht
tin be. der b.oBen Schriftftellerei eines Textes, der ihm dann beim Komponieren genehm fein
wird, fondern ,m BewuBtfein feiner Miffion ladt er nach der dichterifchen Seite liber das Mal3
aus und milt feme Arbeit mit gedanklichen Problemen oder ftofflichen Exzeffen, die ausflieBen
Wagner hat im Tnftan, im Ring und fogar in den Mcifterfingern fich felbft damit Schwierigkeiten
bere.tet, die die geniale Art, in der er far jede Oper eine cigene Textfprache und fogar Reimart
ertand, vieltach hefchatten. Pfitzner hat im zweiten Akt Paleftrina fich fo in feinen gefchichtlichen
„ , y." ore "' daB ^ r die Dramaturgic des StUckes entgegen feiner eigenen Abficht aus der
Hand heb. Was m folchen Fallen entfteht, ift das oft fehr bedeutende, aber immer ganz fubjek-
tive Werk ernes Kiinftlers, aus dem fich die Kultur nicht entfalten kann. Die Verfuche werden
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MS
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irnmer wiederkehren und werden doch zur Diskuffinn des Problems wichtig fc-in. Das neuefte
Werk, das Richard Strauft unter der Feder hat, bringl eine von ihai felbft gediehtete realiftifche
Szenerie, die feincrzeit Staunen erregen und die Geifter fehr befduutigcn wird.
Der dritte Fall bedeutet die Kompofition fertiger Dichtungen. Flier t i ei^t beim Kumponiften
der l'tarke Eindruck eines bereits vorhandenen Schaufpieles vor, das ihn nieht nur in feiner
dichterifehen Qualitat reizt, fondern fofort Quellen feiner mufikalifchcn F.rtiiulung fpringen lal't.
So komponierte Dagomyrfchki den „Steine:nen Gaft" von Pufehkin, um daraus feine geuiale
moderne Don Juan-Oper zu geftalten. Debuffy kumponierte Maeterlincks „ Pel leas und Melifande".
StrauU die „Salome" von Wilde und die ,,Elektra" von Hofmannsdial, mit geringen Andernngeu
des Originals. Bei Debuffy blieb es cine impreffioniftifche llluftratiou der pfalmodifch v^rge-
tragenen Diehtung. Bei StrauB wurde es fymphonifehe Op or tippigfter Faktur. Es rnhen in der
Literatur noch manche Texte, die faft unverandert auf iliren Komponifkn warier:. Die ..Mitfehuldigeiv
von Goethe find ein ausgezeichneter Text fur eine Buffouper. Ich weilJ nieht. <tb die Kf»mp"fiiiun
der Mary Wurm die andern Mufiker der Miihe iiberhoben hat. Ein Text, glatt zum K.mipimieren*
find auch die „Romaritifchetr' von Roftand, aber der Dichter weigcrte I'ich fiandhni't, vertum zu
werden. In jedem Falle find auch d : es nur Gelegenheiten. die den guten Gelchmaek der Mufiker
be?eugen, aber eine Norm fUr die Operndiehtung niclit abgeben knnncii. Eine D'chlung, iMn
entweder zagedeckt oder illuftriert wird, ift keiu Gel'etz.
Die beftimmte Vorliebe einzelner Konipnniften ftir Texkiichkr il't der merkwiirdigUe Fall
von Zufammenarbeit. Er ergibt fich mei ft aus der praktil'ehen Erwagung. ciaLi die gegeufeiiige
Ein ftel lung vorhanden ift. So bevorzugte Lulli i\\ii\ Quiiuiult. Gluek den Calfabigi, Mnzari den
Daponte, Meyerbeer den Scribe. Die Anregungen gehen in diel'en Fallen liin und iier. Bald
kommen fie vom Komponiften, bald vom Dichter. DiV StoiTe felbft find dabei Nebeufaehe. Sic
werden aus all den Bereichen gewonnen, die Liblich find: Mythologie, Gefchichte, Ronianlueratur.
beftehende Dramen oder freie Erfindung. Unter den Ehen der Komponiften und LibrdnTien ift
in neuerer Zeit die von StraulS und Hnfmannsthal befunders meikwurdig gevvorden Vv'ir be-
obachten beim Dichter den Widen, den Kompunifteu zu neuen Dingen zu reizen, n (.■;:-.■ Wei [en
ihm zu erdfmen, auch wo er felbft von der mui'ikalifchen Praxis wenig Ahnung hat, und anderer-
feits beim Komponiften den Reiz, geracie diefe Widerfuinde zu breehen, das fcheinbar Unkom-
ponierbare in den Ton zu uberfetzen und weder durch Rjalismus. noch durch Symbulik fich in
der Kraft und Ausdauer feiner Phantafie ftoren zu laffen. Was fie beide vereinigt, ift das Beftreben,
auf einem Gipfel der Kunft Hch zu treffen, Niveau zu halten und neue Dinge zu erproben. Aber
ein bodenftandiges Gefetz, von dem fie beide ausgehen, ein Ziel, das fie beide eTreiehen wnllen,
gibt es niclit. Es ift eine Arbeit von Fall zu Fall. Jedneh bedeutet es das Hoehfte an geiftiger
Verwandtfchaft, was im Verhaltnis des Tondichters zuui Textdichter bisher erreieht wurden ift.
Die Atmosphare ift da, es handelt fich nun um den Stil.
Wir find heut foweit zu wifl'en, daft der Stil nieht b!ol.> die Praxis der dramatilehen Situation
und die Ausfchlachtung guter Stofie fein kann, fondern datt er fich in ganz beftimmten Forderungen
und in klaren Formen zu aulkrn hat. Es liegt I'oviel Arbeit hinier uns und fuviel Choas um lius,
dali wir deutlich fagen mUffen: alles hat Unterbau zu fein fur die Mufik, 1'zenifehe Eini'achheit,
das Wort nur ein Ausdruck der Gefnhle, ohne viel Gefchehen, uhne Sentenzen und Realilaten,
eine Selbfiverftandlichkeit, die fich der Empfindung fofort mitttilt, klar im Biide. das fich dem
Auge bietet, a Is Untervor ftel lung der Mufik, die auf die fern Grunde ill re letzte Spannung erreiclien
kann und foil. Alfo die Mufik foil herrfchen, nieht dienen. Aber das Ubrige foil nieht zuiailig
fein und nieht fekundar, fondern eben aus diefer Stellung zur Mufik feineu eigenen Stil gewinnen,
ohne Oberfchiiffe, Exzeffe und Verfchiebungen. Das Gefamtkunftwerk ift unmoglich. Das
Kunftwerk muB im Triumph der Mufik jiegen, die alles andere unter fich und naeh fich gliedert.
Indeffen verfuchen die Dichter entgegeir zu kommen. Rolf Lauekner hat eine Diehtung „Frau
im Stein" erfcheinen laffen, als Probe des neuen Operntextes, und gibt ein Nachwort liber das
Problem. Er erkennt das Wefentliche ohne viel Reformphilofophie. Er hofit ficli vor allem Klar-
licit des Bildes, malerifdie Unterftiitzung, Deutlichkeit des Gefichts. Jn dieter Projektion deS
Seelifehen ins Bildhafte iiegt der bedeutungsvollfte Unterfchied von Wort- und Operndichtung.
Mehr nnch: in ihr iiegt das Wefen der Operndichtung felbrt und die notwendigfte Vorausfetzung
.iir die Lofung des Problems. Es gibt ein Bild des Schmerzes und ein Bild der Freude, eine
Farbe der Tugend und eine Linie des Lafters, die alle jeweils in den ihnen beftimmten Rahmen
zureeht und mit dor andaclitig fehaffenden Empfindung des KUnf tiers eingeftellt, zi; fprechen,
^ kiinftlerifch zu leberi begiunen und uindeutig Wefenart, Seeie, Gefchehen widerfpielen. Es gibt
eme Gefte des Zweifels unci ein Licht der Zuverfieht, eine Farbe der Schuld und einen Flecken
der Neugier, die alle im Opernkunftwerk RoIIen tragen, voll Leben find und eigner Wirkfamkeit."
Am das Bildhafte, in dem Wort und Erfcheinung als Unterbau der Mufik von einem modernen
fcharfen Stilgefuhl her eingegliedert find, ift die „Frau im Stein" fehr empfehlenswert entworfen.
Es lincl ftarke, kiirze, zum Ton auflordernde Szenen von elementarer Inhaltskraft. Xhefeus von
Ariadne ins Labyrinth geiuhrt, der Klang ihrer lockenden Stimme, feines liebenden Begehrens,
die waliende Wandlung des HOhtenafpektes, Tod des Minotauros im dunklen Zenfrum, drauBen
ihr feliges Wiederfindcn — alfo rhythmifch, bildhaft, dynamifch geordnet, die Worte nur Erf nil-
ung der Situation. Dann ai:f dem Schiff Thefeus zwifehen der fchwarzen, nachdenklichen,
nielnnehoiifehen, fchon in den Stein fich hineintraumenden Ariadne und der blonden, heiterenj
leliensvolkMi, Iaunigen, verlockenden Schwefter Phadra- in Szenen und Stellungen, die das
Liebesfpid und die Gegenftrebungen an fich ausdriicken, von Worten leicht behangt Dann auf
Naxus Spiele der Phadra mit den Madchen, Sonnigkeit, Lebensluft, Fang des Thel'eus und
Ariadnes Alleinbleiben, Tempelgang zum Pofeidonpriefter, Klage, Ahnung und Erkenntnis der
Verlal'feiiheit. Dann, vielleicht uberfliiBig, Fortfetzung von Ariadnes Klage vor dem Priefier, fchon
felfige Szenerie. Endlich ihr Steinwerden im Felfen unter letztem Verhauchen der Worte. Lauckner
I a lit fie nicht von Dionyfos befreien, wie Hofmannsthal in feiner Ariadne. Er fiihrt den Bogen
herunter und fchlielit im Niobeton. Man vergleiche des Kaifers Steinwerden in Hofmannsthals
March en „Frau ohne Schatten". Hier im March en eine dichterifen tiefe phantaftirche Vorfteliung
fchwebender, geheimnisvolier Ereigniffe, die die Gauge des Gehirns allmahlich weithin, immer
weiier trau mend einfehlafen laffen. Beim Operndichter fcharf umriffene Situation. Die Tatfachen
des Stils find gegeben.
Aber warum Mythologies Diefe Figuren bleiben Symbole. Wir nahern uns ihnen nicht
von Herz zu Herz. Es bieibt ein Poem. Wichtiger noch wi:d rein, die Operntextmogiichkeit
aus alien andern, atis den uachft liegenden Bereichen zu gewinnen, nach MaBgabe diefes Srils.
Wagner ftellte das Allgemein-Menfehliehe als Bedingung auf, er befolgte es nicht immer, dufci?
Inhaltskonftruktionen und Philofophieabftraktiunen geftort, wenn auch Waldweben Oder Drachcn-
fpiel beileibe nicht lo Jiterarifch ■■ find, als Lauckner glaubt. Aber heut find wir fo weit, diefen
wall re n Mylhos in all em Lebendigen zu fell en, das uns umgibt Findet den Stil, dies zu faff en,
als Unterbau der Mufik, die liberal! klingt, wo wir fie horen wollen. Reinigt daraufhin das
Reale. die Statlt, den Markt, das Zimmer, den Larm, die Gemeinheit und die Religion, den Ehr-
geiz und das foziale Gewiffen. Da habt Ihr es! Bis hinuber zur Groteske modernften Spiels,
in der unfere Leic'.enlehaften Kopf ftehen. In der Literatur ift es fchon gegeben, jetzt wendet
es wirklich an und erloft es in unferer Mufik.
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Amerikanifche Mufik?
Von Cefar Saerchinger
((■Correspondent des Music.il Courier)
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In dem grauen Zeifalter vor dem Kriege — es iff wohl fedis Jahre her und fcheinf
wie fechzig — faj3 idi einmal im Arbeifszimmer Profeffor Chadwicks, des Leiters des
New England Konfervaforiums in Bofton. Man karn auf amerikanifche Mufik zu fprechen,
bis der wiirdevolle Herr Direktor fragfe: „3a, was iff denn das eigenflidi, — amerika-
nifche Mufik?" Hierauf verlegenes Sdiweigen; denn jeder wuf5fe: von Amerikanern
komponierfe Mufik gab es in rliille und Fiille, aber ....
Das war noch die Bliifezeif des damals hodhverehrfen Dr. Muck als Dirigenf des
Boffon Symphony Orcheffers. Diefer „ungekronfe Konig von Bo]"fon" (es gab deren
zwei: den Dirigenfen des Orcheffers und den Prafidenten der Harvard Univerfifaf)
haffe kurz vorher dem groj5en Kunftgonner Higginfon den Vorfdilag gemachf, mif dem
prachfvollen Boffoner Symphonie-Ordneffer eine europaifche Tournee zu unfernehmen;
Higginfon aber haffe abgelehnf „fich lacherlidi zu machen". Warum ladierlich? weil die
Berliner, die Parifer und die Wiener fich ficherlich iiber eirt ,.amerikani)'dies" Orcheffer,
in dem nur alfe Landsleufe von ihnen fajSen, armifierf haffen.
Was namlich der gemiifliche Herr Chadwick und der koniglich-preufrifche Kapell-
meifter Muck — die beiden Schulkameraden vom Leipziger Konfervaforium - nicht
Wuf3fen oder wiffen wollten, war, da£ fchon fei( zwanzlg 3ahren ein neuer Sfamm von
Mufikern heranwuehs, der zwar nicftfs der Leipziger Tradition gemaj5es leiftefe, und
deswegen audi nichf zu Worfe kam, dennoch aber fchon von wirklicher Bedeufung war.
Eine Parfifur des Urwiichfigffen diefer Neufch&'flfer wurde denn audi von Muck mif der
lakonifchen Krifik „nigger mufic" zuriiikgewie,'en.
Nafurlich war es „nigger mufic", genau wie man einen Teil von Grieg's oder
Dvorak's Kompofifionen „8auernmufik" nennen konnfe. (Darin aber lag ihr Werf fur
Amerika). Dvorak felbff haffe fchon vor dreiJ5ig Jahren diefer „nigger mufic" Ver-
ffandnis enfgegengebrachf, und nodi heafe fchaffen feine Sdiiiler in Amerika — auf
feine Anregung hin — amerikanifche Mufik. Von Grieg wiederum kam ein Einflufr
der fro& aller Einwande nodi lange feine Wirkung haben wird: der Einfluft des
Rhyttiinifch-Malerifchen, mif volksfiimlichen Elementen verbundenen, deffen Haupfverfrefer
der geborene Amerikaner MacDowell war.
Dvorak wirkfe eine kurze, dafiir aber umfo bedeufjamere Zeif am National Kon-
fervaforium in New York; MacDowell hingegen wurde Mufikprofeffor an der dorfigen
Columbia Univerfifaf. Hier opferfe fich diefer halbkranke Mann ganz feiner Sache,
gab unzahligen Schiilern fagelang llarmonieffunden, Tagen, an denen er haffe kom-
ponieren follen. Er felbff war aus Deuffchland, wo er hohes Anfehen geno£, von Lifzf
und Raff zuriickgekehrf, um fich ganz feinen minderbegabten Landsleufen zu widmen.
3edes Jahr, wenn das europaifche Sfudienffipendium, das „Mofenmal Fellowfhip" zur
Ausgabe gelangfe, nahm er dem Sfipendiafen das Geliibde ab, zuriickzukehren, um
in feiner Heimaf weiferzuwirken — als am erikanifcher Komponiff. Mif Recht haf
man das Heim diefes Mannes, in den jfchonen Bergen von New Hampshire, zu einer
Arbeifsjfaffe junger Komponiffen, Didifer und Kiinffler gemachf. Hier, inmitten eines
gro)5en Tannenwaldes, in Sfudierhiitfen (log cabin ffudios) arbeifen fie unbehelligf den
Sommer hindurch, und werden in gradezu idealer Weije durch die MacDowell-Stiffung
verforgf. Die Wifwe des Komponiffen ffehf felbff an der Spi£e der Gefellfchaff.
S5e haf MacDowell's Landguf der Stiffung vermachf und reiff alljahrlich im Lande
herum, um durch Vorfrage weifere Unferffii^ungen zu erwerben. Das Ideal, jedem
90
V4 l );
fchaffenden Kunffler eine Arbeifsffaffe inmiffen der Nafur, auf hifforifchem Boden zu geben,,
iff fur Amerika von befonderem efhifchen und affhefifchen Wert uitd es iff radii aus-
gefdiloffen, da)5 eine eigenarfige Sfilenfwicklung die Folge der Beem?]up\ing durch
Nafurffimmung und Volksefhos fein wird. Die allfommerlicheii Mufikfejfe im Freien
(auf einer Nafurbiihne, von der aus man den Blick iiber unendliche Tannemralder bis
hinauf zu dem blau-umnebelfen Mount Monadnock erhebf), bei denen Chore und
Crchefferffiicke einheimifcher Komponiffen, nafionale Tanze und die Raffe fymbclifierende
Urnziiye aufgefuhrt werden, geben immer neue Anregungen zu charakferiffifch-
nationalem Mufikfchaffen.
Es find denn audi in erffer Linie die Komponiffen der „naficnalijfifchen Schule",
weldie fidi der Bewegung angefchloffen haben. Diefe Schule gehf aus von den Verfuchen
der friiheffen amerikanifchen Komponiffen (z, B. des 1829 in New Orleans geborenen
Kreolen Louis Moreau Gofffchaik), den Negern abgelaufchfe Fragmenfe mufikaljfch zu
verwerfen. Gofffchalk's „Bannanier" von 1845 war wohl der erffe diefer Verfuche.
Spafer kamen die ahnlichen Beftrebungen ausJandifdier Komponil'fen (Dvorak efc.) hinzu
und in neuerer Zeif die wiffenf chaff lichen Forfchungen der Volkskunfffarnmler wie Burton,
Farwell, Brockway und Sharp, zu denen audi der deuffche Alberf Friedenfhal gehcrf.
Diefe Forfchungen haben fiefe Quellen urwiichfigen Materials erfchloffen, fowohl
bei den Schwarzen und Kreolen des Sudens, wie bei don fpanifdien Volksiiberreflen
der Weffkiiffe, den ffark keif if ch durchfefjien Cowboys des Weffens, und I'ogar bei den auf
Refervafiouen zufammengedrangfen indianifchen Sfammen. Audi [ind bei der Gebirgs-
bevolkerung von Kentucky und Virginia, diefen von der Kuifur faff ganz abgefchloffenen
Menjcheninfeln, wo jahrhunderfelang die aus England mifgebrachfen Siffen und Brauche
zwar -bewahrf, z. X. aber audi ganz eigenarfig abgeanderf und bereicherf wurden,
fdione, eigenarfige VolksJi^der und Tanze enfffanden. Diefe hat der junge Komponi£f
Brockway mif durdiaus modernen, dem Charakfer der Melodien angepap*fen Harmonien
verfehen und unfer dem Tifei ,Xonjefome Tunes" (Einfame Weifen) herausgegeben.
Obwohl off darauf hingewiefen wurde, da]5 weder Negerlieder nodi Indianer-
melodien eigenfiiche ..amerikanifche" Volkslieder feien, iff doch nidif zu leugnen f da)3
diefe exofifchen Sfamme jefsf ein fejfer Beffandfeil unferer Bevolkerung geworden find,
und unfer dem, Einflup' derfelben bodenffandigen Eigenarf des Landes ffehen, wie wir.
Ferner iff eine bedeufende Raffenmifchung eingefrefen, die in den phyfiog-
nomifchen und mehr nodi den rhyfhmifchen Charakfereigenfchaffen des Volkes fchon
ihren Ausdruck gefunden haf. Jedenfalls iff durdi das Negerlied mif feinem eigenarfigen
fynkopifdien Profil unfere Volksmufik ffark beeinfluJSf worden, haben ausjchliej31ich
amerikanifche Komponiffen dasfelbe ffilgemap' zu verarbeifen vermochf, fo da)3 es heuf
zum eigenflichen Volkshed Amerikas geworden und einem grojSen Teil der Bevolkerung
fchon von der Wiege her bekannf iff.
Die „nafionalen" Komponiffen fi^ien den Negern ihre fief-melandiolifchen, ekffafifch-
religiofen, von herber Erinnerung an eine barbarifche Vergangenheif durchfe£ten
Melodien abzulaufchen, urn fie zufamrnen mif den „Rag-fime"-Rhyfhmen in moderner,
aber Jpezififch amerikanifcher Farbung wiederzugeben. Ebenfo wollen fie indianijche
Fragmenfe verarbeifen und die vielen anderen volkifdien Anklange, fowie das eigenf-
iiche Volkslied ausnufjen, das, (ro& feilweifer Negereinfliiffe, einen fo ausgepragfcn
nationalen Charakfer haf. Stephen Foffer. der amerikanifche Silcher, iff das Genie
diefer Gaffung. Und nodi unlangff genugfe es, da)3 einer der bekannfeffen Verfrefer
der nationalen Schule eine fypifche Volksmelodie in feiner Parfifur einfach als „alla
fofferamenfe" kennzeichnefe, um den Sfreichern den Ausdruck zu foufflieren.
Es iff nun manchem der iiingeren Komponiffen gelungen, auf diefem Gebiefe
eigenarfiges zu fdiaffen; aber gerade diefe Eigenarf haf ihnen im Wege geffanden,
9i
ill
1
wenn lie von deuffchcn und neuerdings franzdiifchen Dirigenfen und Akademikern An-
erkennung juchten. Arthur Farwell, der Griinder cines ausjt'dilie)51idi amerikanifdicn
Verlages, ,.Wa-Wan Prefp genannt, hat in dem erl'ten Dezennium des Jahrhunderfs
eine Reihe , f nafionaler" Werke herausgegeben, welche durch die zu diel'em Zweck ge-
griindefe Neue Mufikgefellfchaft in New York und anderswo aufgefiihrt wurden. Es
ift bezeichnend fur den Umfchwung der lefjfen Jahre. da|5 der ganze Verlag. dellen
Beffande fruher grund Jag lien von den gel'chaffsfiichtigen Verlegern zuriickgewiefen
wurden, und der fidi auch faffachlich nidit rentierte, nunmehr von den bedeutendften
Haufern aufgekauff worden ift
Farwell VelbVt gab Bearbeitungen indianifcher Gefange und Kriegsianze, fowie
Volkslieder des Siidens und Weftens heraus; andere wie Harvey Worthingfon Loomis.
Henry F. Gilbert, Frederick Converge und Charles Wakefield Cadman benu^ten teilweil'e
fpezififch amerikanifche Themen, die von einfachen Negerliedern bis zu der rhapfodifchen
wild-vollblufigen Dichfkunft Walt Whitmans reichen. Unter den Jiingffen find wohl der
Pianift lohn Powell (Komponiff einer ..Sonate Virginianesque") und der Neger Harry
Burleigh, ein Clunger Dvorak's, der die fchonen Volkslieder feiner Raffe ftimmungsvoll
und ffilgefreu bearbeitef hat, die bedeutendffen.
Der typifche Vertreter diefer Gruppe aber ift Henry F. Gilbert. Schon fein Lebens-
lauf war echt amerikanifdn und bedingte vollkommen kiinfflerifche Selbftandigkeit. In
Somerville bei Boffon als Sohn eines armen Schulmeifters geboren. lernte er das
Mufizieren fozufagen aus der Luff. Von Anfang an auf fidi felbft angewiefen, fing er
an, Handwerker und zwarNotendrucker in feines Onkels Druckerei zu werden. wurde
aber durch feine abcnteuerfudiende, freiheitiidie Veranlagung von diefer ..redlichen"
Laufbahn abgebracht. Die Welt kennen zu lernen. fchlug er fidi in ihr herum, in
Dorfern zum Tanze fiedelnd, in Florida Schmetterlinge fangend (feine lepidoptera
Sammlung ift in der Havard-UniverfitafX auf der Chicacoer Welfausftellung als
Gafthausgehilfe Torten fchneidend. Als er hier, in feiner befcheidenen Sfellung ein en
ruffifchen Fiirften unter den Befuchern entdeckte. ftiirzfe er foforf mif Fragen
iiber ruffifche Komponiften iiber ihn her, und der erftaunte Fu'rft erfuhr bald,
da£ der Mann in der '- j eiJ5en Schiirze Rimlky-Korl'fakoffs Parfituren beinahe aus-
wendig kannfe. Dar war 1S93 3
So kam er audi nach rZuropa, wo er in Paris Charpentier's ..Louife" zum erften
Male horfe, und fich jo an diefem Werk begeifterfe. da£ er endgiiltig den Enffchluft
faj3fe, f fich ganz der Mufik zu widmen, urn etwas diefem Werk entfprechendes auf
heimifchem Boden zu fchaffen. In feiner Hiitte im Walde, faff ohne Mittel. fing er an
zu arbeifen. Fur den eben zuriickgekehrfen MacDowell kopierte er Sfimmen und
fammelte inJianifches „Maferiar, als Enfgelf fiir den Unterricht Hier komponierfe er
feine zwei „Epifoden" fiir Orcheffer, in denen er Negermufik verwandte. und druckfe
fie dann eigenhandig; denn wer haffe dafur Geld hergegeben!
All das enfbehrfe jedes Anklanges an deutfche Klaffik, die allgemein noch als un-
enfbehrliche Grundlage gait. Gilbert felbft verehrf fie, ohne ein naheres Verhalmis zu
ihr zu haben, er vergofterf Wagner, wahrend ihm Brahm's unausftehlich iff. Doch
infereffierf der Rhymmus der Strafe, das „Rag-fime", der verwegene, freche, un-
gebildefe, amerikanifche Volkscharakfer ihn mehr als alle europaifche Mufik.
Ein fcharffinniger, auslandifcher Komponiff, der Gilbert's Mufik horfe, rief fcfort aus:
„Ah, der amerikanifche Chabrier!" Ganz richtig: feine Luftfpielouverture, die einer
Oper iiber Joel Chandler Harris' pu^ige Volksmarchen vorangehen follte. feine
„Americanesque'\ die die Zirkusffimmung der fogenannfen „negro minftrels" — jener
gefchwarzfen Komodianfen, die Sfadf und Land mif ihren dummfchlauen Wifjen und
ihren Pfeudc-Neger-Schlagern frohlich machen — verewigf, feine Neger-Rhapfodie, in
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der er die religios-barbarifcbe Ekftafe des Siidffaaten-Schwarzen ffiiifiert, und endlich
fein ..Tanz im Place Congo", eine fymphonifche Dichtung in der er die Sklaven-Tragik
zu kraffvoll-pathetifchem Ausdruck erweckf - all diefe Werke find ethnographifche
Dokumenfe impreflioniftifchcr Wirkung wie efwa Chabrier's „Efpana".
Bedeutet die nafionale Sdiule eine gewiffe Emanzipafion von der deuffchen
Schablonenromantik, fo 1'iihrte die Frankreidi folgende impreffioniftifche Sfromung zu
volliger Befrciung von der deutfrhen Technik, insbejondere vom Wagnerfum, das
nafiirlich audi das fiache Land der anerikanifdien Geiffeswelf iiberflutef haffe. Diefe
Richfung geht hauptfachlieh von dern Elfaffer Charles Martin Loeffler aus. der trot?
feinesfrankophilen Bekcnnfniffes viel lndividuelles geleiffef hat. Werke wie„La Villanelle
du Diable", «A Pagan Poem" und ..The Myftic Hour" bedeuten die hochfte fechnifche
Stufe, die in Amcrika erreicht wordert ijt. Loeffler iff feif feinem dreiundzwanzigffen
3ahre in Amerika, alio |chon ~S1 Jahrc.
Hier ware noch John Alder; Carpenter (Chicago), Blair Fairchied (New York),
Edward Burlingame Hill (Boston). Charles T. Griffes (New York) und Leo Sowerby
(JS95 in Michigan geboren) zu nennen. Bejonders der erffe hat mif Klavierftiicken,
Liedern (farbig-klangvolle Vertonung der ..Ghitanjali" von Rabindranafh Tagore), einer
Jaunig-reirvollen Ordiefter-Suite ..Abenfeuer in einem Kinderwagen", und kiirzlich mif
einer groj5en Symphonic viel Anklang gefunden. Vom franzofifchen Impreffionismus
ausgehend. find feine plaffifdien und kraffvollen Werke mif volkifdien Elemenfen durch-
fc(jf. Hill und Griffes haben eine verbliiffende Tedinik auf dem Gebiete der atmo -
fpharifchen Tonmalerei : erfterer ftehf neu-rujfilchen Einfliiffen nichf fern, und lefjferer ver-
arbeifef fapanifche und chinefifdie Anklange mif feinem Gefchmack Sowerby gehf
Idion ins expreffioniffifche der Richfung Stravinsky.
Die modernen Ruffen haben natiirlich einen bedeufenden Einflup" auf Amerika
ausgeubf. Schon durch das Ruffifche Orchefter in New York, das von Modeft Alffchuler
geleifef und lange von der aken Zarenrcgierung unterffiifcf wurde, find die Amerikaner
mif der ruffifchen Tonkunff bekannf gewcrden. Die ruffifch-judifdie Einwanderung hat
audi das dazugehdrigc grope Publikum gefchaf'fen. Tfthaikowsky, Glazounoff, Moufforgsky
(deffen .Boris Godounofi" ems der Haupf-Reperfoireffiidse der Oper iff), Borodine,
Balakireff, fchlicplidi ScrJabin und Stravinsky, die beide Amerika befudif haben, werd^n
viel aufgefuhrt. und nie war ein Pianiff popularer, als je^f Rachmaninoff, der nodi
immer unfer Konzertpublikum begeifterf. Nun haben wir auch Serge Prokofieff, den
fabelhaften Pianiften und expreffioniftifchen Komponiffen kennen gelernf, deffen Mufik
aujSerordentlich gefallf. Eine Oper von ihm wird jetjf in Chicago aufgefiihrf.
Unfer den jiingften Amerikanern geben Komponiffen wie Leo Ornffein, ein noch
in Siidrupland geborener Jude, die gropte Anregung. Ornffein fraf im erffen Kriegsjahr
zum erffen Mai an die Offenflichkeit mif Klavierkompofifionen fo ungewohnlicher Art,
dap* man ihn fur einen Geifteskranken oder Charlatan hielf. Dodi erwies er fich als
ein fehr falentierfer Mufiker von ffarker Individuality. Bei ihm iff wohl auch der
Einflup' Schonberg's zu fptiren, defjen Klavierfttid^e Ornffein vorfrug, und deffen Hammer-
und Orchefferwerke mehrfach aufgefiihrf wurden. Audi unfer den vielen Amerikanern
der d'Indy's Schule, wie Chalmers Cliffon, John Beach u. a. gewinnf die ulframoderne
Richfung immer mehr an Boden.
Der Krieg hat die Sfudienreifen vorlaufig unmoglich gemachf, fo dap" viele an-
gehende Komponiffen fich mif in Amerika anfaffigen Lehrern begniigen miiffen. Die
alferen Komponiffen, wie Edgar Sfillman-Kelley, Arthur Eoofe, der kiirzlich verfforbene
Parker, fein Nachfolger David Stanley Smith und auch jiingere wie Daniel Gregory
Mafon an der Columbia Univerfitaf, Arne Oldberg an der Norfhweffern Univerfitaf,
Eric Delmarfer in Chicago, Farwell, Hill etc. haben alle grope Schiilerkreife urn fieri
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gebildef Waluend des Krieges haben lich nun audi Kunffler erjfen Ranges w.e der
SenmeiE Auer endgiiltig in Amerika niedergelaffen. So audi der Stfiwe.zer
KomS Ernetf Bloch, der driiben [einen erjfen gropen Erfolg geteiert, feme beffen
Werke voUende! und verleg. hat. und a.lgemein als einer ^der wirkhchen _M«l«r an-
gefehen wird. Weder franzofifche nod, deuffdne Zuge uberwiegen m feme. MuUfc.
und als amerikanifdier Sfaafsburger will er auch als Kiinftler Amenkaner fern. Sen
EinfiuS wird tidier fief gehen und weiihin Wellen fdilagen.
f Der gleione Nafuralifierungsprozep if. wahrend des Krieges von vielen hunfton
vollzogen word en : haupffachlich von Dirigenten und den M.tgl.edern .hrer O nhelter.
Bekannfe Virtuofen, wie Qabrilowifch. Bauer, Carufo. Grainger bekennen .A ate
Ame'kaner. und mehr und mehr verlangt man die Anerkennung der e-heuu.fdnen
Se fo if denn audi ein groper Teil des Opernperjonals ,e&t amenkanilch. Dil
Ster weifen einen immer groperen Prozentfa 5 geborener Amenkaner auj und
voralem die Programme zeigen immer mehr am.erikanitdie Ti.el. Fait ke.n L.eder-
fanger friff auf, ohne einheimifchen Komponifien einen Plag e.nzi.raumen.
Esijf alio anders geworden in den fechs Jahren. die zuri ickkegen Em ame, -
kanilches Orchejter kann. und wird jeCjt nach Europa reifen. ohne ),«h Jacherhdi ,u
machen" Amerikanifdie Kunffler werden auf fremden Buhnen auUreten. mchi als
fVahetund ba.d werden amerikanifd.e Homponif.en auch auf curopa.Jd.en P^—
fehen Vielleidnt wird es fogar gerade die bewupic ..nigger mufic Jem, die <.u«W
herankoinmf; denn wenn wir a ■* noch am Eklehfianus leiden. fo mup mar. dod, em-
geffehen daf5 hier wirkiidi amerikanifdie Mufik vorhancien i)t.
An der deuftchen Romantik find wir herangewadiic. a., der jn.nzoWd.en Ton-
male^e! haf fid- der Gefchmack verfeinerf, an der ruffifdien Modernen haben w.r un,
S geSrW . ■ - an dem unviidifigen Amerikanismus allein fanden w,r unjer
Glei Was W aber iff Amerikanismus? Man kann nor fagen, was er nich. iff Zuir ■ Beifplcl
iff er nkhf Anglozismus. Denn obgleidi svir englifch fprecher, ^ audi das - nur
feilweife - wiirdc jemand behaupten. dap Walt Whitman uno Maik
Twain Englander waren oder cs fein bonnfenf
94
Bemerkungen eines mufikaiifchen Laien
.Mired Dublin.
h's wird T;]<4 inul Nadu -i-c^ui, :;e!rnnken. ye
imhI s,, wdtcr. Dam-ben ;indi ^■•nn^'ii. uddimpcrt
^•Iil;is L -n. ki.iiip«»iiiiTi. Man wt-iti nicht livnait. wcldiui
/week das l.ebcit hat: wir wmIK-ii da- I>^n mid friiil-Leii
aid sidi bernhen l.-isst-ii. htwasM. m T:mi[.:te man schun
si-in dandier, was diii^e TiUUdicilcn iuucrhalb des Ubetts
M-lhsi be/weckeu. Weim cin Schneider Ldiiflli.se niacin,
<>dcr eiuen Rudi, so wdlj er und idi und altv, die sidi
drum kmriinern, woraul dieses Sdmeideni hinausi.'.ehi :
ciiier bratidit die Muse und den Ruck, der Schneider
branch: das field. Den Ruck branch! drier, veil man
nicht in 1 lenulsanneln Iaufen karm. Wenn einer nun
sin.ut Oder klimpcrt uder knmponiert: was denkl er sich
dabei, was denl^n sich die andern dabei, die das ent-
liL^cnudiiiK'ii. U:.lcr I'mstauden bekumuit dcr .Musikam
fur seine Tali-kcit etwas be/ahlt mid su lint die Tiititdant
ja uirien Zweck: er kaim es dabei bernhen lasscn.
Schlielitieh wird cr sich aber audi eimual dabei erwisciien,
dan er sacd, IIuscii nuicheu hat doch mchr Hand mid
I-11O als Musud *en. Jeden Tajj sind in Berlin an den
Anschl.-iKsfiiilcn Plakatc von Konzerten, sie iian^eii an
den Huchbahnhtifen. mit Inseraten werden Spalkn dcr
ZcituiiKCii jicfiilll. Die Konzertsalu sind daraufhin in der
Tat vull; Keschaftlich liillt sich also «cyeii die Sadie
niclits cinwenden, Aber was wollcu imr ernsthaft diesi:
Leuic in den schumin Toiletten, die Ilerren mit cinem
Kuii/ei'tproyranun und dem Butterbrot in der Tascbc.
Man wird einfach feststdleu. daB nocli zwei AbendstiMden
nin/iibrin^eii sind; also wcrden sic utnyebradit. Kcin
.Meusdi erhirmt sidi diescr zwei Stundcn; es ist cine
ViTsdiwuriniri des I'tibliktims und dcr jMusikanten gcfien
die zwei Stundcn mid da;; Attentat gclingt. Abgcschcn
von der restlosen Vernichtung und Ausloscluirig dicscr
/ettspannc hat die j^anzc ^erauschvollc Prozccinr kcirien
erkenntlichen fiffekt, Ich bemcrke wentgstens nicht,
da 1.1 die I.cntc, die ins Kunzert ^angcii sind, sich durch
irucml. etwas nntcrsclieidcn von dcncn, die nicht ins
Kunzert yeyanyen sind. elwa die koine Billets bekommen
haben. lis ist audi jeder iibcrzcutjt davon, dad es so
ist; denn keiner trifft Dispositionen fur seine Hxistenz
nadi dem Konzcrt, vidmdir ist jedcr dcr Meiming:
alles bleihl bdm a I ten. his madit da jjjh keincn Untcr-
schied. oh es sich urn dncn Walzerahcnd uder urn cin
Badischcs Oratorimn handelt; in jedem Kail wird schori
an der Garderobc gedriin^elt, schon aaf dcr Klcktrisclicn
Kcscliimpft. Ich habe nodi nicht gcliiM, da8 Lcutc nach
Anhurcit von einigen Konzertcn ctwa zit einer andcrcn
poiitischen Parlci tibcrgeganqen seien Licit bin iiberzeugt,
dafi Untersuchungui tibcr helangvollc also andauernde
scelisdie Ven'inderimgen nach dem Auhoren von Patiisl-
rina oder Beethoven ergebnislos sein werden; man wird
ganz ausuahmswdse, ganz ganz ausualimsweisc etwas
95
Huli-H /u dicscm -nnderbnicn ICr-cluiiN wciden Abend
i,u A.Hiiu Dill ■■.-ikIl- Vhii (iardcrubeiliiaucn . nl<a,cbotcU,
mvHifiiif Kulik'iima-M.'ii werdcii aus ii.-ist-n.-n knappcn
V,.n:it-n vencnc.l: Ucil'.c K«»pfi: mid Scclcu. die -id.
(uri-ttt-.-is li.iltt.-ii, sitzcn dafnr jahrekm- in ihrcii Kamnicrn
it'Kl brin-en m!t Qi.al u.id Iiibrimsl ctwas licrvnr. b»
L-jbl due An/.ahl Mtusdien. Oil: meisl km J,c I k'me tm-cn.
die sicli SMi-jir verpfliditet fuliU'ii nbcr solehc miudiek
er U chnblnscn /ni-.iinmeiikmiUe eimn wcitcrcn .Mcii-e /u
bciidilcn; diesc Kritikcr wissen in der He-el mmmt s "
weiiie, was tins daii.'e tm cincii /week hai, wic sic
wisM-n, wanmi sic ihru I laare latin wadt-en las-en. In
der Tat, man tut es -cwolmlieilsmat.liL; . es win! alV-itk;
ab mciiseliliehe Tati^kdt au^e-chcn mid s- ■ v;i I "--
wulil eine sun. W.'.s \v;ircn wir, wcnn wir mi^rc (ic-
wolmlteiti'll iiiclit li;ittcii. Sic stcllen m.m-cls vim-
Cjcliirns eineti vnllkmmncneii Deiikersalz dar. Zn ciicr
vr.lli^cn Klarkcil kmnmt man, warn man ik-n aniuen
,MiiMkbclricb von der Stite ciner Gewulmheit iiimnit.
die allc lieu-ilyicii : jluidim;ini« liabcii. Man i-t im
kiitsdieii imd man rutselil. Die Kritikcr wollcn knli-
sieren, die Siiuiicr wollcn sin-en mul fur die /wei
Stmiden musseii [-crliyprmhikti-. tmiende babrikalc v..i-
liandrn sun; aile- wild 11.-11.-I1 dem tihlidien Marktsat/e
bczahlt. Kuiilcktimi, Industrie, das ist des Pndcls Kan.
Wir shut mis cini-. Die G lrdcrubenlnu wird inir
redd hcIkii, die Sanmjrin wild prn-len nnd der K.mi-
piuiist nodi melir; dem !.anpnia]ini'a.eii werden in hnr-
leskcr Art sidi die I laarc slr.inben. hs wird iimc.i nidil-
mat/em Dn bist crkanut niciii kiebcr.
Der Komponisl tut mir kid. idi nicinc der. der
dies mm Must . . Abcr c- hillt niehls. Yer-lcidicn k urn
idi iim mit cincm Kodi. <ier je n;.di i ; ;'i]ii-j.kcit p:kmte
anreuciuie crimideiide Speisen vcrla'U. Das lmi!.:t. idi
[ne ilnn dainit xuvict Khrc an, dem Kmnpembk-n. Demi
cine Speise kann mid: erheblidi verandern. sk kann
midi nidik.il ver-ifkn. [);is kann einc Spei^e mil ab-u"
lutL-r Sidierheit, wenn der Km-h cs will. Alter del
Kuiiiptiiiist kann lilascii iasscit. inimindii, sin-en. kann
iteie ToiialitiiiL'ii eriindeii: nadiher bleib ieli di.di wie
ich war; idi madi midi :ins dem Stanb; an der (laidembe
hat alius trill 1'iide; ob es mm sdu.n war uder nidit
scli'in war, «b man ^ekiatseiit hat ndcr ^e^ahnt bat, es
Nt aus mid bleibt ans, idi babe cs ^em.ssen, hcrzli-'lien
Dank, es war mir ein Ver-nu^en, zwei Vei^iin^eii inui
HiiiisiiKcnfiills slL'ht es nocbmal -edruekt :mf I'apier mid
bekomint dadurdi audi keine andere Wirkmr;
l);,s d.Hi mir lied.i- die Wad it am Wicin. di.-
.M.^-ciliai-c. eui leMc Im.i^M mi-ei C..U. Almin' Ai.nm'
Dli. im-iii .Inii-fken, lawi-bl. dn hi-l -emcinl. D-iv^ii
li-nilV di; tlidi nidn . :il dem l,..di>t-ii l-.inM.lls-cM liei
|)i, W.-irscillaisf. die ie-U- Ibu- sdsmelleit dil in die
C,;u-der. .kilt dn vmi wridiMen l.^-npial/ aull.ibiM
Da n.erkl man die amlt-n- Vmla^in,-. |-. M ein ander-
Vi-a-vi^ /.::■ >\;;dk. \\\ mul a;iv mil der !wm-l. d. i
Kritiker bum den iaa-eu Hb-Miil e,n^ed,ea. da Jbi
,, „idHs ,„ .d::eibe„. Wem, li.m die 1 I m.l da n.dd
/m-kt hat er /.i >diw»-ken. imd wmi Me mm /nn-i.
>,, wird er -dm.-i na-ht M-iireibmi. Da iM iiielM- da-
^taiii : eii. bidilen snr.l (knie.tcn v..r dein -idi binbr. i-
t,:,,!,,, Kurper uin-r dehkatea ...lev leme,; .,ler Duvaim-
li^hen SdmnlK-it: kern 1-Abi''iii«'iiis:ir.> vi.r ^ .'i"'"
Me:i-die:i. Da bi-t dn eef 'Men. mi Ken:, an^ebebel!
S.anrt Minn es ki> Hint; we, :;,m.a!en iM, wml'. an.-.:
W ic er '.ieb bei de- nadi-len Wall! /n bei.elmvn n it.
\V:'ie'H er iiber i:i iy.- 1 a- i= n. a.---. \.--^---d- '. ■
r ni l,, k -i mit/nn,K-ilen. Dmkbedei. O e,lep d.,s ,sl mn
VtM.di Dei !\nlel ...II die -,-t.iideE.- Mim, Imb-li. >amt
,,n,m b.e-f.-arnt. den N-KeiNe,:! m,.i axie.c:.
lt„rde:u. Idi bin mr d:e wiikbebe Nabma-. :mu- imd
die imverblnmtc b.ibllkplem D:e 1 1 - . == i - n ■ i bi-'-i
mill; bevui man niebl d;e .'dn^'-en an^le,. -.!. a . •-. m.
ilbLtiinnpl lliei:! klar >elieii. w.,- die-i-: -.,■■/■■- i...a.a:in.-
KuilMbetlieh war and w-:anl <■- ei-.enlnei: ,n\ .mint
Vur Lani-er Zeil li-iie tell A.^ Weil;. i.ieiil-.ia'a'ri.m:
v.-ii i;;idi. in der (iaiiiis-eikirdie. da- iM kerne Neb.-m
^aebe. Wir sai.len. erne bete.uie iVimiiib D^ ..'
tn;1 !te liiUi iW< Ileiknub ia-m iin-cbe-ur binMi an de.
Wand. Neben mis die m^^e-diinl/le, i,.- = c„ .1-
Kai.ers .K- iluistaals; im I iniler,;, nnd tanbleme v a:
Krieu nnd Sicm Die I..-: war leer. D.^ M.rdi.barv
Cie.idit des Krie^ war in, W.,ui.i : ^ wa; >.. dealbdi,
;,;> drm-kte esMdl-.n.-ml'.enpkn an d:e li-iieii dmndeii
Sdieiben hemn mid iiell -cim- I'.lieke uber nn- nli^na.
S,,[dateu. Olb/iere s.dien in IVI/cii licrmii. -diwar/^e-
kieidete imnieii mil Kindern. Wa^ser ImpiU- vu den
ins-en Si-iliniicii mil' die Idiel.leii. <'bcn -an- man ^>u
den liiiiimiisebeu iMeimn-en. i.ei-e besve-le >id. alb-
/ami Sebbi-se binan,. Da^km/e i.atle e.ne tutc \\ a;;r-
l,eit mid ererilt. .!a tide Walubeil Nndi eiinnal . lieu
Wainbeit. Dies isl das We.enilieiie.
<>>
Tiele Wahrhcil? Was veriaihwu Sic mr ■>>>> .V,.
viiwdilit'i.'.!id: KartciMcncr>
Mulikweisheif der Inder
Von Inayat Khan. (GroBmcister des Sufi-Ordens.*) Autnrisiertc Cbersctzun, von Dr. 1-d.ar 1st
in philosopher Hinsicht 1st kein Untemchied obwohl S ie sicl. nad- uan, ent^en^ctzteni.
zwischen ostlichcr u »d westlicher Musik : beide slnd entwic^c ^ ^^
betrachtct sind beidc der arlschen Kassc entsprunyen, bat.on vnhu \on
el.
litun^en
e Zivili-
dc ein
96
Jiinjiliin: von emem Greis. Die Ju^cml befa!d:;t dem
Ji'ni'jliiu'. das bebmi m;i- /n Ivireihcn. walircm! der
Greis Hijsruhr uml nachdenkl. So verhaiten sich
audi rnndernc nnd a 1 1 l' Miisik. Walimid d.e wcsl-
liche Miisik rasch v<>ran<;eschritren is!, ist die
unserc iricdlich an! ilircn dcielum niun Kissen
lie^ci] uebikben
A ik versdnedenmi Giiinden ;st inj-^-ri- Mnsdc dem
W'>i(i! unbuk.-iiinr. I'nsrrc Musiker vc: i;is>uri nidi I
ilir !.:unl, nnd dann hahen wir weder Svsiem nodi
Organisation Die Lmnpaisdien Musiker interessiereii
sich imr fi-r t!iu 'I lienrie nnscrer Miisik iittd beachten
nich: U it- vie! wietiti-erc Prams: tind danu ist sic
hirer Seltsamkeil we s ' n von den mnsikaliscltcn
Ant'.ritaten Ul'S Westerns m.di ,,idil anerkannt.
Die flint Sinne readcrcn ruir im Vcrnaltnis zn
hirer l-niwickliin^ nnd Ucr tiewnliimni,', timl sie
i-nnric:cn :ili<.'s hietmk, solan^c sic rnit dim nodi
mdil vcrliant siiiJ Dicker Kindrnck dcr Fremd-
amd-eit ist mil anderen Worien nidus als die l'n-
kenntnK mi! Grand dercn V."i»d i:m | midcre Tiere
■ u ' l] hdmnpien, be-vor sic sich niiteinander vertraut
;;cmadit kabeii Die "k'iche Tcndcnz ist nucli hci
dcr immsckhdicn Passe die Prsache aider Phel von
.■■,n;ai:/ an his jet/! -euesen, obwnld cin internationaies
Imiliehs^enild sich entwickeit ha', das tmliuillich
citu's Ta-cs die -ame Welt lianii<niisdi in dcr Mnsik
vcivini-cn u-iid
i-.s isl -any. nattirlieh, dah miscrc Miisik west-
lichen Oiircn tumid klin-t. tta sic ;ms femcren THiicn
iSlinu:>) -ehnmil ist mid bcs<n.dcre Rliythmtn hat
nil! ahs.dnt veisd'iedencm Ansdi u .k. Olireti, die an
AM ,,rdc ;ms melirmen deidnmilk' annesclda-enen
N-teii m:w.mnt siad. [hide:: nnsere Mckidieii at:s
• iir.-.bu-n \-mm imhanmmiscl:. In deicner Weise
-i-l.l es i:a;,ir.:e!: ^nv. .hiiiieitsm.-fr.m nnmckehit dnn
■•rkiilalDdieii * 'Sir mit dcr . -J^hh ntalen Mn^k Ich
selbst, nlnvMhi -ei).ruier Musi-.ur, kuinite nid.nnj... de
eisinp.-n.^-ii... .Musi!; isiVht leuien. bis id: dure': riling
micii dalitii cnlwickdr liattc, sic mi !k-bvn
"•■•■ Hemdhei! liill.lnl mi.. im-eo- ;1 ;■„,;,,;,
V.t.iiuiM*- ,m vin! -,-,] :ir-| u'!h; ;i In! ,| : J | ,.'„. ;„',,,.
■'■'■ ; '-' : •■■ ''■■<•'■ A.i-i.i-r- h. hi> ^;, s.-hitri;::.-:; / , !-,.
i''i:.li:K l^mmvi,. da : l -,c : r damn! ,:;,■],,;, t,,,^,,. „ ;i;
i--^-' :.-h<-t^.-:., : ; v..!U- M d n i. ha. Xid nih !-■:■ M,,m.,
"■"■■' J - ,, -- : ' /' V,-:;. t :: : ,u.i:n;.a;!. ; . waliinul d-T VA-i. a .ich
!i:n l], ' l! "-■"■'lidh :i l-..;i-c;,:-i!> r-ifri- bnnalil !ial. Waln-.-nd
''■" ■■'■-Ih'!"''] !>":i![""!is;c;i Akkt-nlc ;i> /a':l. ririuai
■ N ' ,!l,t l-'-tllbhtir-t;, ., jju.I das I)..|,rst,T -dllr Ill-!rilllU-|]Ii'
'■'■'^■■h.u-. i,:.! ,-nii d,r ^iilVM,,,,, , :;| wirUt-ii. s.-hlu-vn
■ Vl ' •'■■" '-^:^ni.., .-i/irn Wr... t-iji. ind^n «■„■ ,,,1^.,^
ii '■'■i- ■■■■ t ';[iiitidcM..-n. iadnti wir intmer
na-,!V .Mel.:die,t an, dl.A-llU-M NuU,!
"in :m.r,-, 'IViiden/ /i:r ..lanluif /u
/ar V,,li,:,d,m., d,;' (IdMi-U-ii.
-'■■ d"-!-
I :t hi; die Slim
Id Moduli, Id!
■ wi-ii-li.
Dcr west! ichc S.in-cr bildvt seine St it; urn- tiir tin
-nd'es Upeiiiiian-, mid da>. ( mvIu-sUt Nam; vinen i,;iu/ei:
Park erinllen; desiiaili braitcheii sic i lannonie mid Nil
tatinitssy^iem. wahrvnd wir im> aid' den Ciei^l dcr iiitmiivcti
iiispiiatinii verl.isscn.
his -ibi cine in ladicn er/.ddtc l.cyendc, die das
/id uriserer .Miisik deittlidi ansdnickt:
Akbat. C'irn|.iiit(i.i;iil von Imlieii. lrat;te dues Tayes
seine:: I inlsJiii^er Tailsen. wie dessi-n l.i'hrer sinyc. T.tnsen
crwiderte: ..(ian/ aiilJcr^wiilirrticli. dudi kein Wcltmaim
kaim ihn imrcn. dem: er ist ein Asket mid lebl in einer
WaldiiolHe." Akbar wurde sdir iieii.c,ien^ mid ai.'idite
.idi ;mt in dvti Wald, hei,ieitel vim Tan sen.
Als sie /.\i dent Askclen -ekonimen waien, >j>ividl
diescr; .,( Jbwuhl da ein a|> Sidave vcrninmmter I k-rrsrher
Inst, -elalit mir d'dne liescheidenheit, mid dcshalli darfst
dn mcinein ("icsatiy 'anscheii,"
AN cr l>ci;atin. scliien /unaciist die ijan/e Welt in
seinein tiesaiiM y.u versinken. nnd sdilictilidi warcn
Akhar nnd Taiiscii scihst in hkstase vcrsintlieii,
Nach ihrci knekkehr vmi dcr ! ioliic vcrkm-te Akhar
immcr wieder nacli jencr .Mnsik, mid er helahl Taiisen.
-ie /.n sin-en. Dicser lat es, nber cr kmmtc nicht
dit'sr I.kstase hei vorrnhm.
Akbar ira-le: .W'arum wirkt dcin (icsan^ nidit su
wie tier deities Meislers^ Tan-en anlwurtcte: .Weil
er li'tr Cluit mii-I, irli aher tar ilich!"
Die indische Mnsiktlieorie i.-t ant i^imz nalmliclie
Itasis lu^nnidei. Dcr KUm K (smmd) wird in {ianztimc.
Ilalliit'iu- itml Alikniiuite imirrutoiu's. Vierteittme) eini^e-
teilt. Der Taki wird an Lie r in die n id id; en seeks Teilmt^et]
Mfdi iii seel is ieineie Teile -e teilt. ,lede NoLc hat i,ach
dem ■In.imystidmnis ih,e |-;irlic, einen i'laiieten tind
i m [dement.
1 'nscre .Mnsik i>i ani da, I'rinzij) der ka-a iTonluitcmi
Imsieit. Ahstdeh siud sie den Simnlen mid .lahres/dtcii
n -- 1 : i- 1 1 r r i . nnd jVde Skaia hat cine hesunderc Wirkmi:;
•mi die Nph.ne. |',, L .|i>cii weiden die Hayas als Rasas'
..M.imicrt, ka.-inis ddaiiem. I'ntras iSidmet mid Kl.aija-
( Ixdm-ii |iersMiiitiziert n:id idealisicrl,
.MathcinaliM-h Itaben sie sidi voir eitiem eind^en
/ " ' ;illli -^'" l^'UJis vermehrl, die Ua^ad'raslara -enaiml
■.veiden. KmMlerbch sind sic aus der Imi-.rovisadon
V'.rsdiiedenei .Mnsiker eiiMatiden, mid wisseiisclialllk'li
elites fmif Arien: ka^isv,m siehen Nuten. sedis Nuicn,
Innt Ni.ten, m^k-iclien \oten mid tinre^einiaLli^en Nolcn.
Audi miserc Itylhnum hahen vier versdncdene
Aiisdnicksmo^lidikeiten.
Die miisikalische Kmisl Indkms ist itesonders hin-
siditiieh der vokaicn Scliuimiu lumierkenswerl, die j ah re-
duces Stiuiimn vcrlannt, t ,ni einen M iUcn Sanger y.u
erdeleii. Die luslnimciital.iiii.sik iiinmit erst den /\veilen
Kjiiij: ein. Veeiia .ein. Art von vcrvollkomnnietcr Citarrel
Ni '.la- allcsle .Miisikiiistriinmiit der Weltcesdiichle, uml
das di]/iM L ., das die indische .Miisik riclitic wifdcrijihl.
Imserc T;iii/i- UA^vn den oteichen Prind]iiei? wie
ilii' \'okah mid Instrmiieiitahnnsik.
Imsere Knnsller zeicluien sich durch Scluiiilu-il der
l't-;m.iliun in der ]iii|irnvisatinn ans: deshalli sind ;mel,
] \n-
97
unserc K.nmpo.mteii dir vie! wenigcr bekam.t, weil
ilire Werke von don einzehien Kiinstlcni gnnz vcrschic-
den wicdergegeben werden; nur die Grmidl.-i^e uiid
die Wortc bleibcn.
Ihiscre Kiinstlcr miissen selbst Komponisten su:..
bevor sin sicti Kiinstkr nenncii diirfen, und jeder be-
weist es bei der Ansfuhrtiug.
Der t>lcicl:c Gesang, zelinmat gesungen, wird jedes-
mal vi-rsd.iedeu sein: dcshalli ist audi das Notntions-
sysdem in Indicn nidit ial!gcmcin gebrliuchlidi. und erst
ueuerdiugs bekaiint geworden, scit de:i Zcitcn des
Moula Bux (des OroKvaters Khans!), jenes grutkn Kom-
ponisten, der cine Notensdirift fur Anfiingcr erfand i-nd
tine Si'lmle nacli niodernen Prmzipie.i begrnud'Mi' mi
Sta-Ui' des Maltaradschn Gaikwar von Baruda.
-,n.
s Wo
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,l.tr S^iU'ts.
i arabi
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if ural
.. 7.»-it. -n
*;; r ;-* K ; }
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inl.-rkunf-
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,!,.„ hxiY'ii K ..» M ,wiirlii: iii Knr»]Ki ].rnp.i-i-rt.
ihi.i in Ann-rilia vi.-l- A"l.iu«K-r v,r>.!ialTt... !ai
•J. Si-h m-inal- Jur.-li l'rii.zipi-" unt-rj... m-i. la.v...n.
::. liii- ln->t ■ Mural i-t I.i-t>-, mi. I pi.-i.-wiiiili- i-l -li-
S,.-h,",rih,]t-
■I. J-'n-i von it-'-.u'iinl.TM-lii.-lfi. uii'l Str-'K mil .I-m ,Kin-""
/at >vwl.m ■!/.■»
.-.. \V..|,li t -it. let -li- iv; t |ii-.. U-li-inn.
•I. il.-.niioni- li.-Kt in -l-r < i-n-. ■Ini^l.-ll. ii.-r.-l.tink.il in
fi -rtsioitiurkt-ii.
7. Hi, Musik i*t ill- Niihrimir -l-r *--l- '""' 'I'- 'J 11 " 11 " ,l '""
V«-Il-(..iu(ic.
;,. '/,i..1c .1.-* Hni-Jis sin.i:
I. Kin- ni-usi-lili-li.' V-rl.,ni.i-rm,[_' /u -Nfi-n -In- 1 M-r-
M-l.i...! .I.t K;isi... .I.s iil:ml-ti-. 't-r l,ii-s-. Niili-i. ...l-r
iirw.-Ii.-N nil-* 1 n-I.hU ii. .I»r W.-11.
" Au-wiLr-it-n ■!!<■ W-i-ii-ii <1'T ^nlU. .Ii- I.I>li-i- .'in
'"' v-rl,nr--.,T S,ha.:- «:..-. aU Ki--„! nm -l-r M.-...-.-I, ■
|,„:l, ,|i,. ,,i-!it -ir,-r 1,-M itnn.t-i. II:. s- l-r H-li-i""
:; Wiu.' V..II.'i..liuiK zn -rj-.-l.-li l-i -l«'i- MystK-i-m.^ U'.n
ri,.li.-iniiiM n-lT l.l-il.r. .ni.l 'ii- 'l-r« AI-i^luiil.i-Hi.'i.
v in , r n,,,,,,,,!,..;! ..i.-i .1- a.ii.i" i.-.v..,. i.i.i.iiit
,1,.,. lil-iMMT.-i /»..,. *',,!,, -,.» rail.-..
,| im nn.t U'.-t ilur-h Mu-ik I'.'r '^'l' '"' v-r-i"^-"-
,|i, rniv.-r-nls,.,-:..-!.- ilur-1, Au-tt...-!. 1 Wi.-l.-rn-l.-iM.
;, |,i, S„!ilit-ra..,r /. l-nl-rn. .ii- '.-.-.■II- 1. --) in i-.l-r
Mi-M-i.—iiartii-ii-M Ki-i^i-iii i-iirivi.i, ;»i.
Widifige neue Mujikalien, Biidier und Au?fafze
iiber Mujik,
mitgeteilt von
Prufessur Dr. Willielin Altinann, Berliii-I-'riedeiian. Sponliolzstr. W-ol.
Dicsc Znsammenstelhn,,. die ni« K licl.st in jcdc.« I left diese, ZdLsd.rifi crful K ,-n wird, wili and. „nd, in.-
Pcdn.cktc K rutt«rc Werke, v„r allem Symphonic... syinpiu.nisd.e Dic!,;n;,^n. K<mzertc, Ka.nnuT.nus.kwerke. Opan,
n.orwrrk- ,nit Ord.ester dnhe/iehen. um namentlid: Diri^nten dnrmif an:'iiierUsain zu n.adien. Dicjcmj-eti iun^l/cr,
,i c r rti« Werk, (jednd. nid.t ct^va Klavierstucke, l.ieder. Manncrchr-rc ferti, l.ahen, werden ,ebe t en ,n.c, davun
K i n s.l.e docli l-itaUe Wi mlr die Kntsd.eidnn, nber die Anfnah.n, vup. Di,sc k.i..n and, be, ,edn.cK en
WeTku, weder d.nd, ein Inserat t.och dnrd, liinscnduns der betreffenden Musiksldckc nder Bnd.er er.wnn,-,. w.rden
Riit-ksciidiuiF eKvaiiicr liinsei idling n wird ^ntndsatzuch abyelelini.
Di" :ii,u.dn"„n, des Verla^s wird Hcstcllm,«cn erlcid.tern. Zu d,n an^ebenen I'rusen ku.n.n
„och der so S en.Tc«cnin«s;uifsch1.-i« seitens des Vergers und and, des Surlimcntcrs liinzi.: er scl.w.-mla bek.u.utlKl.
Taubert. Ernst Eduard; Symphonisches Vorspid zn
Ernst Hardts „Tantris der Narr" noch ungedruckt
[Urauffuhrung Berlin 4- 3 1
Tiessen, Heinz: Liebesuesang und Hondo. Zwei mn-
dichtun^en noch un Red ruck t lUrauffuhr. 3. 3- Berlin)
incist aber betriiRt er 50".. -r 10 n .
L Inffrumenfalmufik
a) Ordiel'fermufik (ohne Soloinffr.)
Andreae, Volkmar: op. 30 Notturnou. Scherzo- Leuckart,
Auffflhrungsmat. Preis nacli ObereinkunSt.
Ebert, Han& [Dusseldoif): op. 23 Sinfonische Suite noch
ungedruckt (Uraufiuhriin" 15. 11. 19 Dusseldorf].
Kallenberg, Siegfried [Munchenj: Symphonien Nr 1
(e), 2 (d) noch ungedruckt.
— : Musik zu einem Marchen von L. Tieck (Fis) roch
ungedruckt.
Kiessig, Georg [Quesnig bei Leipzigl: Ahasver, symphon.
Dicht'ing noch ungedruckt.
— : Totentanz, Tondichtnng dsgl-
Locatelti, Pietro: op. 1 Concerto grosso (f) mit Pastorale,
f. d. prakt. Gebrauch bearb. v. Arnold Schering.
Kahnt. Part 3 M-, jedc St. f 80 M.
Maiden, Felix: Nocturne (Eine Sommernacht am
Flusse) noch ungedruckt (Urauffuhr. 2. 3. Berlin].
b) Kammermu[ik
Ebert, Hans [Dusseldorf]: op. 20 Sextett i. Klav. «
Blasinstr. noch ungedruckt.
— : op. 24 Trio I V., Br. u. Vcell dsgl.
Kallenberg, Siegfried [Munchenj: Qnintett f. 2 Viol,
Br., Vcell u. Kontrab- (a) noch ungedruckt
— : Streichquartett (a) noch ungedruckt.
— : Sonate f- Viol u. Klav. ih> noch ungedruckt.
Schramm, Paul: Sonate f. Klav. u. Vcell to noch un-
gedruckt lUrauffiihmug 1- 3. Berlin!
Zschorlich, Paul [Berliii-SchonebergJ-.^Streichquartett
(a) noch ungedruckt.
9S
■"iv
c) Scnffige Inftrumenfalwerfce
Feuillard. L. R : Tagliche Obtingen f. Vcello. Schotl-
2,50 .VS.
Htiber. Hans: Die Schulungder linkcn HancMtir Klavim
in sieben Kapiteln zusammengestellt Hug. 3,60 \\.
KallenbcrK, Siegfried [MiincheiiJ: Sonaten f. Klav. (a,
D) noch ungedruckt.
Karg-Elcr/, Sigfrid: op. -17 Triisturigen. Religiose
Stimnuingshilder f. Harmonium Simon. 4,")0 M.
: op- 57 Renaissance. Siikke im alien Stil f. Kunst-
liann Simitu 3 \1,
Kraiisc, Raul: op 2f 2M aicral-lmjiressiuneii f. Orycl
x Kmizcrt- i; . Gntiesdii-nsl-Gebraiieh. l.LMicka t. 4 At.
Mclartin, [■rkki::.Mi.K-| I Sunalsnes p Piano Hansen. 4 Al.
Sindiiij;, Clir.: ui., I2.'i Suite f. Vi..|. solo Norsk
AUisikforlag. 4,50 M
Wtndspcr^r, Lothar: Sonatc -A] f. Viol. solo. Sdwtr 4M.
IL Gefangsmufik
a) Op em
(iurlili. Manfred: Die E It-ili^e. Musikalische Legend c
<DicIitung von Carl Hanpimanni Klav. -A. m. T.
Fiitz Cntrlirt 20 M.
Kalltnberp. Siegfried: San Liar. (Diclilung vmi Paul
Fuhrmann). Klav. -A. m. T. erscheint demnachst in
der Universal- Edition,
Das guldens Tor (in 3 Akten) nnch ungedruckt.
Piitzncr, Hans: Palestrina, Musikal. Legende. Fiir
^ Klav hearh. (Carl lies!] Piirstner in M.
Schmalstich. Clemens: op. 43 Peterchens .Mondfahrt
Kin Alarchenspiel. Kla\ -A m T. liirnhadi 5 M.
-: np. 57 Rj ps t | er pjj z AWirchenspitd. dsgl. ;t M.
Stiebcr. Hans [Halle): Der Sonnenstiirmer [cine Pro-
metheus-TragOdiej nodi ungedruckt.
Weflesz. Fgon; Die Prinzessiu Girnara. Weltspiel und
Legende. Text v. Jacob Wassermann (au.s dem
SchluBkapitel seines ..Christian Wahnschaffe". Noch
ungedruckt.
b) Sonftige Gefangswerke
Alpenliedcr aus Deutsch-Osterreich. 110 Lieder unci
60 eel ile Vclksranze aits Karnten, Steiermark u. Tirol
f. Ges. m. Pfte hrsg. v. Willi. Kienz! n. Victor
Zack l.yra-V., Wien. 18 M.
Buck. Rudolf: op. 24 Seclis Liedcr f. 1 Singst. m. Pfte.
Verl. Droililien, Halensee. je 1,50-2,25 M.
ChoinaniLs, Siegfr.; op. 3 Fiinf Lieder f. I Singst. in.
Pfte. BiHim & Soli, Augsburg, je l,ln M.
flottiicb. linger: i-li Gesange f. 1 Singst. m Orgcl.
Chattier, je 2 \\.
Grabcrr, Martin: op. 49 Sieben Lieder f. 1 Singst. m
Pfte. Simrock. 3 M.
Kahn, Robert: op. GG 24 letehte zweist Kanons, einzeln
oder im Chor mit Oder ohne Pfte zu singen. Lenckart.
3,50 M.
Kallenberj;, Siegfried f MiinchenJ : Germania an ilire
Kinder f. Solo, Chor u. Orch. : Requiem (Hebbel)
f. Chor u. Orch.: Hymne nach Worten aus dem
!>> Psalm f achtst. Chor li. Orgel J noch ungedr]
Liszt, Franz: AUssen (3 Messe f. Mannerciior; Missa
chora lis f. gem. Chor: Requiem f. Mannerchor).
Part. Breitkopf & Hartel 20 M.
Maycrhoff. Franz; op. 44 Lieder der Sehnsucht. 4 Ge-
sange f. 1 Singst. m. Pfte. Klcmm. je 1,50 1,80 M.
Pfitzner, Hans: Lieder, revid. Ausg. zusammengestellt
nach Stimmlagen. Brockhaus. 6 Hefte je 5 M.
SchultheB, Walter: op. 4 Sechs Lieder f. 1 Singst. m.
Pfte. Hug. je I 1,50 M.
Wiirz. Rich : (15) Lieder filr I Singst. in. Pfte, hoch u.
tief. Lenckart. je 1 M.
Zilcher, Hermann: op. 28 Holderlin. Symphon. Cyklus
I I Singst. m. Orch. Breitkopf & Hartel. Klavier-
Ausgabe 4 M.
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Breitkcpf & Hartel -
Zentralstel!
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Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe 21
i fur in- und auslandische Musik
Pianos . Harmoniums
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RICHARD D EH MEL t
Vertommyi-n seiner 1 >iditun<jen fur cine Sinc^timme unci Klcivicr
Vorsehicuje fur Verti:i\t.iltimt|cn ztun Oedaelitnis dv\ Didders
M Alfred Bortz, np. 12 Nr. 2 WelU-ntHiizlied ^
| Camillo HHdchrand, cms np. 15 , 16 ^banscr Brus^ ^ l^^^"^, g
lg Die stille Stadt Die feme Laute — Biick i-_>
^ in's Licht Da tin — Vergil.'.nieii:iik!U _____
jj Hans Joachim Moser, aus op. 2 u. 3 Die Srimme des Abends Sdmeeilocken - j|
■ Vitezslav Novak, op. 39 Nr. 5 .... Helie Nacht - jg
_■ Oskar C. Posa, op. 4 ...... . Menschentorheit Sehnsuclit Narcissen ^
= ' Beschwichtigung f§|
1 James Simon, op. 4 Nr. 5 ..... . Maiwunder ' jj
| Bogumil Zepler, op. 76 Nr. 5 .... Nicht doch! jj
i MOSIKVERLRG N. S1MROCK G.M. B. H BERLIN-LEIPZ.G
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Kr^h«>;nt .i:ti I, und 16. jodeii Moria*:-. Y.:i ii^iolii'ii .lurch dii< Postjin jtalti'ti, Bueh- u. M.usi](:ili(m!i»ntIliiT>Kt>n, sow to ilirolu vorn Vorlaji.
I{-.i;iktioti: B-rlin W'.IO, K-im-iri Auj;i»:*i:is!r. :». F.-rnruf: Llitzov :J-IL'3, ~ Wrlaj;; Li..rHn-\Vaissons,'.\ Ucrli.nrr AlW 71. Fnnini.f: U's. I'M.
I'r-W 4-s Kin/t»]ln>rt.-s Mk. 'J A*), im Vi.-rri'lj.-Abonn. Mk. 12.-, bui Kn-HKbandbi-stiiff vicryl jahrlich Ilk. 1".-. — Xiu-lidruck vorltchiiltnii.
Nr. 5
Berlin, den 16. April 1920
I. CTahrgang
INHALT
HEINZ TIESSEN . . Der neue Strom, IV.
BELA BARTOK Das Problem der neuen Mufik
Dr. HANS MERSMANN '. . Die Empfangenden
RUDOLF CAHN-SPEVER . Die Nof der Konzerfordiejfer und die Enf-
widdung der fymphonifdien Mufik
Dr. HUGO LEICHT5NTRITT Biidierbefpredmng
Prof. Dr. ALTMANN Bedeutende Neiierfchemtuigen u. Manufkripfe
BEILAGE: Richard Dehmel: „Zweier Seelen Lied", Manfred Gurlift
„MELOS"
in einer Luxusausgabe
erfcheinf mcnafiich einmal im Kur.Jtverlag
Fri^Gurliff, Berlin W 35
Der neue Strom
Von Heinz Tieffen.
IV. E#prefJionismus.
Der Impreffionismus rief, wie es in der Nafur der Dinge und Generafionsfolgen
Uegf, JchliejSlich aufomafifch das Bediirfnis nach Erganzung und Gegenwirkung hervor*
Was zu kurz gekommen war, meldef fidi nun um fo dringender zu Wort Haffe die
nafuraliffifche Welf- und Kunffanfchauung, auf deren Boden der Impreffionismus er-
wadijen war, den menfdilichen Geiff und Willen in feiner Abhangigkeif von der groj3en
nafurgefefslicheh Mafchinerie gezeigf, fo feierf der Expreffionismus eine Wiedergeburf
des freien Menfchengeiffes. Die Allgewalf der ffofflichen Wirklichkeif wird wieder
zuriickgedrangf; Erzeugung von Nafurwahrheifs-Illufionen wird ebenfo verfchmahf, wie
irgendweldie nafuraliffifch-rau^naliffifchen Erwagungen iiberhaupf. Alles Inhalflich-
Sfofflidie verliert gewijfjerma^en feinen Modellwert und.wandelf fidi in Brennffoff, der
die inneren Gefiihlskraffe des Kunfflers zur Enfziindung und explofiven Auswirkung
bringf. Expreffionismus iff nidif feffffellende, fondern ffellungnehmende, nidif arfiffifdv
gefchmacklerifdie, fondern feelifdi werfende Kunff. Der Expreffioniff lehnf jene
fchopferifche Paffivifaf ab, in welcher der Impreffioniff zu einem fubfil reagierenden
Wahrnehmungs-Apparaf geworden war. Seelifches, in der namraliffifdi-impreffioniffifchen
Zeif vom dichfenden, komponierenden, bildenden Kiinjfler gem zergliederf, wirkf fidi
unmiffelbar aus. Akfivifaf der eigenkraffigen Ausffrahlung und le&fe Infehfifaf der
feeli]fdien Ausdruckskraff find die Tugenden des Kunfflers, vor denen nur nodi Wefenc-
lidies beffehen kann. Fur unwefenfliche Einzelheifen bleibf kein Raum, kein Infereffe.
Alles fallf forf, was nidif inneren Kern zum Ausdruck bringf. Per Expreffioniff gehf
geradeswegs zu feinem gefuhlsmajSigen Ziele, ohne die Triebkraff femes inneren
Sfrbmens abfchwachen zu laffen durch' auperjeelifche Beweggninde von fradifionell-
formaliffifcher oder infellekfualiffifcher Herkunff Oder Riickfichf auf Naturvorbilder Oder
Kaufalifafsbegriffe aus der Welf der Wirklichkeif.
Was idh hier zur. Skizzierung des Expreffionismus fage, gilf wiederum der
fchopferifchen Einffellung im Allgemeinen und befrifff das Gemeinfame, was alle Kiinffe
als grundlegende Lebens- und Schaffens-Anfchauung mifeinander verbindef, — fo unfer-
fchiedlich fidi dann audi in den Einzelkunjfen — auf Grund der verfdiiedenen Materialmen
und ihrer Bedingungen — die prakfifdien Schaffensvorgange und ihre Ergebniffe dar-
ffellen. Jenes aller expreffioniffifdien Kunff innerlich Gemeinfame nun deckf fidi ins-
befondere in dem Verhalmis der ffofflichen Wirklichkeif zur inneren Gefiihlsdynamik
des Kunfflers fo ffark mif dem immanenfen Wefen der Mufik, da£ man z : B. auf ex-
prejjiomi'fifche Malerei gelegenflich den Ausdr ick „Augenmufik" gepragf hat. (Umgekebrf
fprichf man bei mancher nafuraliffifdi-imprejfioniffifdien Mufik von „Tonmalerei".) Die
der Mufik eigene Eahigkeif unmiffelbarer Expreffion haffe Simmel im Auge, wenn er
gefprachsweife den refignierfen Ausfprudi faf, „gegeniiber der Mufik feien alle anderen
Kiinffe nur Verfudie mif unfauglidien Miffeln". Die expreffioniffifdie Malerei konnfe
ihren Kampf gegen Nafuralismus und Impreffionismus zu einer erregfen Prinzipien-
frage madien. Aber die Mufik? Sie kennf fur ihre Tonverbindungen als folche ohnehin
kein direkfes Wirklidikeifsvorbild in gleidiem Sinne. Als Seelenfpradie fdieinf fie an
102
E^JPTV'™
fieri bereifs den Expreffionismcts in fich zu fragen, fo daJ3 man vielleidif meinen koimfe,
eine befondere expreffioniffifd.e Richfung ware hier nichf mehr moglich. Gleichwohl
haben auf die biegfamffe und dehnbarffe* allcr Kiinffe beide, Impreffionismus wie Ex-
preffionismus, als" Zeifcharakter abtarbead gewirkf; vielleidif nichf als fo fundamenfale,
faff brufale Gegenfa&e wie in der N'^enden Kunff, fondern mehr als Verfdiiebungen
des Schwerpunktes in Empfindurjsweife und Sfilgeffalfung. Gegeniiber dem (im
vorigen Kapifel erorferfen) Inmeffioniffen, feiner feinfiihligen Aufnahmebereiffchsff,
feiner feelifchen wie ffiliffifchen .?affivifaf und Hingabe an Objekf Oder Sfimmung. Jfehf
die Akfivifat des Expreffloniff ai mit feiner ganz aus fich felbff fchopf enden, ' enfffofnichfen,
feelifch-geiffig konzenfrierte^ Kernhaffigkeif und Gefiihlsinfenfifaf.
Langff drangf [idi h'er dem Mufiker der Name Beethoven formlich auf; Freilich
Ware es abfurd. die gro^ten Erfdieinungen unfer den f chaff enden Mufiker n fur Verfrefer
einen beffimmfen Ismrs ausgeben zu wollen. Schon fiir die Program m-Mufik hat man
Beethoven (mif Rechf* herangezogen. Und man kann eine groJ5e SchopfrerperfonlichkeJf
mif Leiditigkeit fiir riles Mdgliche beweiskraffig ins Treffen fiihren. wie es in der Lifera'ur
gern. und ffefs zureffend mit Goethe gefchiehf. Der wirkliche Kunftler ffeht in femer
inneren Beweglidkeif iiber alien Prinzipien; und follte er zufallig doch zu einem kixrijf-
lerifchen Dogma fidi bekennen, fo wird es ihn dennoch nidif erfchopfen. Dafiir forgen
die unbewuj3fer Kraffe, die in ihm tafig find. Audi der infellekfuellffe Kunftler fchafff
wefentlidi unbcwuj5fer, als er felbft annimmf. In dem unausme^baren Reiche der Kunff
und ihrer hardwerklichen, gefuhlsmaJSig-menfchlidien, geiffig-fchopferifchen Fragen gibf
es vieles, was er weip und wagf und mif bewuJ5fer und feinfpiirender Denkfafigkeif
blojSzulegen fiieinf;. — aber das Eigenfliche, das le£fe fdiopferifdi Krafffpendende bleibf
auJSerhalb femes Bewupffeins und wirkf in gofflich unerforfchlicher Welfe, ohne fich zur
Rechenfchaff Ziehen zu laffen. Ebenfo wie wir, wenn wir wirklich lieben, nichf wiffen,
warum, und brachfen wir hunderf bewupfe Grtinde bei: jede andere Frau mif den
gleichen hunderf Eigenfchaffen wiirde uns kalf laffen, und kein Gegengrund vermag
uns zu beeinfluffen, eher verwandelf 'die Liebe ihn in einen Grund. Wir konnfen — der
Gedanke iff alf und abgegriffen — nichf f chaff en und nichf lieben, wenn wir ganz genau
ins Raderwerk fdiaufen wie in eine Skeletfuhr. Aus diefer mefaphyfifchen Verwandffchaff
beider, wie auch aus ihrer unbiirgerlidien Unbegrenzfheif nach alien Richfungen und
Schidifungen des Lebensgefiihles, iff Scnaffen fo felfen wie Liebe. Alle (zumal in der
Farf pour l'arf) zur Schau gefragen? Bewuj3fhelf, alles vermeinfliche Zu-Ende-Denken
vermaa doch nichf die alfe Wa'irheif des verfchleierfen Bildes zu Sai's zu zerfforen, die
unfere Klaffiker zu wiederholen nichf miide werden. Darum beffehf (gofffeidank) off
Widerfpruch zwifchen dem, was ein Kiinffler fchafff, und dem, was er fagf, — Es ware
ein billiger Spafr feffzuffellen, dap alle gropen Mufiker auch irgendwie Expreffioriiffen
waren. In Beefhoven aber kommf fo kafegorifch wie bei keinem zuvor der Drang zur
Gelfung, den inneren Menfchen und fein feelifches Ausdrucksbedurfnis als freibende *
Kraft in den Miffelpunkf aller kunftlerifchen Auj5erungen zu ffellen. Vor dem Geiffig-
Wefenflichen friff Spielerifch-Arfiffifches immer mehr zurtick. Der ' enffcheidende Einfluj3
des Ideellen auf Inhalf und Form kommf zum Durchbruch; nichf in befchreibendem
Sinne, wie in der meiffen fpaferen Programm-Mufik, fondern im Sinne unmiffelbarer
Auswirkung; in einer Weife, die uns das Formgebilde als ein feelifch-gefuhlsma£ig enf-
wickielfes Erlebnis zu empfinden nofigf und den Zuhorer aus der affhefifchen in die
efhtf'che Sphare, d. h. aus paffivem GeniefSerfum in feelifche Abfivifaf emporzwingt —
Zur Erganzung deffen, was ich im vorigen Kapifel fiber Programm-Mufik fagfe, ware
himsuzufugen, dap auch in der nafuraliffifch-impreffioniffifch orienfierfen Programm-Mufik
unferer Meiffer nichf das ausfcheidef, deffen Reinkulfur Expreffionismus bedeufef.
Hei:;rfchf diefes bei Beefhoven durdiaus, fo empfangen wir bei Berlioz, U]zt, Sfrau)5
;:-• . It.
]■;■■■'
103
fit
C.
doch Wiedergabe und Gabe zugleich. Immerliin: in der Ab^endung von der oftentativen
Programm- Mufik im naturahftifdi-imprefjioitfjtifchen Sinrp, alfo von der Natur-Vprlage,
vom Modell, liegf em Symptom des expreflicniftifchen ^unftgefiihles.
Dem heuiigen Bediirfnis nadi einer Wiedererftarkung des (vom fkepfifchen Im-
preffionisrnus verdachtigten) Pathos und Ethos ktmsien in der Tonkunft unferer Tage
Mahler und Sdionberg wohl am ftarkffen enfgegei. Wahrend aber Mahler in feiner
breiten Mufizierfeligkeit nodi aus einer anderen Generation zu uns fpridtf, kommt in
Sdionberg fcharf profiliert zum Ausdruck, was idi je&t ils Expreffionismus im engercn
Sinne bezeidmen modite. Anfanglich, audi in feiner Harnonielehre, auj3ert er fich viel-
fach nodi geradezu als extremer Impreffionift; aber feine Eufwichlung bewegt fich in un-
zweideufiger Riditung. Seine Abwendung vom Impreffionismcs, von aller hingebenden
Aufnahmebereiffchaft fprach fidi oftentativ in einem Auffa£ iicer Liedkompofifion aus,
den er im w Blauen Reiter" veroffentlichfe: er verlangte dort nidit mehr und nidit
weniger als vollige Ablofung vom Texfverlauf und eine rein aus eigenem Gefiihlsdrange
gefpeiffc mufikalifche Enfladung auf Grund eines einzigen, emmaligen, wefentlichen
Empfindungskonfaktes. (Darin eine gewiffe Ahnlichkeit mit dem ^.fen Sfrophenlied
zeigend.) Die innere Echtheit, Reinheit, akfive Intenfifot f eines Empfindungs-
ausdrucks Jetjt Sdionberg zunachft in auffalligen Gegenfat; zu den neiften anderen
Neufonern der auf Sfrau£- Mahler -Reger mufikhiftorifch folgenden Generation. Ein fo
edles und konzenfriertes Werk wie feine Kammerfinfonie ift eine kunfflerifche Groj3taf,
auf die unfere Zeit ftolz fein kann. Dann aber verdeuflichf Jich in Sthonbergs Ent-
wicklung aufs Sdilagendfte die fpezififch-exprejfioniftifche Neigung, das geiffig-geftihls-
majSige Ziel auf dem kiirzeften Wege zu erreichen, alles zu ftreichen, was nur der
formalen oder kojizerfanten Glatfung dient and nidit den Ausdruck ffarkf.
Symmetric und periodifdie Viertaktigkeit war fchcn in der neudeuifchen Mufik
durdibrodien zugunften freierer Geberde und fliej3ender Stimmung. Sie gerief dafiir
in Sequenz-Sucht "und in die fypifche Arbeifsweife mit einem fur fich leblos beharrenden
Motiv in rein dynamifch und harmonifch fortfchreifender, nidit melodifch fruchtbar weiter-
Wachfender Enfwichlung. Gegeniiber der. Paffivifat des Irnpreffionismus, deffen mu-
fikalifcher Stil gern die Jtimmungbildcnde., harmonifdi fundierte Klangmaffe als das
Primare empfand, verlangt heute ein irgendwie unabweisliches Bediirfnis primare
Akfivifat der linie, Diktanir des Melos als felbfttaiiger moforijcher Kraft Freilidi kehrt
fidi das Verhaltnis nidit ins Exfrem: die Harmonik wird nidit zum blo£en Ergebnis
der Linien herabgedriicht dieje werden nidit nur aus fich felbft heraus geffaltet, wie die
iiberfreibende Kiirze der heute oft gehorfen Formel laufet Audi wenn der Stil eines
Komponiffen iiberzeugend auf der linearen Aktivifat beruht, muJS dennoch feine
charakferifufch ausgepragte Harmonik audi nofwendig einem ganz beftimmten im-
manenfen Harmonie-Gefiihle entffammen. Diejes ift es, was ihn zwingt die zweife und
driffe Stimme gerade in diefem beftimmten Abffande zur erffen zu fiihren. An vollige
Relativierung eines Elementes wie der Harmonik zu glauben, ware extreme unlebendige
Abftraktion. Das leitende Grundgefiihl aber frifft den Kern: es widerftrebt uns heute,
immer wieder vom Jicheren Port einer geiftig koffenlos angeftimmten Grundtonart und
Harmonik auszugeben und auf diefer bequemen Grundlage dann die Melodie zu
prafenfieren wie der Juwelier den Brillanfen auf der Samfunterlage.' Nidit Luxus-
gegenffand in gefalliger Aufmachung ftir den Genie^er ift uns das Melos, foncleni
Leijtung aus innerer Nofigung: von ihm gehen wir aus, vom Kernhaffen, vom kebim-
fahigen Triebe. Die Melodie ift das fchopferifdi aktivfte, vom Stofflichen gereinigtefte,
feelenhafteffe Element der Mufik, der Drang aus Innen, das „MuJ5" des Kiinftlers. Pas
Melos will alle Stimmen aus harmonikaler Lefhargie riitteln, nidit zule^t audi den l£aj5
aus feiner patriardialifchen Fundamenfs-Rolle zu freier Eigenbewegung aufiockern. '.
104
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Wie der expreffioniffijdie Maler feiner Linienfiihrung nidif phofographifche (oder
dodi von Wu'klidikeifsvorffellungen geleifefe) Nafurfreue als opfifches Erlebnis zugrunde
legt fondern feinen geijfig-feeiifchen Ausdruckswillen, — Jo wended fich die linienfiihrung
des Mufikers ab von der Dikfafur der erffen Nafurfone, dem Dreiklang und Jeiner
Skala, ' die bisher Grundlage der Melodiebildung waren, und fchafff (mif ahnlidier
„Verzerrung" ^der „Nafurhnie w ) Konfuren von einer unferem Empfinden naher
kommenden Ausdrucksinfenfifaf. Fand der Impreffionismus die paffiven Werfe fein-
gefonfer rlinfergriinde und fchwebender Zwifchenfone, fo fpielf der Expreffionismus
gem die akfiven Kernmomenf e in geffeigerfer Konfraffwirkung gegen einander aus. i
Man fuchf und'verehrf, jenfeifs der fradifionellen Bildungs-Kiinffe einer iippigen Auf- .■:;': .■ 7
machung, die Urkraffe einer neuen Primifivifaf; man gibf nichf Vieles, fondern mif
Wenigem Viel. Das Theater, vergleichsweife, brir.gf die , Zufpifjung der SnTbiihne zur
Andeufungsbiihne, nach der Zeif nafuraliffifch-impreffioniffifcher Illufions-Orgiea ji
Zum infenfiveren Ausdruchswerf im expreffioniffifdien Sinne wird der mujikalifche *
Gedanke, wenn er, alien weiflaufigen Mujiziergeliiffen enffagend, bereifs in feiner Urform
bernhaffe Konzentrafion bleibf und auf fymmefrifche Periodizifaf fidi nichf mehr einlaj3f,
die nur glaffef, nidif infenfifizierf. Symmefrie und Periodizifaf find archifekfonifche
Elemsnfe, die audi dem Tanze im weifeffen Sinne angehoren. ,Schon dadurch iff die
fymmefrijch-periodifche Arf der rhyfhmifchen Gefamfgliederung, mehr nom als efwa mi*
der Dichfung, mif der Mufik unleugbar nahe verbunden; jedoch nidif kongruenf tm
Sinne der alfen Formenlehre, die nur fymmefrijch-periodifche Bauarf kennf. Symmefrie
und Periodizifaf werfef fich fur uns nur als eine Arf der mufikalifchenAusdrucks-
mdglichkeifen; ahnlich, wie dem Mujiker heufe audi die Riickkehr zur Ausgangsfonarf,
der Schlu|5 in fonaler Kadenzierung, nur eine Ausdrucbsmoglichkeiif bedeufet die
gleichfam einer le&fen inneren Beruhigung, einem vollen Ausgleidi der Empfindungen,
einem Sich-in-den-Schwanz-Beij5en als ausdriichliche Wirkung harmonifcher Gefchloffenheif
enffprichf. Je eindeufiger man in Symmefrie und Tonalifaf nur diefen gefchlojfenen
Gefiihlsgehalf und -ablauf empfir^ef, urn fo mehr iff es Bedurfnis, in den noch unaus-
-gefchopffen Goldfeldern des Afynimefrifchen und Afonalen zu verWeilen, Wenn der
offene, rafflofe Strom der Lebensgefiihle flufef — Jei's als Jubel oder VerzWeiflung, als
Wolluff oder Marfer, als tfberkraff oder Verzagttieif, auf alien Wegen der Phanfafie —
oder. gar, wo er in Exfafen gipfelt Wenn erffer Ulbereifer audi einfeifige Grundfafje
zeifigf, (zur Zeif der erffen freien Rhyfhmen in der liferafur glaubfe man ja audi, mif
gefdiloffenem Vers- und Sfrophenbau lei es fiir immer vorbei), fchadef das nidifs; das
Stadium iff wahrfcheinlidi nofig, um Reife und Erfiillung hervorzubringen. Kunff la^f
fidi auf die Dauer nidif Verengern. Wer Werfe bringf, haf ein (fubjekfives) Redif, eine
Zeif lang einfeifig zu fein.
In der zumeiff iippigen Sinnenfreudigkeif und Siruifalligkeif der impreffioniffijchen
Zeif war zule^f vielfad: in alien Kunff en, audi in der Mufik, die Menfdienfeele zu kurz
gekommen. Der Expreffionismus, der alles dem geiffigen Ausdruck Enfbehrlidie ffreichf,
kommf, in der Mujik, eher in Gefahr, da^ eine Unferernahrung des Tonkorper^, ein
^mufikalifdier t'leifdimangel einwurzelf. Und wenn der Exprejfionijf feine Kraffe eXplofiv
in der Ridifung auf einen einzigen Gefuhlsausdrud? infenfiv konzenfriert fo konnen in
folchem primifiv-geradlinigen Aufs-Ziel-los-Gehen zugleidi audi die kunjflerifchen Grenzen
des Expreffionismus kennfiidi werden; jene Grenzen, wie fie immer hervorfrefen und
als Verarmung wirken, Jobald die Auswirkung i eines Prinzips fidi uberfdiraubt In der
heufigen Tonkunff, foweif He mir bekannf -iff, fdieinf diefes Stadium nodi nidif weif-
gehender eingefrefen zu fein; vielleichf bereifef unfer Jungeren es fidi vor. 'Sdionberg
felbff iff heufe durdiaus kein fo begrenzfer Vertrefer eines ifolierfen und exfremen Ex-
preffionismus, wie es efwa Debuffy fur den Impreffionis nus war: Sdionberg iff Voll-
105 ■■■ir - ;>■■
II r
i
kiinffler als Expreffionift Impreffionismus und Expreffionismus aber verkorpern zwei
ewige, nofwendige, einander erganzende Funkfionen des menfdilichen Geiffes. In der
Tonkunff unferer Zeif find fie nidif fo offentafive Ridifungsprinzipien geworden* wie in
den anderen Kiinffen; Fragen der handwerklidien Elemenfar-Grundlagen frefen hier
auffalliger hervor als die der geiffig-fchopferifchen Einffellung. Jedoch haf audi *auf die
Mujik der Geiff der Zeif als unverkennbarer Einflu£ ffark abfarbend gewirkt und das
Sdiwergewichf der inneren Neigungen und ihrer ffiliffifchen Auswirkung zuerff mehr m
die eine, dann in die andere Gegend verfchoben. Diefe Gefichfspunkfe einander gegen-
iiberzuffellen, war meine Abfidif in diefen Kapifeln. Als Gejichtspmikfe, nidif efwa als
glaff fchemafifierende Auffeilung der Mufikwerke in impreffioniffifche und expreffioniffifche.
Werfe zu wiirdigen, war meine Abfichf, nidif, prinzipielle Richfungspropaganda oder
Richfungsoppofifion zu freiben. Der Ridifungsmenfch fdiiiffef unweigerlich das Kind mif
dem Bade aus und wird ungerechf audi gegen die univerfellffen Meiffer, wenn fie ihm
zur Zeif nidif in den Kram paffen. Die heufige Mode gegen Sfrau£ iff eine foldie
Richfungsmarotfe. Tragf Sfrauj5 audi in feiner Gefamfhalfung die Ziige eines Kindes
der impreffioniffifchen Zeit fo fdiopff er dennodh au]5erlich und innerlidi aus dem Voilen
und fpoffef der Schemafifierung. Seine mozartifche Univerfalifaf wird Redif behalfen
gegen die, weldie heufe gegen inn fidi kehren und vergeffen, da£ gerade er den neueffen
Wegen widifigffe Vorbedingungen fdiuf. Wohl haben bisweilen audi einfeitig profilierfe
kunffler Pragnanfes und Werfvolles geleiffef. Mir perfonlich aber widerffrebf jede Art
kiinfflerifdier Fefflegung fo fehr, da£ idi bereifs in der fdirifflichen offenflichen Nieder-
legung von Gedanken iiber Kunff eine fur jedem Kunffler peinlidie und vielleidif un-
ausfiihrbare Aufgabe erblicke, (Ausgenommen fiir den der als Ridifungsmenfch pro
domo reden will.) Sidi in einfeifiger 13berfpannung auf eine ifolierfe Dokfrin feffzu-
legen, widerfpridif dodi dem Beffen, was der Sdiaffende, was jeder Kunffler iiberhaupf
befifzen kann: der Urfprunglichkeif, der inneren Beweglichkeif, der vielfeifigen Umftell-
barkeif, der Luff, Kraffe von hier und dorf zu ziehen, der jederzeif aufs Neue erreg-
baren Intuition, dem unbegrenzfen Enfwicklungsfriel'c'
Daf5 es aber gerade die hochffen fchopferifchen t nd fiefffen menfdilidien Werfe find,
die der „ Expreffionismus" verkundef, und urn derenfwillen alle groj3e Kunff — nidif
expreffioniffifch, aber — Expreffion war und iff, darin liegf nadi meiner 13berzeugung
die kiinfuerifche Bedeufung und die befondere geiffige Miffion unferer Zeit
(Unfer Zugrundelegung eines am 21. Juni 1918 im Goefhebund zu Konigsberg i.Pr.
vom Verfaffer gehalfenen Vorfrages.)
u ;
;3 i
Das Problem der neuen Mufik
Von Bela Barf ok.
Die Mufik unferer Tage ffrebf enffdiieden dem Afonalen zu. Dennodi fcheinf es
nichf richfig zu jein; svenn das for*ale Prinzip als abfolufer Gegenfafj des afonalen
Prinzips aufgefajSf wird. Das lefjfere iff vielmehr die Konfequenz einer allmahlich aus
dem Tonalen enfffandenen Enfwickkmg, weldie durchaus graduell vor fich gehf und
fceinerlei Liicken oder gewalffame Spriinge aufweiff.
Schonberg fagf in feiner „Harmonielehre", daJ5 die M Durchfuhrung" der Sonafen-
Form in gewiffer Hinfichf als Keim des Afonalen aufzufaffen fei. Das iff fo zu ver-
Jfehen: die „Durchfulirung" fchalfef die ausfchlief51iche Vorherrfchaff zweier Tonarfen
(wie in der „Expofifion M ) oder einer (in der „Reprife") aus, an deren Sfelle fie eine
gewiffermajaen freier gewahlfe Aufeinanderfclge verfchiedener Tonarfen Je£f, von denen
iede einzelne — fei es audi nodi fo vcriibergehend — immer genau nodi als Tonarf
empfunden wird. Mif anderen Worfen: in der ^Durchfiihrung" herrfchf eine Art
G 1 e i di beredifigung der 12 Tonarfen.
Die Haufung alferierfer Akkorde in der Nach-Beefhoven'fchen Zeif (Wagner, Lifzf),
dann die t immer freiere Verwendung der Wechfel- und Durdtgangsnofen (Sfrauj3,
Debuffy) iiber meiffens allerdings nodi fonal wirkenden Akkorden, find zwei wichfige
I3bergangs-Efappen vom Tonalen zum Afonalen. Schon bei Sfrauj3, nodi mehr aber
in Nach-Sfrauj5'Jcher Mufik findef man in Werken von fonal em Charakfer einzelne
Parfien (z. B. die „Widerfacher" aus dem Heldenleben), in denen die Tonalifaf bereifs
enffdiieden aufgehoben iff. Den vorlefjfen Schriff zum Afonalen hin zeigen jene Werke,
die, abgefehen von ihrem fonalen Ausgangspunkf und ihrem ebendahin zuriichkehrenden
Schlu£ (womif fie — nadi alfem Muffer — eine einheifliche Wirkung erzielen, einen
feffen Rahmen fchaffen wollen) afonal wirken.
Die enfjcheidende Wendung zum Afonalen hin begann aber erff — nadi den hier
gefdiilderfen Vorbereifungs-Phafen — als man anfing, die Nofwendigkeif der Gleich-
beredifigung der einzelnen zwolf Tone unferes Zwolffonfyffems zu empfinden: als man
verjuchfe, die zwolf Tone nidif nadi gewiffen Skalen-Syffemen zu ordnen und diefem
Ordnen gemajS den einzelnen Tonen gro^eres oder kleineres Gewichf beizulegen,
fondern die einzelnen Tone in jeder beliebigen, nidif auf Skalen-Syffeme zuriick-
fuhrbaren, fowohl horizonfalen als audi verfikalen Zufammenffellung zu gebrauchen.
Bei diefem Verfahren erhalfen zwar gewiffe Tone in der Zufammenlfellung ebenfalls
ein relatives VJbergewichf; dodi diefe Verfdiiedenheif an Gewichf bafierf nunmehr nichf
auf diefem oder jenem Skalen-Schema, fondern iff eine Folge der jeweiligen Zufammen-
ffellung. Ebenfo haben in Gruppen von Zufammenffellungen deren einzelne Glieder
im Verhalmis zueinander verfdiiedenen Werf und verjchiedene Infenfifaf. Die Ausdrucks-
mocjlichkeifen werden durch die freie und gleiche Behandlung der einzelnen zwolf
Tone in einffweilen unuberfehbar gro]3em Ma£e- vermehrf.
Vorher wurden hochffens Vierklange, und audi die nur in beffimmfen, zulaffigen
Zufammenffellungen gebildef; jefcf lajSf man fogar alle zwolf Tone zu gleicher Zeif in
den verfchiedenffen Kombinafionen erklingen. Von der eigenarfigen Leere eines Drei-
klanges wie in Beifpiel A*) ffehf uns einerfeifs bis zur vollklingenden Zarfheif eines
*) Siche am Schlufi des Artikels.
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Mehrklanges wie in Beifpiel B*) und andererfeifs bis zur fcfcrillen Wuchf eines Mehr-
klangs wie in Beifpiel C*) ein nie geahnfer Reichfum an 13bergangs-Nuancen zur Ver-
fiigung. Die engffen Lagen von drei und mehreren benachbarfen Tonen wirken je
nach der Tiefe, bezw. Hone der Lage als mehr oder minder didif klingendes,
' Jfilifiertes" Geraufch. Die. in fieferen Regiffern angewandfe weniger enge Lage wie in'
Beifpiel D*) naherf fich im Klang diefer geraufcharfigen Wirkung; um zwei Okfaven
hoher gefefjf veranderf Jich aber ihr Charakfer und wird afherifcher: die Wirkung
naherf fidi dann der des Akkordbeifpieies B.
Bei homophoner Mufik arbeifef man fozufagen mif gleidizeifig, oder in mehr oder
minder rafchem Nadieinander erklingenden Tonmajfen, mif dichfer'en oder luffigeren,
maffiveren oder diinneren Tonflecken, welche Qualifafen durdi die Zahl der angewandfen
Tone, durch die abfelufe Lage und die relative (d. h. weifere oder engere Lage) ujw.
bedingf find. Durch diefe Tonflecken, denen — je nach der Art ihrer Zufammen-
. ffellung — verjchieden graduierfe Infenjifaf inneWohnf und deren einzelne Tone — je
nach ihrer Rolle in der fenkrediten Tongruppe — verfchiedene Bedeufung haben, wird
in der afonalen Mufik in Folge eben diefer Verfchiedenheifen der Enfwurf der „Linie w
ermoglichf. Inwieweif die Erhebungen und Senkungen diefer Linie dann ein harmonifches
Ganzes darffellen oder nichf, davon allein, hangf die Formvollendung des befreffenden
Werkes ab.
Die Wuchf des durch Worfe fchwer prazifierbaren Inhalfes, die Frifche der — um
Schonberg's Worf zu gebrauchen — „erffen Eingebung", die Harmonie der Linien-
Juhrung: diefe drei Fakforen ergeben das Kunffwerk, Aber waren diefe Fakforen
bei den alferen Kunffwerken der Mufik denn nichf ebenfo vorhanden? Die Haupf-
erforderniffe haben Jich durchaus nichf veranderf, eine Anderung liegf nur in der Art
des Gebrauchs der Miffel: in der Vergangenheif arbeifef e man mif befcbrankferen, jef>f
mif ausgedehnferen Moglichkeifen. Die Zukunff wii 3 uns dariiber zu belehren haben,
ob das freie Walfen iiber reichere Moglichkeifen zu ebenfo grofien Kunffwerken fuhrf,
als von den Mufikern der Vergangenheif gefchaffen worden find.
Bei der Befrachhr-g afonaler Mufik verwirrf fehr, daj5 man fur das Feffffellen des
Befriedigenden, des K. .jmomjohen in der Linienfuhrung, keinen in Worfe auspragbaren
Anhalfspunkf, keine „. :egeln" befi£f. In defer Hinjichf find fowohl die Komponiffen
als audi die Zuhorer ur auf ihren Inffmkf angewiefen. Die ZeH zur Feffjfellung eines
Syffems in unferer afonalen Mufik iff iiber haupf noch nichf da (in Schonberg's Harmonie-
lehre — S. 49,. — finden Jich einige inferejjanfe, wenn audi fchiichfeme Verfuche dazu).
Diefe neueffe Periode der MufikenfwicMung hat ja kaum begonnen, und es liegen nodi
viel zu wenig Werke diefer Art vor, um bereifs eine Theorie aufbauen zu konnen.
Wenn diefe mif der Zeif enfffehen wird, kann fie fur die Nachwelf doch nur diefelbe
Bedeufung haben, wie feinerzeif jede der alferen Theorien: fie wird hochffens eine
Grundlage fein, auf der man erweifernd forfbauen kann, um fchliejslich wieder zu irgend
efwas ganzlich Neuem zu gelangen, das dann feinerfeifs wiederum zur Aufffellung
einer neuen Theorie anregf.
Bezuglich der homophonen und polyphonen Richfung wurde ich meinerfeifs fur
die Mifchung, beider Arfen ffimmen, alfo fiir ein Verfahren, welches mehr Mannigfalfig-
keif gewahrf als die ausfchliej51iche Befchrankung auf eine der beiden Arfen. Aus
ahnlichen Grunden, und da es fich ja nichf um zwei ganz und gar einander enfgegen-
*) Siehc am SchluC des Artikcls.
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gefefjfe Prinzipien handelf, fcheinf inir eine wohlerwogene (nichf allzu haufige) An-
wendung von Akkorden alferer, fonaier Phrafeologie innerhalb afonaler Mujik nidif
ffilwJdrig zu Jein. Ein vereinzelfer Dreiklang der diafonifchen Skala, eine Terz, einc
reine Quinf oder Okfave inmiffen afonaler Mehrklange — allerdings nur an ganz
befonderen, dazu geeignefen Sfellen — erwecken nodi keine Empfindung der Tonalifaf ;
ferner erhalfen diefe durch langen Gebraudi und Mi£brauch bereifs welkgewordenen
Miffel in folcher ganzlich neuen Untgebung eine frifche, befondere Wirkungskraff, die
eben durch den Gegenfafj enfffehf. Ja, man wiirde fogar ganze Eolgen derarfiger
Dreiklange und Infervalle — falls diefelben nichf fonal wirken — als durchaus ffilgema£
empfinden. Die unbedingfe Ausfchalfung diefer alferen Klange wurde den*Verzichf auf
einen — nidif unbedeufenden — Teil der Miffel unferer Kunff bedeufen; das Endziel
unferer Beffrebungen iff jedoch die unbefchrankfe und vollffandige Ausnufjung des
ganzen vorhandenen, moglichen Tonmaferials. SelbjfverffandUch aber find geWiffe Ver-
bindungen derarfiger Klange, namenflich an den Tonika-Dominanf Wechfel mahnende
Akkordfolgen, der heufigen Mufik ganz und gar zu wider. (Man begegnef lefjfere
wohlvermummf unfer einem prunkvollen Diffonanzen-Gewand in mandien Werken,
die au£erff beffrebf find, modern zu fein; folche Werke haben jedodi innerlich eigenflich
wenig mif den neuen Beffrebungen zu fdiaffen).
Die Beftirchfung, daJ3 afonale Mufikwerke infolge des Aufgebens des auf das
fonale Syffem gegriindefen fymmefrifchen Aufbaues eine formlofe Maffe darffellen ■
wurden, iff nidif berechfigf. Erffens iff ein archifekfonifcher, oder dem ahnlicher Aufbau
nidif unbedingf nofwendig; es wiirde der durch die den aneinandergereihfen Ton-
gruppen innewohnenden differenzierfen Infenfifafsgrade enfffandene Linienbau voll-
ffandig geniigen. (Diefe Art der Formbildung zeigf eine enffernfe Analogue zur Eorin-
bildung der in ungebundener Rede abgefajafen Werke.) Zweifens aber fchliej5f die
afonale Mufik gewiffeauj3ere Miffel der Gliederung, gewiffe Wiederholungen (in anderer
Lage; mif Veranderungen ufw.) von bereifs Gefagfem, Sequenzfolge, refrain-arfige
Wiederkehr mancher Gedanken, oder das Zuriichkehren beim Schlu|5 auf den Ausgangs-
punkf, nichf aus. All diefes Verfahren erinnerf ' allerdings weniger an das Archifekfonifdi-
Symmefrifdie, als an den Versbau der gebundenen Rede.
Das Wefen der afonalen Mufik auf dem Syffem der Oberfone zu begriinden,
erfcheinf mir niiif zweckmaj3ig. Wohl kann die Verfchiedenheif im Charakfer und in
der Wirkung der Infervalle durch das Phanomen der Oberfone erklarf werden, doch
gibf diefes in der Erage der freien Anwendung der zwolf Tone einen nur wenig
befriedigenden Aufjchlufr
Der EntwicklungsprozeJ3 zum Afonalen hin Ware vielleichf folgendermapen auf-
zufaffen: das mogliche Maferial der Mufik beffebf aus einer unendlichen Anzahl von
Tonen verfchiedener Hohe. vom fir^fen aufwarfs bis zum hochffen vernehmbaren Tone.
(Hier wollen wir Rhyfhmus, Klangfarbe und Dynamik — als bei der Erorferung der
Erage nidif ausfchlaggebende Elemenfe — riberiichfichfigf laffen.) Unfer ideales Ziel iff
nun: immer mehr Beffandfeile diefes -Materials in Kunff werken els Miffel zu verwerfen.
Urfpriinglich wurden auf Grund des Oberfonfyffems eine kleur Zahl von Tonen aus
jener unendlichen Reihe als allein braudtbar ausgewahlf: es wurde die diafonifche
Tcnreihe gebildef, auf Grund des Oberfonfyffems in zwolf verfchiedene Hohen frans-
ponierf und fomif das ganze diafonifche Syffem gebildef. Bald ffellfe $<h beim Drang
nach Weiferenfwicklung (nach freieren Modulafionen) das Unzulangliche diefes Syftems
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heraus; man griff zur Gewalf und vergewaltigfe die Nafur durdi die Zwolffellung der
Okfave: jo enfffand das kunffliche, femperierfe Zwolf-Tonfyffem, deffen Fiirfprecher und
Verbreifer die Taffeninjfrumenfe mif kiinfflicher Intonation waren. Doch das mufikalifche
Denken bewegte fich frofj diefer gewalfigen Enffernung von der Natur nodi jahr-
hunderfelang auf diafonifchem Boden, bis endlidi, nach dem oben befchriebenen Enf-
wickhingsprozejS der mufikalifche Sinn fur die gleiche Behandlung der einander gleidien
12 Hibfone wach wurde. Diefes neue Verfahren birgt unermej31iche neue Moglichkeifen
in fich, fo daj5 Bufoni's Wunfch nadi einem Driffel- Oder Vierfel-Tonfyffem als vorzeifig
erfcheinf. (Die . feif dem Erfcheinen femes „Enfwurf einer neuen Affhefik'* enfffandenen
Werke Schonberg's und Stravinsky's beweifen, da$ das Halbfonfyffem nodi nichf fein
testes Worf gefprochen hat). Die Zeit der Weiterteilung des halben Tons (vielleichf ins
Unendliche?) wird jedenfalls kommen, wenn audi nichf in unferen Tagen, fondern in
Jahrzehnten und Jahrhunderfen. Dodi wird fie ungeheure fechnifche Schwierigkeifen,
wie z. B. eine Neugeffalfung des Bans der Taften- und der Klappeninffrumenfe zu
iiberwinden haben, ganz abgefehen von den Infonationsfchwierigke^fen fur die menfch-
liche Sfimme und all iene Inffrumenfe, bei denen die Tone zum Teil durdi Finger-
auffatj fixierf werden; diefer Umffand wird das Leben des Halbfonfyffems hochff wahr-
fdieinlidi mehr, als kiinfflerifch nofwendig iff, in die Lange ziehen.
Zum Schlu£ fei nodi ein Wort iiber unfere Nofenfdirift gefagf. Sie enfffand auf
Grund des diafonifdien Syffems und iff eben deshalb zur fchriftlichen Wiedergabe
afonaler Mufik eigenflich ein ganz ungeeignefes Werkzeug. Die Verfefjungs-
zeidien z. B. bedeufen eine Alferierung der diafonifdien Sfufen. Nun handelf es fidi
aber hier nidif urn alferierfe oder nirhfalferierfe diafonifche Sfufen, fondern um zwolf
gleidiwerfige halbe Tone. Au£erdem iff es recht fchwierig, Konfequenz in der Schreib-
weife beizuDehalfen; off iff man z. B. dariiber in Zweifel, ob man auf die leidifere
Leferlidikeif in verfikaler oder horizonfaler Riditung zu adifen habe.
Es Ware wiinfchenswert eine Nofenfdirift mif 12 gleidien Zeichen zur Verfugung
zu haben in weldier jeder der 12 Tone fein den anderen gleidiwerfiges Zeidien haffe,
fo daj5 nidif mehr mandie Tone ausfchlieJJlich als Alferierungen anderer notierf werden
miiflen. Diefe Erfindung jedoch harrf einffweilen nodi des Erfinders.
Beifpiele:
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MO
Die Empfangenden
Von Dr. Hans Mersmann.
Es foil hier von den Empfangenden die Rede fein. Wenn es Hen darurn handelt, deri
Ausdruckswilien einer klinftlerifchen Gegenwart zu begrtlnden, Geretze zu fuchen fflr werdende
oder eben gefchaffene Stil- und. Formenwerte, To find die Aufnehmenden ebenfo intereffiert wie
die fchaffenden oder nachfehaffenden KQnftler. Und 1'ollen folche Geretze nicht nur taftende
Selbfterkenntnis oder Rechtfertigung des Schaffenden bleiben, follen He BrUcken fchlagen,
vorwarts filhren, Verftehen wecken, fo handeli es fich ja bei all dem um die Empfangenden.
Denn gibt es ein Werk, das nicht mit ganzer Seele der Menfchen "wartet, die feine JSprache
verrtehen, mag es noch fo fehr um feiner felbft willen gefchaffen Fein?
Die Empfangenden, gehen den weiteren und fchwereren Weg. Was im Ktlnftler in langen
Zeitraumen organiTch wuchs, wird als ein Fertiges vor fie geftellt. Und was noch fchlimmer ift-
fie werden zwifchen extremften Gegenfatzen hin und hergeworfen, man bettet die „Novitaten"
forgfam und fchonend zwifchen Haydn und Mozart und -wunderi Hen, wenn He dann auch bei
denen die Wirkung verfehlen, weiche fie fuchen.
Denn es gibt unter den Empfangenden auch folche, die fuchen. Ihnen muB der Weg
bereitet werden, nicht nur dem fchaffenden KQnrtler. Diefer ift in dauerndem Wachstum be-
griffen, allem Neuen mit gerpannien Sinnen entgegenhorchend, weite und feme Ziele vor sich.
Sie aber gehen, ruhend in Tradition und Oewohnheit, die meiften auch in Bequemlichkeit. Wie
fie felbft verfchieden find, fo ftehen fie allem Neuen in der Kunft verfchieden gegentiber: in
heftiger Ablehnung, in unduldramer enttaulchter Erwartung, in ftumpfer Gleichgiltigkeit, die
wenigrten in fuchehdem BedOrfnis. Eine Gruppe aber habe ich nicht genannt und das lind die
fchlimmften: die das Neue aus Senfationsbedurfnis ergreifen und Unfahigkeit mit geheucheltem
Verftehen zudecken. Und nur diefen kann nicht geholfen werden. Jene andern al!e kann man
aufklaren und berchwichtigen und wecken. Man kann ihnen das Neue in der Kunft als einen
dreifachen Zwang zeigen: als ethifche, als mufikaiirche und als hiftorifche Notwendigkeit
Im erften Falle handelt es rich um eine innere Einftellung. Es ift der Sinn der Entwicklung:
da8 der Tchaffende Kilnftler, urfprtinglich einfam, vorausgeht. Wenige Verftehen de folgen ihm.
In weitem Abltand kommt die Menge. Und gefchUtzt in ihrer Mitte eilen die Gaukler und
Handwcrker, weiche nach bewShrten Schablonen gangbare Ware verfertigen. Das alles ift ganz
natilrlich, kann garnicht anders fein. Wie follte man es den HOrenden veriibeln, wc:;n He die
wenigen, die unter den Neuen eine eigene Sprache reden, mit verftSndnislofem Verncinen oder
feindlichem Zifchen begrUBen? Haben doch ihre V3ter bei Wagner genau fo gezifcht, deren
Vater Schumann _verhOhnt, deren Vater Beethoven, und fo fort bis zu den unerhGrt neuen und
ftilfprengenden j'ubilationen des gregorianifchen Chorals zurtick. Es ift eine natUrlrche 2nt-
wicklung, diefes ZurilckbleiBen der Empfangenden, fo daB gefragt werden muB, ob es denn
Uberhaupt anders fein follte. Wer wagte, da ja zu fagen? Aus dem Selbfterhaltungstrieb heraus
erkiart fich die heftige, oft leidenfchaftliche Ablehnung.
Was hier fiir die Entwicklung der Gelamtheit ausgerprochen wurde, gilt fllr jeden einzelnen
als Individuum. Nur erwahlte Menfchen find fahig, auch rezeptiv eine Entwicklung zurilck-
zulegen, die ein gegebenes MaB uberfchreitet. Wenn einer den Kampf um Wagner und Brahms,
die Probleme der Programmufik bewuBt und mit eigener Stellungnahme mitgekampft hat, dann
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hat er ein ehriiches Stack Arbeit geleiftet. Man kann vort ihm billig nicht verlangen, daB er
Schiinberg lieben und verftehen folic Und die Jiingeren, die auf feinen Schultern ruhen, die
mttfren erft durch Wagner und Brahms hindurchgehen. Haltlos und unnaturlich ware ilire
Stellung zur gegenwSrtigen Kunft, wenn fie nicht die Entwicklung der ietzten Jahrzehnte
konzentriert aber doch in alien Tiefen nacherlebt hatten.
Wer aber weder zu alt noch zu jung ift, fich einzuftellen, fUr den ift es Pflicht gegeu I'ich
felbft, zu fuchen. Und i Tt Verfiindigung, wenn er in der Menge ftehen bleibt und fich treiben
laSt, ftatt mit Willen und BewuBtheit nach vorn zu treten. Beitfes ift notwendig. Die Ent-
wicklung bis zu den Ietzten Jahrzehnte n gei.t ohne feinen Will en in ihm vor fich, er wird von
ihr getragen, muB fie durchleben. Mit dem Eintritt in den Ausdruckswillen feiner Gegenwart
hort diefer Naturvorgang auf, die Gegenwart forclert feinen Willen und feine Kraft. Und hat ein
Recht, fie zu fordern.
Man beftreitet ihr diefes Recht oft. M-.»: i i in,, daft fie fich erft durch groBe Leiitungen
legitimieren miiffe, ehe fie Teilnahme fordern durfe. Wie fchief ift das! Als ob man den
Organismus einer Pflanze erst huten und hegen wollte, nachdem fie fich durch Mire Fruchte
diefer Sorge wert gezeigt hat. Die Forderung aber wird auch oft fallen gefaBt. Sie heifit nicht:
finden, noch weniger: fchun finden, fondern fie heiBt allein: fuchen! Es handelt fich in erffer
Linie garment um abfolute Kunltwerte, fondern urn Entwicklungswerte. Das darf nicht ver-
wechfelt werden. Die' noch immer vertretene Anficht, daB beides mit ein^nder identifch fei, ift
falfch. Jeder uberragende KUnftler runt auf den Schultern feiner Vorganger, und im befonderen
auf den Schultern dercr, die gerade feine Ausdrucksmittel entwickelt, feine Wege gebahnt, feine
Waffen gefcharft haben. Erft durch fie und nur durch fie wurde er moglich. Ober der Gemein-
famkeit diefes Ineinanderarbeitens liegt die Notwendigkeit eines Naturgefetzes. Sie beide: der
Wegbereiter und der im hochften Sinne fchopferifche Kunftler find Trager einer Entwicklung,
Medien einer Kraft.
So gilt unfer Suchen garnicht dem Kiinftlcr fo fehr wie dem Wsg. MuB ich noch fageo,
warum diefer Weg gefucht werden muB? Wir ftehen in einer lebendigen Entwicklung. Seit
langem waren die Wertbegriffe des Kunftwerks nicht fo fchwankend wie jetzt. Und es gibt fur
den denkenden Menfchen nur die eine MGglichkeit: die Entwicklung bewuBt und fuchend mit-
zuerleben. Er wird es ablehnen,. Tich treiben zu laffen und dadurch feiner eigenen Stellung-
nahme und Mitbeftimmung beraubt zu werden. Es wird ihm nur eine Entfcheidung tibrig bleiben:
Uber den Grad der Zuftimmung oder Ablehnung. Beide find uneingefchrankt gleich gefahrlich
und gednnkenios: die kritiklofen Anbeter alles N^uen ebenfo fehr wie die fich mit dem bewahrten
Alten brttftenden Hfiter der heillgen Tradition. Vor allem: die Entwicklung bedarf felbft der
Stellungnahme aller Aufrichtigen und Nachdenklicben. Sie bedarf der befruchtenden Kritik und
der taufchenden Wechfelwirkung zwifchen Schaffenden i\rt6 Empfangenden. Auch diefe haben
einen Teil an ihr: ihr Geben und Nehmen erft bewirkt den lebendigen Kreislauf flieBender Krafte.
. Es wird nach den Tragern der Entwicklung gefragt. Auch unter ihnen gibt es GroBere
und Kleinere. Ob es jetzt tenon einer; ganz Orottcn gibt, :ft garnicht wichtig. Sondern eher
dies: daB auch Ehrliche und Unaufrichtige unter ihnen iir-a. Wir Heutigen rniUfen fie beide
nehmen, Uber die Unehrlichen richtet die Zeit; fie find noch immer nach wenigen Jahrzehnten
klanglos in den Schatten zuriickgefunken. Una es j ft ioricht, einer Gegenwart zum Vorwurf zu
machen, daB fie auch von Unbedeutenden, auch von folchen goeragen wird, die blenden wollen
ftatt leuchten. Als ob Beethoven nicht umringt gewefen ware von ihnen: nicht nur von Mufikern
zweiten Grades wie Clementi oder Pleyel oder Gyrowetz fondern auch von Dutzenden murikalifcher
Lakaiennaturen, deren Namen niemand mehr kennt, die fich mit feinem Pathos blahten, die feine
Sprache unverftanden und Ikrupellos nachftammelten. Sie find in alle Windc zerftoben und nur
der" Zufall wirft einen oder den andern von ihnen, deffen Machwerk durch auBere Umftande er-
halten blieb, ans Ucht, fpielend wie mit einem vertrockneten Blatt Aber wie es gelegentlich
gefchieht: die heute in vorderfter Reihe Schaffenden in Baufch und Bogcn mit einer gering-
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Fchatzigen Handbewegung abzutun, ihre Werke als ausgekltlgelte Experimente btoBzuftellen',
das if: zwar bequem aber im hochFten MaSe gedankenlos-und wenig mulig,
Manche unter den Empfangenden teilen diefe Meinung. Wi8t ihr nicht, wieviel (eichter es
fiir jene geweFen ware, auf gepflafterten StraBen zu gehen und durch 'vertraute Formeln euren
Beifall zu erringen? Nein, die in Wahrheit Unehrlichen find die, welche euch fchmeicheln, die .
euch zuliebe — und nu r euch zuliebc die Sprache reden, die euch genehm ift, die auf euer
Klatfchen horchen und euer Tufcheln, die euch am Geficht ablefen, was ihr Jiebt und was euch
miBfallt, damit fie dies in in rem nachFten „Werk w nur ja -verm ei den. Und wieviel „KtlnFtler a
diefer Art treten nicht taglich vor euch! Da gilt mir doch -taufendnui mehr. der bewuBt neue
Wege betritt, auch wenn es nicht Feine eigenen find und auch v.-_'nn er nicht ftark genug ift, einen
perfonlich gepragten und bind^nden Ausdruck zu finden. Allein die Tatfache: daB er nach vorn
fchaut Ftatt auf euch, Tteiit in»: hoch Dbcr jene.
Es muB zugegeben werden: unfer MuFikleben macht es den Empfangenden nicht eben Ieicht.
Je mehr es zum Warenhaus wurde, in dem Urauffuhrungen verhandeit und Mitwirkungen verkauft
werden, urn fo weniger Raum bleibt ftlr die Entwicklung. Neue Wege find ein fchlechtes
Gefchaft. Wenn unbekannte zeitgenOffifche Kammermurik gefpielt wird, kann man nicht mit
vollen Salen rechnen. Und auch wenn nachfehaffende Kiinftler nicht gerade zu jenen gehOren,
die dem Publikum feine Wunfche von den Augen ablefen, Fo nehmen Fie doch RllckFichten. Denn
fie werden ietzten Endes allein durch die Gunft der Empfangenden getragen und durch ihr Fern-
bleiben verbannt. Und es gibt nicht viele, die fich dies letzte auBerlich und innerlich leiften
kttnnen.
So ift ein wichtiger Teil der Entwicklung den Empfangenden felbft in die Hand gelegt.
Ihr Verantwortlichkeitsgefuhl allein follte Fie zwingen, den nachfehaffenden KlInTtler zu ermutigen,
der ihnen Neues zeigt, wie den Schafjenden, der Tie weiter ftthren will. Es handelt rich ja
Ietzten Endes garnicht urn Mufik. Es handelt fich um die Frage: ob der Einzclne als toter
Gegenftand von dem flieBenden, Strome mitgefchwemmt wird oder als lebendig wirkende Kraft
fich eins fflhlt mit der elementaren Kraft des organifchen Wachstums. Darum ift die Entfcheidung
hieruber eine ethirdieNotwendigkeit.
Ihr gegeniiber Find die mufikalirchen Momente fa ft von untergeordneter Bedeutung. Wahrend
die Gefichtspunkte, die ich unter dem Sammelbegriff des Ethifchen zufammenfaBte, meirt fUr
felbftverftandlich gehalten oder unbeachtet gelafren werden, Tchenkt man dem rein Mufikalifchen
grofite Aufmerkfamkeit. Es mehren Fich die Verfuche, die Stilwandlungen in der neuen Mufik
aus dem groBen FluFfe der Erfcheinungen a^zulofen und zu erkl&ren. Ein folcher VerFuch foil
hier nicht noch einmal unternommen werden. Aber die folgenden Zeilen, welche fich vomehmlich
an die Empfangenden wenden, Follen auch keine blofie Zufammenftellung bekannter Gefichts-
punkte geben, fondern wollen verfuchen, die wichtigften Merkmale der- gegenwSrtigen Mufilc auf
ihre innere Wurzel zurUckzufuhren, unter der fie verttanden werden kOnnen.
Was den Horenden zunachft ftutzen laBt, ift die verSnderte Atiswirkung der Elemente.
Sie ift im Harmonifchen am ftarkften fpUrbar. Hier fehlt zweierlei: die logiiche Bildung der
Einzelklange aneinander nach den bekannten Gefetzen der Anziehung und AbftoBung und auBer-
dem der relative Konronanzcharakter des Einzelkiangs, der auch die Diffonanz noch in gewiifer
Weife als wohlklingend empfinden lieB. Der Konfonanzbegriff (von jeher ein afthetifcher und
niemals ein technircher Begriff) hat Hch in alien Zeiten dem Aufnahme- und Reizvermogen Feiner
Gegenwart angepaBt. Wenn vor Jahrhunderten die Terz und Sexte wegen ihrer allzu ftarken
harmonifchen Reizwirkung als DiFFonanzen galten (und felbftverftandlich verboten wurden), Fo irt
es genau fo natUrlich, daB der Wagner'fche Nonenklang uns heute zu einer faft unertragli chert
Konfonanz^geworden ift, die nur eine Harmonlelehre hinwegdispi tieren kann. Die harmonifche
Tragkraft des einzelnen Klanges irt ungeheuer gewachfen. A' an hat dafQr den Ausdruck
„Kakophonie w gepragt und immer wieder gebraucht, ohne fich der Gedankenlofigkeit diefer
H3
ass
H
ii
H.
n
Bezeichnung bewuBt zu werden. Hie^ genugt die Tatfache einer neuen harmonifehen Belaftung
des einzelnen Klanges, ohne ihrer Gefetzmafiigkeit weiter nachzugehen. Damit muffen die lo-
gifchen Bindungen der Kadenz von felbft bis zu einem gewiffen Grade fallen. Verbindungen von
neuer Logik werden gefunden. Einrtweilen noch genau [o inltinktiv, wie man vor vierhundert
Jahren Klange miieinander verband, ehe Zariino die GefetzmaGigkeit von Dur und Moll verktfn-
dete. Eben fcheinen neue Gefetze der Kiangverbindung aufzudammern. Sie liegen nach meinem
Empfinden einmal in der melodifchen Siutzung der Kiangverbindung. Das heiBt: je freier und
fcheinbar unlogilcher der harm on rich e Vorgang wird, um To einfacher werden feine melodifchen
StOtzen. Dann aber muB neben die Logik der Kiangverbindung ein Begriii treten, der lich langft
ein Heimatrecht, wenrt auch nicht in Harmonielehren fo doch in unferm Empfinden erworben hat:
die Farbe. Die Gefetze der Farben verbindungen zwifchen den einzelnen Klangen, etwa teit
Beethoven, dann zunehmend in der Romantik von den Schaffenden aufgefpilrt, Find in der neuen
Mufik von ausfchlaggebender Bedeutung geworden. Auch in ihnen ift Logik, eine Logik freilich,
die mit der der Kadenz nichts zu tun hat. Man konnte hier auch von der Rolle der Obertone
reden, doeh find lie nicht Jo fehr Gefetz wie nachtragliche Begrundung.
Das Meiodifche hcingt mit dem Stiliftifchen faft untrennbar zufammen. Es geht von dem
Begriff der Tonalitat aus. Der Logik des Dreikiangs Eteht die Logik der diatonifchen Tonleiter
als entfprechendes Gefetz gegenilber. Auch lie wire! durchbrochen, Dabei handelt es h'ch zu-
nacMt garment um Drittel- und VierieltSne, wie die Kunftrichter alten Syfterns in lacherlicher
Konfequenz immer von neu"em behaupten (diefe liegen einftweilen noch voHig auf dem Gebiete
de*s theoretifchen Experiments), fondern nur um eine Lofung von der Bindung der Tonleiter. Die
SchOnberg'fchen Quarten, deren waehfende Bedeutung lich durch einen Blick auf etwas altere
Mufik, z. B. auf Mahler als ganz orgarrifch darftellt, find lediglich eine Reaktion auf die allzu
etnleitige Auspreffung der Sekunde und Terz.
Jeder Verfuch, Gefetze der Linie zu finden, fuhri zunachft zu der Erkenntnis ihrer immer
grGBeren Reinheit. Diefe Erkenntnis beginnt nun AHgemeingut.zu werden: daB unfer melodifches
AusdrucksbedOrfnis zur Horizontal, zur reinen, d. h. nicht mehr durch harmonifche Bindungen
befchwerten Linie hindrangt. Das bedingt eine vOllige Umftellung des*Ohrs, die genau To all-
mahlich eintreten wird, wie fie frflher einmal allmShlich verloren ging. Denn das Aufnehmen
eines linearen ftatt eines klanglichen Vorgangs war fruheren Jahrhunderten eine Selbftverftand-
lichkeit Der Gegenfatz von Linie und Farbe fahrt durch lich felbft zu der Parallele mit der
Malerei. Wie dort ttt das Wiedererltarken der Linie und das Suchen nach der groBen ein-
heitlichen ausd rucks ftar ken Linie eine nbtwendige Gegenwirkung gegen die Auf lofung des Ge-
dankens in reine Farbwerte. Auch in der Mufik gibt es die Obergangsform, welch e die Malerei
Pointillismus nennt: es ift der Verfuch, diefe Farbwerte zunachft in kleinen mofaikartig anein-
andergefflgten Kraftzentren zu faffen, wie er eine weiter zuruckliegende Schahensperiode SchCn-
bergs charakterifiert Hier wie dort ein Obergang und natQrlicher Umweg.
Nur weniges noch uber Gedanken und Form. Auch auf fie greift die AuflGtung ilber.
Wie die Bindung der Tonleiter aufgehoben werden muBte, fo muBte auch die architekronifehe.
Bindung der Periode und des Tnemas fallen oder doch mehr und mehr zurUcktreten. Es hangt
dies zutiefft mit dem veranderten Wefen des mufikalifchen Gedankens zufammen. Da wo er
noch erkennbar vorhanden ift, ifi er weit hinausgewachfen Uber Architektonik;, gefflgte Form, ge-
ftalteten Affekt: er wird allein zur elementaren Kraft, die fich ohne Bindungen nach eigenem
Gefetz entwickelt. Die Umfpannung des Ablaufs ift wohl die fchwerfte Forderung, welrfie neue
MuHk an die Ernpfangenden ftellt". Die Pfeilei und Bogen der periodifchen Foige Und ebenfo
verlchwunden wie' das Betongerippe der thematilchen Entwicklung mit feinen greifbaren Be-
ziehungen und Gegenfatzen. Die forraale Auswirkung der gezeichneten Stilwandlungen fucht
neue Sehwingungsbahnen, die fich aucti hier von ubernommenen Gefetzen befreien. Sie fucht
eine Linie die gewiffermaBen von einem Kraftzentrum in den freien Raum hinausfchwingt und in
groBen Kurven zur Grundlinie zurtickkehrt oder fre: fich auflofend in den Raum h.ineingleiiet.
M
""-rrniij
immer wieder fcheint mir dieres ihr flangit nicht immer erreichtes) ZieL Auch hier ift der ichein-
bare Gegenfatz: die Auflofung der Form in kleinTte Einheiten vlelleicht nur ein Umweg. Unter
diefem Gefichtspunkt vera nd em fich auch die zyklifchen Form en. Sie ftrebten von ihrer Ent-
ftehung an immer mehr nach innerer und auBerer Einheit. Der thematifche Zufammenhang
zwifchen den Einzelfatzen, der fchon bei Haydn und Mozart, oft ungreifbar fein aber eindeutig,
erkennbar ift, wird immer enger. Die Sinfonifche Dichtung, langft kein Problem mehr, wurde
zur Obergangsform. Streifte man von ihr die Kriicke des Programms, To kam man zu den neuen
Beziehungen zwifchen formaler Architektur und inhaltlichcr Entwicklung/ welche am Anfang der
ietzten Stilperiode ftehen.
Es konnten hier nur wenige wefentliche Momente herausgehoben werden. Das Programm
fiihrt noch zu der vcranderten Beziehung von Wort und Ton. Auch hier tritt eine LoTung ein.
Der anregende, befruchtende Charakter des Wortes wachft, der bindende Ichwindet. Nicht mehr
Worte und Gedaitken werden vertont fondern Inhalte. Mit der AblOfung vom Wort wachft die
elemer.tar mufikalifche Kraft der vokalen Melodie. Ihre Konfequenz, die bis zur Vernichtung des
Wortes fuhren kann, wurde in diefen Blattern bereits durchgefuhrt.
Es iTt noch nOtig zu fagen, dafi die Heraushebung aller diefer Einzelheiten nicht nur unvoll-
ftaodig fondern auch bewuBt einfeitig bleiben muBte. Wir Ttehen in einer organifchen Entwick-
!ung. Diefe kenrit keine Warferfcheiden zwifchen ah und neu. Wo fie in der Kunft auftreten,
find fie konftruiert aber nicht gewachfen. Und fo ift ailes was hier als neu bezeichnet wurde.
unauiloslich mit aiteren Entwicklungswerten verbunden. Was diefe leugnet, bleibt Experiment.
Das Kunftwerk "aber pragt fich feibft durch die perfonliche Art des Ausgieichs. Je mehr fuchende*
Krafte in ihm find, defto extremer im Sinne der Entwicklung wird es fein. Je ficherer feiner
feibft es ift, um fo eher wird es den Ausgleich finden. Der ganz GroBe, der die Entwicklung
emmal zufammenfaBt, wird nach meinem Empfinden nicht vom ftehen, fondern zunachft eher
unmodern erfcheinen, verglichen mit denen, die leine Waften fchmieden. Wenn er freilich nicht
von der andern Art jener Wenigen ift, deren titanifch aufgereckter Arm eine Entwicklung um
ein jahrhundert emporreiBt.
Ich muBte mit diefen Gedanken bereits das meifte von dem dritten leitenden Geu'chtspunkt
vorwegnehmen: die Gegenwart als eine hiftorifche Notwendigkeit zu verftehen. Zweierlei
fcharft den Blick hierillr: die Beziehung auf die Vergangenheit und die parallelen Entwicklungen
in den ubrigen Arten des kunftlerifchen Geftaltens. Bcides IaBt die unverftandigen Angriffe, denen
ailes Neue von jeher ausgefetzt war, um fo leichter abweifen und erhOht das GefOhl fQr die or-
ganifche von innen heraus wachfende Natur der Entwicklung. Schon bei der BegrUndung der
wefentlichen Merkmale muBte immer wieder auf die Entwicklung zurDckgegriffen werden. Sie
alle waren vorbereitet und find Ietzte Glieder einer uniosbaren Kette. Die zunehmende Bedeutung
des Farbbegriffs, die Auflofung der architektonifchen Bindungen, der elementaren Grundformen,
der harmonifchen Logik, ailes das ift in feinem Prinzip gradliniges Erbe der Romantik. Im Ver-
gleich mit der Entwicklung der andern KQnfte wtlrde man diefe Merkmale impreffioniftifch
nennen konnen. Die Einheit der Form aber, die Beziehung auf die reine und groBe Linie, die
Umftellung auf die Horizontal, diefe .Momente, welche in einer aiteren Vergangenheit wurzeln,
find expreftioniftifch. Beides falk far die gegenwartige Mufik (deren Sfthetifche Ziele man ganz
in der zweiten Richtung fuchen muS) zufammen. Das liegt in ihrem Wefen: fie erlebt umgekehrt
dasfelbe wie vor dreihundert Jahren, wo zugleich mit der eritehenden einftimmigen reinen
Renaiffanceiinie deren barocke AuilOfung einfetzte. Nimmt man nur den Gefichtskreis groB genug.
To ift auch das Experimentieren mit Vierreltonen von innen heraus begrtlndet: es ift eine grad-
linige Fortfetzung der Entwickluag, welche das diatonirche Prinzip um das chromatifche bereichexte
(denn von einem Erfetzen ift ja gamicht die Rede).
Die Verbindung der Gegenwart mit der Vergangenheit ift k^ne hiftorifche Spekulation fondern
IaBt eine hiftorifche Notwendigkeit erkennen. Sie macht den Buck auf ailes Garende;, Wachfende,
fcheinbar verwirrend Experimentierende im Grunde doch ficher und froh. Lafit im Gegenfatz zu
115
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den Beftirchtungen der Zweifler eher wilnfchen, daB noch viel mehr an Neuem, Suchendem in
der Mufik unterer Tage ans Licht trate. Der Verfuch: den groBen Organismus der Entwicklung
zu einer Einheit zufammenzufalfen, TchUeBt urn die Vielgeftaltigkeit der Erfcheinungen ein einendes
Band. Er 12Bt in den feinlten hichenden Regungen modernen Geftaltungswillens den letzten
AuslSufer einer von innen wirkenden Kraft erkennen, den zarten im Winde Ipielenden Trieb.
Und wie lacherlich es ware, von ihm die Kraft des Stammes zu fordern, fo darf man ihm auch die
Berechtigung teltEamfter Formen zugeftehen. Das heute entftehende Kijnftwerk ift, wenn es auf-
richtig ift, in dieter Entwicklung verwurzelt und von ihren Kraften gerpeirt. Daher ift es un-
zerltftrbar wie diere felbft. /
Die letzten Gedanken fiihrten mich von den Empfangenden fort zum Kunftwerk. Zu ihnen
aber kehre ich noch einmal zurQck. War die Stellungnahme zu der Kunft unferer Zeit eine
innere Notwendigkeit fur fie, fo follten ihnen die Andeutungen uber das Kunltwerk Eelbft und
feine entwicklungsgelchichtliche Notwendigkeit den Weg leichter mach'en konnen: ihn zu gehen,
erfordert einzig ein unbefangenes Ohr und einen luchenden Willen.
Breitkopf & Hartel - Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe
Zentralstelle fur in- Jnd auslandische Musik
Flugel . Pianos . Harmoniums
21
116
Die Not der Konzerforcheffer und
die Enfwicklung der fymphonifdien Mufik
Von RudQlf Cahn-Speyer
Unscrc triibc allgcmcinc Lagc und ihrc Riickwirkung
aiif die wirtschaftlichc Existcuz nnsercr Musikcr ist schon
wiederholt publizistisch bchandelt worden, sowoli! vom
Staiidpunkt des Orchcstcrm.usikcrs, als nuch von dem
des solistisdi wirkenden konzertierenden Kiinstlcrs und
des Komponistcn. lis ist cingchend crurtcrt worden,
wclchcn Einflufi dicsc VerhaUnisse auf die wirtschaftlichc
Enhvickhmg unseres Kimstbetricbcs haben werden; cs
ist abcr mcines Wissens noch nicht vcrsucht worden,
Klarhcit iibcr die Folgen zu gewinnen, die sich
a us uitseren tratirigcn matericllen Zustandcn fiir die
bleibeudcn Wcrtc der Kunst, iur die Kunstwcrke sclbst
fiir die Zukunft vorausschen lasscn.
Es muB damit gcrechnct warden, daB unscrc Konzcrt-
orch ester iibcr kurzodcr king aufliorcn werden zu bestehen.
Vor dem Kricgc bewegtc sicli das Anfangscinkommcn
cincs Musikcrs in unseren gutcn stildiischcn Orchcstcrn
in Stiidtcn mittlcrcr Grofic zwischen 2000 und 2300 Mk.
im Jahr, steigend bis zu 3000—3500 Mk. Es bedarf
kcuics Nachwcises, dafl ein solches Einkommen hcutc
nicht mchr diskutabei ist. Die organisiertcn Orchestcr-
musikcr haben denn audi iibcrall im Wege der Tarif-
festsctzung von organ isatjonswegen cine bctrachtliche
ErhOhung dieser Gagen herbcigefiihrt. Die derzeitigc
Hohc der Gagcn rcicht jedoch angesichts der imm.:r
steigenden Kosten der Lcbcnshaltung nicht mchr ira
Emferntestcn aits, und ncuc Stcigeruugcn sind unaiis-
bleiblich.
gj Der Punkt diirftc erreichi scin, an wclchem die
Stiidtc oder die Vcreinc, von denen die fest angcstclitcn
Orchcstcr unterhaitcn werden, diese .Kostcn" nicht mchr
tragen, bczw. den Stcuerzahlern nicht mchr auf burden
kunnen, und die AtiflOsung der Qrchcter wird die Fotgc
sein. Nur klcinerc Ensembles warden noch die Mog-
licukctt wirtschaftlichcn Fortbestchcns haben.
Imrnerlrin ware es denkbar, dafl die Stadte Mittel
und Wege fiinden, die Crchcster iibcr die Zeit unseres
sciilimmstcn wirtschaftlichcn Tiefstandes, der doch cinmal
ein Ende nehtnen mufi, hiniiberzurctten. Trostlos abcr
ist die Lagc derjenigen Orchcstcr, die nicht von SlSdtcn
und Vcrcincn erhaltcn werden, sondcrn sich sclbstandig
aus eigencn Einnahmen erhaltcn mussen. Ich denkc in
erster Linic an unscre betden groflcn Berliner K6rpcr-
schaftcn, das Philharmonischc und das Bliithner-
Orchestcr. Diese SSulen unseres Berliner Musiklebens
sind auf das schwerste bedroht. Um fiir das einzelnc
Mitglied annahernd das gleiche Einkommen zu erreichen,
wie es dem Verbandstarif entspricht, bezw. um die zur
Vcrstarkung notwendigen Erganzungsmusikerangemesscn
-bczahten zu konnen, mussen sie das Honorar fiir eincn
117
^
-mw&s\jm 'mm
Konzertabcnd hnmer wieder bctrflchtlich erheheri. Nimmt
man die Stcigerung der Saalmietc, dcr Inscraten- und
Plakatierungskosten hinzu, so kommt man zu dem Er^
gebnis, daB es liir einen Kiinsttcr, der cin Konzert niit
Orchestcr geben will, unmoglich ist, audi nur annahcrnd
auf seine Kosten zu kommen, selbst wenn cr ubcr einen
zugkraftigen Nam en verfiigt. Die Orchestcr stehen also
vor der Wahl, entweder fur Hungcrlohnc zu arbeiten —
was der Musikerverband mit vollem Rccht nicht duldet —
oder Honorare zu nehmen, bci denen sic zwar leben
kOnnten, wenn sic sie bckamen, bei denen sie aber
ebenfalls verbungern, wcil niemand in der Lagc ist, diese
Honorare zu bczahlen.
Aber nicht von der schon so oft, an anderer Stelie
audi schon von.mir besprochenen Notiage der Musikcr
selbst will ich hier rcden, sondern von den Folgccr-
scheinungen, die sich fur den Komponistcn crgeben,
also fur die Entwicklung dessen, was bleibend ist in
unserer Kunst. Es liegt in der mensch lichen Natur, daB
niemand Arbeit an etwas Aussichtsloses verscliwenden
mag. Das Ziel des Komponisten ist nicht das vollendcte
Werk, sondern die erklingendc Atifffihrung. Nichts ist
natarlichcr, als daB der Komponist nur solchc Wcrkc
schaffe, die untcr den jeweils gegebenen Vcrhaitnissen
aufgefuhrt werden kOnnen. Es lieGe sich an zahlrcichcn
Bcispielen dartun, wie abhflngig selbst unsere groBtcn
Meister in ihrcm Schaffcn von den Auffuhrungsmogticb-
kcitcn waren, die ihnen zu Gebote standen. Man
konnte hierubcr eine ganze Abhandlung schreiben.
Wenden wir diese allgcmeine Betrachtung auf unseren
Fall an, so miissen wir damit rechncn, daB unscrc zeit-
genossischen Komponistcn aufhOren, Orch ester werk e zu
schreiben, aus dem cinfachen Grunde, weil sie nirgends
aufgefQhrt werden konnen. Sie werden sich Werken
mit kleincrer Bcsetzung zuwenden. Nun kfinntc immcr-
hin jemand einwenden, das ware kein besondcres Ungliick,
und die GroGe der Orchesterbesetzung sci kein MaBstab
fur die kiinstlerischc Bcdeutung eines Werkcs. Ein
solchcr Einwand wurdc die ganze Linie der Musikent-
wicklung im lctzten Jahrhundcrt auBer acht lasscn und
den untosbarcn Ziisammenhang zwischen dcr Erschci-
nungsform und den sie bedingenden Triebkraften in
unseren Werken der Musik verkennen. Die Fiille der
angewandtcn Mittel ist stetig gewachsen, und^ zwar nicht
deswegen, wet! etwa das Vermogcn zur kiinstlcrischcn
Kundgcbung mit kleinen Mitteln verloren gegangen
ware — spielt doch die Kammermusik bis zum heutigen
Tagc bei den Vertretern allcr kunstleriscken Richtungcn
cine groBe Rolle — sondern weil der Ktinstkr in vielen
Fallen mit den Mitteln der Vergangenhcit nicht mehr
sagen konnte, was cr zu sagen hatte. Wir mussen auch
bedenken, dafi die Art unseres Ohrcs, auf Starkegradc
zu reagiercn, allmShlicb cine ganz andere geworden ist.
Genau so, wie etwa der verminderte Septimenakkoid,
der bei Gluck das stSrkste Mittel dramatischen Ausdrucks
bildet, fur uns Heutige etwas durchaus Harmloses ist,
genau so kann die Wirkung, die das Orchester von
StrauB und Mahler hcrvorruft, nicht ersctzt werden durch
cin Mozart-Orch ester. GewiB sind es immer dieselbcn
us
Gefuhle, die den Inhalt der Musik bilden; aber so
wenig die Lyrik Walthers von dcr Vogclweidc dicselbe
ist wie die Goethcs oder'Stefan Georges, so wenig kann
der Humor des „TitI Eugenspicgcl" mit dem Orchestcr
von Bcethovens VIII. Symphonic wiedcrgegeben werden,
oder die Mystik des .Faiisf-Tcilcs in dcr VIII. Symphonic
von Mahler mit den Mittcln der Faust-Szcuen von Schumann.
Wir wollcn nicht dahin kommen, daB die Beschrankung,
in der dcr Kunstler Meister sein soil, ihm aufgezwungen
wird und nicht mehr scinem freien kiinstlcrischcn Willen
entspringt.
Wir stehen also vor einer gcradezu lebensgefahrlichen
Bcdrohnng unscrcr Kunstcntwicklung. Man darf das
nicht leicht nehmen und sagen, es handle sich nur urn
cine Ucbcrgangsfeit, es werde schon allcs fruher oder
spatcr seincn normalen Weg wieder nehmen. Ist cinm.il
unsere Orchcstcrkultur verloren gegangen, so wird sie
nicht so leicht wieder hcrzustellen sein. DicgrofieZahl
dcr guten Orchester, ubcr. die wir verffigcn, ist das
Ergebnis einer Tradition, die an viclcn Kunststatten (z. B.
Dresden, Stuttgart, Miinchen, Mannheim, nicht zuletzt
Berlin) 150 bis 200 Jahre alt ist. Wir sehen" daB im
Auslandc — mit Ausnahmc von Paris und cinigen Ortcu
Belgiens und Hollands, die ebenfalls cine alte Tradition
besitzen — die guten Orchester sparlich sind und zum
wesentlichcn Teil aus Duutsdicn (Ocsterrcichcrn, Bohmcn)
bestehen. Wir wurjen entweder langer Zeit bedurfcn,
um unsere Orchester-Kullur wieder aufznbauen, oder
aber wir wtirden auf das Ausland angewiesen sein. Und
wie sollte wohl cine Generation von Komponistcn, die
ohne Kontakt mit dem Orchestcr aufgewachscn ist, auf
cinmal wieder ftir Orchester zu schreiben verstehen?
• Wollte man aber alles dieses nicht gcltcn lasscn.
so bliebc docli bestehen, daB wir mit einer Auflosung
unserer Orchestcr die Moglichkeit verlieren, die grofie'n
Wcrke unserer Meister, die bereits geschaffen sind, auf-
zufiihren. Es hat kaum cine Zeit gegeben, in dcr man
inchr von „Kunst fflrs Volk" gesprochen hatte, als geradc
jetzt. Mbgen die Meinungen dariibcr gcteilt sein, ob cs
am Platzc ist, einem nicht vorgebiideten Publikum Werkc
atonater Faktur oder auch nur moderne komplizicrte
Wcrke, die immerhin noch auf dem Boden der Tonalitat
stehen, vorzufiihren: daruber sind wohl die Meinungeu
nicht geteilt, daG unsere groBen Symphoniker von Mozart
bis Brahms, unsere Chonverkc von Bach und Handel
bis zu Draescke und Taubmann den Boden bilden, auf
dem die breiten Volksschichten im AnschluB an die
historische Entwicklung des Gcwordenen zukiinstlcrischcm
GenuB und Versta'ndnis crzogen werden miissen. Ohne
Orchestcr ist cin wcrtvollstcr Teil unseres kiinstlcrischcn
Bcsitzes zum stummen Schlaf in Bibliothekcn verurtcilt
ohne Hoffnung, in abschbarer Zeit wieder erweckt werden'
zu kOnnen.
Wir haben jetzt ein Ministerium 'fur Wissenscfcaft,
Kunst und Volksbildung*. Es verlautet nichts davon,
daB es sich dicser brennenden Frage der Kunst und dcr
Volksbildung angenommen habe. Noch ehcr wurdc
viclleicht die Stadt Berlin die Vcrpflichtung haben, zu
Gunsten unserer gefahrdeten Orchestcr in die Taschc
*h
zu greifcn. Frcilich hat wohl keine Stadt im ganzen
Rcichc fiir ihr Musiklcbcn bishcr so wenig getan wic
Berlin. Idi will gar nicht von idealen Gcsichtspunkten
sprcchcn, die, sobald cs sich urn Kunst handelt, an dcr
Sfcllc, nn wclchc diesc Wortc sich wend en, docli kcin
Gchor finden wiirden. Wiihrcnd abcr andcrc StUdtc die
profit en Aufwcndungcn rnachen, um den Frerndcnverkchr
zu licbcn, ist die Stadt Berlin im Bcgriff, den cinzigen
wertvollen Faktor des Fremdenverkehrs, das Musiklcbcn,
achtlos zugruudc gehen zu lasscn, j.i, ihm dui'cb unvcr-
standigc Stcucm selbst den Rest zu geben. Es is! traurig
genug, daB Frcmdenindustrie mit Kunstfragcn v^rquickt
werden muB, um auf dem Umwcge iiber Verdi enstrntig-
liehkcitcn Liebc zur Kunst zn erwecken.,-
Die Stadt Berlin hat sich bis vor wenigen Jahrcn
um ihr Musiklcben iibcrhaupt nidit bekiimmcrt. Dann
hat sic sich enfechlossen, dem Philharmonischen Orchester
cine Subvention zu gcwShrcn, damit es n\cht mehr
ntitig liabc, im Somtncr seine Existcnz im Auslandc zu
sucIicn, und hat audi das Bluthncrorch ester mit eincr
Klcinigkeit bedacht. Diesc H Subvcntioncn" sind wahrend
des Kricgcs nicht crhOht worden, unbeschadet dcr immer
wachsenden Preissteigcrung, die iiberall ~ nur nicht bei
den Orchcstern — zu zahllosen Teuerungszulagen Anlafl
gegeben hat. Es ist den Herrcn, die fiir alle mOglichen
stadtischen Angestellten und Hilfspersonalc stets fabef-
haftc Summcn auszuwerfen bcreit sind, nicht eingefallen,
daB ein Orchestermusiker von Rang mindestens ebensovicl
vcrdienen muB, wie ein ungclernter Arbeitcr. Die Stadt
ist im Bcgriff, durch diesc verstandnislose Passivitat
mehr zu verderben, ais sie jc zu sdiaffcn im:tande ist.
Sie hilft die Kunst der VcrgangenHeiti der Gegenwart
und der Zukunft vernichtcn.
Biicherbefprechimgen
Bruckner von Ernst Decsey. Verlag von Schuster &
Lufflcr. Berlin und Leipzig.
Dieses neuc Btich des Hugo Wolf-Biographcn ver-
melirt die Bruckner-Literatur um ein gewichtiges Werk,
das neuc Einsichten verrnittett. Die zugtfngliche
Wiirdigung "eines jeden groBen Kiinstlers hiingt in der
Hauptsachc davon ab, dafi man den SchHissel zu seiner
Empfindungs- und Gcdankenwelt findet, daB man Vor-
aussetzungen, ' Zicle und Mittel seiner Ocstaltungsweisc
riditig gegeneinander abwSgt. Moistens ist es leichtcr,
zu schiefen a!s zu treffenden Urteilen zu gclangcn, wie
die Gcschichte der groBen Kunstbewcgungen zur.Geniige
bewcist. Auch Anton Bruckner ist ein klasslschcs
Bcispicl fiir diesen Erfahrungssatz. Zwar ist die Zcit
vorbei, in der ein Hanslick und der hochmutige Brahms-
Anharig cinen Bruckner mit geringschiitzigem Achsel-
zucken glaubten abtun zu konnen, ais eincn wonl
talentvollcn, sogar bescssencn Musikanten, dem aber ■
jede ticferc Geistcsbildung, ■ jedes wahrc Kunstlerttim
abging. Brud;ner's Mcsscu und Symphonien gewinnen
stiindig an Boden. haben sich ihren fasten Platz im
Musiklcbcn unsercr Zeit erobcrt. Aber wic wenigc
HOrcr haben dicscm. Meister gcgeniiber die richtigc
Einstcilung! Es ist das groBe Verdienst Decsey's, daB
er zum ersten Male mit dem Schlagwort von der vcr-
operten, vcrwagnerten Symphonic Bruckner's griindlich
aufrtfumt, daB er darlcgt, wie Bruckner nur von der
katholischcn Kirchc her zu verstehen ist: daB seine
GroBraumigkeit, ■ das Fiiichcnhafte, dcr Pomp und
qucllende Klang seiner Musik, seine Ekstasen der
Kathcdrale entstammen, der Mystik und Fcicrlichkeit,
dem Prunk des kathotischen Hochamts. Abcr in diesern
gldubigsten, rtihrend demutigen Christen stccktc ncch
ein Rest von Heidentum, uralte Instinkte des wilden
Baucrn aus dem Alpcnland. Kernigstes, urwuchsigstcs
Osterreichertum kommt ais dritte Wurzel der Bruckner-
schen Person lrchkeit hinzu. In seiner seltsamen Miscliung
von Kindlichkeit und,, Trotz, von Konservativem und
Revolutionarem, von ktihncm Vordringen und Sngst-
lichcm Zuruckhalten, von weitem Blick und Bcschrankt-
hcit wird uns hicr von Decscy Meister Bruckner wahr-
haft uberzeugend geschUdert. In solchcn Erkenntnisscn
scheint mir dcr Hnuptwcrt von Decsey's Buch zu liegen.
Was cs sonst noch an fleiBig zusammengetragenem
biographisdien Material enthalt, an einsichtiger Wertung
dcr cinzchien Werkc ist wertvolle und witikommene
Beigabe. Den Bruckncr'schcn Partiturcn bis in's
Einzclne nachzuspuren, ihren Stil, ihrc Technik, ihrc
iisthetisdie Bedcutung des Naheren aufzuweisen, ware
allcrdings ein Thema fiir, ein eigencs, umfassendes, noch
zu schreibendes Werk. ♦
<*>
Kurt Sachs. Handbuch der Instrumentcnkundc.
Leipzig 1920. Breitkopf & Hflrtct.
Ais zwOlfter Band der von Hermann Kretzschmar
herausgegebenen B Handbiicher der Musikgeschichte nach
Gattungcn" erschcint das vorliegende Buch .von Kurt
Sachs. Durch sein mit einer erstaunlichen Gelebrsamkcit
nbgefaBtes .Reattexikon dcr Musikinstrumente" (Berlin
1913) hat sich Sachs a!s bester Kenner des Gegenstandcs
crwiescn. Seiner bewahrtcn Ftihrung darf sich der Lescr
unbedingt anvcrtrauen. Er findet in dem vorliegendcn
gewichtigen Bande'von 400 .Seiten alles vereinigt, was
gcgenwartig bckannt ist iiber die Entwicklungsgcschichtc,
den Bau, die klanglichen Eigentumlichkeiten der curo-
paischen Instrumente in alien ihren vielfachen Ab-
wandlungcn vom Mittelaltcr bis zur Gegenwart. Die
vcrglekhendc 5prachwissenschaft, die Geschichtc der
bildenden Kiinstc, die iiterarischen DenkmSlcr, die
praktischc Instrumentcnkundc eriJffncn in ihrcr Zusammen-
fassung hier Einblicke in das Thema, wic sie kcin
andcres Werk annaherrrd bietet. So darf also dies wert-
volle Studien- und Nach schlage werk alien ernsthaften
Musikern ebenso sehr wie den Musikgelehrten empfohlen
werden. DaB In Einzelheiteri abweicliende Ansichtcn
hier und da kOnnten verfochtcn werden, ist selbst-
verstandlich bei einem Werk, das eine so auBcrordentlich
reiche Fiille von Stoff verarbeitet. Die zahlrdchcn Ab-
bildungen erhohen die praktischc Brauchbarkeit des
Buchcs ungemein. Dr. Hugo Leichtentritt
m
-mm^m^^Jm mm
Wkhfige neue Mufikalien, Budier und Auffafze
uber Mufik,
mitgcteiH von
Professor Dr. Wiihelm Altmann, Bcrlin-Fricdenau, Sponholzstr. 53-54.
Dicse Zusarhmenstellung; die moglichst in jedcm I left dicscr Zeitschrift erfolgen wird, will audi nodi uu-
gedruckte grtfBcre Wcrke, vor allem Symphonicn, symplionische Dichtungen, Konzcrtc, Kammcrmusikwcrkc, Opcrn,
Chorwerke mit Orch ester einbeziehen, um namcntlich Dirigcntcn darauf aufmerksam zu maclicn. Dicjcnlgen Tonsctzer,
die derartigc Wcrke (jedoch niclit etwa Klavicrstiicke, Licdcr, Manncrchorc) fertig hnben, wcrden gebeten, micli davon
in Kenntnis zu sctzen, doch behalte idi niir die Entschcidung iiber die Aufnahmc' vor. Dicse kann audi bci gcdruckten
Werken wedcr'durdi cin Inserat nocli durch Ein sen dung der bctrclffendcn Musikstiicke odcr B tidier crzwungen werden.
Rticksendung etwaiger Einsendungen wird grundsiitzlidi abgelehtit
Die Hinzufiigiing de's Verlags wird Bcstellungen erleiditern. Zu den angegebenen Preiscn kommt i miner
nodi der sogen. Teucrungsaufsclilag seitens des 'Vcrlcgers und audi des Snrtimenters hinzu; er sdiwankt bckanntlicli
meist aber betrSgt er 50 Vo + 10%.
, L Inffrumenfalmufik
a) Orchejferoiufik ohne Soloinftr.
HocBlin, Franz v.: Drei Kammerstucke noch uu-
gedruckt [Urauff. 26. 3. Essen]
Holenia, Hans: Burleske OuvertQfe noch ungedruckt
[UrauIfOhrung 24. 2. Wien]
b) Kammermujik
Crane, Helen [Berlin]: op. 61 Sonate (F) f. Klav. u. Vioi.
noch ungedruckt [Urauffuhr. 9. 3. Berlin]
Ertel, Paul [Berlin]: op- 50 Sonate f. Klav. u. Viol, (c)
noch ungedruckt [UrauffQhr. 9. 3. Berlin]
Hollaender, Alexis [Berlin]: Variationen liber ein eigenes
, Thema fOr 2 Klav. noch ungedruckt [UrauffQhrung
10. 3. Berlin]
Lissauer, Fritz [Berlin-Grunewald]: op. 88 Septett fur
Streichquartett,Flote,Klarin. u.Fagott;Sonaten f. Flote
u. Klav. op. 75 (d) u. op. 82 (h) noch ungedruckt
Sandberger, Adolf [Milnchen]: op. 20 Trio f. Klavier,
Viol. a. Vcell (a) noch ungedruckt [UrauffQhrung.
12. 3. BQckeburg]
c) Sonffige Inffrmnenfalwerke
Leichteotritt, Hugo [Berlin]: op. 12 Suite f. Vcell allem
noch ungedruckt [Urauffflhr. 10. 3. Berlin]
Schralteoholz, Leo [Berlin]: Konzert f. Violoncell (d)
noch ungedruckt [Urauffflhr. 26. 3. Berlin]
Taubert, Ernst Ed. [Berlin]; Klavierkonzert (Es) noch
ungedruckt [Urauffuhr. 12. 3. Berlin]
IL Vokalmufik
Lissauer, Fritz [Berlin]: Ein deutscher Psalm (nach
Angelus Silesius) f Chor u. Orch. noch ungedruckt
Schuster, Bernhard [Berlin]: Der Dieb. Ein Liebes-
spiel in 3 Akten noch ungedruckt [UrauffQhrung
voraussichtlich in Leipzig]
Schwers, Paul [Berlin]: Andreas. Hofer. Musikdrama
in 3 Akten (auch Dichtung von P. S-) noch ungedruckt
Wnlfurt, Kurt v. [Berlin]: Klagode fKlopstock) far gem.
Chor, Orch. u. Org. noch ungedruckt
120
III. Biidier
und ZeiU<hriffen-Auff3^e
(alphabctisch powohl nach Stichworten wic nach den
Verfassem geordnct. (Bci Zcitscliriftcn-Aufsatzcn 1st
inimer mit Nr die des laufcnden Jahrgangs gemcint).
Asthetik der musika). Impotenz — s. Impotenz
AlBgemeine deutsche Musikverein, der, hat noch cine
Zukunft. Von Julius Kopsch — in: Allgemeine
Musikztg Nr 12,3
Altmann, Wilh. — s. Berger, Wiihelm
Anders, Erich. Autobiogr. Skizze — \jn: Rlieinische
Musik- u. Theater-Ztg Nr 12
Auswanderung berflhmter Geigen — s. Geige
Bartofc, Bela — s. Musikfolklore
Befeker, Paul — s. Impotenz; Leier; Schreker
Berger, Wiihelm. Eine WQrdigung. Von With, Alt-
mann — in: Musikztg Nr II
Berlin. Die Berliner Philharm. Konzerte 1895-1920 -
s. NikiBch
Blumml, EmTl.Karl: Lautenmacher in Wien — s.Wieu
Broesicke-Schon, M. ~ s. Pro'benbesuch
Bruckner. VeAuch eines Lebens. Von Ernst Dccsey.
Schuster '& Ltiffier 9 M.
Brugmann, Walter — s. Opernspieler
Buch der Oper — s. Oper
Buchstaller, G. F. — s. Soziale Reform' -5ec '■■tusik-
lelirberufs
Caiand. Einiges uber die Calandschen Armbewegungen
beim Klavierspiel mit eingefugten Bemerkungen uber
das Gewichtspiel. Von Anna Mann — in: Musik-
padag. Blatter Nr 5,6 "
Casella, Alfredo. Von Guido M. Gatti — in: Musik-
blatter des Anbruch Nr 5
China. Vom Geist der chinesischen Musik. Von Egon
Wellesz — in: Musikblatter des Anbruch 1, 2
Chorproblcme. Von R. v, Mojsisovics — in: Dej
Chorleiter Nr 4
Christ-Iselirr, W. — s. Cremona
Chvala, Emil — s. Tschechisch
Cremona. Zur Frage des Cremoneser Geigenlackes.
Eine Hypothese von W. Christ-Iselin. Frobenius,
Basel 2 fr. '
_
r«s~~a?~™ir:
Dec«ey, Ernst — s. Bruckner
Delius, Frederick. Von Joseph Marx — in: Musik-
blatter des Anbruch 1, 2
Dlesterweg, Adolf — s. Tonalitat
Diltmar, Franz — s. Oper
Erziehung, musikalische, u. musikalische Volksbildung,
Von Joseph M. H Lossen — in: Neue Musik-
Ztg Heft 11
Expressionismus. 1st der musikalische Expr. eine Er-
rungenschaft unserer Zeit? Von R.v. Mojsisovics —
in: Schweizer. Musik-Ztg Nr 8
Foerster, J. B. Von Zdenek Nejedly — in: Musik-
blatter des Anbruch Nr 3
Form. Zum Problem der musikalischen F- Von Hugo
Kauder — in: Musikblatter des Anbruch 1, 2
Formwirkong, musikalische. Von Erwin Stein — in:
Musikblatter des Anbruch Nr 4
Franke, Kurt Magnus — s. Oper
Galti, Guido M. — s. Casella
Geige. Die Gefahr der Auswanderung berlihmter
Geigen aus Deutschland. Von Rehbein — in;
Signale Nr 8
Geigenlack — s Cremona
Gewichtspiel — s. Cala.id
Gohler, Georg — s. Riemann
Handschrittenzeitalter, ZurQck ins. Von Roderich v.
Mojsisovics — in: Allgem. Musik-Ztg Nr 12
Hausmiisik. Von E. Kolbe — in: Musikztg Nr 10
Heinifz, Wilh. ~ s. Somali
Hoffmann, R. St. - 8 . Dirigent; Kinomusik;
Wiener Voiksoper
Huni, Musik-Jahrbuch — s. Schweiz
Japans Musikleben. Von Haijiro Iwaki - in: Musik-
blatter des Anbruch Nr 4
Jemnitz, Alex : Kunst u. Nationalitatenfrage — s.
Kunst
Impotenz. Die neue Asthetik der musikal. Impotenz
(im AnschluB an Pfitzner). Von W. Nagel — in:
Neue Musik-Ztg Heft 10
Impotenz oder — Potenz. Von Paul Bekker -- in-
Musikblatter des Anbruch Nr 4
Indications pour une musique moderne — s. Mu-
sique moderne
Instrumentenkunde — s. Musikinstrumentenkunde
Istel, Edgar — s. Oper
Iwaki, Haijiro — s. Japan
Kauder, Hugo — s. Form; Kulturgeschichte
Keufller, Gerhard v. — s. Mozart
Kiliao, Eugen — s. Mozart
Kinomusik. Von R. S. Hoffmann - in: Musikal.
Kurier Nr 10
Klarinette, Die, als kilnstlerisches Hausinstrument.
Von Max Steinitzer - in: Zejtsclirift f. Musik.
1. Marzheft
Klavierschulen der Konservatorien u. Musikakademien.
Eine Besprechung von August Stradal — in- Neue
Musik-Ztg Heft II
Klavierspiel — s. Caland
Kolbe, E. — Hausmusik
Konzertierend. Die Not des konzertierenden KflnstlerS.
Von Bruno Sturmer — in: Musikztg Nr 12'
Kopsch, Julius — s. A 1 1 ge m e i n e deutsche Mnsikverein
Knlturgescbichte der Musik, zur. Von Hugo Kauder —
in: Musikblatter des Anbruch Nr 5
Kunst und Nationalitatenfrage. Ein Wink gegen Osten.
Von Alex. Jemnitx - in: Rheinische Musik- und
Theater-Ztg Nr 8
Lautenmacher in Wien — s. Wien
Leier und Schwert. Ein Appeli; an Hans Pfitzner
und Paul Bekker. Von Herm. Unger - in: Rhein
Musik- u. Theater-Ztg Nr 8
Lossen, Jos. M. H. — s. Erziehung
Mahler-Fest in Holland. Von E. R. Mengelberg -
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Maliniak, Jerzy — s. Schreker
Mann, Anna — s. Caland
Marx, Joseph — s. Delius
Mengelberg, E. R. — s. Mahler
Mojsisovics, Rodrich v. - s. Chorprobleme; Ex-
pressionism us; Handschriftenzeitalter'
Mozart und das heutige Theater. Von Eugen Kilian —
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Gemeinde 3, 2
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KeuBler — in: Der Chorleiter Nr 4
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s u h n u ng
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de§ Anbruch 1, 3/4
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Musikinstrumentenkunde, Handbuch der. Von Curt
Sachs. (Kleine HandbUcher der Musikgesch XII)
Breitkopf & H3rtel 20 M.
Musiklehrberuf — s. Soziale Reform
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Musique moderne. Sur les litres et sur les indications
pour une musique moderne. Par Paul Varel —
in: Feuillets de pedagogie musicale Nr 5
Nagel, W. — s. Impotenz
Nationalitatenfrage — s. Kunst
Nejedly, Zdenek — s. Foerster
Neitzel, Otto t- Von Gerhard Tischer - in: Rhein
Musik- u. Theater-Ztg Nr 11
NIklscb, Arthur. Von Aladar Szendrei - in: Musik-
blatter des Anbruch Nr 4
Ntkisch, Arthur, und die Berliner Philharraonischen
Konzerte 1895-1920. Ein RUckblick von Adolf
W e i B m a n n. Konzertdirektion H. Wolff & J. Sachs
3,50 M.
Noelte, A. Albert: Aus dem Leben eines modernen
Musikers. Eine Selbstschilderung - in: Neue
Musik-Ztg Heft II
Not des konzertierend. Kunstlers — s. konzertierend
Novak, Vitesiav — s. Tschechisch
Oper. OpernfUhrer. Ein unentbehrlicher Ratgeber f.
d. Besuch der Oper. Von Franz Dittmar. Erganzt
von Kurt Magnus Franke. Hachmeister & Thai,
Lpzg 2 M.
121
Opernspieler, Die. Von Walter BrOgmann — in:
Musikbiatter des Anbruch Nr 4
Orleotalische Musik. Vom Wesen der or. M. Von
EgonWellesz —in: Musikbiatter des Anbruch Nr 3
Potenz — s- lmpotenz
Probenbesuch. Von M. Broesicke-Schtfn — in:
Musikbiatter des Anbruch Nr 5 »
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Riemano, Hugo: Tagebuch, aus seinem — in: Musik-
Zeitung Nr 10
— , als musikal. Volksbildner. Von Georg Gohler ■-
in: Musikztg Nr 10
Sachs, Kurt — s. Musikinstrumentenkunde
Schellenberg, Ernst Ludwig — s. Wetz
Scherchen, Hermann — s. Tonalitatsprinzip
Schneider, Otto — s. Schreker
Schreker, Fianz. Sonderheft fiber ihn. Musikbiatter
des Anbruch 2, 1/2 (Beitrage von Paul Bekker.
Otto Schneider, Paul Stefan u. s. w.)
— als Lehrer. Von Jerzy Maliniak — in: Musikal.
Kurier Nr 9
Schweiz. Huni's Musik-Jahrbuch der Schweiz. Ausg.
1918/20 bearb. v. Eduard Trapp. HUni, Zurich 7,50 Fr.
Somali. Ober die Musik der Somali. Von Wilh.
Heinitz — in: Zeitschr f. Musikwiss. 2, 5
Soziale Reform des Musiklehrberufs. Von G. F.Bu'ch-
staller — in: Musikztg Nr 11
Specht, Richard — s. StrauB, Rich.
Stefan, Paul — a. Schreker
Stein, Erwin'— s. Formwirkung
Steinitzer, Max — s. Klarinette
Stradal, August — s. Klavierschulen
StrauB, Richard, als Dirigent. Von Rich. Specht —
in: Musikbiatter des Anbruch Nr 5
Stubenrauch, Aug. K. — s. Wagner
Stunner, Bruno — s. konzertierender Kunstler;
Volksmusikplege
SHBmayer -- s. Mozart
Szendrei, Aladar — s. Nikisch
Tischer, Gerhard — s. Neitzel
Titles pour une musique moderne — s. Musique
moderne
Tonalitat, Von der verdammernden. Von Adolf
Diesterweg — in: Allg Musik-Ztg Nr 9
Tonalitatsprinzip, Das. Von Hermann Scherchen ~
in: Musikbiatter des Anbruch I, 34
Tonvorstellungsvermogen. Ratschlage zur Pflege des T.
Von Hermann Wetzel — in: Musikpadag.
Blatter Nr 5/6
Trapp, Eduard: Musik-jahrbuch — s. Schweiz
Tschechische Musik. Von Emil Chvala — in: Musik-
biaiter des Anbruch I, 2/4
— Jiingste tschechische Musik. Von Vit. Novak —
ebendort 1, 3/4
linger, Hermann — s. Volkerversohnung, musikal-
Varel, Paul ■■■ s. Musique moderne
Volkerversohnung, musikaiische. Von Hermann
Unger — in: Rhein. Musik- u. Theater-Ztg Nr 11
Volksbildung, musikaiische — s. Erziehung
Volksmusik pflege. Von B. Sturmer — in: Musik-
Zeitung Nr 11
Wagners Oberwindm:g des Theatralischen. Von Aug.
K. Stubenrauch — in: Neue Musik-Ztg Heft 10
WeiBmann, Adolf — s. Nikisch
Wellesz, Egon — s. China
Wetz, Richard. Von E. I. Schellenberg — in:
Musikverlag u. Musikleben (Kistner, Lpx) Nr 13
Wetzel, Hermann — s. Tonvorstellungsvermogen
Wien. Beitrage z- Gescli. der Lautenmacher in Wien.
Von Emil Karl BlUmml — in: Zeitschr. f. Musik-
wissenschaft 2, 5
Wiener Volksoper, Die- Von R- St. Hoffmann —
in: Musikbiatter des Anbruch 1, 3/4
Zuruck ins Handschriftenzeitalter — s. Hand-
schriftenzeitalter
Mif Nummer 5 iff das Februar/April-Abonnemenf abgelaufen und erfolgf Weifer-
zuffellung, falls nidif bis zum i. Mai 1920 abbeffellf wird.
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{= Kochel Verz. op. 481 -}
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I. Arrangement der Konzertdirektion Leonard. ?.
1 RICHARD OEHMEL t I
^ Vertonungen seiner Dichtungen fur eine Singstimme und Klavier g§§
== Vorschlage fur Veranstaltungen zum Gedachtnis_ des Dichters ^§
B Alfred Bortz, op. 12 "Nr. 2 Wellentanzlied H
= Cam ill o Hildebrand, aus op. 15 u. 16 Aus banger Brust — Zweier Seelen Leid — jj§
=1 MSrzlied — GruB — Stimme im Dunkeln — g|
Ws Die stille Stadt — Die feme Laute — Blick g
jjj in's Licht — Dann — VergiBmeinnicht — ^
jj| Hans Joachim Moser, aus op. 2 u. 3 Die Stimme des Abends — Schneeflocken — ^
1= , Vitezslev Novak,- op. 39 Nr. 5 .... Helle Nacht — U
H Oskar C. Posa, op. 4 Menschentorheit — Sehnsucht — Narcissen §5
'p| Beschwichtigung — S
U Janies Simon, op. 4 Nr. 5 Maiwunder — gj
H Bogumil Kepler, op. 76 Nr. 5 .... Nicht doch! — j§
I MUSIKYERLAG N. SIMROGK G. M. B. H. berun-ueipzig Jj
ffi'iinili!:!':!;',:!!,;-::: : ;i!! : :;-i- 'Lv:;^^: ': ; ; '; : : ': , : . V - - ^' :'■ . :- .: : .- . : . :: . ■- : : ' ' ! "■
124 ♦
Zweier SeetenLied*
£ in/ac/i /77? Ivrtrcztf.
Richard BehmeL.
Za-n\TtdqMlitt i Of.i*- s •
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un-t! ff/'ei e/'fr^.
0$ der Tb& fteqivvt oh die Ttar/b/- de-pmnf f/ntff/ eu-*yjSM#r'?r /n wrfZ&e&n af& £?'* $?
£/£/ U7t# Pap f£r Fay et.?? f ,rer'?z $rf eft? frty ta Pfartf tins' err?
foiivridit It'-" t' v Xt'tit'NU'-'i ■'■£ MpII H<Tlin-\VciJ,!i'::si
XotJ-iilTeilUK.. zu'.MiJoa- 3. JJ-R April 1!L»0.
Krwh-mt ,irti 1. uml Hi. jViltm Moa.Hs, Zit liozii>iit'd dur.-h dii> I'ost.insmlten, Hudi- u. Musilf.alionliandluoffen, soivio dinnkt vom VWIns.
|{.-.i ; .k'.ior>: II.tI'ifi \V. lu. Ku tJ '.-iii A.i^.iM.i.,tr. -J. J-'.-r.-iruf: Liitzinv :i-tl':j. - Yorlaj,': B.-HIii-Wfi.-ssiiso.., li.Tlin.-r A I loo 71, Furnnif: W>. 1^.
IV-i^ ■!.■.- Kinw'r]Ii..i-(v:i Mk. -VIU, im Vi.-n.-lj.-Aljurm. Mk. 12.-. \»>\ Kn'tizbiindli.-zuj,' viorteljf.hrlich Mk. 13.-. — Nmrliiiruek vortiHialii'ii.
Nr. 6 Berlin, den 1. Mai 1920 I. Jahrgang
INHALT
Prof. Dr. ADOLF WEISSMANN .... Moderne Mujikkrifik
A. M. AWRAAMOFF Jenjeifs von Temperierung und Tonalifa*
Dr. FRITZ STIEDRy Der Operndirekfor Mahler
EDGAR BYK Mahlers Ehffefe ein Vermachfnis
Prof. Dr. OSKAR BIE . . ' MujUalifdie Perfpektiven, III. Das Oraforium
Dr. HUGO LEICHTENTRITT Das Mahler-Feff in Amtferdam
FRITZ-FRID. WINDISCK -Willem Mengelberg
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN .... BedeufendeNeuerfcheinungen u. Manufkripte
BEILAGEN: Bildnis Guffav Mahlers aus dem Satire 1895
i.ius ilem Priv.-itbesitz des Mcrrn Dr. Berliner, Berlin)
Rodin's Mahlerbiiffe
Portrait Willem Mengelberg's
Unveroffentliditer Brief Guffav Mahler's In Fakfimile
(Diescr Brief, wic dor Regerbrief nus No. I ist uns von dcrn derzeitigen Bcsitzcr, I term
Dr. Werner Woiffheim, Bcrlin-Gnr.icwald guti^st zur VcroffeniKchung ubcrlasscu wordcit.)
„MELOS"
in einer Luxusausgabe
erfcheinf monaflich einmal im Kunlrverlag
Fri§ Guriitf, Berlin W 35
,'S[.
Moderne Mufikkrifik
Von Adolf WeiBmann.
Es gibt eine Krife der Kri.ik. Und es vvird notig lei., darker Klarheit zu Ichaiien. Ge-
auch dieles Erftens und Zvveitens venaulchen. Im Anfa^ »~j£ s *r «
^ te I ^^? I .r^l.^,"dS , i«SiS K^ XSr'ie « Hob gebozen g.aub,
'^S^SSeCt-n ich zun.cb, [u biek ti v und pzo dome f ec be. Es vvizd Hch
zei J daB Ls von objektivem Wen und fflr das Endergebnis hochl, w.ch.g m.
Aber grenzen wir doch erlt einmal Mulikkritik gegen ,hze Sch»-estern ab. lh.c U.ge , t
des Erlebten nicht welentlich Ichwlehen. Dean iehon am Erleoms ».r»t der \e.!tand .eu 5 ena
Und SuKkkritiker abez ha, e* .it den, CniaSbazen gekanap*. Er bat ^^^S
ve-ww durch eine befondere Intentidt des Geffihls. denn es ftrwnt .hm von e ™«m Jenfc u»en
•, d auf ihn eindringt und rich rarcb vez:1ucb:,g, Wie kann ^^^J'™^
kritifehen Technik warden? Es vrfucht, rich dem ^"^.^^^TtosKo-
Eiklang zu bringer, oder erfolgreich gegen ^^^' Erkenmnis der K »n!:emwicklung
k
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26
die Rede ift, meldet rich die technifche Schwierigkeit. Freilich fflr den phantafievollen Kritiker
ift He nur ein Reiz mehr: Reibungen zwifchen dem FaBbaren und dem UnfaBbaren geben Funken
und entzQnden den nachfchaffenden Geift. Imnier vorausgefetzt, daB der Kontrapunkt im
fchreibenden Menfchen die Befruchtung ries Siils durch die Phantafie, durch den befeelten
Klang nicht hinder:.
Doch gemach: es meld en fich noch andere Sehwierigkeiten, verurfacht durch den Mufik-
betrieb. Der Betrieb will marktmaBige Verwertung der Alufik. Auch das Theater kenm fie.
Aber nur die Muffkkritik hat lich daran gewiihnt. die marktmaBige Verwertung der Kunf: a's/fOr
iich richtunggebend zu betrachten, ihr bis in die letzten Auslaufer zu folgen. Das Idea! der
Mufikverwcrtung wird durch die ebenio fordernde wie hemmende, jedenfalls aber unentbenr'iche
Macht des Konzertfaals, durch die Frau veriochten. Ihre rein gefiihlsmaBige Autfaffung der Muf:k
fchafft ein Gewohnheitsrecht auf alles, was dem Geift entgegenkommt. und macht He fcharf gegen
das. was ein Getiihl erft aur Umwegen vorbereitet: auf die neue Mufik. Di^ MuOkverwertung gruiJeii
und immer groBeren Stils haftet an einer Unzahl ausfflhrender Perfonlichkeiten oder U'npert'"r.iich-
keiten. Ihre Eitelkeit und ihr Intereffe forden die Kritik. Und diefe muB fich nun felbf: erniedri^en.
Denn die Beurteilung von Unperfonlienkeiten wird Schablone und Zen fur. Die vie!gelchmahte
Zensur aber, die alle Schattierungen des Uriel Is befitzt, fetzt fich in Rekiame oder das Gegemei!
urn. So deute: der Gedanke, daB a!!e Musikverwertung letzten Endes auf Kritik zielt, die musik-
kritifche Technik im Laufe von Jahrzehnien des Betriebes herab. Aber nicht nur lie. Denn die
fchabionenhahe Verwertung fflhrt bei den Beobachtenden und Urteiienden eine Erftarrung der
Afthetik herbei. Aus ihr wird auch derMafiftab fur die Beurteilung des neuen Werkes hergeleitet.
Ermuglicht wird dies durch die Zeitung. Wie weit der Weg von der Kritik der Roulfeau,
Diderot und Grimm uber E. T. A. Hoffmann. Robert Schumann Rellftab bis zu der Form der
heutigen Zeitungskritik..
„Mufik, iiber die man nichr fchreib;. hat ihren Zweck verfehlt." Diefer Wahn wird genahrt
durch die von dem fchunen Ungeheuer Zeitung genahrte Suggefrion. Die allgegemvartige Zeitung,
die Augenblickswerte in fchimmerndes Gold ummilnzen moeh:e, foil im Kreife vielfaltiger Intereifen
auch den Mufiker beherbergen. Aber Mufik und Zeitung wideriprechen fich. wie fich ebeis ro-
mantifche Ertraumtheit und rafchefte Allgegenwartigkeit widerfprechen m Often: doch in einer Art,
daB der Widerfpruch auch hier den Reiz erhuhen und im phantafievollen Beobachter feltfame
Entladungen hervorrnferi kann. Hier bie-.et fich d^m im Mufikkritiker lebenden Doppelwefen AnlaB.
zwifchen allerlei Fahrniflen Eigenar; zu eniwickeln.
Immerhin: die Zeitungskritik. venuhreriich fiir den Wirkungswillen, kanit nur einer Auslefe
von Menfchen geeigncte Piauiorm iein. ihre Perfonlichkeit durchzufetzen. Macht lollte nur das
Verantwortungsgeiilhl fteigern. X:rge:-;is wuhi wie in der Atufikkririk durchdringen Iich inhalt und
Form: eben wie in der Mufik lelbft. Se::: fchr:ftf;e!Ierifches Eigenwefen, ohne auf Witz und Humor
zu verzichten, coch im vuliigen Einkiang mi: i ein em Verantwortungsgefuhl ge'tend zu macheu:
dies if: der Triumph der PeriOnlichkei:. ries Kunitlers, der dem Journaliften, dem Schriftftelier die
Feder fQhrt.
Und es muB gefagt werden: Die Anlp ruche an Zeitungsmufikkritik waeMen. Gefchicktes
Feuillettonifteln, das Verlegenhei: und Flachheit decken foil, ha: den Kredit verioren. Wie das
Lefebedurtnis fich im allgemeinen verieinert hat und dem Effay a is Grundrorm auch des befferer.
Zeitungsbeiirages zuwendet. .io wird auch in der Mufikkritik. dem am wenigften entwickei'en
Zweige der Kunftkritik,, das Kunftlerifche fiegreich.
Aber der Wille zur Form, eine Frucht erregter Sachlichkeit, kann fich im wdemlichen nur
verwirklichen gegeniiber einem anderen Objekt. als es ein fchablonenhafter Mufikbetrieb. eine
marktmaBige Mufikverwertung if*. Das neue Werk fordert die einfiihlende, kennzeichende.
geftaltende kritiTche Perfonlichkeit.
Der Verwertungsbetrieb. der Ermudungserfcheinungen hervorrufr, hat langft die Gegenftrumung
gezeugt: Heftigkeit, Haftigkeit im Herausf:e!ien des Neuen. Die vermehrten Auffilhrungsm<"giich-
127
keiten begttnftigen das. Der Kritiker treibt, die KUnftler mit dem Ziel 'der Kritik laffen lich
treiben. In der Malerei hat das zur Flutwelle der bekannten Ismen gefllhrt, die in einer Unzahl
Ausftellungen rcharenweile auftreten. In der Mufik, die immer etwas nachhinkt, haben lich diefe
lsmen noch nicht vcMlig kriftallifieren konnen. Sicher ift, daB in der Malerei auch filr das
Icheinbar UnzugSngliche ungeahnte Verwertungsmoglichkeiten geboren find, wahrend in der MuHk
der paffive Widerftand einer groBen und enUcheidenden Menge alle Brticken zu der Mufik der
Wenigen (und Jungen) abbrach. Sie ift nicht gewillt, rich gegen die TonalitSt zu bekennen.
Ich (telle hier nur feft. Und fUge hinzu, daB in den beiden Schwefterkunften, deren An-
gehOrige lich freundlich grilBen, ftarke Gruppenbildungen nicht zum wenigften durch dasTreiben
der Kritik gerchaffen find. Filr die Mufik, in der das Forrftprcblem entfcheidend i[t, hat lich aus
der Oberhitzung und Oberhaftung eintweder eine durchgehende Halbfertigkeit oder, als Expreflionis-
mus, eine Formfchrumpfung als Ausdruck letzter Gedrangtheit ergeben.
In der Kritik der bildenden Kunrt tritt nun, urn die bloBUellenden Wirkungen der Ober-
treibungen zu befchwOren, eine Art Gegenrevolution auf: Gegenrevolution gerade auf Seiten der
unzweifelhaft Fortfchrittlichen. Der EinfluB der nun mit dem Ausland lich neu ankniipfenden
Beziehungen fpricht mit.
Auch der forUchrittlich gefinnte Mufikkritiker konnte rich vielleicht zu gleicher Gegenrevolution
veranlaBt ftihlen. Aber ich glaube, bremfen geniigt fchon.
Der Wille zum Pofitiven in cler modemen Mufikkritik ift langft als Furcht vor der durch
Wagner geprangertenBeckmerierei erkannt. Er HieBt aber als felbfiverftandlich aus innerem Kiinftler-
tum des Kritikers. Diefes ift gerade im Mufiker mit dem weiblichen Einfchlag ftark verknUpft.
Hindert es aber die MSnnlichkeit fich kraftvoll zu auBern, zu wahlen und zu Tondern? Ein
KQnftler wird nie Beckmeffer werden. Darum aber werde er nicht willenlos.
Der Ktinftler will, urn pofitiv und kiinftlerifch zu bleiben, i m prelf i on i Ttifch werden. Die im-
preffioniftifche Maltechnik, auf die Literatur iibergegangen, ift Gelte geworden. Ware fie nicht als
Syltem vieux jeu, fo bedeutet fie mindeftens eine Flucht vor der Verantwortlichkeit. Ihre Farbig-
keit ift unentbehrlich, aber-iis^darf nie Selbftzweck oder Verfchleierungsmittel werden. Sie hiUt
die Stimmung gerade ernes mufikalifchen Werkes Ipiegeln, aber fie fiihrt zu bewuBten oder un-
bewuBten Taufchungen.
Wer fich aus Hochachtung vor dem Produktiven gegeniiber dem neuen Werk jeder Willens-
regung begeben will, verkennt dies: die innere Verwandtfchaft des heutigen Schaffenden mit dem
heutigen Kritiker. ..Weltanfchauung als Quelle der Kunft", dies ift eine durch alle Kiinfte, durch
alle Kttnftler gehende Oberzeugung. DaB in jeder Kunft am Ende ein Stuck Weltanfchauung
Iteckt, ift unbettreitbar. Aber das BewuBUein diefer Weltanfchcuung verruckt den Sehwinkel des
Schaffenden und riihrt an feine Naivitat. In ihm Iteckt etwas Literarifches, etwas Kritifches. Er
ift von dem Kritiker n&Wt mehr artverfchieden. Im Durchfchnitt darum vom KritikerTiochft beeinfluBbar.
Nichts ift fruchtba;er als Revolution. Und es ware toricht, das Vorwartsfchreiten der Kunft
mit einem kritifchen Wort hemmen zu wollen: Aber ebenfo toricht, auf die Willensregung zu
verzichten. Der kritifche Wille zum Pofitiver wird alles Geniale, auch wo es ftammelnd auftritt,
bejahen, aber die Wertfchatzung der Form zu erzwingen fuchen. Er wird in einer Zeit der Er-
hebung des vierten Standes die Briicke zwifchen Volks- und Huhenkunft bauen wollen. Wird
den taufenden von Talenten auch ohne unterfchiedslofen Begeifterungstaumel helfen konnen.
Wird auf den notwendigen Zulammenhang zwifchon Weltanfchauungsmufik und dem Muh'kantirchen
hinzuweifen haben.
Dies, fcheint mir, ware die belte Art, das Neue und Wertvolle zu fordern. Aber Hut ab, ihr
Herren, vor dem relbftkritffchen Genie. Wenn es da ift. Noch aber ift man dabei, Programme
zu Iprechen, Grundpfeiler zu bauen. Wir warten auf das geniale Werk, das Schonberg und
Vergangenes organifch bindet.
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Jenfeifs von Temperierung und Tonalifaf
Von A. M. Awraamoff
(Auforifierfe tfberfe&ung aus dem Rujftfchen von Hermann Scherchen)
I.
Ein Verfuch zur Befrehmg von der femperlerfen Stimmung.
Die 12 Taften unleres „wohl"-temperierten Klaviers find vollig gentlgend, urn eine ganze
Reihe auBerft intereHanter Neufiimmungen vorzunehmen, durch die zum Teil die Zukunftstonleiter
der natfirlichen TOne ihre Verwirklichung fande; auBerdem findet lien ein 12 Tafteninftrument
(fei das ein Flttgel, ein Kaftenklavier Oder ein Harmonium) im Befitze faft eines jeden Mufikers,
fo daB jeder fur fich ohne beionderen Koften- oder Energieaufwand dem immer dringender
werdenden Bedtirfnis nachkommen kOnnte, rich durch praktifche Erfahrung mit den neuen Klang-
fpharen vertraut zu machen.*) Denn alles, was zu jener Umftimmung notig ift, find nur — der
Stimmfchliiriel und Geduld.
Zunachft luchen wir mit Hiife des Kammertons c auf; nachdem wir dann allefeine Oktaven fo
umgeltimmt haben, daB jede beliebige Oktave, gleich in welchem Register, einen abfolut ruhigen Zu-
fammenklang ergibt, beginnen wir damit, den c-Dur Grunddreiklang von der Temperierung zu befreien.
Unfere wich f igfte Aufgabe -ilt nun, das naturliche e in voller Reinheit wieder herzuftellen,
da die grofien Terzen in der wohltemperierten Stimmung betrachtlich erweitert tind und beinahe
der pythagoraifchen Terz gleichen. ,
Am offenh'chtlichftcn ilt die tiberwiegende GroBe der temperierten Terz e in der I. Oktave,
mit deren Umftimmung wir auch beginnen. Wenn wir das naturliche e 1 zufammen mit den beiden
angrenzenden c (c l und c-) zum Erklingen bringen, fo erhalten wir den c-Dur-Akkord in abfoluter
Ruhe und Feierlichkeit, wobei fein Grundton in der groBen Oktave -4ind die beiden Quinten g 1
und g- klar vernehmbar find. Halten wir jedoch die mathematifche Genauigkeit der Stimmung nicht
vdllig ein, fo verandert fich fofort der Charakter des Zufammenklangs, indem alles zu vibrieren
anfangt, das zu Grunde liegende c nur men* fchwach vorhanden ift und mit rythmifchen StoBen
hervortritt, g vollig verfchwindet und das Gefamtklanggebilde leer und unruhig wird. Wenn wir
alle diefe Anzeichen beachten, fo iTt es fUr ein fcharfes GehOr eine leichte Aufgabe, die Grenze
fur die Erniedrigung des temperierten e l zu fixieren, und wir haben weiterhin nur notig e durch
alle Oktaven hindurch bis zu volliger Reinheit des Verhaltniffes 1 : 2 herabzuftimmen.
Die temperierte Quinte ift bei gut geftimmten Inftrumenter. meift kaum merklich zu tief, und
wir erzielen ihre reine Klanghohe, indern wir fie im Zutammenklang mit den DreiklangtGnen
(c 1 e 1 ) oder mit c- erhOhen. (Im zweiten Falle hbren wir in dem Moment, da die vollige Reinheit
der Stimmung erreicht ift, deutlich und klar den Kombinationston c erklingen [in der kleinen Oktave]).
Bei der Umrtimmung von g durch alle Oktaven hindurch empfiehlt es fich mit Benutzung des
rechten Pedals Arpeggien zu fpielen; dabei kUnden fich fofort m5gliche Ungenauigkeiten in der
Stimmung durch ftarke Schwebungen der nicht ganz fauber ftimmenden oder Ichon wieder herunter-
gegangenen Saiten an. Nur durfen wir dabei nicht vergeffen, daB Schwebungen auch durch Ober-
tOne hervorgerufen werden, und mtilfen deshalb die Urfache nicht ausfchlieBlich in der Tonhohe
der betreffenden Saite fuchen, fondern auch durch NachprUfen der tieferen Oktave, Duo- und
Septdezime.
Wenn wir endlich fUr den ganzen Umfang der Klaviatur abfolute Ruhe. des Klanges erreicht
haben, fo vergleichen wir den umgeftimmten c-Durdreiklang mit Arpeggien auf den TOnen as, f,
*) Wir miissen jedoch den Leser warnen, die Umstimmung an Flilgdn mit doppelten, urn Wirbel gewundenen
Saiten vorzunehmen, da diese sich flberaus leicht verstimtnen und bei der Umstimmung fortwatirend reifien. Sehr
ist das Harmonium zu empfehlen, an dem sogar mehrere Stimmungen in verschiedenen Registern mSglich sind
und dessen Ton auBerdem viel bestandiger, und bei ungenauer Fixierung empfindsamtr ist. Hier haben wir zur
ErhOhung des Tones die Zunge an dem vibrierenden Ende, und zur Erniedrigung an der Basis abzufeilen. Da
das Klavier leichter und schneller umzustimmen ist, empfiehlt es sich, das Harmonium nur im Falle
systematischer und anhaltender Studien der neuen Klangreihen voizuziehen.
els, d, fis, b und h, und es erfcheint faft unbegreiflich, wie unfer Ohr Jahre Jang diele falfchen
Stimmungen hinnehmen konnte Die Falfchheit der Dreiklange auf den TOnen es, e, g
und a ift jedoch fchon nicht erweislich, da wir deren Beitandteile zum Teil mit dem c-Durdrej-
klang umgeftimmt haben.
Nunmehr gehen wir an die WiederherEtelhing des reinen f-Durdreiklanges; hierbei nehmen
wir die Umftimmung in umgekehrter Reihenfolge vor: anfanglich ftellen wir die Quinte von c-
abwSrts feft (indem wir das temperierte Intervall erniedrigen!) und fuchen von dem fo erhaltenen
f 1 dann die grofie Terz nach oben auf. .
Nachdem wir diefe Operation nach der obigen Schablone ausgefuhrt haben, mtiffen wir jedoch
die hierbei entftandeue Quart-Quinten-Reihe e — a — e einer Priifung unterziehen, unci zwar
indem wir den a-Molldreiklang in Arpeggien fpielen und zugleich durch alle Oktaven hindurch
den Wohikiang des Nonenakkords mit ausgelaffener Septime prtlfen:
f — a — c — g.
Als ficheres und beftandiges Anzeichen der erreichten Reinheit in der Stimmung wird l'elbft-
verltandlich die vollige Ruhe und Feierlichkeit des Zufammenklanges dienen, in fcharfem Kontrafte
zu den analogen Harmonien, die aus noch nicht umgeftimmten Tonen zufammengefetzt find.
An dieler Stelle wenden wir uns vorubergehend von unrrer eigentlichen Aufgabe ab. Nach-
dem wir auch die Quinten g — d und e — h von der Temperierung befreit haben (indem wir d
erhfcihen und h erniedrigen), haben wir voiles natOrliches c-Dur vor uns. Wie groli nun auch
die Verfuchung fein mag, wenigrtens einmal im Leben ein unverfaifchtes „Dur" zu horen, mUffen
wir uns jedoch (dem vorgefetzten Plan unferer Arbeit zu Liebe) begciigen, d und h nur durch 2
oder 3 Oktaven hindurch umzuftimmen, da wir diere TOne fo wie fo bald von neuem verandern
mUffen.
Nachdem wir uns gentlgend der idealen Aufeinanderfolge der Dreiklange auf beiden Do-
minanten und Medianten erfreut haben, machen wir netenbei einige intereffante Einbiicke in die
Unvollkommenheit der klafHfchen Tonreihe, indem wir in einer Sequenz oder Kadenz die II. Stufe
bertihren; fogleich fUhlen wir die unertragliche Falfchheit des auf ihr errichteten Dreiklangs, in
welchem die Terz d — f und befonders die Quint d — a unertrSglich Und. Diefer ganze Drei-
klang fordert unabweislich feine Umftimmung, wahrend gleichzeitig die Veranderung irgend eines
[einer T5ne (z. B. die Erniedrigung des d urn das fyntonifche Komma 80 : 81, oder die Er-
h&hungen des f und a urn die gleicbe GrbBe) uns urn eine der Dominanten berauben wOrde.' Un-
zweifelhaft ftehen wir hier vor einem wichtigen Probleme, deffen LoTung eine Menge von Spezial-
ftudien der in der Epoche vor Bach in den Kirchentonen gefchriebenen a-capella Chorwerke er-
fordert, Towie Unterruchungen der Volksgetange und eine Durchficht der Schrifien aller bedeutender
Theoretiker Uber Harmonielehre und Kontrapunkt.
Es handelt fich darum, daB der Dreiklang auf der II. Stufe in Dur einfach falfch ift; trotz-
dem wurde er in der der Temperierung vorangehenden Epoche gebraucht, d. h. zu der Zeit, als
feine Falfchheit offenfichtlich und jede Verwechslung mit dem kleinen Dreiklang auf der III. oder
VI. Stufe unm&glich war. Ferner finden wir ihn im Volksgefange, der feit jahrhunderten von
der Temperierung unberilhrc blieb. (So z. B. in der charakterirtirchen Wendung des Kofaken-
liedes: (Beifpiel I).
Daraus folgt: daB entweder in all dieten Fallen der Ton d erniedrigt wurde — das hatte
danh der Modulation nach a-Moll oder f-Dur entfprochen (oder — in der Epoche des ftrengen
. Stils — der Mutation in die entfprechenden KircheritOne) — ; oder aber, daB die beiden anderen
TOne des Akkordes (in welchen Fallen jedoch?) erhOht wurden, daB fernerhin der Dreiklang als
fiir die Tonreihe charaktertftiiche Ditfonanz gebraucht wurde; oder aber, daB man endlich a bis
zur reinen Quinte des d erhOhte, und f gleichzeitig bis zur natiirlichen Septime von der Dominant
aus erniedrigte, und fo den Dreiklang als oberen Teil des natiirlichen Noneakkordes der Verhaitnis-
zahlen 4.5.6.7.9 auffaBte", als welcher er in der Kadenz nun nicht mehr die Stelle des
Subdominants-, fondern des Dominantakkordes einnahm. In alien Fallen rnuB die Stimmfiihrung
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in Hinficht auf die Verwandtfchaft der aufeinander folgenden Tone in jeder einzelnen Stimme
geprilft werden; zum SchluB ware noch fehr wertvoll, die theoretirchen Vorrchriften aller VerfafFer
von Lehrbuchern des Harmoniegebrauchs und Kontrapunkts Uber die Anwendung diefer Harmonie
zu klaffifizieren. Dabei eroffnen Hen weitgehendlte Ausfichten: vielleicht gelingt es,das wirklicbe
Wefen.der Kirchentone aufzudecken, entgegen der Behauptung, daB die Tonika auf jede beliebige
Stufe der Tonreihe ubertragen werden konnte; zweifellos wird es moglich fein aile FSlIe feftzu-
rtellen, wenn Komponiften oder Theoretiker diefen Dreiklang mechanifch = falfch betrachteten
und gebrauchten, ohne feine wirkliche BedeuUing und Teinen tatlachlichen Klang zu beachten —
fo Tehe ich z. B. voraus, wie fehr der Ruf des. groBen Werkes C. J. Tanejews „Der verretzbare
Kontrapunkt" leiden wird, wenn fich bei jener UnterUichung ergibt, da8 die mechanirchen An-
wendungen der Imitation zu falfchenTerzen unci Quinten fUhren . . . . denn der Hinweis auf die
Temperierung i ft in diefem Falle ohne alle Bedeutung, da Tanejews Unterfuchungen den ^Strengcn
Stil" belreffen, der Temperierung weder kennt noch zuiafit
Kehren wir jedoch zu unferer Aufgabe zurilck. Nachdem wir unfer Ohr an. dem idcalen
e-Dur erouickt und uns von dem Fiktiven in der II. Stufe tlberzeugt haben, die fich in der Praxis
Felbft auihebt und die Harmonie Uber die Grenzen der Tonreihe hinausfUhrt, wollen wir die Ubrig-
gebliebenen Taften flir andere Ziele ve,rwenden.
Die neue Tonreihe, zu der wir hinftreben, ift eine einfachlte Vereinigung von Tonen, welche in
einfachften mathematilchen Verhaltnitfen zu einander ftehen; entfprechend den 12Taften des In-
ftruments ift fie auf die ihnen entfprechende Anzahl befchrankt, und fUhrt vorlaufig nur eine neue
Verhaitniszahl ein — 7 : 1, mit der wir die Grenzen des klaffifchen Dur-Moll Uberfchreiben.
Wenn wir namlich 2 Paar natilrlicher Septimenakkorde emcliten, die gegenfeitig zu einander in
Dominantverwandlfchaft ftehen, fo filllen wir damit alle 12 Taften aus.
Der Septakkord der Verhaitniszahlen
4:5:6:7
gibt, auf c errichtet, folgende Tone-:
c : e : g : ;i u*rioi-iii*-to
Seine Umkehrung gibt, auf demielben Ton c errichtet, die Tone:
i-ri^iiL^ii) a : f : as : C
der Verhaitniszahlen
V: : -!i : 4 /r, : I.
Wenn wir die entfprechende Tonreihe auf f ernchten, To erhalten wir:
fori ed i i seh) ?:b:des:f:a:c:E (firioiihisdij
4 /t ~k 4 / 5 1 s / 4 3 /a 7 A
Die Zufammenltellung diefer Reihe mit der auf c errichteten ergibt:
A : f : as : c : e : g : p
7 : b : des : f : a : c : E
Da 2 der 14 Tone (f, c) zweimai vorkommen,* To bleiben uns genau 12 Tone zur Verteilung
auf die Taiten. V
Nachdem wir in der oben gezeigten Art as von c aus (erniedrigend) gefunden haben, des
von as aus und b von f (indem wir fUr b die Tafte h benutzen), beginnen wir mit der Fixierung
der natUrlichen Septimen fi, E , A und -,-.
FUr die natUrliche Septime von c aufwarts (p) benutzen wir die Tafte b, indem wir ihre
Tonhohe betrachtlich erniedrigen, bis ihr Klang gemeinfam mit den TOnen c— e—g ira Septakkord
c_e— g— ^ zu einem Zufammenklang von abroluter Konfonanz verfchmilzt, deffen Kiange — paar-
weile genommen zufammen mit der natUrlichen Septime — fich in der Tiefe durcb Kombinationstone
erganzen, die mit den AkkordtOnen zufammenfallen. (BeiTpiel II.)
Dementfprechend rtimmen wir den Ton der Tafte es zu E urn und prUfen die Reinheit der
Stimmung an dem Zufammenklang mit fJ, der einer reinen Quinte (refp. Quart) entfpricht.
Die Tone a und ■; nehmen wir von c und f abwSrts a'ls deren natUrliche Septimen: dabei
■ !.
mflflerTwir die Tone der Tarten d und ges betrachtlich erhOhen, fo, daB die auf der Talte ges
errichtete natOrliche Septime urn das kleine Intervall 63 : 64 hOher als g wird. Dieles kleine
Interval! entfteht auch zwttchen b und*p, To daB die a 7 ?, gleichzeitig angegeben, dem kleinen
Dreiklang aus der oberen Halfte des nattirlichen Nonakkordes der Verhaltniszahlen 6:7:9 ent-
fprechen. Den gleichen Dreiklang ergeben die Tone c— *— g. Dabei fallen KombinationstOne
den Dreiklang zum vollen Nonakkord aus, und werden lo gleicherzeit zum Kriterium fur die
Reinheit der Stimmung.
3eisj***fc I
jsf
Pi
Der Gperndirekfor Mahler
von Ftifs Sfiedry.
Das Gefdiitk habe inn zum Herrn eines Sdiloffes gemadif. Von Jdionffem Grund-
ri^ und Aufbau. Dodi die Einridifung — frofcvielenZierafs, nidif weniger Koftbarkeifen —
voU Sfaubes und veraltefen Plunders. S *:n Ziel fei, die Zimmer nadi feinem Sinn und
Gefmmad* wohnlidi zu geffalfen. Viel Arbeit Neue Ttiren Fenffer Tapefen MobeL
Mandies fei fdion gelungen, einige Raume ferfig. Nodi mehr bleibe zu tun, Doch er
hoffe auf Erfolg. Sei es einff fo weif und er zufrieden, dann v/olle er feine Freunde
zu Gaffe laden. Fur ein ganzes Jahr. lhr Behagen ihre frohe Zuffimmung folle dem
Haufe, das nun in jedem Winkel Form und Geprage von ihm gewonnen, die eridlidie
Weihe geben. So (ungefahr) pflegfe er zu fagen. Unbildlich gefprochen: Er wollfe
feine Direkfionsfafigkeif durdi ein Fefffpieljahr kronend abfdilie£en. Ein Feffjpiel
■von riefenhaffen Oimenfionen, beffehend aus der tt kompromi£lofen* (fein Leifworf)
Vorfuhrung der gefamfen - werfvoUen - Opernliferafcir. Der Plan war mehr* als
gigantijch. Er wollfe das Unmoglidie. Wer die Opernbuhne kennf, wei£: das zenfrale
Erlebnis, die eine Erffauffuhrung iff einmalig und uitwiederholbar. „Den Ring auf-
fuhren; in einem proviforifdien Brefferhaus; dann die Parfjfur verbrennen!" Man
kennf den Ausruf Wagners. Daraus enfffand Bayreufh. Seine Idee laufef : Einmaligkeif
(was immer wieder vergeffen wird). Mahler wollfe diefe Einmaligkeif iiberwinden
perpefuieren monumenfalifieren. Den Bayreufher Gedanken auf das Reperfoirfheafer
uberfragen. Ein fifanifdies Unfernehmen, Unferfangen. Es hie£ Belaffung "mif Sifyphus-
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arbeif; ewiges Neu Anfangen; rafflofes von Vorne Beginnen: welche Qualenl In der
Taf haf Mahler in den zehn CJahren feiner Direkfionsfuhrung den Figaro vier bis funf
Mai, Zauberflofe und Don Juan drei bis vier Mai, Cofi fan fuffe zwei Mai „neu ein-
ffudierf* und mif Jolcher Infenfifaf probierf, als ob diefe Parfifuren, den Befeiligfen
vollig unbekannf, nodi na£ waren von der Tinfe des Aufors, Und ahnlich im Falle des
Fidelio und den Werken Wagners. Er war viel- zu bewuj3fer lnfellekf, um die in der
Materie liegenden Hemmungen nichf klar zu durchfchauen. Daj3 er dennoch, trotig,
das Unerreichbare zu zwingen nidif nur enffchloffen, fondern iiberzeugt war, entjprichf
durdiaus jener fauffifchen Grenzen veradifenden Grundfendenz feines Charakfers, die
audi feinem fchopferifchen Werke als erfdiuffernder Konfeffion fragifchen Ringens heute
fo ungemeine Anziehungskraff verleihi — Mahler haf die Arbeit unferfcha^f. Sie haf
fidi an ihm gera&ii Ihn eigenuidi gefofef. Nadi fiinf nfahren unfaglicher Miihe refijgnjerfe
er, fehr miid^ und zermiirbf. Wohl war er ein Jahrzehnf Operndirekfor. Docii die
erffe Halffe femes Wirkens iff Jehr wefenflidi unferfchieden von jener zweifen, der die
Ausfuhrung des ihn erfiillenden Fefffpielgedankens das Geprage gab. Man tut demnach
bei rticfcfdiauender Betraditung gut, diefe zwei Perioden deuflidi zu fdieiden. Nidtf aus
hiftorifchem oder biographifdiem Infereffe; vielmehr um des Beifpiels willen, das lie
geben: als Verfrefer der zwei einzig moglichen Typen, in denen kiinfflerifche Leifung
erffer Opernfheafer wirkfam werden kann. Zu ausfiihrlicher Erroferung iff hier nidif
Orf nodi Raum, Dodi was die beiden Perioden frennfe fowie was ihnen gemeinjam
war, erfcheinf kurzer Beleudifung werf. Im iibrigen iff gerade diefe Parfie des Mahler-
buches von Richard Spechf ganz ausgezeichnef. Sie fei nachdrucklich empfohlen. —
In den erffen fiinf Jahren haffe Mahler weder „Programm" nodi „SuT. Es kam ''
ihm vor allem auf groj5es Reinemachen an, auf griindliche Sauberung und Durchluffung,
kurzrlebung des allgemeinen Niveaus; dies war die Aufgabe des Dirigenfen. Es gatf
aber audi die Bildung und Erziehung einer gefchloffenen kiinfflerifchen Gemeinfchaft
(„Enfembles"), fahig jener gr0j3en Aufgabe, die der zweifen Periode vorbehalfen war:
die Aufgabe des Direkfors. Er ging mif fanafifdiem Eifer ans Werk, dirigierfe ungemein
haufig, mehrmals in der Woche, dirigierfe alles: Wagner und Mozarf, Fidelio und
Freifchm>lLorf5ing (darunfer die reizvolie „Opernprobe"), Smefana (Dalibor, verkauffe
Braut), Charpenfiers Luife, Leoncavallos (I) Boheme : Damon, Eugen Onegin. Barenhauf er,
Hoffmanns Erzahlungen ufsv. Sogar „Reperfoiropern" wie Aida oder Carmen iibernahm
er ohne viel Federlefens. Die in der Haupffadie ■ min mufikafifchen Neuftudierungen
folgfen einander in verhalfnismaJMg geringen Zeifabffanden. Er ffrebfe in ihnen weniger
Ausfeilung im Kleinffen an als lebendige Empfindung im Ganzen und Ausfchalfung
der iiblidien Theaferroufine. Mif ein paar fchlagenden Refoudien, erzielf in kurzen
(dodi forgfalfigen) Proben, kamen Auffuhrungen zuffande, deren faszinierender Wirkung
fidi niemand enfziehen konnfe. Einheif der Mufizierenden und Empfangenden war
nadi wenigen Takfen erreicht Er ging fowohl in Tempo wie Rhyfhmus. und Dynamik
off an die Grenzen des Moglichen, ja fudife diefe Grenzen auf und liebfe leidenfchafflich
ihre Konfraffier'ung. Dem Vorwurf feiner ^iderfacher, „das gefunde forte fei ihm fremd\
konnfe man mifunfer Beredifigung nidif abfpredien. Im allgemeinen aber war der
Dirigenfenerfolg unbeffriffen, ja friumphaL Seine Ekffafen hypnotifierfen. Wien lebfe
in einem Mahler-Raufch. lilber die — hodiff individuelle — Arf femes Takfierens habe
ich an anderer Sfelle gefprcdien (Almanadi des Dr. Wei$mann). Wiederholung erubrigf
fidi. Die Bdhlerfchen,Schaf(enrif je geben annaherndes Bild. Anders als zum Dirigenfen
ffellfe fich Wien zum Operndirekfor. Hier begegnefe er um fo heffigerem Widerffand.
Seine Sorge (wie jedes Operndirekfors immer und iiberall) muf5fe auf das Nadijfe
geridifef fein: eben jene Bildung eines Enfembles. Das bedeufef und bedeufefe: Er-
ziehung zu Sadie und Werk, zu Ehrfurdif vor dem Budiffaben der Parfifur. Das
bedeufef: es gibf keine „Rollen", weder kleine noch grope, fondern nur zu verkorpernde
Gefiaifen. Mahler befe&fe urn eines bedeuffamen Takfes willen auj3erlich unfcheinbare
Parfien mif erffen Kraf fen; fur ' die Walkuren, Meiffer (Meifferfinger) waren die fchonffen
Sfimmen gerade rechf; gar in den Werken Mozarfs fangen nur die Beffen der Beffen.
Dies Jcheinen dem Laien Binfenweisheifen. Sind fie jchon uberall fchwer durchzufe^en (die
Preffe nimmf uberall fur die „Lieblinge w Parfei), fo rtirgends Jchwerer als in Wien, wo
Perfonenvergofferung und Sfobern der Reporter in den Deffous der „Buhnengro^en*'
felt jeher im Schwange fteht Es gab zunachff fchwere interne Kampfe. Sie wuchfen
durdi das Biindnis beleidigter Sanger mif Journallffen (der ublen Art) zu „Affaren\
Skandal auf SkandaL Die Melodie iff auch anderwarfs bekannt; in Wien erklang fie
in fdtarffter Tonarf. Die Renard ging, nach ihr van Dyk, Bertram, die Walker. Reich -
mann ffarb von Mahler bekannflich gemordet. Winkelmann von dem Haliur.ken zu Tode
geargerf. Die Angriffe, immer hef tiger und ma^Iofer, landefen Jchlie£lidi bei fchmu^igffer
Gemeinheit Mahler blieb fteinern unbeirrt. Niemand bedauerte mehr als er den
Verluft fo genialer Perfonlichkeifen wie der Renard oder des fabelhaften Bertram.
Aber es muj5fe fein. Man fchrie Zeter und Mordio iiber das Ausjdieiden diefer „un-
erfe&iichen" Mifglieder, man bedauerte fie als fdiuldloje Opfer eines fadiffifchen Au-
fokrafismus; man weisfagfe den baldigen Niedergang des r alfehrwiirdigen Kunffinftifufes".
Mahler fuchfe. Suchfe nidif ein oder zwei, Iondern voile fiinf Jahre. Und fand die
Frauen Mildenburg, Kurz, Gufheil, Forffer-Lauferer, die Manner Slezak, Schmedes,
Demufh, Weidemann, Mayr, Hefch und viele andere, den Gerannfen ebenbiirtig,
nichf an Qualifaf der Kehle, doch an feelifchem Kiinftlertum — ein glanzendes En-
femble, mif dem der Nachweis der Erfefjlichkeif felbff der van Dyks und Bertrams
leicht gelang, ein Enfemble (nach mehr oder wenig gnindlicher Ausbildung) reif fur die
* groj5e Aufgabe der zweifen Direkfionsepoche.
Wie die erffe war- audi jene zweife durchaus fypifch. Nafurgema£ in anderem
Sinne. Perioden der Vorbereifung und Sammlung ahneln einander wefenflidi. Die
folgenden, der Reife, muffen nach den fiihrenden Gedanken verfdiiedenen Charakfer
fragen, Mahlers Fefffpielidee wird ffefs vorbildlich bleiben weniger als Weg, wie als.
-Beifpiel eines Weges — und als Infenfifaf. And ere Gedanken find moglich, ja nofwendig.
Daruber fpafer. — Das Gefichf des Operntheafers nahm nun vollig geanderfes Aus-
Jahen an., Keineswegs allein infolge des Einfrefens jenes neuen Zieles; idenfifch
blieb ja nodi immer das pulfierende Zenfrum. Es lag aber an dem: audi dies Herz
war fief innerlirh geanderf. Ich habe Mahler erff in der letzfen Zeif femes Lebens und
fluditig kennen gelernt Die iliin nahe ffanden, werden wiffen und beffafigen, woran
' fur midi kein Zweifel iff, dap er ungefahr am Sdiluffe der erffen Direkfionsperiode, alio
urn das 3ahr J90^, eine grundlegende pfychifche WancUung, ja eine Art feelifchen Umffurzes
erlebf haben muffe. Das Kunfflerifche redef zu deufliehe Spradie: fowohl beim Kom-
p^niffen wie beim Dirigenfen. Man vergleidie die erffe mil den lefzfen Symphonien:
im Allegro des erffen Safzes der V - fen kundigf fich an, was fpafer in der fechffen,
fiebenfen, achfen zum Durchbruch gelangen follfe: rafend-bohrende, der eigenen Qual
nie fidi erfaffigende Fragen um Ewigkeif, Jenfeifs, Menfchenbeffimmung; als Reaktion
Allegretti (anders als die fruheren) von abjonderlicher Nadif- und Gefpenfferfarbung
und, fehr charakferiffifdv Fehlen der .... Adagios, die erff in den alierlefzfen Jahren
als wehmufigffe Abfduedsffutke wieder auffaudien (Lied von der Erde, IX. Symphonie).
Audi hier erfcheinf die V-fe als 13bergang. Ihr „Adagieffo", fiir Sfreidier und Harfe,
iff reidilidi fdiwadi und farblos gerafen. (Das andante moderafo der VI fen hat bereifs
fdilendemd-fl;.cpenden Charakfer.) Es lag — in fiefem Zufammenhang mif fdiweren
feelifchen Krifen — eine Verfchiebung deffen vor, was ich Grundfempo nenne. Jedem
Mufiker (es cibf nur produkfive, fo weif fie Kiinffler find) eignef folches zenirale
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WPP
Zeifmag. Die Groge um diefen Miffelpunkt iff mir immer als zuverlajfigffes Mag der
mufikalifchen Begabung erfchienen, d. i. der Tempo-Reidifum. 3ei mandiem Mujiker
friff im Laufe des Lebens ein Wechfel ein. So gelangfe Mozart von einem fluffigen
Allegro zu einem zwifchen dem Lento und Allegretto liegenden ZeifmajSe, Beethoven
vom Allegro zum Adagio. Diefe Verfchiebungen haben ffefs fiefe Urfache (woriiber
gefonderfe Betraditung Nutzen brachfe). Wagners Grundfempo blieb immer das nam-
lidie: das Adagio; SfraujSens: das alla-br eve-Allegro. Das Preftiffimo — es lei den
Sfumpern verraten — iff nidits als eine Nuance des Adagio; oder umgekehrf, wenn
man will. Mahlers Grundgefiihl wanderfe von einem dem Adagio nahen Zenfrum zu
merkwiirdig ffark zuriickgehalfenem Allegretto — eine Wandlung, die Jeinem damaligen
Mufizieren durchaus den Stempel gab. Mehr nodi als am Komponiffen ward dies am
Dirigenfefn augen- und Jinnfallig. Wagner, friiher von ihm zur allereindringlichlfen
Wirkung gebrachf, bebam fonderbar fremde Ziige. Den Meifferjingern wurde, vpllig
gegen d^s Werk, das man wohl am beffen mufizierfelig und iiberfchwenglidi dirigierf,
eine riolzjVhnitt-Allegrefto-Maske aufgezwungen. Arfiftifdi zwar fehr reizvoll, aber nidit
rechf behaglidi, (wenn audi fympafhifcher als die gewiffe Verjion: „MeiJferfinger als
Lufffpiel", unter der Devife: moglichlf gefchwind). Der Ring erhielf efwas merkwiirdig
Gehefzfes; der Triffan, immer nodi von unerhorfer Wirkung, efwas unfagbar Gequalfes
Qualendes Nichf Befreiendes. Die manuelle Form jeines Dirigierens veranderfe fich in
derfelben Richfung. Zum Sfarren. Er zog fich, vielleichf Jchamhaff, in fich felbjt zurudc.
Hothffe Suggeftion ging von einem in marmorner Ruhe verharrenden Korper aus.
Unvergej31idier Anblick. Doth war diefe Ruhe die eines Vulkans. Aus raffelhaffem
Grunde konnfe man immer gewarfig Jein, fie in Flammen ausbrechen zu fehen. Und
es gefchahgelegenflichjehr felfen, Soforf aber trafwiederalfeBewegungslofigkeif ein.— —
So fiigf fich aus dem Gefichfe des Xompcniffen und Dirigenfen Mahler ein ergreifendes
Bild femes' damaligen feelifdien Zuffandes: Schweifender Drang zu panfheijfifcher Myffik
war hier vereinf mif niederdriickendem Verganglichkeifsgefiihl; Ewigkeifstrunkenheif mif
herber Selbftziigelung; vehemenfes Bediirfhis zu herrfchen mif franziskanifthem
Bruderuberfchwang; fiefer Glauben an [idi und feine Berufung mif Bewu£tfein
der Unzulanglidikeif alles Menfchlidien; fauffifches tiber fich hinaus Wollen,
dionyfifches Auger fidi Gerafen mit askefifcher Scham; Schwung, der alles wagfe,
mif plotjlim an der Wurzel des Idi nagender Unficherheif;.zarfliche Gabe an Menfdien
und Dinge gepaarf mif furditbarem Einfamkeifsgefuhl ; Giife mif Ruckfichfslofigkeif;
Zufrauen mif verlefsendffem Migfrauen. liiber all Diefem eine unendliche Sehnfuchf,
jerien Gebrodienheifen und Widerfpruchen zu entrinnen. Wiinfche Kampfe Aufgeregt-
heifen hinfer fich zu laffen. Eine Briicke zu finden. Auf griiner Wiefe liegen, mit den
Augen zum Himmel, laufchen dem Wogen des Grafes, dem Bienengefumm, Vogel-
gefang, dem wehenden Klang ferner Trompefen und Glocken; zufchauen den Tieren*
Steinen Baumen. Oder in nachflichem Walde fpazieren, wie als Kind feinem Spuk
fidi iiberlaffen; Jfili heimwarfs kehren, am Nachfwachferhorn vorbei, an gedampffer
Wirfshausmufik .... Nidit denken; vergeffen. Vergeffen und fich freuen. Die Sehnfuchf
ging ihm nicht in Erfiillung. Die Fluent gelang feifea Er muj3fe fich mif fehnenden
Phanfafiebildern der Nafurerlebniffe befcheiden, gelangfe felfen ans Zi'el der Erlebnifle
felbft Solche Veranlagung (Sehnfudif nach Gipfeln der Genialifaf) kennf man bei
Dithfern wie Lenz oder Kleiff, bei Malern: van Gogh. Kauni bei Mufikern. Mufik
fdieint Einheif vorauszufe&en, Mozart war merkwiirdig genug, keineswegs jene Erfiillung
eines fpielerifchen zierlichlieblidien Rokokozeifalfers, wie inn hunderf und mehr 3ahre
zu fehen gewohnf waren, ein Nafurell voller Unfiefen und Kliiffe, dock er fand die
Briicke; und welche Briicke! Desgleichen der Gofffucher Beethoven; er erreichfe hochffe
Harmonie in den fpafen Quarfeffen. Mahler blieb diefe lefcfe Erlofung verfagt Tragib
137
Jchreif aus feinem Werke. Audere Bezeichnung fcheinf hinfallig. Es iff allerperfonlichffe
Wirkung, fonff nur ausgehend von f'efer Bekennmisdicftfung. im Munde efwa eines ra-
jenden Deklamafors. — Nun rnoge man ermeffen, was es bedeufen muj5fe, wenn ein
Kiinffler folcher Art, nach den angedeufefen feelifchen Krifen, nachdem er als Opern-
direkfor jenen fauffifchen Fefffpielgedanken zur Verwirklichung beffimmf, fiir die Auf-
fulrrungen des Riefen-Zyklus nur ein Moffo gelfen lieJ5: abfolufe Vollendung. Es gab
Proben von nie eriebfer Infenfifaf und Exfenfifaf; Verbrauch an Nervenkraff, den die
Wenigjfender Befeiiigfen gewathjen waren; monafelanges Feilen, Beffern, wieder anders
Verfuchen, neuBeginnen, das die Beffen verzweifeln lieft; es gab Zank Sfreif wilde Zu-
fammenff6]pe Szenen Tranen Abfdiiedsgefuche Wien hallfe wieder von den
Erzahlungen iiber den Safan Mahler. Seme Gemeinheifen waren Tagesgefprach. —
Bis die Auffiihrung kam, die alle Gegner verffummen inachfe. — Freilidi nadi kurzer
Zeif, off nach wenigeh Xagen, begann das feils qualvolle feils ekle Spiel von Vorne.
Richtig. iff und zuzugeffehen; Der friiher Jo haufig dirigiert haffe, erfchien wodnenlang
nichf am Pulfe der Hofoper. Vom Teufel der Vollendefheif gepackf, mujSfe ihnf alles
Improvifaforifche verhaj3f J'ein. Er leifete nur rnehr feine Neueinffudierungen. Da er
Biihne Solij'fen Orcfrejfer fur die lange Zeif Seiner Vorbereifungen mif Befchlag belegfe,
fanken die iibrigen Vorffellungen auf 1 hochff beklagenswerfen Tiefffand — frof> fcha^ens-
werfer Qualifaf der anderen Kapellmeiffer, denen es t'owohl an Moglichkeif wie Auforifaf
gebrach, mif einem erfchopffen Perfonal die ihnen zugewiefenen Werke angemefjen zu
probieren. Mahler war fidi audi diefes 13beis Vol! be-wuJ5f; fein Ideal, in def Woche
nur drei bis vier Mai zu fpielen, alfo dem unfeligen T teperfoirbefriebe zu enfrinnen, Iiej5
er nie aus den Augen. Aber Was wu.J5fen die Wiener von feinem Ideal! Er wurde
maj31os mij3verffanden„ Der enorme Erfolg der NeuUudierungen konnfe iiber den Schmufs
in ihren Paufen nichf hinweghelfen. Er war JchUVjiich der Erffe, deffen Nervenkrafi ver.
fagfe. ■ Des Treibens miide ging er, im Berbff 1907, nadi Amerika. Er ffarb ■
im Friihjahr 1911- Nidhf an den~Sfrepfokokken,/die inn in New-York iiberfieien, fondern
an den fiinf Jahren frudiflofen Kampfes geger:' ein widerffrebendes Perfonal und eine
widerffrebendeSfadf. NurC nachdem er nafiezu ein Jahrzehnf fof iff, lebf allenfhalben
Erinnerung an jene unvergej3Hdie Auffiihrungen auf. Nun umwehf ihn zugleich Glorie
des Marfyrers und Heros . . . . j
" Mahler haffe fich in der erffen Peri";de feiner Direkfionsauffuhrung haupffachlich
mif der muVikalifch-deklamaforifcheTi DurcYibildung feines Perfonals befa£f, mif der dar-
ffellerifchen nur infoferne, als es rafchen Erfolg zu erzielen oder fchlimmffe Verirrungen
zu verhiifen galf. Szene und Dekora-iion War noch mehr in den Hinfergrund ge-
frefen. Das wurde nun von Grund auf anders. Alles- muj3fe fich der Idee des mu-
fikalifdien Dramas unferordnen. JUfo Wagnerifche Anfchauungen. Mahler ffand hier
durchaus :m geiffigeu Banne diefes I^leiffers. Das foil keine rierabfe^ung fein. Im Ge-
genfeil. Es fei feffgeffellt: Mahler, war der Erffe und Einzige, der Wagners Gefamf-
kunffwerk nicht efwa fur eine od sr mehrere Auffiihrungen, fondern als leifendes Sfil-
prinzip allcr feiner Neu;*uaierungen mif bedingungslofer Konfequenz verwirklichfe. —
Von 1902—7 geiang es ihm f.idi fdireibe aus dem Gedadifnis) folgende „Zimmer
nach Jeinem Gefchmack einzurimfen": Figaro Zauberflofe Don Juan Cofi fan fuffe Enf-
fuhrung r'idelio Euryan^he hjhigenie in Aulis Jiidin Hugenoffen der Widerfpanffigen
Zahmung rra Diavoio (wenr ich nichf irre) Ealffaff Lohengrin Triffan Rheingold und
Walkiire. Die Vollendung der Ringinfzenierung war ihm nichf mehr vergonnt Mif
^Novifafen" Jparfe er (di^ Ueffigffen Angriffe blieben nichf aus}. Als Bedeufendffe find,
mir in Erinnerung geblieben: Pique-Dame und die Rofe vom Liebesgarfen, zwei aus-
gezeichnefe Auffuhrungen, zumal die erffe von unheimiicher Suggeffionskraff. Mahler,
ein freund Schonbergs und fein Eordercr noch auf dem Sferbebeffe, blieb auch hier
unbeirrbar, Nach ihm war die Pflidif crffer Gpembiihnen vor Allem, das in irgend
einem Sinne Bewahrfe moglichft guf vor die Augen zu Jtellen; fur erff zu erprobende
Begabung fei gerade in Deuffchland durch eine Fiille gufer Theater mehr als aus-
reichend geforgf. — Diefen Sfandpunkf gab man vor nichf zu verffehen; man wurde
plo&lich radikal. (In Wirklichkeif lag Verbindung der Zuriichgewiefenen mit
der Preffe vor, audi diefe Melodie kennf man anderwarfs). — Die Litfe der
angefiihrfen Opern machf zunachff efwas kunferbunfen Eindruch, iff aber ein
Zeugnis vorurfeils'lofer Unparfeilichkeif. Was die Wiedergabe Jo verfchiedenarfiger
Werke innerlidi verband, war der mufikdramafifche'Sfil: die tiugenoffen Euryanfhe
die bezahmfe Widerfpanftige wurden nach dem gleichen Grandfatj eben w dargeffeUf".
So ergaben fich Tragodien oder Schaufpiele oder Lufffpiele mif Mufik. Nur, dap auf
der Biihne Jfatf des gefprochenen das gefungene Worf erklang. Mahler wahlfe fich
als fzenifdhen Heifer Alfred Roller. Regie fxihrfe er felbff. Sfreng nadi den An-
Jchauungen der Wagnerfchen Schriffen. Mif dem Superlan'vismus feines Wefens ging
er audi hier bis zur le|,fen Konfequenz. Solche Gefolgfchaff — bei einem Manne wie
Mahler — fcheinf verwunderlich. Ihr pfychi(cher Grund lag jedoch weniger in blindem Ja-
fagen zu denldeen Wagners als in bedingungslos gemeinfamemNeinfagen demReperfoire-
opernbefriebe gegeniiber, an deffen fcheuplicher Kunffwidrigkeif fidi feif 200 Jahren
nichfs geandert hat (fiehe die fraurig-amufanfe Satire des Marcello, erfchienen 1720,
neu gedruckf bei Miiller) .... Im iibrigen iff zu fagen: Die Sdiriffen Wagners ent-
halfen eine Konzepfion von forfre4fiendem inneren Schwung. Sie find in ihren pada-
gogifchen- Teilen heufe ebenjo^aktuell wie am Tage ihres Erfcheinens, in den kunff-
fheorefifchen . oder -philofophifchen Effays von genialer Hellfichf dorf, wo fie von Im-
precation, Einmaligkeif ufw. . . . handeln, von ebenfo genialem Fehlbiick in der lehre
vom Gefamfkunffwerk. — Wie iiberall hat fich nichf das Neue Wahre Richfige Be-
hcrzigenswerfe feiner Lehren durchzufe&en vermodif, fondern das Blendende Irrfiim-
liche in gewiffem Sinne — Banale. Es bleibt ein grundlegender Irrfum Wagners: dap
die Wurzel des Sangers und Schaufpieters idenfifch fei; im Gegenfett, die beiden find
wurzelhaff verfchieden; dap Di.chfkunff fur Mutfk (das . mufikaBjche Drama) Gipfel der
Diuifkunff bedeufe; hier erfcheint Ende mif Anfang verwechfelf (Nie^fche) u. f . f ., . . . .
Wie dem immer fei: diefe Auf 'a&e ffehen auf fo hoher Stufe, daP man die Dummkopfe,
welche Wagner iiber die Achfel zu behandeln wagen, nur bedauern oder verachfen
kann. Trauriger ift dap audi die Mehrkeif der Kulfurmenfchen noch keineswegs
wiirdigen Ablfand zu diefem genialffen Kunfffchriffffeller gewonnen hat. Unkennmis
kunn nichf weifer verbreitef feirt. Befonders Direkforen Regiffeuren Kapellmeiffsrn
und . . . Krifikern fei aufmerkfamffe Lekfure diefer Schriffen empfohlen. Mahler kannfe
fie jedenfalls in- und auswendig. Und es bleibf fein Verdienff, durch Sinnfallig-
machung ihre — Irrfiimlichkeif fiir alle Zukunff klar erwiefen zu haben.
Den Miffelpunkf feiner Bemxihungen bildefe Mozart. Ihm ffand er durch gemein-
fames Grundfempo am nachffen. Auf der Biihne gab es Mufikdramafik : ein Schaufpiel
Figaro, ein Lufffpiel cofi fan tuff e, ein Singfpiel Zauberflofe, ein Drama Don Juan. Im
Mufikalifchen war das Le£fe an Durcharbeitung.erreicht Er empfand Mozart durchaus
fubjekfiv und wandfe jich mif vollem BewuPffein von den iiblichen Rokokotempi ab*).
Die Zauberflofe geiang ihm feelifch^am fchonffen. Weniger gefiel mir Don. Juan. Er
fchien mir efwas gefpreizf, gewalffam zu efwas gezwungen, was nichf im Werke liegf.
Technifch am hochjfen, als Vorffellung, ffand der immer wieder problerfe Figaro. Von
deffen Auffuhrungen gebiihrfe die Palme jenen zwei oder drei, Welche im Sommer 1906
zu Salzburg ffaftfanden. Sie bedeufen den unbedingfen Gipfel der Mahlerfchen
*) Sichc m ein en Aufs3tz: „Mozarts Maske" erscliienen in der Zeitschrift „Rampenlicht" (Janner 1920)
139
1
ina*
§
li<T
Jill
Direkfor- und Dirigenfenfafigkeit — Damals wurde von Lili Lehmann ein „Mozarf-Feff *
veranffalfef. Neben allerlei Konzerfgeniiffen waren im kleinen Salzburger ,7'heafer zu
horen: Don Juan, Regie till Lehmann, und der Figaro unfer Mahler. Orcheffer: die
Wiener Philharmoniker. Der Don Juan ifalienifch. Frau Lili tragierfe die Donna Anna
ungemein pompos, dei beruhmfe Audrade fang die Tifelparfie Jehr rafch. Die Farrar
fan als Zerline enfziickend aus und ein Ieporello aus If alien madife Furore. Am
Dirigenfenpulfe: ein Herr Regnaldo Hahn aus Paris, Profekfionskind der Frau Re-
giffeufe, mif viel Pomade im Haar und wenig Rhyfhmus, im iibrigen audi fehr fur
Gefdiwindigkeif. Daneben Mahler mif feinem Wiener Enfemble — ohne Zelebrifafen;
einfach und befcheiden. Welcher Unferfchied! Hier ffand die alfe, verzopffe (nodi
heufe in Deuffchland nahezu uberall gebrauchlidie) Arf Mozarf zu mufizieren dem
neuen Empfinden zum Greifen nahe gegeniiber. — Es war au£erff lehrreidi. —
Neben die Mozarfauffiihrungen traf ebenbiirfig Iphigenie in Aulis und Fidelio,
Audi Falffaff war fehr eindruckffark. Auf Einzelnes kann nidif eingegangen werden.
Es bleibf hochff beklagenswerf, daj5 eine ausfiihrliche Gefchidife der Mahlerfdien In-
fzenierungen bisher fehlf. Je grower der Abffand, der uns von ihnen frennf,
deffo blaffer muj5 das Werk ausfallen. Nunmehr iff hodiffe Zeit Immer-
hin: die Taffache von Mahlers Opernleifung wird aus der Kunffgefchichfe ebenfowenig
fchwinden wie efwa die erffen Bayreufher Jahre unfer Richard Wagner. Ihr groj5er
Werf liegf in dem Beifpiel eines bonfequenf durchgefiihrfen Gedankens. Gleichviel ob
diefer Gedanke richfig oder unridifig, ob er die Probe der Zeif beffanden hat oder
nidif. Wagners primare Begabung war die mufikalifdie (Verzeihung, lieber verehrfer
Dokfor Hans Pfifsner), Seine Werbe ffehen in derfelben Reihe wie die der iibrigen
MeifterderOpernliterafur; nidif amoerhalb. SingendeGofferSchuffer Prinzeffinnen Jungfern
find freilidi „unm6glich" (Bie). Es gibf nur einen Riickweg aus der Sackgaffe: Frei-
werden von Wagnerfdien Anfdiauungen. Neue Gedanken miiffen herrfchen. Es fdieinf
mir nur Einen' zu geben, der Verwirklichung werf: Die Oper iff ein Welfbild, gefdiaffen
von fingenden und mufizierenden Menfchen, gefdiaffen nach eigenem Gefe&. Das Bild
mag fich haufig mif dem der Wirklichkeif beriihren — audi diefe iff nur ein Symbol eines
noeh Tieferen — , demnacn hie und da dem Drama ahneln: Im Allgemeinen find es
gefrennfe Wege. Der Sanger wird Schopfer der Mujik und Dekorafion. Die Biihne
frei aller Gegenffandigbeif; fdimiegfam, wandlungsfahig; vom Regiffeur in Farbe
Dynamik Rhyfhmus dirigierbar und auf den Sanger individuell einzuffelien .... Dazu
bedarf es der Erziehung und Vorbildung des Sangers wie des Regiffeurs. — Hier
zeigen fich Zukunffsaufgaben. — Der Operndirekfor wird,. gleich Mahler, viele Jahre
der Vorbereifung braudien. Gleich ihm Perioden der Erfiillung erleben. — Wird am
Ende audi er refignierf den Kampf aufgeben?
#
99
FAMA
99
Dr. Borchardf & Wohlauer
FKRTIGSTKLLUNG ALLTCR MUSJK-At/ KTKAGK
Kumpositton . Instrumentation . Corrnpetititm . Transposition . Aurschnii!mn pe™ubi'ntT STrlodien
NOTENSCHREIBBN
t1mrlott«iibiirfr 4. WiwIamlsLr. -50 Fornsptwlier: SteinpljiLz 951"»
140
mmm*m
Mahlers Ekffafe ein Vermachfnis
Von Edgar Bvk.
Guffav Mahler war Ekffafiker. Nicht Ekffafiker des Glaubens allein, des Gefiihls
feiner Seele, fondern Ekffafiker der Welf, des Univerfums in Goffes AUumfangen ein-
gefdiloffen. Ekffafiker der Tofalifaf. Mahler um?a£f die Welt driickf fie an fich und,
driickf lie mufikalifch aus. Nidif fein Idi allein iff ihm Erlebnis und Problem, fondern
fein Ich — und — die — Welf. So ift er Nafuraliff, Impreffionijf und Expreflioniff in
einem, wie jeder ganz Groj5e, wie die Riefengenies Goethe, Shakespeare, Michelangelo.
Darum iff er wahr, lebendig, okonomifch geffalfend und fief. Daher erweckf feine Mufik
off den Schein der Programmmufik^ daher kann feine. Inffrumenfierungskunff mif der
Richard Sfraug' verwedifelf warden, und feine rein-mufikrlifch differenzierfe Problematic
fchafff Ahnlichkeifen mif Schonberg. Was ihn von den Programmmufikern und Sfrauj5
frennf, iff die glaubig fuchende Seele, Was ihn von Schonberg frennt die glaubig liebende
Seele. Schonberg's Reich iff nichf von diefer Welt die er haf3f (Behaarung des Kopfes
iff feiner Meinung nach Afavismus, die Nahrungsaufnahme durch Effen wird abkommen,
man wird fich durch nahrffoffhalfige Bader ernahren.) Schonberg horf nidifs von diefer
Welf, er horf nur die Klange feiner Seele. Darum ha]5f er alien Nafuralismus, wird
nafurfern, feine Mufik enffpringf einer Seelekonzentrierfheif, er iff in feine Seele verliebf
(wie alle heufigen Expreffioniffen), die er refflos ausdnickf in Ton, Farbe, Wort Mahler
liebfe die Welf wie Goff fie geliebf hat um derefwillen er ja feinen eingeborenen Sohn
hingab. So hat er alle Hande voll zu fun, um diefe Welf und den Abglanz jener in
Tone einzufangen. Darum haben Schonberg's Melodik und Harmonik eine rein
franszendenfe Koharenz, Mahler's Melodik und Harmonik mufikalifche Koharenz und
Konfinuifaf. Schonberg fchlie|5f Fenffer und Augen beim Komponieren. Mahler ffehf
mif weif offenen Augen in Friihlings- oder Sommerlandfchaft Schonberg iff Reue,
Bu£e, Afkefe, Seelen- und Goffverfunkenheit, geloff vom Irdifchen. Mahler iff in
Goffes Werk verfunken, der Auserwahlfe des Himmels, der Heilige, der fiebenmal
am Tage fallf und Goffes doch gewi£ ift Schonberg iff die Welf zuriichweifend, fich felbff
verbrennend, ohne Gnade, Sfrindberg, der heilige Anfonius. Mahler iff die Welf um-
fangend, iiberfliefSend, ekffafifch liebend, Doffojewski, Franz von Affifi. So iff audi feine
.BanalifaT zu verffehen. Spargel find fo darffellenswerf wie Rofen und bleiben auch
dargeffellf nur Spargel; Gemeinheit Senfimenfalifaf find auf der Welt alfo audi in
Mahler's Werk. Derarfiges als Dirigenf zu verwifchen, hei£f Mahler's Infenfionen im
fiefffen zuwider handeln. Denrt iff Mahler irgendwo banal, ordinar, fenfimenfat dann
wollfe er es, muj5fe er es unumganglich und zwar fo fehr, als es da ffehf. ^ Da darf
audi deswegen nichfs refufchiert weggeleugnef werden, weil er felbff nie iiberfreibt
fondern der okonomifchffe aller Mufiker iff. Alles la|5f er fich vom groj3en Schopfer-
willen erff abringen. Schriff um Schriff, off zogernd, aber vor nichfs zuriickfchreckend.
w Die Sache wills" — mif diefem Leiffafj gehf er dran und vor, bis der Wille der w Sache"
erfiillf, reffloslerfiillf iff. Er deufef memals blo0 eine Sache, ein Erlebnis an; es find
keine Regungen des Gefiihls, die er hinwirff; ein Erlebnis, ein Stuck Nafur wird als
Erlebnis, als Impreffion empfangen, inbrtmffig, die Seele wird erf chuff erf davon, bis fie
in Ekffafe nichf anders kann und reden mu£: beginnf zu ffammeln, fagf es noch einmal
deuflicher, noch einmal klarer, noch einmal ausfiihrlkher, immerforf es wiederholend,
aber immer ffromender, immer fiefer greifend, immer hoher langend, bis alles refflos
ausgefagf, ausgefungen ift (Daher die grojSen Durchfuhrungsfafse). Lieder werden zu
Sinfonien, Texfe zuende gedichfef, wo dies nichf mogKch, zumindeff zuende komponiert
bis fich dann audi der Text vorfindef. (Die Hymne im erffen Teil der VIII.) Alles wird
. bis zur Ekffafe erhoben und ausgefchopff.
141
Erlebnis, Erfchufferung liegf immer im erffen Sa£»; der Hohepunkf jeder feiner
Sinfonien im Durchfiihrungsfeil der erffen Sa&e, alles folgende ift Erklarung, Verklarung,
Ausdeufung, Ausklang. (Bei Bruckner liegen die Hohepunkfe, die Ballung faff durch-
weg in den vierfen Sa^en.)
Refflos will er die Vifion geben. Aber audi nichf mehr, als er wirklich mif feinen
Chren (fit venia verbo) gefchauf hat Darum diefe Okonomie in der Themafik. Ebenfo
iff es mif der Inffrumenfion. Er fdireckf vor nidifs zuruck, er erfindef, wo es fein muj3
(Hammer), und er nimmf die banalffen Inffrumenfe (Mandoline, Guifarre), um refflos
auszudrucken, was er zu fagen; haf; er befchrankf fich aber foforf, wo es moglich iff,
er haf nie w Fullffimmen*. Wie klein iff das Orcheffer der IV. Nie gefdiiehf efwas „des
fchonen Klanges", der beraufchenden inffrumenfalen Farbe, des Wi&es, des Effekfes
wegen, wie bei Sfrauj3. Mahler will nie Wirkung, er iff nie Impreffioniff des Aus-
druckmiffels, fondern ffefs nur Expreffioniff eines (das unferfcheidef ihn von Schonberg
und alien fpaferen) Eindrucks auf feme Seele; er iff nichf Expreffioniff einer aus fich
felbff fich regenden, bewegenden Seele, fondern driickf die Welf durch fein Idi aus.
Das Erbe feiner Okonomie und die Ruckfichtslofigkeif lm Ausdruck der Vifion
haben unfere Mufiker von heufe gewahrf, aber das Umfaf fends, Welfumfpannende, ek-
ffafifch Ausfingende, Mufikalifdi-OrgafUfdie fehlf.
Er war der le^fe franziskanifche Ekffafiker der Tonalifaf. Der ekffafifch fich hingab
an das Leben in all feiner Fiille und an Goff, der es umfchloffen half.
142
Mufikalifdie Perfpekfiven
-^
Von Oscar B i e
3. Das Oraforium
Man nennf es Oraforium nach feinter alien Beffimmung als Teil des Goffesdienffes.
Es iff ein hoherer Goffesdienff, als Gebef und Kirche, es \H erne der wundervollffen
Kunffgaffungen, die es gibf. Auf einen Texf wird Mufik gefe£f fur Orcheffer, Chor und
Soli in beliebiger Mifchung. Kein Raum, keine raumlichen Bedingungen befchranken
die Kunff. Das Werk erfonf ohne Kuliffe, ohne Szene, ohne. Regie, ohne Bewegung,
ohne Kofftim, in der Unendlidikeif, in der Abfolufheif. Es erfonf nur in Zeif und Ton.
Es kennf nichf die Komplikafionen der Oper, die alle zwifchen Zeif und Raum ver-
laufen. Das Worf ffehf guf zu ihm. Wir lefen das Worf Wahrend der Auffiihrung und
iiber der Eekfiire fpielf unfere Phanfafie fo weif und fo fief fie will, fie bauf fidi ihre
eigenen Dekorafionen und Maj5e der Darffellung, ihre eigenen Rhyfhmen der Bewegung
und Bilder der Leidenfchaff, ihre eigenen Wunder der Ausffaffung, urn fo unbefdtrankfer,
je myffifdier der Abgrund zwifchen der abfolufen Mufik und der Not der Sinnlichkeif
fich dehnf. Wenn wir das Worf lefen, fcheinf es fiir uns auf deni Grunde einer fichf-
baren Welf zu fchwimmen, nidif allzu beffimmf, nidif aUzu verpflichfend, aber doch fo,
da)5 es den Klang aus irgend einem Zufammenhang mif Leben und Erfahrung feffigf
und mofivierf. Und wenn wir gar das Worf nidif lefen, wenn wir es kennen, in Meffe
und Requiem, wenn lafeinifdie Laufe aus irgend einer Urwelf der Sprache an unfer
Ohr fchlagen, fo iff das Opfer des Worfes nidif fchmerzlich, wie in der Oper, fondern
wir geben es gern hin fiir das hohere Ideal diefer Mufik und laffen es durch Keffen
von Tonen auseinandergehen, in den Kauch des Gefanges und der Inffrumenfe zer-
flaffern, fich hunderfmal zerreifien und wiederholen — es iff keine Siinde darum. Das
Worf iff: vergeijfigf in der linden und feinen Luff der Mufik.
Wir wiffen kaum noch, wie es im Goffesdienff begann. .Wir kennen die Sfeigerungen,
die zu dem Gipfel Bath fuhrfen. Wir horen Sfiicke von Heinrich Schiifs aus der Zeif
des dreij5igjahrigen Krieges, die zum erffenmal ifalienifdie Luff zu deuffdiem Gefiihl
fiihrten. Gabrielis Ordieffer wachf auf, die Doppelchore der Markuskirche dramafifieren
fich, das Rezifafiv der Monfeverdifchen Oper befreif die evangelifche Erzahlung von
der Gregorianijchen Sfarrheif zu einer modernen Epik. Myffifdier Glanz umfdiimmerf
die facrale Enge der riarmonien. Nafuraliffifdier Volksfon leuchfef ladiend aus ge-
lehrfen Sa&en. Das Wunder miffelalferlicher Zwiefpalfigkeif liegf als Problem fn diefen
Arbeifen, deren geiffige Biihne in einem Marchenland ffehf, nodi lange vor allem
Geffalfungszwang unferer Zeifen. Das Szepfer ruhf in^ der Hand Bachs. Er iff der
Konig des groJ3en Reiches abfolufer Mufik, das den Goffesdienff nur auf Moral
empfindef, die Oper nur als Proffifufion. H-Moll-Meffe und Maffhauspaffion bleiben
die Monumenfe einer Kunff, die Goff und den Menfchen, der Nafur und der Leiden-
fchaff fo viel geben, da£ eine Republik des Herzens gegrundef iff. Abgefehen Von der
rein mufikalifthen Erfindung und von der Geffalfungskraff, diS immer das le^fe Worf
haben, auf der andern Seife abgefehen von dem Alfer, das nur wenige Arien benagf
haf, Wir bewundern in diefen Werken, wir alle jeden Sfandes und jeder Richfung, ein
Nafurphanomen der Kunff, in fich beneidenswerf, rein, gefchloffen, vollendef. Wandlungen
143
jpw
ft
If
kamen; die Reinheif differenzierfe fich. Handel operte in den Orafcrien, wie er in den
Opern oraforifch war Zwifchenffufen, die immer verdammf find zu verfchwinden. Die
Gattung iiberwuchs die Kirdie. Sie reffefe fich in das Konzerf. Sie paj3fe fich den
groj5en demokrafifchen Salen an. Das Konzerf war nur die Form dafiir. Einen Mangel
muj3fe man libernehmen. Aus der Unfichfbarkeif der Kirdie wurde die Sidifbarkeif
des Konzerfs. Wurde Reprafenfation und Gefellfchaffsanzug. Man empfand es als
Fefflichkeif und es hat der Gaffung nidif gefchadet
Groj5 und rein iff die Idealifat von Figur und Chor in diefen Werken. Von
Menfchen gefungen, in Track und Abendfoileffe, in diefer niichternen Aufffellung einer
Singakitdemie, in diefem abonnierfen vis-a-vis von Podium und Zuhorerfchaff, fliegen
die Geffalfen des Oraforiums fiber alle irdifche Wirklidikeif hinweg in einen idealen
Himmel, wo Ue ihrer Leiblichkeif enflaffef find und nur nodi Trager ihrer Ideen, ihrer
Spradie, Uver Leiden werden. Die Kreuzigung verklarf fich in erne Ewigkei£ und Un-
wirklidjikeit, wie fie kein {femalfes Bild, kein gedichtefes Worf uns geben konnte. Wir
glauben auf einen unendlich weifen Horizonf zu blicken, an dem das Leid der
Menfchheif fich erloff und dennodi aus den Leiden nichf herausgefrefen iff, Leid und
Erlofung fo zugleich, wie es nur die abfolufe Mufik: geben kann, die das Leid im
Worfe durch'die Erlofung des Tones umfajSf und wieder aufhebt Ich fage abfolufe
Mufik, obwohl man darunfer gewohnlich die worflofe verffehf. Aber haben wir eine
Bezeidmung fiir diefes voile Eingehen des Worfes in reine Mufik, wie fie unfere
Gattung zeigf? Wir horen Liebesfzenen, zu ■ denen die Liebenden wenige Worfe
ffammeln, um fie unendlich zu wiederholen in einer Fulle von Mufik, die fie ganz in
fich verfchlingf. Von Handlung, von Oper find fie befreif und erhpheh fich fur uns in
die Idee der Liebe, die kaum nodi auf den Fii$5en der Worfe ffehf. AGes Infriganfenfum
der groJSen Oraforien, die Widerfacher, die Verleumder, die Aufffandifchen, wird aus
der Triviality der Oper zu einer reinen rhyfhmifchen und mufikalifdien Dynamik ge-
ffeigerf, die mif Nafurkraffen, nidif mehr mit verffellfen Mienen zu arbeifen fcheini.
Alles Landfchaftliche, nidif mehr von dummen Dekorafionen fuggerierf, blunt in einer
unendlichen Mannigfalfigkeif auf, in einei.' fpirifuellen Afmofphare. Es zeigf fich — von
Haydn — bis in die Beefhovenfche Meffe, die nur von einem tiefen Nafurempfinden
durchpulff iff. Es reizf fonderlich moderne malende Komponiffen. Klofe verfonfe den
Momberffchen w Sonnengeiff", ein Oraforium der Nafur, das Schopfungsakfe in Inffrumenf
und Sfimme offenbar werden la£f. Es iff vielfach fdmlmeifferlich und bindef fich nach
leifmotivifchen Regeln, aber als Sehnfuchf der Gattung muj5 man es nennen. Mif dem
Sfoff, mif dem Vorgang zwifchen Menfch und Nafur gefchiehf iiberall: die Mythologifierung.
Das Oraforium hebf die Erde in den Himmel der Sage. Es fuhrf die Wirklichkeif auf
einen Urgrund zuriick. Darum fei es gelobf.
Unbegrenzte -mufikalifche Moglichkeifen. Wir horen irgend welche Stimmen, bald
erzahlend, bald dramafifch, bald lyrifch, bald JoUffifch, bald in einem Chor, der vorwarfs
fiihrf, oder der betrachfend ftillffehf, wie der Chor der Griechen. Nichfs bindef uns,
die Folge und Abw.echflung diefer mufikalifdien Formen nach irgend einem Schema zu
ordnen. Nichf die Szene, wie in der Oper, bedingf den Forfgang und den Konfraff,
nichf aus der Kafaffrophe menfchlicher Erlebniffe mu£ fich die Mufik zwingen ihre
Ausdruchsmoglichkeifen zu -enfwickeln. Sie darf allein ihren eigenen Gefe&en folgen,
fie darf endlich alle ihre Kombinafionen bis zum le^fen geniej3en, weil lie keine
Realifaf zu furchfen hat und nichf durch die Logih einer Biihne widerlegf werden kann.
Die Oper hat die Naivifaif verloren, mif der fie einff Handlung und Sfillffand, Sfimmen-
gaffungen und Chore fo disponierfe, daj5 innerhalb ihres Geruffes fiir jede Darffellung
. einer fchonen Form, des Rezifafives, der Arie, des Enfembles, der gehorige Plat vor-
bereifef war. Sie muj3fe dem Zug der Zeif folgen, der fie dazu frieb, die Wahrfchein-
144
lichkeif iiber die Form zu ffellen,- die Moglichkeif iiber die Schonheif, die WahrheH des
Testes iiber die Wahrheif der Mufik. Sie mu$te Illufionen nachjagen, urn die Gunjf
der Logik buhlen, die mangelnden Reize der Biihne durdi das Orcheffer verfchminken,
und fie magerfe bei diefer Kur zufehends ab. Das Oraforium war vor diefer Gefahr
gefchiitjf. Es konnfe oder konnfe die Reinheif der Mufik bewahren und ihrer ficher
fein, ficher und gewifr wenn es nodi fo weif auf den Ozean unbegrenzfer Moglichkeifen
*fich hinauswagf. Ein Enfemble idealer Stimmen erhebf fich, Liebende, Sfreifende
Himmelffurmende, Erdgefaffigfe, gleichviel was lie erfchufferfT es iff wundervoll, wie ich
fie in Mufik zufammenjfu.hr en kann, ideale Enfembles menfchlicher Seelen, die aus .
irgend Welches Gegenden fidi in diefem phanfaftifchen Reiche finden, ihre Gefange mif-
einander zu verbinden. Engelsfchon Jmd die idealen Enfembles in Oraforien. Sie
find unfer den \Vundern der Kunff die unerfets lichen. Wunder des mufikalifchen Baues,
wenn Reales und Ideales in der Einheif diefer Gliederung fich umarmf. Nichfs fallf
ab, nichfs fallf auseinander. Keine Rivalifaf iff zwifdien Orcheffer und Gefang, zwifdien
Solo und Maffe in den Inffrumenfen und in den Sfimmen. Es iff kein UJberfonen der
Kraff, kein ,Weffbewerb der Virfuofifaf. In Verdis Requiem liegf leichf die Oper von
Aidas Gnaden auf fuj3em Kiffen. Der Duff feiner Buhnenmelodik ffeigf wichfig aus dem
Dunkel lafeinifcher Worfe. Sforf es? Die Virfuofifaf hat fidi gofflich gereinigf. Stretkf
die Arme aus nach alien Winden, nehmf von der Oper, was Euch im Blufe liegf. Nehmf
von den Fugen und alien abfolufen Kunffformen der Mufik, was den Geiff Eudi lefjf.
Alles, alles ffromef herbei. Alles iff lieblidt und iff gro£. Vor den Badifdien Oraforien
habe ich das Gefuhl, da|5 fie die wahre deuffche Dramafik find. Niemals haf midt eine
Oper dramafifch fo erfdiiifferf, wie die Vifion diefer Mufik. Idi frage eine Koffbarkeif
davon, leuthfend und feff. Eine Auswendung der Innerlichkeit klar und rein. So alf
es iff, idi fehe die Zukunff darin. Idi fehe Verwandff chaff zu unferen Ideen. Man
nennf es Expreffion, Innerlidikeifen nach au]3en zu wenden, da£ fie abfolufe Ideen
werden, Geiffigkeifen, vom Sinnlichen gefragen, Symbole, von der Mufik zu den
Miiffern zurtickgedeufef. Was find alle Figuren und Sfiljfierungen des modernen
Dramas gegen die Urkraff diefer Mufikform? Was iff die IUufionslofigkeif heufiger
Buhnenverfuche gegen die Idealifaf diefer raumlofen Himmlifchkeif? Nehmf diefe
Gaffung in Eure reinen Hande. Hiifef ihre Koffbarkeif aus dem Willen unfrer Kunff.
Fuhrf fie aus Alter -und Epigonenfum zu einer Monumenfalifaf, die der unwiderlegliche
Ausdruck unferer Sehnfuchf fein wird. Sie foil die Krone unferes Lebens werden.
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Zentralstelle fur in- und auslandische Musik
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m
Das Mahler -Feff in Amfferdam
Von Dr. Hugo Leidif entritt
In der Zeit vom 6. - 21. Mai findet in Amsterdam
eine Veranstaltung statt, die weit iiber den Rahmen
eines jrtlichen Ereignisses liinaus bedeutsam ist. Das
gesamte Schaffen Gustav Mahler's soil in neuen
groBen Konzerten an den glucklichcn Horern vor-
beiziehen. Glucklich dan man mit Fug diejenigen
preisen, die als GHste diesem Fest beiwohnen dQrfen»
denn es werden nicht nur kunstlerische Geniisse in
Fiille dargeboten, sie werden auch Teilnehmer und
Zeugen einer kulturellen Tat von- hoher Bedeutung
sein. Zum ersten Male seit sechs jahren darf wieder
der Versuch'gewagt werden, an! gastlich neutralen
Boden Vertreter der Musik aller LSnder zusammen-
■ zufQhren. Nach sechs jahren grausamster und wildester
ZerstiJrung der materiellen, seelischen, kulturellen
Wertebesinnt man sich, da& Aufbau allenthalben niitig
ist, und withlt mit seinem Takt die vcilkervereinende
alien Nationen mehr oder weniger gemeijisame Kunst
der Musik. Ihr Friedensbanner soil hier wehen, stolz
und weithin sichtbar unci den Volkern verkQnuen, daB
man nunmehr dem Wege gegenseitiger Verstandigung
zuzustreben geneigt ist.
Willcm Mengelberg, einer der vorzOglichsten
Dirigenten der Gegenwart, setzt mit diesem Mahler-
Fest seinem" ftinfundzwanzigjahrigen Wirken als Letter
des berlihuiten Amsterdamer „Concertgebouw" ein ra-
gendes Denkmal. Er huldigt damit gleichermafien der
Persbnlichkeit Gujtav Mahler's, dem Genius der mo-
dernen Musik und auch der deutschen Kunst, die in
Mahler einen ihrer fuhrenden Geister verehrt. Gerade
Mengelberg, ein vertrauter Fachgenosse und begeisterter
Jiinger Mahler's ist wie wenige dazu berufen, fur
Mahler's Werk mit einer unbestreitbaren Autoritat
einzutreten. Er wird dabei untersttitzt durch ein glan-
zendes Orchester erlesener KGnstler, dessen Ruhm alle
diejenigen ubereinstimmend verkundten, die kundigen
Ohrs seinen Konzerten haben lausclien durten. So
darf man sich ktinstlerische Darbietungen allerersten
Ranges versprechen, zumal auch der vortreffliche groBe
„Toonkunst" Chor zur Verfiigung steht und ein Aufgebot
allerersten Solisten, auf das man von Deutschland aus
nicht ganz ohne leise Neigung von Neid blicken kann.
Die Cahier, die Durigo, FOrstel, Hoffmann-
Onegin, Noordewier, Reide!, die Herren Denijs,
Duhan, Urlus: wie schwelgt der erfahrene Konzert-
besucher schon im voraus beim bloBen Nennen dieser
im wahren Sinne des Wortes Jdangvollen Namen !
Erfahrt man dann noch von der peinlicli gewissenhaften
Vorbereitung in Dutzenden von Orchester- und Chor-
proben, so sagt man sich, daR unter den verworrenen,
ungliickseligen Verhaltnissen der Gegenwart in keinem
Lande der Welt ein so grofiziigiges Fest mit solch
tj-m
iiiHtfjiiiiiiHMtaiAttyi^i
auBerem Glanz hatte gefeiert werden kcinnen auBer
gerade in Holland. Auf diesem gesegneten Boden er-
freut man sich nicht nur einer rnateriellen Wohlfahrt.
Ein Hort unantastbarer Neutralitat, kunstlerischen Din-
gen, zumal der Musik mit leidenschaftlicher Anteilnahme
hingegeben, auf eine ruhmvolle, Jahrliunderte alte
musikalische Tradition gestutzt, eine Heimstatte edler
^Kultur unternimmt nunmehr Holland in aller Form mit
Beihilfe der staatlichen Autoriiaten ein ruhmenswertes
Kulturwerk. Berufene Vertreter der verschiedensten
Nationen werden sich in Amsterdam treffen, und man
darf sich von dieser Zusammenknnft wenigstens in
musikalischen Dingen eine Ankniipfung gelockerter
oder sogar ganzlich zerrissener Bande versprechen, die
nach alien Seiten hin ihre giinstigen Folgen haben
diirfte.
Wir werden in Amsterdam in ein Milieu kommen,
das gerade der Mahler'schen Kunst ein besonders
giinstiger Niilirboden ist. Seit Jahren schon kann Am-
sterdam als die bedeutendste Mahler-Stadt gelten, dank
Mengelberg's begeistertem und nimmermflden Ein-
treien fur diesen Meister, dank auch dem kunst-
verstandigen holiandischen Publikum, das den Mahler'-
schen Sinfonien eine so warmherzige Aufnahme be-
reitet hat, wie sJe in gleichem Grade nicht einma!
Wien, auch nicht Berlin oderMiinchen, die deutsch'_ii
Mahlerstadte, haben aufbringen konneru Der lange
Krieg und der Niedergang des Wohlstandes im neuen
Deutschland, unsere in jeder Hinsicht zerrutteten Ver-
haltnisse machen es erkiarlich, daB uns das kleinere
Holland auch in jenen musikalischen Angel egenhei ten
den Rang abiauft, fur die ehemais Deutschland einen
unerreichbaren Vorsprung hatte. Wir mtissen uns mit
dieser Lage der Dinge abfinden- Schieben wir alle
Regungen nationaler Empfindlichkeit als unzeitgemaB
bei Seite, so diirfen wir, ais Kiinstler, als Mitglieder
der groBen internationalen KUnstlerschaft, fOr die als
solche politische Einengungen und Landergrenzen von
mindererBedeutung sind der Einladung des gastlichen
Nachbarlandes mit freudiger Anteilnahme folgen. Ober
die kiinstlerischen Perspektiven, die sich aus der hier-
zulande noch nicht erlebten Zusammenfassung des .
gesamten Mahler'schen Lebenswerkes ergeben, wird
noch ausgibig zu |reden sein, wenn das Fest vorilber
ist. Nicht nur alle neun Symphonien, auch „Das Lied
von der Erde", die „KindertotenIieder", das fruhe
Chorwerk „Das klagende Lied", die „Lieder eines
fahrenden Gesellen" und die Lieder aus „des Knaben
Wunderhorn" werden dem internationalen HSrerkreis
verheiBen. Mahler's ktinstlerische Bedeutsamkeit wird
hier auf eine Probe gestellt, wie nie zuvor, und man
darf auf die Eindrucke gespannt sein. Sie werden auf
alle FaNe wertvoM sein und neue Einsichten in das
Wesen der Mahler'schen Kunst vermitteln.
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147
Willem Mengelberg
Von Frit F r i d. W i n d i f ch.
I'M'
*§ ;:
»!•■"■
■Als der vierundzwanzig-
jahrige W i 11 e m M e n g e 1 -"
berg, Sohn einer deut-
schen Famiiie in Utrecht,
im Jahre 1895 als Nach-
Eolger von Wiltem Kes
berufen wurde, dem
Begrtinderdirigenten des
Concertgebouworchesters,
da wuBte man in Amster-
dam noch nicht allzuviel
von klassischer und ro-
mantischer Musik. Durch
Mengelbergs eiserne Tat-
kraft, die schon damals
in ihm den auBergewdhn-
lichen Willensmenschen
erkennenlieB.entwickelten
sich das Orchester und
der 1898 Ubernommene
Chorverein w Toonkunst K
in wenigen Jahren zu so
holier Bliite u.VolIendung,
daBAmsterdameineMusik-
stadt von weltgeschicht-
iicher Bcdeutung wurde,
dasZentrum der modernen
Musikpflege. Es gibt kaum
einen bedeutenden Kom-
ponisten der Gegenwsrt,
den nicht kttnstlerische
oder personliche Be-
ztehungen mit Mengelberg
und dem Concertgebouw-Orchester verbanden.
Einer der aitesten Freunde ist Edvard Grieg,
der Mengelberg samt seinem Orchester zu einer
Konzertreise nach Skandinavien veranlaBte. Und noch
vor ihm Iebte Richard StrauB in den Herzen der
Amsterdarner; die Auffuhrungen in Holland sind bahn-
brechend far seine Musik geworden; Richard
StrauB stattete 1899 mit dem „Heldenleben" seinen
Dank dafur ab. Reger, Schillings, Elgar, Diepen-
brock, Glazouoff, Rachmaninoff, Scriabine, Debussy,
Saint-Saens und viele andere fanden in den
vielseitigen.abwechslungs-
reichen Amsterdarner Kon-
zerten ihre erste Beachtung
■und unermttdriche Pflege.
Vorwartsdrang mit den Er-
eignissen derZeit, gepaart
mit einer umfassendcn
Hingabe an dieAusfuhrung,
wurde der Wesenszug
aller Coricertgebouw-Ver-
anstaltungen und ist viet-
leicht der starkste Grund-
stein ftir ihre Wettbe-
deutung geworden.
Am unloslichsten mid,
unzertrennlichsten ist aber
das Lebenswerk Gustav
Mahlers mit Mengelberg
und seiner auserlesenen
Kunstlerschar verbunden.
Die .apostolische Ver-
kiindung seiner sympho-
ntschen Sch&pfungen zu
einer Zeit bitterster. Ver-
kennung und schroffster
Ablehnung sichert diese
KunststStte mit ihrem
einzigartigen Fuhrer an der
Spitze einen bleibenden
Platz in d.Musikgeschichte.
Wahrend man in anderen
LandernvonderBedeutung
Mahlers noch nichts
ahnte, wurde er in Holland als GroBmeister und
Genius der Musik gefeiert Amsterdam ist Gustav
Mahlers Bayreuth geworden. Er selbst hat Mengel-
berg als seinen erfassendsten Interpreten bezeichnet.
1908 iibernahm Mengelberg die Leitnng der
Museumskonzerte zu Frankfurt a. M- und 1913 wurde
er stSndiger Dirigent des I hilharmonischen Orchesters
(Queen's Hall) in London. Gastreisen ftihrten ihn
nach Moskau, Petersburg, Rom und Neapel. Als
Pianist leistet er Hervorragendes und ist audi als
Komponist nicht unbekannt geblieben.
5l ::1 :
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148
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g drucktc groflerc Werkc, vor al.em Symphonic* syfnphonischc Dichtimgen, KonzerTe, Kammermusikwerk Opern
Chorwerkc m, Orchcster einbeziehen, urn namentlich Dirigcntcn darauf aufmerksam zu ma±en. Die/enten Ton^etzer'
d,c : derartigcWcrkc (jedoch niclit etwa KlaWcrstiicke, Licder, MannerchOre) fertig hah^werdon gebden mlch davon
m Kcnntms zu setzen, docli behaltc id, mir dic Entrfieldung -abcr die Aufhahm? v,r. Diesc .« bei g dnfekten
Wcriccn weder duidi cm Inscrat noch durch Einsendung der beireffenden Musikstiickc od.r BQcher erzwungen warden
Rucksendting etwaigcr Einscndungcn wird grundsatzlich abgelehnt. ^wungen werden.
Die Hinzufligung des Vcrlags wird Bestcilungcn crleidifcm. Zu den angegebenen Preisen kommt immcr
^ rsjrrs seitc:is des vcricgers und -* dcs - s — L — - *£££££
h Inffrumenfalmufik
a) Ordieffer (ohne Soloinffr.)
Anders, Erich: op 31 Lyrische Suite. Jatho-Verl., Berlin.
Part. 10 M.; jede St. 0,50 M.'
Mobus, Richard: Variationen iiber ein eigenes Thema
noch ungedruckt [Urauffuhr. 11. 4 Berlin]
Taubmann, Otto: Symphonie (a) noch ungedruckt
[Urauffuhr. 13. 3. Dresden!
Wolfurt, Kurt v. [Berlin]: op. 12 Gesang des Meeres.
Symphon. Musft noch ungedruckt
b) Kammermufik
Haydn, Jos.: 30 beriihmte Quartette hrsg. v. Andr.
Moser u. Hugo Dechert. Peters 7,50 M.
Kuhn, Siegfried: op. 7 Sonate (h) f. Pfte u. Bratsche
(od. Vc.) eingerichtet v. Paul Schramm. Jatho,
Berlin 5 M.
Lanrischkus, Max: op. 30 Drei Stucke f. Klarin. mit
Pfte. Simrock 4,50 M.
Nielsen, Carl: op. 35 Sonate Nr 2 (g) f. V. u . Pfte.
Hansen, Lpz 12' M.
Niemann, Walter: op. 70 Sonate (G) f. V. u Pfte
Kahnt 6 M.
Peters, Rudolf: op. 3 Sonate (c) f. Vc. u. Pfte.
Simrock 7,50 M.
Radnai, Miklos: op. 2 Sonate (B) f. Vc. u. Pfte: Bard,
Budapest 10 M. '
Stieber, Hans: Quintett (A) F. Klarin., 2 V., Br. u. Vc.
Kiemm, Lpz Part: 1,50 M ; St. 5 M. '
c) Einzelne Inffrumenfe
Bartok, Beta: Sonatine (D) I. Pfte. Rozsavolgyi
Budapest 2,50 M. l
Beer-Walbrunn, Anton [MUnchen]: Violinkonzert noch
_ungedru,ckt [Urauffuhrung 18. 2. Miinchen]
Forster, Jos. B.: Album. Klavierstticke u. Gesange mit
bohm. T. Universal-Edit. 8 M.
Henselt, Adolf: op. 16 Konzert (f) f. Pfte m. unrer-
gelegtem 2. .Pfte (Ad. Ruthardt). Peters Part. 2 M.
Moser, Franz: op. 12 Aus meinem Leben. 12 Klavier-
stticke. Universal-Edit. 6 M.
Novak, Vitezslav: op. 40 Toman u. die Waldfee.
Symphon. Dichtung f. Klav. zu 4 Hiinden bearb. v*
Roman Vesely Universal-Edit. 5 M. «
Reger, Max: op. 132 Variationen und Fuge iiber ein
Thema von Mozart (f. Orch.)- Fitr Pfte eingerichtet
v. Karl Salomon. Simrock 5 M.
IL Gefangsmufik
a) Opern
Koennecke, Fritz: Magdalena. Klav.-A. Bibliothek f.
Dramatik u. Musik, Berlin 30 M.
Schoeck, Othmar: Erwin und Elmire. Singspiel von
Goethe. Klav.-A. Breitkopf & Hartel 10 M.
Weber, C M. v.: Oberon, Konig der Elfen. Neue
BQhneneinr. v. Gust. Mahler. Klav.-A. [Universal-
Edition 10 M.
b) Sonffige Gefangsmujik
FSrster, Jos. B.: Gesange - s. Forster; Klavier-
stucke und Gesange (oben I, c)
HeuB, Alfred Valentin: Lieder u. Gesange f. 1 Singst
m. Pfte, op. 9 Der junge Goethe; op. 11 Drei Lieder
von der Liebe. Breitkopf & Hartel je 4 M.
Jelmoli, Hans: (12) Italienische Volkslieder in freier
Bearbeit. f. Soli, Chor u. Pfte. Hug.
Mattiesen, Emil: Lieder u. Gesange f. 1 Singst m
Pfte. Peters: op. 5 u. 6 Kilnstlerandachten; op. 7
Vier heitere Lieder; op. 8 Sieben Gedichte von
Rtcarda Huch. (2 Hefte) jedes Heft 2 M.
Mautner, Konrad:' Alte Lieder u. Weisen aus d. steyer-
markischen Salzkammergute. Stakeiiu & Lauerstein
Wien 16,80 M.
Moser, Franz: Fiinf Lieder f. 1 Singst. m. Pfte (op. 15
. u- 29). Univers.-Edit. 3 M.
Perlebtrg, Arthur: op. 22 Drei Gedichte v. C. Flaischlen,
op. 23 Zwolf Gesange nach Dichtungen von Rabin-
dranath Tagore. Simrock 3 M., bzw. 20,50 M.
Reger, Max: Liederalbum Bd 3 (miitel) u. 4 (hoch).
Ausvvaiil v. Fianz v. HoeBlin. Univers.-Ed. je 4 M.
Schillings, Max: op. 33 Die ?er!c. Zv/iegesang f . Sopran
und Tenor m. gr. Orch. Jatho, Berlin Part. 5 M.-
Klav.-A. 3 M, '
149
II
f : 'f : '
Schillings, Max: op. 34 Vier Zwiegesitnge a. d. West^
Ostlichen Divan von Goethe f. Sopran u: Tenor mit
Pfte. Jatho 5 M.; einzeln je 2 M.
Wolfurt; Kurt v. [Berlin]: op. 9 Hymnus des Moses
tilt Doppelchor, Tenor-Solo, Orch. u. Org. nocli
ungedruckt
Woyrsch, Felix: op. 61 Da Jesus auf Erden ging. Ein
Mysteriuro nach Worten der heil. Schriff. Klavier-
Ausgabe. Simrock 8 M.
III. Budier
und Zeiffdiriffen-Auffa$e-
(alohabetisdi sowoh! nach Stichworten wie nach den
Verfassern geordnet. (Bci Zeitschriften-Aufsatzen ist
immer mit Nr die des laufenden Jahrgangs gemcmt).
Atonale Musik. Von Josef Hauer - in: Musikal.
Kurier Nr 15
Aufbau # ouer ZerstGrung? Von Adolf Diesterweg —
in Alfgem. Musik-Ztg Nr 15
Bach, D. J- — s. Beschreibung der Musik
Bader, Georg — s. Welt der Tone
Baresel, Alfred — s. TeichmQller
Bartok, Bela. Von Egon Wellesz - in: MusikblStter
des Anbruch Nr 6
( — : — s. Rumanien
Beck, Joachim — s. Bohnen
Beschreibung, Die, der Musik. Von D. J. Bach — in:
Der Marker Heft 7
BlStter des Operntheaters — s. Wien
Bohnen, rMichael. Von Joachim Beck — in: Musik-
blatteir des Anbruch Nr 6
Chor — s. Stimmbildung
Coester, F. v. — s. Reger
Dauriac, Lionel — s. Inspiration
Dickhofi,, E. - s. Welt der Tone
Diesterweg, Adolf - s. Aufbau oder Zerstorung?
EinfBhrung in die Musikgeschichte. Von Karl Nef.
Kober, Basel 12,50 M.
England**, Rich. - s. Fischietii
Eoselgnement du Piano, Causerie sur 1'. Par J.
Philipp -- in: Feuillets de p£dagogie musica!eNr7
FaBbaender, Peter -[-. Von CVogler - in: Schweizer
mnsikpadagog. Blatter Nr 6
Finnisdr-ugrisciie Musik — s. Turk-tatarisch
Fischietti, Domenico, als Buffokomponist in Dresden.
Von Rich. Engender - in: Zeitschr. f. Musik-
wissenschaft H- 6
Formen, musikalische — s. Turk-tatarisch
Foturlsmus. Noch einmal: musikalischer Futurismus.
Von Hans Mersmann — in: Allgem. Musik-
Zeitung Nr 14
Goetz, Hermann. Eine Biographie von G. R. Kruse.
Reclam, Lpz 1 M.
Qriechisch. Etwas von der Stellung der Musik bei
den griechischen Philosophen. Von Dr. v. Trotta-
Treyden — in: Neue Musikztg Heft 13
Griepeokerl's, Wolfg. Rob., Schriften fiber Musik. Von
Th. W.Werner — in: Zeitschr. f. Musikwiss. H. 6
Harmonleiehfe. Praktischer Lehrgang der Harmonie-
lehre. Von Alex. Wolf. i.Teil. Klemm, Dresden 6M.
Hauer, Josef — s. Atonal
ttunyad — s. Rumanien
Inspiration musicale, Note sur 1'. von Lionel Dauriac —
in: Feuillets de pedagogie musicale 6
Jode, Fritz — s. Musik u. Erziehung
Kadeaz. Der Aufbau der Kadenz und anderes. Ein
Beitrag zur Harmonielehre. Von Friedr. E. Koch.
Kahnt, Lpz 2,50 M.
Kaafmann, M. — s. Luditzer Kanzionale
Kaukasusvo!ker ; Musik der — -s. Turk-Tatarisch
Kekule v. Stradonitz, Stephan — s. Wagner (Tann-
hatrser in Paris)
KeuBler, Gerhard v. Sein symphonisches Schaffen-
Von Paul Nettl — in: Musikblatter d. Anbruch Nr 6
• KJaren, Georg — s. Opernbuch
Konzertierende Kiinstler. Zur wirtschaftlichen Lage ders.
Von Heinr. Lewy - in: Allgem. Musik-Ztg Nr 16
Kruse, Georg Rich. — s. Goetz
Kuhrc, Oswald — s. Schreker
Kunst — s- Volksstaat
Knnst der Tonbiidung — s. Tonbildung
Lach, Robert — s. Turk-tatarisch
Lewalter, Joh- — s. Noten
Lewy, Heinrich — s. Konzertierende Kiinstler
Lobmann, Hugo - s. Stimmbildung des Chors
- Luditzer Kanzionale, Das beruhmte. Von M. Kauf-
man n — in: Zeitschr. f. Mus. 2. Marzheft
Mann, Thomas — 2- Pfitzner
Marsop, Paul — s. Werdende Musiker
Mersmann, Hans — s- Futurismus
Mayer-OIbersIeben, Max (zurn 70. Geburtstag). Von
Stier — in: Neue Musikztg Heft 13
Mozarteum und Festspielhaus in Salzburg. Von Walter
Steinkauler — in: Neue Musikztg Heft 13
Musik — s. Beschreibung
Musik und Erziehung. Ein padagog. Versuch und eine
Rethe Lebensbilder aus der Schule. Von Fritz J o i c,
Zwissler, WotfenbUttel 8.50 M.
Musikbolschewismus. Von Paul Riesenfeld — in:
Sigvv"s J- d. musik. Welt 13
Musikbtoherei, Offentl. — s. Werdende Musiker, Der
Musikdialekt der Rumanen — s. Rumanen
Musiker — s. Werdende Musiker
Masikgeschichte — s. EinfUhrung
Nanien in Noten — s. Noten
Nef, Karl — s. Einfiihrung ip die Musikgeschichte
Nettl, Paul — "s. KeuSIer
In Noten geschriebene Namen. Von joh. Lewalter —
in: Der Chorleiter 6/7
Notenseitt. Wie eine Notenseite entsteht. Von Carl
Reichmann — in: Zeitschr. f. Mus. 2. Marzheft
Opernbuch. Zur Technik des Opembaches. Von
Georg Klaren — in: Musikblatter d,Anbruch Nr6
Paris. Erste Pariscr T-mr^auser-Auifuhrung — s.
Wagner
Pfitzners Palestrina- Von Thomas Mann. S.Fischer,
Berlin 1 M.
Philipp, J. — s- Enseignement du Piano
150
Piano - s. Enseignement
Reger, Max, u. seine Chorwerke. Von F. v. Coester —
in: Der Chorleiter 6/7
Reichmann, Karl — s. Notenseite
Reinecke, Wilh. — s. Tonbildung.
Riesenield, Paul — s. Musikbolschewismus
Rumanen. Der Musikdialekt der R. von Hunyad. Von
Bela Bartok — in: Zeitschrift f. Musikwiss. H. 6
Salzburg, Festspielhaus ~ s. Mozarteum.
Salzkammergut. Alte Lieder u. Weisen aus d. steyer-
mark. Salzkammergut — s. Mautner, Konr. (oben
Vokalmusik)
Schreker, Der Fall. Von Oswald Kubn — in: AIIjj.
Musik-Ztg Nr 15
Schwartz, Rudolf — s- Toniibung
Steiukauler, Walter — s. Mozarteum
Specht, Richard — s. Weingartner
Stier, — s. Meyer-Olbersle^en
Stimmbildung des Chores. Von Dr. Hugo Lobmann
— in: Der Chorieiter 6/7
Stock, Stella — s. Tonbildung
Te ichmuller, Robert. Von Alfred B a r e s e I — in :
Zeitschrift f. Musik 2. Marzheft
Tone — s. Welt der Tune
Tonbildung. Die Kunst der idealen Tonbildung. Leit-
faden f. Sanger, Schauspieler, Redner. Von Wilh-
Reinecke. 4 Aufl. DBrilling & Reinecke Lpz 8 M.
Tonbildung, Plastik der. Von Stella Stock — in: Musik-
blatter des Anbruch Nr 6
Toniibung, die sterbende. Von Rudolf Schwartz -—
in: Allgem. Musik-Ztg Nr 16
Trotia- Trey den, v. — s. Griechisch
Turk-tatarisch. Die Musik der turk-tatarischen, finnisch
ugrischen und Kaukasus-Volker in ihrer Bedeutung
fur die Entstehung der musikalischen Formen. Von
Robert Lach — in: Mitteilungen der anthropolog.
Ges. in Wien Bd 50 (3. Folge Bd 30)
Violon, nouveau — in: Feuillets de pe'dagogie rnu-
sicale Nr 7
Vogler, C. — s. Fassbaender
Volksstau* und Kunst Von Heinrich Werle — in:
Suddeutsche Sangerzeitung Nr 7
Wagner. Zui' Vorgeschichte der ersten Pariser Tann-
hauser-Auffitarung* Von Stephan KekuK v. Stra-
donitz — in Neue Musikztg Heft 13
Weingartner, Felix als Dirigent von Richard Specht
— in: Musikblatter des Anbruch Nr 6
Wellesz, Egon — s. Bartok
Welt, die, der Tone. Einfuhrung in das Musikver-
standnis u. die Musikgeschichte. Von E. Dicfchoff
u. Georg B a d e r. Sch wetschke & Sohn Berlin 22,50 M.
Werdende Musiker, Der, u - die olfeiiti. JVhsikbQcherei.
Von Paul Marsop — in: Der Merker Heft 7
Werle, Heinrich — s. Kunst u. Volksstaat
Werner, Th. W. ~.s. Griepenkerl
Wien. Biatte.r des Operntheaters. 1. Jg. (in 12 Heften)
Knepler 14 M.
Wirtscliaftliche Lage der konzertierenden .Ki'r^ilcr -
s. konzertierendc Kiinstier
Aus dem Inhalf der bisher erfdiienenen Melos-Hefte;
HeffUII
Heft I
HERMANN SCHERCJIEX . . R.-Ioiti
An Uusoni
HEINZ TJESSEX
DKUM.ANX SPiiERCLlKN . .
Prof. OSC^R HIE
Prof. ADoLE WKISSMANN .
BILDNISSE; iMMTiL.xio Uu
PAPL VON KEENAI' . . .
Dr. LKIOITKNTIUTT . .
HERMANN SCHERCliEN
Dor iieiic Slrom
Arnold SchiJnb.-r K
Musikalisebu Porppnk]
OSCAR BIE
H !•: I Oi ANN SC H K RCHEN .
.I.ORHNZ HCU.KR . . . .
[lint, on
Ilim!
Prof. Dr. ALTMAXN
liitcl»crlji!SiiriM.'h«»^
Zn Jlntiw ITitKiii-rs Aslhotik
tli<r miiidlcilisvhmi I nijJuti-iiK
ljort^utoml.. X^iM-rsdi^i tiling
uml Atiinusltrinii'.
BE1LAGEN: FaksimUr> ernes Unj^r-BrioiW
„D;is Problom", Liod von Edimrd Erdmuim
in PiikshmUi .
Heft II
HEINZ TtESSEN Dor nono Strom, 1 1.
Dr. HUGO LEICRTKNTRITT Dio (Jucllon des Xouon in
dor Musik -
JJikisch und das IHrigloron
Nikiscli und das Orcluwtof
Dio DiugiorkiinBt Arthur
ivcu . ,, Nikiscli'e
.l„ ri]l . n Jt-JIfiKN VON DER WKNSK Dio Jugond, dio Dirigtmum
und Nikisch
Kd'janl Krdtnauii H. W. DRABER Dio Nikisck-Prosmrnme und
olio Musik . „... dor musikalischu Portscliritt
ARTHUR NIETSCH .... K-innenuigen aus muinor
Wionor Jugondzoit
Pi-ol". Dr. ADTMANX .... BodtuUondo Noiiom-Uoiminp.
und Manuskripto
PORTRAIT: ARTHUR NIKISCH (Aus d^r Lunisauiftobo
,,lm KonzcrL" v. Oscar Bio mil StoinaeJulinaapon
Heft IV
Dr. MANS MERSMANN . .
FRITZ FRfD. WlNDtSCH
S1EGMUND PltfUNtl . .
Pro! 1 . Dr. AJ.TMANX . . .
HEILAGE: ..(jrabliod' 1 . .Liod voi
Modnniu K Lav in nm is Ik
Vom Musiknr IKiii DialoR
mil, KiLlyps.i^
Musikalisvln) Kulturi'r:i^t«n
Musikphvsiolo^io
Paul Uokknr* ..Xouo Jlusik"
liotloutyndo Xiuiorwelminunj;.
und Jlariuskriplit
m I.loinz Tiosson in P;il
hkinz Tray SEN . . . .
eju'l'z mm, WINDFSCH .
OSCAR DIE
CESAR SAERCIUNGER .
Dr. ALFRED DOULIN . .
IXAYAT K1DVN
Prof. Dr. ALTMANN . . .
Dor none Strom, TIL
Rotor's VorhiUtnis z. Tounlitut
Musikalisclin PurspokUvnn. II.
Ann'rikiiiiisclio Musik
lioimirkiuiBwi oi iii.-s musika-
]is«h»in Lai«u
"kwuislniit. dor Indor
imncDii
(aus Shiikuspitaros„CyinbtfHi»"; iiborseUt v. Lad. Uurgor)
II KINK" TIE S SEN
BH.LA BARTON
Dr. HANS'MERSMAXX . .
JiCDOLF CAEX-Sl'EYEIl .
RF.ILAUE: lUeluird Dolimoi:
Heft V
Ut'dmitiiiidu Nout
tinrl Miinuxkripto
BEILAnK: A If rod Mcunbort: .Bliito dos Cbr.os",
J iirgtm voi
Dor nmu! Strom. IV.
- Das I'ro.bloni d, uonou Mu:uk
. J)io Empl'an^oTidon
. Did Not durRon/.DrturcKoslor
und dio KnUvioklun^ dor
syinplioiiischon Musik
1 liiuilittrljosprnolHinjr
, IJ'.-.'itiuloiido Noviorscki'iniing.
und Mfiimskripto
„Kw«ior Siiolon Liod",
Maufrod GurliH
m
Neue erfolgreiche
Orchesterwerke
Aiidreae, Volkmar. op. 27. Kleine Suite
— op. 30. Notturno.und Scherzo
Bach, Joh. Seb. Drei Praiudien a. d. wohltemperiert.
Klavier fiir Ueines Orchester einger. v. W. Kes.
1. Es-moll (8) 2. B-moIl (22) 3. D-dur (3)
Bischoff, Hermann. II. Sinfonie (D-moll)
Bflttner, Paul. III. Sinfonie (Des-dur) ,
Deltas, Frederick. Brigg Fair.* An English Rhapsody*
— A Dance Rhapsody*
— In a Summer Garden*
— Paris (The song of a great City). EinNachrstuck
— The Song of the High Hills. (Mit Schlufichor)
* Handpartitur je no. M. 4.50
Haas, Joseph, op. 45. Variationen und Rondo uber
ein altdeutsches Volkslied
Hausegger, Stegmund-v. Natursinfonie m. Schlufichor
Handpartitur no. M. 18.—
Knorr, Iwan. Passacaglia und Fuge
Mendelssohn, Arnold, op. 62. Suite fiir Bias- und
Schlagin strum en te
— Suite f. kleines Orchester nach Klavier-
stucken Mozarts
Mraczek, J!>s;.?h Gustav. Orientalische Skizzen ffir
Kammerorch ester
Schumann, Georg. op. fi6. Im Rhigen um ein Meal.
9 Sinfonische Dichtung.
S?kles, Bern hard, op. 25. Die Temperamente. Vier
sinfonische Satze
Strauss, Richard, op. 64. Eine /vpe-isiiafonie
Handpartitur no M. 18.—
Gcbunden no. M. &\. -
Wetzler, Herm. Hans. op. 7. OuvertQre xv Shake-
speares „Wie es each geHHt"
Suite (Fiinf Satze) aus der Mssite zu Sha'fce-
speares „Wie es eucir gefaiif 1 ".
Die Partituren obiger Werke, die bareir; von vielen
der ersten Konzertinstitute mit grSStetn ErfaJg auf-
geffihrt worden sind, bitte 2ur Ansjcln zu veriangen.
In Vorbereiiung befincl-en sich:
Atterberg, Kurt. op. 10. Meeressinfouie fiir groBes
Orchecier
S ikies, Bern hare*. Passacaglia und Fugs far groBes
Orchester und Orgel
Trapp, Max. op. 13. Nocturne fur kleines Orchester.
IW Unentbchrlich /ilr jeden Dirigenten! "*1
Aitsnanin WiSfr., Orchesterliteratur-Katalog
Verzeichnis von s-s?t i860 erschienenen Grchester-
werken (einschi. Kon^erten Stir Solornstrirniente und
Orchester) Geheitet M. i0.— Gebunden M. !5.—
St n Fikhrer darcSi «lt© in- nud
anslilndiHclae ft re ti en terl iterator !
F.E. C. LEUCKART
LEIPZIG
Neuheiten fiir Klavier
M. . r J
Haas, Joseph op. 4$. Sonale (A-raoll) . , . . i
O-olangt beim diesjiilirigon Tonkunstlorfest in
Woimar zut AuIIiilirutij*.
HeldriCh, Maximilian, op. 70. TimtasI^-SonatQ fD-diir) „ U.
— op. HO. Schaltonbildor. t> Cbaraktorytiicko ., M.
Niemann, waiter, op. 19. MusikalisoIi.Bildorbuch n.
— Kato (Sreonaway , M.
— op. tW. Fiirs Hans. S kluino lyriachc Stik-It.o ,, M..
— op. 38. DnrKuckuck. ('Clans ro t.i).Kl.Suiti'„ M.
— op. 3!>. Ans iiltor Zoit. Klttinn Siiitii hn altuti
Stil (E-mctll) n. Worlon v. Tl;. Storm „ M.
— op. -12. Von Gold droillosmi. Kl. Variation un „ M.
— op. 43. Suite (B-moll)-nath Wortnn von J.
P. .Tar*obs(.!0 r. M.
— op. .1(5. Zwoi romantic ho Imprcssiomin.
1. Ui_« bI:ni(!_CiToU(i M. 1.20. 2. Our Goldsoot., W.
— op. "i". Ilrct ^oetisaho ytudi<m.
1. Siiilioi woRcii M. 1.20. 2. Murmolnd.Biichlriin,, M.
3. Scl---rsso-Ktiido M.
— op. 61. Tonbildor.
1. Chopin, I'ruludt; M. 1.'20. 2. AwLrid tanzt.
WalKor-Capricc M. 1.S0. 3. Waldcinsamkeit,
TriiiiHiurei M, li»l). 1. Tanzondn b'uiiln-n,
T-'tudn M. l.'-'l). .". Piuistittn, Improasion .... M
Nioi- inmi's Aurstii'f; und huuti^o S^ii-IIumj; als KoiupotiUt
(tniii,<<rn an Kiluard ("rriofj \inil w^iii Bckanntwcir'lon in dcu
ii(jlit7.it;(iT JalifiTi. Kr si'Jin'ihl «iiii : ni „\vnndi'rvoll<'n Klaviwr-
sat-K' und ist der pMarohunmaler dus Klav-iTS".
Schumann, Georg. op. *il. Duron Dux und Moll.
24 Stiirke-in .'^Mot'tcn j tl _ no.
up. G4. Variationon und J^u^o iibor ein
I'if^ones Thoina ,
— op. G."». Ballade (Cr-mnlll ,
— up. 1'iii. N'r. 1. Ji'antjwie-Schoriio . . . . „
— oji. lis. Xr. 2. JJnrleskfc .
— <i\t. ti'J, Kadenzdii z. klas'f. Klavierlconxert.
1. Mozart, W. A., Konze-rt A-dur 1. Satx . ..
'J. „ ' , Ks-dur l.Sate ...
:;. „ , 3. Satz . „
4. liet!thc'ui),L.v.,op.. l j*Konz. 0-dnrl.Satz„
Tiessen, Heinz, op. 7i. Eiuu Natur-TrilORio
Zadora, Micha«I. CbertragunRen.
Uavli,.Ioli. Sab., Priihidium ilFhro r.Orgt'HA-moliJ,.
, , p-moll)„
1'aradisi, P. Dom., Tokkata » t
[. Lid
;. 1 2i j
. 1.20
;. 120
Neuheiten f. Violine u. Klavier
Bach, Joh. Seb. Ue.irbwttin«oii von S 1 . LieljiTson
Hufi 1. Meniwtt 1, II, ycherzo, Aria, Gavotte
[Variationf-lO-diir) no. M. 2.-
J t oft IT. Ciiivott.-'(H-moIl),S^Kiband.-, Passopiud
I, II, Kcbo &T. 2.-
Arjilantu aus dom illaliouiscln'ti KonaorL ..... M. 1 ..00
WfjiodTi.i ziim f.'-moll Priiludium M. '!•—
Stlliner, Pan!. Sonata (C-moIti , M. «.—
Lieberson, S. Auk dom XVII i. .Tain-turn dun
Kr. 1. Jiath, Ph. Km". Andanto tantabilo M. 1.20
Xr. 2. Conporin, Kr. J.es PapHlons , M. 1.21)
N'r. :J. fira/.ioli, G. 11. Adagio ,. M. 1.20
Nr. 4. Rimwu, J. Pil. Les tandres p.'aintus . ,. M. 1.20
:Cc. r>. Itam.-ati, .1. Ph. Musutto ,. M. 1.20
Neuheiten fiir Kammermusik
Bach. Car( Phil. Em. Sonata a 2 Violmi c Basso
KerausKflKetum u. bcarbtntct fiir 2 Violinen u. Ball
(VioloncLiilo) od^ir Pianof. v. Guorg Schumann no. Al. X- -
BQttner, Paul. Quarl.,lt iG-mollJ Kir awo- Violinon,
.Brats«lin und Violoncello
IJandparUtur M. I..10. Stimmen no. M. S.—
Juon, Paul. op. 70. Lit aniao, Tondiehtunfj i'iir Piano-
forte, Violino und Violoncello no. M. S.—
Mandl. Richard, llymnus an die auCgelioudo Sonno
fiir Str^icliquartett und Pianoforte .... no. M. 2.40
Schumann, Georg. op. 02. TrioNr.2 (F-dur) fiirPinno-
lorte, Violine und Violoncello no. 5L10.—
HT Man wolli* diuBii "Workci zur Ansiclit vorlangon! ~&&
B o t j. d a t v it r z o I c h u i s s o kostonlos.
20*1% Tuiiorangszasclijas.
F. E. C. LEUCKART
LEIPZIG
152
PUPUL-.
TK1 TZ-f FJDOIjjv WIJVBUch
AU£ tagjfo^ f !>i?^^^^L
NEUENOOKT UND MOLL,5EKUK-WElijf£NJ'EEv
153
I N. SIMROCK G. M. B. H. BERLIN - LEIPZIG J
»l Sochcn erscliien: =
li 'I
•I 10 ausgewahlfe Kla vi ersfiidve von %
Robert SdiuinaaiiiiL
I fliiifiiiiiiiiiii i
fi fiir Violine und Klavier bearbeifef von ^
I Issay Barmas
•I * Band-Ausgabe (V.A.493) M. 4-50 n. ,1
^ u tt d c i n 7. c I n : f)
% ^, IblnTlbl ^ t 1 i Wicgcnliedchcn / Am Kamin / Von frcmdcu I.ihicloni nnd Mcn^n / P]f e i
K J hc . mi ! <^»ma.ins Ictzte Kom posit ion) Tra:nncrci / Ya^cl a!s Proplie; Abcndlicd • Barents li
ij Prcs jc .M. I._ ,Vogcl als Prophet M. 1,5m 2ou<>/. Tciicningsziischiag .1
i= in Vorbcrc'itt! n r : I 1
f. - , """ •#
»| Z e n n ausgewahlfe S f ii <k e von I 1
I IIHIIIIIB^^ I
'i, f ar Vicline und Klavier bearbeifef von ■!
Issay Barmas
i| Zwei Hefte ( \
_' |! 'i i" [ liiii'n ii T i t"L Tm i i*i i * i iTu
I Konzerf-Direktion Hermann Wolff
j und Jules Sachs
j Urr. em Wohltatigkeits-Konzert zum Defter.
I des Hilfsbundes deutrcher Mufiker mit dem
[ Philharm. Orcherter zu ermoglichen, fur das
| nur der 8. Mai frei war, wird das Konzert
1 Alice
Scha? f er - Kuzni^ky
(Qefang)
FeliX Dy(fe (Klavier)
vom 8. Mai (Singakademie) auf Montag, den |
10. Mai 1920 verlegf 1 j
Werke von Schreker Czum I.Male) §
Korngold, Debuffy, Willner und j
Leo Lewy. ]
1 Karten vom 8. Mai 1920 find gegen neue |
1 einzuraurchen. 1
Am 6., 7. und 8. Mai abends s un.-
(Verle-r vom l'.\. -J<\. und 27, Marx):
/**<\V^ des Verbandes der ^/Of"
^/ konzertierenden KiJnstler ^/vi
Deutschiands. ?. V.
in famflichen Raumen des ZOO
(Einf^ir,^ Aillerpoital unii r.k-iit^nat.'inrilli-.'t
Iin Kaiferjaal: KONZERT
Maria Kktblful ' Ktidolf Lai:bi*nthal , ltkhard SIr.".-r
Elisabeth van Jovf Mann ! J.ischa n. T.^y
Kndert .T. v. j*i:;:iTz-Broi-fc- ; Spi\va3;o0s -k\
Ibolyka Gyarfas in.mn Prof. Kd. B.-hm '
BlSsHr-Vi'rcinifriir.jr a»r *h.-ma]. K K I. K.'ipoli..
mit WUlv Unrdas und Max Saal am Klavier.
Ossi Omv.i1(1.i
Tilly H?sft Pi-sfli^]
Frfmzi' Roloff
Danadi KABAKETT
Vicky HVjvI«upt!<ror ! Jo:
01ca\Voi:ir,rd.n\VHSt
Juliiw l-.i3k.-n ■
Martin < fieri
Paul <rr;i.-U
K.inr- il.-ild.-r.
. I Mwl
H.H. v.lVardo^lw |
Olio Wiewr E
Willi S.-h.i».f^r* E
aN i'rtnr.-n-n..-i.T =
Brim,., V.'.-vt-r-b-r- =
Im Marmorfaal: MCDEBALLETT
(Maryia (.rnsmo. Karin /.:ib>-l ii.funi.l ti. I.cit. v. Kisa H-rzo"-
Lcoende WodeobildCr niit.-r T.^itunp von Karl tpti«r!kfr "'
Danach BALL Ball-Orchesier : Kermbach
r« don V-raiid^fi und Xobi-r.rinjiti.o:; Mod-n-Tf-inboLt. LI. -in.,
.■rli-.-ori.' A'..>stc>!hi n - v. KunsJ^wcrbe und Mod. 1 '. Kondiior-i.
J.ikor.-. <i.kt.-..|t. */;p.tr.*tf.--i. Bi.-rtiir ini .]. ^ehrnmir.'-ln.
Feflzellung, 7.uviinimcn^i.->n.Ij: nur, Brirrilj:™ i:ns..r(-r
i-rst-n Kun^I^r und Kriiit-r.
<f*.'jicns..-ha;t-*toil..-tt.-
»a.i.Hiarh*n ij.ro Al.d.f unrnimin. ws ^[i:. 22 f-icsfhl. Si.-ufr)
yad Lop- nka.rt.-n nmnmerit-r! ^u Mk. 37 loinsthl. Srcn-.r'.
bei BOTE i: HOCK. .\. WKIITHEIM und JOi-'IY.
Kinc br>:.on(?.nrp fTi.biihr rrir di..« .-•injit-lnon V^raiistahun^-f-n
i-jut.-aJL'drn AU'ii.ts wircl ntcHt oriioben.
ill "" ml '"i: in in'iimiinn i[:-{ii'ii:i[tiiiiii lt nitiMiiiimti]iiii!tMiiiitiiiiiiiii.ntl^
154
ttti&MMMtMtMttitolllA
iiill!»iaiiiillllillIiil!ill»*fiia»lM,E
ALFRED VALENTIN HEUSS
Lieder fiir eine Singsfimme mif Klavier
Op.
2.
Op.
3.
Op.
4.
Op.
5.
Op.
7.
S Op. 8.
jj Op. 9.
J Op. 10.
J Op. 11.
S Op. 12.
m op. is.
Fiinf Lieder vom Tode nach Gedichten von Uhland, Liliencron, Hesse
und Eichendorff (Edition Breitkopf Nr. 5000) 4 Mark
Fiinf Lieder aus dem Bauern- und Burgerstand nach Gedichten
von Uhland, Morike und Goethe (Edition Breitkopf 5080) 4 Mark
Madchen- u, Frauenschicksale. Sechs Lieder n. Gedicht. v. Uhland,
Langheinrich, Lons, Heyse und Eichendorff (Edition Breitkopf 5086} 4 Mark
ZweiMarchenballadenDornr5sch.u.Sch5n-Rohtraut (Edition Breitkopf 5087; 3 Mark
Drei Lieder des Gliickes nach Gedichten von Eichendorff und Lilien-
cron (Edition Breitkopf 5100) 4 Mark
Stadtebiider. Vier Lieder nach Gedichten von Hesse, C F. Meyer,
Liliencron und Storm (Edition Breitkopf 5101) 4 Mark
Der junge Goethe. VierLiedern.Ged.Goethes(EditionBreitkopf5102) 4 Mark
Prinz Rokoko, Fiinf Lieder nach Gedichten von 'Goethe, Chr. F.
Weisse und Eichendorff (Edition Breitkopf 5103) 4 Mark
Drei Lieder von der Liebe nach Gedichten von MOrike und Goethe
(Edition Breitkopf 5104) 4 Mark
NeueWeisen zu Liedern von PaulusGerhardt (Edition Breitkopf 5108) 4 Mark
Zwei heitere Balladen von Goethe (Edition Breitkopf 5106) . . . .4 Mark
.-. Die Preise erhohen sich um die ublichen Teuerungszuschlage .*.
Ein deufsdier Kiinsfler, wie Gott ihn will
ist der Aufsatz Dr. Georg Gohlers in der Literarischeu Umschau der Deutschen Zeitung
vom 1. Januar 1920 Uberschrieben, in dem er fUr das Schaffen von Alfred Valentin
Heuss mit "rottem Nachdruck eintritt.
I Veriag Breifkopf & Harfel Leipzig-Berlin j
mmnii
*
155
Verlag von RIES & ERLER Berlin W 15
Siegmund von Eausegger
Barbarossa, HyiiiphoniM-lw niehtmif* I'iir Orchi'slr-r Zwci MiinnCrchiirG mit Orchestcr, (No- 1: isi-limh*il Si-limur/::
Vollsl.ilnili S ns Ordx'stonrnil.oHal . . . nach VWi-iiitianin'- No. 2-. IsVim-.-inJiml). - ]';.irtiliir (M. »).■■■), OMioKlorstimiin'ii
I J iirt,il,nr (zuiii Privatp-b ranch) 61. .'H- |M. U>, .), rhoiv.Miiinioj). Kl;ivi t -r;iusv.u- |M. -MO).
Kldvii.rjuisnuf; J hclf,-. fNo«' f J M. 12. - „ScHlacHgesanft- I A lld.-iils.-iii* Volkslk-dl ffir IWummn-lior mid
DlOliysiscflO PJiantasic, syjii|)lioniKi-hi< DidUmif- I'iir Otvhest.m- . f-'i'- OivIh.-sI.t. ] '.ai-t.if ur |M. U.-J. C>i-i-hosti>rKl.iiu)tii>n IM.. 1-'.- ),
VollKtiintti^tiw Orcluwtormatori.'il . . . ii.-irh Veri.iiil.i;inir]<- Ohorsl.iinmiMi, Kl.-ivii'rjiiisfciiy (vinn Komponist^n: M. :!.-),
Pnrtihir (zum I'rkalsotiraucli) 61.20.- .Tatenroarsclr I'iir Miuini'ivhor. Hj.i l.is«ilo imd f-rolJiw OivIhwIiii-
KliiviiiraiisxuK -llnlg. (\Volii»r) . " M. 7.50 l'arlidir (M. (J. I, (in-lii.Kleratimmi-ri (M- 12.-). Chorntimiitcii.
Wieland dCP Schmlctl, sympbonisrlio J)kh'.im K Hir (injli.-sti.i- KliivicmiisziiK IM. :v ■ ').
VollMtiitniictw ()rc]uwt(>rni;il.i>ri:il . . . nadi Wroinbanm^ Zwei Gesdngc iTn- .Ssiitinn^.-n -.-in. Choi- mit On-ln-Mcr:
Parti tiir (aiiiin l*riva(^i>ljr:iiii-h) M. 'JO.-- Mo. I: „tfl'mitiii> ilt-s Alj Is*. I'artihir (61. I .")0|. nn-Iinsli-.r-
KtiiviidausznH: -J hdir. tHool.iI.n-rJ M. 7.r.(> sriijinn'ii I M. 7. ■ ■ j, (TJim-st i jnnn-n, KJavi.-r.-itm/. IM. 2..*i<»j.
AufklSnae, oyitiph. Variational tibi'i'i-in Kirid<u'lii-cl f. Orclii'ster N'»- -': „Sf.IitiiMcrltr«1", I'tiHiliir (M./i. 1. <>n-ln>st.'i-sliiiiiin«ii
VoI].sUiiitii«..s On-host.'ntiatfmal. . . imcb Voniitibni-tin^ i M. 9.-)., riiorstm.mi.n, Klai-kmus/ti- I M- -'J. - ).
TaBcliimpiirtitur M. (i.— 32 Lfsdcr und Gesanpe I'. 1 iHin^sl. suit Klavin- ;'i. M 0^1 l.k M.2. -
Kans Milliner
Musi It kii ICli'inCK _K3(hchen van Hcilbronn" I'iir Urdn-wier: op. Ill: ..Columbus* l^i-Iiiili-r) fi'ir S >tnnuil^i-n ^nuisi-liti-d i "bur-
».)f.l|iv(.'i-t.iirn h) Vorspir-] zmn :f. Akt c.) N:i.i.'h di>r IJohimW. :'i cnpull'ii: i',-irt.il ili- (M. ■l.'rfJJ, Clioi-M.inim.--ii lk !U. 0.7.1).
bawihuwno d| Mi-Iodr.-.m, Zwischuiialctmusik imrl llarsdi - .Der BJumen Raclie" ^'n-ilisnitli) f. l'r:u»'!idioi-. AIIboIo ii.On.-h.:
J'artitiir uml Stimmi.n »n«h V.-minhaniiiB. Partit.ur M. I fl-
op. 7: Fiinf LiedCP (l-'isdmrkimW; Kaclitwandorcr; tTnlmr Onrhosterstirmnen M. 21.-
nin Sti'indlt-in: Lockiin^-: FrLihrmpsaliiiuiig) k M. 1.— bis Cborstimmon (Sopran I. II, AIL .1,11 y.sui.) . . a M. 1 ..">(.)
M. ISO. Klavicra-iszuK (Bosl) M. -J.'iO
£. N- v. Reznicek
Elne LustBpieloiivertiire i'iir Orchostor Symphonische Suite fllr grosses Orchestcr
Partitur M. 18.-- .Fartitu r ]\I. LT».-
Ort-hfjsti.irsUmm(!n M. 21.— OrcliesUTSfimiiioti IM. 'i'-i -
KJavicrauszug, 4bdE- fvom KomponiBton) . . . . JI. -(.;>0 Klaviorauszuf- lliclt-. (voin Kompoiiisifuj . . . . M. 10—
Max voai Scl^illlngs
Ein Zwlegespptich, TofiRodiclit J'iir Itlfini'S Orchi>st«r. IVirlitur . . . M. I?.--. Oruhcstwsii-iiii :>u . . M. l.'i.—
Felix vori Weingarlner
Malatvika, Komi^cln. Opcr, Kl.-ivinr.-inszii[; mil T«\t . 5'. 1:..- Serenade fur StrnichorchcHtcr. Pnrtimr u. Stirnnmn . M. 12.—
S«kuiltala, Bulintmspinl. Kl.'ivii-r.-niszus mit 'JVsl . . M. 1.7— - h,-,-ir1>f>it ( -t I'iir Sahujorcln-sicr [Koi.illyl . . ^1. ?,.-
So.b,r, ,r«,hi,n,n = J£_ FaliiS
Lieder ftir erne Singstimme ond Klavier
(u. a. v. Elisabeth Ohlhoff unti Hcr(li;i Dehmlow mit grtiBtcin Erfolg gesungen.)
op. 7 No. 1: Trilumo M. 1.S0 np. S No. T : Vo]Itswi>isi. . . . M. 1..W op. h N'n. A: l.iobcslicd, D. B.. . M. 1.A0
No. 2: Litanoi, D. (i. . . M. IJiO op. S .\o. 2: CiolJci, CI. K. . . '61. 1.30 op. 8 N.. .('.-. Violin M- 1—
Uo. 3: Nopomuk, I). V. - M. l-IU op. 8 Wo. ."-: KowntAgi M. 1-">0 »|i. S No. 7: NobH II. I. -
op. 8 'So. 4; T.ii'd d(>r Ti'mzi-rin SI. IM
Verlag von RIES & ERLER Berlin W 15
Kurfursfendamm 22- .'. .'. /. Kurfiirsfendamm 22
at'iiiJii'i'iilifriiiiJiiiHiiljiiiiilHIiiri
156
Knd'.oint, am 1. imil 1(J. jcdun Moniit.s. Zn Imsiichun duroh die L'ustftnst-iiltoi), Buch- u. Miisik:ilionhn.ndlnnpton, sowia dirnkt vom Vorlaj;.
Ilwlaktiori: Berlin W. 10. Konif-in Aiifjiistastr. :'A. Kni-riml": LiiUmv VAXi. -- Vcrifiy: B.'rlin-WoLSsen.si>f>, Btrlitidr Alioo 71, Fwrnruf: Ws. ll'lr
Prc'iK cii>s Einsiolheftiis MIc. WO, \m V'mrtnlj.-Abonn. Mk, 12. -, bm Ktvu?:b;uidtw.ti£ viortoljfibrliuh Mk. 1".~. — Nauhdrutk vorlMiluiltpii.
Nr. 7
Berlin, den 16. Mai 1920
I. Jahrgang
INHALT
SIEGMUND PISLING ........ Tendenzen moderner Mujik
A. M. AWRAAMOFF ... 4 Jenjeifs von Temperierung und Tonalifat II.
EGON WELLECZ Die Ie^fen Werke Claude Debuffys
Dr. ALFRED GUTTMANN Das Tempo
HUGO MARCUS Da-capo, Lied, Gefumm
LORENZ H0BER Die Noflage der Orcheffermufiker
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN .... Bedeuf ende Neuerjcheinungen u. Manufhripfe
BEILAGE: Heinricfr Heine: „Ha[f Du die Lippen mir wund geku£f", Hermann Scherchen
,MELOS"
in einer Luicusausgabe
er[cheinf monaflich einmal im Kunffverlag
Frifc Gurliff, Berlin W 35
^L
m
as
Tendenzen moderner Mufik
Von Siegmund Pisling.
„Abcr das Wcscn unserer Epochc ist Vieldetitigkeit
mid Unbestiminthcit. Sic kann nur aiif Gleilendem
ausruhcn und ist sich bcwuflt, da£S es Gleitcndes ist,
wo andere Gcncratioiicn an das Fcste glaubten."
Hofmannsthal („Dcr Diciitcr und dicse Zeit").
Die Tendenz' der mufikalifdien Moderne lauff darauf hinaus, die Form pfydiologifdi
zu machen. Das Mufikffiick foil den Strom des fubjekfiven Lebens widerfpiegeln. So
ficher nun das Bewuj3ffein nidif aus verbundenen Gliedern beffehf, fondern fHej3f, lo
beffimmf enffprichf die Verfluffigung der mufikalifdien Form dem Drang nach Abbildung*
feelifchen Fliej3ens. Man hat zum Zweck der Befchreibung von Bewujaffeinszuffanden
die Fikfion aufgeffeilf, daj3 im Sfrom unfres Bewuj3ffeins ein beffandiger Wechfel von
fluchfiger Bewegung und Ruhe jffaftjfinde. Man namife die Ruhe)'fellen die „fubffanzarfigen",
die Bewegungsffellen die „franfifiven" Beffandfeile des Bewu£ffeins (James). Aber es
iff klar, daj3 es f oldie Ruheffellen im Seelenleben nichf gibf. Man uberfragf den
Subffanzbegriff aus der raumlichen Welf in die rein zeifliche der Seele. Man machf
fozufagen Querfchniffe durdi den unfeilbaren Bewu#ffeinsffrbm. Das Seelenleben iff in
Wirklichkeif immer „franfitiv". Wir kommen auf die Behaupfung zuriick, da£
die mufikalijche' Moderne die Form pfydiologifdi mache. Sie fuf es aus dem Grunde,
weil fie das ununferbrochene Fliej3en des Gefuhlsffromes wiedergibf. Das wird bei Sfiicken
von Sdionberg und Wenfe klar, Diefe Sfucke find nichf. Sie werden. Bergfons
pfychifcher Dynamismus, der eine unendliche Mannigfalfigkeif von Former, aus fich ent-.
Iaj5f, Bergfons „reine Dauer" find die Philofophie diefer Mufik.
Der Formenreichfum neuer Mufik wird grenzenlos fein, grenzenlos, unausfchopfbar
wie die Fiille fubjekfiven Fiihlens. In dem Augenblick, wo wir in das Gehege des erffen
Sonafenfa&es oder der dreifeiligen Liedform oder in einen der andern Formkafige
gerafen, von denen man behaupfef, daj5 fie uns Bewegungsfreiheif gewahren, in dem-
felben Augenblick verfklaven wir uns an eine adernbriidiige Dokfrin. „Sonafe, que
me veux-fu? w Sobald man merkf, da£ ein Praludium von Debuffy nadi dem Grund-
plan ABA gefiigf iff, verringerf fich die Freude an einer Mufik von heufe um das Maj5
des Verdruffes liber eine Mefhode von geffern. Der Pfychologifierungsproze|5 ffeuerf
dem Punkfe zu, wo die kriffallinifdien Formen, in denen fich die Meiffer der Sonafe
und Fuge auj5erfen, neuen Geffalfungen Pla£ zu ma&ien. Die neuen Formen „flie£en".
Sie find pfydiologifdi. Sie find irrational. Das Tongefchehen verlauff iedesmal in vollig
neuen? vollig fubjekfiven Bahnen. Wie Jidx Gefiihlskomplexe nie wiederholen, fo erfdieinf
audi keine einzige mufikalifche Form offer als ein MaL Einmalige Formen laffen fich
nidif fubfumieren. Der Typus dankf ab. Es gibf bloj5 Individuen. Niemand fiehf vor-
aus, wie fidi die Lehre von den formgebenden Elemenfen der Mufik, als da find Melodie,
Harmonie, Rhyfhmus und Form im engeren Sinn, geffaifen wird. Wen die Kuhnheif der
158
Perfpektive erfchreckf, der haite fidi vor Augen, dafS die Ars nova des X& Jahyhuncterfc
den Auslaufer jener gewalfigen Bewegung darffellf, die von der Grammatik der Wiener
klaffifchen Schule, als von der Grammatik der kadenzierenden Ebenmaj3igkeifen, abdrangf
und das Ideal „formenfbundener" Inhalfe zu verwirklichen trachfef, wobei uns „form-
enfbunden" nicht als gleidibedeufend mit „chaofifch w , Jondern als Streitruf gilt, mit
dem wir, im Namen der Nafur, gegen die fekfonifchen Formen zu Felde Ziehen. Wir
werden uns Jolange emanzipieren, bis die alfe Grammatik Lichfenbergs Meffer ohne
Stiel gleichf, an dem die Klinge fehlf. Und dann werden wir fie vom erffen bis zum
letjfen Kapitel neu Jchreiben. .
Es iff jetsf viel von expreffioniffifcher Mufik die Rede. In der Tat enffprichf die
oben aufgezeigfe Tendenz, den Ablauf emotionalen Lebens in lebensnahere, ausdrucks-
vollere Tonfymbole zu kleiden, als es im Rahmen fymmefrifcher Form moglich war,
dem expreffioniftijchen Stilwillen, wobei wir nidit vergeffen diirfen, daj3, zum Unferfchied
von Poefie und Malerei, es immer nur Phanfafiegefiihle find, was den Inhalt audi der
radikalffen Mufik ausmachf. Gewiffe kleine Klavierffucke von Schonberg gelten uns
als geniale Sinnbilder feelifchen Erlebens in Jeinem nafurlichen Rhyfhmus. Im fa&-
fechnifchen Verffande find diefe Sfticke abrupt und inferjekfiv. („TelegrammJfiT). Fur
den Intuitiven „fliej3en* fie. Siebilden eine einzige, un(eilbare Gefte. Die Pfyche kennt
keine „Zuffande". Blof5 IDbergange. Thematifdi' fein heiJ3f zuffandlich fein. Aus diejem*
Grunde gelten vielen die themenlofen unfer diefen Sfiichen als die nafiirlichffen. Aus
hindernislofen Klangen lajot fich aller £bsdruck enfbinden, wahrend das einzige, was
in der Mufik der gro£en „Symmefrifchen" nicht Ausdruch wird, eben die Form iff.
Man fpridif von den „fymmefrifchen w Formen der Wiener Klaffiker und bringt fie in
Gegenfatj zu den „poefifchen w der neudeuffchen Schule. Die fymmefrifche Form fowohl,
wie die dem dichferifchen Programm fich unterordnende — fie hei£f zum Hohn die
„freie" — , find unendlich pedanfifclv mit dem Unferfchied, daj3 die eine bei der Ge-
ometric, die andre bei der literatur bcrgt. Es ift nichf fo widifig, ob die Gleich-
gewichfigkeifen nackt zutage treten (klaffifche Sinfonie), oder ob fie fidi verhiillen (fin-
fonifche Dichtung bis herauf zu Schonbergs „Pelleas und Melifande'', wo das E&-'
preffioniffifche durdizubrechen beginnt.) Entfcheidend iff die ftiliffifche Grundfendenz. Da£
diefe, hiiben und driiben, bis an die Tore von Schonbergs entwickeltem Sfil, als
renaiffancema^ig anzufprechen iff, hat der Schreiber diefer Zeilen in Vorfragen zu
beweilen verjucht
QRAMMOTHONE
Spczialitat:
S a.l o n -
Schrank-Apparafe
m
USIK-O PAUL
bauTOCHOLZ
ftFRl IN O U Frankfurter
BbKLIlN OJ4 AUee 33 7
Pianos
nur erffklaffige.
Harmoniums
159
*,*:!*,
Jenfeifs von Temperierung und Tonalifaf:
Von A. M. Awraamoff
(Auforifierfe l!)berfe£ung aus dem Ruffifchen von Hermann Scherdien)
II.
Neue Interval!- und VielMangs-Verhaltniffe.
II
I
my
Wir wollen jetzt die erhaltene Tonreihe unterfuchen und beginnen mit den einfachften
VerhaltnUJen in der Kombination je zweier Tone:
1. Oktaven (1 : 2)
Oktavenketten haben wir nattirlich von jedem Tone aus, nach oben und nach unten.genommen.
2. Q u i n t e n (2:3) und Q u a r t e n (3:4)
Reine Quinten-Quart-Reihen bilden Hch von alien Tonen der Reijie f aus mit der Parallel-
reihe c, fo daB wir im ganzen ihrer 7 finden:
I II III IV V VI VII
v: A: y . .; b:f :b . .; des:as:des. .; f:c:f . .; a:e:a . .; c:g:c . .; z ■.:?:<■ . .;
Abgefehen von diefer natiirlichen Anordnung find folgende Beziehungen zwifchen ihnen
bemerkenswert: *
a. wir finden 3 Reihen auffteigender (und abwartsgehender) Quarten:
b : f :^c : g '
deren jede nattirlich von den TOnen f und c aus nach beiden Seiten hin errichtet
werden kttnnen:
f : c : f '. . . f : b : .1 . . . ; c : g : c . . . c : f : c . . .
b. eine chromatiFche, auflteigende Anordnung von c aus (gemifcht):
IV, VI, III, I, VII, V, II
und c. eine reine (quintenverwandte):
VI, III, VII, IV, I, V, !I
mit einer Neuaufltellung der IV. und VII. Kette.
Wir dilrfgn nicht vergerren, daS wahrend der Urriuimmung die Verteilung der Tone -auf die
Talten trotz der genauen Beachtung der Intervalle durch die groBe Verfchiedenheit zwifchen
den verfchiedenen Intervallen lelbft mehr oder weniger zufSllig fein muB. So fieht z. B. die auf
dieTaften ges-d geftimmte Quint 7: A wie eine kleineSexte aus, die Quinte b:f dagegen wie eine
verminderte Quint; umgekehrt ift das Taftenbild der Quarte f:b das einer UbermaBigen, das der
Quarte ^ : 7 gar nur das einer grofien Terz. In folgendem gebe ich eine Zeichnung der Klaviatur,
wO die relative GrOBe der Intervalle ebenfo wie ihre Verteilung auf die. Klaviatur angegeben tft.
i 60
3. GroBe Terzen (4:5) unci kleine Sexten (5:8)
Solcher finden wir 4, paarweis in Quarten-Quint-Beziehung:
as : c; c: e
des:f ; f : a
Dabei entftehen:
a. 2 Uberma'Bige Dreiklange
as: c: e; des : f :a
b. 3 groBe Dreiklange
c : e: g; i : a :c; des :f :as
und c. 3 kleine Dreiklange
f : as: c; b: des :f; a: c: e.
Hier lit zu beachten, daB die Terz as : c fich nicht zum groBen Dreiklang ergSnzt durch den
fehlenden Ton es, ebenfo wie f:a nicht zum kleinen, da wir auch kein d haben. Selbtt-
verftandlich ift, daB die kleinen Sexten (5:8) aus denfelben TOnen der Reihe bettehen und wir
infolgedelfen ihrer ebenfalls 4 haben.
Ferner ift noch zu bemerken, daB wir auf f beide Dreiklange haben und dabei den chro-
matifchen Halbton as : a (der Verhaltniszahl 24 : 25).
Die 4 groBen Terzen konnten wir auf der Klaviatur unterbringen, ohne daB wir ihr auBeres
Bild dabei veranderten, wahrend, durch die Deformierung der Quint b:f, der b-Molldreiklang
auBerlich als Diffonanz h:des;f erfcheint.
4. Kleine Terzen (5:6) und groBe Se*xten (3:5).
Ihrer find ebenfalls 4, paarweis in Quart-Quinten-Beziehung:
f : as; e : g
b:des; a:c
Sie alle find Beftandteile der oben betrachteten 6 Dreiklange. Hier fehlt das erganzende
ges zu der Terz b : des, urn den groBen Dreiklang zuftande kommen zu latten, ebenlo wie fttr
den kleinen Dreiklang h zu der Terz e:g. Nur der lntervallklang b-des hat kein ent-
Iprechendes TaKenbild, indem er die Ta[ten fur eine groBe Sekunde einnimmt.
Sekunden.
Wenn wir darunler die in der Tonreihe nebeneinander liegenden Tdne verftehen, To erhalten
wir eine durchaus zufallige Aufzahlung, da in ihr lo charakterirtifche Sekunden, wie g-a und
as-b nicht enthalten find. Deshalb wollen wir als Sekunden nur folche Intervalle unferer Klang-
reihe betrachten, deren Verhaltniszahlen keinen groBeren Abltand des Zahlers vom Nenner als 1
haben, und filr die wir 7 als kleinften Zahler annehmen.
Dann erhalten wir:
5) 4 naturliche Ganzton-lntervalle (7 : 8), als Umkehmng der natUrlicheh Septimen 4 : 7
c : A = f : 7 = P : c = * : f = 7 : 8
6) 2 groBe Ganzton-lntervalle (8:9) mit den Septimen 9: 16
b:c = f:g = 8:9
7) 2 kleine Ganzton-lntervalle (9:10) mit den Septimen 5:9
g:a = as:b = 9: 10
8) 2 natUrliche Halbton-Intervalle (14:15) mit den Umkehrungen (15:28)
des- a = e :e= 14: 15
9) 4 diatonilche Halbton-Intervalle (15: 16) mit den groBen Septimen 8:15
c:des= e:f = g:as = a:b = 15:16
10) 2 Leitton-Halbton-Intervalle (20-21), als Differenz zwifchen der groBen Sexte und
der natilrlichen Septime (5/3 : 7/4 = 20 : 21) und ihre Umkehrungen 21 : 40
a : p = 7 : as = 20 : 21
11) das chromatirche Halbton-Interval und die entfprechende verminderte Oktave 25 : 48
as : a = 24 : 25
llllll IIIBH ■■■! V
\m
,2) LrreT^rtr L v r ,e (deren »**-" * **•« «~ **■
»»■<. . . A : e = 48:49: £: y — 3 - b— fi^t ■ fid
Mit.emiger Vorficht k5nnen wir diefer ^uWh^g noch
13). die UbermaBige Sekunde
des : e - 64 : 75
und ihre Umkehrung, die verminderte Seotime m .m, fr
unfrer Klangreihe umfaffen vM1^^\ l *J3^' *™ d,e Gre " 2e »
das weicbe F-dur mit MolI-UnterdLfnante ° F " m ° ]1 f ° W ° hl Wie
f : g : as : b : c : des : e • f - c . a . h
Es wird hier a m Orte fein Sere'ToT^ 664 ' 75 "/I68/9M01 5 )ie " " ' "
16) die falfche kleine Terz ?27-32^ anf rfo/n or
ys/..M) auf der II. Stufe, mit der Umkehrung 16:27
Das Vcrkommen des klaintchen dur Tinii ;„ , -r g:b = 27:32
ablenken, da feln Anftaucher. £ i o To Z„f n ,* •7°°^ [ °" U " S >' edoch nicht *«*«
der innerlichen Einfachheit und Re nhe t derfZf ^ g I ablUU,Big iK Und nur aIs Beftatigung
der Ton d , fo r«„de auch F^Z^^^T ^ ^ "<* in "*- Reihe Lch
-4"^1^ ■» ™ dure, d ieEi „-
in Hinficht anf den Nenner m. Einta von fhnen vl Charakteriftik„ ra der Multiplicator 7
l7'7) (-647
In folgendena wollen wir diefe Vernal.niffe ryftanaHfch un.erluchen: in der TabaHe
V : o : des : z : a : c : E
r , .. A : f : as : c ■ e ■ e - h
ha n L f ' e w !f tema,ifCh naC " beide " Sei '- hi " ™ *« G™**. f und'c aus ve.ei,, So er-
a) 4 Intervalle 6 : 7 mit der Umkehrung 7; 12
b) 4 Intervalle 5:7 mit de~r Umkehrung l\ ?o = & '' ?
7:des = A:as = a: E== e** == 5-7
" 1SS jLfo^t" SePti ™ e 4:7 « na.Urlicnen Sekunde 7:8 in der
d) 4 Intervalle 32:35V~der'umkrtmng 35~6« 7
T '> a — des :e = a ■ e = as • '•> lfi ■ 9t
e) 4 Intervalle 16:21 mit der Umkehrung 2U32
- 2 Intervalle 32 : 49'mifder UmLhmng' ^Tw' 21
. „ t ' 7 : e = A : p - 32 : 49
g) 2 Intervalle 7 : 9 mit der Umkehrung 9: 14
b : A = t : g = 7 : 9
162
MWrUUJI
.'.Jfi&SaSfiS&SCra
jgp
h)
2 Intervalle 15
:28 mit dem
natlirlichen Halbton 14:15 in
der Umkehrung (I. oben)
A : des =
2: e = 15:28
2 Intervalle 24
: 35 mit der
A : a — as
Umkehrung 35 : 48
: z = 24 : 3*5
])
2 Intervalle 21
.40 mit dem
p : a = as :
Leitton-Halbton 20:21 in
7 = 21: 40
der
Umkehrung
k)
2 Intervalle 32:
63 mit dem enharmonifchen Komma 11 63
: 64 in der Umkehrung (1. oben)
7 : g - b :
i = 32 : 63
1)
2 Intervalle 64
105 mit der
7 : e — des
Umkehrung 105: 128
:s = 64:105
ra)
1 Intervall 49 : 96 mit dem enharmonischen Komma 1 48 :
49 in der Umkehrung (1. oben)
e : A = 49
:96
n) 1 Intervall 128:147 mit der Umkehrung 147:256
7:3 = 128:147
In folgender Tabelle tind alle unterfucbten Intervalle unter Beachtung ihrer Anordnung gemaB
der Klaviatur enthalten:
c
des
A
£
e
f
T
%
as
a
P
b
c
1
8/15
'4/7
7/12
5/8
2/3
16/21
3/4
4/5
5/6
7/8
8/9
des
15/16
1
15/28
35/64
75/128
5/8
5/7
45764
3/4
25/32
105/128
5,6
A
7/8
14/15
1
49/96
35/64
7/12
2/3
21/32
7/10
35/48
49/64
7/9
E
6/7
32/35
48/49
1
15/28
4/7
32/49
9/14
24/35
5/7
3/4
16 21
e
4/5
64/75
32/35
14/15
1
8/15
64/105
3/5
16/25
2/3
7/10
32/45
f
3/4
4/5
6/7
7/8
15/16
1
4/7
9/16
3/5
5/8
21/32
2/3
7
21/32
7/10
3/4
49/64
105/i28
7/8
1
63/64
21/40
35/54
147/256
7/12
g
2/3
32/45
16/21
7/9
5.'6
. S/9
32/63
1
8/15
5/9
7/12
16/27
as
5/8
2/3
" 5/7
35/48
25/32
5/6
20/21
15/16
1
25/48
35/64
5,9
a
3/5
16/25
24/35
7/10
3/4
4/5
32/35
9/10
24/25
1
21/40
8/15
■J
47
64/105
32/49
2/3
5/7
16/21
128/147
6/7
32/35
20/21
1
32/63
b
9/16
3/5
9/14
21/32
45/64
3/4
6/7
27/32
9/10
15/16
63/64
1
Die Summe aller auf obige WeiFe fertgeftellten Intervalle tft nicht to genau zu beftimmen, Jeden-
falls ift lie auBerordentlich groB, da wir bei Umftellung .der Intervall-Tonbeltandteile in eine Oder
mehrere Oktaven hoher oder tiefer eine fcharfe Veranderung der harmonifchen Bedeutung des
Zufarnmenklangs wahrnehmen, fo daB wir keine Veranlaffung haben, irgend ein beliebiges Paar
Tone, z. B. c-A als unveranderliche Konfonanz oder Ditfonanz anzufehen. Denn in der Lage
A 1 -c- = 4:7, oder A-c 2 = 2<:7
iit die Konfonanz des gegebenen Intervalls unzweifelhaft, wahrend in der Lage
C-A'-^7:64
durch den nahen 9. Oberton d, der Zufammenklang tehr unangenehm diffoniert, mit ftarken
Schwebungen des Intervalls
d=: A'- = 63: 64
Das Nachlalfen der Konfonanz findet auch in dem unverhaltnismaBigen Anwachfen des Nenners
der Verhaltniszahl feinen Ausdruck. Dies erklart Hen aber daraus, dr,5 c felbft 7. Oberton von a
ift, wahrend der Ton a felbft bei unbegrenzter Forttetzung in der Obertonreihe von c nicht vor-
kommt. Oberhaupt ift man bisher diefem Umftande beharrlich ausgewichen, und hat der Graduation
der Konfonanz bei Umkehrungen und Erweiterungen der Intervalle in Oktaven keine Beachtung
gefchenkt So drangt rich z. B. die fcharfe Dilfonanz des Zulammenklangs
e-c- = 5:16
fOrmlich auf und hatte die BerUcktichtigung der Komponiften und Theoretiker linden mitffen,
wahrend wir dieles Intervall Uberall fogar fiir den ftrengen Stil im 2 Itimmigen Satz erlauut finden.
Allein im Fl5tenregifter der Orgel erfcheint es uns einigermaBen ertraglich; aber auch hier ift fein
163
■P""""P
"mm
Klang mcht konronant, da er zu gleicher Zeit deutlich einen fis (dem II. Oberlon von c) nahen
Komb.nahonston en.Itehen laBt. Das ilt auch der Grund gewefen, weshal , de QuarLx akko d
^ IT S T^ VerP ° nt W3r ' ° bg,eiCh man ei g enf,ich S enau *en de^Du-undMoU Outt
r«takkonJ hat. ennt er cheiden muhen und von dielen beiden den leMeren ga„ 7 ve™eln und
ertteron nur m den Fallen anwenden follen, da er das Intervall der UndeziemeTn HcT enthait
et^f" InterVa " d6rQUarte ,ft ' hinfiCht " Ch ^-Konlonanz, naturtich Z^L «
Vereintafein P d r^" , 'ts in and n e r r r T b ' IClU ' ^"^ ""^ ^ die ™°^ h ™ ifc '-
veremigung eines o„-., aes anderen Tonpaares zu kontrapunktiichen Zwecken eine Ent.cheidun<r
u treffen und To wenden wir uns der harmonifchen Unterfuchung 3-, 4- und -It" z
ZZT^^"" ™° ^ M *' «"* ^lermaBen als 'eine la-IonigeTe^ t
■ Ihre Grundharmonien werden nattfrlich fein:
a) 4 Dreiklange
f as c e g; b des f a~c
und b) 4 Septimenakkorde
A f asj: e g p; 7 b des fTc~i
Dabei finden wir folgende Nebenharmonien:
1) den groBen Dreiklang — des f as
2) den kleinen Dreiklang — a c e
3) 2 ubermaBige Dreiklange - as c e- des f a
4) l^s^7f n ^ m l° M ?T Septimen an Ste,le derTerzen) der
!tand y u P n e d n ZTTZZT"* ^ ^ "«™ ■—»-«*« Be-
5)eg ? = ac E = 5:6:7
taaben vollig konfonanten Charakter und konnen wie die Grundharmonien der Ton
b) In<e Umkehrungen, die Dreiklange
a f as = 7 b des = 7 : 6 : 5
' Anftp JT h J n !! Chtl L Ch ihreS harmonirche n Wertes identifch mit ihnen.
7) den Dreiklang auf der VII. Stufe von F-dur (f-moll;
e g b
5/6 27/32
mit der faIfchen„Terz g— b (27:32)
8) den Dreiklang auf der'll. Stufe von f-moll
g b des
27/32 5/6
S^nakZd 8 d6S efIteren ' m!t dCm " *"""*" *» """« *"»«■««»
e g b des biidet.
9) Der dreiltimmige Zufammenklang mit UbermaBiger Sekunde
b des e
5/6 64/75
"J 6 fiCh mit mm ZU dCm ° bigen Se P timenakk ^ Z urammenrchlie6ende Um-
164
10) des e g
64/75 5/6
11) 6 zufallige Verbindungen aus denfelben Tunen mit Anwendung der enharmonifcheri
Verwechfelung (63 : 64) — g 7 und b -j — gebildet:
e 7 y v (i des; e t n >*
105/128 128/147 128/147 105/128 105/128- 6/7
g p des; 'a des e; des e 7
' 6/7 105/128 105/128 64/75 64/75 105/128
Diefe Zufammenhange find von auBerftem Intereffe. '■vahrend alien der Charakter des ver-
minderten Drciklanges gemeinfam irt, fleiien He zugieich 12 verfchiedene Akkordtypen mit jedesmal
anderen Beftandteilen dar, die fomit audi ganz verfchiedene tonale Neigungen haben muTfen. Bei
der temperierten Stimmung fallen fie alle in einer Schablone zufammen, wahrend wir witten, daB
die oben betrachteten Arten durchaus nicht alle MOglichkeiten diefes Typus erfchopfen, da uns
ja fogar vorlaufig noch cine fo eharakteriftifehe Verbindung, wie es z. B. der natiirliche Zufammen-
kiang gis h d iff, fehlt (aus dem 9., 15. und 25. Oberton der Verhaltniszahlen 25:30:36 gebildet).
5/6 5/6
In unferer Tonreihe konnten wir den entfprechenden Zufammenklang vom Ton e aus finden. in-
derri wir b urn das Komma (80:81) erhohen. Hier mochte ich die Aufmerkfamkeit auf jene
Erfeheinung lenken, daft unter alien 12 aufgettellten Typen fich nicht ein einziges Mai die ent-
fprechende Verbindung — namiich paarweis glcicher lntervalle — gefunden hat. Ich habe
fchon friiher darauf hingewiefen, warum die Tonreihe fo fehr fymmetrifchen Intervall-Verhaltniffen
widerftrebt: die Melodiefuhrung vcrbietet die Aufeinanderfolge zweier t vGllig gleicher lntervalle in
derfelben Richtung. Und innerhalb unferer Tonleiter erharten nicht nur die nebenbei entftandenen
F-dur- und f-molI-Foigen (fiehe oben), fondern die ganze Reihe als folche diefe Behauptung:
c des ' A z e f g 7 as a p be
15/16 14/15 48/49 14.15 15/16 8.9 63/64 20/21 24/25 20/21 63/64 8.9
Innerhalb unferer Tonreihe wiederholt fich kein Intervall direkt nacheinander; um fo eindringlicher
tritt die Symmetric hervor, mit der fich die lntervalle nach beiden Seiten von den-PoIen f und c
aus erftrecken, und zwar find die lntervalle 4S : 49 und 24 : 25 hier zu den Mittelpunkten geworden,
von denen aus wir in entfprechenden, entgegengefetzten Gangen gleichzeitig die Tonika und
Dominante der .Tonreihe erreichen. Dabei bleibt die Symmetrie unverletzt, wie weit wir audi die
Bewegung nach beiden Richtungen hin fortfetzen.
12) 2 doppelte Quarten- (oder doppelte Quinten-) Zufammenklange
I: f c; f c g
13) Einen Dreitonklang des Typs 7 : 8 : 9 (als unvollftandiger natilrllicher Nonakkord mit
dem Grundion in der Tiefe, auftretend) i s g
4/7 7/9
14) Eincn Dreitonklang des Typs 5:7:9. als Terl eben deffelben Nonakkordes:
a £ g
5/7 7/9
15) Einen Dreitonklang des Typs 8 : 9 : 10 mit in den Bali verfetztem g der Verhaltniszahl 9
g f a
9/16 4/5
16) 2 Dreitonklange des Typs 4:5:7, als natUrliche Septimenakkorde mit ausgelaffener
Quinte: c e y, f a-
17) 3 Dreitonklange des Typs 4:6:7, als die gleichen Septimenakkorde mit ausgelaffener
Terz c g -j; f c 1; 7 a f
165
IS) 5 Umkehmngen der letzten Dreitonkiange (16 und J7), als unvollftiindige, nattiriiche;
Moll-Sepiimeriakkorde us c; 7 des f; Af c; 7 b f; c e 3
19) 2 unvollftandige, tonale Septakkorde in f-moll
c e b; c g b
20) Einen Dreitonklang als Umkehrung des Typs 15, in derfelben Lage
b as c
5/9 ' 4/5 '
AuBerft intereFfant ift, die Kiangkiaft des letzteren mit der der ihm entfprechenden Zufammen-
klange 13) und 15) zu vergleichen: alle 3 haben den Charakter des unvollftandigen Nonenakkordus
gemeinfam, wahrend der Grad ihrer Konfonanz abfolut verfchieden ift! Auf unferem wohl-
temperierten KlaWer verflieSen all diefe Unterfchiede naturlich vollig in eins.
Die le^fen Werke Claude Debuffys
Von Egon Wellecz.
Seif der Romanfik iff man gewohnf, allem Gefchehen den Begriff der Enfwicklung
zu iupponieren. Mif diefer bequemen Handhabe fuchf man vor allem das fu'rtimierfeffe
Gefchehen, die Kunft, . zu erfaffen und Ordnung in das Chaos der Erfcheinungen zu
bringen. Halbphilofophifche Bucher, wie Spenglers „Unfergang des Abendlandes" haben
diefe Befrachfungsweife aufs Hochffe geffeigerf, zeigen aber in fich bereifs die Grenzen
und das Hinfallige derarfiger Konffrukfionen, durch die die Mannigfalfigkeif der Er-
fcheinungen niemals in ihrer vollen Vifalifaf erfaj3f werden kann.
Den Begriff der Enfwicklung im Sinne einer ffefen Sfeigerung. als einer Verbefferung
des Friiheren konnfe nur eine Epoche erfinnen, die in fidi das Gefiihl frug, die Voll-
kommenheif wenn nichf zu erreichen, fo dodi ihr nahe zu komrnen. Es enffprichf audi
dem Wefen der romanfifchen Kunft der romanfifchen Mufik mif ihrem geffeigerfen Idi-
gefuhl f ihrer Sehnfuchf nadi Erlofung ohne fich zu demiifigen, ihrem Ringen urn das
Hochffe ohne die eigenen Grenzen zu kennen, und verfagf vor der Kunft einer jeden,
von wahrhaffer Transzendenfalifaf, von einer felbffverffandlichen Religiofifaf erfiillfen
Epoche, verfagf audi vor jeder Kunft die nichf Ausfprache zwifchen Kiinffler und Wetf
iff, fondern fich felbff enfhullf mif den Miffeln, die innerhalb der Grenzen ihrer Ausdrucks-
moglichkeifen liegen.
Nur fo la£f fidi das Schaffen Debuffys erfaffen: Von dem Augenbttcke an, Wo er
In den Vollbefifc feiner Miffei gekommen iff, bleibf fein Schaffen auf einer Ebene, .ohne
zu uner^varfefen Hohepunkfen zu ftihren. Es gibf Werke, die mehr oder minder in-
fpirierf jind, alle aber fragen eine innere Vollendung in fich. Er fchreibf keinen Takt
nieder, der nichf ausgereiff ift Die problemafifche Ausfprache, das Ringen urn die
Form exiffierf fur inn nichf, oder richfiger gefagf: er Ia£f es nichf fichfbar werden. Das
befrachfef. er als innere Angelegenheif des Kunfflcrs, der nur das darbiefen foil, was
geformf und reif iff,
Alles iff bei Debuffy von einem wunderbaren Ebenmafr Er bauf feine Werke in
einer, nur ihm eigenen zuriickhalfenden Archifekfur auf, bei der kein Defail hervorfritf,
alles ;icf? : q ,em Ganzen ein- und unferordnei:. Seine Harmonik ift kfihn, ohne befremdend
zu fein, Jeiue Rhyfhmen find pragnanf und voll freibender Kraft, ohne je brutal zu
wirken, feme Melodik ift von einer Siij3e, die beraufchend wirkt, ohne je fiifSHch und
fentimental zu werden. Er hat Kraft und Zartheit, Schwung und Grazie; er darf alies
wagen, weil er das Geheimnis von AUem kennt
Er hat die frsnzofifche Mufik wieder auf den Weg gebracht, den fie feif den grofSen
Claveciniften, und nicrit zu ihrem Heil, aufgegeben haffe, Er kniipft an Couperin und
Rameau wieder an. Wie diefe fchreibt er Klavierftiicke, die einen Tifel haben. Wie
fehr unterfcheiden fich aber diefe Werke von den monftrofen Gebilden der Programm-
mufik, die wir in den le^fen Jahren zu horen bekamen. Hier der Verfuch, der Mufik
epifchen Charakter zu- geben, fie zu wechfemden Sdiilderungen zu zwingen, Ge-
dankliches ihr unterzulegen, dort, wie bei den alfen Suifenkompbniffen das Schaffen
eines kurzen, einheiflidien Stiickes unfer der Infpirafion einer leitenden poefifdien Idee;
Nafureindriicke wie „Clair de lune", „La Soiree de Granade", „Jardins sous la pluie",
„Les collines d' Anacaprie", „Canope" oder 'dedicate in Mufik wie „Pagodes", „Et la
lune descend dansle temple qui fut", „DanseusesdeDelphe", „La serenade inferrompue*.
I V
Auf dem KlaVier, von der Lifztfchule feiner eigentiichen Sphare entriffen und zu
orcheftralen Wirkungen mi^braucht, eirthiillf fich fein Schaffen am reinften. Mit einem
unfaglich feinen Klangempfinden begabt, fuchfe er dem Klaviei* wieder eine Funktion
zu geben, wie fie der Nafur des Inftrumentes enffprichf. So knupft er in feinen Jugend-
werken unmittelbar an Chopin an, deffen Gedenken er das Hauptwerk feiner lefjten
Epoche, die „Douze Etudes pour le Piano" widmet Es find richtige Klavieretiiden
aber von einer bewundernswerten Eigenart, von einem Reichtum des Geftaltens, der
immer aufs Neue enfzuckt. Kaum in einem andean Werk ift es Debuffy gelungen, fo
fehr den Begriff der Steigerung zu vermeiden und wie die alten Claviciniften in einer
Ebene zu bleiben. Weit weniger glucklich erfcheint das Problem in den drei gro£en
Stucken fur zwei Klaviere zu vier Handen „En Blanc et Noir" geloft. Sie find im
Friihiahr ^915 enfffanden, in der Zeit da Debuffy nach den er'jten furcntbaren Monaten
des Krieges, in denen wohl kaum ein $roj5er Kiinftler die Sammlung zum Arbeiten
hatte, wieder zu komponieren beganri, doppelt fchwer'unter der feelifchen Depreffion
und der Ahnung des herannahenden Todes leidend. Das Werk falli fo fehr aus der
Linie, in der fich Debuffys Schaffen bewegf, heraus, daj5 es intereffant Ware, iiber die
naheren Umffande feiner Kompofition genaueres /,u erfahren; denn ungefahr der
gleichen Zeit gehoren „Six Epigraphes Antiques" fur Klavier zu vier Handen an,
die von einer meifterhaffen Pragnanz und Einfachheif des Ausdrucks find.
Das erfte der Stucke „Pour invoquer Pan, dieu du vent d' ete" ift ein Paftorale,
die Linie des „litfle Shepherd" ;n „Childres Corner" und der „Fille aux chevaux de
lin" in „Preludes I" fortfiihrend, zart und t lar in den Konfuren, dunn im Sa£. Ebenfo
einfach, beihahe den zweiten Spieler en.behrlich machenc 1 , ift das zweife, „Pour un
tombeau sans nom". Das ergreifendfte du- Stucke fcheint mir das driue, „Pour que
la nuit soi, propice" zu fein, wie ein oebet um Ruhe und Frieden. mit dem Debuffy
Nacht fiir Nacht den Schlaf erwartete, — wie ein Wanderer (fo Jchrieb er einem Freunde)
der auf einen Zug warfet, von dem er \veij3, daj3 er doch nie kommen wird, — und
erfullt von der refignierten Hoffnungslofigkeit des Wiffenden, die nie zur lauten Klage wird.
Vielleicht la^f fich an diefem Stuck, wo die Beziehun& zwifchen Kiinffler und Werk
eire auffallende ift, der Begriff des Schaffens im hochften Sinn in Worte faffen. Nicht
das Erlebnis wird dargeffellf, fondern das, was hinter dem Erlebnis ffeht. Debuffy tritt
hinter fich zuriick, er feilf mcht fich mit, wie der romantifche Kiinftler, er zeigc nicht feinen
Konflikt mit der Welf, nidit fein Ringen um Gott, nicht Teinen Schmerz und feme Qual;
dies inacht er mit fich ab. Sein Kunffwerk erfullt er mit dem Niederfchiac deffen, was
167
Von all dem ZufalBgen der eigenen Perfon, des eigenen Sduckfals als bleibend und
unveranderlich geblieben iff. So fteht er an der Sdiwelle einer neuen Zeif, \^. wird er
zum Schopfer einer neuen Klaftizitat
Nie wird es eine Rudtkehr zu Mozart geben und alles Komponieren im alten SGI
ift eine lappifthe Spielerei, die nur die geringe Oeijtigkeit der meiften Mufiker aufs
Traurigfte beleuchfet, es gibt aber vorwarts einen Weg zu einer neuen Einfachheif, die
dann lebendig werden wird, wenn nicht groj5e Opern und Sinfonien wie improvifierte
Skizzen ausfehen werden, fondern kleine Skizzen die Vollendung und Abrundung in
fidi fragen werden; wenn <3roj5e nidit an der Mafte, fondern an der Vollkommenheif
des Gebotenen gemeffen werden wird.
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Den neuen klaflifdien Stil, die attache Kiarheit, zu der fich Debuffy in Jeinen lefcfen
Werken durdigerungen hat weifen die Sonaten fur verfduedene Inftrumenfe auf, von
denen drei vorliegen: die Sonate fur Violoncello und Klavier. die Senate fur Flote,
Braffche und Harfe und die Sonafe fur Violine und Klavier. Die Inltruxnenfe find alle
nach ihrem nafurlidien Charakter behancelf. Man erkennf auf den erften Blick: hier
Jpielt die Flote, dort die Geige; hier das Klavier. dorf die Harfe. Das Klavier iff nidit
melodiefiihrend, fondern begleitend verwendef, die Violine qualt fidi nidit in mijSklingenden
Doppelgriffen, das Cello nidit in unnatiirlidien Lagen.
Formal am infereftanfeffen iff die SonafeXfiir Flote, Braffche und Harfe. am klarjten
gebaut die Violinfonafe. Die Sa^e haben nidit den der Haydn-Mozarf Epoche ent-
ftammenden typifdien Aufbau, fondern mifchen Kontraft'gebung der Sonate mif Elemenfen
der Suite. Mag fein, daj5 die Erfindung nidii immer die ftarkjte iff, ich habe wenig fur
leute iibrig, die den Themenraufch haben und dariiber die hoheren Sdhonheiten und
Notwendjgkeiten der Gefamfltrukhii* nidit kennen, die glauben, komponieren zu konnen,
wenn ihnen ein brauchbares Motiv einfallt hinter dem fidi eine trofflofe Ode einftellt,
die fie dann Durdifiihrung nennen. Derlei Infanfilitafen haben mit Kunjt nichts zu tun.
Der Mufiker wird an diefen Spat werken Debuffys die maitrise bewundern, die
meifferlidie, ficher abwagende Hand eines, der inmiften modifchen Komponierens im
Wagnerepigonenjtil feinen eigenen Weg ruhig und unbeirrt gegangen ift und feinem
lande eine neue Mufikkultur gegeben hat
9*
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Alle RiDatte werdcr. i«« Kflmtlerr: gutgebtacht Xifan^r.- ?r-»vi*ioTj^ii als b-i ^-v:.Tri*:nili:i.jfti KonKcrtai,— hi.ti.
168
Das Tempo
Musikalisch-psychologisrhe Studie von
Dr. Alfred Guttmann.
* Jeder reproduzierende Kunftler weiB, da8 er dasfelbe Stuck heut fchneller, ein anderes Mai
Iangfamer nimmt. Die GrOnde hieruir. die teils im Mufikalifchen, teils im Pfychologifchen liegen,
find fehr mannigfach. Der denkende Mufiker hat fich mit diefen Problemen befcha^'tigt und Be-
obachtungen in fich gefammeit; auch der Horer, der aufmerkfam und kritifch muHkalifche Lei-
frungen aufnimmr, weiB. daB nichr nur ein- und derfeibe Kunftler verfchiedenartige Tempi hat,
fondern daB ein- und dasfelbe StDck von verfchiedenen Kunftlern vorgetragen, oft eine andere
zeitliche Dauer hat. Die alte afthetifche Frage, ob es eine eindeutige, daB heiBt hier, zeitlich
genau beftimmbare Mufik gibt, fteht im Hintergrunde aller diefer Erorterungen. Seit der Erfindung
des Metronoms war es dem fchaffenr'en Kunftler moglich, eine -gewirfe Gefchwindigkeit fiir den
Ablaut des Stiickes vorzuichreiben. Hiervon ift in den folgenden Darlegungen nicht die Rede.
Es foil vielmehr verfucht werden, an der Hand von Beobachtungen und zahlenmaBigen Feftftellungen
uber lange Jahre darzulegen, welehe'Momerue i'0r die feincen Unterfchiede des Tempo in Betracht
kommen. Am einfachfren erfcheint es. ein kurzes Stuck, fagen wir ein Lied, in feiner zeitlichen
Dauer feftzuiegen. Indeffen fpielen da technifche Fragen (AtemfUhrung, Tonanfatz, Vokalifierung
u. a.) fehr hark mit, die bei der Kilrze eines Liedes bei verfchiedenen Sangern erheblich ins
Gewicht fallen. Zudem ift der Sanger, der fich nicht felber begleitet, an einen zweiten reprodu-
zierenden Kunftler gebunden, fodaB man alfo einen Komplex meffen v/urde. Der Soloinftrumentalift
jedoch ift noch vielmehr als der Sanger im Tempo von den technifchen Schwierigkeiten des Stiickes
abhangig: er wird durch das rein .Materielle feiner Darbietung gehindert, der reinen Intention immer
vullig gleichzukommen. So fchien es am beften, ein Gebiet zu wahlen. wo der ausiibende Kunftler
weder von eigenen technifchen Schwierigkeiten behindert wird, noch direkt an die Leiftung des
AusUbenden gebunden ift. Hierfur fand ich am geeignetften die Taiigkeit des Dirigenten.
Verfchiedenheiten der Tempi beruhen einmal auf demB^ftehen groBerTemperamentsunterfchiede:
es gibt ausgefprochene Adagio-Naturen und exquifite Prefto-Naturen. Nicht nur manche Mufiker,
fondern auch manche Alufikftatten find wegen ihrer traditionell langfamen Tempi beruhmt. Ab-
gefehen davon find fiir die Tempounterfchiede eine Reihe von pfychologifchen Momenten wirkfam,
Faktoren alfo, die mit dem rein Mufikaiifchen nicht etgentlich zu tun haben. So ift die feelifch-
nervofe Dispofition des Dirigenten oft entfcheidend far das Tempo eines Orchefterftuckes. Wer
in Erregtheit unruhig, feelifch untrei dingier t, wird dasfelbe Stiick zweifellos fchneller nehmen,
als wenn er es in gleichmaSiger, konzentrierter Gemutsverfaffung fpielt. Zweitens wird das
Moment der Gewohnung eine Rolle fpielen: ein oft dirigiertes Stuck wird mit anderer Anteilnahme
der Seele, mehr aus dem Handgelenk heraus und in anderem Tempo dirigiert. Sodann wechfelt
der feelifche Kontakt zwilchen dem Dirigenten und den AusUbenden; die Rflckwirkung der Art,
wie das Orchefter fpielt, beeiniluBt den Dirigenten in feiner ganzen feelifchen VerfaKung und
wirkt Eo auf das Tempo. Auch fchafft das Verhalten des Publikums eine Atmofphare der Luft
oder Unluft. Auch diefes alies wirkt. wenngleich es auBerhalb des Mufikalirchen und im Grunde
genommen auBerhalb des Kiinftlerifchen liegt, ftark auf das Tempo ein.
Die kiinftlerifchen Grunde find ebenfalls zahlreich: einmal wechfelt beim Dirigenten, wenn
er alter und reifer wird (und das gent beim Kunftler oft fehr fchnell vor fich) aus dem Stack
heraus die Auffaffung: ein Symphonie-Satz, der dem Kunftler vollendet fcrlon geklungen hat, laSt
*■ in fairer Wirkung auf ihn nach. Er empfindet jetzt Langen und tote Stellen dort, wo er frQher
in den Melodien. den Harmonien, der Inftrumentation gefchweigt hatte. Die notwendige Folge
ift, daB er an folchen Stellen nunmehr eilt. Ein anderer wichtiger Punkt ift die Klangwirkung
eines zu Gehor kommenden Stiickes auf den Dirigierenden im.Vergleich zu dem vorher vorge-
fteliten oder frtiher anders gehorten Klang desfelben Stiickes; hier fpielt nicht nur die Qualitat
169
w&m&sam sB
deS austtbenden Orchefters eine Rolle, fondern auch das Quantum: mit 16 Primgeigen kann man
andere Tempi nehmen als mit 8. Ein und derfelbe KlangkOrper (Orchefter, Chor) wirkt in einem
anderen Raum. ja auch an einem andem Tage in demfelben Raum akuftifch fo anders, da8 der
Dirigent gezwungen ift, aus Rtfckficht hierauf das Tempo zu andern. SchlieBlich rind auch EinzeJ-
faktoren einer Gefamtwirkung beftimmend auf die Auffalfung und wirken fomit auf das Tempo
zurtlck: wie eine liebevolle Kantilene in einem foliftifch hervortretenden Inrtrument (etwa Oboe
oder Horn) phrafiert wird, wie Nebenftimmen aus dem Orcheftergewebe durch bltlhenden Ton
(im Cello)' hervortreten, das gibt gelegentlich oft unerwartet To neue Klangwirkungen, daB der
eindrucksfcihige und fenfible Dirigent Fofort nachgibt. (Von der Umkehrung diefer Einwirkung,
dem ktinftlerifch-wichtigen, wird hier nicht gefprochen. DaB der Dirigent dem Orcherter seine
AuffaHung, sein Temoo gibt, ift felbftverftandlich.)
Wo liegt nun der MaBftab daflir, ob diefe, fcheinbar a priori aufgeftellten theoretifchen Er-
Orterungen rich in der Tat fo auswirken, daB der Horer es bemerkt. Exiftiert denn aber Uberhaupt
„der* HOrer? Sicherlich nicht. Die Horerfchaft als folche, das Publikum fetzt fich aus unzahligen
Individuen zufammen. Scheidet man von vornherein Unkunftlerifche oder kunftlerifch Ungebildete
aus, To findet fich unter dem kleinen Reft von urteilsfahigen HOrern gleichfalls jener Typ, der zu
langfamen Tempi neigt und jener, dem jedes Tempo zu Iangfam erfcheint. Unter den HOrern
find folche, die unkonzentriert dabeifltzen, es eilig haben und fchnell weg mbchten und folche,
die fich mit Hingabe in das Stuck vertiefen. Auch hier finden fich Perfonen,' die das eine oder
andere Stuck To kennen, daB es ihnen fchon „Iangweilig" wird, auch hier wechfelt die kunftlerifche
Auffallung eines StUckes und damit das Urteil daruber, ob das ZeitmaB adaquat ift, auch hier
wirken Einzelheiten kQnftlerifcher und akuftifcher Art ein. Ja, auch Optirches fpielt mit:' die
Haltung, die Gebardenfprache des Dirigenten, Telbft die korperliche Haltung des Orchefters, fowie
die Nachbarfchaft des Hirers beeinflufren die Urteile.
Die AufzShlung alier dieler Fehlerquellen (fie ift bei weitem nicht vollzahlig!) zeigt fchon,
wie fchwer es ift, in folchen Werturteilen einen wirklichen MaBftab zu finden. Jeder unter uns
erlebt ja auch auf Schritt und Tritt, daB er im Konzert interpelliert wird: „Heut hat StrauB aber
wieder unglaublich gehetzt!" oder: „Das waren ja fa ft Bayreuther Tempi". Gerade in diefen
Tagen hat fich ein bekannter Kritiker tiber StrauB in einem Berliner Abendblatt hierUber fo geauBert:
,Oft, wenn er Beethoven dirigiert, ist einem zumute, als hiiitc er keine Zeit und salic licimhch auf die
Uhr, ob er denn noch den Abendzug erreichen ktinnc. Einen Kritiker, dern seine Tempi mififieten. soil er
hart angefahren haben. „Sic haben meine Tempi nicht zu kritisicrcn. Trachtcn Sie, sic zu verstehen."
Mir persflnlich fehlt das Gcfuhlsverstandnis fur ZeitmaCe, die so sclmell sind, daB sie dem sinfonisch.cn
Gesang die Fliigel besdineideii. Ich berufe mich auf Wagner, der das Allegro als das HuGerste Ergcbnis
der Brechung „des rcinen Adagiocharakters durch die bewegtcre Figuration ansicht. Selbst im Allegro
dominiert, bei genauer Beachtung seiner bestimmendsten Motive, immer der dem Adagio entlehnte Gesang.
So Wagner. Straufi durchsetzt das Bcethovcnschc Expressivo mit dem Temperament des unpathetischen
Menschcn, der keine Zeit hat."
Hieraus geht hervor, wie fchwierig auch fUr den geiibten Faehmann eine pracise Antwort
auf dererlei Einwendungen und Darlegungen ift. Und nun bedenke man, daB (nach Pohls Bericht)
Levi in Karlsruhe fttr das Meirterfingervorrpiel in einer hervorragenden AuffUhrung 10 Minuten
brauchte, Wagner lelber aber 8 Minuten und wenige Sekunden!
Ich habe verfucht, der Frage exakt experimentell zu Leibe zu gehen. Seit mehr als zwcilf
Jahren habe ^ch regelmaBig in Konzerten bei einer groBen Reihe von Orchefterftucken (auch bei
vielen Chorwerken mit Orchefter, auf die ich hier Togut wie garnicht eingehen will, urn die Dar-
ftellung diefes komplizierten Gefchehens zu vereinfachen) „Zeit -genommen". Das Prinzip der
quantitativen Feftlegung von Zeiten ein- und desfelben StUckes unter verfchiedenen auBeren Be-
dingungen ift, folgende Vergleiche zu geben: 1. derrelbe Dirigent mit dem gleichen Stuck und
demfelben KlangkOrper *zu verfchiedenen Zeiten, 2. derfelbe Dirigent mit demfelben Stuck und
verfchiedenen KlangkOrpern, 3. dasfelbe StUck unter verfchiedenen Dirigenten und verfchiedenen
170
Klangk&rpern. Betrachten wir das einfachfte: weichen die Tempi eines Dirigenten, weiin er art
detfelben Stelie mit demfelben Orchefter*) daslelbe StQck [pielt wefentlich von einander ab?
Oder hat jeder Dirigent ein gewiffes Tempo filr ein- und daslelbe Stlick? Die Frage ift weder
mit einem einfachen Ja zu erledigen, noch zu verneinen. .So hat Hausegger fur das Siegfried-
Idyll einmal 15 Min. 6 Sek., einmal 17 Min. 30 Sek. gebraucht; (er befindet lich dabei durchaus
innerhalb der aufierlten von mir feftgeftellten Grenzen: Richard StrauB mit 14 Min. 55 Sek.**
und W-erner Wolf mit 19 Min. 45 Sek.) DengroBten Tempounterfchied bei demfelben Dirigenten
fand ich im erlten Satz der V. Symphonie von Beethoven, den StrauB im Jahre 1912 mit 7
Min. 30 Sek. und 1913 wie 1917 mit 6 Min. nahm. (Die drei iibrigen Satze weichen bei StrauB
ganz geringfUgig von einander ab, vgl. die Tabelle). Scheinpflug, der 1914 mit dem Blilthner-
orchefter 7 Min. 22 Sek. brauchte, nahm 1920: 6 Min. 20 Sek. IntereHant find auch die Abwei-
chungen, die StrauB im erften Satz der VII. Beethovenfchen Symphonie zeigt, hier hat er 191 1 :
10 Min. iO Sek., 1914: 3 / 4 Min. mehr, 1915: fart 55 Sek. mehr als 1914. (Er ift alio, wenn man
lo will, hier von Jahr zu Jahr langfamer geworden.) Daslelbe zeigt auch im Vergleich der Zeiten
Tein Werk M Don Juan"; er hat in den mit Abftanden folgenden AuffUhrungen folgende Tempi
genommen: 15 Min. 45 Sek., 16 Min. 45 Sek., 16 Min. 25 Sek. Der Durchfchnitt nachMtlller-
Reuter ift 17 Min, was alio zweifellos, am eigenen, dreimal feftgertellten Tempo des Autors
gemetfen, zu langlam ilt. Dies ein paar Proben. Genaues laBt Hen aus den folgenden Tabellen
erkennen, vor allem die Tatlache des Schneller-Werdens (vgl. Fried und Zander, IX. Symphonie,
Satz I), des Gleichbleihens (StrauB VI. und VII. Sinfonie), lowie des Langfem-Werdens (riaus-
egger, Faulttymphon^,
Schon die bishengen Daten beweifen, daB — was theoretifch zu erwarten war, — nicht
einmal bei denfetben Dirigenten dasFelbe Orcheiter genau diefelbe Zeit erreichte, felblt wenn die
Auffuhrungen im lelben Konzertfaal Ttattfanden, und kurz auf einander folgten. Tritt nun eine
neue Perronlichkeit vor daslelbe Orchefter, to addieren fich deHeii differierende Tempi noch hinzu.
Ebenio tibertragt ein neuer Dirigent nicht ohne weiteres fein bisheriges individuelles Tempo auf
den neuen Klangkorper — fogar fein DurcMchnittstempo kann hier wieder anders werden. Nach
der Wahrfcheinlichkeitsrechnung tritt die groBtmogliche Variation auf, wenn alle Faktoren, alfo
Dirigent und Klangkorper anders bei demfelben Stuck find: ein Jangfamer" Dirigent wird (aus
GrQnden, die jeder Muliker ohne weiteres verrteht) mit einem groBen, guten Orchelter mit
Sicherheit to langfame Adagios nehmen kbnnen, wie er es mit einem kleinen OrcheFter nicht
konnte; nun kommt zum kleinen Orchefter ein „rchneller" Dirigent und Tpielt daslelbe Adagio
noch Ichneller, als der Andere. Vergleichen wir nun diete Zeit mit der des „langFamen" Dirigenten
vor dem groBen Orchelter, fo ift die zu erwartende Differenz die groBie.
Ich gebe nunmehr Oberlichtstabellen Uber die V., VI., VII. und IX. Symphonie von Beethoven,
die unvollendete Symphonie von Schubert, die Fauft-Symphonie von Lifzt, das Siegfried-Idyll
von Wagner und das deutfche Requiem von Brahms.
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Symphonie.
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*) Naturlich ist nicht jedes Orchester nach Jahren „dasselbe", aber bei det ehemalig kunigl. Kapelle und
bei den Philharmonikern ist der Wechsel nicht so stark gewesen, daB es fur soiche Fragen ins Gewicht fiele.
*•> Nach dieser Auffiihrung trat ein sehr bekannter Wagner-Kenner auf mich zu und SuBerte sich voller
Empurung iiber dieses Tempo. Aber auch Hausegger hat ja (mit dem BlUthner-Orchester) nur 15 M, 6 S. gebraucht.
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Als kitssto Tibollo Robit ich ans dor Zahl (jWiBnrer X"oti©rai.R«n oir.o
U«bt'rsicht iilxsr dio Genamtdauor, nuch Zuiteu geordnot.
Beethoven: FUnlte Symphonie. Schubert: ft-moll Symphoiie.
1. WoinRartnor: 33,00 1. Scherchon: 24,35
2. St'huinpflii?-: 30,22 2- Steinbaeh: 24,00
3. Bloch: 30,00 3 - Block: W.1J
■LStraufl: (DurchschniU) 29,22 J™^ p ttrch , chniu) ^
Beethoven: Neunte Symphonie. Uwt . FaustS y m p nonia .
1. Fartwrinslor: 73,16 L Kik ; s ^ : 8 1,10
-* WrfnduJ: 73,4;> •>. Hausegger: (DurchscL/i.) 78,55
3. Muck: 72.40 3. Pri«d: 75,4T>
4. iMfiriho: 72,00 4. Womlel: 72,00
"1. Zamior; fDurchschnitt) 71,24 5- StrauiS: 64,00
». HinisflKgpr: 70,30 Wanner: SieglriedidyU.
7, Kkdkr; 70,30 1. Wornor Woltt: 19,45
5. Stkdry: "0,20 2. MottI: 17,00
«J. I'aiuinm-; 70,00 3. irausoffser: (Durchsdin.) 10,18
10. Fried: (Dundisehnitt) G9,49 4. Muck: lti,0!)
V.. M.uigolborg: C'.OO 5. Krassult: 15,57
.12. Struuli: fDurdischnitt) (58,5:* 6. Strauli: 14,55
,»Jj in dor Tat der n s(,'hnalk'" Diriment 1st. Hin^opon onv^imm dio andorn Tabolion, daB
111 nkht, st']ui(.']li.»r;£iowordi!n sind. Darnit ist dio lie don salt, Stranfi worde iminor oiligor
solum von tic i* IX. Symphonic, wo M t* aftnlborp: (iibor don icli solbor keinii Zahlon hv>-
illjiirall an letter Sidle (in der AnordiiHny, di& mit grollon Zahlen beginnt). Trpilich ist
[oc-Zablcn tn'ibt, da lanpsaint! mid sub ti olio Siitzc h'u-r ja vik'ksiulitslo.s durcheinandcr zur
Der Fehler der hier angewendeten Methodik beruht in der Hauptlache darauf, da6 He nur
Bruttoheftimmungen ztilal5t. Ich habe bisher nur ganze Satze gemerfen. Nun ilt ohne weiteres
erfichtlich, da6 in der Symphonie der Dirigent innerhalb eines Satzes ein schnelles Tempo,
etwa d&s eri'ten Themas, durch Dehnung des zweiten Themas wieder ausgleichen kann — Oder
umgekehrt. Ebenfo kann er durch Befchleunigung der DurchfUhrung eine breite Temponahme
der Exposition wieder ausgleichen, und dergl. In der Symphonia demestica von Straufi hat
Muck mit den Phiiharmonikern jiingft das Tempo der Doppelfuge noch Tchneller als StrauB
kurz zuvor mit dem Staatsorchefter genommen, die Vertragsbezeichnung „mit groBer Bravour"
wurde glanzend ausgefi'ihrt, die ; Sechzehntel-Terzengange in den Hornern ftogen nur fo,,der Ge-
ramteindruck groBer Oefchwindigkeit des Tempos blieb zum SchluB zurtick. . Trotzdem war Seine
Gefamtzeit 51 J /2 Minute, die bei StrauS 42 Min. 53 Sek. In der I. Symphonie von Mahler,
Satz III (und in anderen StQcken mit fehr verichiedenen Tempi innerhalb der Satze) habe ich feit
Jahren Unterabteilungen gemelfen; lo brauchte Fried fUr den „Trauermarfch-TeiI" 7 Min. 30 Sek.
bei einer Gefamtzeit von 14 Minuten fiir den ganzen III. Satz, NikiTch 6 Minuten (Gefamtzeit
II Min. 30 Sek.), Walter 6 Min. 15 Sek. (Gefamtzeit 12 Min.). Fried bedurfte alto fUr das
Ubrige 6'/- Min., Waiter 5 ;i .'.i Min. Nikifch S 1 ^ Min.Zeit! Aus diefem Grunde find kurze StUeke
better gceignet fQr unfere Unterfuchungen. So habe ich wiederholt einzelne StUeke innerhalb
eines groBen Werkes gemerfen, beifpielsweife den Marfch der Kreuzritter aus Liszts „Keiliger
Elilabeth". In AuffDhrungen unter demfelben Dirigenten hatte er genau dietolbe Zeit, ja noch
merkwiirdiger: der Dirigent, dem ich nach der Generalprobe mein Bedenken aber das iangrame
Tempo ausfprach, beabfichtigte, das Stack in der AuffUhrung fchneller zu dirigieren und meinte
auch danach, er hatte es fchneller genommen — meine Etoppuhr zeigte aber genau dielelbe Zeit.
Am berten ware es, fyftematifch kurze Abfatze eines Stackes unter den von mir gewahlten Ge-
fichtspunkten zu meffen, beifpielsweiTe bis zum Beginn der DurchfUhrung. Dies ifc jedoch eine
Arbeit, die zur Vorausletzung meine bisher angefuhrten Meffungen hat und auch nur durch die
Beteiligung vieler intereffierter Mufiker zu leiften ist. Als den welentlichen Vorzug meiner Methode
fehe ich es an, dafi fie ftatt fubjektiv-ktlnftlerifcher EindrUcke rnathematifche Formulierungen
erlaubt. Andererfeits mochte ich diefe Unterfuchungen nicht als auberhalb des KUnftleritohen
liegend betrachtet fehen. Sie zeigen namlich fehr deutlich: einmal die Variabilitat der kUnftlerirchen
Reproduktion in betreff der zeitlichen Dauer, zweitens erweifen fie die relative Wertlofigkeit all-
gemeiner Urteile aber Tempi eines Kanftlers, fodann decken fie FehlerqueUen von Falfchurteilen
m
auf und geben dem Kenner MOglichkeiten und Unterlagen, urn laienhaftes GeFchwatz Uber das
Tempo irgend eines groBen Kilnftlers auf ein'richtiges Ma6 zurilckzufahren. Diefe Zahlen mahnen
alio zur Vorficht gegen apodiktirche Werturteile, und zeigen die Hinfalligkeit normativer Feft-
Fetzungen, fozuFagen M geaichter" Zeiten.
Ich begnttge mich rilar damit, einige tcheinbar abTeitsliegende Gebiete der Musik naher gei'Uhrt
zu haben. Dem austJbend p .n MuHker wird vieles bekannt gewefen fein, anderes wieder dem
mulikwiffenrchaftlich-pfychologifch gebildeten Theoretiker. Aber die UnterFuchungen versuchen
gerade, Verbindungen zwifchen. ktinitlerifcher und wiFFenfchaftlicherBetrachtung, oder belfer gefagt:
zwifchen Mufik und Plychophyfiologie herzustellen.
Aus dem Inhalf der bisher erfchienenen Melos-Hefte:
Heff I
HERMANN SGHKRCHICK - . Goloitworfc
— An Bu.soni —
HETNZ TIESSEN Der aouit Slrom
HERMANN SCHERCJJEN . - Arnold Suhunbr-rg
Prof. OSCAR B1E Musikaliscbu Porspek riven
Prof. ADOLF WETSSMANN, . Der Wen z. mewl, Pi.-misten
BILDNISSE: Perruccio Busoni — Edunrd Krrimann
PAUL VON KLENAU . . . Duniaebo Musik
Dr. LEICHTENTRITT . . . Uuehorbosprochuris:
HEUMANN SCHERCHEN . . Zu Hans pfifasimrs Asthetik
dor rnusikaliscben Impotent
Proi. Dr. ALTMANN .... Bedi.'iitondft Neiwrscheiming.
und Manuskripto
BEILAGEN: Fnkninule ernes Reger-Brief«s
„Das Problem", Lied von Eduard Erdrnann in Faksimdn
HEINZ TIKSSEN . . -
Dr. HUGO LEICHTENTRITT
Heft II
Dr. HANS MERSMANN .
FRITZ FRID. WTNDISCH
SIEGMUND PISLIN& •
Prol Dr. ALTMANN . .
iioiio Strom, IL
Dio Quollon dos Neuon in
der Musik
Moderno KJaviormuink
Vom Musikor (Eirt Dialog
mis KalypBo)
Musifca'lische KulturfrAgon
MuaikphysioloKio
Paul Bekkars „Xeue Musik"
BodoutoodB Nonorscheinung.
und MannskriptH
BELLAGE: „Grablied", Liod von Huiim; Tlosson In Fakntmiln
(aus Shakespearcs „CymboIin"-, uborsotzt v. Lud. Berger)
Heff III.
OSCAR BIE NiJciseli und das Dirigieron
HERMANN SCHERCHEN . . Nikisch und dan Orclmster
LORBNZ HOBER D.DirigiorkunstArt.Nikisch's
JORGEN VON DERWENSE Dio Jugood, dio' Dirigenten
und Nikisch
H. \V. DRABER Dio Nikisch- Program mo und
dor musikalischo Portschritt
ARTHUR NIKISCH .... Erinnorungeo. aus moirjor
Wiener Jugondzeit
Prof. Dr- A.LTMANN .... JJodeutonde Noiaerschoinunc.
und Manaskriptc
PORTRAIT; ARTHUR NIKISCH (Aus dor Luxusausgabn
,Xm ICoazcrt" v. Oscar Bin mit Stuinxoicbn unpen
von Eugen Spiro, Vorlag Julius Bard, Borlin)
m
HRINZ TEKSSKN
WIITS5 FRID. WIKDISCH
OPCAK BtK ......
ClSSAR 3AERCUINGER
Dr. ALFRED DOBLJN •
Heff IV
, . , Dor r.oue Strom, IIL
Roger's Verhiiltnis k. Tonnliliii,
MuaiUaljseho PerKpektiven, It,
Anier.kiiniscli« Musik
Boniorkungen dines musika-
lischen Laien
Musik woishoit dor Indor
Bodeutendo NemirseheJrmngon
und Manuskripto
BEILAGE: Alfred Mombort: „Bluto dew Chaos",
Hans Jib-gen von dor "Wnnso
Heff V
HEINZ TLKSSEN Dor aeue Strom, IV.
BELA BARTOK Das Problem d. nuuen Musik
Dr. HANS MERSMANN . . . Did Emplar ^-nd.m
JlL'DOUi' CAHN-SPEYER . . DidNotdorKonzertorchtistur
und die Entwieklung d«r
symphonischor; Musik
Buchfirbesprorhuns
Bedeutonde Noucrscliclnung.
und Manuskripto
5w«ior Soelen Lied",
M'anfrod Ourlitt
Heff VI
ProL Dr. ADOLF WKISSMANN Modorne Musikkritik
A. M. AWRAAMOFP . . "'
Dr. HUGO LKrCHTENI'ItlTT
ProL Dr. ALTMANN ....
BEILAGE: Richard Dohmol:
ierun£
Jenst'its v in Temper]
imii F J 1 orjalitiit-
Der Opurndiniktor Malilor
Mahlers Ekstaso ein Ver-
miichtniH
MusikaJisclio Perspoktiven,
in. Das Oratorium
D. Mahlorfost i. Amsterdam
Willcm Metigelberg
BerinuL Neu»!rschwinungen
und Mamwlo-ipto
Iliidtii.s T.ustav MabJtVs aus dem Jahro 1893
fa. d. Privatbcsitz d Horrn Dr. Berlins, Bi-rlin)
Rodin's Midilorbiisto -Portr.Will. MonguIbHrjj's
rnvprciffeutl. Brief GusL Mnhlcr's in Kaksimilf
(Dicserlirief, wie derRo^erliriitf a. No. 1 ist uns
von d. dcrzuitigita Bwitzcr, Horrn Dr. W«ni«r
Wolfiheim. Ucrlin-Gruncwald giitig.ft xur Ver-
ilfri!n?.]it. , bung uborlasnen worden)
Dr. FRITZ STraDHY . . .
EDGAR BYK
ProL Dr. OSKAR, BIE . . .
Dr. i-H-GO I-EICHTENTRITT
FRITZ-FIUD. U^rNDISC'H .
Prof. Dr. ALTMANN . , . .
]
Da - capcC^Lied, Gefumm
Von Hugo Marcus
Woraus besteht alle Musik? Woraus besteht Takt,
Rhythmus, thematischeDurchuihrung, Reprise, Variation
mid Rondo? Aus der Wiederholung. Die Wieder-
holung, das Da-capo, der Beitall begeisterter Horer
ist als Takt, Rhythmus, Reprise usw. in die Musik
hineingenommen, ja s'chafft Musik, baut Musik erst
auf. Musik ist ganz vorweggenommenes Da-capo, sei
es als Rhythmus oder als Variation, Repose, Durch-
fuhrung usw. Oberall herrscht die Wiederholung,
welchc begeisterte Hdrer erst fordern sollen, schon
vorweg: und begeistert. Wie Freude anstecktzu Freude,
so das Da-capo innerhalb dei Musik zum Da-capo
des Musikbeifalls. Das Da-capo innerhalb der Musik
fordert das Da-capo der Horer.
Das Da-capo des Beifalls aber ist nichts als das
Gesetz: alle Lust will Ewigkeit. In Wahrheit besteht
also die ganze Musik aus nichts anderem als Baustein,
wie aus dem Satz: Alle Lust will Ewigkeit? Ein ganzas
Haus aus dem Baustein „AlIe Lust will Ewigkeit"
jede Musik?
Schmidt-Liibecks Oedicht ,,Der Wanderer" ist von
Schubert komponiert. Wer denkt aber heute an dieses
Gediclit, das letzte Dinge auf ewige Weise sagt? Man
denkt an die (Composition und an den Komponisten.
Schmidt-Liibecks Gedicht ist durch Schuberts welt-
beriihmte Komposition zugleich aller Welt verktlndet
und wiederum den Augen der Welt entzogen worden,
verschattet unter der Sprache der T6ne. Nie ware
dieses Gedicht so wdt in alle Welt gelangt ohne die
Melodie. Aber kaum einer von denen, die heute sagen
„der Wanderer" denkt an den Text und weiB: Schmidt-
Liibcck. Das Gedicht, das seine Melodie gefunden
hat, hat seine;; Schcipfer verloren und wandert anonym
durch die Lander.
Einige Goethesche und Mtirickesche Verse aus-
genommen ist Schmidts ,,Wanderer" das schonste Ge-
dicht, das je komponiert worden ist ttnter so vielen
fragwiirdigen Texten. Aber Goethe, Mfiricke zu kom-
ponieren, lag nahe. Schmidt ist persbnliche Wahl.
Wer kannte Schmidt?
Deshalb: Wie dankbar bin ich Schubert fur die
Schonheit seiner Kompositbn und wie uoch einmal
dankbar, daB ihn gerade dieser Text icompositorisch
ergriff. Denn ich fuhle Schubert nun zugleich als
SchOpfer von Geliebtem, dem Lied, und als rreund,
der dasselbe liebt, wie ich: den Text. Der Lieder-
komponist ist, indem er schafft, zugleich SchOpfer und
Anbeter eines Geschaffenen. Als Schaffender kommt
er groB Qber uns: als Nachfuhlender 1st er wie ich
und Du, wie einer von uns und ans traut. So ist er
uns auf eine einzigartige Weise fern und nah,
Wie'ewig denkwUrdig aber, dafi ein so schemes
Gedicht* wie Schmidts und eine so schone Melodie
wie Schuberts sich auf dieser dunklen Welt zuf&Uig
trafen, daB Schube:t den Schmidt entdeckte. Und ganz
fur mien zu erwagen, daS ich dieses geliebteste Gedicht
vermutltch nie kennen gelernt hittte, ohne diesen ge-
liebtesten KUnstJer: Schubert! DaB ich ohne Schubert
tiberhaupt nie erfahren hatte: es gab Schmidt! DaB
H
II
J !
175
Schubert ntirig war audi urn Schmidts willen: fur mich.
1st es nicht, ais hatte ein personlicher Freund rnich
hingewiesen: da lies, es ist etwas fur Dich. Der
Musiker Schubert ist mein Freund, weil er der groBe
Weltfreund ist, und ich bin auch auf der Welt. Ich
kenne ihn, aber er hatte nicht nbtig, mich zu kenneii.
Dagegen Schubert, der raich auf ein intimes Gedicht
hinwies, bewundernd wio ich selbst, muBte mein
persOnlicher Freund sein, um zu wissen: <ias ist auch
flir den! Mir ist einen Augenblick lang, ais muBte
er mich gekannt haben, nicht nur ich ihn. Einen
Augenblick lang wird mir Schubert unter solchen Ge-
danken zum persiinlichen Freunde jenseits des groBen
Weltfreundes, der er auch ist. Das danke ich Schmidt! —
So vieles kleine PrivatglUck lauft also f tir mich bei
dem Gllick dieser Komposition noch nebenher. —
Ich summe ein Stuck aus einer Symphonie vor
mich hin. Ich summe: das ist schon Musik. Und
doch zugleich auch Sehnsucht nach Musik, nach der-
selben Musik im vollen Glanze eines Orchesters. Es
ist etwas sehr Wunderbares und hat eigenlich nirgends
sonst seinesgleichen; das Summen und Singen zugleich
Musik und Sehnsucht nach derselben Musik sein kann:
Sehnsucht nach etwas, was man ebe.n innigst hat.
Ja, eigentlich — man summt, was mau einmal
hOrte — ist Summen doch zu allererst eine Erinnerung
an Musik. Summen ist Musik gewordene Erinnerung.
Und ist doch selbst Musik zugleich- Und Sehnsucht
nach eben dieser Musik. In seinem Zimmer summen
und singtn, das ist vielleicht ein groBeres Glilck, ais
dieselbe Musik im Orchester in voller Erfullung zu
hbren. Denn die sich uns ganz erfiiilende Musik ist
nur Musik. Das Summen aber ist zugleich Erinnerung
an Musik und Musik und Sehnsucht nach derselben
Musik: ein Dreiklang von Seelischem, Seeligem. Ent-
behrung und Haben: gesteigert durch Entbehrung; Er-
wartung und Haben, gesteigert durch Erwartung. Von
den beiden groflen Weltverschonerern, dem Erinnern
und dem Hoffen zugleich belichtete Wirklichkeit, das
ist das arme Summen.
Und auch dies nicht zu vergessen: das Orchester
hore ich bloti. Mein Summen aber schaffe ich. Nein,
schaffe und hure ich. Im Orchesterkonzert bin ich
Eeter. Mein simples Summen summend aber bin ich
Gott, welcher schafft, und Beter zugleich.
Die Noflage der Ordieffermujiker
Von Lorenz Hcber
(Mitglied dcs Berliner Philharmonischcn Orchester;-)
Unsern groBten und besten Sinfonie- und Opern-
orchestern droht die Gefahr eines kQnstlerischen Riick-
ganges. Die Hauptursache dieser Erscheinung ist in
den unzureichenden Gehaltern der Orchestermusiker
zu finden,, Schon vor dem Krieg, also zu besseren
Zeiten, entsprach die Stellung eines Musikers im groBen
Orchester aowohl in wirtschaftiicher, wie in ge-
sellschaftlicherBeziehung nicht dem von"ihm verlangten
Konnen. Das Einkommen der Musiker in bedeutenden
Orchestern berrug ca. 2-3000 Mark im Jahre, in wenigen
der bestbestellten Orchester wurden ca- 5000 Mark,
aber auch dann nur nach fang*;- Dienstzeir, erreicht. Um
eine groBere MitgliederzaN ;u ermoglichen, wurde zu
einem festen Stamm eine berrachtliche Anzahl von
Hilfsmusikern engagiert, aeren I3eza!:lung weit hinter
den angegebenen Zahlen zurUckblieb. Wenn dennoch
die ausgezeichnete QuaJitat der groBen Orchester er-
reicht werden konnte, so kam der Umstand zustatten,
daBesgenugendMusikstudierende gab, die in Miheren
Jahren mehrals heute auf Orchesterstellungen angewie-
sen waren. Besonders traf dies f tir die Blaser zu.
Mittlerweile aber haben sich die Verhaltnisse
von Grund auf verandert Das „Emsemble"-Musik-
wesen hat einen mSchtigen Aufschwung erlebt Fast
in jedem Kaffeehaus, im Kino, in Bars und Dielen
werden Mu3i!cer verlangt. Die Bezahlung dort ist im
Vernaltnis zu der der groBen Orchester ungleich besser,
die Anforderungen dagegen auf musikalichem wie
technischem Gebiet bind geringer. Die Proben, die
den Orchesterdienst so erschweren, fallen ganz'weg.
Dabei werden in Dielen und Nachtlokalen monatlich
Summen verdient, filr die sich der Orchestermusiker
bei ungleich huheren LeiStungen faBt ein Jahr schinden
muB. Diese hohen Einkommen werden durch ein
Trinkgelb-vUnwesen" noch gesteigert. Leider zahlt
das Publikum viel eher hohe Preise an diesen Statten
(neuerdings sogar Eintrittspreise in den Kaffees), ais
fur gute Konzerte oder die Oper mehr Ge!d anzuwenden.
Zu verwundern ist es also garnicht, wenn immer mehr
gute Musiker zur Ensemblemusik iibergehen. Den
Schaden tragen die groBen Orchester. Sie finden
sch we: geeignete Kriifte, wenn Stellungen neu besetzt
werden sollen. Durch das ungesunde Verhiiltnis, daB
der Orchestermusiker durchschnittlich bedeutend
weniger ais derEnsemblemusiker verdient, ist in erster
Linie die Qualitat der Orchester gefahrdet.
Daneben gibt es eine groBe Anzahl guter Musiker,
die sich wohl scheuen, im Ensemble zu spielen, die
aber nicht minder eine Scheu vor dem Orchester haben.
Sie sind ais Musiklehrer tiitig, allenfalls geben sie
einmal ein eigenes Konzert kleineren Stils. Tuchtige
Musiker, die dem Orchester wertvolle Krafte waren,
denen aber das Orchester abgesehen von der schlechte'n
Bezahlung nicht die genugende kunstlerische und auch
gesellschaftliche Position gibt. Die Stellung des Or-
chestermusikers ist zu unbedeutend um ais erstrebens-
werte Frucht eines langen, auch finanziell opferreichen
Studiums gelten zu kunnen.
i
176
: Es ist also eine aHgemeineJWandlung in der Ein-
i schatzung dcs Orchestermusikers notwendig. Es miifite
[ mOglich sein, Orchester so zu fundieren, daB es die
besten Musiker fur wert halten, sich dort zu betatigen.
Die besten Musiker sind fQr das Orchester gerade gut
genug, ist dieses doch der kompHzierteste, wichtigste
Organismtis im musikalischen Kunstleben. Die v : "len
guten Orchester in Deutschland bilden eine geeignete
Grundlage fur eine Reform. Die ganze Angelegenheit
darf aber nicht Ms Lohnfrage im ublichen Sinne be-
handelt werden. Aus kiinstlerschen Erwagungen
heraus biete man dem Orchestermusiker eine gut-
be2ahlte, angesehene Position. Dann wird derZustrom
an jungen guten Musikern wieder zUnehmen, die Aus-
wahl kann sorgfaltiger erfolgen, die Qualitat der
Orchester rasch gefiirdert werden.
Da nun unsere Orchester im allgemeinen die
UnkosteumchtdurcljEinnahmendeckenkunneri, mussen
staatiiche und stadtischeBehordenerheblicheZuschusse
leisten. Es geht nicht, die Eintrittspreise ins Un-
gemessene zu steigern. Die Mtisik ist die Kunst des
Volkes. Unsere guten Orchester fordern, heifit die
Musik, diesen wichtigen Teil deutscher Kultur Fordern.
Auch private Kreise mufifen helfen; aber leider werden
musikfreudige opferwillige Mflcene immer seltener. Wie
es nicht gemacht werden soli, zeigt die Stadt Berlin,
die fur die Furderung der Musik fast garnichts tut,
wohl aber den Konzert- und Theaterbetrieb . durch
eine „Lustbarkeitssteuer" verteuert. Eine' Parsival-
AuffQhruug oder ein Phiiharmonisches Konzert als
Lustbarkeiten ! Staat und Stadte mliBten Zuschiisse
leisten, urn die Konzert- und Theaterbetriebe (vor allem
solche, die auch von riem armeren Teil der Bevttikerung
besucht werden) lebensfithig zu erhalten, und ihnen
Moglichkeit zu hochster kiinstlerischer Entwicklung
zu geben. Aber leider zeigen Reichs- untf Stadt-
verwaltungen kein Entgegenkommen. Bisher haben
eig?ntlich nur kleinere Provinzstadte hienn ein Ein-
sehen gehabt.
AnSer ihren finanzielien Forderungen sind fiir
die Orchestermusiker ihre Anspriiche auf grcifiere
Selbstandigkeit wichtig. Pflichtgefilhl allein genugt
nicht zur vollendeten Auffah/ung eines Meisterwerkes.
Der Orchestermusiker mufi begeisterungsfahig £dn, er
mufS alien Werken, den alteren wie den neuesten mit
kiinstlerischem Verstandnis gegenliberstehen, d. h.:
Kapellmeister und Musiker miissen sich gegenseitig
erganzen, eine Gemeinschaft kunstlerischer Per-
sonlichkeiten sein. Man schaffe aber erst die
Steliungen, die solches Wirken muglich
machen. Es ist eine absolute Notwendigkeit, die
Stellung der Orchestermusiker zu heben. Alle Freunde
griter Musik mogen helfen, vor allem Komponisten und
Dirigenten mit EinfluB und Namen; gerade sie haben
das griiBte Interesse daran, „ihr" Instrument zur
hochsten Entwicklung zu bringen.
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Band-Ausgabe (V.A.493) M. 450 n.
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WirMge neue Mufikalien, Biidier und Auftatze
iiber Mufik,
mitgcteilt von
Professor Dr. Willie 1m Altmann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54.
Diese Zusammenstellung, die moglichst in jedetn Heft dieser Zeitschrift erfolgcn wird, will audi noch tin-
■gedruckte groBere Werke, vor atlem Symphonien, symphonische Dichtungeri, Konzerte, Kammcnnusikwcrkc, Opern,
Chorwerke mit Orchester einbezieiien, um namentlich Dirigcnten darauf aufmerksam zu machen. Dicjenigen Tonsetzer,
die derartige Werke (jedoch nicht etwa Klavierstiickc, Licder, Mannerchore) fertig liaben, werden gebcten, micli davon
in Kenntnis zu setzen, doch behalte ich mir die Entschcidung iiber die Aufnahmc vor. Diese kann auch bei gedruckten
-tferken weder durch-cin hiserat noch durch Einsendung dcr bctreffenden Musikstiicke oder Bucher crzwungen werden.
RUcksendung etwaiger Einsendungen wird grundsa^lich abgclehnt.
Die Hinzufiigung des Verlags wird Bcstcllungcn erleichtern. Zu den angegebenen Preisen konimt immer
noch ..:>,■: sogen. Teucrungsaufscblag seitens des Vericgers und audi des Sortimcntcrs liinzu; cr schwankl bckanntlicli,
meist abcr betragt er.100% + 10%.
c) Sonffige Inftrumenfalwerke
Bach, Job. Seb.: Bearbeitungen, Obertragungen, Studien
u. Kornposit. f. Pfte v. Ferruccio Busoni Bd 7.
Breitkopf 20 M.
Forino, L-: La technica del Violoncellista. Ricordi
— : op- 34 2j\ Concerto (romantico) p. Vcello e Orch.
Hornwald, Rom
Orovlez, G.: Les plus belles pieces de clavessin de
d'tJcole frangaise, transcrites et mises en recueil.
2 Vol. Chester, London
Guarneri, F- de: Concerto p. Viol. Mit Klav. Ricordi
Haba, Alois: op. 3 Sonate (d) f. Klavier. Universal-
Edition 3 M.
Masson, Paul Marie: Printemps guerrier. Suite pour
Piano. M. Senart, Paris
Sattler, Karl: op. 19 Sonate (f) f. Harmonium.
Tonger, Koln 3 M-
Turina, Joaquin: Contes d'Espagne (Histoire en sept
tableaux) p. Pfte. Rouart-Lerolle, Paris
Violino. La technica del V. Opera composta in colla-
borazione dai professori dei conservators di musica
Italian. P. 1. Ricordi 15 L.
Waghalter, Ignaz: op. i"? Zw<M Skizzen f. Pfte. Ries &
Erler 9 M.
L Inffnimenfalmufik
a) Orcheffer (ohne Soloinffr,)
Hausegger, £: 'gaiund v.: Aufklange. Symphonische
Variationen. Ries & Ei.jr. Taschenpart. 6 ,"i.
Kunneke, Ed.: op. 8 Jagd-Ouvertfire. Ries & Erler.
Part. 20 to.
Lahuscn, Cnrist.: L'-£ Foch ,it der Schaferin. Ballet
zu einem Lustspiel v. Moliere. Breitkopf & Hartel.
Part. Preis nach Vereinbar.
Pick-Maiigiagalli, Riccardo: II carillon magico. Corn-
media mimo-sinfonica. Ricordi
Respigbi, Ottorino: Fontane di Roma. Poema sin-
fonico. , Ricordi
b) Kammermufik
Beilschmidt, Kurt [Leipzig]: op. 37 Sonate f. Klavier
u. Viol, noch ungedruckt
Bortz, Alfred: op. 22 Sonate (a) f. Pfte zu 4 Hdn.
Simrock 5 M.
Efgar, Edward: op. 82 Sonata f. V. and Pfte. No-
vello, London
Goofiens, Eugene: 12 Fantaisies p. Quatour a cordes.
J. & W. Chester, London
■ Huber-Anderacfc, Theodor: Sonate f. Vceli u. Klavier
noch unge-druckt [UrauffUhrung 27. 4. Munchen]
Iody, Vincent d': Sept chants de Terroir p. Piano a
4 ms. Rouart-Lerolle, Paris
Kaempf, Karl: .op. 62 Pathetische Sonate (b) f. Pfte
u. Vcello. Eos, Berlin 10 M.
Mikusch, Margarete v.: op. 8 Trio (A) f. V-, Br. und
Vcell noch ungedruckt [Uraufflihr. 2. 5. Munchen]
Orefice, Giacomo: Trio (d),p. V., Vcello * Pfte. Ricordi
Ornstein, Leo: op. 31 Sonate f. V. and Piano. Carl
Fischer, New York
Respighi, Oltorino: Sonata (h) p. Pfte e V. Ricordi
RoBler, Richard: op. 29 Variationen fib. das Volkslied
B Ach, wie ist's mciglich dann" f. 2 Klav. Ries &
Erler. Part. 12 M. *
Zanella, Amilcare: .op. 62 Quartetto (A) p. 2 V., Viola
-e Vcello. P. u. St. Ricordi
IL Gefangsmufik
a) Opern
Bottcher, Lukas: Salambo. Breitkopf & H. Klavier-
Auszug 16 M.
Boito, Arrigo: Mefistofele. Ricordi. Kleine Part. 30 L.
Brandts Buys, Jan: Micareme. Universal - Edition.
Klav.-A. 8 M-
Fall, Leo: Der goldene Vogel. Doblinger. Klavier-
Auszug 20 M.
Reznkek, E. N. v.: Ritter Blaubart. Ein Miirchenstuck.
Klav.-A. Univers.-Edit. 15 M-
Waghalter, Ignatz: Sataniel- Phantastisch-kom. Oper.
Ries & Erler. Klav.-A. 20 M.
b) Sonjfige Gefangsmujik
Haipfaen, Fernand: Vingt Melodies (avec Piano).
2 Vol. M- Senart et Co, Paris
J78
Holenia, Harms: Lieder u. Gesange f. I Singst. mit
Pfte. Sdiuberthaus, Wien: op. 1 Fiinf Lieder
10,40 M.; op. 2 Drei Lieder 6 : fc0 M.; op. 3 Fiinf
Gesange atis dem Irrgarten der L«ebe v. Bierbaum
11,30 M.; op. 4 Drei Gesange f. Barit. 7,30 M.
Italien. Canzionere popolare italiano. Von E. Oddoue-
Associazione Fratelli d'ltalia, Milano
Nibler, Otto [Miinchen-Pasing]: Messe f. Chor und
Streichorch. noch ungedruckt
Pfirstinger, Felix: Lieder in Schweizer Mundart nach
Gedichten v. Meinrad Lienert (13 Nrn in verschied-
Besetzung). Hug, Lpz
Pringsheiro, Klaus: op. 27 .^ehn Gedichte v. Th. Storm
f. 1 Singst. in. Pfte. Ries & Erler II M.
Ritter.Rudo: Lieder f. 1 Singst. m. Pfte. Wilh. Schmidt,
Mflnchen op. 3—13 je 3 M.
Ropartz, J. Gui: Le miracle de Saint Nicolas. Le"gende
p. Soli, Choeur et Orch. B.'Roudanez, Paris
Schjelderup, Gerhard: Balladen f. 1 Singst. m. Klav-
Nr 3 u- 4- Simrock je 2 M
Schumann, Georg: op. 58 Alte Lieder in freier Be-
arbeitung f. 1 Singst. m. Kiav. Heft 3 u. 4. Ries &
Erler je 3 M.
Szymaiiowski, Kami: op. 41 Vier Gesange v. Rabin-
dranath Tagore f. mittlere Frauenst- m. Pfte. 3 M-
Y.'aghalter, Ignaz: op. 10 Vier Lieder; op. 16 Drei '
Lieder f. 1 Singst. m. Pfte. Ries & Erler je 1,20
bis 1,80 M.
III. Budier
und Zeiffdiriffen-Auffa^e
(alphabutisch sowolil nach Stjcliwortcn wie nach dt-n
Vcrfnssern gcordnut. Bei Zeitschrtftcn-Aufsatzcn U't
immcr mit Nr die des laufenden Jalirgangs gemc'mt).
Altmann, Gustav — s. Pfitzner
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en Pologne. C Gres & Co, Paris 22 fr.
Pratella, F. B. — s. Italien
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Co, Paris 3,50 fr.
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Soraraer, Hans. Von Ernst Stier ~ in: Neue Musik-
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TeBraer, Hans — s. Anders
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Tiersot, J. — r,. Frankreich
Universita musicale — s. Conservatorio
Wagner, mitologo y ocultista. El drama musical de
W. y los misterios de la antiquedad.- Von M. Roso
de Luna. Libreria Hispano-Americ, Madrid. 8 Pes.
Wien. Die Versuche einer Wiener Kammeroper. Von
Theod. Haas — in: Musik. Kurier 17
Zoni, Alceo — s. Italien
Hams Auguslin, Amslerdam
Frans veuot Mlerlssfraaut MM — Telef . 2:. 1373
— Grossies Concenbureau aier Nleclerlcuide ~~
*80
n.i 1. uml 10. i..<lu,i Monat.s, '/u liwiiMion .lurch <ii.. ['ost/uisl:i.lt,«.ti. Buoh- u/Miisik.iUoalMuidliinBi.n, sowin dirukt vom V.-rlni;.
IMI^kiioii: Hi-rlin W.HI. Iwii-in A^ustastr. :U. I'Vriimf: "Uiisnw .'(■L'S. - Vnrl.iR: D.'Hm-Wui.sseUM^ B.-rlinur Alloc 71, F«rnnii: \V». ILT.
i'n-n. .I.-K Kiii/ol1i..fl t .s Mlt. L J .-IU, irti Yi.-rU-lj-AltiMm, Mk. W. - . b..i Kn-iisshaiidbMiiij; vi.frtt.ljlthrliuli Mk. la.-. - Nwli.Iruuk vurliKlmllxn.
Nr. 8
Berlin, den \. Juni ^920
I. Jahrgang
INHALT
SIEGMUND PISLING Tendenzen moderner Mufik
A. M. AWRAAMOFF Jenfeifs von Temperierung und Tonalifaf, III
Dr. UDO R'JKSER Die Situation der heufigen Mufik
Prof. LUD. RIEMANN-ESSEN Zur Tonalifaf
HEINZ TIESSEN Die Zukunff des Aug. Deufjdien Mufikvereins
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN .... BedeufendeNeuerJdieinungenu.Manufkripte
BEILAGE: Maskowski, Gedidif von Gippius
%
,MELOS'
in einer Luxusausgabe
erfdieinf monaflich einmal im Kunffverlag
Frifs Qurlift Berlin W 35
Tendenzen moderner Mufik
Von Siegmund PIsling.
(Sdilufr)
Der fdiwankende Begriff expreffioniffifcher Mufik erfahrf durdi Vergleiche mif den
Sdiwefterkunffen eine gewiffe 'Klarung. Die fchroffe Negierung renaiffancegeredifer
Symmefrien iff exprejfionijflfcher Malerei und expreffioniffifcher Mufik gemeinfam. An
fidi fymmefrifch, find die Formmiffel der Kubiffen im Gefamtrhyfhmus ftreng barockmapig
orienfierf. Der Widerffand gegen die Gleichgewichfigkeif, der Profeff gegen dao
Symmefrifche, gegen das Ausbalancieren, nimmf bei expreffioniffifchen Malern die
heffigjfen Formen an. Theodor Daubler*) erblickf auf Bildern von Kokofchka „fymbolifdie
Wirbel von Krafsem". Lange bevor idi Daublers Auffa§ gelefen, war mir, rein gefiihls-
ma£ig, die ffilijfifche Bindung zwifchen Kokofchka und Schonberg aufgegangen. Seifher
konnfe ich die kleinen Klavierffiicke von Schonberg oder die Parfifur von „Pierrof
Lunaire" nidif zur Hand nehmen, ohne mien lebhaff an die Grelligkeifen des Sfridis
und das bewuj3f Barbarifche in der Farbengebung Kokofchkas erinnert zu fiihlen. Nodi
mehr iff dies bei Wenje der Fall, deffen fheorefifches Verffandnis fich mir und Gleich-
gefinnfen durch die Schriffen Wilhelm Haufenffeins erfdilofr womif nidif gefagf Jein foil,
daj3 wir nun Wenfe mif einem Mai liebten und (einer Mufik mehr als ein wiffenfchaffliches
Intereffe enfgegenbrachfen. Sdionbergfreundliche Maler verficherfen mir, die gleichen
Ernpfindungen zu haben. Es liegf alfo wieder der lehrreiche Fall vor, da£ der Herz-
fdilag eines neuen mufikalifchen Sfils von kiinffterifchen Nichfmufikern vernommen wird
und bei unzahligen Fachmufikern auf faube Ohren ffoj3f.
Haufenffein fiehf in Malereien von Kandinsky den Verfuch, die Farbe, ein Miffel
zur Form, von der Form abz'ulofen und fie durdi ihr eigenes Pathos wirken zu laffen.
Erganzend fei bemerkf, d^fi rich Anfa^e zur Darbiefung der Farbe als „abfolufem Miffel"
in Kandinskys Profa- finden, Anfafce aus dem Grunde, weil die Gegenffandsform nidif
vernidifef wird. Man lefe folgeaden Profa-Einfall aus Kandinskys „Klangen", ohne fich
d u*ch den fkurrilen Tifel „Das" beirren zu laffen:
„Ihr kennf alle diefe Riefenwolkc, die dem Carviol gleichf. Sie la£f fich
fchneeweijSharf kauen. Und die Zunge bleibf frocken.
Alfo laffefe fie auf der tiefblauen Luff. Und unfen, unfer ihr auf der Erde/
auf der Erde ffand ein brennendes Haws. Es war aus dunkelrofen Ziegelffeinen
feff, oh, feff gebauf.
Und es ffand in feffen gelben Flammen.
Und vor diefem Haus auf der Erde "
Das Apercu griindef auf den Farben Schne*eweij5, Tiefblau, Dunkelrof, Gelb. Aber
dicfe Farben find nidif mif dem blinzelnden Impreffioniffen-Auge gefehen wie efwa die
geniale Skizze „Die Zuckerfabrik" in Alfenbergs%Wie idi es Jehe", Jondern ihrem Pathos
._ . . ^
-j Tlicodor Daubler: Acht Jahrc .Sturm". (Das Ktmstblatt, I. Jahrgang, S. 46. ff.)
182
warn
nach, als eKvas Geiffiges, iiber die finniidi-affribufive Befumnuuty Hinausgehendes. Die
farbigen Hclzfchnifte in Kandinskys „Klangen" liefern ein vorziigliches Material an „form-
enfbundenen" Farben. Der Mufiker wird ohne weiferes geneigf fein, fie w mufikalifch**
zu nennen und von Farbklangen Oder mufikarfigen Farbfe&en zu fprechen, wobei er,
urn jiingffe Mufik zu verffehen, Jich durdi kein Gerede von „reinlicher Scheidung**
der Kiinffe beeinfluffen lafien, vielmehr fich der Urmuffer Mufik anverfrauen wird, an
deren Briiffen moderne bildende Kunff und Dichf kunff Jaugen; ein GeredeJ wir wieder-
holen es, das mit Berufung auf „Wiffenfchafflichkeif" die Urfaffache wegbegrifjelf, dap
fidi die Kiinffe dem Sfoff nach unferfcheiden, im Wefen aber gieidi find.
Mehr Novalis und weniger Leffing: das iff's, was gebildefen Mufikern noffut
Sind, ach, fo lang philologifch gewefen, wollen's nun, an klaren Biichern erffarkf, doch
wieder romanfifch lefen, wollen hinabfauchen in den Dammer, aus dem fich. ein un-
geheures Mufikneues gebierf, Dammerer und Schauende zugleith.
Dem Haupfweg zulenkend, laden wir den Lefer ein, fich in das driffe von den funf
Orchefferffucken Op. 16 von Schonberg zu verfiefen. Es gibt da ganz merkwiirdige
Farbenmelodien, die dadurch enfffehen, dap der Klang — wohlgemerkf bei liegenden
Sfimwen — zwifchen den Inffrumenfengruppen wechfelf. Es gehf alfo, ahnlich wie bei
Kandinsky, nichfs vor als Farbe. wobei es ffiliftifch "unwejenflich iff, dap fich das
emanzipierfe Miffel bei Kandinsky in heffigffer, man mochfe fagen fchreiender Bewegung
befindef, bei Schonberg in gebundenffer. Der fundamenfale Unferfchied zwifchen Kan-
dinskys Farbendynamik und Schonbergs Farbenmelodie oder Farbenrhyfhmus liegf
darin, dap die Farbe bei Kandinsky ins Geiffige, Immaferielle, Transzendenfe freibf,
Expreffion wird, dagegen bei Schonberg ein finnliches Phanomen bleibf. Wenigffens
fur meine Freunde und mich. Wir vermogen der angezogenen Sfelle kein affhefifches
Gefuhl zu fubffituieren. Nun kommen aber'junge Leufe mif der Verficherung, dap fie
es konnfen und, bei der blopen Lekfiire, einer iiberaus feinen und eigenarfigen pfychifchen
Senfafion teilhaftig wurden, die dem Unterbewupffein anzugehoren fcheine und fich mi*
nichfs vergleichen laffe. Die Sfelle fei fur fie kein fechnifches Experiment, fondern die
Hieroglyphe von efwas Seelifchem, und obwohl fich, im alferen fa&fedmifchen Verffande,
nichfs bewege, empfanden fie eine nie gekannfe Erregung.
Der mufikalifche Expreffionismus ehrf in Arnold Schonberg feinen \fafer. Moglich,
dap fich das von romantifcher und neudeutfcher Erregfn^if wefensverfchiedene Pathos
der exalfierfen Linie und rafenden Farbe in einem fpaferen Meifter noch reiner auswirkf,
derfieffalf, daP Schonberg zu ihm wie ein van Gogh der Mufik ffiinde, der den Fufurismus
im Schope frug. Wer ttermochfe es zu fagen?
Schonberg gehorf zu den Kolumbusnafuren. Er fdilop der Mufik neue Ausdrucks-
welfen auf. Halb verdrangfe Melancholien, geffammelfe Befurchfungen, Ahnungen bei
denen fich das Auge zum Berffen weifef, Hyfterien, die mif uns alien leben, und jenes
Heer der Krampfe: fie werden Klang.
Wer biff Du, Schrecklicher, dap Du die Finffemiffe kundeff, die in Uns fdiliefen?
183
^atfaBS&BBi&mHmttomA
Jenfeifs von Temperierung und Tonalifaf
Von A. M. Awraamoff
(Auforifierfe tfberfe^ung aus dem Rujfifchen von Hermann Sdierdien)
III.
Ein neues Prinzip akkordifcher Klangverbindung.
Ich bin uberzeugr, daB die Praxis eine weit groBere Anzahl von Dreitonklangen innerhalb
unferer Tonreihe ergeben wird, als wir bisher feftgefteilt haben, ja, daB fogar keine Moglichkeit
vorhanden ware, alle diere ZuTammenklange zu unterfuchen, wenn vvir uns dabei nicht eines
lcitenden Gefetzes, eines Prinzips der Klangverbindungen, bedienen kdnnten. Ein folches lege
ich in folgendem dem Lefer vor: es handelt rich darum, daB die harmonifehen NebenkJJmge ein
und desFelben Tones (ich untereinander vereinen und mit dem Grundton wohlklingend ver-
Ichmclzen. So haben wir nur nOtig, die Oberton-Abhangigkeit unTerer Tone feftzuftellen, und
wir erhalten fofort noch eine vollftandigs Reihe harmonifch moglicher Dreitonklange. Die
folgende Tabelle zeigt diefe Abhangigkeit an-
2 4 8 16 32 64 128
1
c
3
as
5
e
-7
9 |J5
21 i 25 27
-H
35
45 49
63
75 ■ 105
i
147
do*
c
1 c
z
R
e I fi
A
i :
i e i
e
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t
1
a
|
as
; c
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A
as
c
a
e
f
:
c a
A
a,, |
b
e J
A i
Den unferer Tonreihe fehlenden Ton « haben vvir als Hilfston in die Tabelle eingefuhi't, da
er folgende fechs Tone vereint: r-des-b-^-as-f und zwar entfprechend den in. der Tabelle auf-
gezeigten Verhaltniuen; da er urn den diatonilchen Halbton 15: 1(> hoher als r ift, fo ware fein
Platz zwifchen as und a in unferer Tonreihe. Es ill leicht einzufehen, daB diefe Tone teilwc-^e
auch urn andere Grundtone herumgruppiert vverden konnten; fo treten die Tone dts, b und as
aufeinanderfolgend als :-$., 5. und.l). Oberfon von ges auf, das felbft aber unferer Reihe fehlt und
die nattirliche Septime von * ift. Die Tone v, b und a kommen ungefahr bei der groBen Terz
von * zufammen (dem 7. Unterton von b), welche lelbTt Grundton des Nonakkords ift, deffen
oberer Dreitonklang von jenen TOnen gebildet wird (wir haben letztere oben tenon zufamrnen mit
dem analogen Zufammenklang c- = -g betrachtet).
Die obige Tabelle dient uns aber nicht nur zu augenicheinliche." Kiarftellung der harmonifchen
Bedeutung vieler tenon erwahnter Dreitonklange, Tondern auch als Stiitzpunkt, urn rich uber die
vieltonigen Harmonien der Tonreihe zu orientieren. Wir kOnnen riiefelbe aber auch unmittelbar
zur Bildung von Oberton-Zufammenklangen benutzen, Oder umgekefcrt zur Bildung von Unterton-
Zufammenklangen, da z. B. felbftverrtandlich ift ? daB der als 75. Oberton von des auftretende
Ton e gleichzeitig auch jenes des zu feinem 75. Unterton hat; die Untert&ne finden wir, indem
wir die Tabelle in vertikaler Richtung betrachten:
c des a f v as a b
5 75 35 15 11)5 25 :j 45
m
Indem wir diefe TOne in abrteigender Reihenfolge anordnert:
r des b * as * f c a e
105 75 45 3:5 25 15 5 3 1
erhalten wir einen klangvcllen Akkord aus neun Tonen, deffen einzelne Teile genau to kompaki
erklingen, wie der Gefamtklang.
Urn uns fUr unlere weiteren Unterluchungen von der alten Terminologie freizumachen, die
abgefehen von ihrer Ungenauigkeit nur Verwirrung iinter die neuen Begriffskategorien bringt,
einigen wir uns ein fDr alle Mai hinfichtlich des Gebrauchs folgender Zeichen: zur Bezeichnur.g
der verfchiedenen Akkordtypen geben wir nur die Anzahl der lie zufammenfetzenden TOne und die
Verhaltniszahlen der letzteren an; dabei gebrauchen wir ununierbrochene Reihen mit dem Teilungs-
zeichen ( : ), wenn Obertonverwandtrchaft vorhanden ift — , bei Untertonverwandtrchaft Ichrhg-
gehende Striche zwifchen den Verhaltniszahlen, und endlicli Briiche, die durch Divifionszeichen
miteinander verbunden find, im Falle zufallig: r Tonvereinigungen, um nicht durch Darftellung
derfelben in ganzen Zahlen (welch letztere ja :ioch eigentlich die Ordnung der harmonilchen
Mitklange ausdriicken) oft die harmonifche Zufammenfetzung des Akkordes unklar zu machen.
Da die Verletzung eines Tones um eine Oktave aufwarts ."eine Ordnungsz;;hI verdoppelt (inner-
halb der Obertonreihe), wird die Akkordlage klar dnrch Einfuhrung arithmciifcher Zahlen zum
Ausdruck gebracht; To rind die Dreitonklange
1:3:5 und -1:5:0
nur verfchiedene Lagen derlelben Tone c-e-g (oder anderer, in gleichem Veihaltnis zu einander
ftehender), ebenfo wie die Dreitonklange
5/3/2 und (i/5/4
nur verfchiedene Lagen der Tone a-c-e, b-des-f etc. . . . find.
Hiermit gehen wir zur endgtlltigen Klalfifizierung der Dreitonklange Uber.
Je drei beliebige Tone aus ein und derfelben horizontalen Reihe unferer Tabelle vereinigcn
rich zu wohltOneuden Zufammenklangen, "/enn dabei beachtet wird, daB die Anzahl der Oktaven,
welche die ObertOne in der natUrlichen Reihe von. einander trennt, unverandert bleibt (zur Er-
leici^erung der Rechnung find in unlerer Tabelle die Cktaven der AusgangstOne [deren Teiler
2 ifij durch fettgedruckte Langslinien kenntlich gemacht). Diefe Bedingung feffelt den Kom-
poniften an Handen und F0*en, da 3 als .105. Oberton des des durch (i Oktaven vom Grundton
abgetrennt ift, und um 7 Oktaven als 147. Oberton des t ; auBerdem find folche
Zufammenklange kaum anderswo moglich, als in Orchefterpartituren mit Kontrabafi- und
Piccolo-TOnen.
Daraus tolgt jedoch nur, daB die^ Zufammenklange am meirten dtr Konfonanz entbehren,
und daB wii moglichft nebeneinander liegende Tone nehmen mlifftn, um gute Zufammenklange
zu erzielen, welche dann entlprechend dem Umfange des betreffenden Inflruments oder Enfembles
in weiterer Stimmenlage angewandt werden kOnnen.
So gibt uns die Reihe c \ Dreitonklangtypen:
I) 1:3:5; 1 : 3 : 7; 1:5:7; 3:5:7,
die alle fchon fruher befprochen worden find (1, 17, TV>)-
In der Reihe as wiederholen fich die vier Tone der Reihe c, der nur der Grundton as
felbtt fremd ift. So e.'halten wir hier nur (; Verbindungen neu, die alle den Grundton as
enthalten: II) 1:5:15; 1 : 5 : 25; i : 5 : 35; 1 ; 15 : 25; J : 15; 35; 1:25:^5.
Von diefen ift uns bisher nur die Zweite (3) bekannt. Durch Konionanz zeichnei fich jedoch
nur die erfte aus, wahrend alle anderen zu weite Stimmlagen erfordern.
Wahrend die ablolute Hone der TOne der Reihe a mit derjenigen zufammenfallt, die den
Tonen der Reihe as zu eigen ift, haben die Tone felber hier eine andere harmonirche Bedeutung:
III) 1:7:21; 1;7:35; .1:7^-19; 1 : 21:35; 1:21:49; 1:35:49.
Da folglich die TOne as und a als 5. und 7. Unterton von c auftreten, kommen wir zu
dem SchluB, daB eines der neuen Prinzipien harmonircher Verbindungen fein wird, daB wir die
185
MOglichkeit haben, zu jeder kompakten Obertonharmonie einen beliebigen BaBton
hinzuzufUgen (in entfprechendem Abftande), wenn der Orundton der Obertonharmonie
zugleich ein Oberton diefes BaBtons ift. Die Verhaltniszablen der ObertOne der Harmonie
werden alle in diefem Falle mit dem Nenner des Verhaltniffes des Grund- und neuen BaBtons
multipliziert (hier werden wir die Tabeile zu H/,Ife Ziehen), und dementfprechend erhalten wir
einc Komplizierung des Kfangkomplexes, die abeir zugleich gefetzmaBig und wohlklingend bleibt.
Allem Anfchein naqh wird diefes Prinzip befondere Bedeutung fUr Modulationen mit den neuen
Harmonien gewinnen.
Die Reihe f ift von befonderem Intereffe. Einerfeits ift f der 3. Unterton des c, to daB er
entfprechend den Reihen as und a lechs neue Dreiklangsharmonien mit Tonen der Reihe c bildet:
IV) 1 :3:9; 1:3: 15; 1 :3:21; 1 :9:15; 1 .9:21; 1 :15:-1,
von denen uns die erlte fchon bekannt ift (12). Alle lechs haben den fiir den Vorhalt der
Dominantharmonie auf ruhig klingender Tonika typifchen Klang, w^hrend entfprechend der Ver-
ringerung des Ab'itandes zwifchen ihren hohen T5nen und dem Grundton (indem erftere in die
Verhaltniffe 2, 1, S ubergehen) der Klang immer gefpannter wird und nach voller Auflofung
verlangt. Jedoch bleibt er vollig ruhig und ausgegfichen, folange das Interval! zwifchen hoheren
Tonen und Grundton unverandert ift, lo daB eine Auflofung nur bei Veranderung der urfprung-
lichen Geftalt des Zufammenklangs erforderiich wird.
Andererfeits fallt die Obertonreihe des f mit der des c zufammen, io daB in der Reihe f
alle Dreitonklange des Typ V wiederkehren.
Endlich entltehen durch die Verfchmelzung der Obertdne des c und des f eine Anzah! fiir die
Tonreihe ausfchlieBlich charakteriftifcher Verbindungen, da alle anderen Reihen (des, b, v) die
Reihe f ganz in Hen enthalten, und nur gemali dem oben entwickelten Prinzip ein oder zwei
BaBtone hinzufugen. Dabei lenkt der ununterbrochene Beftand der Reihe unfere befondere Auf-
merkfamkeit auf rich, da darin eine BUrgfchaft fUr viele harmonifche Moglichkeiten gegeben ift,
vorausgefetzt, daB Obertone iiber den 21. hinaus fehlen.
Damit find alle mSglichen Dreitonklange dicier Reihe gegeben, einfehlieBlich der fchon
bekannten l'» (IV, I).
V)[I]; 1:5:9; [1 :5: 15(11)]; 1 : r> ; i>i - 1 :'7 : 9; 1 :T:15; [1:7:21 (III)]; IV.
Somit haben wir 14 Dreitonklange, in denen f vorkommt, und ohne f-15:
VI) 3:5:9; 3:5: 15; 3:5:21; 3:7:9; 3:7:15; 3:7:21;
5:7:9: 5:7:15; 5:7:21; 5:9:15; 5 : 9 : 21 ; 5 : 15 : 21 ;
7:9: 15; 7:9:21; 7: 15:21.
Von den beiden Reihen V una VI haben wir fchon oben kennen gelernt: aus Reihe V —
den 1. (15.) und -1. Dreitonklang (13.) und aus Reihe VI ■*- den 2. (2.), 4. (4.), Ij. (18.) und 7. (U.).
Zwei der eben fur die VI. Reihe feftgeftellten Dr >onklange rind befonders intereffant:
3:5: 15; und 3: 7:21."
Als befondere GefetzmaBigkeit ihrer Struktur fallt fofort auf, daB die Verhaltniszahl des
hochften' Tones gleich dem Produkt aus den Verhaltniszahlen der beiden tieferen Tone ift. Dem-
eritrprechend haben diele Dreitonklange auch eine doppelte harmonifche Bedeutung, To daB fie —
dem oben entwickelten Prinzip zufolge — doppelte SchreibweiTe haben konnen:
3:5: 15 = 5/3/1; 3:7:21 = 7'3/l.
Die Erkiarung diefer Erfcheinung ift wahrfcheinlich darin enthalten, daB der hochfte Ton
einer jeden Untertonreihe bei Umwandlung derfelben in eine Obertonreihe die Verhaltniszahl be-
kommt, welche gleich dem kleinften Teiler aller Tune der Reihe ift. Das erhellt auch daraus,
daB er in paarweiTen Verbindungen
7/5/3/1 =15:21:35: <05
nacheinander zum 3., 5. und 7. Oberton der Tone der Reihe werden muB. Ferner ergibt fich
noch die Tatfache, daB jede Untertonreihe zur Obertonreihe werden kann, mit ; derBegleiterfcheinung :
daB dabei ihre harmonifche Bedeutung geringer wird in Bezug auf Sattheit der Konfonanz.
186
Die Rejhe fo wiederhoit die ganze Reihe f und verdreifacht dabei die Verhaltniszahten der
Reihenglieder, fo daft hier nur diejenigen Zufammenkiange tieu find, in denen der Grundton b
enthalten ift; aus ihnen f ^nd '
VII) 1:3:27; 1:3:4:".; 1:3:6:1; 1:9:27; 1 : 9 :45; 1 : 9 : 63; 1 : 15 : 27;'
1 : If) : 45; 1 : 1 5 : 63; 1 : 21 ; 27; 1:21 : 45; .1 : 21 : 03; 1 : 27 : 45;
1:27:6:1; 1 : 45 : US
vollftandig neu, wahrend die anderen die Dreitonklange der Reihe IV wiederholen. Die hohen
Ttfne der Reihe geben miteinander alle 29 Dreitonklange der Reihe f.
Die Reihe des gibt folgende Zufammenkiange, in denen der Grundton enthalten ift:
VIII) 1:3:25; 1:3:35; 1:3:75; 1:13:105; 1:5:45; 1:5:75; 1:5:105; 1:15:75;
1:15:1(15; .1:25:45; 1:25:75; 1:25:105; 1:35:45; 1:35:75; 1:35:105;
1:45:75; 1:45:105; 1:75:105
und folgende, in denen die Quinte enthalten iTt :
IX) 3:5:25; 3:5:35; 3 5:45; 3:5:75; 3:5:105; 3:15:25; 3:15:35; 3:15:75;
3:15:105; 3:25:35; 3:25:45; 3:25:75; 3:25:105; 3:35:45: 3:35:75;
3:35:105; 3:45:75; 3:45:105: 3:75:105.
Zwei von diefen find wiede: u;nkehrbar:
3:25:75; 3:35:105
und muftten als Unterton-Reihcn folgendermoBen gefchrieben werden:
25'3 ; 1; 353/1.
Die Reihe •; gibt folgende Zufammenkiange, in denen der Grundton enthalten ift:
X) 1:3
:3:105; 1
1:21:117;
1:63:117:
S:49; 1
1:21:105;
1:63:105;
und folgende mit der Quint:
XI) 3:7:35; 3:7:4!);
3:21:105; 3:2!:U1
3:63:105; 3:63:147
3:147; i:7:35; 1:7:49; 1:7:63; 1:7:105; 1:7:147;
1:35:63; 1:35:147; 1:49:63; 1:49:105; 1:49:147;
1:105:147
3:21:35; 3:21:49;
3:49:105; 3:49:147;
!:7:63; 3:7:105; 3:7:147
3:35:49; 3:35:63; 3:35:147
3:105:147.
Einige diefer Zufammenkiange laflen lien durch Verkiirzung der Zahlen mittels des gcmeinfamen
Multiplicandus auf einfachere Verhaltniffe bringen; fo -aus Reihe IX: 3:15:75 = 1:5:25;
3:15:105 _- 1:5:35; 3:45:75 ... 1 : 15:25; 3:45:105^1:15:35; 3:75:105 = 1:25:35;
und fallen darin mit fchon frtther betrachteten Zufammenklangen der Reihe II zufammen.
Aus Reihe XI: 3:21:105^1:7:35; 3:21:117^1:7:49; 3:63:105 = 1:21:35; 3:63:147 = 1:21:49;
3:105:147= 1:35:49;
diefe waren fchon alle in der Reihe III enthalten.
Endlich gibt uns die Reihe * nodi einige nette Zufammenkiange:
,X11) 15:21:35; 5:7:35; 15:35:63; 5:21:35; 21:35:45; 7:15:35; 35:45. &y t
von denen der 2., 3. und 5. Zufammenklang fchon ;n vereiniachten Verha4tniffen ausgedrllckt find.
So haben wir im ganzen 129 Oberton-Zufammenklange feFtgeftellt, die alle nur als Typen
von Zufammenklangen auftreten und von denen viele in den verfchiedenften Rfcihen vorkommen; die
Zahl aller Zufammenkiange, denen wir begegnet find, ift jedoch betraehtlich grOBer. Alles das
find Konfonanzen, folange die Verhaltniszahlen {iir die zwifchenliegenden Oktaven unverandert
bleiben. Die Anzr.hl der durch Annaherung der Tune aus ihnen abzuleitenden Zufammenkiange
wird kaum genau feftzuttellen fein, da ja nicht moglicu ;ft eine Icharfe Grenze zu finden, welche
jeder Komponift gegenuber den ihm als Diffonanzen entgegentretenden Zufammenklangen inne-
halten wtlrde. Der auiieren Begrenzung wegen wire aber zu empfehlen, nur Tolche Dreitonklange
zu gebrauchen, deren Grundform nicht don Stimroiimfang eines Vokal-Enfembles uberfchreitet,
und von weiteren Zufammenklangen nur diejenigen, die bis auf die aulterften Grenzen diefes
Enfembles zufammengezogen worden find.
«il
187
Zum SchluB ift noch zu empfehlen, tich allmahlich foweit die Bezeicrinung der 3T8ne durch
Verhaltniszahlen zu eigen zu maeheri; da6 wir fernerhin nicht menr nOtig haben, miHifelig im
J^ahmen der alten Theorie Ausdmcksm&glichkeiten zu fuchen. Denn die neuen Bezeichnungen
find auBerordentlich genau, wahrend eine Nomenclatur im alten Sinne infolge der zahireichen
' Kombinationen unmftglich alle Beziehungen auf einfache WeiFe ausdrlicken konnte. Dagegen
gibt unfere iWethode fehr leicht und einfach alle Akkordfolgen an, wercn wir dabei immer im
Auge beh'alten, durch Bucriftaben fur jeden Akkord die absolute Bedeutung der Einheit oder des
Grundtons zu bezeichnen, falls letzterer Tien durch keine Einheit ausdrtlcken laBt. NatQrlich
kann die abfolute TonhOhenur fiir den errten Grundron angegeben werden, wahrend ftlr die
'folgenden Akkorde die VerSndenmg der Einheiten durch entfprechende Zahlenverhaitniffe dar-
■geftelU wird. Die Erfahrung wird uns bald dariiber belehren, welche der drei Bezeichnungs-
weifen die zweckentfprechendfte ilt.
Die Situation der heufigen. Mufik
Von Udo Rubfer.
Die Gegnerfchaff gegen die „radikale" mufikalifche Produkfion beruhf weniger auf
einem Werfurfeil, als grundfa^lidi auf dem inffinktiven Widerwillen gegen alles was
anders iff als das Bisherige. Man half die maferiellen, phyfikalifdien und pfychifchen
Momente, weldie das mufikalifche Kunffwerk ermoglichen, fiir unveranderJich gegeben.
Man fdiliej5f alfo von vornherein ohne irgendwelche Prufung eine Menge Produkfions-
mogliehkeifen aus, befdirankf den Kiinffler ganz auf5erlich in vollig willkurlidier Weife.
Andererfeifs bedenke man das fieffinnige Wort Jlie^fdies, da£ jede grop*e Kunff ein
gropes Ma£ Konvenfion zur Vorausfe^ung hat fofern fie Sprache iff. Diefe Kon-
venfion iff nichfs Unabanderliches, nidifs objekfiv Giilfiges. Sofern es fich alfo um die
Spradimiffel und das Material handelf, weldie dem Kiinffler zur Verfiigung jfehen, mup
ausgefprochen- werden, dap" dem Mufiker alles was Ton und Klang iff, zur Benu^ung
freiffehf. Deshalb iff der beliebfe Vorwurf „mif5f6nend" und ahnliches, was fich nur auf
das verwendefe Tonmaferial beziehf, ganz nidifsfagend; nur das konnfe dem Kiinffler •
vbrgehalfen werden, dap" er aus diefem Material kein Kunffwerk habe geffalfen konnen.
Vom Archifekfen verlangf man nichf, daj5 er nur in der Art Michelangelos wirke; weshalb
aber vom Mufiker : daj5 er allem diie klaffifcheic Vorbilder verfolge? Nichf dies, nichf
in weldier Weife Mufik zu machen fei, fondern da^ iiberhaupf Mufik weiferhin
enfffehe, iff das Wefenflidie. Allein darum handelf es fidi, ob der Mufiker
fein Empfinden, un ( er erregfes Dafein von heufe kiinftlerifdi darffellen
konne- tvann er es mif den iiberlieferfen Miffeln, fo iff's gut und wir neigen uns ebenfo
vor einem aus diefer Bafis erwadifenen Werk wie vor einem „modernen" gleidier
.;.) Als das Bcispiel soldier Wand lung sci ;iuf den von Halm schr gut dnrgestellten Uebcrgang von o'er Mono?
thematiit der Konlrapunktikcr zur Polythcmatik der Wiener hingewiesen. Bis das so langc einseitig gewoluite ixnn-
gefiihl eincn so'circii Uebergang ancrkenni, branclit cs Zeit; jleiin jede Art von Kultur fitlilt sich gem als die einzigc.
(Von Zwei Svilturcn der iMusik, G. Miiller.)
188
Hi
iGlualifaf. Aber man verffehe den Suchenden doch rechf, wenn er, dem die iiberlieferten
Formen und Miftel dauernd belaftende Affoziationen erregen, fich von diefen befreiend
diejenigen Ausdrucksmiffel fuchf, die feinem Erieben adaquat find. Warum follen die
Teilungspunkfe auf der Tonfkala nichf audi anders gefefjf werden konnen, Wenn nur
daraus die M6glid*keif zu neuen Leiftungen enfftehf! Freilich beruft man fich erwidernd
immer wieder auf die Gefe§maj3igkeif der klaffifchen Formen. Indefien Jind die mu-
fikalifdaen Formen, deren Konvenfionelles off genug mif Gefefjlichem verwechfelf wird
nichf die jedem Kunffwerk innewohnende Gefe^lichkeif felbff, fie find nur eine ihrer vielen
konkrefen Auj5erungen. Alfo wird durch Nichf an wendung einer Formgaftung nichf die
Gefef>lichkeif felbff aufgegeben, es wird nur nach einem neuen Ausdruck fur das Gefefr
gefudif.
Damif erklarf es fich audi, wenn wir immer wieder mif iiberheblicher Ironie gefragf
werden, wie denn die kunffige Mufik befchaffen j'ein werde. Wie follfe gefagf werden
konnen, in welcher Weife fich kunffig der Kiinffler auj3ern werde! Aber das Ziel
kojinen wir nennen, das namlich, da|5 der heufige Kiinffler inffand gefe&f
werde, feinem Erieben einen allgiilfigen kiinfflerifchen Ausdruck zu geben,
ffaff fich in Formeln und Unwahrem zu verffricken; da£ die Mufik aus einem Spiel
fonend bewegfer Formen, aus einer Jongleurferfigkeif wieder zu einer religios belebfen t
menfchlichen Angelegenheif werde; dap aus dem Kunffffiick wieder„das Kunffwerk werde.
So wenig wir alles, was fich als moderne Mufik gebardef, billigen, fo ifi 5och immer '
zu unferfcheiden, weshalb man fur efwas einfriff. Es kann fein, weil man den objekfiven
Werf, die Eminenz eines Werkes an fich hoch einfchafjf; es kann aber auch fein, weil
man von ihm eine Folge erwarfef, die fur die kunffige Produkfion wichfig ilf. Als Beifpiel
' diene das Phanomen Max Liebermann. Der objekfiven Bedeufung nach find Jeine Werke
heufe ziemlich werflos-, in hifforifcher Beziehung aber hochff wichfig, weil dadurch die
ganze moderne Malerei in Deuffchland enffcheidend angeregf worden iff.
Was in der Mufik zur Garung gefuhrf hat, iff dasfelbe Agens, das die europaifche
Kulfur iiberhaupf in die enfjcheidende Krife gebrachf haf, jene von Nie&Jche prophezeife
nihiliftifche Krife, deren mufikalifcher Xypus durdi Mahler erffmalig dargeffellf iff. Diefe
gilt es fchopiferifch fafig zu iiberwinden. Das richfige Verffandnis fur die heufige Situation
der Mufik kann all'o nur gewonnen werden, wenn die geilfigen Bedingungen, aus denen
fie enffpringt, erfaJSt werden. Unfer erregfes Dafein beruhf nichf mehr auf einer ,
feffgegriindefen einheitlichen Kulfur und Welfanfchauung wie die Bachs, Mozarfs und in
gewi£em Sinne auch Beefhovens. Wir find viel fiefer in ein Chaos der Kraffe und
Fahigkeifen zuriickgeworfen als wir gemeinhin glauben. Ebenfo wie uns die Grellheif
der Farbe viel heffiger anfallf, die wir taglich um.uns fehen, fo haben die Kiange und
Harmonien fiir uns einen andern Sinn' bekommen als den, welchen fie noch in der
Einheiflichkeif der klaffifchen Tonwelf haffen. Mifhin kann die Einffellung gegenuber.
den Werken unferer Zeif nichf darauf beruhen, da]5 wir ohne weiferes diefe Werke mif
den klaffifchen vergleichen. Es iff ein anderer Weg, die Richfung nach einem
anderen Ziel, die hier eingefchlagen iff! Und wir find erff im Anfang diefes Weges,
im allererffen Anfang. In [olchem Stadium iff es billig aber hochff ungerechf, alle Pro-
dukfion nur auf ihren abfolufen Wert hin zu befrachfen. Was fiir uns Miflebende
wichfig an Experimenfen iff, find die Moglichkeifen, die fich, wenn auch noch fo leife
ankiindigen. Wir Heufige find Vorbereifendel Und man bedenke doch: wie ivare ein
Bach moglich geworden ohne jeine Vorgangerl
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Zur Tonalitat
Von Prof. Lud, Riemann-ETfen.
Das GrundmaB jedes geiftigen Erzeugnifres IFt der Zufammenhang feiner Teilc. Fehit der
innere Zufammenhang, brockeln die Teile auseinander. Diefer innere Zufammenhang kann im
weiteren Sinne mit dem Worte „ Tonalitat" bezeichnet werden. Die Tonalitat eines Gemaldes
liegt in feiner Farbenharmonie, einer. Skulptur im EbenmaB der Formen, eines Gedichtes in der
logifchen Beziehung zu einem Hauptgedanken. Die Tonalitat der Farbenharmonie ift nicht, wie
in der Mufik, durch greifbare Gefetze feftzulegen. Sie unfcrrteht dem afthetifchen Gefuhle! das
aber bei guten Bildern den inneren Zufammenhang ohne weiteres fUhlt, bezw. zum Erkennen bringt.
Die Mufik hat fafibare Gefetze der Tonalitat, Gefetze, die durch die Zeit eine Wandlung
erfahren haben und noch erfahren werden, aber niemals aufhOren, einen inneren Zufammenhang
als Vorausfetzung ftehen zu laffen. Die Verfchiedenartigkeit der Tonalitaten in Malerei und
Mufik fchliefit deshalb einen Vergleich uberhaupt aus. Nur eine einzige Eigenfcbaft ihrer Tonalitat
eint fie: wir mogen noch fo feinabweichende, feltene Mifchfarben bewundern, in uns tritt un-
bewufit ein Geftihl auf, die Mifchfarben mit Grundfarben zu vergleichen. Ja, unfere Wortfprache
zwingt uns fogar, bei Wortfchilderungen der Mifchfarben fich auf Grundfarben zu beziehen; z. B.
Tagen wir azurblau, himmelsblau, bleu maiade u. f. f. Es gibt keine Mifchfarbe, die fich' nicht
auf eine Grundfarbe beziehen lieBe, mag die Beziehung noch To fchwach rein. Diefe Tatigkeit
des Beziehens fchadet dem GenuB, der Freude an der Feinfarbe nicht im mindefter. In der
Tonalitat eines hochmodernen Gedichtes, das rich z. B. nur aus EmpfindungswOrtern znfammen-
fetzt, erganzt unfer Sprachempfinden unbewuBt die fehlenden grammatikalifchen Bezeichnungen,
urn die einzelnen WOrter im Sinne eines Subjekts, einer Tatigkeit oder einer Eigenfchaft verftehen
zu kOnnen. Diefes unbewuBte geiftige Mitarbeiten zu Gunften des inneren Zufammenhanges, der
Tonalitat beeintr3chtigt die eventuelien Schonheiten des Stiles keineswegs.
In der Mufik liegen die Verhaltniffe ahnlich. Einzelne Tonwelien haben die Ufer der To-
nalitat Uberfchritten und fich ein fremdes Bett — die Atonaiitat — gegraben. Die Wellen fchlagen
immer hOher und drohen das alte Bett ganz zu verlaffen.
Wer wiH da dem Verfuch zttrnen, mit vorhandenen Mittein den fchemenhaften Gebilden
n3her zu kommen, urn fie zu fatten, fie zu begreifen! Aus diefem Grunde entftand vor wenigen
Jahren mein Tonnetz. Gegenwartig glaube ich noch einen neuen SchlUffei gefunden zu haben
d.i.das w haIbrtufigeAuflorungs-undFortrchreitungsbedDrfnis", mit dem ich felbft die komplizierteften
Akkorde zu faffen hoffe.
In den erften 5 Heften des „MeIos" finde ich pofitive und negative Ergebniffe aufgezeichnet
Nicht „Doktrin, Kritik, fondern Forfcherliebe" (Scherchen) treibt mien, diefen bisherigen ErgebiUfen
nachzugehen. Pofitive Forderungen werden aufgeftellt in den Worten „Das Hiiren in die Lan^e
in den Verlauf von Melodie und Einzelftimme" (Scherchen) d. h. „je freier und fcheinbar uniogifcher
der harm. Vorgang wird, urn fo einfacher werden feine melodifchen StUtzen" (Mersmann) Ich
muB geftehen, daB ich den letzten Satz nicht verftehe und es won! von Intereffe fein dUrfte ihn
nSher zu begrllnden. Das HOren in die Lange laBt fich mufiktheoretifch und afthetifch auffaffen.
Die errte Eigenfchaft kann bis heute nicht definiert werden, weil die Atonaiitat als Bindeglied
noch nicht feften FnB gefaBt hat. Dagegen begunftigen die afthetifchen Richtlinien fehr wohl ein
HOren in die Unge.
i90
mmmmmmm
.„Die Elemente des auf fich .geftellten Kianges" (Scherchen). — Diele rote Fahne neigt dem
Umfturz entgegen und negiert das theoretifche AbhangigkeitsverhSltnis. Afthetifch lS8t fich dieter
Grundfatz zweifellos rechtfertigen, denn ich habe das Recht, meine GefUhle durch Diffonanzen
auszudrtlcken, deren Anhaufung der GefUhlsmalfe, urn mich fo auszudrucken, entfpricht. Ein
Zweites laBt Hen audi nicht beftreiten: die auf fich felbft geftellten KlSnge kOnnen SpannungskrSfte
enthalten, die eine Entfpannung aus afthetifchen Grtlnden ablehnen, die eine B Eruptions-DSmonie"
(Erdmann) um rich verbreiten, deren Gliihwirkung alles Tonale zerftOrt. Ich halte es jedoch far
eine gefahrliche Klippe, zu glaubun, daB die Eruptions-D2monie die feelirchen GefUhie aufwtlhlt. —
wenn die Kiange nicht unferem mufikalifchen AufnahmevermOgen entgegenkommen. Man kann
He auch als Peitfchenfchlage der Nerven auffaffen, die man nicht als Emgangstore zu feelifchen
Tiefen bezeichnen kann. Die Tore hierzu Offnen fich nur dem Verrtehenden, d. h. aifo demjenigen,
der einen inneren Zufammenhang der Akkorde nachweifen kann. Diefer Behauptung ftehen
ablehnende Worte gegeniiber, wie: Jederzeit aufs Neue erregbare Intuition" (Tieffen), „keine
Regeln, fondern inftinkt" (Barcok), M Urkrafte einer neuen Primitivitat" (Tierren), M mufikalifcher
Pointillisrnus" (Mersmann). Aber auch befllrwortende Gedanken, wie: „Die Exiftenz eines Klang-
centrums ift eine Naturtatfache" (Tieffen). „Syftem wird immer von Quinte und Terz ausgehen
milffen wie die Natur" (Tieffen) „FluB der Dinge nach innerer GefetzmaBigkeit" (Scherche'n)
„Tonalitat laBt fich nicht von Mufik trennen, aber neue Skaien und Intervalie" (Leichtentritt)
„Symmetrie und Periodizitat" (Tieffen); im Sinne des Versbaues der'gebundenen Rede: „Wieder-
holungen in anderer Lage; Sequenzfolgen; Zurtlckkehren beim SchluB auf den Ausgangspunki";
„auBere Mittel der Gliederung" (Bartok) „alles Neue iFt unaufloslich mit alteren Entwickelungs-
werten verbunden" (Mersmann).
Wir fehen, die Meinungen Uber die Unterlagen der Nahrkrafte find geteilt. Die Tonalitiit
hat einen ungelieuren Vorzug vor der Atonalitat d. i. die Gemeinfchaft des Verftehens, des Ein-
fiihlens, Einordnens der auf uns eindringenden Fremdakkorde. Das Recht, willkllrliche Akkorde
zu bilden, kann nicht die Forderung an den Horer einfchliefien, diefe Akkorde im gleichen Sinne
nachzufiihlen wie der Serraffende, weil aus ciner DiffonanzanhMufung das Sfthetifche Ziel nicht
ohne weiteres hervorleuchtet, und daher die uns angebotenen Spannungskrafte auf eine rein
mufikalifche Einmhlung angewiefen rind. Diefe aber ift ohne Gemeinfchaft der Horenden mit
dem Schaffenden nicht denkbar. Man kann njir enigegenhalten, daB das Genie immer zuerft
den Weg der Einfamen, des Unverftandenen gegangen ift. Aber den Nachfchaffenden, Nacrniihlenden
war es ftets.gegeben, auf Grund der in ihnen iebenden „alteren Entwickelungswerte" dem Genie
zu folgen. Die r.adikale Atonalitat kennt oder will keine „alteren Entwickelungswerte", fie will
M Urkrafte einer neuen Primitivitat". Diefe Gefte der Verachtung gegen das Beftehende, gegen
den Wunfch, das ZukQnftige aus Gegenwart und Vergangenheit zu begrenen, zu begrQnden,
ift nicht berechtigt.
Wird der Atonalitat nicht ein gioBerer Halt gegeben, wenn wir veruichen, eine BrUcke zu
fchlagen zwifchen ihr und der Tonalitat?* Jede Atonalitat holt mit ihren Wurzelenden (mOgen es
noch fo wenige fein) Nahrkraft aus der TonalitaX Diefe Nahrkrafte, rein mufikalifcher Natur,
find in meinem Tonnetz bis in weite Fernen bloBgelegt. Das Tonnetz macht wohl die Beziehungen
zu einem Hauptklang erfichtlich aber es fordert nicht die RUckkehr zu der Ausgangstonart, well
die nach Zah! und Zeit der Umdeutungen wechlelnden Beziehungen die Ausgangstonart vergeffen
laffen. „Sich in den Schwanz beiBen" (Tieffen) verlangt nur noch die aitere Theorie. Der
ftrittige Punkt liegt m. E. nicht in der RUckkehr zu einer Haupttonart, fondern in dem Aus-
gleichsverhaltnis der Spannungskomplexe zu den Entfpannungen. Das pfycho-phy-
fiologifche Urgefetz der Folge Spannung — Entfpannung lebt in jedem gefunden Empfinden
und ftagniert nur bei kianken abgeftumpften Nerven. Jede gefunde Atonalitat wird darum diefes
Urgefetz nicht ignorieren. Bis jetzt habe ich noch keinen „auf fich felbrt geftellten Klang"
gefunden, der rich dem Spannungsgefetz entziehen konntt 1 . weil er im Reiche der 12 Tone geboren
wurde. Solange diefes gefcfiieht, kann von einer „Entrechtung der Klangmoglichkeiten* (Tieffen)
WM
nicht die Rede (em. Anbei fetze ten allerdings voraus, daft ,„eine gleiche Behandlung- dcr
einander gleichen i2 Halbtone" (Bartok) unmOglich ift aus mehrfachen Grttnden. Die Expanfions-
kraft jedes Tones tit eine ganzlich verrchiedene, ( mu r j es Fein, weii dct FluG der Tone, der Verlauf .'
des' Stttckes, die innere GefetzmaBigkeit jedem Tone die Stellung anweifi, die er einzunehmen
hat. Nur dadurch allein wird der Wohl- oder MiGklang eines Akkordes oeftimmt. Jeder Akkord
unterliegt einer Auffaflung! Empfindungsakkorde gibt es garnicht innerhalb eines mufikalirchen
Gefahehens!*) Gefetzt aber, ich liebc einen ifolierten Akkord auf mich wirken, wird er Ftets einen
oder. mehrere Tttne enthalten, die konfonierend und andere desfelben Klanges, die diffonierenc! her-
vorleuchten. Ich bitte zum Beweife einmal den Akkord des 3. Notenbeifpiels auf Seite 110 des
5. Heftes dierer Zeitfchrift heranzuziehen. TrOgen alle Tone den gleichen Trieb des Fortfchritts in
fic:i, dann wilrde „das Ausdrucksbediirfnis zur Horizon tale, zur reinen, d. h. nicht mehr durch
harmonifche Bindungen berchwerten Linie" (Mersmann) gehemmt, in Frage geftellt.
Die Forderung „imrnermehi Beftandteile der unendlichen Tonreihe **) als Alittel in Kunfi-
werken zu erwecken" (Bartok) fallt mit dem Vorhergehenden von Felbft. Die auch von Bufoni
gewl*nfchte Spaltungder T5ne lebt ja langft in unferer praktifchen Mufik, wenn auch nicht im
Notenbilde. Allerdings nicht im Sinne der orientalifchen MuTik. Denn hier wird die von der
Atonalitat erfehnte „in den freien Raum hinausfchWingende, fich auflofende Linie" (Mersmann)
nicht durch die Harmonie gefeffelt. Solange diefe der MeJodie als Untergrund fich beigefellt, wird
He eine Mitbeftimmung der Richtung der Linie fich nicht entreiBen laKen.
Ich erinnere an die bekannte TatFache, daB es eine fchlechthin richtige mufikatHche Intonation
nicht gibt (Stumpf). Wir benutzen als Grundlage die verFchiedenen Stimmungen (natiirliche, gleich-
fchwebenae, ungleichfchwebende) und zvvar die temperierte .zu Inftrumenten mit feftliegenden
TOnen — Klavier, Orgel — ; die naturliche bei den BlechinFtrumenten und im harmonifchen a capelia
Gefang; die pythagorSifche im melodifchen a capelia Gefang und bei den leeren Saiten der Streich-
inftrumente. Die Oberfetzung in die Praxis unterfteht in letzter Jnftanz dem ReinheifsgefUhl, unier-
TtQtzt durch die Modifikationsfahtgkeit des Ohres, durch den jeweiligen Affekt und durch die
Suggertion. Die Anpatfung bewegt lien in einem Raume eines Viertel- bis Dritteltonfchrittes.
Zudem kennen wir die Beftrebungen der „Reininrtrumente a (Helmholtz, Oettingen, H. Riemann,
Shohe Tanaka u, a.), die alle der Bewegungsfreiheit des Tones das Wort reden. Sollte dieres
alles nicht genUgen? Jedenfalls ware es intereffant zu erfahren, in welcher Weife eine andere
Verwirklichung der Tonfpaltungen zuftande kommen konnte.
Inbezug auf die Mitwfrkung der Obertone herrFchen nficii einige Unklarheiten, die ich in
KUrre berUhren mochte. SchOnber^ glaubt, daB wir bisher nur 3 Obertone zu unferem Syrtem
benutzt hapten. Eine Benutzung der Obertone findet Uberhaupt nicht ftaii, fondern nur eine
zufal'ige Obereinftimmung, deren Urfache wir nicht kennen. Die Mitwirkung der Obertone
irt bei den meiften Infirurnenten eine latente und hangt lediglich von der Starke der Tonerregung
ab. Diefe veranlaBt in der Regel ein Mittonen von mindeftens 6 — nicht 3 — Obertonen. . Es
ift unrichtig, da6 „man auf Grund des Obertonfyftems 12 verfchiedene Tonhohen transponierte
und daraus das ganze diatonirche Syftem bildete" (Bartok), denn als man die ObertOne entdeckte
(Merfenna 1701) lag das diatonifche SyJtem langft fertig vor. Die Farbe des Einzelklanges wird
von den Obertonen beeinfluSt. Unter „AkkordkIangfarbe" verReht die neuere AuffaFfung jedoch
den Zufammenhang der Einzelklange. So liegen z. B. die Schonheiten RegerTcher Klange in den
Akkordklangfarben, alfo nicht in der Wahl bez. der Klangfarbe eines Inftrumentes, wie Mersmann meint
Das Facit meiner Unterruchung! Ich glaube an die Exiftenz einer gefunden Atonalitat, die
Tich aus dem Nahrboden der Tonalitai aufnehtet. Niemals wird jedoch die Atonaliiat fri. : chf
Keime treiben/zum BJllhen kommen, Frllchte bringen, wenn man ihre Wurzeln diefem Nahrboden
entzieht!
*) Slehe Naheres in meiner Arbeit: Kmpfindungs- und Anffassmigsinterv.illc, iV.onatshefte 191!i, Eaedekei
**) Ich nehme an, da(J Bartok damit die gespaitencn Malbsiufen meint
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Die Zukunff des Allgem.
Von Hein
Vor einiger Zeit hat Dr. Paul Marsop in der
Neiien Musikzeitung", Stuttgart, einen , auch in igon-
dcrdruckcn versandten Aufsatz veroffentlicht mit dem
au f Skepsis und Verneinung gestimmten Titel: ..Hat
der AUgemeine Deutsche Musik-Verein noch erne
ZrkunttV" Gegen ihn polemisiert Dr. Julius Kopsch
in der ..Allgemeinen Musikzeilung", Berlin, mit dem
«r Bejahung gewendeten Artikel: f"^™™
Deutsche Musik-Verein hat noch erne Zukimft. beide
Anlsatzc acheincn mir in gewisser Weisc bezeichnend
m sein fiir verbreitetc Hauplstrumungen mncrhalb deb
VWeines selber wic auch innerhaih der Musikwelt
im Allgemeinen. Aus diescm Grande werde ich gc-.
legentlicl. auf sie Bezug nehmen. wenn ich hier im
l.-olgendeu muine Meinuug tiber die Zukimft des All-
gemeinen Deutschen Musik-Vereins znm Ausdruck
bnn So fern ich Kopsch's Oe'lank^gangen hmerlich
stehe, ist ihr bejahendes Ergebnis doch das , rechte,
wanrend ich umgekelirt der Anschauungsweise Marsop s
im Ganzen mien verwandter fiihle, ohne zu den gleichen
Folgerungeu zu gelangen. Mir ist es nicht verstand-
Hch daB man im Besitze vom Marsop* zukunfts-
freudiger kiinstlerischer Einstellung seiu. uad itoeh
yu einem'skeolischen od?r geradeiu negative.! Stand-
L nMti komme,, kann. Unsere Zeit ist fiir die Minst
BtiUstisch wie in ihrem Verhaltnis mm innerenMenschui
von schwemiege.ider. ja vielfach grimdender be-
guiling: g^ade jeirt kann sich der Allgememe
Deuff (hen Mufikvereins
z Tiejfen
Deutsche MuRikverein nach langer Zeit wieder einmal
vor ebenso reichen MdgUchkeiten sehen wie zur Zeit
seiner Griindung. #
Der AUgemeine Deutsche Musik-Verein feiert jetzt
(Weimar, Juni 1920) in seinem flinfzigsten Tonktlnst-
lerfeste ein Jubilaum als musikalische Kulturmacht,
die er nun bereits liber ein halbes jahrhundert gewesen
ist und auch weiterhin sein kann und muB. Als geistiges
Vermachtnis seines Begriinders Franz Liszt fand er
naturgemilli seine kiinstlerischen Richtiinien im GroBen
und Ganzen bisher praktisch hierin: gegenilber der
akademischen Musikpflege der Epigonen Mendelsohn's
und Brahms' jene andere, damals levolutionare und
schOpferisch entwicklungsreichste Kunst der Berlioz,
Liszt, Wagner, StrauB zu P«egen und die ihr ge-
buhrende Stctlung zu betonen mit den ihr zu Gebote
stehenden Mitteln kiinstlerischer Propaganda. Wenn-
gleich auch bedeutende andersartige Werke nicht nm-
gangen wufden, ja selbst anders geartete Ffihrer die Ver-
einspolitik zeitweise. uroorlentieren konnten, bleibt die
Grundtenden? doch unbezweifelbar, die Gewmtlime
die Seiche. Diese fiir unsere Augen bereits histonscbe
Mission hat der AUgemeine Deutsche Musik-Verein
restlos eriflllt: fiir die musikalische Entwickluog im
neudeutsehen" Sinne braucht heute nichts melir ge-
tan zu werden. sie hat ihnn Siegeszng voltendet, sie
ist der heutigen Generation bereits taglich Brot,. nicht
mehr ^ Neues, erst noch recht zu Erfassendes, zu
^orsterndes,Zukunitstrachtigeswlevorfilnfzig Oder auch
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iioch vor fUnfzehn Jahren. (Hier steht es so. wie Marsop
sagt, tier die I.efstungen des Vereins im neudeutschen
Sinnc fur abgeschlosscn crklart, da mit StrauB' Electra
der Gipfel dieser Entwlcklung erreicht sei.) Die ktinst-
lerischen Nachfahren eines bereits historisch ge-
wordenen Stiles bediirfen nicht jener nachdrilcklichen
Propaganda, wie sie von Liszt gerade um derPfad-
Finder willen ins Leben gerufen ist und wie sie ge-
rade der Allgemeine Deutsche Musik-Verein mit
seincni geistigen Gewicht auszuiiben vermag.
Darum ist nun aber ganz und gar nicht etwa die
Lebencbahn des Allgemcinen Deutschen Musik-Vereins
selbst an ihrem Ende angelangt, wie Marsop meint.
Ein „Ende" kann es fur einen „AlIgemeinen Deutschen
Musik-Verein" iiberhaupt nicht geben, wenn man
seine Idee und deren praktische Auswirkungen in der
Weise auffaBt, die seiner und seines Griinders einzig
wiirdig ist! Das Ende seiner bisherigen zentralen
aktiven Bedeutsamkeit als Kulturtrager rniiBte er na-
turlich fiinden, wenn er in neudeutscher Richtungs-
observanz beharren und sein weiteres Dasein in einer
passiven Riickschau auf seine Erinnerungen verbringen
wollte. Das wird zu verhiiten suchen, wer ihm und
der Tonkunst dient.
Polemiken sind eine sonderbare Einrichtung.
Sie veranlassen die Kontrahenten gar z.u gem, mit
ih.ren Argumenten in zufallige Worte einzuhaken und
nur gegen Vokabeln zu Felde zu Ziehen, ohne den
Kern des gemeintci; Sachgehaltes zu treffen. So will
Kopsch Marsop ad absurdum fiihren, indem er ihm
diesebeiden miteinander urvertraglichen Behauptungen
nachzuweisen sucht: der Musikverein habe seine Auf-
gabe „erftillt" — und „nicht erfullt". Scbwarz sei
nicht weiB, entgegnet Kopsch. Marsops Behauptungen
sind tatsachlich aber sehr miteinander vereinbar und
heben sich nicht gegenseitig auf, denn jede hat eine
sclbstjindige Bedeutung und gebraucht das Won
„erfullt" in einem andern Lichte. Das eine Mai ist
gemeint: „der Verein darf sein Wirken im spezifisch
neudeutschen Sinne getrost einstellen" — im anderen
Falle: „der Verein hat nicht in alien Punkten so viel
getan, als er hatte kunnen". Diesen jedesmat ver-
schiedenen Sinn des Wortes „erfullt" ubersieht Kopsch.
Auch in dera anderen Hauptpunkte seiner Polemik
gegen Marsop heftet sich Dr. Kopsch an die Vokabel
und kampft gegen die Bedeutung, die er, nicht Marsop
ihr unterlegt! „Nuuland suchen" ist das Wort Marsops
clem Kopsch entgegenhalt:
„Der Kunstler sucht nicht- Ist das Neue in ihm
nicht vorhandeii, so tut er tausendmal besser, das
Herkommliche auf svme Art zu sagen oder auch
das von ihm zu Sagende in die herkOmmli-zhe
l-urm zugieBen, als nach „Neuem" zu „suehen".
Heitte aoer wird die Falschung unternommen, das
nur „NeugesucMe M fur „neu" auszugeben. Der
Begriff des Neucn ist in der phimpesten Weise
mechanisiert worden. An d-en fiinf Fingern kann
man sich's abzahlen, was als neu gel ten soil und
was ohne Prnduktivitat in Massen fui neu 'ier-
gestellt warden kann. Nur der ketnem Wollen
2ugangliche Ausdruck gebiert Neues und neue
Ausdrucksmittel ent3tehen nur dort, wo ein neues
Ansdrucksbedurf nis vorhanden ist. Jawahrhaftig,
die -durch die Revolution machtig gefdrderte ma-
terialistische Anschauungsweise hat die Korruption
nicht nur unter die Politiker, sondern auch unier
die Musiker gebracht."
„Suchen" ohne Ausdrucksbediirfnis, mechanische
Neueruugsbegriffe, Materialismus und Korruption —
daB jemand solche Eindrucke aus den musikalischen
Regungen unsererTage herausholt, ware kaun- zu er-
klaren, wenn nr'n nicht wuBte, daB Unvertrautheit,
daB Mangel geistiger Fiihlung auch bona tide Tat-
sachenumkehrung im Urteilen Liber Personen und
Ideen uach sich ziehen kann. Und kein ernsthafter
Kunstler wird das Wort „Neuland suchen" in jener
hochs^ipteri'schcn Bedeutung gebrauchen, die
aus Marsops Ausfiihrungen Kopsch herauszulesen
glaubt- Nur eins kann gemeint sein- das spezifisch
schupferische Suchen und Hineinhorchen in das, was
in uns werden und wachsen will, r:icht im Gegensatz
zLim „inneren Zwange", sondern diesen gerade aufs
Reinste und Eindringlichste verkorpermi; das Heraus-
kristallisieren dessen, was unser eigenstes und not-
wendigsfes Ausdrucksbediirftiis ist und was mis ersi
gelingt, wenn wir auf die gedeckten Tafeln des Her-
kommlichen, Ererbien, An.^eei^neten, uns techniseh
allzubequem in der Hand liegenden zu verzichten gc-
ienit habeu. Gerade in dem Worte , suchen" offenbart
sich die schupferische Demut, die der Schaffendc
gegenuber der unendlichen Feme der Ziele empfindet
und ohne die es kein wahres (d. h. inneres) schop-
ferisches Aufwartssteigerr — und auch keinen echten
schopferisclier. Stolz geben kann; denn der ist nur als
Gegenstuck dieser Demut muglich. Wer nicht weiB,
welcheheih'ge^nbrunst, welche innere GroBe insolchem
demiitigen sehopferischen ..Snellen" liegt, der lese
z. B. Arnold Schunbergs „Harmonielehre"; von ihrem
ersten Worte an: „Dieses Buch habe ieh von meinen
Schulern gelernt", in welchem bereits die ganze
Gelstesart aufblitzt, — bis zu dem SchluBworte: „Wer
wagt, hier Theorie zu ."ordern!", worin sich das strikte
Gegenteil von jeglichem , F Mech;misieren" kundgibt.
Die Kunst steht heute in einer Zeit nicht des
Materialismus, sondern eminenfer idealistischer Hoch-
spannung. Es ist in alien KunstLn nahezu das Gleiche.
Nicht Artistentum, "Menschentum wird neu geboreu.
Geistigkeit, Innerlichkeit, Weseniliclikeit. das sind die
Forderungen, die heute bewuBter und lauter denn je
an sich stellt, wer der Zukunft dient. Die auffallige
Obereinstimmung bei der jungen Generation in alien
Kiinsten, die Tatsache, daB in zahlreichen Kdpfen
ahnlichgestimmte stilistischewiegcistig — menschliche
.Bediirfnisse aufgelebt sind, sind die sichtbaren An-
zeichen des historischen Wendepunktes, an dem wir
steheji. Die he-ttige piusikalische Stilwandlung ist
cine Tatsehe, di>f weder geleugnet noch aufgehalten
nocli nerabgesetzt werden kann. In den ersten Nummern
dieser Zeitschrift, zumal in Nr. 5, habe ich daruber
einiges ausgefiihrt, so weit das iiberhaupt in Worten
194
mmamm
moglich ist. Wenn man Ober Kunst^Worte gemacht
hat, behait man jenes GefUhl zuriick, das sich etwa
ausspricht in den Versen des Christian Morgenstern:
VVorte sind wie Rettungsringe,
die dem Leben dienen:
auf den tiefen Grund der Dinge
kommst du schwer mit ihnen.
Alarsop meint, die Komponisten brauchten heutzutage
den Allgemeinen Deutschen Musikverein nicht mehr,
da ihre Werke uberall mit offenen Armen aufgenommen
wiirden. AMzurosiger TrugschluB! Vereinzelt sind
immer noch die Statten, wo man Neuem entgegen-
kommt. Geld- and Frequenz-Frage! Die Kosten f tir
Orchesterkonzerte werden im niichsten Winter phan-
tastiseh werden. Man spricht iiberdies davon, daB
Verkleinerung der Orchester aus wirtschaftlichen
Griinden erforderlich werdc. Dann kann das „Fest-
orchcster" immer wieder eine bcsondere Kraft fiir
besondcre Aufgaben bleiben iind nicht Qberfltissig
werden.
Die Aufgaben des Allgemeinen Deutschen Musik-
Vereins sind klar vorgezeich.net. Fiir ihn gibt cs nur
em Kntweder. Unser Weimarer Fcstprogranim zeigt,
dali cr sich seiner Aufgaben volt bewulit ist. Nur
mit wertvollen Werkcn neuer Art lassen sich vier
Konzertprogramme nicht ftttlen, cs sei denn, daB man
auf ErstauffQhrungen verzichtete. Zadem ist die Be-
trachtung des Stilgegensatzes dem Besucher und damit
auch dem Werke von-Nutzen. Jedem an Programm-
Norgeiitis Erkrankten empfehle ich die Pferdekur,
selbst an derDurchsicht der Werke und der Programm-
festsetzung mitzuarbeiten. Alanclser Wunsch muBte
freilich noch zuriickgestellt werdci, weil noch ketne
Linksmehrheit entscheidet.
Sache der Vereinsmitglieder ist es, zu cei-
gen, daB ein jeder sich seiner Aufgabe undseiner
Vcrantwortung fiir das Bestehen und die Geltung des
A. D- M.-V. bewuSt ist! Im MusikaasschuB
muB infolge des Todes Jean Louis Ntcode's ein Platz
neubesetzt werden. Bei dieser Ersatzwahl kommt
cs dringend darauf an, eine zur jungen Ge-
neration, zur werdenden, wachsenden, keim-
kraftigen Kunst gehorige Kraft zu gewianen-
Jede St£rkung\ des Fortschrittsgedanken
innerhalb des Gesamtvorstandes bedeutetdie
sicherste Starkung fiir die Lebenskraft und
Kul turbedeutung des Allgemeinen Deutschen
Musik-Ve reins!
Wichfige neue Mufikalien, Biidier und Auffafze
iiber Mufik,
ml+geteilt von
Professor Dr. Williclm AU-i.'nn, Berlin-Fricdcnau, Sponholzstr. 53-51.
Diesc.Znsammenstellung, die moglichst in jedem Heft dicscr Zcitschrift erfoigen wird, will auch noch un-
gedruckte gruBere Werke, vor allem Sympliuni-,n. symplionisclie Dichtungen, Konzerte, Kammcrmusikwerke, Opern,
Chorwerke mit Orch ester eiribe/.iclieii, urn namenttich Dirigenten danuif aufmcrksam zu machen. Dtejenigcn Tonsetzer,
die derartkjc Werke (jedoch nicht etwa Klavicrstiickc, I.icder, Maiitierchurc) fertig haben, werden gcbeten, mich davon
in Kemitnis zu acuen, doch bei i alt e icli mir die [putsch cidtmg iiber die Aufn?hme vor. Dicsc kann auch bei gedruckten
Werkcn weder durch ein Inserat nodi dnrch Einsendimg der bctrcffcndcn Musikstuckc oder Btichcr erzwungen we'den.
Rncksendunt,' etwaiger liinsendnngcn wird grmidsatzlicli abgcleimt.
Die Hiiizuiiigiiiig des Vurlags wird Hestcllmigcn crleichtern. Zu den angcgcbcncn Prcisen kommt immer
noch der sogen. Teucrmigsauisctilag seilcns des Vcrlcgers und audi des Sortim enters hinzu; cr schwankt bckanntlich
meist abcr bctnigt cr 100% + 10%.
II. Gefangsrnufik
Falk, Richard* [B.-Wilmersdorf]: Der dritte Psalm f.
Mannerchor, Tenorsolo, Soloviol., Tromp., Horner,
Posaunea, Pauken u. Orgel noch ungedruckt
— Was ihr wollt (Opcr nach Shakespeare) noch un-
gedruckt
III. Biidier
und Zeiffchriffen-Auffafje
(alphabctisch sowohl nach Stichworten wie nach den
Verfasseni geordnct. Bei Zcitschriften-Aufsatzen ist
immer mit Nr die des laufenden Jahrgangs gemcint).
Adter, Guido — s. Mahler
Analyse — s. Textkritik
L Inffrumenfalmufik
a) Ordiejfer
Falk, Richard [B.-Wilmersdorf]: Ouverture im ro-
mantischen Stile noch ungedruckt
Sponnhof, Otto[Dr^oyBig]:op.6Sommernacht. Symphon.
Dichtung nach einem Gedicht „Donner" von R. M.
von Stern; op. 8 Bocklin (Villa am Meer) dsgl. noch
ungedruckt
b) Kammermufik
Spannhof, Otto [DroyBig]: op. 5 Streichquartett (A)
noch ungedruckt
195
Artnenisch. Die Anlftlhrung der armenischen Natio'nal-
messe in Wien. Vort Robert Laclr — in: Musik.
Kurier IS
Bach, Joh. Seb.r Die Anfuhrung von Kirchenmelodien
in den Mittelteilen der Bachschen Kantaten. Von
Hugo Goldschmidt — in: Ztschr. f. Musikwiss. 7
Beethoven. Ungedruckte Briefe. Mitgeteilt v. Georg
Kinsky — in: Ztschr. f. Musikwiss. 7
Bottenbeim, S. — s. Holland
Brahms,Johannes,inHoIland. PersOniichcErinnerungen
von Julius Rtintgen — in: Neue Musik-Ztg 15
BrunelH, Antonio. Eine Sing- und Spielsuite von A. B.
Besprochen von Paul Nettl --- in: Ztschr. f. Musik-
wissenschaft 7
Cadenza. Non si fauna cadenza. Von Ludwig Misch —
in:Allgem. Musikztg 20 •
Carriere, P. — s. Theorie
Charpentier, Gustave. Par Louis -Vuillemin —in:
Feuillets tie pedagogie music. 9
Conradus, Cornelius, ein vergessener niederlandisch-
deutscher Musiker des *6. Jahrh'underts Von Max
Seiffert — in: Archiv f. Musikwiss. 2
Cronheim, Paul — s. Mengelberg, Willem
Deutsche Suite. Ein Beitrag z. Gesch. der alteren S.
VonEIisab. Noack — in: Archiv E. Musikwiss. 2
Entlehnitngen. Von Heinr. Rietsch — in: Archiv fur
Musikwiss. 2
Ertel, Paul — s. Valuta-Musiklehrer
Reischmann, H. R. — s. Neue Bahnen
Forster, J. B. Der Weg des Mystikers {J. B. F.J.
Von Ferd. Pujrnan — in: Musik.'Kurier 19
Goldschmidt, Hugo — s. Bach
Gutheil-Schoder, Marifc — s. Mahler
Holland — s. Brahms
Hollands Musikleben im 19. jahrhundert. Von S.
Bottenheim — in: Neue Musik-Ztg 15
Holla'ndische Komponisten. Von C. Rudolf Mengel-
berg — in: Neue Musik-Ztg 15
Hornborstel, Erich M. v. — s. Siam
Janetschek, Edwin — s. Konzertsaaluna rten
Kauder, Hugo — s. Mahier ■
Keller, Otto - s. Weltkrieg
Kinsky, Georg — s. Beethoven
Kircbenmelodien — s- Bach
Knab, Armin, ein deutscher Liederkomponist v. Oskar
Lang — in: Musikztg 18
Koczirz, Adolf — s. Sachsen
Konzertsaalunarteo. Von Edwin Janetschek — in:
Zeitschr. f. Mus. 9
Lach, Robert -- s. Armenisch
Lang, Oskar - s. Knab
Lissauer, Fritz — s. Mahler
Mahler, Gustav- Aufs&tze tiber ihn von Guido Adler,
0. Neitzel, Hugo Kauder usw. — in: Musikblatter
des Anbruch 7/8
Mahler, Gustav. Von James Simon — in: Signale
f- d. musikalische Welt Nr 17
Mahler, Gustav. In Memoriam G. Mahlers. Von
Marie Gutheil-Schoder — in: Musik. Kurier 19
— an Willem Mengelberg. Ein Blatt zeitgenossischer
Musikgeschichte von C. Rudolf Mengelberg — in:
Neue Musik-Ztg 15
— s Kindertotenlieder. J Von Fritz Lissauer - in:
Deutsche Tonkunstler-Ztg 362
Melio, Alfred — s Suppe
Mengelberg, C. Rudolf - s. Holland; Mahler
Mengeiberg, Willem. Von Paul Cronheim — in:
Neue Musik-Ztg 15
Misch, Ludwig — s. Cadenza
Musikgeschichte u. veigleichende Musikwissenschaft ■
s. vergleichende M.
Neitzel, Otto — s. Mahler
Ntttl, Paul — s. Brun-elli
Neue Bahnen der Tonkunst Von H. R. Fleiseh-
maun — in: Zeitschr f. Mus 9
Noack, Elisab. — s. Deutsche Suite
Pujmann^ Ferd. — s. Forster
Rener, Adam. Die Magnificat-Kompositionen R.s. Von
Th. W. Werner — in: Archiv f. Musikwiss. 2
Rietsch, Heinr. — s. Entlehnungen
Rontgen, Julius — s. Brahms
Sachsen. Das Kollegium der sachsischen Stadt- und
Kirchenmusikanten von 1653. Von Adolf Koczirz —
in: Archiv f. Musikwiss. 2
Schunemann, Georg — s. Vergleichende Musik-
wissenschaft
Seiffert, Max — s. Conradus
Siam, Formanalysen an siamesischen Orchesterstiicken.
Von Erich M- v. Hornbostel — in: Archiv fur
Musikwiss. 2
Simon, James — s. Mahler
Suite — s. deutsche Suite
Suppe, Franz v. Von Alfred Mello — in: Zeitschrift
f. Musik 2. Aprilheft
Tcxtkritik. Ober T-, Analyse und 'Bearbeitung von
Musikwerken. Von Hermann Wetzel — in: Zeit-
schrift f. Musikwiss. 7
Theorie und schaffende Kunst. Von P. Carriere —
in: Deutsche Tonkunstler-Ztg Nr 352
Valuta-Musiklehrer, Der. Von Paul Ertel — in:
Signale f. d. musik, Welt Nr 18
Vergleichende Musikwissenschaft. Ober die Be-
ziehungen der v. M. zur Musikgeschichte. Von
Georg Schunemann — in: Archiv f. Musikwiss. 2
Vuillemin, Louis — s Charpentier
Weltkrieg. Musikalische Gewinn- und Verlust-Ab-
rechnung des Weltkrieges. Von Otto Keller — in:
Schweizer. musikpadag. Blatter 9
Werner, Th. W. — s. Rener
Wetzel, Hermann — s. Textkritik
196
Tiilliilii
■*^*^^^^_^
E :aterinr£Wasiliewna Koposow-Derschanowski gewidmet.
1. HecKop6HOMy YnviTejiio.
UpOCTO, UCRpeHHO.
H. MflCKOBCKlI.
Ca nto.
I _ h . cycb, BTaO_fle>K - at 6t _ noft, npo
Piano.
I _ h . cycb, BTaO_fle>K - at 6t _ noft,
Semplice e tranquillo.
5B
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CMt _ flblfl, H Tfl _ >KeCTb OT_ fla - 10.
A'ott'nlK-ilatJo zu „MuIos" S. Hofl Juiil 1OJ0.
iiHiiiiiiiii
1 . H .
Sir
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j-p g 1 1 p j i ?• g pa
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#fe _ Ten Ha _ fle>K _ fla! npo . cth, hto h CKOp _
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(npo _ CTH, HTO fl CKOp - 6jik.)
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rail.
Dem verKliiriien Lehrer
Jesus iin^weifJeii Gcwandc Jl-sus, der Kinder llolfnuiij*!
VurzL'ihc meiiicr Schwcrnuit! Verzeitu- mcineni Leiden,
Dir hrinj^L* ich neinen furchtsrnyien Geist Dunkel ist mcin K!cid,
Uiid all mcin Leid. Dich aber liebe ich.
am 1, mid 1G. judon Mon.itts. 5iu bt-niohon dureh din I'ostanstAlton, IJucli- \i. Musikalionhandlungon, sowio iJirukt vom Vnrl.-it:-
: liorriii-WeiConsHt.., liei-Uner Alice 71, ir,.rnruf: (\YV. L'C). - V lir ]a K : Berlin- WuiUunseo, Bortinur AJlso 71, i-Vrnruf: tt's. I'i!.
EinziJliL'l'tes Alk. -.-10, im Viisrtelj.-Abonri. Mk, 1--— , hoi Kreuzlia»<lb<iv:u<j vidrtoljtilirlicb Mk. 1"!. — . — Nnchdruck vor!>elialle».
Nr. 9
Berlin, den j6. Juni 1920
I. Jahrgang
ill
ft p
INHALT
HERMANN SCHERCHEN .... Das Tonalifafeprinzip und die Alpen-Symphonie
von R. Sfrauj3.
ROBERT M13ILER-HARTMANN . . Zum Sfilproblem der neuen Mufik
EDUARD ERDMANN Von Sdionberg und [einen Liedern
OSCAR BIE Opereffe
Dr. OSKAR GUTTMANN Von der Mufikkritife
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN . . Bedeufende Neuerjdieinungen u. Manufkripfe
BEILAGE: A. T. Wegner „Deine Haare find braun" Bruno Weigl
,MELOS'
in einer Lufcusausgabe
erfcheinf monaflidt eirunal im Kunffverlag
FriftGuriitfc Berlin W 35
1
jmti,***iua*wt**
DasTonalifafsprinzip and die Alptfi-Symphortie
von R. SfraujS
Von Hermann Scherchen.
: fchopferifchen
Unfere Epodie iff die der tfberreife des Tonalifafsprinzipes: du e - ne ^q{^ q
Fakforen, welche durch deffen Formulierung zur Wirkung gelangfen, habe £ . hervor-
bewundernswerfer fchemafifcher Moglidikeifen ergeben und derartige R e T u ^f anz j n ne-
gerufen, daj5 wir nur [diwer diefem Kunftprinzip gegeniiber die richfige Di,-. ^ _
ha If en, um gerechf einzufchafzen, was — die Kunff hem mend wie vorwarfsfui-^ na fa
daraus erwadifen iff. Zunadiff miiffen wir uns ins Gedachfnis rufen, da|5 er h. runfl
Annahme der gleichfchwebenden Temperafur und der anfdiliependen Zenfralifh nu c e
des Tonfyffems jener einzigarfige Enfwicklungsgang begann. den die Mufik im L,. ^
von kaum 250 Jahren.zuriickgelegf hat AUein in der Malkunff finden wir efwas enffe.^
Ahnliches: wie das Tonalifafsprinzip erff dem Harmonifdien die zufammenfaffende Kra
verlieh, alle Erfcheinungen auj' einige Ausgangspunkfe zu beziehen, kaui mif der „Tiefe"
jene Kraft in das Bild, weldie nach Beherr'i'chen der Perfpekfive die Malkunff befahigfe,
den ganzen Reichfum der gefchaufen Erfdieinungen zu umfaffen. So da£ Beherrfchen
der Perfpekfive wie Formulierung des Tonalifafsprinzips zu j'enen Wendepunkfen wurden,
von densn aus die beiden eigenflich modernen Kiinffe ihre reidie Enfwicklung awfnahmen.
Anders verhalf es fich mif Dichf kunff, Ardiifekfur und Piaffik: fur die)'e drei Kiinffe hat
das klaffildie Alferfum felbft die Schemefa enfwid?elf und den Kiinfflern voiles Geffalten
ermoglichf; hier i)'f alles Spafere nur Variieren des von den Griechen Eroffnefen, ohne
Neufchopfen aus ungenu^f gebliebenen inneren Kraffen des Materials heraus.
Vielleidif haf nun gerade diefe afemlos fchnelle Enfwicklung der neueren Musik
mif dazu beigefragen, cfa£ uns Erben Beefhovens off das Gefiihl eines Sfagnierens
uberfallf gegeniiber den Schemata, die den Werken der klaffifdien Mei^er zu Grunde
liegen. Als wenn wir nur fchwer den liJbergang finden von der in ihnen gipfeinden
Vorwarfsbewegung zu dem Ausladen in die Breiie, das nach Auspragung des Sym-
phonic- und Liedj'diemas ufw. einfraf und del'fen vornehmfiesRefuIfaf em immer lebens-
volleres Durchbilden der eroffnefen Sdiemafa haffe Jein miiffen.
Sfaff deffen Iprechen wir davon, daJ5 das crganifdie Leben der Symphonie mif
Beefhoven feine Hohe erreidif habe, daj5 nach diefem Meiffer Erjfarren auf jede
lebensvolle Kraft ubergeh^, die fich von neuem mif dsm Symphoniefdiema auseinander-
fe£e, Jo daj5 Beefhovens Taf off nur als Kronen und zugleich AbfchliejSen erfdieinf, nichf
aber audi ale Eroffnen zu wechfelreicher Befafigung fchopferifcher Kraffe.
Welchen Ausweg haf nun die Dichfkunff gefunden. in der Jeif zwei Jahrtaufenden
die Grundmoglidikeifen kunfflerifdier Auj5erungen fixierf find? Ihre Fixirungen sind
immer als ein elemenfar Gefe£maJ5iges erfchienen und ein Problem — analog dem
Vorgange in der MuJ'ik — iff hier me gereiff. Dies folgf mif voller Klarheif aus der
Nafur der Dinge, da in Didifung, Piaffik und Ardiifekfur alle Moglichkeifen erfdiopff
wurden, die das Material diefer Kiinffe in fidi birgf. So konnfe Sadie des Dichfers
nur fein, diefelben Au^erungsmoglidikeifen neu zu beleben, weldter Proze^ denn audi
In den verfchiedenen Ridifungsnamen jfeinen Ausdruck fand. Wir kennen ein klaffifches,
fhakespearifdies, nafuraliffifches, Jymbolifdies Drama; niemand aber iff je auf die Idee
gekommen, eine vollig neue Form zu fordern, da zu offenfichflidi iff, daj5 das Material
der Didifung a:l feine Grundmoglidikeifen erfchloffen haf.
Das frifff aber nidif fur die Mufik zu: eben derfelbe Vorgang, cler die Tonalifaf
moglidi werden lie^ und der als Vorausfe^ung des ungeheuren Enfwiffiiangslaufes der
198
y^<
Mufik nichf wegzudenken iff, bedeufef zu gleicher Zeit ein Umgejfalten ihres Materials*
ein Gruppieren, das von der Nafur gegebene Eigenfchaffen des Tonreiches ableugnef.
Diefe Operation, die wir unfer dem Narnen Temperierung verftehen, gab uns alle
fchemafifchen Moglichkeiten der fonalen Mufik an die Hand, wahrend wir andererfeifs
durch eben diefe Befchrankung einen Teil der den Tonen innewohnenden Kraffe un-
genu£t lieJ5en. Hier liegt der eigenfliche Grund zu jener fiefen Spalfung, die unfer
Mufikleben durchziehf: der Spalfung in Kunffler, die feff auf dem Boden der Tonalifaf
ffehen und innerhab derfelben nach reicher Erweiferung Jfreben, und in folche, fur die
jenes Gruppieren des Tonmaferials zu fehr den Forderimgen widerfprichf, die in ihnen
nach Ausdruck verlangen, und denen Aufgeben der Tonalifaf als einziger Ausweg bleibf.
Lenken wir den Blick auf das Tohalifatsprinzip, um feine ganze Bedeufung zu
erfaffen: an ihm — deffen Formulierung und enffcheidendes Auftrefen hifforifch Jichfbar
find - konnen wir die Lofung eines Grundproblems des Menfchengeiffes verfclgen.
Es handelf fidi um folgendes: wie iff es moglich, die VJberfulie der Erfcheinungen, die
das Leben in fich birgf, zu bewalfigen und Gefe^ma^igkeif und uns zugangUche Ordnung
darin zu finden! Nehmen wir zur Veranfchaulichung den Vorgang, den nodi iede
Weltanschauung wiederholf hat. Wahrend die unfaj3bare Fiille der Lebensformen wie
unenfwirrbar vor uns liegt und, was wir eben gut nennen wollten, im nachffen Augen-
bhck als fchlecht erfcheinf, verlangt unfer Geift fefte Grundlagen, die ihm ermdglichten,
klar zu werfen. Wir folgen einem inneren Triebe, ohne deffen Befriedigung menfchliches
Leben undenkbar isf, wenn wir uns in einer Welfanfchauung fcharf begrenzen und wie
in einem Ausfchnitf auf das Leben fehen, daj3 eben nur die Gefefjmap'igkeif unferes
Geiffes fich an alien Lebenserfchemun jen beftafigf. Dabei vergeffen wir dann ganz, dap
„unfere" Wahrheif, die Notwendigkeit , f unferer" Begriffsbeffimmungen ihren Wert nur
innerhalb der frei angenommenen Befchrankung hat, da£ daneben in einem anderen
Menl'chen vollig entgegengefe^te Wirkungen ihren ebenfo notwendigen Ausdruck finden
konnen- Alfo: um die iJberfiille des Lebens zu bewaltigen, um leben zu konnen, ift
v ermenfchlichung notwendig, Anpajfung der Erfcheinungen an unferen Geift. Nur fo
kann feine Gefe^mapigkeif fich in ihnen finden, nur fo das Leben „verftandlich" fein.
Jahrhunderfe hindurch blieb die Mufik ein hilflofes Sfammeln, ein erfolglofes
Suchen nach innerer Gefe^mapigkeif. Die naturlichen Erfcheinungen des Tonreiches wurden
als folche hingenommen, ohne dap man auper der auPerlichen Syffematifierung in den
Kirchenfonarten eine Gefe^mapigkeif des Materials fand. Im GegenfeU: es wurde immer
klarer, dap gerade der Reichtum diefes Materials in feinen Erfcheinungen forfwahrend
Widerfpriiche hervorrief. Man kam zu keinen fchematifchen Formulierungen und folgte
lange Zeif blind den Sdiemafa der Sprache. Die Abhangigkeit ging fo weif, daP z. B.
in der Neumenmufik der Rhyfhmus in abfoluter Abhangigkeit vom Worfe blieb und
diefelbe jeder mefrifchen Zeichen enfbehrfe. Als nach jahrhunderfelanger Praxis und
immer fcharferem Eindringen in das Wefen der Tone das Hemmende diefes Zuftandes
unertraglich wurde (inzwifchen war das architekfonifche Elemenfarmiftel der Mufik, die
Imitation, in Kontrapunkf und Kanon faff bis zum Selbffzweck erhoben worden), gelang
endlich jener Prozep, zu dem die bedeufendften Kopfe immer hingedrangt haften:
Werkmeifter f f elite feine „Temperierfe Sfimmung". auf, indem er zwolf mogliche Grund-
tone fcfffe^fe, deren Statuierung eben ^Temperierung" der natiirlichen Klangverhaltniffe
bedeutete, und ermoglichte fo Rameaus geniale Formulierung, dap alle Zufammenklange
der Mufik auf zwei Grundfypen, den Dur- und Mollakkord, zuriickzufiihren feien. Damit
waren mif einem Male rein mufikalifche Schemata moglich geworden, alle geftaltenden
Momenfe in die Mufik felbft verlegt und die innerlichen Schwerpunkfe gegeben, die die
weiteren Gebilde^nur^als abweichende Formen^erfcheinenjJiePen,
iff
! "■
199
Je&f haffe die Mujik ihre eigenflirhen Kraffe enfdechf, jefsf ioffe lie fidr vom Worfe:
ihre Schemata lagen v or ihr, und ihren Gefe^en konnfe fie folgen. Oas war aber nur
durdi das Tonalifafsprinzip moglich geworden, das Jelbff wiederum auf der I'emperierung
beruhfe; fo muj3fe die Hochbliife des Tonalifafsprinzips zugleirh zur Krifis werden.
Wahrend die fonale Mujik auf dem Harmonijchen fuj5f und ihre gro£e monophone
Enfwickhmgsepoche — in der fie ihre Schemata ausbildefe — als horizonfale Darlegung
der Harrnonieinfervalle zu verffehen iff (wir konnen verfolgen, wie der Sepfimenfchriff*
die verminderfer Infervalle, die None ufw. Melodiebeffandfeile wurden, parallel mif dem
SejShaffwerden der enffprechenden Akkorde im Harmonienels), fehen wir die modernen
Kunffler mehr und mehr da ankniipfen, wo nach Badi ein Sfillffand eintraf, und der
Begriff des Harmonifchen als Verfikalrefulfaf . gleichzeifig felbffandiger Sfimmen ver-
Jfanden wurde.
Mif diefem wieder in den Vordergrund "frefen des Konfrapunkfifehen wird von
Neuem zu Problemen, was durch die Tonalifaf ausgefdialtef worden war.*)
Denn fowie das Harmonifche aufhorf, Grundlage und Ausgangspunkf zu fein und
zum Verfikalrefulfaf horizonfaler Sfimmbewegung wird, beginnen eine Unmenge feiner
Differenzierungen, die durdi keine Enharmonik hinwegzufchmelzeh find. Jefjf ford erf
die Logik der Einzelffimine Unferfcheidungen, die den Rahmen der Tonalifaf durchbrechen,
und fo ffehen wir vor der neuen Frage: miiffen wir nidif mif der Tonalifaf alles aufgeben,
was nur durdi fie moglich wurde? Mtiffen wir nichf in ein Chaos zuriickfallen ahnlidi
dem durch fie iiberwundenen, und foil qualerifch erfolglofes Suchen ein zweifes Mai
Epodien der Mujik kennzeichnen?
Dazu kommf, ,da£ der aus innerer Nofwendigkeif mif den Befchrankungen des
Tonalifafsprinzips konfraffierende Kunffler bald fur alle Zufammenklange Exiff^nzrechf
fordern muj5, deren Logik ihm Erlebnis iff. Da£ durch diefe Erweiferung die Begriffe
der Ton'alifafsdiffonanz und -konfonanz ihren einfchrankend ordnenden Sinn verlieren,
und jo die unbegrenzfe Eiille der nafiirlichen Erjdheinungen von neuem vor den Mufiker
friff und Bewalfigung verlangt
Wir miiffen klar fehen, dap dies die Folge wird, wenn fich die Forderung immer
elemenfarer einffellf, die Keffen der Tonalifaf abzuwerfen: das hie£e dann Aufgeben
der Temperierung und aller Schemafa. die den Wunderbau der modernen Mufik er-
moglichfen; denn wenn die zenfralifierende Kraff der Tonalifaf nichf mehr vorhanden iff
kann felbff das wiederkehrende Analogon als elemenfarffes Baumifffel nichf mehr
funkfionieren, und muj5 fein Leben wiederum nur in den von jeder Einfchrankung
unabhangigen Imifationsformen friffen.
Nafiirlich iff finnlos, hier vorausfehen zu wollen; wenden wir uns aber an die
Kunffler und fehen wir, ob es ihnen gelungen iff, Auswege zu eroffnen. Allein. der
*) Es ist cine albcrne Fabel, wenn behauptet wird, daE die Griechen Interval Isduitte von soldier Fcinheit
vernommcn liHttcn, daB sie uns unzugSnglich scien. Abgcschen da von, daB wir bis heutc nicht wissen, wie die
griediischcn '/* und '/ :t mtervalle tatsachlidi angcwandt wurden, intoniert oin jeder Sanger und Strcidiinstrumentalist
Nuancierungen, wclche an Feinhcit den fcstcn Intervallbestirnmungen der Griechen nicht nachstehen. Nur daB diese
Tatsachen scltcn in unser Bewufitscin dringai, da wir scit 250 Jahren eben nur m einer Richtung, im Rahmen des
Tonal itttlsprinzips denken.
Fin jeder musikalisdie Sanger tmterscheidet scharf fis in fis-a-c-es von ges in ges-a-c-es. (Hierbei ergibt
s:ch ein neucs Problem, das seincn besonderen Bcigesdimack hat und aufhellend fQr manche schwer verstindliche
Genorserscheinung werden kann.) Der von ihm koustituierte Unterschied zwischen den beiden Tonen ist das direktc
Gegcnteil von ihrer naturlidien Vcrschiedenheit; wahrend er fis holier als ges annimmt, erfordern die mathematischen
Vernal tnisz'ahlen das Umgekehrte. Welch er neuc Faktor ist liicr wirkend?
Als Kuriosum ergibt sich, daB gerade das Tonalitatsprinzip, das nur durdi Ausschaltcn solch feiner Unterschiede
moglich wird, unser G-hOr zu neuen Komplizienuigen fahrt. Eben weil seine wirkende Kraft im Harmonischen litgt,
zieht letzteres Folgeerschcinungen nadi sich, die nur psychologisch im Zusammenhang mit ihm erkiarbar sind. Der
oberen Note es gegenuber crsdieint fis — die Erhohung von / — fast immer als ehi engercs Ansditmcgcnwollen
an das hohcre g, wiihrend ges — dem es gegeniiber — von g aus abwSrts nach dem tieferen / verlangt. Da die
I.ogik der Harmoniever :niipfungen gewohnlich diese Stimmbewegungen hervorruft — fis-a-c-es als vertnirderter
Septimennkkord, und ges-a-c-e$ als Sekundakkord auf der VII. Stufe usw. — , muB der ntcht von der Tcmperlu'ung .
gckncditetc Streid i instrumental ist paturlidierweis'c zu soldi en Abweichungen gelangen.
200
Jchopferifche Inffinkf kann die zu gehenden Wege weijen, und der moderne Kiinffler
ffehf feiner Aufgabe ja unendlich reich gegeniiber: ausgeriiffef mif hijforifchem Wiffen
urn die durfchriffenen Epochen kann er zugleidi alle Erwerbungen nii&en, die im Laufe
der Enfwidriung eroffnef wurden und ihrer vollen Erfchopfung nodi harren (dazu
gehoren vornehmlich die Timbrefchaffierungen, die fiir die harmonifch-monophone Haupf-
epodie der Mufik bedeufungslos blieben und erff feif Berlioz zu wichfigen Kompofifions-
momenfen erhoben wurderO,
Unfer diefem Gefichfspunkf wollen wir Richard Sfrauj3 w Alpen-Symphonie w befrachfen,
und dabei in Kiirze beriihren, welche Wege zwei andere Komponiffen gegangen find,
die zufammen mif Strang das moderne Deuffchland kennzeichnen: Max Reger und
Arnold Schonberg.
Hierbei friff foforf der Anfagonismus hervor, der zwifchen SfraufS und Sdionberg
beffehf: wahrend Richard Sfrau|5 die Grenzen der Tonalifaf innehielf und immer infen-
fivere Belebung des Gegebenen anffrebfe, ging Schonberg vom Material allein aus, zu
deffen voller Schrankenlofigkeif er fich zuriickwandfe, indem er die Tonalifaf aufhob.
Wi* miiffen Arnold Schonberg nadijagen, daj5 ihm eine der grojjfen Kunfffafen
gelungen iff: da]3 diefer Kunffler nichf nur alle Folgen aus dem Abwerfen der Tonalifaf
zog, fondern daJ5 er audi das der Mufik drohende Chaos iiberwand. Das konnfe er,
weil [ein Kunfflerfum echf iff und nichfs als innere Nofwendigkeif ihn fiihrf, fo daj5 ' die
Tone ihre Geheiinriiffe erfchloffen und ihm offenbarfen, wie Schemata ohne den Zauber-
bann der. Tonalifaf moglich feien.
Wir wollen dies kurz an zwei Werken verdeuflichen: an feiner „Kammer-Symphonie M
und den „r*iinf Orchefferftucken".
Die erffere ffehf harf an der Grenzfcheide: der Name des Werkes weiff auf den
Weg, den Schonberg fiirderhin gehf.
„Kammermufik" nennen wir jene infime Mufikgaffung, in der ein oder mehrere
felbffandige Kiinffler ausfiihrend find. Alles erforderf Intimifaf: die Ausfuhrung wie der
Raum, die Zuhorer und die Werke. Wahrend hier „Soliffen" nachfchaffen, Individuen
das Innenleben iibergeben, ffehf dem die Symphoniemufik mif ihrer Maffenanwendung
gegeniiber, in der die ausfiihrende Menge die Sfelle des Einzelnen einnimmf, (auch
die einfach befe^f en Blafer funkfionieren meiff mif Verdopplung durch andere Inffrumenfe):
in der Symphoniemufik will das Typifche in Erfcheinung frefen, gegeniiber der Be-
Jchrankung auf zarf Perfonliches im Kammerffil.
. Schonberg fchreibf nofgedrungen feine „Kammer-Symphonie" (fiir 15 Solo-
inffrumenfel); fiir ihn iff das Harmonifche nichf mehr die allein ausfchlaggebende Kraft
welche formfchaffend das Ganze fragf unci rber der das Melodifche relie?arfig hervor-
friff, fondern eine Vielheif lebendiger Sfimmen erfiillf ihn und fiihrf in jedem Augen-
blick neue Verfikalrefulfafe herbei. Sdionberg beachfef hier nodi die Grenzen der
Tonalifaf und das Schema iff das der Symphonie; nur daj3 die iiblichen vier Teile innig
in ein organifches Ganzes tferfchlungen find. Den Ausgangspunkf bilden Bedingungen,
die fiir w Kammermufik" unerla^lidi find; doch gipfelf das Werk im Symphonieffil —
d*e Soliffen verfchmelzen zur „Menge" f und wir miiffen uns der inneren Wahrheif
diefes konfradicfio in adjecfo „Kammer-Symphonie w fugen.
Dagegen zeigen die Orchefferffiicke die Vollendung des Prozefies, der zu der
merkwiirdigen Konzepfion der „Kammer-Symphonie" gefuhrf haf. Die Einzelftimme iff
das vorwiegend Elemenfare geworden, wahrend die Harmonie Fixieren der Zufammen-
klange bedeufet Die alfen Schemata wirken kausi mehr, und das „MouV als kleinffes
Melodieanalogon verfchwindef. In dem lefcfen der Mnf Sfiicke bldbf nichfs iibrig, was
an fonale Mufik erinnern konnfe. Die reprifenarfigen Rudimenfe von Nr. 1 bis 4 fehlen,
und an_Sfelle der auf dem Mofiv bafierenden Melodiebildung iff nur mehr eine gro£e
20j
IIS
I
Linie vorhanden, die beffandig weifer wachff. Hier iff die le£fe Konfequenz gezogen,
die aus dem Aufgeben der Tonalifaf folgf. Was fe§f nun Sd^onberg an Sfelle des alien
Schema, wenn nichf dies Stuck ein willkurliches Aneinanderreihen verfchieden rhythmifierfer
Melismen bedeufen foil?
In der fonalen Mufik Iaj3f das Analogon aus dem Sdiema die Form hervorwachfen.
Seine Wiederkehr ermoglichf, daj5 Gewichfsverhaltniffe enfffehen, die fich abwagen und
harmonifch ausgleichen. Diefer Vorgang viele Male im Groj3eren wiederholf, gibf endlidi
das abgefchloffene Werk. Wir fprechen nur dann von einer Form, wenn uns die Symmetrie
der Gewichfsfeile zuganglich iff. Dazu verhilff das Analogon in feiner kleinften wie
erweiferfffen Erjcheinung. — Im fiinffen der Orchefferjfucke friff nun an Stelle der me-
lodifchen 13bereinffimmung ein dynamifches Moment: was friiher im Analogon Ausdruck
fand, wirkf als Sfeigen und Senken der Linie; der Linie und damif aller Ausdrucks-
momente, indem je^f Anwachfen und Erfchlaffen der Gefamfinfenfifaf zu beffimmfen
Gewichfsverhalfniffen werden.
' Daj3 eine Jolche Mufik eine andere Ausfiihrung verlangf, als die im Tonalen be-
griindefe, iff ohne jeden Zweifel. Ebenfo will fie anders aufgenommen werden 1 , als wir
es gewohnf find. Hier muj5 radikal umgelemf werden, und Horer wie auSfiihrende
Kiinffler muff en den Sdiriff ins Fremdarfige, Neue wagen.
Wahrend Schonberg alfo die Tonalifaf aufgibf und mif derfelben alles an lie Ge-
bundene, friff nns in Max Reger eine Perfonlichkeif enfgegen, die gleidifalls das
Konfrapunkfifdie zum Ausgangspunkf nimmf und das Karmonifche vorwiegend als
Langsergebnis fiehf, ohne jedoch die Tonalifaf zu verleugnen. Regers Kunff ergibf
Bereicherung und Ausdehnung in den gegebenen Grenzen. Trofjdem machf fich in dem
off auj5erlichen Aneinanderkmipfen einzelner Perioden in feinen Werken das Auflofende
bemerkbar, das dem Konfrapunkfifchen innewohnf, fowie es in obigem Sinne zum
Grundliegenden wird. Wenn das Harmonifche als organifche Kraft nichf Haupfbedeutung
hat mu£ ein foldies Zerfallen innerhalb der fonalen Formen drohen.
In feiner Alpen-Symphonie hat Richard Sfrauj5 nun efwas wie ein Xredo" nieder-
gelegf, Vielleichf hat er dies unbewujSf gefan; urn fo machfvoller iff aber die Au£erung,
die er dafur in feinem Werke gefunden hat. Die Alpen-Symphonie bedeufef von Anfang
bis zu Ende ein abfolufes Bejahen der Tonalifaf: es iff zuweilen, als wenn wir uns in einer
Orgie des Tonalen befanden, als wenn zufammenfaffend Sfrauj3 nodi einmal in vollffer
Prachfigkeif zeigen wollfe, was wir diefem einzigarfigen Kunffprinzip zu danken haben.
Alles unferliegf in der w Alpen-Syrnphonie" einer hoheren Einheif: Die Gefamfform
wie die Einzelbeffandfeile find von infenfivem organifchen Leben und zugleich von einer
Einfachheit die fich nur einffellf, wo das Schemafifche aus der Triebkraff des Materials
heraus geffalfef ift Die einzelnen Elemenfe find mif Meifferfchaff gehandhabf und
zeigen frofs der bewm3fen Befchrankung neue und bereichernde Zuge. Inwieweif dies
fur Harmonik und Melodik zufrifft werden v/ir im einzelnen zeigen. Vorher aber
foil uns die Gefamfgeffalf des Werkes aufhalfen und wollen wir daran anfdiliefSend
auf- eine Erfcheinung aufmerkfam machen, durch die SfraujS ein bisher der Mufik un- r
zuganglidies Gebief in durchaus mufikalifchem Sinne erfchloffen haf.
Nach feiner Symphonie „aus Ifalien" haf Sfrau£ kein fymphonifches Werk gefchrieben.
Erff mif der „Alpen-Symphonie" kniipff er an diefes Jugendwerk an, wenngleich audi
hier die Idee der fymphonifchen Mufik nichf rein verkorperf iff. Dem Aufbau beider
Werke liegf das Symphonie-Schema zu Grunde; beiden aber dienf ein Programm zu
innigerer Belebungl So iff Ridiard Sfrau£ Programmufik zu verftehen, die ihren
Urfprung nichf in au^erlichen Tendenzen hat fondern einerfeifs durch feine formgeffalfende '
Kraft bedingf iff und andererfeifs durch einen Zug des modemen Geiffeslebens, der off
vollig mi^verffanden wird,
202
WSBffWImS&HEma
Wir fagfen: die formgeffalfende Kraft Richard Strang fei eines der Momenfe, die
ihn zur Programmufik gefiihrf haben. Dies iff fo zxx verffehen, dag fein Jelfenes
„archifekfonifches" Vermogen zugleich immer lebensvolleres Vereinheitlidien der Form
anffrebf: Nichf nur klaflifch vollendefe.Erfiillung des gegebenen Schcmas, fondern audi
Durchdringen desfelben mif unfevren pfychologifchen Erlebniffen enffprechender Gefefj-
magigkeif — das war die Forderung, die Sfraug [idi ffellfe und die von nachfchaffenden
wie produzierenden Kiinfflern allgemein erhoben wurde. Diefem Anfpruche konnfen
die rein mufikalifchen Schemata nidif geniigen, folange fie ausfchlieglich mufikalifchen
Gefefjen folgfen; folange nur Materia 1-Sdi were der Teile formale Auslofungen hervorrief,
ohne dag ein Elaffizierung erzeugendes Korrektiv hinzukam. Diefes Korrekfiv erfand
fich Richard Sfraug, indem er dazu das Programmafifche benu&te.
Hier miiffen wir daran erinnern, dag gerade feine Jymphonifchen Dichfungen
meifferhaffe Formbewalfigungen find. Kaum je hat das Rondo-Schema fo lebensvoUe
Biegfamkeif - gezeigf wie im „Till-Eulenfpieger'; kaum Je die Variafionenreihe einen
Reichfum zugelaffen wie im „Don Quixote". * Nicht zum Abfchwachen der rein mufikalifchen
Kraffe dient das Programm, nicht als Bindemittel, das augerliche Teilverknupfungen
zulagf; fondern ganz und gar Mufiker nimmf Sfraug die feffen Schemata der Tonalifaf
und weig ihnen durch Zugrundelegung des Programms bis dahin unerhorfe Schmieg-
famkeif zu verleihen. Seine Formen find nicht nur meifterhafte Belebungen der
Schemata, fondern zeigen zugleich jene pfychologifchen Erlebniffen eigene Folgerichfigkeif,
welche wir Modernen in alien Kunfterfcheinungen fudien und die uns oft zu vollig
unrichfigen Inferprefafionen klaffifcher Mufik verleifef, indem wir audi in deren ideale
Formabwagungen pfychologifche Momenfe hineintragen und rein mufikformale Enf-
wicklungen oft gemag einer ihnen fremden pfyfchologifchen Enfwichlung umgeffalfen.
Das Programm der „Alpen-Symphonie" ift, kurz gefagf, „ein Tageslauf im
Gebirge". Ein Tageslauf, bei dem wir vor Sonnenaufgang in die Alpenwelt hinaus-
treten, urn uns wahrend des Tages zu den Gipfeln empor zu erheben: Die Wanderung
dahin und der anfchliegende Abftieg geben/cTalTSuTef, das Straug der Symphonic zu
Grunde gelegf hat. Nach einem Gewiffer kfehren wir zu unferm Ausgangspunht zuriick,
wahrend 'die Natur wieder in dunkles Schweigen verfinht
Wie wir fehen, ein Programm von erftauniicher Einfachheif, das aber alle Voraus-
Je^ungen in fich fragf, um einer Symphonie zu Grunde zu liegen, das wie diefe feinen
inneren Hohepunkf hat, um den es fich nach weitem Au-^oicv. n\ fich felbft zufammenfchliegt
Und jetjf konnen wir fagen: augerliche Programm-Mufik — bei der eine Idee das
Beffimmende iff — hat mif mufikalifcher Kunff nichfs gemein;nur wenn innere Forderungen
den Mufiker zu Gleichniffen zwingen, durch die er erlebfen Formen gefchmeidigeres
Eigenleben verleihf, hat das Programmatifche Sinn und BerecMgung.
Wenn wir oben von einer „Erfc^e=nung" Jprachen, durch die Richard Strauj3 „ein
bisher der Mufik unzugangliches Gebief in durchaus mufikalifchem Sinne" erfdiloffen
habe, fo iff damit die Einfuhrung der Windmafchine in das mpderne Orcheffer a^^eint
Soweit uns bekannt iff, wurde diefes Larminftrumenf bisher nur in einer verungluchfen
Symphonie Paderewskis angewandf — nafiirlich im Sinne augerlicher Programm-Mufik,
um „Klang" zu malen und den „nafuraliffifchen Eindfruck" zu verffarken.
Das Vcrangehende mug geniigend klar ergeben haben, daj3 die mufikalifche
Pofenz Richard Sfraug' zu grog ift als dag fie nicht jede Erfcheinung zu einer mufikalifchen
umwandelfe, die er in fein Schaffen einbeziehf. Wie iff dies aber einem Larminftrumenf
gegeniiber moglich, das anfcheinend aller Eigenf chaff en enfbehrf, die wir zu den
mufikalifchen rechnen?
Die Windmafchine gibf weder beffandige Tonhohen noch rhyfhmifche Abmeffungen;
ihr einziges Vermogen iff, Tonanfchwellungen wie Abfchwachungen hervorzubringen.
205
Vr^tr
Auf Grund diefer einen Eigenfchaff gebrauchf nun Sfrau£ dies Inffrumenf, um fur eine
langere Epifode die periodifche Glier^rung darzulegen, d. h. er erhebf das dyna-
mifche aus feiner bisherigen Gebundenheif — nur begleifend zum Unferftreichen der
Ausdnuks- Jowohl als Rhyfhmus- und Klangfarbennuancen — zum felbffandigen Fahfor,
indem er es in einer gewiffermajSen ab^-^kfen Ablofung auf fich felbff befchrankf und
zur Zufam'menfaffung und Anordnung ^ Tabfgruppen gebrauchf. Damit iff auf die
Moglichkeif einer neuen Bereicherung der Jrcheffermiffel hingewiefen, und, mehr noch,
in einem meifferhaffen Beifpiel gezeigf, wie bloj3e Larminftrumenfe zu mufikalifchen
werden bonnen.
Zum Sfilproblem der neuen Mufih
Von Robert Hiiller-rlarfmann.
Die Ideen der forffchritfsbewujSfen Romanfiker und Neuromanfiker konnen dem
mufikalifchen Schaffen der Gegenwarf keine neuen Impulfe mehr geben und nicht
mehr als Richflinien der Weiferenfwicklung dienen. Unfer .Zukunffswille wirff neue
Fragen auf, ahnf neue Ziele. Von der einft in Weimar gefchiirfen Forffchrittsbegeifterung
iff werdg geblieben, und die damalige Bewegung haf ihren zeiflich begrenzten Sinn
erfiillt Die von Lifzf und Wagner ausgehenden alfhefifchen Tendenzen haben der
■Mufik einen neuen Farbenreichfum und ffarkere Bildhaftigkeit gebracht fie haben ihre
pfychologifchen Fahigkeifen gefcharff, aber nicbf ihre feelifchen Werie erhoht Die po-
efifdie Idee, von ihren Verkiindem meiffens nur in abgeleifefer, in liferarifcher Bedeutung
begriffen (nidif ais ein jeglichem konkrefen Erleben und jeglidier kunftlerifcher Ge-
ffalfung vorausgehendes Ur-Erlebnis) — die poefifche Idee fiihrfe, fta.it vor Inhaifsleere
zu fchiifzen, verhaltnismaj5ig fchnell zu einem neuen Formalismus, dem der fymphonifchen
Dichfung und der nachwagnerifchen Opernfprache, Und man wird diefen kaum fur
efwas Werfvolleres eradifen als den akademifchen Formalismus. In beiden Fallen
halfen wir nur die leeren Hullen, fehen wir nur die verlaffenen Wege, die der fchopferifche
Geiff gegangen iff.
Formalismus bedeufef; tterrfchaff der Miffel iiber die Intuition; nicht der fchopferifche
Geift gebierf mehr die Form, fcndern die handwerkliche und arfiffifche Erfahrung
modife den Geiff befchworen; Formalismus bedeufef: Sichibarwerdung des Dualismus
von Form und Inhalt Die Abkehr von den in der Obhuf des Epigonen erftarrfen
klaffifchen Formen, zu einer Kompofifionsarf, die fich die Freiheif der Formgebung von
Fall zu Fall nach poetifchem Ermeffen vorbehielf, die enffchionene Wendung vom ty-
pifierfen Empfindungsausdruck und befonf Ziinftigen zu pfychologifdier Charakteriftib
und finnfalliger Reproduction fubjebfiver Eindriicke und der fie erregenden Anlaffe —
all das War fur die Dauer kein Praventiv gegen die der Kunft immer drohende Gefahr,
von den Miffeln, die fie erzeugi fyrannifierf zu werden. So viel uns audi der Lifzf-
Wagner-Sfil neues gebrachf hat, fo hoch wir auch eine Symphonie von Bruckner, Lieder
von Hugo Wolf oder eine Tondichfung von Richard Strau# fchafzen mogen, fo fiihrt
die Enfwicklung, von der die Werbe diefer Meiffer zeugen, doch nicht aus einer heufe
immer mehr fiihlbaren Enge des mufikalifchen Bewu£ffeins heraus. Sowohl die Ein-
Ifellung auf das Erlebnis im fubjektiv - romantifchen Sinne wie die Erweiferung des
Tonarfbegriffs, der orcheffealen Miffel und der Moglichbeifen der Mofivverkmipfung,
d. h. fowohl die affhetifchen Befonderheifen wie die technifchen Neuerungen des „neu-
204
«&
deuffchen*' Sfils — fie lagen ganz im Zuae einer unaufhalffamen Enfwicklung, deren
fernffe Ziele (wenn audi in hoherer Sphare verwirklichO Beefhoven vorausgefchauf
haben mag; und die Neuromanfiker gehoren ebenfo wie ihre mehr klaffiziffifch ge-
richfefen Zeifgenoffen dem Kreife einer mufikalifchen Sulfur an, gegen die fich als ein
wefenflich anderer Kulfurkreis nur die Kunff Seb. Bachs abhebf.
Mif dem Hinweis auf Bachs Sdiarfen als Palladium der Tonkunff iff keine re-
akfionare Abfidif verbunden. Es foil keineswegs aufs neue dazu ermunferf werden,
die ffehenden Formeln, an denen audi Badis Zeif iiberreich iff, zu kopieren. Weffen
Blich indes fiefer dringf, mup* fouren, dap" in Badis Kunff Moglichkeifen feelifdier Er-
neuerung, Quellen des Lebens, ffarkffer Gegengewichfe gegen die finkenden Tendenzen
der Zeif vorhanden find. Wer fich 3achs Mufik gleichfam losgeloff aus ihren zeiflichen
Bedingfheifen vorzuffellen vermag, dem muj3 fich hier eine unverbrauchfe, vor-
warfsweifende Kraft dem muj3 fich das Melodifche als das primare Element offenbaren.
Im Laufe einer Enfwicklung, die eben nidif in breifem AusmajS und mif Verffandnis fiir
das eigenflich Zukunffsvolle in feiner Mufik an Bach ankniipffe, wurde die Herrfchaff des
bei ihm walfenden Urprinzips immer mehr zuriickgedrangf. — Urn Mij5verffandniffen
vorzubeugen, fei bemerkf, da£ es fidi in diefer Befrachfung nichf um vergleichende
Werturfeile iiber in fidi abgefchloffene Mufikkulfuren und uber das Gefamffchaffen^gro£er
Meiffer handelt [ondern um die Bedeufung zweier Geffalfungsprinzipien, des me-
lodifdi-konfrapmah'tifchen und des harmonifch-homophonen, fur die Zukunff unferer
Kunft. — Die le£fen hunderf Jahre in der Mufik brachfen ffandige Bereicherungen
auf harmonifchem Gebief und die Herrfchaff des Harmoniebewuj3ffeins iiber den me-
Iodifchen Trieb. Die Harmonie, anfanglich nur ein ordnendes und aufbauendes Elemenf,
lenkfe durch farbige Schonheif die Aufmerkfamkeif in immer ffarkerem Ma£e auf flch
zu und von den melodifchen Inhalfen ab, wurde Selbffzweck und StimmungsWerf an
fich- Immer kurzer wurden die Sfrecken, die nodi ein melodifcher Impuls durchbebfe,
irrmer felbftfiichtiger die Eingriffe der Harmonie, die fchlie£lich den Forfgang des Ton-
gefchcriens faff nur nodi von fidi aus beffimmfe. Anders gefagf : an Sfelle Weifausgreifender
in fich ai\sbalanzierfer Linien fraf das enfwicklungsarme, der harmonifdien Sfufje fehr
bediirftige Mofiv. Und je mehr die Harmoniebrunff um fich griff, deffo mehr Ver-
langfamie fich das Tempo und verarmfe der Rhyfhmus, und fogar in den Partifuren '
hervorragender Komponiffen miiffen Arpegg^en (bei Lifzf), Jvnkopierfe Akkord-
wiederholung (Brahms) oder unaufhorliches Sfreicherfremolo (Bruckner) als Erfafc fur
echte Bewegung herhalfen. Eine der Urfachen diefer zur hoffnungslofeffen .Art von
Formalismus fiihrenden iibertriebenen Kulfur des Harmonifdien iff die Bevorzugung
des Klavierfpiels als Ausgangpunktes und haupffachlichen Mittels der fonkunfflerifchen
Bildung. Eine Parallelerfcheinung zum uberwuthernden Eigenleben der Harmonic im
Schaffen der lefzfen Epoche iff die Einfeifigkeif des mufikfheorefifchen Infereffes (und
Fort jdiriffes) fiir die Gefe^map'igkeifen der Harmonie. Wie die klavierma£ige Se£- und
Sdireibweife den Sinn fiir die felbffandige Enffalfung und das Gegeneinanderwirken
qleichzeifiger Sfimmen verkiimmern Iaj3f und die Vorffellung eraffabUierfer, von Anfang
an ferfiger Akkordkomplexe begiinffigf, fo fiihrf audi die uegenwarfig verbreifefe Mufik-
theorie in der Lehre vom Konfrapunkf nichf fief genuf in das Wefen der nichf vor-
ausgedachfen, der gewordenen Harmonie ein und leifef nichf durdh infenfiven Kulf der
Linie zur VJberwindung des akkordifchen Vorftellens an, i$M Abfichf ward hier einige
r lale der kiihlere Ausdruck „Linie" ffaff „Melodie ft gewahlf, um den Unferfchied zu
betonen zwifdien einer fchopferifchen Sehnfuchf der Gegenwarf und dem zu alien Zeifen
vernommenen „Schrei nach der Me!odie", d. h. nach dem melodifchen Gemeinplats).
Es gibf zukunffsfrohe Mufiker unferer Zeif, die es magifch zu den alfen lehren
vom Konfrapunkf ziehf, und es iff nichf nur padagogifcher Sfumpffinn, gedankenlofer
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205
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Konfervafivismus. wenn heufe nodi mandier lieber nadi dem Gradus ad pamaffum
von Fux als nadi den auf die moderne H.arrnonik gegriindeten Konfrapunktbiichern
unferrichfet In der alfen vorbachifchen Xheorie herrfchf nodi der Zuffand vor der be-
wujSfen Erkennfnis der fonalen Funkfionen und der harmonifdien Kadenz in ihrer Be-
deufung nichf nur fur die Sdiluj3bUdung, fondern audi fur den organifchen Gefamf-
verlauf einer Mufik. In ihr lebf nodi efwas von der Illufion melodifch aquivalenfer
Stimmen und grojSerer Bewegungsfreiheif in der Mehrftimmigkeit. (Fakfifch iff dorf in-
folge der angfflichen Ruckfichf auf die Konfonanz von- diefer Freiheit nichf viel zu merken).
Aber die Logik der Harmonie hat von jeher beftandan und fie wird fich audi nicht aus
der Welt f chaff en laffen. Wir konnen fie nichf glattweg negieren, drum muff en wir dahin
gelangen, fie nicht mehr als emfdiniirenden Zsvang zu empfinden. Die Mufik ift aus
dem Kindheifsffadium, in der fie fpielend ^as Gleichgewichtder Krafte wahrfe, in das
Stadium der erffen lahmenden Bewuj5fheif getrefen. Nun hei£f es, jenes hohere Wiffen
zu erwerben, das dem Triebleben nichf feindlich ift das in der Richtung des fdiopferifchen
Triebes voranleuchfef und den Kriftallifationsprozep" erleichtert
Dominante - Tonika ift mehr als ein Schulbegriff und mehr als eine iiberlebte
Formel. tfberiebf find vielleidit die Klangbilder, in denen fich uns diefes elementare
Spannungsverhaltnis darbietet. Und das mup wegbereitende Erkenntnis werden, dap"
diefe uns gelaufigen Akkordtypen nicht der einzig mogliche Ausdruck der polaren
Spannung find, vielmehr nur eine befchrankfe Auswahl aus einem nie # zu erfchopfenden
Reiditum, nicht endgiiltige Formulierungen eines Urgefe^es, fondern nur Abglanz einer
ewigen Wahrheit Der Formalismus in der Harmonik wird indes nicht iiberwunden
werden durch Chromafik und Alferierungen, nicht durch neue Raffinemenfs in der
Akkordfiguration oder au^erfte Kraftproben auf das Tonalifatsgefiihl und, wie meine
IDberzeugung ift, audi nicht durch fpekulative Bemiihungen um neue Tonfyfteme. Einzig
die Kraft des Melos, die das ganze Stimmgefledjf bis in die feinften Adern durchdringt,
kann uns neue Freiheif geben. Wir ahnen einen neuen Stil von weitgefpannten Linien.
die fich uns wie zufallig kreuzen und verknoten und ihren Treffpunkten Harmonien
von fliej3ender Bedeutung ergeben; wir fraumen von einer neuen Mufik — und zu ihr
verhelfe uns der Geiff, das Neuerlebnis Bachs — die nicht in ewig gleichen Abftanden
Harmonien ffeil aufrichtet, in der das Geriiff der tonalen Beziehungen nichf in diirrer
Nacktheit fichfbar ift, und in der die finnfallige Kadonz fur die Gliederung im Gro£en
und den endgulfigen Schlu^ aufgefpart bleibf. Das Wort „Kontrapunkt" miip'fe einen
neuen lebendigen,.von allem Schulmaj3igen und Konventionellerr, befreiten Sinn erhalten,
muj5te nicht mehr eine Art von mufikalijcher Gelehi-famkeif, nicht Kiinftelei oder ein
kiifcheeartig verwendetes Mittel wirkungsvoller Themenkombination fcezeichnen, fondern
hdheren Reichfum der Seele, feinere Sinnlichkeit und unbegrenzte Moglichkeifen der
Phantafie.
Wo es fidi um Mufik, d. h. let>ten Endes um Gefuhisma£iges handelt bleiben Worte
und Begriffe vieldeutig. Umfomehr ware es ein mu^iges Beginnen, von einer neuen
auf literarifche Hilfsvorftellungen und erborgte Inhalfe nichf angewiefenen Mufik zu reden.
wenn diefe nicht wenigffens in Anfa^en und triebkraftigen Keimen vorhanden und das
Gefiihl fur fie nichf bei vielen lebendig ware. Das ift vor allem feit der urfpriinglich
1 produktiven und erquickend unliterarifchen Erfcheinung Max Regers der Fall, hingegen
hat mif einer Entwicklung in der angedeufeten Richtung das Schaffen Debuffys nicht
das rnindefte zu tun. In den Werken des franzofifchen Kiinjflers und der ihm art-
verwandfen Komponiffen ift die Klangfarbe der ausfchlaggebende kompofiticnelle Wcit.
Eine Kunftdie im wefentlichen derAffoziation malerifcher Ideen dientvon einer melodilch-
konfrapunktifchen derfelben Zeif grundjatlich zu unferfcheiden und nicftt die eine wie
die andere unfer dem Sammelwort „modern** zu begreifen, ift Pflichf der Erkenntnis.
206
Von Schonberg und feinen Liedern
Von Eduard Erdmann.
Schonbergs Werden ift Vereinfamung. Sein Schaffen Einzeiaktion, gdteigerter Individualismus.
Seine Lehre: jedes Problem perfonlich rchopferifch zu erfaffen, daB alles finguiare Anfchauung
werde. Deshalb fordert Schonbergs Mufik Einftellung. Und der Tchopferifche Zuhorer wird
wichtigfter Faktor, wird dem Komponiften und dem fchOpferifchen Interpreten Fchaffend gleich-
geftellt. Schonberg wendet fich an kein Pubiikum, Weltflucht zeugt einfame Ekftafen. Frage:
hat die Maffe Schonbergs Mufik nuttg? Nein, heute noch nicht; heute brauchen ihn die Einzelnen,
die gesteigert Lebenden. Schonbergs Schaffen ift problematjfch. Die Neigung zum Experiment
bedingt das und ein noch GefShrlicheres: die primitiv monumentale Tonfprache, welche Letzheiten,
Difterenzierteftes ausdrileken foil. Ja, felbft die LOtung diefer inneren Spannung wirkt als Experiment
und zeigt nicht erfrifchte neue Welt. Kultur, die fich ablegt . . . Doch die Aarpannung gerade hier
ift fu ubermenfchlich, fo in hochftemGrade fchbpferifch,— werempf2ndedas undbewunderte nicht? —
Sfilifiifch fehen wir in Schonbergs Ietzten Werken neben der expreffioniftifchen RUckfichts-
loiigkeir ein impreffioniftifches Moment in feiner Stellung zur AuBenwelr, der er immer noch
ton ma I end laufcht. Die „Naturaiismen" find im „Pierrot Iunaire" und auch in den Georgeliedern;
alfo in Werken, in denen die begriffliche Welt textlich hineinfpielt. Hier zeigt fich SchOnberg
darin inkonfequent gegeniiber feiner Forderung eines einmaligen, wefentlichen Kontaks mit dem
Gedicht. ImpraJtfioniftifch ift auch Schonbergs Klangmyftizismus. Da liegt heute fein wefenllichftes
mufikaiifches Materialintereffe, wahrend die Linien allmahlich zu geiftigen Symbolen — : abrtraki
werden. ohne die friiher fo uppige Mufikfreudigkeit der Kammerfymphonie. • Aber feine
vieltach gebrochenen inftrumentalen Klangeffekte, die fo Dberaus raffiniert, gewiffermaBen fo wie
eine Steigerung Qber die heutige technifche Zivilifation noch hinaus, wirken, ja, die zeigen noch
Freude am Stoff und find noch nicht von der nurgeiftig — abftrakten Nachbarftrtfmung in
Schonberg aufgefogen worden.
Und noch etwas: bei Schonberg haben wir im Hinblick auf das objektiv abfolute Gebilde,
welches ein Kunftwerk immerhin fein mufi, fo haufig den Eindruck einer Indiskretion des SchSpfers.
Das kommt durch die feelifche Oberfteigerung, bedingt durch dte Forderung der eigenperronlichen
Schopferanfchauung, wodurch die Perfpektive vom Normalen ins MaBIofe verzerrt wird. Das dritte
Ktavierfttick aus op. 11 ift 7. B. Ausdruck einer Extafe, die mit der vollen Riickfichtslofigkeit
und Unzurechnungsfahigkeit des fubjektiv erhohten Zuftands auf den Zuhorer loshammert, ihn
unvorbereitet trifft und — vor den Kopf rtQBt. Mittel zur Aumahme ift daher auch hier nur eine
kongruente, gefteigerte Ein ftel lung. Sehon ;ergs fpatere Werke find vom erlten bis zum Ietzten
Ton KonfeHion, Bekenntnis. So wird eine artiftifche Wertung ihm nicht gerecht. Der GenuB
entrteht aus der Auseinanderfetzung mit clem SchOpfer, aus dem VerrtSndnis feiner GroBe. Von
aulien als Feinfchmecker zu Schonberg kommen ift finnlos; feine Formung, fein Melos find
1 Ausdrucksmittel. Nur innerer Kontakt erfchlieBt feine Welt. —
Schunbergs Amange zeigen ihn weltofien. Eine Mufikernatur, ungewohnlich flppig wuchernd,
nachwagnerifch, wie fchwerer Sammt. So auch in feinen erften Liedern. Bisweilen fchon fehr:
intenfiv, manchmal uberrafchend verfeinert, im Wefentlichen aber blilhende Mufik. „Erwartung"
aus op. 2 enthalt bedeutungsvolle Klangahnungen, M Warnung M (op. 3) hat fchon die aktiven
; Kontrafte des fpateren Schonberg; Qberall in den frtihen Liedern aber gefteigerte Inbrunft, Warrae
und fchopferifche Potenz. Eine Sonderftellung nimmt das n Hochzeitshed M mit Teinem Itrophen-
liedartigen Bau ein — die einzige Kompofition Schonbergs, der man das Attribut fchlicht geben
kann. Ein mcifterhafter Wurf — auch in kompofitionstechnilcher Hinu'cht — ift „Freihold a mit
feinem pfychologifch fo treffenden Schwerpunkt auf dem herben Sextakkord, der, konfequent
ausgebaut, gewiffermaBen als akkordliches Motiv verwertet wird. Opus 6 ift fchon ganz wichtig.
Die grotien Intervalle in „TraumIeben" find diejenigen feiner kommenden Entwicklung und
207
bett&tigen die Beobachtung, daB weite meipdifche Spanriungen (Sprlmge) mit emotioneller Expansion
Hand in Hand gehen. „ Alles" tendiert zur Differenzierung, den Letztheiten. „Madchenlied" hat
formeK ganz rpSteren Typus in der fcharfen Kontrartprofilierung. w Verlafren" ift ein wunderfchOn-
konzentriertes Lied, das fchon kein „Podium" mehr in fich hat. Eine Fortwendung vom StrauB'fchen
Liedtyp mit leiner Aufmachung — ein ethifcher Schritt. „GhaIel" auf derfelben Linie, noch
verhaltener. „Am Wegrand" und w der Wanderer" find HOhepunkte in SchOnbergs Lyrik; bei
voller innerer Beteiligung des Autors abfolut gelungene Lieder (man fehe die Behandlung des
motorifchen Moments) — ohne die Problematic die teuer erkaufte GrOBe der folgenden Entwicklung.
„Lockung" iff ftiliftifch richtig — voll der typrtchen SchOnberg-Linien, aber ungliicklich verzerrt. —
Die ftinfzehn Georgelieder opus 15 — nach der Wendung, die WiderFpiegelung des heutigen
SctiOnberg im Liede. Die Gefangftimme ftreng Jtilifiert; bald deklamatorifch ruhig, bald fprunghaft
bewegt. Immer vom Ausdruck her konzeffionslos geltaltet. Primitive Einfachheit der Schreibweife
wird erzwungen und wirkt organiHert, als Einzelfall hier durchaus berechtigt, — aber krampfhaft,
ungefund, unter Hochdruck. Stimmungsuntermalung, auf der anderen Seite Neugeftalten Georgefcher
Situationen, wobei die AuBenwelt tonmalerifch nirgends zu kurz kommt (eine Merkwilrdigkeit
innerhalb der fchOpferifchen Einfiellung des heutigen SchOnberg), nerv5fefte Feinhorigkeit, ja Sen-
' libilitatskult bei expreffioniftifcher Gewaltfamkeit mit ihrem Pochen auf die fchopferifche Autonomic
Itempeln die Georgelieder zum Sonderfaii. Technifch viel bewegungsmotivirche Filigranarbeit,
Ausnutzung motorifcher Keimmttglichkeiten. Das horizontale und akkordliche Zufammenklang-
[chaffen nimmt ziemlich gleichen Raum ein. Oberhaupt kann man den fpaten SchOnberg nicht
nur auf lineares Empfinden feftlegen, dazu ilt [ein Farbenempfinden zu wach. Eine kompoti-
tionstechnilche Analyfe der Georgelieder nach dem gewaltigen Vorbild von Kurths „prundlagen
des linearen Kontrapunkts" ware fehr dienlich, erfordert aber eine Sonderarbeit Ich mOchie hier
nur noch betonen: die Georgelieder find geheiligt durch die immer wache Glut ihrer Ich^pferirchen
Vifion, die alles, alles: jeden Akkord, jede Phrafe, jeden Ton durchfetzt.
U :!
Operette
Von Oscar Bie.
Was ilt Operette und wie kam lie? Es gab drei Gattungen der Oper. Sie wurde durch-
komponiert, oder wenn fie buffa war, hatte fie italienifche Seccorezitative, oder fie hatte gefprochenen
Dialog zwifchen den Nummern. Dies hatte die Opera comique und auch das deutsche Singlpiel.
; Und die Uberfetzten Buffoopern hatten auch Dialog ftatt der Rezitative. Die ganze Einteilung
war mit der Zeit auBerlich geworden. " Die Operette hatte in ihr gar keinen rechten Platz, und
man war fich auch garnicht klar, was He eigentlich bedeutet. Durchkomponiert war He nie.
Sie hatte immer Dialog. Aber ich muB jetzt fchon fagen, daB He niemals ein endgttltiges Welen
annahm, weil man fie durchaus in die eben gezeichneten Rubriken unterzubringen fuchte. Sie
vegetierfe als ein Ableger der komifchen Oper und des Singfpiels und konnte Hch niemals von
dieter Verwandtrchaft ganz befreien, obwohl in ihr Keime zu einer ganz neuen Gattung fteckten.
Es ilt dies alio die Folge der langweiligen Schematifierung, unter der die Opernproduktion frflherer
Zeiten litt, Heut kOnnte es gewiB ganz anders fein.
Was wir fo Operette nennen, kam aus der franzOfilchen Komifchen Oper. Es \U nicht die
alte Buffooper, die an SpSfien und Luftigkeiten reich war, fchon weil ihr Weren vielfach auf der
Paradoxie des Opernbetriebs beruht. Sondern es iTt etwas ganz anderes. Die Sentimentalist
diefer Oper, die das Wort komifch nur noch aus einem MiBverftandnis tragi, fchlagt aus einer
gewiifen Reaktion in den letzten Auberfchen Werken ieidenfchaftlich ih den Tanz urn, in Galoppaden
mmm.
und Kancanaden, ttber die rich Wagner damals in Paris fo aufregte. Der glatte Umfchiag in derl
Tanz, gewonnen aus der heiBen Luft maBgebender Offentlicher Bafle, war der erfte Keim. Ein
zweiter war die Gelegenheit zur Parodie, die Offenbach ergreift, der geniaie Fortretzer der Gattung.
Offenbach beginnt mit der romantifchen Gefte der fQBen Chanfons. Es ift Salonwefen. Salonluft
irt noch in den leichten fchrniegfamen Tanzchen, die er gefchickt in feine Stilcke einfllgt. Seine
Walzererfindung irt nicht exzeffiv. Sie hat die kleine feine Linie der kichernden Pikanterie des •
trockenen Humors von der Komifchen Oper her. Trinklieder und Soldatenlieder, alles was Marfch
ift, fuggeftive Kombination von Erotik und Soldateska, kommt aus derfelben Quelle. Aber bisweilen
Uberkommt feine Menfchen ein Gewirfen des BlQdfinns, das plOtzlich ihre eigenfte Exiftenz, dieres
wahnfinnige KornOdiefpielen, um irgend ein Fchones Stuck darzuftellen, grotesk aufbrechen 13Bt.
File, file fingen Tie, und bile, bile und patati, patata und bing. bing und balaboum, fie haben
vollkommen recht, To ift das Leben und wird nie anders werden. Sie geben es der italienifchen
Oper gehOiig, verminderte Septimen, entfetzliche Rouladen, furcfttbare Dacapos und Sommer-
wohnungen auf Fermaten, gewaltige Kompofitionen auf den Apfelmann, Oder fiber das Loch im
Rucken eines Admirals, oder das Triumphgefchrei iiber den Degen, den Degen, den einft mein
Vater trug, — hier war die groBe Parodie in der MuHk erreicht, die bisweilen, aber riicht immer
auch den Text Offenbachs beherrfcht: Mufterbeirpiele Orpheus und Blaubarr, wogegen die Sen One
Helena am Schlufi einen Rtickfall in die Wahrheit erleidet. Um zufammenzufaffen, welches find
die Operettentugenden Offenbachs? Anlehnung an den Tanz und Parodie des Gegenftflckes,
alfo im Grunde keine originalen Tugenden, fondern Folche, die fich von den Sflnden der andern
nahren. Seine Operette lebt von dem geiftreichen Griff, mit dem er die Komifche Oper kitzeit,
Iebt von der guten Laune, mit der er zugleich fpottet und phantafiert. A*ber fur die eigene Gattung,
die einmal kommen kOnnte, find das nur die Anfange.
Die zweite Bltitezeit der Operette ift .die Wiener. Was dagefchah, ift eher eine RUckbildung
der Gattung, als eine Fortbewegung. Nehmen wir die Fledermaus. Ich Tpreche nicht yon der
Erfindung, von der melodifchen und rhythmifchen Phantafie, die auBerordentlich ift, fondern eben
von der Gattung, die fich ganz auf dem Punkte der alien Komifchen Oper h3lt, mit natUrlicher
oder plOtzlicher Einmifchung von Tanzen, die den Takt nur Hebenswtlrdiger maohen, als er fonft
fchon ift. An gewiffen Stellen wiichft diefe Methode ins GroBartige: das „Du und Du ft -Enremble
des zweiten Aktes ift eine geniaie Erweiterung des alten Wiener Walzerfchemas, aus dem
BUrgerlichen in eine monumentale Freiheit. An andern Steflen juckt der parodiftifche Nerv: im
Terzett des erften Aktes fpringt fentimentaie Stimmung plOtzlich in eine Polka der Selbftverfpottung
Qber. Dies find Keime, dies find Horizonte. Aber es ift noch nicht die Gattung. GewiB, es ift
anftrengend diefe Gattung zu bifden, und es ift bequetner, auf den Pfaden der aus Lyrik und
Tanz gemiTchten Landfchaft weiter zu fpazieren. So gent es den jetzigen Operettenkomponiften.
Sie arbeiten, better oder Ichlechter, auf diefe Mifchung lyriTcher ©der tanzerifcher Inftinkte hin,
und die Sufilichkeit oder Gewohnlichkeit ihrer Motive erweckt in ihnen <keine andere Reue,
als die Operette wieder in die Oper zuriickwandeln zu wollen. Dies ift der feltfame Ehrgeiz
ihrer BeUen. Ich fage ihnen: fie kehren eine Kunft um, noch ehe fie fich entwickelt hat. Sie
befinden fich in der grotesken Lage, daB die Regie ihrer Werke diefe felbft LQgen Kraft. Der
gute Regiffeur der modernen Operette afcrobatifiert feine Gattung. Er ISBt feine Figuren, feine
ChOre in einem Stil fich bewegen, der das groteske Ornament des wirklichen Lebens zeichnet t
und eine Traveftie der Gefte kultiviert, die den Realismus lacherlich macht. Im Tanznachfpiel*
des Couplets, in der Arabeske des Enfembles, in jeder Aufidfung des Geranges in ftumme KOr-
perrhythmik ift erheut der wahre Operettendichter. Es gibt kauro noch wo anders eine folche
Divergenz zwifchen Regie und Stack, kaum noch wo anders ift der Autor heut To angewiefen
auf die Rettung durch den Regifreur. Es ift Zeit, daB er fich auf Tich felbft befinnt.
Was ift nun Operette? Wiffen wir es felbft? Es ift eine Gattung, die ausrutfcht, oder die
fchielt, oder lonft etwas, Aber ich mOchte gem, daB es endlich etwas felbftandiges fei. Was
ich da rate, ift fehr undankbar. Man verdient damit keine Millionen, aber es kOnnte fein, dafi
209
man eine neue Kunft fchafft. Vielleieht fchafft He ein Anderer, der den Mut und das Genie hat.
Ich kann nicht mehr tun, als den Weg angeben. Denn jetzt weiB ich: Opereite beginnt an
folchen Stellen, bei Offenbach, bei Johann StrauB, wo man fo weit ift, jede Realitat zu leugnen,
jeder Unmittelbarkeit [ich zu fchamen und einen tragikomifchen Stil zu bekennen, der Uber den
Emit und auch liber den SpaB hinaus eine Weltanschauung der Dinge auHtellt, in der He ihre
eigene Exiltenz vorausfetzen, ihre Geftihle und ihre Beziehungen, und von da anfangen, fie
rtickw3rts ISchelnd neu zu geftalten. Man denke an die Malerei und Graphik, von Beardsley
bis Klee, von Somoff bis Ernrt Ster-n, und man verfteht mich. Auf einmal jetzt find wir frei von
der Darftellung der Geftihle und .Beziehungen in ihrer wirklichen Kaufalitat, wir heben die Liebe,
die Eiferfucht, die Ehre, das Schickfal aus ihren irdifchen Verftrickungen heraus und freuen uns
ihrer rein afthetifchen Erfcheinung, die wir beliebig verlangern und verkiirzen, Ubertreiben und
zerblafen, monologiTieren und kontrapunktieren kOnnen. jetzt kommt der Rhythmus zu feinem
Rechte. Wie armlich war das Material bisher in dem bischen Tanz und Couplet. Welchen
Schritt, welche Zuckung, welche Nervohtat kann der Rhythmus haben, wenn wir inn wirkhch
einmal ausbohren bis auf feine. letzten Moglichkeiten. Wer macht das heut, wer wagt es? Wer
wagt die Melodie felbftandig zu machen, daB lie nicht bloB ein traurig oder luTtig Liedlein fingt
und immerfort in der Angft befangen ift, die Empfindung wahrhaftig abzutaften. Operette, hier
habt ihr freies Feld. Man verlangt keine Nachahmungen. Wir find ja langft Uber diefes Stadium
hinweg. Wir rind ja in einem lachenden Jenfeits. Wir blicken auf die Erde zuriick, wie fie lien
qualt und krampft, Geftihle zu fUhlen, Gefiihltes auszuwinden. JMun laBt einmal diefe ganze
Gefchichte. Steht einen Augenblick hill. Dreht die Schraube im Kopf zurLick und lacht Euch
und Iprecht Euch und fingt Euch aus, rait Melodien, die [o lange in Euch gefchlummert haben,
die aber viel wahrer find, als die wahren, etvvas ganz langes fehnfuchtiges, wenn ihr niefen
mtiBt, und etwas ganz genieftes, wenn Euch die Tranen kommen, fa, ja, patati, patato, Triller,
Koloratur, es ift ja gar nicht fo fchlimm, die letzte Mgyptifche Zigarette, Violett des Perferteppichs,
Kleider bis zum Knie, aber nur wenn die Beine es erlauben, UbermaBige Quinten und kleine
Terzen, was find Akkorde, alle Akkorde find nur groBe Oder kleine Terzen, plum, plim, ftampft
und wackelt der. Rhythmus, ralalali, piatfchert die Harmonie herauf, aidadi, Tteigt die Melodie,
fteigt und failt, fchreit und lacht, fich felbrt zu Liebe, zu Liebe den beiden Menfchen da, auf dem
weftoftlichen Divan, die das betrunkene Jammerlied der Welt fingen, h'ngen, fingen, tanzen, tanzen,
tanzen, und der Chor brurnmelt dazu, indem er den Kopf zwifchen die Beine fteckt, und die
Konige verbeugen fich vor den Arbeitern, die ihnen die Nafe fchwarz machen, und alle'Leute
rufen; ich bin die einzige Partei, die das Belte will, wefte bill, bile weit, bile, bile, balaboum.
Wer hat Recht? Recht hat, wer es komponieren kann. Oper, habe ich gefagr, ift Uniinn.
Wollte fie vom Wort befreien. Buffooper, habe ich gefagt, iTt Paradoxic Hetzt tchon das Wort
auf den Ton. Operette, ich grilnde die Gattung, darf alles. Veriteckt nicht und hetzt nicht.
Offenbart in Ton, in Wort, in Handlung, im Auftritt, im Enfemble .die gewaltige Damonie des
WeltrStfels (eben klingelt das Telephon), das monumentale Abracadabra unieres Erdenwandels
(es wird mir gefagt, daB diefer Artikel fehr eilig ift). Der Artikel ift eilig, eilig ift die Operette.
Eilig muB fie aus den Zeichen des Alltags, aus Telephon una Schreiben, ans dem Tiktak der
Schreibmafchine, und dem Patato der neuea Melodie ihren Stil gewinnen, Ichnell gefaBt, mit
hurtiger Einbildung, unbefchwert von dem Gev/icht aller StCmngen, wie eine Feder fliegend
durch Raum und Zeit diefer bloden Welt, und neu, immer neu, nie dagewefen, verwegen, frech,
exzentrifch und doch von folcher LiebenswQrdigkeit, daB man fagt, diefer Kunftler hat mit den
zarten FSden der Mufik im Klange der Blumen, im Raufche des Weines die ftechenden Dinge
diefer Welt zu einem fonderbaren Kranze gebunden. jetzt geht an die Arbeit Jetzt wiffen wir,
was Operette ift. Schon ift der Name zu durum daftlr. Aber wir wiffen, was wir meinen. Ich
i habe den Kopf fchweifen laffen. Es hat mich garnicht angeftrengt, denn ich habe nur ein wenig
t in meine wahre Situation geblickt. Ein kleiner Ruck und Ihr konnt es auch. Mufiziert es. Ich
. werde Euch Beifall klatfchen, Freunde.
240
n§:
Von der Mufikkrifik
Von Dr. Oskar
Icli glaubc, dafi es vcrkchrt ist, wcnn ein schaffcnder .v ■ $r
Kiiustlcr sagt, daf} cr auf Kritiken nichts gibt. Die "' '
Musiker &.igcii das bes-nders gem, weil sit einem Be-
urteilcr zunachst schon die geniigendc technisclic Vor-
bildung, wclchc fi.tr die'se Knnst nOtiger ist als fiir jedc
anderc, nicht ziitraiicn. OH mil Rccht. Der Zustand der
Musikkritik in Deittschland ist jamincrvoll. Das
ist Offcnttichcs Gcheirnnis. Dcnti wcr kritisiert im_ ali-
gemeinen bci mis? Der DillcUant, mclit der Musikcr,
nicht der Kunsticr. Entweder sind cs Leute, die die
iV.iisik lieben, die miisikatisch siiid, die eindrucksfiihig,
offenen Ohrcs und offenen Herzens cincm Werk cnt-
gegenkommen, denen abcr die thcorctischc und praktischc
Durchbildung fchlt, ohnc wclchc an ein rnusikalischcs
KunsUverk nicht heranzukommen ist. — Eine zweiie
Gattung sind die Musikliistoriker, bchaftet tnit dem Dr.
Titcl. Sic haben schrecklich .vie] Wisscn, sic haben die
Mcimmg, grob gesagt, d;iS die Musik cigcntlich bei Bach
aufhOrt," daB alles scither nur farbigcr Abglanz ist ciner
Zcit, die sic, nicht abcr wir, kennen. Und ihrc Scndung.
ist zn kitnde:., zn vcrgleichcn, hinzuweisen, immer nacli
riickwarts, immer nnch hintcn, immcr historisch, historisch,
historisch. Was soli der schaffendc Kiiustlcr mit ihnen?
Beide wisscn miteinandcr nichts anzufangen mid lacheln
liber sich. — Xu dieser Hauptgruppc 'kommt nun der
nicht kleinc Rest der andcren. Und dieser Rest sei
Schweigen. —
II.
Die Aufgabc des Musikkritikers ist groB und ist
schon. — Jcdcr schaffende Musiker hattc wohl cinmal
Gutfmann.
cinen Lehrcr, der ihm das nicht wenige Lernbarc seiner
Kunst beibrachte. Der Kritiker kOnntc nun zunachst fiir
den Komponisten ein idcalcr Lehrer scin, der die welteste,
allcrletzte Distanz initbringt, welche die Kunstlcr selbst
so seltcn ihren Werken gegeniibcr cinnehmen ktinnen.
Die starken und die gutcn Seiten eincr Kornposition
lasscn sicli oft in eincm Satz abtun. Es sind vor allera
die Schwiichcn atifzuzeigen, sachlich darzulegcn. Zunachst;
und wcnn das selbst mit Fachausdriicken geschieht,
schadel cs garnichts. Denn es blcibt ndtig, heute erst
von dem allgemeinen Geredc urn die Sachc weg soweit
venigstens zti kommen. Der Fachausdrucke wird man
sich bci cntwickelterer Kritik schon cntledigen. — Dazu
ist fiir den Kritiker cU bereits erwahnte' umfassendc
theoretischc und praktischeDurchbildungeinesMusikers
notig, von der Pike herauf mit alien den unsflglichen
Miihen, die gcradc die Musik initbringt ihres rein
mcchanischen wegen. Ist dieses crreicht, dann ist zu
versuchen, die zu bcurtcilenden Werke der Zeitgcnosscn
zn bcwerlen, einzurcihen, historisch anzusehe:', das
Blcibcnde und das, was vergehen wird. Doch dazu mufi
man die gcschichtUchcn Entwickhtngen ilbersehen, voti
der Pike auf die Werke der Vorzcit studicren; denn
nur so scharft sich der Blick fiir das Blcibendc, nur so
fiir die ncucn Wcrte; nur so kann der Kritiker
seiner Zcit geben, was ihr zukommt. Denn das
blcibt die Hauptsache: das Erkenncn dts Neuen, des
Zukunftskraftigen. *Der historisch geschultc Geist mufi
die Unlust, sich in ein Werk einzufflhlen, das radikal
Neues bringt, das ncue Werte schafft und in die Zukunft
wcist, ubcrwinden, Es sollte ja eine Lust fiir den
A
2U
Kritikcr sein, dcm Neuen den Weg zu bahnen. Also
die Synthese des Musikers mit dem Historiker kann —
eine Begabung vorausgesetzt — einen guten Kritikcr
crgebcn. Jeder Kritiker sollte einmal eiii Lied, cine
Oper komponiert, jeder sotlte einmal die „FlcdermaLis"
gelcitet haben, jeder sollte Gesangstudicn getrieben
haben und eine Anzahl Instrumente — nicht blofi das
unmcglichc Klavier — beherrschen, jeder sollte unter-
getaucht sein, jahrelang, in die Buntheit des prakiischen
■Theater- und Musiklcbens. Dann wird der schaffende
Musikcr den Musikkritiker achtcn, nicht aber oft achscl-
zuckend tiber tlin hinweggehen, weil er sieht, daB cin
VcrstSndnis beider Teile eben nicht moglich ist. -—
Der Kritiker muB sich bewuBt bieiben, daB er fur
dieLebenden da ist, denn*Musik und Musiker unsercr
Zeit gehen uns am meisten an. So gewiB mir Cezanne
oder Georg Kaiser mchr von mir sagen als eine alte
Madonna oder der KOnig Lear — ohne daB sie groBer
zu sein brauchen als diese — so gewiB sagt mir ein
Pfltznersches Werk mehr als ein Beethovensches. Wer
mir meinc Empfindungcn zu gestatten versucht, stent
mir nSher. Es ist gegen das cwigc Betonen der Klassiker,
das eine so tlble Gewohnhcit der Musikkritik ist, zu
protestieren. Jeder wciB von ihnei, daft sic etwas
konntcn; aber keiner von ihnen steht so hoch, daB nicht
auch das Vergangliche an ihm aufzuzeige/i ware. Es
gilt, Neuland zu entdecken. Dieses cwige Wiederkiluen
in vergleichendcn Hinweisen ist entsetzlich und zcugt
von der beschrflnkten Erfindungsgabe der „vernichtenden"
Kritik, die abgriindig zu sein scheint —
IV.
. Eine Begabung vorausgesetzt. — Natiitlich. Das
Letzte, .was einen Kritiker zum „Kritiker" rnacbt, laBt
sich nicht lernen. Das geistige Band, welches mit dem
person iichsten Gewebe alle die gclernten und crlcrnbarcn
. mcchanischcn Teile verbindet und in Bcwegung setzt,
, das Letzte,' was die Kritik selbst wieder zu eincm Kunst-
1 werk macht, ist nicht erlernbar. — Um ein Kunstwerk
zu begreifen und die Personlichkeit des schaffenden
Musikers, der es hervorgebracht hat, zu erfassen, mufi
man selbst ein Kunstwerk hervorbringen konnen, muB
man selbst ein Kunstler sein. D?e Kritik als Kunst wie
sie Wilde und Kerr lehrten; ist auch hier selbstverstandlich
das Letzte, das Erstrebenswerte.
E. Th. Amadeus Hoffmann versuchtc musikalische
Stimmungen bestimmter Werkc in Worte einzufangen.
Freilich, er ist cin Dichtcr, meiir Dichter als Kritiker.
Ihm ist nicht nachzufolgen, — Schumann und Berlioz
sind wieder viel zusehr in der Musik, nicht in der Kritik,
schOpicrisch, als daB sic ihren Kritiken bew'uBt eine
kiinstlerischc PriJgung geben, wenn auch Schumann oft
uncndlich dichterisch schon schreibt, unvcrgcBbar mit
seincm Florcstan und Euscbius. Sie sind Komponi s ten,
die ncbenbei iiber Musik schricben. Auch ihnen ist
nicht naclizufolgcn. — Es blcibt nichts iibrig, als bei der,
Lit erahir- K ritik— zu borgim, Eine intime Bcschiiftigung |
mit der Literatur, ihrer Entwickhing und ihrcr Bcurteilung :
ist uberhaupt fiir Musiker, besonders fiir Musikkritiker
unerlafilich.^'Es gibt so selten Musiker, die lesen, die
zu lesen verstehen. Musiker sind ein schr beschrankter
Stand, sie kennen nur Musik, sic fiillt sie nus, sie erfullt
sie meist so, daB die ganze andcre Welt uberhaupt nicht
recht existiert. Das BeispicI Bruckncrs ist zu bckannt,
aber fast alle sind so. Und „gebi!dete Musiker" sind
heute noch eine angestaunte — und oft eine von den
anderen beliichelte — Ausnahmc. Eine gewisse Licbe
fiir bestimmte Dichtungen oder Schulen, besonders fiir
die deutsche Romantik, ist oft vorhanden. Aber Ver-
stiindnis fur Siterarischc Form und Ausdrucksweise ist
selten. Und gerade das ist fiir die Form der Musikkritik
notwendig. Diejenige Kritik wird die beste sein, welchc '
unterWahrung der technischen und historischen Wiirdigung ■
ein Werk oder cine Perednlichkeit in ihrcm Werk so vor
uns aufbaut, daB wir es erklingen zu horen glaubcn;
klingend durch Worte verlebendigen, durch Worte
musikalische Wertc nahebringen und musikalische
Stimmungen erzeugen, dies das Ziel jeder guten Musik-,,
kritik. —
VI.
Der Kritikcr sot! sich freilich davor hiiten, ein musi-
kalisches Kunstwerk zu erklSren, damit es die anderen
„verstehen". Ein Kunstwerk kann man nicht erklSren
und Musik kann man nicht „vcrstehen\ Wex.dje^Kunst
l^bt^ersteht _sie __schon. Der franzosischc Grenadier,
der bei dem durchbrechenden C dur des SchluBsatzcs
der ,Funften a : M vive t'empercur" ausrief, hat diese
Musik besser B verstanden", als alle Gebiideten, mit dem
Fiihrer in der Hand. — Der Horer brauclit Liebc — der \
Kritiker Liebc und Geschmack, so wird der bestc
Trank gebraut.
VERBAND DER KONZERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V.
Gem elnnmz lgc KonzerfableUung: Berlin W 57, Blumenitial^lraiie 17
Tdepbon; Amt NOLLBKDOKP 3885 - , 'L'clr.fir.irnm-AdMiBso: PODIUMKUXST
EngageBMUvermlttlutig, Arrangements von Konzarten, Vortrao*- und KunBManxabenden Ifir Bariin und tile Qrtn des In- and Auslandes.
Alls Rauatta warden den KUnstlern gutgabracht Niudrisurti l J nm»i<iiii<n als !>ci g*-w«rbsmiUJiKen Konzertagoaten.
212
Wichfige neue Mufikalien, Biicher und Auffafze
iiber Mufik,
mitgeteilt von
Professor ^r. Willi elm Altmann, Bcrlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54.
Diesc Zusammenstcllnng, die moglichst in jedem Heft diescr Zcftschrift erfqlgen wird, will auch noch un-
gedrnckte groficrc Werkc, voialicm Symphonien, symphonische Dichtungcn, Konzerte, Kammermusfkwerke, Opern,
Chorwcrke mit Orchester einbeiehen, um namentlich Dirigenten darauf aufmerksam zu machen. Dtejenigen Tonsetzer,
die derartige Werke (jedoch nivit etwa Klavicrstuckc, Liedcr, M'innerchore) fertig haben, werden gebeten, mich davon
in Kenntiiis zu sctzen, doch b halte icli mir die Entscheidung uber die Aufnahmc vor. Diese kann audi bei gedruckten
Wcrken weder durch cin [rise at noch durch Einscndung der betreffenden Musikstiicke oder Biicher erzwungen werden.
Rticksendung chvaiger Einsednngcn wird grundsatzlich abgelehnt.
Die Hinzufiigung do Verlags wird Bestellungcn crleichtern- Zu den angegebencn Preisen kommt immer
noch der sogen. Teuerungs-'ifscfilag scitens des Verlegers und auch des Sortimenters hinzu; er schwankt bekanntlich,
meist aber betriigl er 100". + 10%.
L Iriffruritenfalmufik
a) Orcheffcr (ohne Soloinffr.)
Andreae, Volkmar: Syrrphonie (C) erscheint im Herbst
bei Hug & Co T Lpz
Berg, Alban [Wien|: or. 6 Drei Orchesterstiicke (Pra-
iudium, Reigen, Masch) noch ungedruckt
b) Vammermufik
Berg, Alban [Wien]: op. 3 Streichquartett noch un-
gedruckt
' — : op. 5 Vier StiLke f. Klarin. u. Klav. noch un-
gedruckt
Brahms, Joh.: op. 40 Trio (Es) f. 2 Klav. bearb. (Max
Laurischkus). Part. Simrock 8 M.
Corelli, ArcangeU: Tema con Var. „Folia" [Senate
op. 5, 12] f. Viol u. Pile (Paul Klengel) Simrock3M-
Gavinies, Pierre: Sonate (g) f. Viol. u. Pfte (Paul
Klenge!) Sinrock 2,50 M.
Geminianl, Fraicesco: Sonate (c) f. Viol. u. Pfte (Paul
Klengel) Sinrock 3 M.
Located*, Piero: op. 6 Nr 9 Sonate (li) f. Viol. u. Pfte
(Paul Klengel) Simrock 3 M.
SeJden«Goth, Gisela [Berlin]: op. 35 Quintett f. Klav.,
2 V., Br. u. Vc noch ungedruckt [UrauffUhrung
II. 4. Benin]
— : op. 42 Quartettino fugato f. 2 V, Br. u. Vc noch
ungedruckt
WJM-.er, Arthur: op. 23 Sonaten f. 2 Viol, Nr I (D)
2 (B . ' Madrigal-V, B.-Wilmersdorf je 6 M.
Zilcner, ;ierr;enn: op. 16 Sonate (D) f. V. u. Pfte.
Breitkopf & H- 4 M.
c) Sonffige Irtjfrumentalwerke
Bach, J- S. : Klavierwerke unter Mitwirkung von Egon
Petri und Bruno Mugellini hrsg. v. Ferruccio
Busoni. Breitkopf & H. Bd 6 FranzSs. Suiten
5 M-, Bd 9 Partita 1—3 4M. |
— : Drei Konzerte f. Viol. Mit Pfte bearb. (Issay
Barm as) Nr 1 (a). Alert & Co, Berlin 4 M-
Bartok, Bela: Quatre Nenies p. piano. RozsavOIgyi,
Budapest 3 M.
Borner, Kurt: op. 14 Ballade (cisj f. Pfte. Hansa-Verl.,
B.-Wilmersdorf 3 M.
Busoni, Ferruccio: Concertino f- Klarin. (B). Mit Pfte
(O. Taubmann). Breitkopf & H. 3 M.
Emborg, J. L.: op. 32 26 Choralvorspiele f. Org.
Hansen, Lpz 9 M.
Friedman, Ignaz: op. 82 Nr I Sonatina (C) f. Pfte.
Univers.-Edit. 3 M.
Hauer, Josef: op- 17 Phantasie (in -"tonaler Noten-
schrift) f. Klav. Selbstverl. Wien VIII, Joseph-
stadterstr. 74 1,50 M.
Laitha, Lasslo: Sonate u. StUcke f. Klav. Harmonia-
Verlag, Budapest
Siebert, Eduard: Technische Studien f, vorgeschrittene
Violinisten. Alert & Co, Berlin 5 M.
Wi liner, Arthur: op." 25 Tanzweisen. Klavierwerk
Bd I. Madrigal-V. f B.-Wilmersdorf 12 M.
Zuschneid, Karl: Ausgewahlte Vortragsstucke f. den
Klavierunterricht auf der hSheren Mittelstufe. Mit
genauerBezeichnung u. instrukt.Erlautemng. Vieweg,
B.-uchterfelde Bd 1 5 M., Bd 2 7,50 M.
II. Gefengsmufik
a) Opera
Mauke, Wilhelm: op. 73 Das Fest des Lebens. Oper.
Klav.-A. Univers.-£dlt. 20 M.
Wendland, Waldemar: Sukov. Tragische Oper, Text
von Olga WohlbrQck. In Vorbereltung beim Flgaro-
Verlag, Berlin. UrauffUhrung im Sept. in Basel.
b) Sonffige Gefangsmufik
Berg, Alban [Wien]: op; 4 Ftinf Lieder f. I Singst. mit
Orchester nacb Ansichtskartentexten von Peter
Altenberg noch ungedruckt
Lewy, Leo: op. 6 5 Gedlchtc von Max Dauthendey
je 1,50 M.; op. 8 Drei Volkslieder v. H. Ldns 4 M.;
op. 12 FUnf Lieder je 1,50 M.; op. 14 2wei Lieder
a, d. Kiiaben Wunderhorn 4 M- Madrigal- Verlag,
B.-Wilmersd, .
2J3
Moser, Hans Joachim: op. 5 Vier Lieder. Hansa-V
B.-Wilmersd. Nr 1 u. 3 je 1 M., Nr 2 u. 4 je 1,50 M.
Schoeck, Oithmar: Trommelschiage. F- gem. Chor u.
gr. Orch. Klav.-A. Breitkopf * H. 2,50 M.
Selden-Goih, Gisela [Berlin]: op. 44 Vom monchischem
Uben. Ein Cyklus von GesSngen aus R. M- Rilkes
Stundenbuch f. Bariton, Chor, Orch. u. Org. noch
ungedruckt
Simon, James: op. 25 Sieben Lieder. Madrigal- V.,
B.-Wilmersd. je 1,50 M.
III. Biidier
und Zeiffchriffen-Aufta^e
(atphsbetisdi sowohl nach StichworUn vvie nach den
Verfassem geordnct. Bci Zcitschnf tcn-Aufsitzcn ist
limner mit Nr die des laufenden Jahigangs gcmeint). .
Abendlandische Musik, Die, im Mannesalter. Von
Josef Hauer - in: Musikbiatter des Anbruch 9
Anton, Karl - schema
AuswendiRspielen. Vom formalbildemlen Wert des
Auswendigspielens. Von Rud. Hartmann - in:
Neue Musik-Ztg 16
Bach, Joh Christoph Friedr. - s. Breitkopf
Baumgartner, Wilhelm. Zu seinem 100. Geburtstag -
.in: Neue Musik-Ztg 16
Beck, Joachim — s. Blech
Bcnda, Musikerfamiiie - s. Breitkopf
Blech, Leo, als Dirigent. Von Joachim Beck - in:
Musikbliltter des Anbruch 9
Braun, Emil - s. Cremona
Breitkopf. BeitrSge znr Breitkopfscben OeschSfts-
geschichte (Karl Heinr. Graun, Joh. Heinr. Rolle,
Friedr. Wiih. Marpurg, Joh. Albr. Pet. Schulz,
Joh. Priedr. Reichardt, Job. Rud. Zumsteeg,
Joh Christ. F. Bach, die Familie Ben da, Ernst
With. Wolf). Von Herm. v. Hasc - in: Zeitschr.
f. Musikwiss. 8
Carriere, Paul — s. Distonalitat
Chantavoine, J.- s. Chopin rhaTlta
Chopin. LMtaliasnisme de Chopin. Par J. Chanta-
voine - in: Feuillets de pedagogie mnsicale 10
Choreesang - s. KSaagschflnheit; Schweiz
Cords, Gustav: Zafcimft des deutschen Orchester-
musikers — s. Deutsch
Cremona. Die Frage des Cremonesei Geigenlackes.
Von Emil Brann - in: Schweizer. musikpSdag.
Blatter 10 „
Deutsch. Die Zukunft des deutschen Orches'ermusikers.
Von Gustav Cords - in: Deutsche Musiker-Ztg21
Deatscher Meister - s. Oper
Distonalitat. Von Paul Carriere - in: AHg. Mus.-
Ztg22
Oeieenlack — s. Cremona
Geistliches Volkslied, Unser. Geschichte u- WGrdigung
lieber alter Lieder. Von Hermann Petrich. Bertels-
mann 17 M.
Q5rilt«rDie aite'sten urkundlichen Nachrichten fiber
das musikalische Leben in ^hr 7 Muslfc^isI 8
M. Gondolatsch ■>- m: Zeitschr. J. Musikwiss. o
Qondclatsch, M. -■' s. GOrlitz
Graun, Karl Heinr:~ s. Breitkopf
Hartmann, Rudolf - s. Auswendigspielen
Hase, Hermann v. - s. Breitkopf
Hauer, Josef - s. Aendiandische Musik; Klang-
farbe
Hauses^er, Siegm. v. - s. Wagner *
Hausmusik,DieZukunlderH. Von Eugen Schmnz —
in: Musikbiatter desAnbruch 9
Jachimecki, Zdsislaw - s. Polnische Musik
Irrgarten, "Aus dem utsikalischen J. Von F. A.
Kohler — in: Neue Ausik-Ztg 16
Istel, Edgar - s. Oper
Klangfarbe, Cber die. Von Josef Hauer op. 13.
Selbstverl., Wien VII!, Josephstadterstr. -4 1 M.
Klangschonheit. Zur PHe;e der Kl. im ChorgesatiR.
* Von Mollv v, Kotzebue.- in: Der Chorleiter 10
Kohler, F. Albert: Mein Wedegang als Tondichter —
in: Neue Musik-Ztg 16
— : — s- Irrgarten
Kotzebue, Molly v. — s. KlaigschSnheit
Uele, Hermann — s. Schv.-ez
Mahler, Gustav. Eine Erkenrtris. Von Hans r-erd.
Redlich. Carl, Nilrnberg 3 M.
Marpurg. Friedr. Wilh. — s. Breitkopf
Melodic — s. Umwertung
Mozart Eine Bflhnen-Neugestiltnng von Mozarts
Idomeneus. Von Walter Seinkauler - in:
Mozarteums Mitteilungen 3
Musikjteschicbte, illustrierte, Emil Neumanns vol -
stSndig neubearb. u. bis auf de Gegenwart or 1-
geffihrt v. Eugen Schmitz. 4. i.,fl. Union, Stutt-
gart geb. 52 M.
Neumann, Emil - s. Muslkgesch elite
Oper. Das Bach der Oper. Die d>uischen Meister
von Gluck bis Wagner. Von Ecgar Istel. Max
Hesse 13,50 M.
Orcheitennusiker -■ s. Deutsch
Petrich, Hermann - s. Geistliches tfolkshed
Pfeiffer, Albert - s. Speyer
Polnische Musik der Jetztzeit, Ubtr die. Von
Zdsislaw jachimecki - in: Musikal Kuner Nr 20
Redltch, Hans Ferd. - - s. Mahler
reichardt, Joh- Friedr. - s. Breitkopf
Ritter, Julie — s. Wagner
Rolle. Joh. Heinr - s. Breitkopf
Scheidemantel, Karl - s- Stimmbildung
Schmitz,Eugen-s.Hausmusik;Mnstkgf ) schuht.
Schrent, Walter s. Umwertung
Schnlz, Joh. Albr. Pet. - s. Breitkopf
Schweiz. Vom Chorgesang in der Schweiz seit 1914.
Ein Ruck- und Ausblick. Von Hermann Loele -
in: Der Chorleiter 10
Sptyer. Liedertafel-Cacilienverein Speyer 1819-1919.
En RQckblick auf 100 Jahre Speyerer Mus.kleben.
Von Albert Pfeiffer. Michelsen, Speyer 4 M.
Steinkauler. Walter - s. Mozart
Stimmbi'.dnng. Von Karl Scheideraantel.
verand. Anil. Breitkopf & H. 4,50 M.
7. stark
214
Thoma, Hans, der Maler als Musiker, Dichter und
Mensch. Von Karl Anton. G. Braun, Karlsruhe 3 M
Umwsrfung der Meiodie. Von Walter Scnrenk -
in: Musikblatter des Anbruch 9
Volkslicd. Gesellschaft zur PNege des VoIksHedes.
Von Brun= Ziegler - in: Der Chorleiter 10
W von Cr ' si?™" 1 ' v Bri £ fe a " FraU ^ ulie Ritter - Hrsg.
— :.— s. Oper
Wolf, Ernst Wilh. - s. Breitkopf
Ziejler, Bruno — s. Voikslied
Zumsteeg, Joh. Rud. - s. Breitkopf
Aus dem Inhalf der bisher erfdiienenen Melos-Heffe:
Heff I
niCJfMAN.VSCJJ^RCHKN'. . O.-lntwori
fJKIiaiAN'NsCllKJtc/Kx: .' li?;,
fi-o t. OSCAK m K _ vSr.i
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1 col. Dr. AI/I\\ivxN .
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Dr. ALFHKI) HOBLTX [
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Prof. Dr. ALTHAKHr . '. \
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Das Problem d. n^npn Musik
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Dr. irrtJO 1-EICJlTEKTRITT r. ,<r D t" 9 r, i fc ?™! ,in
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Heff VII
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nT'rr *%„ ManiwkrJpto
Heft VIII
2J5
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Die Lieder von Hermann Hans Wefzlep
op. 6. 5 Lieder (M. 4.—)
(Abschied. Deiner hellen
Stimrne frohlichen Klang.
DieSonnesank. November.
Beherzigung).
op.
8. 5 Gedichte von Rob.
Burns (M. 3.—), (Eppie
Mac Nab. Hochlandisches
Wiegenlied. MuBt es pro-
bieren. DerstaubigeMUller.
Kriegerisches Spottlied).
op. 9. Zwei Gedichte von
Michelangelo (M. 2.—),
(Sonett und Madrigal).
Weitere Lieder in Vorbereitung.
erweisen in ihrer ganzen Linie die
Kennzeichen feinsinniger Kfinstler-
schaft, einer bedeuienden schopfe-
rischen Natur, die in ehizelnen
Stiicken zu einer Hone sich empor-
hebt, zu der nur sehr weniges aus
der modern en musikalischen Lyrik
empor ragt. — Diese Lieder sind
Inspirationen, dem Allerbesten eben»
burtig, das unsere Zeit auf dem
Gebiete des sensitive!] Liedes ge-
schaffen hat. Das sind Stucke von
subtilster Feinheit, vol! kostlkher
Musik und aus einem GuB. Und
so steNen seine Lieder kiinst-
ierische und lebende Werte
dar, an denen sich, dessen sind wir
sicher, die Kunst unserer Zeit und
der intime Konzertsaal noch einmal
bereichern werden. Ob das heute
Oder morgen geschieht, wer kann es
wissen? Aber geschehen wird es!"
(Ferd.Pfohl in den Hamburger Nachr.)
N. Simrod* 1:1
Musikverlag
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Krx-li.iinr urn 1. und Hi. jediTi Jlonat-s. Vai bwifli.Mi (lurch «li.. l'os{.-inst.-Llt..ri. Un-h- u. Musikitlionliandlim«i'ii. sowiu <iir.ikt vorn Vorl.'i;;.
Il.-raii^.-h-i-: HKKMANX SCHEIH'HKN. H.-rliii-Friod.-n.-.u. Wu.rd.Tnlrn.-r Str:iBc 7. - 1'Vrnruf: JT.-ilzl.in- ss.T.
IlchiM'-.n: lii.Tlin-UViOiiM'.-, IVrlimT All..'.. 71. fVniruf: (U'„. 1M). ~ Y,.r] :..,-: Bi'riin-'Wi'ilionsi'.'. - lU'rlmm- AIU»o 71. I-Wumf: \Cs. ILV,
I'r.-is tin* Kini.-lh.-ft.'s Mk- IMU, im Vicrti-lj-Aborirj. Mk. VI.-. t».-i Kr.-iuh.-imll"'/!!™ vi«.rt.>lj7ihr[icli Mk. l.'i. ■-. - .NiiWirli-ui-ii vori,.-liiilti-fi.
Nr. 10
Berlin, den \. Juli 1920
I. Gfahrgang
INHALT
HEINZ TIESSKN Das Tonkun[flerfe)*f des Allgemeinen Deuffchen
Mufikvereins Weimarer Ergebniffe
FRITZ STIEDRy . Aus einer Denkfdiriff •
A1FRED DOBLIN Die Selbfflierrlichheif des Worfes
GERHARD STREKE Arnold Sdtonbergs Op. XIII.
OSCAR GUTTMANN Bucherbejprediung
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN . . Bedeufende Neuerfdieinungen u. Manujkripfe
BEILAGE: Alfred Schaffmann „Nun die Blatter weik und braun".
„MELOS"
in einer tuxusausgabe
erfchelnf monaftidi einmal im Kunffverlag
Fri£ Gurlift Berlin W55
Id
Das Tonkiinfflerfeff des Allgemeinen
Deuffdien Mufikvereins
Weimarer Ergebniffe
Von Heinz Tieffen.
Die Jubilaumsfeier, das fiinfzigffe TonkiinfGerfeff des Allgemeinen Deuffdien Mufik-
vereins war zugleidi eine Feuerprobe und ein Sieg. Eine Feuerprobe der Lebenskraff
des Allgemeinen Deuffdien Mufikvereins, ein Sieg der jungen Kunff. Mag immerhin
die kompakfe Majorifaf der Mifglieder im Prinzip konfervativ gefinnf fein: mag fie in
der Wahlhandlung gegen eine Kandidafur ffimmen aus ungerechfferfigfer Beforgnis vor
dem Eberhandnehmen der Forffchrifflichkeif (?) — — in dem Augenblicke, da Kunff
fpricht vergif5f die Majorifaf doch fponfan ihre prinzipielle Cefinnung und la£t fidi aus
ihrer Schwerbeweglidikeif auf ruff ein durch den zwingenden Eindruck einer kunff lerifchen
Pofenz. Warum war Scherchens Sfreidiquarteff der ffarkffe Erfolg des ganzen Feftes?
Warum fand Erdmanns Symphonie ebenfalls eine fo begeifterfe Aufnahme? Entfdieidend
iff hier wie ffefs das keimkraffig Eigene, der Funke, der in ihnen lebt und auf den
Horer zwingend iiberfpringt Diefe beiden geradezu demcnftrafiv wirkenden Erfolge
Sdierdiens und Erdmanns haben efwas ungemein 3erurrigendes: fie widerlegen jene
fkepfifchen Gegner der Tonkunftlerfefte, die in diefen Veranffalfungen nur einen aus-
fichfsreichen Markf fiir Miffelware fehen wollen.
Nur in einem Falle liep" fidi die Majorifaf doch nodi nidit iiberzeugen: bei den
fiinf Orchefferffucken op. 16 von Arnold Schonberg gab es Entriiffung und Begeifferung
gemifchf. Dodi audi das iff bereifs viel werf. Was aber iff es. dem fich zu widerfe^en
ftrebf, wer zu Pfiff und • Ilohngelachter greift? Iff es. rein mufikau'fth, die neue Ton-
fprache, die beunruhigend und herausfordernd wirkf, oder iff es, mehr im menfchlichen
Sinne, der daraus fprechende Geift? Ich gabe efwas darum, wenn mir jemand plaufibel
machfe, warum in aller Welf fo viele Leute diefe Kompofifionen iibelnehmen. Ahnliche
Ausdruckswelfen find in der Dichtkunft jedem gelaufig und felbjfverftandlich. Und iff
der Weg von Lifzfs Mephiffopheles-Sa£ liber Strau£ens Widerfacher. Hero des, Klytamneftra
wirklich nodi fo weif zu diefem Schonberg? Zu dem DiaboliJ'chen, fchneidend fcharf
Sarkaffifchen, Schreckhaiften, Beangftigenden. Beklemmenden. das da alles im erften
und vierfen der Sfiicke fein Spiel freibf und Tonbilder vorrftrafffter Konzentrafion und
afemraubender Eindringlichkeif bietef? Das Zweife der fiinf Stiicke iff durdiaus im
alfen Sinne Jcnon": reine wehmutig-romantifdie Lyrik von feingefponnener Pragung in
Liniengewebe, Harmonik, Farbe. Das drifte iff eine impreffioniffifche Wafferflachen-
Sfudie, ein in wedifelnder Farbung fchwebender Akkord, ein ftarkes eigenartiges Gebilde.
Das lefjfe Sfiick, ein leidenfchaftlich fief fdiwingendes Bekermtnis, iff vielleidif das
innerlich groftfe.
Nachdrucklichff verdienf es Dank : da£ der Vorftand des Allgemeinen Deuffdien
Mufikvereins ein neueres Werk Schonbergs zur Auftuhrung gebradu hat. Ein iiber-
ragendes Werk wie diefes auf jedem Tonkiinfflerfeffe. es war ein Ziel aufs Innigffe
zu wtinfdienl
Eduard Erdmann fraf mif einer einfa^igen Symphonie auf' den Kampfplatj und
ging als ein Sieger hervor, auf deffen geradezu hinreij5endes Temperament und fiefe
fchopferifche Begabung wir unbedingf die grojMen Hoffnungen fe^en diirfen Seine
hier nodi unausgeglidiene Tonfpradie mifchf verfduedene Einfliiffe, iff aber gerade
durdi diefe ffiliftildie Unvollkommenheif ein infereffanfes IDbergangswerk. diarakferiftifdi
fiir unfere Zeit, in der fonales und afonales Empfinden mifeinander ffreiten und der
Itichhalrigen nidif mehr vereinfeitigenden Synthefe harren. Otto Befch fteht da noch
213
hichf fo weif in den Problemen unferer Zeit Seine „phantaftijche Guverfure: E. T. A.
Hoffmann** gehort ais Talenrprobe ebenfalls zu den Haupt-Gewinnen der Feffkonzerfe.
Was diefer fchwerbliitige Oftpreuj3e empfindef und fchreibf, iff innerlich und edit Viel-
leidif bedeutet fur ihn die Auffiihrung in diefem Rahmen ein Stimulans Jeiner weiferen
Enffalfung] — Die ubrigen Orchefterwerke fagten nichfs Hervorftechendes Oder wefenflich
Neues aus und ftellten gewiffermapen eine im Ganzen durdiaus gediegene Grundlage
mufikalifchen Konnens vor: fo Hermann linger, deffen „Landliche Szenen" viele Ziige
rheinifch mufizierfreudiger Liebenswurdigkeif aufweifen; fo audi Bruno Weigl, deffen
drei an fid: gefchmack voile Sfimmungsbilder durch mangelnde Gegenfachlithkeit in diefer
Gruppierung ermiiden. Das reinlich empfundene „Vorfpier von ^ermann Grabnei
und der anfangs hubfche, dann durdi allzu robuffe Partieen getriibfe ^Tofenfanz" von
Georg KieTfig vervollftandigen die Reihe der Orchefterwerke.
Betriiblich gering war hingegen die Ausbeufe an Liedern, die in keinem Konzerte
fehlfen, fei's mit Orchefterbegleitung, lei's mif Klavier. Idi kann hier einzig Alfred
Schattmann erwahnen. unter deffen Liedern fiir Sopran und Klavier fich Stiicke von
aparter, neue Wege fuchender Haltung und ftarkem poetifchem und menfdilidiem Gehalf
befanden, wie die zarte Nafurftimmung -Abend am Seefteg" und vor alien das wahrhaff
ergreifende „Nun die Blatter welk und braun". — Nur ein einziges Klavierwerk wurde
uns befcherf: eine Sonate a-moll Op. 46 von Jo[eph Haas. Fiir den Komponiften
bedeutet diefes Werk nach meiner Empfindung eine nicht unwefenfliche Verlangerung
feines tonfprachlichen Radius. Der Schwerpunkt und Wert des mit Meifterhand ge-
Jfalfefen Werkes liegt in feinen Mittelfatjen; am fchwachften 1ft das Finale. Schade war
es, daj5 man nidit mehr Klavierwerke horfe! Heufe wird fiir Klavier Bedeutenderes
und im Sinne der Entwicklung Widitigeres gefchaffen als fiir Gefang.
Von den Werken. mit denen die Kammermufik vertreten war, nenne ich nur eins,
habe es bereits zu Anfang genannt: das Streich guar tett Op. \ von Hermann Scherchen.
Ein Werk von wahrer innerer Gr6}5e. Hier fpricht eine Perfonlichkeit, hier fpricht ein
ganzer Menfch. Bedeuti'am und weitgefpannt in der melodifchen Erfindung, groj5ziigig
zielbewu£t und fdiarf profiliert im Rhythmus. Was den Gefamtbau betrifft, fo kann ich
pe'rfonlich nidit mehr voile Wiederhoiungen ab ovo horen und mitfiihlen, fobald der
innerlidi erlebte mufikaiifche Prozc£ einmal abgelaufen iff, fondern da verlangt es mien
nach zufammendrangenden Kronungen. Hierin wurde ich zu nachtraglicher Konzen-
trierung rafen. Da$ frotjdem diefe „Langen" den Erfolg des Werkes nicht beeintrachfigen
konnten, zeugt von der Eindringlichkeit und Spannkraft des fchopferijehen Wurfes.
Ich hoffe ubrigens. da£ Scherchen Jein orcheftrale Krafte atmendes Werk auch fiir Streich-
orcheffer inftramentieren wird f wio Schonberg es mit feiner „VerkJarfen NadM* getan hat.
Als Auftakt zu den vom A. D. M.-V. gebotenen Werken wurde den Mitgliedern durch
das Weimarer Nationaltheater Paul Graeners heifere Oper: ^Schirin und Gertraude"
(Dichtung von Ernft Hardt) im Rahmen des Tonkiinftlerfeftes dargebrachf. Eine klang-
fchone Partitur mit viel wohliger. teilweife prachtiger Melodik, doch ohne die ganze
Befchwingtheit und groteske Komik, die der reizende Stoff birgt.
<$=
Das Weimarer Tonkiinftlerfefi war eine Feuerprobe der Lebenskraft des AHgemeinen
Deutfchen Mufikvereins und ein Sieg der jungen Kunff. Daraus follten manche
Komponij'ten jiingfter Richtung. die fich dem Vereine *keptifch femhalten, die praktifche
Konfequenz Ziehen ! Wer wollte der Leif ung des Vereins nach diefem Fefte den Vorwurf
der RiicMtandigkeif machen? Won] aber kann man umgekehrt beklagen. da£ die Be-
teiligung der neuen Generation [ehr zu wunfehen iibrig la$3t: Erganzende Auffrifchung
des Plenums durch Beitritt und Einfendung -• Pofitive Zufammenarbeit aller wertvollen
Krafte ift das. worauf es ankommt!
219
I -I
Aus einer Denkfdiriff
Von Fri£ Stiedry.
Der Herausgeber des rt Melos M hSU Teile einer Denklchrift, die vor drei Jahren dem General-
intendanten der Berliner Kgl. Schaufpiele tibergeben wurde, fUr wert der Veroffentlichung. Das
Icheint leine Sache und Verantwortung. Meine Sache ift es zu fagen, daB ich die.Grund-
anrchauung jenes Auffatzes heute nicht vertreten werden k5nnte. Ich glaube wohl an die
Allheilfamkeit der Ekftafe, doch nicht der dionytifchen Mulik, die, phyliologifchen ZwSngen unter-
worfen, keineswegs ^berall und immer Wirkung Uben rnuB. Ich glaube, im Gegenteile, heute
und fUr uns, an Notwendigkeit und Segen gewiffer Kafteiung und hoffe, daB unerbittlicher Sturm
der Ereignilfe gewiffe „Kur.ft"-Formen wurzelhaft verfchwinden latEen wird, als da ilt unferen
■ ganzen Opern- und Konzertbeirieb, unrer abfcheulichft verfahrenes Instrumental- und Unterrichts-
wefen .... — . Die Denklchrift beftand aus einem theoretifchen und einem praktifehen Abfchnitt.
Nur der erlte kommt im Folgenden zum Abdtuck; verkiirzt, mit einigen Zufatzen (z. B. liber
Apollinik, Beethoven, etc.), doch ohne Anderungen. DaB ich inn nur im Hinblick auf den
: j fachlichen zweiten Teil fchrieb, wird gebeten nicht zu vergeffen. Sonderiich im Gebiete der
Mulik ilt alle Theorie unnOtig langweilig lappifch — nur zu verteidigen, fofern fie Aufhellung
des BewuBtfeins zu neuer Tat bezweckt.
*
Berlin, Ende Mai 1917.
Ew. Exzellenz
habei; die Kapellmeifter der Rgl. Oper durch ein Zirkularfchreiben aufgefordert, Itch mit
Voridilligen zur Geltaltung des nachftjahrigen Spieiplanes zu auBern. Darauf nehme ich Bezug,
wenn ich mir im Folgenden geftatte, einige aus dem Rahmen des Alltaglichen fallende Gedankcn
zu Ew. Exzellenx Erwagung ehrerbietig zu unterbreiten. —
Was imhier die nachfte Zukunft bringe:i mag, der FeinhSrige wird fich in der Wahrnehmung
nicht beirren laffert, daB das ungeheure Er'.ebnis dreier Kriegsjahre die deutfche Seele grundlegend
verwandelt habe. Die Zukunft wird an diefem Wsndel nicht vorbeikommen. Er liegt weniger
im BewuBlfein des Volkes, als in der Welt Ieiner Empfindungen und Inftinkte. Hilfslos richtungslos
erwartet erfehnt fordert man, wofttr, man weder Namen noch Begriff hat. Doch dies vage Verlangen
befteht. Niemand kann es leugne:*: Ein Weg zu Ieiner Befriedigung ift die Kunft; die Dionylik;
die Mufik. — In Zeiten chaotifchen Wirrlals, da Schickfal und Leid des Einzelnen vor der groBen
allgemdnen Not verfinkt, erweiBt fich die Wahrheit gewiirer Ideen Friedrich Nietzfches: Von der
ETlulung durch den Schein; von der Kunft als dem einzigen metaphyfilchen Hafen der Menfchheit;
von derFlucht aus belaftetem Dafein ins Dionyfifche ufw Diefe Gedanken, die angeregt
durch das Riltfel der griechifcn<;n Tragodie in einer Synthefe des Griechentums gipfeln, fur uns
Deuifche nutzbar zu machen, das heiBt zu finnlicher Tat_zu erhohen, ift von Niemandem und
nirgends verfMcht worden. Der Tat hatte vorauszugehen Ktarheit iiber zu befchreitende Wege zu er-
reichende Ziele, Auseinanderfetzung mit M^nnern, die einft Verwandtes wollten odergroBe Beifpiele
gaben, wie Letting, Schiller, Wagner neuerdings Mahler; Auseinanderfetzung mit beftimmten
ethirchcn Grundbegriffen ufw.: Dann zeigte fich der (nicht allzu oft erkannte) Zu Tarn men -
hang zwifchen den Begriffen des Dionyfifchen und der Kultur; es zeigte Hen, das gerade
infolge diefes Zufammenhangs irgend eine Kultur ohne Fuhlung mit den Machten des Dionyfos
nicht entftehen gelchweige beftehen kunne (fiehe den iehrreichen Verluch der Renaiffance); daB
aber nun vielleicht eine Zeit nie geahnter feelilcher Alogtichkeiten gekommen Tei, eine Zeit wie
gefchaffen zur Brlicke ubcr zweitaufend jahre tiefen Abgrund der Kulturlofigkeit; dali die Sehnlucht
nach SeibftentauBerung, durch grenzenlofes UngtUck wachgerufen, den natiirlichen Boden jener
„tragilchen Gdinnung" bilde, auf dem aus der Wurzel der dionyfifch-mufikalilchen Veranlagung
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des deutfchen Raffecharakters echte Kultur endlich TprieBen und gedeihen kflnne; und fchlieBlich: _-]
der Verfuch dfirfe, mtlffe nunmehr gewagt werden. .•
Dieter Weg leitete rnich zu dem Gedanken, den ich hiermit Ew. Exzellenz vorzulegen mir
erlaube. —
Ich denke an ein muTikalifches Feftfpiel umfartenden Charakters und feierlicher Art, an
eine Vorfiihrung der gefamten deutfchen Mufik; und zwar, da dies die Fahigkeit einer einzelnen
KOrperkraft bei weitem Uberftiege, durch die vereinten Krafte aller und der bcften deutfchen /
Kunftler.
Dies fieht vielleicht verwegen aus, und man mag zunachft geneigt fein, den Vorfehlag als
phantaftifcheMufikerimproviration kurz abzunehmen. Ich bitte um weiteresGehor. — Der Widerfinn , |
einer buchftablichen Befolgung liegt am Tage. Niemand kann ernftlich daran denken, die filnfhundert
Oder mehr BSnde der Bach'fchen, Mozart'fchen, Schubert'fchen etc. Monumentaiausgaben aufzu-.
fUhren." Die Notwendigkeit der Einfchrankung iff evident. Wir fragen nach ihrem Charakter.
Die Antwort heiBt: es gibt nur einen AusIefemaBftab; das dionyfilche Element. Alio das wahrhaft
Lebendige? Darf man Fo gleich fetzen? Ja und nein. Die gleiche dionyfifche Wirkung hat
zwei Wurzeln: das Mittel (oder die Form) und den Inhalt des mufikalifchen Ausdruckes. Wps
einft die Flote des Pan, was vorgefiern Kanon und Fuge, gettern geftopfte Trompeten waren,
heiBt heute horizontale Mutik oder Akkondkontrapunkt. Dies bedeutet von dem'fruhen Augenblicke
an, als die Mufik, ihres Uberfinnlichen Wefens bewuBt, lich ihrem Inhalte. nach nicht mehr
werentlich andern konnte, nur mehr eine grandiofe Steigerung der Mittel und Formen des Ausdruckes.
ZeitgemaB und von einem Talent zu klingenden Anwendung gebracht, find diefe Mittei, in ihrer
und fUr ihre Epoche, an fich von unleugbar ftarker dionylifcher Wirkung. Sie unterliegen^reilich, : !
die MaBe ihres Vergangenfeins, als mehr auf dem Gebiete des Phyriologifchen Hegende Reizungen,
unrettbarer Abfchwachung und AbTtumpfung. ZurDck bieibt das Virtuofentum, die Kater-
geburt des Dionyfos-Raufches, die vom DieMtahl vermeintlich erprobter Wirkung lebt. Sie ift !
das Anti-Dionyfifche fchlechtweg, weil das Mechanifche (von einer die Regel beftatigenden 1,
Ausnahme fpater). Jeder Stufe der dionyfifchen Technik entfpricht eine tie nachaffende Virtuofitat. i
Im Lebenswerke deslelben KUnRIers gibt es auf dionylifcher wie auf virtuofer Technik beruhende !
StUcke. Sie zu trennen, wird nicht immer ganz leicht rein. Denn es gilt, fich durch das Virtuofe, f ' ! ..
das gerne den Mantel des Genialen umhangt, nicht blenden zu laffen. — Was noch zu fagen iff — ■
es ware nicht wenig — gehort an anderen Ort, wo die Erfcheinung der Abltumpfung als -■ . ,j
Krifenzeichen, als Symptom des Verfalls, als'MaB gewiffer Kulturfchwankungen ein ebenfo |
vieldeutiges als auffchluBreiches Objekt der Unterluchung bildete. t ■ \.
ZweiteWurcel der dionyfifchen Wirkung nannten wir den Inhalt des mufikalifchen Ausdrucks. |
Erdrterung darttber riihrte an tieffte Dinge. Es offenbaren fich myftifche Grundtatfachen, letzte Ver- , -||
ankerungen, Ahnungen der menfchlichen Seele. Die ViHonen der Heiligen aller Religionen, . ; V
die Ekftafen der mazedonifchen Dionyfosfeiern, die Grundlehren der groBen-Philorophen,die wifrende ; ;|
Trunkenheit des mufikalifch-fchopferifchen Genius erweifen fich als AuBerungen desfelben Strebens, . J
derfelben Sehnlucht, ]a dertelben Gewifiheit. Die Verlockung ift groB, dies Verhaltnis derDionyHk 'j
zur Ideenlehre Platos, Erkenntnistheorie Kants, gewirfen Gedankenreihen der Hegerfchen Schule, ;'|-
dem „WiIlen" Schopenhauers eingehend zu unterfuchen. Dazu fehlt es an Raum, Zeit und Luft. : y\
Doch ergabe fich im AnfchluB an dieTe ZurammenhSnge ein neuer Begriff der Kultur, als der :\
Fahigkeit einer groBen Menfchengemeinfchaft, getrieben vpn laftendem RatfelbewuBttein, ekrtatifche ■ :jj
Erlebniffe zu fucfien und zu linden. SchlieBlich erfchiene das Wefen der Apollinik in anderer, |
Beleuchtung, als wir durch Nietzfche gewohnt find. Wir machen unfere Verbeugung vor : i
fiener grundlegenden Unterrcheidung der dionyfifchen und apollinifchcn MSchte. |
Doch anftelle feiner Gleichfetzung Dionyfik — Welt des Ranches, Apollinik — Traumwelt \ ?,.
erkennen wir als Wefen der Apollinik: Wiffen um das ekftatifche Erlebnis, Ruhe und Gelaffen- | V
heit im Diesfeits, da Fiucht ins Jenfeits often fteht. Apollinik ift dennoch ohne Dionyfik un- \
}'
denkbar, nicht im Sinne der Bandigung, wie Nietziche will, vielmehr als h 6 c h f t e s
Gleichgewicht der Seele, die wiflend geworden ift.
Man begreift nun, da6 das vorgefchlagene Auslefeprinzip afthetifche Werte im hergebrachten
Sinne keineswegs Fchaffen will (wenn fieri hier auch einer der Wege zeigt, die von Philofophie
tlber Ethik zur Afthetik fuhren). Es gilt auch nicht apollinifche MuFik- zur Geltung zu bringen.
Sondern: Ob erhabenrte SchOpfung unwiderltehlichen Geftaltungsdranges, ob bloB klingerjdes
Erzeugnis gerchickter Begabung, in Frage kommt nur die eine, erhohende erlofenrie heilende
dionyfirche Wirkung. Vor ihr verfinken andere — gewohntere — MaBftabe. So wird die ge-
forderte Auslefe mit der Nahe zum Heute rich enger geltalten, mit der Entfernung weiter. Die
Gegenwart und ihr Empfinden bedeutet alles. Mit ihm als verlaBHchFtem PfadweiFer wage man
ruhig tfen Gang durch das weite Labyrinth der Vergangenheiten. Doch gibt es Gefahren. Man
hllte rich vor allem Zyklifchen, Lexikographifchen, Hiftorifchen. Ahnltchkeit mit jenen Mufik-
wochen, Bach Mozart Beethoven Brahms StrauBfeften, gar mit gewiFFen MaifeftFpielen
kompromittiert. Man hllte lien vor dem Kathederunfug des Retten- und Entdecken-
WolleKS: was tot ift, bleibt es; was de-m Tode verfallen, noch kilmmerliches Scheindalein friftet,
dem helfen weder narkotifche Mittel (Glanz der Darftellung), noch kttnftliche LeberisfclTnYTnke
(„*Bearbeitungen") zu natiirlicher GeFundheit. Man hUte Hen endlich vor allem GdizendierJt.
Er herrlcht wie nirgends im Gebiete der transzendenten Kunft; mit Zwang, Inquisition und Fehme.
Sein Dogma hei&t Anbetung lakrorankter Namen. Du folllt vor jedem Stock Bachs auf die Knie
fallen, Du folirt in Verztlckung geraten vor jedem Takt des gOttlichen Mozart, Du Folllt jede Note,
jede Paufe Beethovens als unfehlbare Offenbarung eines heiligen GeiFtes glaubig hinnehmen.
Wann endlich wird diere lacherliche, augenverdrehende Heuchelei, vor den Andern, beFonders
aber vcTr Fich Felber, ihr Ende finden? Wann endlich wird man, was in der Literatur bei Klopftock,
Wieland etc. Togar einigen Werken Schillers langft Ichon kein Wagnis, Fohdern SelbFtverTtandltchkeit
geworden irt, im Gebiete der MuFik zu tun den Mut finden: der eigenen, unbeFtechlichen
Empfindung folgen; ja mehr: ihr durch Wort und Tat auch Ausdruck verleihen? — Deshalb
wollen wir klarFtellen: Wohl ilt Bach der GroBte aller. Doch er hat zu viel produziert, als daB
ein erheblicher Teil Feiner Werke uns nicht als in einer Technik vergangener Perioden erftarrt,
leblos, leer erfchiene. Desgleichen ift mindeFteris die Halite der Produktion des unbefchreiblichen
genialen Mozart Erzeugnis eines virtuoFen Zeithandwerks, einer Fpielerilch-fluchtigen Laune;
fiir uns leicht gewogene Rokoko-Unterhaltung (im GegenFatz zu Feiner. Hauptwerken, die der
Gegenwart gemaBer, herzensnaher rind als alle tibrige MuFik zufamrnen). Das Koloratur-Fugato
Haendels fagt uns faFt nichts, die Liedertafelei vieler OratoriumschOre Haydn's langweilt. Trotz
groBen ReFpektes. Und Beethoven? Hat von ihm wirklich alles, darunter Tehr Beriihmtes, die
Probe des immerwieder-MuFizierens beltanden? — Keineswegs: Sein Hochftes und Bleibendes
(vielleicht der MuFik Uberhaupt) find die Streichquartette, die MiFFa sotemnis, die III. V. VI. IX.
Symphome (und einzelne Satze der tlbrigen), das Klaviertrio in D, die letzte Violinlonate in G,
die letzten Klavierronaten und einiges (wenige) Andere (zumal aus den Konzerten) An
Beethoven wird unendlich klar, daB Mufik nie und nimmer Welt, „geFehen durch ein Temperament",
bedeutea kann, fondern einzig Welt fchlechthin. Deshalb hat die perFonlichlte Note Feines
Schaffens am frUheFten an Suggeftionskraft verloren. Wir wollen freimiltig ge[tehen: Viele Feiner
Klavier- und ViolinFonaten, Trios etc manche Ieiner Symphoniefatze bedeuten uns herzlich
w'enig. Die Auseinanderfetzung des (kiinrtlerifchen) Menfchen mit feiner Umwelt ift Sache der
Poefie; der Dramas und der Lyrik; niemals der Mufik. Das bleibt wahr, auch wenn es fich urn
Beethoven handelt. Perlonliche TragOdien und Note des komponierenden MuFikers, Feine Beichte,
"leine Kampfe, Fein „Ethos" intereFfieren auf die Dauer nur. Fofern es gelang, die Antagonismen
der Kttnltlerfeele in folche des Makrokosmos zu lublimieren. Im anderen Falle muFFen Fie, und
Feien Fie noch to genial, noch Fo heiB und tief empfunden, an Wirkung ichlieBlich verlieren, denn lie
find melodramatischer Art. — Dies, nebenbei bemerkt, der Grund, warum auch die Werke
Guftav Mahlers, ralcher, als man heute glaubt, trotz aller, ja gerade infolge ihrer Fauftik, Fich
abftumpfen werden und muTfen. — Und die Nachfolger Beethovens? Trager bertihmter
Namen? i Von Spohr ift nichts U brig:. Marfchner (trotz Pfitzners Vorliebe) fadenfcheinig Uber die
MaBen. Lebt von Mendelfohn mehr als ein verfchwindender Bruchteil feiner Werke? Racht
fich nicht auch an Schumann der fchrankenlose Subjektivismus? Befitzt er, als ganze KUnftler-
perfOnlichkeit, mit Ausnahme von acht oder zehn originellen StUcken, wahrhaft die Begabung,
erdenbelafteten Menfchen die erfehnte Ahnung der Ewigkeit zu vermitteln? Und Lifzt (trotz der
Vorliebe Richard StrauBens)? Aufrichtigkeit, vor fich und der Welt tut hier not. Wann ift es an
der Zeit wenn nicht jetzt, zu Fondern, was uns als unzertrennliches Eigentum auf Leben und
Tod angehbrt, was als unnlltzer Ballaft nur hindernde Befchwernis fchafft? Die Summe des
Verbleibenden wird nicht gering fein, doch lange nicht fo groB, wie Mancher erwarten mag.
Man darf fich durch Sehreihalfe, die fehr larmen und teils aus Heuchelei, teils von Idiofynkraften
befeffen, eingebildefen Verluften nachweinen, werden nicht beirren lafien; man wird fich ftets
fagen mliffen, daft es nicht auf Exteniitat fondern Intenfitiat ankomme, daB einzig tiefe Ver-
wurzelung das Wefen echten Reichtumes ausmache unci der Befitz eines Volkes an dionyfilchen
Schatzen ein zwar wandelbares doch imrner eines feiner wertvollften Giiter darfteile.
Das nach den erorterten Grundfatzen gewonnene* Verzeichnis der aufzufiJhrenden Werke
wird bd der Umfetzung in die Wahrnehmbarkeit nicht ganz unangetaftet bleiben. Art und Mog-
lichkeit der Darftellung, alio die fogenannte Reproduktion, wird nicht unerhebliche Verfchiebung,
fowohl EinTchrankungen als Erweiterungen, zur Folge haben. Bei einem Unternehmen, das ein
ganzes Heer von reproduktiven Begabungen in den Dienft eines Gedankens harmonifch ftellen
will, erheifcht die fich von felbft aufdrangende Frage nach dem Wefen diefer Begabung und
ihrem Verhaltniffe zum Produktiven kurze prinzipielle Antwort. —
Das Reproduktivein der Kunft lafM vierHauptgeftalten erkennen: erftens das Rein-Inftrurnentale;
zweitens das Dionyfifch-Inftrumentale; drittens den Schaufpieler; viertens den Sanger. Das Rein-
Inftfumentale ift ein Subftanzielles; entweder eine technifche Fertigkeit oder ein Kiangliches,
milliliter beides, wobei es gleichviel bedeutet, ob man das Inftrument Klarinette, Trommel, Klavier
oder — die rezitierende und fingende — Menfchen-Kehle nennt. Alles was unter dierer Form
in die Wahrnehmung tritt, ift durchaus undionyfifch; beffer getagt: der Klarinettift, Trommler,
Rezitator, der Tenor funktionieren als reine Inftrumenten-Trager, find unktfnftlerifche Naturen,
daher undionyfifch. Ihre Wirkung aber kann mituiiter hochft elementar fein. fonderlich, jedoch
nicht nur, auf primitive Menfchen; denn fie beruht auf dem primaren Urgrunde aller Mufik, dem
Rhythmus und Klang. — Finger greifen Taften, beruhren Saiten, die menfchliche Kehle fingt;
alle in der ihnen anatomifch parallelen Art. Es ift iiblich, daB aus Tolcher Quelle flieBende
mit Verachtung zu ftrafen, eine der fruher gekcnnzeichneten entgegengefetzten Heuchelei. In
Wahrheit Jaufcht der differeiuiertefte Mufiker mit Freude dem Klange einer ichonen Stimme oder
den launenhaften Capriolen einer jeder Schwierigkeit fpottenden technifchen Volubilitat. Dies
kann foweit gehen, daB der unkilnfilerifche Befitzer jener Finger, jenes Handgelenkes, der Lippen,
der Kehle fich der von den Teilen feines Korpers ausftrahienden Wirkung nicht zu entziehen
vermag und, felbft vom Furor gepackt, mitunter den Eindruck eines von Dionyfos ErfaBten
macht. Er erfahrt an rich Urfaehe und Wirkung. Daraus fofgt, daB ein Virtuofe nichfs anderes
fpielen foil, da er nichts anderes kann, als was rich die Werkzeuge feiner VirtuoHtSt nach ihrer
Befchaffenheit zu ureigenftem Gebrauche fchufen. Nur fo erklaren fich die ungeheueren Erfolge
gewiffer Virtuofen der Vergangenheit: Paganinis: des Virtuofen Lifzt. Es ergibt fich der eigei.. ; - re
Begriff; dionyn'fche Virtuofitat. Sie unterfcheidet Hen von der eigentlichen fehr wefenilich du;
die Einmaligkeit ihrer Autferungen. Die typiiche Nachlauferin, Nachafferin erhait den Charaktu;
des Primitiven und kommt plbtzlich nahe einem Urgrunde alien Mufizierens; der ra fen den
Bewegung,- rafenden Korperlichkeit. Erift in dierem Fafle auch eine kOrperiiche, —
anatomifche Abnormitat (befondere Kehle, Finger,- Lippen etc.), die notwendig Originalitat fordert,
urn fich voll auszuwirken. — Die Gegenwart zeigt fich als impotent: felbft zu diefer Form der im-
provifation Koloraturfangerinnen fingen nicht fur ihre befondere Kehle eigens erfonnene
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Fiorituren, Eonde,:n irgend wefche Opernrollen, Inftrumental-Virtuofen - komponieren; komponieren
Opern und Symphonien! Welche Verkehrtheit! Die Darftellung echter Mulik durch ein Virtuolen-
Natureli wirkt wie das verzerrende Abbild im Hohllpiegel. Daher bildet all zu betonte Ausbildung
des technifchen KOnnens heute eine Gefahr. Je nSher dem Durchrchnitt das Inftrument (nicht der
reproduzierende KUnftler), derto geeigneter- zur Wiedergabe des fremden Werkes. Mit dem
' VorhandenEein folcher InEtrumente ift im Allgemeinen ^u rechnen (trotz groBer Verrottung und
Verwirrung unEerer MuEikrchulen) — _d. h. aus Angft vox MOglichkeit der Wiedergabe braucht
die Aufftlhrung keines Werkes zu unterbleiben. — Nur bei befonderen OriginaUtucken, komponiert
far einzigartige lnrtrumente, aus einzigartigem AnlaB wird Vorficht walten mUlfen,
Von dem als Zuhorer vom Furor erfaSten Inftrumenten-Trager zu demjenigen, dem das von
einem andern gefchaffene Werk, fein Inhalt oder feine Form, den Impuls geben, urn durch das
Medium Teiner Ekftafe das Produkt der Ekftafe eines von ihm Unterfchiedenen darzubieten, liegt
eine lange Skala der Obergange. Der Eine wie der Andere find im Grunde nichts weiter als
mulikalifche Ausdrucksmittel, deren Gefetze, augenblickliche dionylirche Wirkung und fruhe
Abrtumpfung, fur lie im \»rrtarkten MaBe Geltung haben. Demnach wirkt einerleits ein dionyrifches
Werk in der Wiedergabe durch einen Virluolen wie eine Karikatur, andererleits kann ein
Echwachliches, verblaBtes Stuck durch die Kraft des Darftellenden ein ungeahnt neues Geficht
erlangen, und damit Wirkung und Leben. — Worin die im reproduzierenden KGnuler lebende
Macht befteht, kann hier nicht er5rtert werden. Es fcheint aber zweifellos, daB in ihm eine
Eozuragen autochthone Dynamik wirkt, die nur eines kleinen, kleinEten Anlattes bedarf, urn in
eine oft rajende Bewegung vorzuftilrmen. Nimmt man dies als wahr an, fo erweirt fich die
gebrauchliche Unterfcheidung zwifchen produktiven und r^produktiven MuEikern als [chief. Es
-■ gibt nur eine: das ekftatifche KUnltlertum. MaB und Unterfchied der einzelnen Temperarnente
wird die jeweilige Kraft fein, fich von Apollinik zur Dionyfik Oder umgekelirt, umfchalten zu
kOnnen. — Produktion und Reproduktion find einerfeits auBerlich-zeitliche Zweiheit urrpriinglicher
Einheit. Die klarere Erfcheinung des Schaufpielers hilft die andere Seite aufhellen. Er ift
als unmelodifches Inftrument minderwertig, fofern man den Urfprung des Schaufpiels in Dithyrambus,
daher alles Sprechen als Verfallszeichen erkennen will; desgleichen als fogenannter repoduzierender
Kiinftler, da er von fremder Phantafie Erfundenes in Einnliche Wahrnehmbarkeit umzufetzen hatte.—
In Wahrheit errcheint mit ihm ein neuer produktiver Kunltzweig gewachEen, eine in der Zeit
liegende, befondere, plaftifch eKunft. lmmer neu verzauberi irt er im Grunde der fcinzige, der die
alte DionyEik, die fich im augenblicklichen, einmaligen, nie wiederkehrenden Erlebnis erEchopft,
zu unmittelbarem Ausdruck bringt. Eine dieler Kunlt des Schaufpielers analoge, eigengeborene
Kraft mu& auch im dionyfifchen Inrtrumentalilten angenommen werden. Er ift eben produktiv
in zweierlei Hinricht und reprafentiert Eo ein Kiinftlertum durchaus eigener Art — Anders im Falle
des Singers. !hn trennt eine Welt vom Schaufpieler. DaB die Empfindung dafiir verloren ging,
ilt der Haupt^rund der betrUblichenTatfache des immer feltener Werdens groBer SangeMndividualitaten
auf der deutEchen Opernbtlhne. Dort fetzt man jetzt den Stolz darein, als guter Schaufpieler zu
gelten; man Jeklamiert; klare Verftandlichkeit des W^rtes, naturaliFtiEche Deutlichkeit der
Darftellung - werden Qber alles gefetzt. Richard Wagner iEt an dieEer Entwicklung nicht ohne
Schuld. Im „Kunftwerk der Zukunft", in „Oper und Drama", in dem Eonft fehr beherzigenswerten
Auffatz fiber B SchaufpieIer und Sanger" und an anderen Orten Ttellte er die beider. wefensfremden
Erlcheinungen auf diefelbe Stufe des Vergleiches und verwechEelt andauernd den Sanger mit dem
italienilchen KehlvirtuoEen (die verderbliche Wirkung der italienilchen Oper irt an Eich unbe-
Ftreitbar). Hauptfachlich infolge dieEes lange nachwirkenden Einfluffes irt die Verwirrung grenzenlos
geworden. Man fOhlt nunmehr, in eine SackgarEe geraten zu fein; und weiB keinen Ausweg.
Der Sanger vereinigt in fich Beltandteile der iibrigen drei Formen; er irt Inftrumentalift, repro-
duzierender Kttnltler (dionyEifcher Inrtrumentalift), und in (eingefchrankter Bedeutung) Btihnen-
darlteller in einer Perton. Setn eigentliches, befonderes WeEen aber liegt in der Materialifation,
dem Geftalt-Werden des Metaphyfifchen der Mufik und damit der Welt. Seine Geften und
s~ W^Wp^^W^^^^^^^^S^-
und Mimik find andere, von der f^ealitat der Erfcheiniing verfchiedene; feine Art, zwar im
httchften Sinne einzig wahr und natadich, erfcheint den Augen des auBeren Lebens, der bildenden
Kunft, dem Schaulpieler unwirklich unvahr unnattlrlich. Der SSnger befiizt die FShigkeit, dem
Zwange derTOne gehorchen zu kOnnen* Man kann mitunter an dem Unbegabtefien, SchUchternften,
wie von einem Panzer von Diesleitigkeit Umfchniirten, die Beobachtung machen, da6 die hyp-
notifche Macht der MuHk ihn inftinktiv, unbewufit, doch mit fomnabuler Sicherheit, felbft in an-
fcheinend fchwierigen Fallen, das Richtige treffen last. — Blitzartig erhellt Fich der geheime Sinn
einer Melodie oder Harmonic Je genialer die Mufik, derto hSufiger dies Phanomen. Der Sanger
ein Bezwungener Befetfener MUfrender; das Medium, durch deffen Darftellung das groBe
hinterweltliche Ratfel fich die eigenartige Form feiner Sichtbarkeit zwingend felbft fchafft. Er
erftillt in gewiffem MaBe, was man heute als Exprerfionismus bezeichnet: ein Begriff, der viel-
leicht nur aus der Mufik (und dem eben angedeuteten Gedankenkreife) ErklSrung und Verwirk-
lichung finden kann. — Im ilbrigen wird es verhaltnismaBig leicht fein — denn bei vorhandener
Anlage gibt es keine Hemmungen — , die nahezu jedem KOrper innewohnende ModulationsfShigkeit
gegentlber Klang und Rhythmus zu Ttarken, zu verfeinern und in perfOniichften Stil zu erhOhen.
Dies ware die Aufgabe einer Stilbildungsfchule — worQber ich mir VorfchiSge vorbehalte. —
Es begreift fich, daB der Sanger, wie wir ihn verftehen, auf der heutigen Opernbflhne, die
fich von der Schaufpieibuhne hochftens durch grSBeren Pomp unterfcheidet, keinen Platz hat
Die Opernbilhne aber, wie Tie mir vorfchwebt, mufite mit ihren Beftandreilen: Dekoration, Licht,
Farbe etc. . . nur jene Art Sichtbarkeit der Mufik zur Anfchauung bringen, das heifit gleich-
fam fortTetzen, die der Sanger verkcirpert. Er, am unmittelbarrten von ihrer Gewalt getroffen,
befitzt einzig und allein Befugnis, Mittelpunkt und Inftanz der jeweiligen Materialifierung darzuitellen.
Sache eines iiberlegenen Stilbildners \tt es, einem Enfemble von Sangern -die darzuftellende Mutfk
moglichft klar und vor aliem eindeutig zu vermitteln. Diere Vermittlung (berrer: Dofierung) ift
die Aufgabe des Kapellmeifters. In ihm als einer Sammellinfe vereinigen fich die Strahlen der
dionyfirchen Mufik. Er wirft fie auf die BDhne- mit der Seele des SSngers als Brennpunkt. Es
beftimmt alfo die Art des Sangers die Art der BUhne, nicht umgekehrt — Eine zweifellofe
Wahrheit — von der man nur wunfchen kann, daB fie nicht nur vor einigea kUnrtlerifchen
Menfchen, fondern von einer groBen Allgemeinheit erkannt und befolgt wUrden. Man kennt aus
jedem Lexikon die malenden Fahigkeiten der Musik. DaB gegen fie haufig verfto&en wird, ent-
Tchuldigt nicht jene Neu-Wagnerei, die jeden Triller durch ein Trippeln, jede kurze Sechzehntel-
Paffage durch eine fahrige Bewegung, jede Aufeinanderfolge Tchwerer Noten durch 13cherliche
Hahnenlchritte, kurz jedes kleinfte Melisma dekorativ „ausdeuten a will. Dadurch entrteht nur
groteske Puppenhaftigkeit. Was Wunder, daB fie als geniale Inszenierungserleuchtung gepriefen
wird und allerorten Nachahmung findet!
Ein weitererGrundirrtum Wagners (und Nietzfches) war, da£ fein Mufikdrama die BrQcke zar
afchyleifchen TragQdie darrtelle. Hier genllge die Klarftellung, daB auch in ktlnltlerilchen Dingen
fprungweife- Entwicklungen nicht ftattfinden und daB ein aus OppoHtion gegen' die italienifche
Oper, aus genialer Ausnutzung der malenden Fahigkeiten der MuHk, aus noch genialerer abfolut-
munkalifcher Erfindungskraft und noch vielen andern ftupenden Einfailen geborenes Kunftwerk
doch niemals erreichen wird, was nur in naturlichem Wachstume aus dem Dithyrambus, dem
dithyrambirchen Chore entftehen kann. Eine folche Entwicklung war in Deutfchland wohl mOgiich.
Es gab eine proteftantifche Kirchenmufik: hervorgegangen aus dem Gemeindegefang. Es gab den
riefigen Bach. Der Italienismus trat ftorend, zerftOrend dazwifchen und das mOrderifche Ueber-
wuchern der reinen Inftrumental-Mufik. So wurde unterbrochen, was, fehr viel verfprechend,
im ReligiGfen und in de»- Gemeinde feine Wurzeln hatte. Es muB mOglich fein, den zerriffenen
Faden wieder aufzunehmen und nicht das Mufikdrama, fondern den Chor zum bewuBten Mittel-
punkt der Fertfpiele zu machen. Denn im Chore liegt das Wefen aller Dionyfik. — In jedem
Menfchen lebt das Gefahl der eigenen Unzulanglichkeit. Keinem bleibt das niederdrUckende
BewuBiJein vergSnglicher Eintage-Exiftenz erfpari Wer kennt nicht den Wunfch nach
225
■Wi
Vergerferi und Verfinken? Wer nicht die Sehnfucht, wenigftenS ftir Augenblicke frei von allerii
„Erdenreft w die Luft volliger Unbefchwertheit zu atmen und taumelndem Entzticken hingegeben, den
Puis derzeit- und ranmloren Ewigkeitin eigenen Adern fchlagen zufuhlen.. Heutezumal, da der ent-
fetzte Jammerruf . =r Einzelnen in elnem millionenfachen Unifono der allgemeinejn Wehklage
zum Himmel Ichu.x Des KQnftlers ift das leichtere Los: er fchopft aus dem Wunderborne feiner
Begabung die Kraft, Hen an den ureinen, beharrenden Angelpunkt des Seins zu fchwingen. Der
Nichtkunftler, allein, Ichwach, auf fich gewiefen. verfiele der Verzweiflung, gabe es auch fur ihn
nicht ein Mittel de' Verza"berung. Das eine, die Religion, gibt KrUcken, das andere gewahrt
Flttgel, die Dionyfil. der fringe, Marfe, des Schwarmzuges. Tritt das apollinifche Element hinzu,
To entfteht der Dithyrambus. Aus derh Bacchusfchrei wird Gefang. Keiner fchweigt; atles lingt
aus voller Bruft;- es gibt keinen Zuhorer. — Diefe Wirkung des Chorwerkes muB annahernd
erreicht werden. Eine Auffuhrung, die nicht in jedem Zuhorenden die unwiderftehliche Luft
weckt, fich auszufchalten und mitzufingen, ift Ichlecht und falfch. Aile Zweiheit von folchen, die
Mufik „machen" und anderen, die mit einem kritifchen, einem fchlafrigen Ohre zuhuren, ift
namenlos Vacherlich, gegen das innerrte Wefen der Mufik und — vor al'em — eine fchwere Gefahr.
Siezu bannen ift jetzt der Augenblick gekommen; wir Ieben in einerZeit unbegrenzter fMifcher-
Umkehrmoglichkeiten. Die Heilung zu gewinnen, die durch gemeinftes hohlftes Konzertunw^'^n ver-
loren gegangtne dionyHfche Einheit wiederherzuftellen, mufi mit alien Mitteln verfucht werden.
Es kbnnte fonft zu fpat fein. Dazu taugt einzig die Menge des dithyrambifchen Chores. Weicher
gefunden Menfchenkehle ift Gefang verfagt? Ungekannte, nie gedachte Maffen miiffen fingen, fich in
Riefenraumen zu Riefenchbren vereinen. Hier find archilektonirche Aufgaben, hier die Kirchen der
Zifkunft. WoBegeifterung, Hingabe, Glauben, werden Schwierigkeiten fich fpielendlofen. DieZeit des
Baues latfe man nicht ungenUtzt verfireiehen. Man verwende fie zu Obergang und Erziehung.
Marfe irfchcint immer relaiiv zum Raume. Hauptfache bleibt, langfam daran zu gewohnen, daB
man nicht flir Andere, Jondern fUr fich mufiziere; demnach allmahliche Ausfchaltung alles deffen,
was der „Auffilhrung" ahnelt, Ausfchaltung des Zuhbrers. Die Zahl der Singenden wird die der
Nichtfingenden immer mehr tlbersteigen, bis IchlieBlich die Sanger die Schweigenden ganz zu
fich hiniibergezogen haben — und Alles, Alle in braufendem, vieltaufendftimmigen Chore fich in
ahnungsvoll gefuchter dionylifcher Einheit erhSht finden.
Durch Dionyfik wird der Gipfel alles menfchlichen Erlebens, fonft nur dem Kiinftler er-
rs 1 ar, auch dem Nichtkunftler zuganglich. Dies ift ibr unermeBIicher Wert. Gelipgt es, fo
{'rt. Ml ;emeinheit, ein ganzes Volk. auf die Hohen diefer kUnftlerifchen Erlebniffe zu luhien,
Q„». iat die Dionyfik ihren Dienft getan; ihr gliickte die Verwandlung des Nichtkiinftlers
zum Kiinftler. — Kultur ift aber das Leben eines Volkes aus kttnftlerifcher Anfchauung,
ein Leben, gefteuert aus der Warte der Ewigkeit. — So zeigt und erweift fich der Zurammenhang
zwifchen aller Dionyfik und Kultur. . .
Soweit der erffe Teil. Der zweite erbrterte fehr ausfuhrlich die Organifation der groBen
rnun'kdifchen Feier. Als Welentliches fcheint erwahnenswert; die Hofiheater zu Wien, Berlin,
Dresden, Stuttgart/ Mtmchen, das Theater zu Bayreuth (meine Idee war das „wandernde Bayreuth"),
die bedeutenden Orchefter und Chorvereine rollten ein Jahr lang abwechfelnd in alien groBeren
Stadten des deutfehen Reiches ein wohl uberlegtes, wohl auf die einzelnen Krafte verteiltes
Programm in moglichfter Voilendung, nach einheitlichem Stiiprinzip zur Vorfuhrung gelangen
laffen — fo, daB Uberall alles zu Gehor kommen muBte. Es gab eine FtiUe von Vorfchlagen
zur Erzielung, Erziehung kunftlerifcherHbrer und Darrteller, und zu annahernderErreichung derdio-
nyfifchen Einheit Als Zeit war das Jahr 1919 oder 1 920 gedacht. Georg von Hiilfen intereffierte fich,
fah groBmtltig fiber die „Radikalismen" des erften Teils hinweg, (ich betone es ausdrilcklich und
dankbar) lebhaft fUr ihren zweiten Teil — und diskutierte mit mir in vielen Gefprachen fehr ein-
gehend uberMOglichkeiten und Einzelheiten der Verwirklichung. Heute irt diefer zweite Teil
apokryph. Ober Chorgefang und feine Stellung in derZukunft wird, vielleicht, noch zu fprechen fein.
226
— w-
:
Die Selbffherrlichkeif des Worfes*
Von Alfred Doblin.
Im Anfang war das Wort
Das Oenken des Menfchen, fein zweckma£iges Handeln enfwi&elf fich am Wort.
Es iff gleichgiilfig und nebenfadilich, da|5 aus der Spradie und im Sprachmaferial
Jicb. felbff eine Kunff, die Dichfung, enfwickelt Die Spradie iff die Mutter aller menfdi-
lichen hoheren Leiffungen. Sie iff audi die Mutter der Kiinffe. :
Unter anderem der Mufik.
Die Worfbildung erfolgf uberall zu beffimmfen Zwecken. Der prakfifdie Nu&en,
die prakfifdie Nofwendigkeif, der Zwang fidi zu verffandigen bildef die Bafts fur das
Keimen der Worfe und fiir ihr Wachsfum zu viel veraffelfer Spradien.
Die Tonverbindungen und Klangmifdiungen der Mufik find erfolgf zum Zwedte
einer Kunff. Es iff eine fchwankende, halb. willkiirlidie Kunff; eine fpafe Kunff. Wahrend
die Spradie langfam wachff und von der Arf eines Organismus iff, der ein Alfer haf
und dem durch mechanifche Eingriffe nichf beizukommen iff, iff die Mufik mehr von Arf
einer fidi enfwickelnden Tedinik. Sie iff eine aufbliihende Induffrie, die von ffandig
neuen Erfindungen geforderf wird.
Die mufikalifdien Tonverbindungen und Klanggemifche find gemeffen an den Qbjekfen
der Wirklidikeif und den Vorgangen, vieldeufig und unbeffimmf.
An das Worf Tifdi Flafdie Ha£ iff prazis eine Vorffellung gebunden. In der
wiffenfdiaffli(hen Spradie laj3f fidi annahernd eine individuelle Genauigkeif erreichen.
Die Spradie koramf zu^ diefer Genauigkeif im Verlauf ihres Wachsfums: ihre alfeffen
Wurzeln bezeichnen einfache Tafigkeifen, die beinah fo vieldeufig find wie mufikalifdie
Tongemifche. Spafer wird abgefrennf, man differehzierf. Man kommt zum Gegenffand,
zur Eigenfthaff, zur Funkfion, zum Abffrakfum. Die Worfe enfwi&eln fidi zu brauch-
baren Prazifionsapparafen.
*) Dieser Artikel Dr. Dublin's erSffnet eine Reihe von Arbeiten, die sich mit dem VerhSltnis von Wort und
Ton auseinandersetzen und die Klarung von Konzeptionen, wie Arnold Schfinberg's Lieder des „Pierrot lunaire*'
fur Sprec:;stimme oder Bela Bartok's durch die Gesetze der Sprechmelodie bestimmten Lieder zum 2iel
haben. (Anmerkung des Hersusgebers.j
227
ii ■
Das Worf iff im Augenblick Zeidien. |;
Das Akuffifche am Worf wird wie eine Laff abgefchuffelt Es iff zufallig und will- |
kiirlidi, audi wechfelnd am Worf. Momenfan kommf es auf Denken, Kombinieren, ']
Phanfafieren an. Seine gewalfige Kraft feine Produkfivkraff erhalf das Worf im :':
Augenblick, wo es fidi vom Schall, dem Tongeraufch befrelf. Sie iff audi die Smnde, \,
in der fidi das Worf von der Mufik koniglich abfrennf.
Der Augenblick der Trennung kann nie vergeffen werden. Die Wege gehen nie
mehr zufammen.
Produkfiv find nur die Zeichen der Worfe, nichf das Verhalfnis der Vokaie, Kon j
fonenfen und ihre Gruppierungen zu einander.
In der Mufik aber iff das Verhalfnis und die Beziehung ihrer fonenden Elemenfe
produkfiv.
Das Wort und die Worfverbindungen find nichf Gemifche und Abwechfelung von*
Geraufchfonen. Die befondere Abgrenzung des Worfs wird zum Wort durdi ihr
Vermogen, Geiffiges, Affekfives und Ideelles an eine Geraufchkombinafion zu binden.
Audi die Mufik iff nichf Mufik durch Tone und Klange. Audi Mufik wird zu Mufik
durch ihr Vermogen Geiffiges an Tonverbindungen und Klanggemifdie zu binden.
Jedoch iff diefe geiffige Bindung die Beziehung der Tonverbindungen und Klanggemifdie
aufeinander. Enffcheidende Bedeufung alfo haben in der Mufik die Tonverbindungen
und Klanggemifdie. Sie konnen nie zum Werf des Freigeiffigen heraufgeffeigerf, zum
Unwerf des Zeichens verdiinnf werden. Die Sinnlichheif bleibf herrfchend im Bereich
der Mufik.
<$>
Das Wort iff Brennpunkf von Ideen, Affekfen und Biidern. Hier iff der Boden,
auf dem die Worfkunff wachff, die im Grunde keine „ Worfkunff iff.
Die Kunff der Mufik iff eine Kunft niif Klangen und an Klangen.
Die Kunff der Worfe iff keine Kunff mif Worfen und an Worfen.
Sie iff eine Kunff der Ideen und Bilder in Zeichen. Die Zeichen haben mif den
Ideen und Biidern keinen inneren Zufammenhang.
Die Mufik ergehf Jich in der Ausbreifung Von Tonzufammenhangen und Klang-
gemifdien. Das Wefenuiche an der Mufik iff der Bau, die Ausbreifung, Lagerung,
Schichfung, Verfeilung der Tonmaffen; hierin erweiff fie ihren Charakfer als Kunff.
* Wo der Bau und die Ausbreifung der Worfe in der Dichfung gepflegf wird, find
fie nichf das Wefenfliche, find fie nichf die Kunff.
Der Dichfer iff wefenflich Trager eirier Phanfafie, Hervorbringer, Enfwickler und
Ordner von Vifionen.
Als weniger wefenflich kommf beim Dichfer hinzu die Bemiihung um die Worfe.
Da — in Parenfhefe — die Worfkunff eine Zeifkunff wie die Mufik iff, ahneln die
Regeln der Worfkunff den allgemeinffen der Mufik: Rhyfhmifierung, Wiederholung,
Zufammenfaffung einer Gleichzahl von Bewegungen.
Der unfergeordnefe Charakter diefer Fakforen zeigf fich in ihrer mangelhaffen
Durchbildung, im Vorhandenfein einer Profadichfung neben einer gebundenen, in ihrer
VernadilafUgung audi in der gebundenen Dichfung.
Fur die Enfwicklung und Differenzierung der Mufik und Mufiken iff ma£gebend
neben der.Gefamfkulfur die Erfindung von Inffrumenfen. Dann werden fur das Ton-
maferial Regeln aufeeffellf, die Jidi fiir eine gewiffe Zeif als fruchfbar erweifen, fpafer
fallen gelaffen werden. Immer wieder ffiirzf eine Welle fiber den Bau. Man fangf
von vorne an. Nichfs Geiffiges davon wird aufbewahrf, gehf in den Sdiafz der menfch-
lichen Seele iiber. Sie iff eine Kunff der finnlicherL Ausbreifung,. Schichfrng und Verfeilung
der Tonmaffen: dies bringf fie zum Bliihen und machf fie hinfailig.
S^LIn diefer Hinjalligkeif ahnelf die Mufik der Dichfkunff. Auch die Dichfwerke ver-
gangener Epochen unferliegen dem Vertchleift find in den enffcheidenden Punkfen fiir
fpafere Menfchen unfajSbar.
Wahrend aber bei den Mufikern die Hinfalligkeif aus den gemachfen und aus-
probierfen Regeln, aus dem Hinzufriff neuer Injfrumenfe und Erfindungen kommf, er-
228
#
Qibf fie pch i>ei den Dichfwerken aus dem Wand el der geiffigen Gefamfkulhir. Die
Myfhen der Alteren bcdeufen den Spaferen, die andere Myfhen haben^nidits; bei ver-
anderfen Lebensbedingungen verlieren dichferifch produkfive Gefuhlsreihen ihren Wert
Wie langr., und der zum Irrfinn geffeigerfe Schmerz des Biirgermadchens Grefchen iff
uns ebenfo fremd und mufeumsreif wie einem Indier die Klage Anfigones urn ihren
Bruder, deffen Leiche auf dem Felde liegen bleiben folL
Die Enfwicklung der Worfkunff und Tonkunff erfolgf unabhangig von einander.
Die primifiven Volker mufizieren nnd fingen mif finnlofen Worfen.
Die alfen Sanger und die primifiven Sanger frugen Lieder, Mufik und Epifches vor,
Das iff fozu verffehen: ein paar beliebige vcn fich aus gewachfene Tonreihen werden zu
einer fehr wechfelreichen gleichfalls von fich aus gewachfenen Worfgefolge endlos
wiederhoft Bisweilen erfolgf einfadie Rezifafion bei Trommelfchlag, und fo wird jede
Dichfung vorgefragen. Diefe lofe Verbindung oder Nebeneinanderfe&ung wird beim
Anffieg der Gefamfkulfur rafch zerriffen.
Das verfdiiedene Maferial ffellf bald befondere Beqabung in feinen Dienff. Es
kommf zur Ausbildung beffimmf einfeifiger Arbeifer und Kunffler, Tonmenfchen und
Worfmenfdien, Mufiker und Dichfer,
Die faff zahlenarfig diinnen Zeichen der Worfkunff konnen gefprochen Werden,
Das Spredien des Worfes iff eine Kunff fur fidi.
Da die Sfimme zugleich arfikulieren und fonen kann, fo Wird das Lied, der Gefang,
die Oper moglich. Das Lied, die Arie iff eine Mifchkunff. Gedichf und Mufik find an
einander gekuppelf und fur einander verpaJSf. In der Regel liegf kein blokes Neben-
einander zweier Kunffprodukfe vor, fondern die Unferffellung einer Kunffleiffung unfer
eine andere. Das Worf wird benu^f von der Mufik; es friff zuruck liinfer die Mufik.
Die Mufiker bevorzugen fchwache und belanglofe Texfe. Die Unferffellung des Worfes
unfer die Mufik zeigf fidi audi darin, da£ beim Wechfel des Texfes fidi haufig diefeibe
Mufik wiederholt Es liegf in die- :r Linie, da£ manche Mufikffucke vollig unbekummert
urn den Texf Kolorafuren, Variafionen Fugafionen mif ihm exekufieren. Und dies .iff
audi das Mufikalifch-nafurliche und Echfe. Das Niedrigffe iff die nafuraliffifdie Unfer-
werfung der Mufik unfer 'das Worf; die Mufik wird unfelbffffandig, klingelf den Inhalf
und das ganz anders wadifende Produkf der Worfkunff nach, enfwiirdigf fidi, kaffrierf
fidi zur Programmufik. Au£erordenflich viel Lieder und Gefange find von diefer enfffellfen
und verwerflidnten Arf. Es iff albern zu mufizieren und auf die Kraffe der Mufik zu
verzichfen.
Wird das Lied und die Arie wirklidi gefungen, fo haben fich drei Kiir.ffe an einander
gekuppelf, die der Mufik, des Gedidife, der Sfimme. In der Regel iff aber eine Kunff
herrfchend, und zwar die der Sfimme.
Das Lied iff Mufik plus Worfkunff; wie fie au£erlich Verpaj3f find, konnen fie in
der Regel ohne Schaden wieder auseinandergenommen werden, Eine Mufik wird nichf
zum Gedichf komponierf, fondern bei Gelegenheif eines Gedichfe.
Gedichfe konnen komponierf werden, aber fie mujfen nichf. Damif iff das Urfeil
i ; .ber die Kunff gaffung des Liedes gefprochen. Wenn ein Mufiker zu feiner Kompofifion
den Texf hinzufchreibf, fo haf er nur die Anregung zu diefer Mufik ausdriicklich hirtzu-
gefiigf. Der erhohfen Deuflichkeif Verffandlichkeif verdanken mif Worfkunff kombinierfe
229
Mufikfhicke, Lieder, Gefange ihre Popularifat Es iff die Programmufik einjchliej31ich
des Programms.
Vom Komponiffen gefehen: wenn in einem Mufikwerk die Stitnme mit einem
Produkt der Worfkunff auffaudif, fo ift dies ein offener Ausbrudi der fonjf anonym im
Kiinffler arbeifenden Produkfivkraffe. Die Unmiffelbarkeif kann zwar elemenfar fein,
jedodv iff Unmiffelbarkeif gefahrlidi fur die Kunff; fiir die Kunff iff durch die erhohfe
rationale Deuflichkeif nichfs hinzugewonnen; der Erklarer haf im Werk nidifs zu fuchen.
Mufik und Worfkunff find zwar gefrennfe Kiinffe und ihre Enfwicklung verlauff
unabhangig voneinander. Aber erffens find die Mifdikiinffe beliebf, fie find
der menfchlidien Nafur angepa^fe Kunffgamingen- Es wird ja nidif nur gefungen fondern
fogar zum Gefang gefanzt es werden Tanzmasken gefragen. Der Menfch iff es, der
Kunff freibf, der ganze Menfdi, ja die menfdiliche Gemeinfchaff:
Ferner ffromen die Impulfe einer Kunff eben durdi diefen Menfdien auf andere
Kiinffe. Dies iff ein Punkf von grower Bedeufung. Eine Kunff wirkf auf die andere.
Der Tonfall der Worfe,' der gefprochenen Worfe, nidif der Zeichen, haf fiir die
Mufik immer die ffarkffe Anregungskraff gehabf. Gewiffe Tonverbindungen „fpredien";
die Mufik wird, wenn fie nidif reine Mafhemafik sverden will, auf diefe Quelle nidif
verzidifen. Der Tonfall ffellf die lebendigffe Verbindung dar zwifchen Mufik und
Worfkunff, ferner zwifchen den beiden und dem Menfdien.
Befonders ffark iff umgekehrf die Einwirkung mufikalifdier Kraffe auf das Worf und die
Worfkunff, Es iff nidif die Rede davon, da]5 manche Dithfer eine Arf Geraufdikunff
erffreben; dies iff eine reizvolle Nebenfachlichkeif. Aber die Dithfung greiff feif Alters
her zu einer Gliederung ih^es „Maferials" durdi Rhyfhmik, Sfrophenbildung. Die Didifung
erffrebf die Sfeigerung der Tonffarke beim Vortrag; es iff nidif eigenflidi die
Didifung, die fidi der Mufik naherf, fondern der Vorfragskunffler im Didifer. Die fief-
finnigen Chore der Alfen verlangfen ihrer Arena enffprediend der Rhyfhmifierung,
Sfrophenbildung, der rieranziehung mufikalifdier Prinzipien. Die Arena zwingf dazu;
es iff begreiflich, daj5 die neuere Zeif, die diefe ©ffenflichkeif und Weife des Raums
nidif haf, ungegliederfe Profa begiinfngf, fchon einfadie Ci'amben abfferben la£f.
Durdi die Mufik wird die Worfkunff, die fidi leiohf ideell verfluchfigf, auf den Boden
der Maferialkiinffe gezogen. Den fie jedoch kaum mi^ den Zehen beruhrf. Denn fie
iff und bieibf beflugelt
Uizudif iff iiberall gefahrlidi und fiihrf zu Enfarruhg und Sferilifaf. Die Worfkunff
nimmf mufikalifche Impulfe auf. Sie bevorzugf fie, wenn fie ihrer geiffigen Gewalf enf-
jprechend gro£e Suggesfivwirkungen iiben will
Aber die Geffalfung und Eormung der Worfkunff erfolgf nidif fo. Das Worf iff
Brennpunkf von Ideen Affekfen und Bildern. Die Kunlf der Worfe iff eine Kunff der
Ideen und Bilder in Zeidien. Die Mufik dienf als unfergeordnefe Hilfskunff.
Das Worf iff felbffherrlidh.
' I : 230
Arnold Schonbergs op. XIII
Von Gerhard Sfre&e.
Da die Hirten ihre Herde
LieBen und des Engels Worte
Trugen durch die nied're Pforte
Zu der Mutter mit dem Kind,
Fuhr das himmliche Gcsind
Fort im Sternenraum zu singen,
Fuhr der Himmei Sort zu klingen:
„ Frieda, Friede! auf der Erde!"
Seit die Engel so geraten,
wie vide blut'ge Taten
Hat der Streit auf wildem Pferde,
Der geharn.schte vollbracht!
In wie mancher heil'gen Nacht
Sang der Chor der Geister zagend.
Dringlich flehend, '- : " *
..Friede, Friede .
leis verklagend:
- auf der Erde!
Doch es ist ein ew'ger Glaube,
DaB der Schwache nicht zum Raube
Jeder frechen Mordgebarde
Werde fallen allezeit:
Etwas wie Gerechtigkeit
Webt und uirkt in Moribund Grauen
Und ein Reich will sich erbauen,
Das den Frieden sucht der Erde.
Mahlidi wird es sich gestagen,
Seines heil'gen Amtes walten,
Waffen Schmieden ohne Fahrde.
Flammenschwerter fur das Rechr,
Und ein kGniglich Geschlecht
Wird erbluhn mit starken Stfhnen,
Dessen helle Tuben drohnen:
Friede, Friede auf der Erde!
C. F. Meyer.
Das sogenanntellalienertum inderMusik lieB die
Uberlieferung einer erstaunlicb gediegenen Vokalitilt
verflachen und endlich so gut wie abreiBen. Abbate
Guiseppe Baini in Rom aber hatte die verldschende
vestalische Flamme treulich behtitet; frisch an-
gefacht, begann sie bald wieder voller zu Jeuchten.
Thibauts Weckruf „0ber Reinheit der Tonkunst" er-
schien 1825, Karl Proske legte umfangliche Samm-
lungen stilyoller Gesangswerke alter kirchlicher Meister
vor, und ein nach und nach wachsender Stab von
Heifern popularisierte sie in Deutschland und sonsr.
Ahnlichen Zielen ging in Frankreich der FQrst von
Mosskwa mit seiner 1843 gegrundeten Soriete" de
musique vocale religieuse et classique nach. Kam
die Bewegung zunSchst ■ hauptsachlich der gottes-
dienstlichc- Musik zugute, so erstand doch, von der
aufbluhenden Musikwissenschaft nach Breite und
Tiefe ungeahnt erweitert, allgemach ein neuer Sinn
fur die um/ergleichliche Schonheit vokaler Kunst;
angeregt gingen die Setzer, wenn auch zOgernd und
23i
' jn 'gi tui 'fl nuwmu
a^mm*mmmrmrmmB*mmmmm^mmmm?*m
vielfach ongewiB tasteod, an die Arbeit, sodaB wir
zur Stunde bereits auf eine stattiiche Reihe gater a
cappella-Erzeugniaseneue'ren Datums verweisen ktinnen.
Gleichwohl erscheint dabel die Gatturig der viel-
stimmigen und mehrchfirigen unbegleiteten Gesanges
auffallig vernachiassigt; dies Qberrascht umso mehr,
als der Zug ins ungemesscn GroBe im ubrigen fQr
das kompositorische Schaffen der letzten Zeit be-
merkenswert war und nicht minder fQr die Aus-
-..messungen darstellender Wiedergabe. Schuld tragen
die ChOre. Von ihnen, wenigstens aber von den
Mannerchfiren, gilt leider nur zu oft die Formel:
je starker die SSngerzahl, umso geringer der klinst-
lerische Aktionsradius. Sollte sich die Verfassung
der DilettantenchSre nicht bessern — und sie farbt
sichtHch auf den Durchschnitt der Komponisten ab — ,
30 mQBte unbedingt die Grundung von ChSren aus-
gebildeter Gesangsktlnstler ins Auge gefaBt werden,
wie sie Kretzschmar unter Hinweis auf Holland vor
einem Menschenalter dringlich fiir Deutschland forderte.
Sonst warden die Motetten von Bach und Brahms
weiterhin dem kargeif Dutzend von Orten vorbehalten
sein, in denen sie von jeher Pflege fanden, sonst
wfirden die groB angelegten Chorfresken von Cornelius,
StrauB, Hausegger, Pfitzner und Reger unaufgefuhrt
in den Magazinen liegen, sonst wiirde die Wiedergabe
von SchOnbergs op. 13 auf lange zu den UnmOglich-
keiten gehoren.
Modewege, die gemeinhin schneller zum Ziele
fiihren sollen, schlagt Schonberg nicht ein; er will
nicht unterhatten, erzahlen ; er ist im dekorativ
Malerischen geradezu asketisch streng. Er will nur
eines: ldeen mit leidenschaftlicher Inbrunst gestalten,
tiefinnerliches Erlebnis bieten!
Was bis heute im Chorgesang nicht gewagt wurde,
das lehnen wir deshalb doch nicht ab, zumal die
geschichtliche Erkenntnis als Binsenwahrheit lehrt,
daB Gesetze nicht der kQnstlerischen Betatigung vor-
aufgehen, sondera vom fertigen Werk erst abstrahiert
werden. „Regelwidrig" ist Schflnberg hin und wieder.
Einmal betragt die Entfernung von Nachbarstimmen
zwei Oktaven; gegen jede Gewohnheit und Erfahrung.
Aliein der gesteigerte innere Gestus, mit dem der
Tondichter spricht, ' rechtfertigt das vollauf-
Auch gewisse Instrumentalismen werden sich nicht
wegleugnen lassen, zumal ein obstinater BaB, der nur
nach seiner motivischen Abgrenzung phrasiert wird,
objektiver Beleg dafUr Jst. Aber wimmelt es nicht
bei Bach von Instrumentalismen? Und dann stellen
sie den vokalen Charakter des 4-8 stimmigenStQckes —
nur ChOre, bei denen die Reinheit der Intonation
gefahrdet ist, werden auf eine stQtzende Begleitung
• fllr kleines Orchester verwiesen — kaum in Frage.
Im Gegenteii: daB ein Tondichter, dessen Schaffen
sich auf so ganzlich anderm Boden bewegte, gleich beim
ersten Wuri ein derartig bedeurendes a cappella-opus
herausbringt, das spricht fQr ein eminent entwickeltes
StilbewuBtsein und eine fabelhaft inspirierte Klang-
intuition. Von ein paar Einzelheiten, an sich nicht
, ungewShnlich, riur cben schwierig zu singen, abgesehen,
mutet der Komponist den Ausffihrenden nichts zu, was*
anderswo in der Altzett oder Neuzeit .nicht auch
verlangt worden ware. Bei alien fortschrittlichen
Gesangswerken gehOrt es sowieso zu den UneriaBiich-
keiten fOr die Wiedergabe, daB die SSnger nicht nur
ubereinnie versagendes IntervallbewuBtsein verfugen,
sondern ebenso die melodische Funktion ihrerStimme
erfaBt haben und mit einer sicheren Vorstellung des
tragenden harmonischen Unter- oderOberbaus arbeiten.
Die Harmonik des Chores ist kiar und durchsichtig im
Sinne des Herkiimmlichen, seine Melodik gesnnd,
herb, bisweilen sprOde, aber stets persfinlich, cha-
rakteristisch und durchaus einpragsam. Nirgends
Konvention, aber viel gute Tradition: in der geistigen
Durchdringung, dann in der natiirlich straffen Glie-
derung des Textes, ferner in seiner meisterlichen
Zusammenfassung und Steigerungzu einer musikalisch-
architektonischen Einheit, in der Erfindung der Motive
und ihrer kontrapunktisfjh-polyphonen Verwertung.
Aus der Zahl der eingefiihrten Motive heben sich
zwei heraus: der Friedensruf (a) und die Kampffanfare
(c). jener, analog dem Kehrreim von drei Strophen
zum musikalisch variierten Refrain ausgebaut, geist-
reich aber bereits in die Exposition verflochten; mit
einer schon geschwungenen Gegenstimme (b) gent
er eine Kombination ein, die in kunstvollen Eng-
j'iihrungen weiterhin eines -der kontrapunktisch
packendsten Gewebe des opus ergibt (d); mit un-
erschiipfiich zustrflmenden EinfSllen der Verarbeitung
beherrscht er schliefiiich den groSartig gesteigerten,
triumphalen SchluB. Das dabei zur Verwendung ge-
langende Kunstmittel rhythmischer VergrtfBererung
eines Motivs, benutzt Schonberg ebenso in der
Entwicklung des Kampfgedankens, der bedacht —
sinnvoll zur KennzeichnUng derbeiden sich befehden-
den Gruppen in nahverwandter Gestalt (c und c l )
gebraucht wird.
Eingehender iiber die motivische Konstruktion im
grofien wie im kleinen zu berichten, wQrde zu weit
fUhren, da fast jeder Takt von hoehstem satz-
technischem Kunstverstand zeugt. Nur einiger
geistvoller Reprisen sei gedacht, die zur formalen
Einheitlichkeit durch die thematische Anlage neue
Elemente der Geschlossenheit hinzutun. Bei den
Worten „Etwas wie Gerechtigkeit" greift die Musik
auf die Steile „Fuhr das himmliche Gesind" zurlick,
und die Anfangsiakte der Exposition wiederholen sich
in Dur bei den Textworten „Mahlich wird es sich ge-
stagen". Keine Spur von Qdem Schematismus
iiberdenkt man den Sinn der Worte, sondern freiea^
Schalten und Walten mit dem ererbten Formenschatz.
Das Ergebnis dieses starken Formwillens ist eine
Motette im guten alten Sinne. Man denke darum
nicht an ]ene strengeren Motetten, die etwa wie reiz-
lose Schwestern von Schulfugen anmuten, desgleichen
nicht an jene Verfallsgebilde, die sich der her-
gebirachten Polyphonie entschlagen, ohne durch
homophon-melodische Aquivalente irgend zu enrt-
schSdigen. Nein, hier ist der V/eg der kiassischen
Moitettentechnik iiber Bach und Brahms weiterverfolgt.
-f*r*^r*~——'
An Kunstfertigkeit bietet von Neueren hochstens Max
Reger Shnlich VoIIendfctes; doch entspricht dem
musikalischen Aufwand bei ihra mitiinter nicht die
intellektuelle Durchdringung. Setn „naives" Ausdrucks-
musizieren glbt sich vielfach mit dem schOnen phi-
losophischen Schein zufrieden, wo auf der anderen
Seite seine bestechende Chorarbeit und kontra-
puuktische Routine zur Bewunderung zwingen. Bei
Schonberg geistiges und musikalisches Raffinement
ohne jede Gemachtheit und Aufdringlichkeit, wie
selbstverstandlich dargeboien, wei! es eingeborene
Kultur ist
Schbnbergs starkes koloristischesVermtfgentrttt hier
hinter diezeichnerich-IineareBestrebungzurlick. Umso
starkerwirken seine gelegentlicfienAnwendungen. Jenes
Biicken „durch die niedre Pforte" ist noch durch bloBe
Linie gegeben, aber man selie zu, wie bei den Friedens-
rufen der Geisterscharen (2. Strophe) plfctzlich aile
Farbe blaB, welk, gespeasttsch und schattenhaft wild,
und wehmiitige Klage ttfnt. Oder man beachte, wie
zu den Worten „dessen helle Tuben drbhne. " ChOre
erzener Klange den Raum erfiillen. Die Farbe ist
aber uberall bloBer Exponent der nimmer ruhenden .
thematischen Arbeit.
Schunbergs Weihnachtsmotette stecM voiler
genilaer Ziige und bereichert unsere neue a cappella-
Literatur vielstimmigen Lapidarstils um ein wertvolies
Stuck- 1908 ist sie entstanden, 1912 wurde sie dem
Druck Qbergeben*) Ob sie schon eine Auffiihrung
erlebt hat? Bei ihrer Kompliziertheit ware das eine
Tat, aber die MQhe wtirde durch kQnstlerische Be-
friedigung belohnt werden, und der ganzen a cappella-
Bewegung' zweifellos eine entscheidende Anreguug
gegeben, sich ihrer beseligenden Kraft recht bewaBt
zu werden, jener Fahigkeit, von der Goethe in den
Bekenntaissen einer schCnen Seele so unnachahmlich
spricht: „Er lieB durch das indes verstarkte und im
Stillen noch mehr geflbte Chor uns vier- und acht-
stimmige GesSnge vortragen, die uns, ich darf wohl
sagen, wirklich einen Vorschmack derSeligkeitgabetu
lch habe bisher nur den frommen Gesang gekannt,
in welcbem gute Seelen oft mit heiserer Kehle, wie
die Waldv6gelein. Gott zu loben glauben, weiJ sie
sich selbst eine angenehme Emprinduug machen; dann
die eitle Musik der Konze;te, in denen man allenfalls
zur Bewunderung eines Talents, selten aber auch nur
zu einem vorubergehenden Vergndgen hingerissen
wird. Nun vernahm ich eine Musik, aus dem tiefsten
Sinne der trefflichsten menschlichen Naturen ent-
sprungen, die durch bestimmte und geflbte Organe in
harmonischer Einheit wieder zum tiefsten, besten Sinne
des Menschen sprach und ihn wirklich in diesem
Augenblicke seine Gottahnlichkeit lebhaft empfinden
lieB. Alles waren lateinische geistliche GesSnge, die
sich wie Juwelen in dem goldenen Ringe einer ge-
sitteten weltlichen Geselischaft ausnahmen und mich,
ohne Anforderung einer sogenannten Erbauung, auf
das geistigste erhoben und glflcklich machten."
*) Verlag Tischer und Jagenberg, K6!n am Rhein.
Bei s pi el e;
J»— A. & *» Jf I^&«UJau
233
WW.
Budibefprechung
II
I!
m
Walther Krug: Die neue Musik (Eugen Rentsch, Ziirich
1919).
Das Buch von Walther Krug wirkt wie cin VorstoB
eincs Vorpostcns. Es wird versucht, Bresche zu schlagcn
in die dickc Maucr, welche heutc den Bcgriff „Musik"
so umgibt, dafi kaum noch jemarid recht crkennen kanm
was das eigcntlich ist: Musik? Habcn wir lieute noch
Musik odcr ist sie nur nocli „Literatur mit Musikbegleitung
odcr Musikvcrkleidung?" Musik ist lieute nouvellistisch
oder geistreich odcr litcrarisch Oder sonst was — leidcr
nicht musikalisch dies der Grundzug. #
Ein Rcaktiomlr?
Mir scheint, cs ist an der Zeit mit BcwuBtsein
reaktionSr in Dingen der Knnst (nicht bloB der Musik)
zu wcrden. Und der scheint mir noch lange kcin „Re-
aktionar", der auf 120 Scitcn das Wesen der ncucn Musik
skizzicrend zu crfasscn sucht und in mchr als dem dritten
Tcil seines bedeutenden Buches von Anton Bruckner
spricht. Wenn man kurz vorher sich zu dem ..Filhrcr''
des Gchcimrat Kretzschmar verirrt hat und dort manches
tibcr Bruckner abgedruckt lescn muB, daB man meirit cin
schwachsinniger Halbidiot hat da mal Messen und Sinfonien
hindOsend kompouiert, bchcrrscht von Todcsangst und
gcfoltcrt von „Unbildung u , so bcriihrt es unsagbar
schon, zu schen, mit welchcr Liebe und Ehrfurcht liter
ein Fuhlcndcr und Verstehendcr dem Meister naht, desscn
Musik ihm Musik schlcchthin ist. Scit Bach war das
nicht da, selbst Beethoven ist von litcrarisch-poctischcn
Dingen, vongcdanklich nouvellistisch en oft gemigphantasic-
und musikhindernd angekrSnkelt. „Beethovcn wirkt hcutc
durch das, was an ihm tadclnswert ist", — Bruckner
wirkt nicht (noch nicht), weil die Ohren durch Erliiutcrungen,
Programme, durch die Literatur in der Musik votlig un-
fahig geworden sind, Musik nur als Musik (ohnc .Inlialt")
aufzunehmen.
Von dicscm Standpunkt kommt der Vcrfasscr zu
eincr volligen Ablehnung, ja Negierung der ncueren
Musik, (dercn Stammvatcr implicite aber Bruckner war).
StrauB ist ihm im Vergleich zu Wagner „verwickelter,
unklarer, acmlicher, gcwohnlicher" als dieser und wird
es im La ufc seiner Entwickelung immer mchr;
Mahler im Verglcicli zu Bruckner mchr ein, wenn auch
ernstcr, Arrangeur, als cin aus deni vollen schopfender
Musiker; und Reger im Verglcicli zu Bach (und selbst
zu Brahms, der hier cndlich einma! unzweideutig als
trivial und crschwitzt abgclehnt wird), cin Viclschrcibcr,
von dem nichl umvitzig bchauptet wird, daB seine Existenz
als Mcnscii wohl bczwcifelt wcrden kann. Vicllcicht als
Akticngcscllschaft wiirc er muglich. Regcr, desscn groflc
Begabung riicklialtslos ancrkannt wird, ist ein OpEcr der
Modcn, deren jede er mitmachte; seine Entwickelung
zentrifugal, cine Flucht ins Nichts, in die inusiknlischc
Charakterlosigkcit.
Einzig Hans Pfitzncr schaut und empfindet
unmittelbar. Und cs ist ja wohl kcin Zweifel, dnfi-
Pfitzncrs Kammcrmusik zum Wcrtvollsten yeiiOrt, was
hcutigc Musik zu bictcn hat.
Blcibt Schonbcrg. Hier ist der Punkt des Buches,
an dem ich nicht mchr folgen kann. Schonbcrg cincn
Vcrncincr der Entwickelung zu nenncn, der keine Tradition
ancrkennt, ist unzutreffend. Ich hurtc selbst vor Jalircn
cincn Vortrag iibcr Mahler von ihm, in dem er es hc-
daucrtc, daG die Jugcud sich so von Wagner nbwende.
Er selbst stchc .... usw. In Krugs Polemik vcrsinkt
dns wcuigc Richtige, was gcgen Schonbcrg mit Gnitid
eingewendct wird mid eingewendct wcrden kann.
Biicher tibcr Musik warcn langc Jahre etwas
sell reck 1 ich cs. Die Zcit hcutc, in deren Sdiotl groBcrcs
wachst als jc scit Menschcngedenkcn voting, saubert
auch hier. Der iisthctialc Augiasstall der Musik wird
gcreinigt wcrden, wenn es auch langsam und sclnver
geht, da cben — nach Hcines Wort - die Ochsen vor-
laufig noch driublciben und immer ueueu Mist anhaufen.
Dr. Oscar Gmtmnnn.
254
t-r.m^mi?rg-gm£W; J '
Wichfige neue Mufikalien, Biicher und Auffafze
iiber Mufik,
• ■ mitgeteilt von
Professor Dr. Wilhclm Altmann, Berlin-Fricdenatt, Sponholzstr. 53-54.
Diesc Zusammcnstellung, die mogliclist in jedem Heft diescr Zeitschrifl crfolgen wird, will audi noch un-
gedrucktc grtiBcrc Wcrkc, vor allem Symplionicn, symphoniscbe Diditungcn, Konzerte, Kammermusikwerke, Opern,
Cliorwcrkc mit Orchester cinbeziehen, urn namcntlich Dirigentcn dnrauf aufmerksam zu machen. Diejcnigen Tonsctzer,
die dcrartigc Wcrke (jedocli nicht ctwa Klavierstiickc, Licder, MflnnerchOre) fcrtig haben, wcrden gebeten, mich davon
in Kenntnis zu sctzen, doch behalte ich mir die Entsclicidung iiber die Autnahrne vor. Dicse kann aitch bei gedruckten
Werken weder durch ein In sera t noch durch Einsendung der betreffenden Musikstiicke oder Biicher crzwungen werden.
Riicksendiing etwaigcr Einsendungcn wird grundsatzlicli abgelehnt.
Die Hinzufiigung des Vcrlags wird Bestelltingcn erleiclitern. Zu den angegebenen Preisen kommt immer
noch der sogen, Tcuerungsaiifsclilag seitens des Verlegers und audi des Sortimcnters hinzu; er schwankt bekanntlich,
meist abcr belrdgt er '100%, oft sciion 200% +10%.
I, Inffrumenfalmufik
a) Orcheffer (ohne Soloinffr.)
Besch, Otto: E. T. A. Hoffmann, phantast. Ouv. [Ur-
auffiihrung 9. VI. Weimar) noch ungedruckt
Erdmann, Eduard: op. 10 Symphonie (D) [Urauffuhr.
9. Juni Weimar] noch ungeldruckt
Grabaer, Hermann: Vorspiel. [Urauff. 11. Juni Weimar)
noch ungedr.
Orsener, Paul: op. 22 Aus dem Reiche des Pan. Suite.
Kistner, Lpz Preis nacli Vereinbar.
Kiessig, Georg: Ein Totentanz [Urauff. 11. Juni Weimar]
noch ungedr.
Pacbernegg, Alois [Leoben]: op. II Golgatha, sinf.
Szene [Urauff. 2. 4. 1916 Wien]; op. 15 Von Rittern
und minniglichen Maiden. Burleske Ouv. [Urauff.
19. ?, 1918 Wien] noch ungedruckt
iuter, Hermann: op. 17 Symphonie (d) erscheint im
Herbst bei Hug & Co, Lpz
Uoger, Hermann: op. 23 Landiiche Szene [Urauffuhr.
11. Juni Weimar] erscheint bei Tischer & Jagen-
berg, KOIn
Weigl, Bruno [Brttnn]: AbendstimmungsbHder. Drei
Skizzen(Auf einer Burgruine, Herbstabend; Stimmen
im Dunkel). Urauff. 9- Juni Weimar] noch ungedr.
Windspergcr, Lothar: Lebenstanz. Konzert-J3uv. (G).
Schott, Part. 20 M.
b) Kammermujik
Butting, Max: op. 16 Streichquartett Nr 2 (a). Wunder-
•horn-Verl., Mflnchen P. 3 M.; St. 12 M.
Brahms, Joh.: op. 34 Quintett f. Pfte etc. F. PFte zu
4 Hdn bearb. (Th. Kirchner). Edition Peters 3 M.
Handel, G. F.: Sonate i'A) f. V.; f. Via u. Pfte bearb.
(Arth. Schreiber). Kistner 3 M.
Hindemilh, Paul: op. II Nr 1 Sonate (Es) f. V. u,
Pfte. Schott 4 M.
Kricka, Jaroslav: op. 9 Kleine Suite im alten Stile f.
2 V. u. Pfte. Simrock 3,50 M.
Luccrna, Eduard: op. 10 Streichquartett (C). Raabe &
Plotiiow, Sort., Berlin St. 8 M.
Pacbernegg. Alois [Leoben]: op. 16 Sonate f- Viol.
u. Klav. noch ungedruckt
Rahlwes, Alfred: op. 4 Quintett (f) f. 2 V., Via, Vc. u-
Pfte. Schlesinger 12 M.
ReuB, Aug.: op. 35 Romantische Sonate f. V. u. Pfte.
Ferd. ZierfuB, MUnchen 7,50 M
— : op. 37 Oktett (H) f. 2 Ob., 2 Klarin., 2 Horn. u.
2 Fag. ders. Verl. Part 2,50 M.
Schmid, Heinr. Kaspar: op. 26 Quartett (G) f. 2 V.,
Via u Vc. Schott, Mainz P. 2 M.; St. 8 M.
— : op. 27 Sonate (a f. V. u. Pfte. Schott 6 M.
Striiver, Paul : op. 25 Streichquartett (Es) [UrauffUhr.
10. 6. Weimar] noch ungedr.
Windsperger, Lothar: Quartett (g) f. 2 V., Via u. Vc.
Schott. P. 2 M.; St. 8 M.
c) Sonftige Injfrumenfalwerke
Bauermann, W.: Konzertstuck in Form einer Gesangs-
szene f. Vc. m. Pfte. Andre, Offenbach 2 M.
Him, Carl: op. 24 Lilliput 9 KinderstUcke f. Klav.
Zimmermann, Lpz 2,50 M.; op. 25 Funf mittelschwere
KlavierstUcke- desgl.
Kaun, Hugo: op. 110 Poetische Stimmungsbilder. Vor-
u. Nachspiele f. Org. Zimmermann, Lpz 8 M.
— : op. Ill Mummelmann. Waldgeschichten. Herm.
Liins nacherzShlt. 5 KlavierstUcke. Ders. Verl. 5 M.
Korogold, Erich Wolfgang: op, 11 Aus der Musik zu
„Viel Urmen urn Nichts". Drei Sttlcke I Pfte. 4 M.
255
Krause, Paul: op. 28 Noveletten. Aciit kurze charakterist
Tonstilcke f. Org. Kahnt, Lpz 5 M.
Kricka, Jaroslav: op. 13 Lustige StUcke. F. Pfte.
Simrock 6 M.
Kronke, Emil: op. 125 Spanische Rhapsodien. E. Hoff-
mann, Dresden 5 M.; 4hdg 6 M.; op. 154 Goldene
Jugendzeit. Frohe Stunden am Klav. Ders. Ver! 4,50 M.
Lteowen, Ary van: Perlen alter Meister f. FlOte u.
Pfte bearb. Nr 21—40. Zimmermann, fcpzje 1,50 M.
Under, Gottfried : Drei Klavierstilcke (Me:iueti,Serenade,
Rondo giocoso). Sulze & Galler, Stultg. > M.
-: Konzerr-Walzer (Es) f. Pfte. Ders. Verl. 2,50 M.
Niemann, Walter: op. 72 Scherzo (c) im strengen Stil
f. Pfte. Heinrichshofen 1,80 M.
Pachernegg, Alois [Leoben]: op. 8 Sinfon. Prolog.
Konzertstlick f. Klavier u. Orch. [Uraufmiir 8. 4.
1913 Graz] noch ungedr.
Reger, Max: op- 87 Zwei Kompositionen f. V. m. Pfte.
NA. (Issay fcarmas). Otto Forberg, Lpz Nr 1
Albumblatt 1,50 M.; Nr 2 Romanze 2,50 M.
Schroeder, Carl: op. 93 Fiinf Klavierstucke. Walter
Schroeder. Berlin 8,40 M.
IL Gefangsmufik
a) Opera.
Blech, Leo: Die Strohwitwe. Operette. Klav.-A.
Drei Masken-V. 12 M.
Mors, Richard: Die Minne-Konigin. Heiteres Buhnen-
spiel. Ferd. ZierfuB, MQnchen. Klav.-A. 15 M.
b) Chorwerbe
Jungst,Hugo: op. lOT^Mazeppa. Ein Cyklus f. MSnner-
chor u- Tenor- u. Sopran-Solo m. Pfte od. Orch.
m. verbind. Dichtung unter Benutzung polnischer
Voiks- U. Tanziieder. Otto Forberg, Lpz Part. 6 M ;
Orch.-St. 8 M.; Orch. 2,40 M.; Klav.-A. 3,60 M.
Kaun, Hugo: Oster- u. Wandervogellied f. Mannerch.,
Mezzo-Sopr. u. Orch. Zimmermann, Lpz Part, und
Orch.-St. Preis nach Vereinb.; Klav.-A. 6 M.
Nicofai, Otto: Messe (D) f. Soli, gem. Chor u. Orch.
FUr den Konzert- u. liturg. Gebrauch bearb. (Markus
Koch). Ferd. ZierfuB, MQnchen Orch.-St. 12 M.;
OrgelsU 3 M.; Chorst. 4 M.; Klav.-A. 5 M-
- Pachernegg, Alois [Leoben]: op. 20 Das Grab im
Busento. Ballade f. Mannerchor u. Orch. (Urauf-
fQhrung 1. 12. 19 Leoben] noch ungedr.
Schmidt, Heinrich: Der gemischte Chor auf naturlicher
Grundlage. Ein- u. mehrst. Obungen. Oldenbourg,
Miinchen 5 M.
c) fur i Singffimme m. Klavier
Berndt, Martin: Schnick undSchnack furs kleine Pack.
15 Kinderlieder. Zimmermann, Lpz 2,50 M.
Dannehl, Franz: op. 73 Deutsche Kinderlieder (Neue
Folge). ZierfuB, MQnchen 8 M.
Prledel, Richard: Zw61f Lieder. Banger, WUrz-
burg 8 M.
Koch, Markus: op. 55 FQnf Lieder nach Gedichten
von Efchendorff f. mittl. Singst m. Pfte. ZierfuB,
MOnchen 7 M-
Lasslo, Sandor: op. 7 Das ist das GlQckf ZwOIf
Lieder nach Gedichten von Else Luz f. 1 hohe
Singst. Simrock 8 M.
Manersberger, Felix; 30 Lieder aus „Der kleine Rosen-
garten". Simrock 2,50 M.
Niewiadomski, St.: op. 44 Aus Nan und Fern. Volks-
lieder. G. Seyfarth, Lemberg 15 M.
Seidlcr-Winkler, Bruno: Lieder. Alte und neue Weisen.
Kaun-Verl., Berlin Bd I 3 M.
Windt, Herbert: op. 2 Sechs Lieder f. mittl. Singst.
Selbst-Verl. B.-Lankwitz, Steglitzerstr. 5 14,50 M-;
op. 3 Vier Gcsange nach Gedichten von A Mombert
I mittl. .Singst. desgl. 4,50 M.
III. Melodram
Winternitz, Arnold: Der Fluch der Krote. Melodram
m. Pfte. Max Brockhaus 4,50 M.
IV. B tidier
und Zeiffdiriffen-Auna^e
(alphnbctisch sowohl nach Sticliwortcn wic nach den
Verfnssern gcordnct. Bci Zcitschriflen-Aufsatzcn ist
immcr mit "Nr die des lnufendcn Jahrgnngs gemeint).
Allxemeine deu*sche Musikverein, Der, und die Zu-
kunftunsere3Musiklebens. Von Hans F. Schaub —
in: Allgem. Muslk-Ztg 23/23
— Ein neues Ziel des Al'gemeinen Musikvereins.
Von Oswald Kiihn — ebendort
Altmann/ Wilhelm — s. Berger
Anschlag. Das Geheimnis des schonen Anschlages
beim KlavierspieJ. Von MaxUnger — in: Schweizer.
musikpadag. Blatter 11
Arguto, Rosebery d' — s. Gesangsunterricht
Beethoven. Persenlichkeit, Leben und Schaffen. Von
Gustav Ernest. Bondi, Berlin 25 M.
— s. a. Mozart
Bennemann, Paul — s. Leipzig
Benvenuti, G- — s. Frescobaldi
Berlioz, Hector. Un vie romantique. Par A. Boschot.
Plon, Paris 6,5 fr.
— . Son ceuvre. Par G- de Massougues. C LCvy,
Paris 3 fr.
— . Von Hans Ferd. Redlich — in: Musikblatter
des Anbruch 10
— s. a. Liszt
B.rgcr, Wilhelm. W. B.-Katalog. Vollstandiges Ver-
zeichnis sftmtlicher im Druck erschienenen Ton-
werke und Bearbeitungen Wilhelm Bergers . . nebst
system. Verzeichnis und Registerh . . . nebst einer
Wurdigung Bergers. Von Wilh. Altmann. F. Hof-
meister, Lpz 3 M. (ohne Zuschl.)
Bosch it, A. — s. Berlioz
Brahms. Par P. Landormy. Alcan, Paris 3 fr
50 c + 40%
Brod, Max — s. Mahler
Bruckner's Te dcum. Fiihrer von P. Griesbacher.
Pustet 2,50 M.
236
**±J-
m^smm^f*
Bulow, Paul — s. Musik u. Schule
Calegari, M. - s. Melodramma
Carissimi, Giacomo, ed i suoi Oratori. Von F. Balilla
Pratella — in: Rivista musicale italiana 27,1
Chop, Max — s. Wirtschaftliche Lage
Cords, Gustav — s. Kritik -^
Debussy. L'opera pianistica di M. D. Von G M.
Gatti — in: Rivista music, ital. 27,1
Deutsch — s. Allgemeine deutsche Musikverein, Der
Deutscber Orchestennusiker — s. Kritik
Doret, Gustave — s. Ind£pendance
Ebel, Arnold - s. Probleme
Eckstein — s. Musikpflege
Ernest, Gustav — s. Beethoven
Frescobaldi. Notarella circa tre fughe atiribuite al F.
ealcuneristampemoderne. Von G- Benvenuti —
in: Rivista music, ital. 27,1
Gatti, G. M. — s.- Debussy
Gesangsunterricht in den Volksschulen, Umsturz und
Neuaufbau des Lehrplanes Mr den. Von Rosebery
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f.ohler, Georg - s . Organisationsgedank e; Zu-
kunftssorgen
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Harmonic Handbuch fur. Von Paul Juon. Zimmer-
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Inde'pcndance musicale. Par Gustave Doret — in-
Feuillets de pedagogie musicale 11
Judische Melodien — s. Mahler
Jtmgwirt, Aug. - s. Mozart
Juon, Paul - s. Harmonie
Karg-EIert, S. - s. Theorie
Kaiakomben, Musik in den Von Eugen Segnitz -
in: Allg. Mus.-Ztg 23,4
Klavier — s. Anschlag
Kompositionslehre — s. Theorie
Konzertierende Kiiustler - s. Wirtschaftliche Lage
Kritik, Die, und ihr Verhaltnis zum deutschen Orchesrer-
musiker. Von Gustav Cords - in: Deutsche
Musiker-Ztg Nr 24
Kuhn, Oswald — s. AlIgemelnerdeutscheMusikverein
Lambruio, Tflemaque. Von Walter Niemann - in:
Ztschr. f. Mus. II
Landormy, P. - s . Brahms
Lange, Walter — s. Wagner
Lautenmacher, Der. Eii^ vcrloren gegangene Kunst
Wissensvvertes Qber Lauten- u. Gitarrenbau. Von
Heinrich Scherrer. Hofmeister 2 M.
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zur Pflege der Hausmusik. L. Fries, Lpz 2,30 M.
Liszt in seinen Beziehungen zu Berlioz. Vol Albert
Maecklenburg - in: Neue Musik-2tg ]/
Lustgarten, Egon - s. Orchesteraufstellung
Maecklenburg, Albert - s. Liszt (Berlioz)
Mannergesa.ig. Wunsche aus dem Lager des Manner-
gesanges. Von Ernst Schlicht - in: Allgemeine
Mus.-Ztg 23/4
Mahler's, Gustav, judische Mdodicn. Von Max
Brod - in: Musikblatler des Anbruch 10
Marnofd, J. — s. Wagner ~~
Massougues, G. de — s. Berlioz
Melodramma, II, e Pietro Metastasio. Von M. Ca-
legari — in: Rivista musicale italiana 27 1
Metastasio. Pietro -s. Melodramma
Mozart et le jeune Beethoven. ParG. de St.-Foix —
in: Rivista musicale italiana 27,1
-'s Handschrifte'i im Stifte St. Peter in Salzburg
Von Aug. ju.ngivirr ~ in: Mitteilungen der Salz-
burger Festspielhaus-Gemeinde 5
Musik utrd Schule. Von Paul Billow — in: Ztschr
f. Mus. 11
— s. Ursijjn
Musikleben - s. Organisationsgedanke
Musiklebrende - s. Wirtschaftliche Lage
Musikpflege, Die, im Zwange des Notopfergesetzes
Von Eckstein — in: Musikztg 20
- ZeitgenOssische - s. Zeitgenflssische
Musiktheorie — s. Theorie
Niemann, Walter — s. Lambrino
Notopfergesetz - s Musikpflege
Orchesteraufstellung, Reform der. Von Egon Lust-
. garten — in: Musikblatter des Anbruch 10
Orchestermuslker — s. Kritik
Organisationsgedanke, Der, im tfffentlichen Musikleben
Von Georg Gfihler - in:, Rhein. Musik- und
Theater-Ztg 22/3
Pratella, F. Balilla - s. Carissimi 3
Probleme, Die, muslkalischen, der Gegenwart und ihre
Losung. Von Arnold Ebel _ in: Deutsche Ton-
kiinstler-Ztg 353
Redlich, H. F. - s. Berlioz; Zusammenhange
Rolland, R. - s . Voyage
Sarnt-Foix, G. de - s. Mozart
Salzburg. StiftSt. Peter, Handschriften - s. Mozart
Schanb, Hans F. - s. Allgemeiner deutsche Musik-
verein, Der
Scherrer, Heinr. - s. Lautenmacher
Schlicht, Ernst - s.„.M-iinnergesang
Schorn, Hans — s. Ursinn
Schule— s. Musik u. Schule
Segnitz, Eugen - s. Katakomben
Stleglitz, Olga — s. Storck
Slohr, Richard. Von Jos. Lor. Wenzl - in: Neue
Musik-Ztg 17
Storck, Karl f. Von Olga Stieglitz - in: Musik-
padag Blatter 11/2
Theorie. Die Grundlagen der Musiktheorie. Praktische
Kompositionslehre. Von S. Karg-EIert. Soika-
Verl., Lpz Tell i. 6 M. -
Tischer, Gerhard - s. ZeitgenOssische Musikpflege
Tonkunst - s. Wunder
Unger, Max — s. Anschlag
Ursinn der Musik, Vom. Von Hans Schorn - in-
Neue Musik-Ztg 17
Volksschulen - s. Gesangsunterricht
Voyage, musical au pays du passe\ Par R. Rolland
Joseph, Paris 15 fr.
Wackenrodcr, Wilh. Heinr. - s. Wunder
237
»;.
if 1 ;; -
ft' '
3»1-
Wagner. Rich. W.'s universale Bedeutung. Von
Walter Lange. R. Wunderlich, Lpz 2^0 M.
— . Le cas W. La musique pendant la guerre. Par
J. Marnold. Ore's, Paris 3,5 fr.
Wenxl, Jos. Lor. — s. Stfihr
Wlrtschaftlicbe Lage, die, der konzertierenden KBnstler
und der Musiklehrenden, Von Max Chop — in
Mnsikbiattcr des Anbruch 10
Wander der Tonkunst, Die. Von Wilh. Heinr. Wacken-
roder — in: Ztschr. f. Mus. 11
Zcitgecossiscbc Musikpflege, Gedanken uber die. Von
Gerhard Tischer — in: Rhein. Muaik- u. Theater-
Zeitung 22/3
Zokooft unseres Musiklebens — s. Allgemeiner
deutsche Musikverein, Der
Zukunftesorgeu, musikalische von Georg GQhler —
in: Musikztg 19
Zusantmenbange, Musikalische, und Beziehungen.
Von H. F. Redlich — in: Musikbiatter des
Anbruch 10
Q RAMMOPHONE
Spezialitat:
Salon-
Schrank-Apparafe
MSScmu
BERLIN 0. 34
Frankfurter
Allee 337
Pianos
nur erftklalJige.
Harmoniums
258
Aus dem Inhalf der bisher erfdiienenen Melos-Heffe:
Heft I
HERMANN SCHERCHEN . . Gnlr
* HEINZ TIESSE* .~ AnBu ^ fli
HERMANN SCHERCHEN '.
Prof. OSCAR I3IE . .
Prof. ADOLF WEISSMANN, '
PA I L von klenau
Dr. LEICH.TENTRITT
HERMANN SCHERCHEN
nouo Strom r.
'Id SchOntx-r-
isikalisr.ho Porspektiven, I.
r "Wee z. mod. Pinnist«n
i — Kduard Erdni.-mn
. uariiscbw Musik
Bficherbosprochiinjr
■ Zu Hans Pfitzners Astb«tik
d»r muaikalischen Impotcnz
Btidnutend* N<>uerschoiuung.
ULILAC.EN: taksmul.* pm.» s Rup-r-Briefr:,*
(Diwsor Brief iut uns von d.vm dorzeitk-nn Ue-
jitaov. Hurrn Ur. Werner Wolffheim, B«rti n .
'""" -itipV. znr Vertrfentlichuni- Qher-
■ ALTMANN
Jassi
..Das Problem", Lii-d
■orden)
n Ediiard Erdmann in Salcsimilii
Heft II
HEINZ TIESSEN ....
Dr. HUGO LEICIITENTRITT
EDUAKD ERDMANN.
ALFRED DOBLIN . .
DIo Quclk..
" r Musik
; No:
•iwrmusik
Ilialo;
Modorno Klav
Void Muslko,
mil Knlrpso)
Musikahschi? Kiilturfraeon
MusikphysiolofriG
Paul U«kk«rs „Neue Mnsik"
BoaetUondo Nfiuerschoinung.
rptt \r*t? r- i_i- ,.. » - . und Manuskripto
(aus fahak t .sp l .ar 0S „Cymboh n ": iiborsoUt v. Lud. Berger)
Dr. HANS MEKSMANN . .
FRITZ FR[J). WrXDISCW
S1EGMUND PISLING ".
Frof. Dr. ALTMANN . .
Heft III
OSCAR BIE .....
LOKENZ HOLIER . . .
JCRGEN VON DER WENSE
H. W. DRABER . .
ARTHUR NIKISCH
Prof. Dr. ALTMANN
PORTRAIT;
Nikisuh und das Dirigiernn
Nikisch und das Orchestor
1. Dirigiorkunst Art. Nikisch's
Uio Jiiffond, dio Dirigontnn
tind Nikisch
Din Nikiscb-Projrrammn und
der mustkalischo Fortsehritt
Eriritiorunpm tins mniner
Wiener Jugondzoit
Umlnuvondo Kouprsi'hoinunc-
ARTHUR NIKISCT/ (A^d^^au^
„Im Konzorr v. Ow»r Ufc nut StainwsicfaniiDKon
von Burph Spiro, Verlag Julius Bard, Berlin)
HEINZ TIESSRN . . .
S5S 7 K?Bf-. mKI,rsCH:
'CESAR SAERCHIj'GEr' !
Dr. ALFRED DOBLIN . .
Heft IV
. Dor noun St-om, TIL
' fiefi?r's Vortililtoij z. TonalitiH
MusikaJjschu Pprspyktivnn, II.
Amerikanischo Musik
Beinerkunjean oin»s musika-
Iror. Dr. ALTMANN . . . Bod™Wndr> N^morschoinungon
und Manuskripto
BBILAGE: Alfred Mombort: B Biate dos Chaos",
Hans JOrgon von dor Wonso
Heft V
^ZTrESSEN Dor none Strom, TV.
und die Entwiclduiig der
nymphonischen Musik
Bedeutonde Kouorschoinung.
Prof. Dr. ALTMANN
BEILAGE: Itiobard Behind: ..Z^ie^ffSd ,
Manfred Gurlitt
Heff VI
iJJlrAR BYK MatUers Ekatase ein Ver-
Prof. rv. OSKAR BIE . / . . MnJkaihche P 6 r« pe ktiv. n
!.■-!. Dr. ALTMANN Bodout NouorscheTnungeD
■BKluAGEN: Biidnis Gustav MahlS J^d^SS™ 1893
Rni^M^' 6 ^ H.HwmDr. Berliner, Borlin)
Rodms Malderbaste -Portr.WilL Meneelberff's
LnvoroffonU. Brief Ghist. Mahler's in iffirimEl
IDwser Bnof ist mis von dem dorzeitieon Bo-
sitzor, HWJDr. W«rner WoUfhalm.^Beribi-
2Sen w a o d dJ3 tjeSt ZUr V ««"«"*iW«»R M»r-
Heft VII
a! F M "a WRAa\iOFF G ■ * »«»*•«" modom.PM«rifc
K G ON™ttT " " JonSk V °H. l6IRPPri ^ U " d
SUl D L |u C ?'TMANN giVS^ rkeC,a " d6 ^ b —
""• ^^ n - ALTMANN . Bwdoutendo Nouerscheinungen u.
Manuskripto
SIEGMUND PISLING
A. M. AWRAAMOFF
Heft VIII
. Tendonzon modernBr Musik
. Jenseits von Temperierung und
HEINZ 2IESSEN .... Die Zukunft des AllMmrinnn
Prof Dr MTHUvv Deutschen MuslkveremB
„_„.,,„ nnd Manuakripte
BLILAGE : Maskowski, Godicht von Gippius
Heft IX
HERMANN SCHERCHBN . . . D„ T^aUUttaprinzip u.
■die Alpon-Sympltonie von
ROBERT MCLLER-HARTMANN WStilproMpm der
EDUAKD BBDKANN ^T St beiff .,,
OSAR BIE o£™t£ iedCm
?A, &gSS^.-: : : :' SFassau
tu Manuskripto
BEILAGE: A. T, Wegnep „DeiiH> Hoare B i n d braun",
Bra-ao Woigl
259
™™^ISsb!»aiEsffisl''
„_..— «— — — — — — — — """""i
I ERWIN LENDVAI' S |
I KAMMER-MUSIK I
I im ^ 8 rvonN.SIMROCKS: BERLIN-LEIPZIG j
I op. 8 STREICH-QUARTETT in e-moll . • n. 3.-; n. 750 M. |
! op. 11 STREICH-TRIO I B-dur n- 1*>; "■ ^ £ |
I op. 14 STREICH-TRIO II F-dur rt 2--. *■ J £ |
| op. 16 STREICH-TRIO III a-moll n. 2.50; n. 5. 11. ^
I Partifuren gern zur Aniidit . |
1 Die Preiie erhohen iich urn den ublichen Teuerui.flszuld.lag. j
I „Lendvai's Kammer-Miifik "iff Expreffionismus in j
| ' bejahendem Sinne . . . " |
I, wmmmm ummm ±m- F —-~ — — — " — " #
VERBAND DER K0 NZERT1ERENDEN KUNS1 LER DE^HLANDS^
Xemelnntuilge KonzeriableUung: Berlin W 57, Blume d I0DIUHKrasI
All" Rabatte werden den KOnstlern gutae-bracM
W. 9 - PotsdamerstraBe 21
Breitkopf & Harte^^^ berhn und ^^ ^
Pianos • Harmoniums
Huge!
mr- A T5vtf A" Dr. Bordiardt & Wohlauer
TAiU A FEK TIGSTELLUNG ALLEIl MCSIK-AUFTJIAOE
NOTENSCHRBI BJB * n ^^ ^.
rlottonbMK 4, Wiolandstr. 40
99*
Komposition
240
M ' F l l fun dieJJlafkf ifett and four? . •
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Copyright 11120 In* X'otn-mlorff & Moll Uurliii-Wuissousn-
yotwnbt.ilaRo zu ,'Mulos* 10. Heft.. Juli 1J120.
debliafltf mil cte'defticfejt, gfscJj tic/ft tus^ie??.
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«.«inktio.:: liL-rlfn-W.-ifionsi-o, IWlin.-r All.- 71. I-VmniF: t\Vs. U'l
Pivis dos K:inz<(lhi'rt.'S Mk. L'.4)J F .iiH Vi.-rMj.-Abimii. Mk. lli. -. - 1
isulh'ii, Uimh- u. Musiltiilli.'ittwitKlliiiiK'in, sowiw dirufet vom Wrlni:.
, ^Vtt'shad frier SlraUc *,. - J-Vninir: I'lab-bur- s.SL'7.
- Wrhifi: Btirliti-Woilii'iisoc UorliiuT Alloo 71, hVnimr; U\. I'.'ii
■ uzIjntidlirtzi.K vi.-rUdjiUirlidi Mk. 1".-. - Nin-lidrui'k vorl..-!mli..n.
Nr. jj
Berlin, den 16. Juli 1920
I. Jahrgang
INHALT
„Neue Klaflizitaf?"
HERMANN 5CHERCHEN Das Tonalifatsprinzip und die Alpenfymphonie
von Richard Sfraufr II.
Dr. HUGO LEICHTENTRITT .... Die faktlofen, freien Rhvfhmen in der alten und
neuen Mufik
Dr. ADOLF .ABER Zukunffsaufgaben der Operninfzenieilitig
OSCAR BIE Pantomime -
Dr. HEINRICH KNODT-WIEM . . . Wiener Konzerfleben in der Gegentfart
Preisausfdireibung des New Yorker Sdiumann-Clubs
Prof. Dr. WILHELM AITMANN . . Bedeufende Neuerjdieinungen und Manujkripfe
NOTENBEILAOE: Heinz Tieflen: „Reinigung"
JMELOS'
in einer Luxusausgabe
erfcheinf monaflich einmal im Kunffverlag
FrifcGurlift, Berlin W 35
,.Neue Klaffizifaf"?
M.
Am 20. Uanuar diefes Jahres wandfe Jich Ferruccio Bufoni an Paul Becker in
emem Briefe, der aus Anlaj5 der Becker-Pfifsner'fchen Polemik gefchrieben dann mif
der IDberfchriff „Neue Klaffiziiat" in der Frankfurter Zeifung zur Veroffenflichung gelangfe.
Es fcheinf unbegreiflich, daj3 die mufikalifdie Welf von diefem Schreiben kaum Kennfnis
genommen hat fro&dem einer der fiihrenden K^ajtler hier ein innerffes Bekenntnis
abl^£*. Nicht mif einem Fur — oder — Wider enfgegnet Bufoni Becker-Pfitjner, fondern
formf in Worte, was Jeine letter Werke andeufefen: eine innere Wandlung zu zufammen-
faffend-prdnendem Kiinfnerfum, voxn Experiment fort zur feelifdien Ruhe und Leichtigkeif.
Horen wii Veine Worfe:
„Zu jeder Zeit gab es — mu£ es gegeben haben — Kiin;tler, die an die
le£fe Tradition fieri klamnterfen, und'folche, die fidi von ihr zu befreien fuchfen.
Diefer Dammerungszuffand fcheinf mir der jtabile zu fein:"Morgenrofe und voile
Tagesbeleuchtungen find perfpektiyijche Befr^chfungen zufammenfaffender und
gem zu' Ergebniffen gelangender Hiftoriker. — Audi die Erfdieinung von
einzelnen in der Karikafur miindeaden Experimenters iff eine ffandige Begleifung
der Evolutionen : bizarre Nachaffung hervor Jprmgenc ; r Geffen jener, die efwas
gelfen; Tro£ oder Rebellion, Satire oder Narrheit In den lefjfen 15 Jahren iff
derarfiges wieder dichfer aufgefrefen; es fallf urn Jo ffarker auf nacb dem Stillffand
der 80er Jahre, der in der Kunftgefchidue rechf vereinzelt da ffehf (und leider
gerade mif meiner eigenen 3ugend znfammen^el). Aber das Allgemeinwerden
der Ulberfreibung — womif heufe bereifs der Aiijfanger debufierf — weiff auf
die Beendigung eines iolchen Aijfoinities; und der nachffe Sdiriff, den der
Widerfpruch fordernd herbeifuhren irup\ iff der. der zur neuen Klaffizifaf ienkt
tinfer einer „]*ungen KlaffizKat" vcrffehe ich die Meifferung, die Sichhmg
und Ausbeufung aller Errunger.|chaffen vorausgegangener Experimenfe: ihre
Hineimuigung in feffe und fchone Formen.
"Diefe Kunff wird alf 'nd neu zugleich fein — zuerff. Dahin ffeuern wir —
gliicklicherweife — bewuJSt und u:.be^pf, willig oder inifgerifferu
Zur „junge:< Klaffizifaf" rechne idi nodi den definifiven Abfchied v~m The-
mafifdien und das Wieder-Ergreijfen der Melodie — nidif im Sinne eines ge-
falligen Motives — als Beherrfcherin aller Sfimmen, aller Regungen, als Tragerin
der Idee und Erzeugerln der Harmonie, kurz; der hdchff enfwickelfen (nidit
kompiizierfeffen)- Polyphonie.
Ein nichf minder VV.'difiges iff die Abffreifung des „Sinnlichen'* und die
Enffagung gegenuber dem Subjektivismus, (der Weg zur Objektivifaf -- das
Zuriickfrefen des Aufors gegenuber dem Werke — ein reinigender Weg, ein
harfer Gang, eine Feuer- und Wafferprobe), die Wiedereroberung der Heiferkeif
(Serenitrs): nicht die Mundwinkel "eefhovens, und auch nidif das „befreierde
Lachen" Zarathuftras, fondern ias Lacheln des Weifen, der Goffheif — Und ab-
jolufe Mufik. Nichf Tieffinn und Gefhuiung und Mefaphyfik; fondern: - - Muffk
durchaus, deffill»erf, niemals unier der Maske von Figuren und Begriffen, die
anderen Bezirken r nflehnf find, i- ?nfchlid:2S Empfinden — aber nicht menfeh-
242
1
lifche Angelegenheifen — und audi diefes in den Ma0en des Kiinfflerifchen j
ausgedriickf. ;
Maj3e des Kunfflerifchen beziehen fich nichf nur auf die Proporfionen, auf
die Grenzen der Schonheit die Wahrung des Gefchmackes — fie bedeufen vor ;.
allem: einer Kunff nichf die Aufgaben zuerfeilen, die jaufier ihrer Nafur liegen.
(Beifpielsweife in der Mufik: die Befchreibung,)" ■;
Ferner:
„Ich glaube ferner, daj5 es wohl Unferfchiede in den heutigen Kompofifions-
verfuchen gibf — namenflidi'Unferfdiiede der Begabung? — , nidif aber Kliiffe,
die fie frennen: ich glaube, daj3 fie rniffamf einander ahnlicher find, als wir ■ i
vermufen, oder uns einreden. (Anders ffehf es mif detn UniEerfchied der Ge-
finnung — )" l
Es gibf ficherlich nidif viel Dokumenfe, die fo fcharf wie diefer Brief den inneren
Weg eines Menfchen widerfpiegeln. Was Bufoni als nofwendiges Ziel unferer Kunff
hinffellf, iff an der Wandlung feiner'Perfonlichkeif langff fichfbar geworden, Ein fidi- ;
felbff - Deufen, \ i ch in - Worf e - einfangen i m b eff en Sinne iff diefer Brief, nichf
aber erne Erkennfnis und Klarung. Es gibf in den heufigen Kompofifionsverfuchen
Kliiffe, die von einander frennen. Es gibf diefen ungeheuren Verfuch zu einer Neuordnung ■
des Tonmaferials, den Schonbergs und Bela Barfoks Schaffen darffellf. Selbff wenn [
wir fo ganz die heufige Welf vergeffen, unfere Umgebung, wie Bufoni, bleibf diefer \
Unferfchied im Sdiaffen, Wohl enffcheidef lefjfen Endes nur Echfheif und wahre Kraff, ; ;
gleich, wie fie f:ch auj5ern mogen; wir gleichzeifig lebende Kunffler reden heuf aber .:
verfchiedene Sprachen. Dies mag ein Ungliick fein und Verwirrung fiir die Kunff zur \
Folge haben, wird aber nidif durch Bufonis kunfflerifche Darffellung und Auslegung
feines Enfwicklungsganges zur Lofung gebrachf. Hier iff der Weg eines Menfchen, das ..
gegenfeifige Abfonen feiner Kraffe, ihre Sfabilifierung — dorf brichf alfe Ordnung nieder,
bauen fchopferifche Kraffe an einer neuen. Gemeinfam iff aber dem alien: es iff Gefchehen.
das aus einer fferbenden Welf herkommf, das mif heij5er Gluf in Zukunff faffet aber j
nichf mehr Wirklichkeif erreichf. Die Welf um uns iff neu geworden: wiederum \
einmal haf der Menfch fich auf fich befonnen, beffimmf er die MajSe aller Dinge; nichf '
kunfflerifche Kraffe werden zunadiff fiihren, Energien, von diefer Zukunff erffmalig in ■
ihm enfbunden bilden neue Formen der kunfflerifchen Kraffe. Nichf neue Klaffizifaf, ■
nichf Schonberg und Bela Barfok — iiberhaupf nichf diefe verfeinerfe, an zu vieler ••
Gehirninfenfifaf krankende Kunff; ein neues, einfach- monumenfales Schaffervaus fiefffem *
Gemeinfchaffsgefuhl erwachfen, im Volksgefang verankerf, wird die Zukunff der Mufik j
fein. Diefe Enfwicklung gehf an uns vorbei — wir alle find nodi mif den Wurze'* j
fafern der fferbenden Welf verbunden. Heuf aber friff neues Fordern an uns heran, j
erfahrf Kunff ihre Wiedergeburf. Deshalb ffirbf fie als hochffe Bliife einer ver-
finkenden Vergangenheif, wird aber in ihrer neuen Geffalf dyonififch machfvoller
Einfachheif ein. zweifes Mai die myfhoshaff umfpannende Kraft fiefffen Allgemein-
empfindens gewinnen.
Hermann Scherchen.
243
MWH
MraniiM'jpusvmii^iipM
W ]
$i
Das Tonalifafsprinzip und die Alpen-Symphonie
von R. Straus
Von Hermann Sdierdien.
II.
AUe fhernafifchen Bildungen der AlpenfVmphonie zeigen die abfolufe Herrfchaff des
Tonalen und gauze Parfien des Werkes beruhen auf den einfachffen Kadenzierungen;
fro^dem ffellf fidi keine Ermiidung ein, wirkf diefe Einfachheif nur als Selbffbefchrankung.
Die Gliederung des Werkes iff klar und eigen, und die Unferfeile zeigen eine Menge
reizvoller Unregelmaj3igkeifen: Perioden-Verkiirzungen und -Zufammenziehungen, fowie
Dehmmgen, die alle beffafigen, welche Fulle von kiinjflerifchen Moglidikeifen das Tonale
in Jich birgf.
Melodik. Was kier eingewendef werden muj5, iff, da]3 bis auf wenige Sfellen dem
Sfrauj5-Kenner Haupf- wie Neben-Linien des Werkes verfrauf find. Hier radif fidi die
Befchrankung im Tonalen; denn bei feinem nofwendigen Projizieren der Zufammen-
klange in die Horzzonfale ergeben Jidi eben kaum neue Moglikeifen.
Eine der innigffen Melodien, die Sfrau£ je gefchrieben haf, iff das Oboe-Thema
(Seife 81, „Auf dem Gipfel"; Beifpiel 1).
Wie die Dehnung im driffen Takf den Mofiv-Abfchlu|5 zur Lofung madif, aus der
heraus Jidi die Melodie immei innerlidi frunkener emporrankf, bis endlich das leuchfende
a der Okfave erklommen iff — das gewinnf nodi an Reiz in der Wiederholung. Durdi
Eefflegen auf rhyfmifchen Sdiwerpunkfen wird alles was beim erffen Male ziffernd innig
war, voll fiefffer Warme, daj? diefe feine Melodie eine Emofionsmoglichkeif in fidi vor-
bereifef, zu der dann das uberffrome.; de Hin jubeln (Beifpiel 2) nur adaquaf e Auslofung wird.
lijberfragen wir die erffen drei Melcdiefdiriffe diefes Themas in die Okfave, (Bei-
fpiel 2a), fo ergibf fidi eine Armuf, die faff unverffandlich madif, woher in der SfraujS'fchen
Formulierung ihre ungeheure emofionale Kraff kommf. Das erfve Erweifern des Me-
lodiefchriffs zum Noneninfervall, und danr das jauchzende Sfiirmen des %~ fixieren
den ganzen Umfang, den das Thema weiferhin durdifdireifei, fo da£ alles weifere nur
Ausffromen und feelenvolles Hingeben iff (nur mehr Sekunden^rhriffe, die erff in drei-
maligem Anlauf gewinnen, was das ™ fidi gewi)'ferrnaf5en „herabgezwungen" haf).
Harmonik. Das Werk bcginnf mif dem abwarfs finkenden Mofiv A, das von der
erreidifen Quarfe ans fieben Male weifer fallf und erff auf dem Contra B zur Rune
komrr.f. Die dabei durdiiaufenen Tone d^s melodifdi. Moll bleiben aUe liegen, bis a».if
den Ubergang von der groj3en ^ur kleinen Okfave, wo B und das kleine des ausfallen,
fo daf3 b-moll fidi unferhalb des As bis Ges erffreckf und erff oberhalb des es wieder
*) Wir konncii hicr nur Einzehies licivorlitben und «ubcu clubei jcdcs Mai die Scitcnzahlcn der klcincn
Partituransgabc an.
244
-^yyv;.
aufgenommen wird. Durdi diefe Sdieidung und den inmiffen liegenden gro£en Drei-
klang auf As ixitt kein klares b-moll hervor und fchwirrf die Subdominanfe mif ihrem
Akkord Jforend dazwifchen. (Beifpiel 3).
(An diefer Sfelle fei geffaffef, einige allgemeine Worfe iiber SfrauJ5' Harmonie-
Erweiferungen zu fagen: 'Da es fich fur ihn nichf um Durchbrechen der Torialifaf handelf,
bleiben audi feine neuen Klangzufammenfaffungen in deren Rahmen. Off findef er fie
als Ausdruck fur Timbre-Empfindungen, meijff aber als Mehrdeufigketf des Harmonifchen.
In le£ferem Falle erweiferf er die Klangverbindungen Jo, da]3 er z. B. in Quinf-Verwandf-
fchaff ffehende Akkorde gleichzeifig erklingen laj3f; dadurch fiihrf jeder der beiden
Akkorde fein kadenzierendes Verhalinis mif fidi und es enfffehf eine innere Spannung,
die efwa an Sfelle der fruheren Diffonanzen zu fe&en ware).
In unferem Falle erklingen gleichzeifig b-moll, es-moll und der Akkord auf der
fiebenfen Sfufe von nafiirlith b-moll, fo da£ das Thema B von unferem Zufammenklang
gefragen wird und erff der fcharfe d-moll Akkord mif dem anfchliej3enden Riichgang
diffonierend hervorfriff. Die ganze Einleifung (Lenfo) iff auf diefer Mifdiung von b- und
es-moll (refpekfive Ges-dur) aufgebauf.
Seife 55 („Auf blumige Wiefen") haben wie ein Beifpiel der Einfiihrung harmonie-
fremder Akkorde auf Grund von Timbre-Empfindungen: iiber dem pp. (Violoncelli) in
rein Khdur aufffeigenden Thema I (bei dem die rhyfhmilche Verfdiiebung um einen haiben
Takf zu beadifen iff!) finken Sepfimenakkorde chromafifdi abWarfs (gedampffe Violinen),
filbernen Flimmer und Duff ergie]3end. (Beifpiel 4).
In der Seife 65 beginnenden Durchfuhrung („Dureh Dickidif und auf Irrwegen")
kommf voriibergehend das Konfrapunkfifdie in jener dominierenden Weife zur Geltung,
auf die wir bei der Befprechung Schonberg's hingewiefen haben.
„Gefahrvolle Augenbliche" (Seife 79) bringen folgendes: die zweifen Violinen halfen
harfnackig gis und a nebeneinander; durdi die dazu erklingenden Mofive wird das eine
Mai gis als fremder Ton ausg'edeufef (dazwifchen in den Hornern rein D-dur), das andere
Mai a, indem gis hier als as verffanden wird. In diefem Falle haben Klangfarbenvor-
ffellung fowohl als audi Programmafifdies bei der Konzepfion- eingewirkf. (Beifpiel 5").
Der wehmiifig finnende Zauber der „Elegie" (II), Seife 105, beruhf auf forfwahrender
Mijchung von fis-moll und F-dur, indem Akkorde beider Tonarfen beffandig wediieJnd
ausgedeufef werden.
Au£erff inferefjanf iff „Sfille vox dem Sfurm" (Seife 107), wo der Einf riff des h-moll
Akkords dem cis der Klarineffe zunadiff jfreien Vorhalfscharakfer zu verleihen Jfcheinf,
wahrertd fich aus dem cis iiber dem gehalfenen h-moll der Elegie-Anfang in rein fis-moll
weifer enfwickelf; fis-moll iff hier nur in der melodifdien Linie gegeben und zu dem
weifer fpnenden h-moll klingf unerwarfef plofjlich f-moll dazu (anffaff des fruheren F-dur
— fiehe Seife 107 — indem hier weifer abliegende Melodieelemenfe direkf verbunden
werden). Ue^f ergibf fidi anfchliejSend eine Keffe von diffonierenden Zufammenklangen,
indem der inneren Logik der Melodie gemajS Akkorde einfrefen, ohne daf5 die voraus-
gehenden Zufammenklange aufgehoben worden waren. (Eine Parfifurffelle, die genaueffe
Beadifung verdienf und uns fcharf auf neue Erweiferungen des Harmonifchen hinweiff).
(Beifpiel 6). Ferner die Melodiefiihrung im BaJ3, die faff gewalffam <„mif zufammenge-
biffenen Zahnen") nadi d-moll kadenzieren will, Wahrend die erf fen Violinen unbewegf
das ziffernde b feffhalfen. (Beifpiel 7).
Die Gesvifferparfie (Beginn Seife 114) iff befonders an Zufammenklangmifduingen
reich, die doppelfe Deufung zulaffen, ahnlidi dem anfanglich gezeigfen Bei(piel (Einleifung
der Symphonie, „Lenfo") doch finden fidi hier kaum Falle, die neues zu dem oben
befprochenen hinzufragen.
245
Die wenigen Hinweife zeigen zur Genuge, wie S£rauj5 .— frofs bewujSfeUer Be-
jchrankung im Tonalen — erne Menge unerfchopffer Moglichkeifen dem Maferiale ab-
zwingf und daminbeweiff, daj5 trots des Hinausdrangens fiber die Sdiranken der Tonalifaf
hinaus nodi voiles, nur vielleidhf fchon uberreifes Leben in dem bisher einzigen mufi-
kalijchen Kunffprinzip, der Tonalifaf, pulfierf.
Beifpiele:
Mj^%^'' *
246
Die fakflofen, freien Ryfhmen in der
alten und nelien Mufik
Von Dr. Hugo Leichfenfrift
Standig Find die regfamen Geifter unter den Kiinftlern auf der Wacht, um durch neue, oder
wenigflens vermeintlich nette technifche Verfahren die Wirkung ihrer Schopfungen zu verfeinern
oder zu verftarken. Dabei wird nicht felten dem Kundigen offenbar, daB Ofter als weniger unter-
richtete Beurteiler glauben m&gen, ein ganz „modernes" Verfahren anknupft an frtthere, langft
verfchollehe Praxis. Als ein kleiner Beitrag zu dierer Erkenntnis mOge heute ein rhythmifches
Problem in KUrze erOrlert werden, das gerade in unferen Tagen beginnr, in der Mufik unferer
fortfclirittlichften Techniker eine bedeutfame Rolle zu fpielen, namlich die taktlofen, freien Rhythmen.
Mit Taktwechfel, Synkopen, Vorhalten, Bindungen, Akzenthaufungen und -verrchiebungen
bemuht man Hen um feltfame, auBergew&hnliche rhythmifche Wirkungen, die zumeift in einem
verwickelten und kraufen Notenbild aufgezeichnet werden marten, weil unter Syftem der takt-
maBigen Notierung fur fie keinen Raufn gewahrt. Hier und da ift fogar gewagt worden, den
Taktftrich fo gut wie ganz verfchwinden zu laffen, wie dies z. B. Bufoni in feiner zweiten Sonatine
ganze Seiten hindurch tut. Auch bei dieren Beftrebungen dOrfte Klarheit in den Abfichten,
Syftem, theoretifche Begrtindung der neuen Technik fOrderlich fein. Ein Studium derjenigen
alten Kunft, in der diefe Technik der freien Rhythmen fchon mit einer oewundernswerten
Virtuofitat getibt worden ift, dUrfte auch ftlr unfere fortfchrittlichften Zeitgenoiren kein nutzlofer
Zeitvertreib rein.
Der gefamten alteren Mufik (mit Ausnahme der nicht mit Noten gerchriebenen Orgel- und
Lautentabulaturen) irt der Taktftrich unbekannt. Er bUrgerte fich erft nach 1600 ein, als' man
anfing, die gedruckten Sh'mmhefte durch die frOher nicht verwandte Partitur zu erganzen. Der
Taktftrich dient einmal als ein auBerliches Orientierungsmittel, eine Hilfe fUr das Auge beim
zufammenfaffenden Leferi der Partiturzeilen. Seine zweite, noch wichtigere Bedeutung ift aber
die Markierung des TaktmaBigen im neueren Sinne. Mehr und mehr wendet rich unter feiner
Beihilfe die ganze MuHk nach 1600 von den freien Rhythmen ab, den gebundenen, regelmaBigen
Rhythmen zu. Sie Ttammen eigentlich von Marfch und Tanz her. So wird die gefamte MuHk
rchlie'Blich von Marfch- und TanzmaBigem bis zum auBerften MaBe durchfetzt. Ober diefer den
letzten Generationen anerzogenen GleichmaBigkeit, Symmetrie der Rhythmen haben unfere Mufiker
fchiieBIich die Reize und Feinheiten der taktlofen freien Rhythmen vollft&ndig verlernt.
Der Geift der neuen Tonkunft verlangt jedoch gebieteri[ch eine, wfcnn fchon nicht an-
dauernde, fo doch zu mindeft zeitweilige, mit Beherrfchung und bewufitem KOnnen ausgettbte
Befreiung von der Tyrannei des Taklftriches. Lernen wir die den freien Rhythmen eigentum-
lichen SchOnheiten von der MuHk des Mittelalters, der alten Niederiander, der Orientalen.
Der Fall liegt verhaltnismaBig einfach bei der einrtimmigen Muhk, zumat bei der Vokaf-
mufik mit unterlegtem Text. Der gregorianifche Choral in der katholifchen Kirchenmufik bietet
die FUUe der Belege filr die ftarken Wirkungen, die fich aus emer auf Kraft undFeinheit der
Deklamation geftellten Melodik herleiten, einer Melodik, die fich dem Zwange des regelrecht
durchgefOhrten Taktes grundfStzlich nicht fugt.
Verwickelter wird das rhythmifche Problem im poiyphonen Satz, wo mehrere felbftandige
Stimmen zugleich erklingen, ohne daB He durch einen alien gemeinfamen Takt rhythmifch uniform
find. Dabei gibt es im Einzelnen wieder vielfache Abwandlungen. Es kOnnen z. B. verfchiedene
247
Takte in den verfchiedenen Stimmen gleichzeitig erklingen,
zweiten, s /r in der dritten Stimme.
etwa *U in der erften, Z U in der
*u
1 1 1
jl 1 J J J i j \ J J
*u
1 1 1
J J J 1 J J J 1 J J J
3 /8
J PI J p
J PI J Pi J PI J Pi J PI J P
Diefe Kombination ergabe nach je zwolf Vierteln einen gemeinfamen Taktanfang aller drei
Stimmen. Es handelte fich dann um einen groBen 1J /4 Takt. Alfo 3 Takte i 'i = 4 Takte
?, U — 8 Takte n ',. Solch eine Taktkombination kann man naturlich im Chor oder Orchefter
nicht dirigieren, indem man A !* oder :) U oder 'U fchlagt. Man muB ilberhaupt auf „Taktfchlagen K
verzichten, und dirigiert am beften nach ganz alter Manier, indem man nur die Achtei fchlagt,
in kurzen Schlagen hin und her, ohne guten oder fchwachen Taktteil zu markieren. Jede der
drei Stimmen faBt den Achtelfchlag anders auf: Die errte Stimme fingt auf <*icht Achtelfchlage vier
Viertelnoten. Die zweite Stimme fingt auf techs Achtelfchlage drei Viertelnoten, die dritte Stimme
auf Techs AchteUchlage 2 mal n s. Ohne Schwierigkeit gehen die verfchiedenen Takte zufammen.
lit der groBe '- t Takt durchmeffen, To kann durch einen ftark inarkierten Niederfchlag angezeigt
werden, daB alle drei Stimmen nun gleichzeitig den nachften groBen l -U Takt beginnen. Kom-
binationen wie die hier als Beifpiel angefilhrte bringt zum Beifpiel die altefte franzOHfche Motette
des 12. und 13. Jahrhunderts mit groBer Vorliebe, ciabei in naiver Luft am feltfamen Durch-
einander ganz verfchiedene Texte, ja verrchiedene Sprachen in den einzelnen Stimmen durch
einander mengend. So fingt die Oberftimme etwa ein franzofifches Liebesiied, die Mittelftimmen
ein ausgelaffenes Tanzlied mit ande'rem Takt und anderem Text, der BaB einen geiftlichen
lateinifchen Text auf einen gregorianilchen cantus firmus. Die oftmals burlesken, witzigen,
virtuos gefetzten „Quorilibets" des 15. und 16. Jahrhunderts gehoren auch hierher.
Das eigentumliche Spiel der freien Rhythmen kommt noch Itarker zur Geltung, wenn auch
die einzelnen Stimmen nicht mehr in einem beftimmten, fortiaui'enden Takt rich bewegen, fondern
nach unferem Begriffe ohne eine fefte Taktordnung im haufigen Taktwechfel etwa */■», 3 / 4 , 4 ,4,
T /^ K U hintereinander. Dann ergibt rich im Enfemble der Stimmen jenes fur die altnieder-
Iandifche Tonkunft fo uberaus bezeichnende ruhige Auf- und Abwogen des Rhythmus: Betonter
Taktteil in einer Stimme gleichzeitig mit unbeiontem in der anderen, ein afthetifch entztickendes
Spiel der Akzente, das fUr das Ohr etwas ahnlich faszinierendes hat, wie das Wogen der
Wafferflut far das Auge. In meiner Ausgabe von 38 mehrftimmigen Liedern deutfcher Meifter
(bei Breitkopf & Hartel) und Monteverdircher Madrigale (Edition Peters) habe ich verfucht, die
eigentumlichen rhythmifchei Wirkungcn dieler Satztechnik durch die Art der Notation dem Auge
klarzumachen. Der nivcilierende, brutal ein[chneidende, regelmaBig durchgefUhrte Taktftrich in
alien Neuausgaben alterer mehrftimmiger Mufik zerftort diefe Eigentiimlichkeit, diefen feinften
Reiz der alien polyphonen Kunft. cine lange Erfahrung hat mien gelehrt, daB es moglich ift
alle diefe erlefenen rhythmifchen Wirkungen klar zu Gehor zu bringen, wenn der Dirigent fach-
kundig ift und die Sanger in der ihnen ungewohnten Aufgabe unterwejft. UnmOglich zu fagen,
in welchem Takt lange Strecken einer richtig. gefungenen Meffe von Paleftrina Itehen. Die
Stimmeinratze uberfchlagen einander, wie die Weilen eines HieBenden Gewaffers. Diefe Itarke
Verwicklung des kontrapuriktifchen Geflechts hatte niemals ein Tonfetzer erfinnen konnen, detren
Klangvorftellung vom Syftem unferer Taktordnung eingeengt ift. Die hochfte rhythmifche
Frciheit vereint fich hier mit der groBten Klarheit im Auffaffen der verwickeltften kontrapunktifchen
Kombinationen durch das Ohr. Ich habe keinen Zweifel, daB auch in der mehrftimmigen mo-
dernen Mufik die Befreiung von der Vorherrfchaft des Taktftrichs zu einer Ftille neuer, ferfelnder
Wirkung fiihren kann, auf die eine durch regelmaBigen Takt gebundenc Phantafie tlberhaupt
niemals verfallen durfte. Jede neue Technik eruffnet einen Blick auf neue Moglichkeiten, und
243
gerade das Gebiet der uiigebundenen Rhythrheti verheiBt eine groBe Fulle reizvoller und ausdrucks-
reicher neuer Klanggebilde. Zudem dlirfte gerade die vom alten engen Tonalita'tsbegriff los-
gelofte neue Harmonik auch einen neuen ihr beffer en'Tprechenden rhythmifchen Rahmen ver-
langen, als die fretig durchgeftlhrten TaktrmiBe darbieten. Es zeigt fich auch hier wiederum die
Tchon verlchiedentlich beobachtcte Annaherung des Primitiven an das Raffinierte Moderne. Einer
der feltfamften und ftarkften mufikalifchen Eindrilcke meines Lebens war die Auffilhrung von
Werken der franzbTirchen Primitiven des 12. r und 13. Jahihunderts (Leoninus, Perotinus u. a.) in
der Sainte Chapelle beim letzten KongreB der Internationalen Muu"k-Gefelffehaft in Paris, im
Mai 1914. Die HOrer waren im htfchften Grade erftaunt ilber die fait barbarifch ftarke, ur-
wUchfige Wirkung dieter freien Rhythmen in Verbindung mit den ftetig rich wiederholenden
Quarfen- und Quintengangen, den Sekundenzufammenklangen diefer Mufik. Allgensein hieB es,
hier wSre eine frappierende Ahnliehkeit mit Schonberg's Mufik offenbar.
Wird hier auf die freien Rhythmen als Quelle neuer Wirkungen hingewiefen, fo ift diefe
Empfehlung natttrlich r icht fo zu verltehen, als ob fur die neue Mufik der Takt und Taktftrich
Uberhaupt vOllig ilberholte Begriffe w3ren. Ich halte daftir wie auch beim Harmonit'chen bei der
freier behandelten oder fogar bisweilen ganz aufgegebenen Tonalitat, bei neuen formalen Ideen
und dergleichen, daB die Neuerung nicht To fehr als Zerftbrung des Beftehenden aufzufaffen fei,
fondern vielmehr als Bereicherung. Das Heil liegt nicht im Oberlchatzen neuer Kunftmittel und
deren ausrchlieBlicher Anwendung zu Ungunften fchon bekannter und bewahrter, fondern in der
Bereicherung durch Hinzuftigen neuer Mittel zu den alten. Die neuen Mittel kOnnen dann nicht
nur durch fieri allein wirken, fondern auch durch den Gegenfatz zu den alien, in mannigfachften
Verbindungen mit diefen wiederum zu einer Sonderklaffe neuer Wirkungen fUhren, um die man
Mrmer ware beim ausfchlieBlichen Gebrauch der neuen Mittel. Atonalitat braucht Tonalitat nicht.
auszufchlieBen, ebenro wenig wie freie Rhythmen den Takt. DieTyrannei des Taktftriches durch
die neue Tyrannei der freien Rhythmen zu erfet2en ware zweifelhafter Gewinn. Mit Befonnenheit
und Verftand Ttudiert und verwendet dllrften die freien, taktlofen Rhythmen zeitgemcLB und
kunftfOrdernd fich erweifen.
M9
Zukunffsaufgaben der Opernlnfzeraerung
Von Dr. Adolf Aber.
Zu diefer Sfunde la£f ficti kaum eine Vermufung dariiber aufffellen, ob unfere
Opernbuhnen lebensfahig bleiben werden. Nodi bringf jeder Tag faff die Nachridtf
eines Millionendefizifs, das zu decken niemand in der lage iff, da die Einfriffspreife
langff ihre Hochffgrenze erreicht wenn nichf uberfchriften haben, und weder die Sfadfe
nodi der Sfaaf einzufpringen vermogen. Der einzige Ausweg die Biihnen lebensfahig
zu halfen, iff vielleichf die Griindung grower Theafergemeinden, wie fie je&f vielfach in
die Wege geleifef worden iff. Wie dem aber audi feil Ganz ficher iff auf jeden Fall
nur eines: DajS unfere Biihnen zu groj3fer Sparfamkeif gezwungen fein werden.
Jeder Biihnenleifer wird jeden einzelnen Poffen feines Efafs nadizupriifen haben und
kein Miffel unverfuchf laffen diirfen, um jede Ausgabe auf das Mindeffmaj3 zu be-
Jchranken. Einem niidifern denkenden Menfciien kann nichf zweifelhaff fein, welche
Poffen des Efafs von diefer nofwendigen Einfchrankung am harfeffen gefroffen werden.
An Gehalfern und Lohnen wird fich nidif viel erfparen laffen. Denn fie geniigen, fro£
ihrer befrachflichen Hone, kaum dazu, um einem gro$5en Teil des Perfonals den Lebens-
unferhalf zu fichern. Eingriffe an diefer Sfelle des Efafs wiirden zweifellos foforf
biffere Lohnkampfe und Sfreiks' hervorrufen. Dem Biihnenleifer bleibf alfo nur ubrig,
die Ausgaben fiir die Infzenierung herabzumindern. Diefe Nofwendigkeif
ergibf fiir die Zukunff unferes Infzenierungswefens zwei Moglichkeifen: Enfweder
man verzidifef iiberhaupf auf Neuinfzenierungen und behilff fich mif dem vor-
handenen Fundus, fo lange es eben irgend gent Es iff wohl kaum nofig zu fagen,
wie gefahrlich ein foldies Beginnen ware. Ganz abgefehen davon, da]3 bei vielen
Theafern fich fchon heufe der Fundus in einem wahrhafi erbarmungswiirdigen Zuffand
befindef, miij3fe fiir alle Theafer, audi fur die vorlaufig nodi fehr guf ausgeffaffefen
ehemaligen Hoffheafer in abfehbarer Zeif der Tag kommen, an dem fie fieri dem Nichfs
gegeniiberfehen. Audi die koffbarffen Profpekfe vergilben und die laubreichffen
Biihnenpflanzen enfblaffern fich. Befchreifef ' man diefen Weg, fo fehe ich den Tag
kommen, wo auf alien Biihnen z..B. der zweife Akf der „Meifferfir.ger" nichf mehr in
der Johannisnachf, fondern am Sankf-Nikolausfag fpielen wird I
Viel fdilimmer nodi als diefe auj5ere Folge des Ifarren Klebens am alfen Fundus
wiirde die Wirkung fein, die eine derarfige Enfwicklung der Dinge in ideeller Beziehung
austiben miij5fe. Unfere Regiffeure wurden jede Freude an ihrem Beruf verlieren und
zu volliger Unfafigkeif verurfeilf fein; mif ihnen die fechnifchen Buhnenleifer, die
Theafermaler und Beleuchfer. Gar nidif abzufehen iff ferner die Wirkung folcher ewig
gleichbleibenden und im Laufe der Zeif ganzlich verfallenden Infzenierungen auf das
Publikum. Man unferfchafse nichf den Anfeil, den das Publikum an der Infzenierung,
auch am Siihnenbild allein, zu alien Zeifen nimmf! Eine gufe Infzenierung enflajfef
alle Mifwirkenden ganz erheblich; es erfdieinf mir alfo vollig ausgefchloffen, daj5 Darffeller
inmiffen einer infereffelofen, hunderfmal bekannfen Dekorafion das Publikum immer,-
in gleidier Spatmung zu erhalfen vermogen; ja, es iff mir auch zweifelhaff, ob bei
ihnen felbff dann geniigend Anregung vorhanden fein wird, ihr Beffes zu geben. Das
Bewu^ffein, da(3 die Auffuhrung in einem fo wichfigen Teile, wie ihn die Infzenierung
darffellf, veralfef und unvollkommen iff, wird fie in vielen Fallen bedrucken und an der
vollen Enffalfung ihrer Kraffe verhindern. — Aus alien diefen Erwagungen heraus
mochfe ich es fiir eine fchwere Gefahr halfen, wenn man der Nof der Zeif einfach in
der Weife Redmung fragen wiirde, daJ5 jede Neuinfzenierung unferbleibf, b*s einmal
wieder „beffere Zeifen" kommen. Niemand kann fagen, wann das fein wird; und.es
250
mmmmm
beftehf auf aile FaUe die groge WahrfcheinUchkeit dag bis dahin unfer Infzenierungs-
wefen ganzlich ruiniert ift.
Es bleibf alfo nur ubrig, den zweiten moglichen Ausweg zu befchreiten: den
13bergang von der Illufionsbiihne zur Stilbiihne zu vollziehen. Ich faffe hier
den Begriff jSfilbiihne weiter als man es ' gewohnlich tut. Idi meine keinesWegs .nur
die Snlbiihne, wie wir fie etwa in Hagemanns „Giges"-Infzenierung kennen gelernf
haben. Diefe Slilbuhne beruht bekanntlich auf dem Prinzip, eine einzige, der Grund-
ffimmung des ganzen Werkes entfprechende Szenerie zu fchaffen, zwifchen der fich dann
das ganze Drama abfpielt, und die hochftens durdi einige Verfafjftucke Veranderungen
erfahrt. Welche Umn6gli<hkeiten fich da ergeben, lehrt gerade diefe Infzenierung. Es
iff ein landing, daj3 das Zimmer der Rhodope, deffen ftrenge Verjchloffenheif beftimmend
fur das ganze Drama ift, mit den gleidien Mauern wie ein freier Pla|j umgeben ift.
Daj5 fich diefe Art der Sfilbuhne z. B. fiir Opern Schrekers anwenden lieje, will mir
nidit in den Sinn. Wer z. S. mochte fich erkiihnen, eine Szene fertigzuffeilert, die alien
drei Akten der „Gezeidineten" zum Schauplatj dienen konntel Auf diefem Wege wiirde
man mit ziemlicher Sicherheit zu Konzertauffiihrungen im Koffiim gelangen, bei denen
der Schritt vom Erhabenen zum lacherlichen vielfach in bedenklidie Nahe geriicht ware.
Unter Sfilbiihne faffe idi hier alfo alle die Arten der Infzenierung zufammen, die
nicht der Illujionsbiihne im aiien, nafuraliftifchen Sinne des Wortes angehoren. Ich
rechne alfo zur Sfilbuhne audi alle jene Verfuche, mit den Mitteln des Expreffionismus
ein Buhnenbild auszugeftalten. Daj5 in manchen Fallen durdi diefe Mittel die Illufion
beffer erreichf werden kann als durdi primitive, vielfach primifiv bleiben miiffende
naturaliftifche Infzenierungsweife, ift mir wohl bewu]3t.
Dem Verfuch, die kiinfUge Entwicklung diefer Stilbiihne in grogen Zugen zu
fchildern, mug notwendig eine Klarftellung der Vorausfe^ungen vorangehen, unter denen
an die neuen Aufgaben herangetreten werden kann. Da ift es wiederum gut, an die
Sparfamkeit zu erihnern, die das oberfte Gefe£ fur alle diefe Beftrebungen bilden
mu]5. Sie wird zunadift notig machen, dag aller Klemkram von der Biihne verfchwindef,
das ganze Buhnenbild nadi Moglidikeit verkleinert wird und jede Szene nur in ihren
grogen Grundziigen erfagt werden mup. 3a, bis auf die Geftalt der einzelnen Profpekte
'wird diefe Sparfamkeit von grogem Einflug, feinl Jeder Regiffeur wird in ungleidi
hoherem Mage als bisher mit dor Jpateren Wiederverwendung des Rohmaterials
zu redinen haben. Er wird darum nach Moglidikeit anftreben miiffen, Zerftiichelung
oder beftimmfen Zufchnitf des Materials zu vermeiden. Verkleinern lagt fich fpater
leicht, ungleidt fchwerer dagegen vergrogernde Flickarbeit leiftenl So werden mehr
und mehr grogflachige Profpekte an die Stelle winkliger Bauten und Verja^ftiiche
treten. Oder mit anderen Worten: die Arbeit des Buhnenardiitekten und Plaftikers
wird in immer ftarkerem Mage vom Buhnenmaler iibernommen werden muffen. Damit
wirdaudi der Farbe eine viel grogere Wichtigkeit als bisher zufallen. Rein materielle
Farbenwirkungen werden dem Auge manchen plaftifdien Eindruck zu erfetjen haben.
Ich laffe dabei die Frage, wieweif fich insbefondere bei Operninfzenierungen ein Zu-
fammenwirken der Farben auf der Biihne xnit der Mufik erreidien lagt, ganz auger
adit, da Ich perfonh'ch fur ^Farbenhoren" keine Begabung habe. Immerhin ware es
moglich, dag auch diefes Problem durch [eine lofung viel zur Erfullung aller Aufgaben
beitragen konnte. Ganz ficher ift wohl, daj5 nicht alle Werke z. 3. grelle Lokalfarben
auf der Biihne verfragen. Es erfcheinf mil nofwendig, da)3 einem Buhnenmaler, der
Dekorationen fur Opern fchaffen will, nicht etwa die Mufik ein Buck mit fieben Siegeln
ift, und er etwa feihe Dekorationen nur nach den fzenijchen Anweifungen des Textbuches
herftellt, ohne einen Blick in die Parfifur geworfen zu haben- War diefer Zuftand Jchon
2sr
im Zeifalfer der Illufionsbuhne reehf unersviinjchf, Jo wird er im Zeifalfer der Sfilbiihne
fchlechfhm zur Unmoglichkeif. —
Dem riihrigen Leifer des Sfadffheafers in Halle a. S., Leopold Sachfe, gebiihrf
das Verdienff, in Gemeinfchaff mif feinem gefreuen Heifer Prof- Paul Thierfdx den
neuen Weg mif einer Neuinfzenierung von Wagners „Meifferfingern" befchriffen
zu haben. Sicher iff aber gerade bei Wagner das Problem der Sfilbiihne am fchwierigffen
zu lofen. Richard Wagner haf feine fzenifchen Anweifungen nidif nur fcririfflich auf das
Genaueffe niedergelegf, Jondern zugleidi in Bayreufh eine Sfaffe gefchaffen, die bis zum
Kriege die Tradition forfalfig hiifefe: Aber feien wir ehrlich] Nennenswerfe Freiheif
haf eben darum fcein Infzenafor bisher bei Wagners Werken gehabf. Wenn ich an die
verfmiedenen Infzenierungen der „Meifferfinger" denke, die ich in Bayreufh, Berlin,
Miindien, Dresden, Weimar, Kaffel, Stra^burg und Leipzig kennen gelernf habe, fo muj3
ich geffehen, daj3 ihre Giife, was das Biihnenbild anbefrifff, lediglich ein Abbild des —
E'lats der befreffenden Buhne war. Wer fich z. B. im zweifen Akf die meiffen „echfen"
Nurnberger Haufer, die Jchonffen Bu^enfcheiben, den nafurgetreuffen Fliederbufch und
die laubreidiffe Linde leiffen konnfe, der haffe die fchonffe Infzenierung. Wie follfe das
heufe werden, da fich der „Wohlffand" einer Buhne hochffens in einem geringeren Defizif
gegeniiber den anderen auspragf?
Keineswegs iff nun aber die neue Hallefche Infzenierung fo gearfef, das efwa ein
ffilifierfer Konzerffaal zum Schaupla& der Handlung gemacht Borden iff. Verfchwunden
iff nur jeder Naturalismus, jeder Kleinigkeifskram. CJede Szene iff in grof5en Grund-
ziigen erfajSf und mif frifcheffem farbigen Leben erfiillf. Eine fchlechfhin muffergiilfige
©konomie der Miffel beherrfchf das Ganze; die Koffen diefer Neuinfzenierung be-
fragen, wie ich von zuffandiger Sfelle erfuhr, insgefamf efwa 4000 Mark, eine in Anbefrachf
der damif erzielfen Wirkung geradezu lacherlich geringe Summel — Es lohnf fich, die
eiuzelnen Biihnenbilder naher zu befrachfen. Die Kafharinenkirche im erffen Akf: drei
Profpekfe im Hinfergrunde geniigen, um die Illufion eines ragendenDomfchiffes vollkommen
zu machen; der Vorraum ein einfaches Rund, mif hangenden Fahnen, die in der Farbe guf
zu den Koffiimen der Meiffer abgepa^f find, belebf; ganz im Vordergrund ein um wenige
Sfufen fieferliegender Gang mif Toren rechfs und links, den wahrend der Haupffzene die
mif dem Riicken zum Publikum fi^enden Lehrbuben luffig abfchliep'en. — Zweifer Akf:
Niirnberg ! Das ganze Biihnenbild wird beherrfchf durch die Haufer von Pogner und Sachs,
die Mittelgaffe durch eine krumme Treppe und einen Profpekf vollkommen ausreichend be-
zeichnef, ein paar Giebelkuliffen fiillen die Miffelbiihne. Mif geringeren Miffeln iff wohl
nie ein StrajSenbild gelungen ! Freilidi -- fiir die Expref Jionismen diefes Biihnenbildes
fehlf mir jedes Verffandnis; fie find iiberdies unnofig. Zugegeben, daj3 im Niirnberg
der Meifferfingerzeif vie] ifalienifche Baufen ffanden; zugegeben auch, dap" die Zeif fo
farbenfreudig war wie nur eine und daj5 uns bisher immer nur das verffaubfe, vier
Jahrhunderfe alte Niirnberg und nie das Niirnberg der Zeif felbff gezeigf worden iff;
das alles berechfigf einen Buhnenmaler noch nichf dazu, Hans Sachs in ein hermefijch
verfchloffenes Haus mif zwei zu Mauerri&en verkleinerfen Fenffern zu fperren, dem
Pognerhaus Perfpekfiven zu geben, die es als ffark angefaufelf erfcheinen laffen, und
vor allem den Fliederbufch und der Linde die Geffalf von vor finf flu f lichen Sauriern zu
verleihen, die mif ihren zadtfgen Wurmleibern audi einem herzhaffen Mann das
Grufeln lehren konnen. Wer nichf fiihlf, daj3 diefe Malerei zu Wagners Mufik wie die
Fauff aufs Auge paj5f, dem iff- nichf zu helfen! — Hans Sachfens Sfube iff wiederum dazu
angefan, den Schreck iiber die Malerei des zweifen Akf vergeffen zu machen: Auf
engfttm Rahmen ein Zimmer voll fraulichffer Heimlichkeif; die wuchtige Balkendecke
durch einen einfachen Profpekf in kraffigen Farben veranfchaulichf; in der Sfube nur
ein 'filch, ein Seffel, Handwerkszeug und ein Schemel, redifs die fo wichfige, daher auch
252
L
IKfc*^;--.-:
in den Farben hervoru-efende Innenfreppe. — Ein Meifferffiidt iff die Feffwiefe. Breife
Fahnen in frifcheffen Farben umfaffen das ganze Bild, geben ihtn den gr6j3nn6glichen
Ausdruck von Feces' reude. Der Schaupla£ des Weffgefanges im Vordergrund iff von
der Feffwiefe durdt einen breifen rofen Tudirahmen abgefrennf und rechfs und links
von den erhohfen Platen der Meifferfinger und Ziinffe begrenzf. — Zufammenfaffend
iff zu fagen, daj5 diefer Hallefchen Neuinfzenierung der „Meifferfinger" unbedingf
epochale Bedeufung zukommf. Hier iff ein Weg gefunden, der in verheij5ungsvolles
Neuland fiihrf. Diefes Neuland ganz zu erobern, wird freilidi nodi viel hingebende
Arbeif und manchen Kampf koffen. Der aber iff nidif vergebens gefiihrf, wenn es
gelingt frofj aller Nof der Zeif zu einem Buhnenffil zu gelangen, der das Geprage
unferes Zeifalfers fragf und dodi dem Geiff alferer Werke keine Gewalf anfuf. Daj3
diefes Ziel erreidibar iff, haf diefe Hallefdie „ Meifferfinger Mnfzenierung in ihren ge-
lungenen Teilen bewiefen.
99
FAMA W Dr - Bordiardf & Wohlauer
FERTlGSTELLtWG ALLER irUSTK-AUtTIUGE
Koinpoiition . InMtrumentation . Correpotition . Transposition . Aufschroibeu RORotmuar Melotlidn
NOTENSCHREIBEN
Ch^rlottenburg 4, Wiolandstr. 40 Koniijimirliur: Steinplnt.* Kill
253
Pantomime
Von Oskar Bie.
Es hat h'ch eine Kunft herausgebiMet, dafi Menrchen mit ftummer Geberde eine Handlung
darftellen und dabei von Mufik begleitet werden. Aber diefe Pantomime hat eigentlich ntir eine
BHltezeit erlebf, unter ihrem Reformator Noverre, der He aus der Mathematik der Renaiffanee in
das moderne Drama Uberleitete. Heut fcheint Hch wieder etwas zu regen. Es bluhen neue KeiLie
der Gattung. Das Organ dafiir Icharft rich. Die Bltite des Tanzes treibt auch nach diefc Seite.
Aber es hleibt eine Mifchgattung. Ich glaube nicht, daB es jemals noch Epoche machen wird.
Mifchgattungen erheben fich in alien Zeiten, die fiark afthetifieren. Damals herrfchte das allge-
meine liramatifchc Ideal. Heute herHcht der Wille zur Stilifierung. Dann kommei die Mifcn-
gattungen immer an die Reihe, well fie weich find und die gewumchten Formen gern annehmen.
GleichvieJ, He intereriiereh ftark. Man lieft an ihnen Zeitgefiihle ab.
Der menTchliche KOrper empfindet eine groBe Yerwandtfchaft zum Wefen der Mufik, die
fowobl in der Gleiehzeitigkeit, als im Nacheinander ihre Wirkungen erproben darf. Auch Teine
Kunftfchonheit befteht fowohl in der bloBen Exiftenz, als in der Bewegung. Er hat [eine Harmonie
und feim* Melodie. DaB er [einen Rhythmus hat, wie die Mufik, weiB er am allerbeften. So
ftthlt er Hch Ichon Eormell zu ihr hingezogen. Charakterologifch fteht er ihr ebenfo nah. Er kann
ebenfo darftellen, als abfolut fein. Und noch mehr: die Darrtellung deckt Hch in gewiffem Sinne
mit der Abfolutheit, fo wi-2 Hch in der Mulik Ausdruck und Form decken. Ich meine: indcm
der KGrper irgend einem Inhait fich zur.VerfUgung itcllt, kann er doch feine Form niemals ver-
leugnen, und indem er diefe Form darbietet, wird er durch eine groBe Kette von Affoziationen
und Abftraktionen do^hin unJerer Seele einen Klang erwecken. Die abfolutefte Mufik kann heute
nicht mehr ohne Geftthl wahrgenommen werden, und die auBerfte Programmunk drSngt umfo be-
wufiter nach einer Form, je eher die GeEahr befteht, daB fie naturaliftifch auslSuft. Man erkennt
den Parallelismus. In der Praxis iSuft das alles durciieinaisder, To wie es eine jahrhundertelange
Erfahrung mit fich bringt. In jedem Augenblick ift fo viel Form und To viel Inhait, als die Ein-
Itellung unferer Empfindung verlangt, verfchieden beim Darfteller unci nocK verfchiedener beim
Zufchauer, Jfeibft der gleichen Darftellung gegeniiber.
Das ilt die theoretifche Begrundung der Verbindung von Pantomime und Mufik. Die
MOglichkeit zu einer wirklichen Kunf** liegt in der extremen Ausbildung beider Funktionen, der
rein k&rperlichen und der rein touI?chen. Es ift als ob aus der verwirkelten Oper in der Milte
e"in fchwieriges Stuck herausgenommen ware. Es wird alles entfernt, was mit dem Wort zu tun
hat. Die Leute au.f der BUhne fprechen nicht und fingen nicht, fondern bewegen fich nur. Und
die Mufik begleitet nicht das einzelne Wort, wobei fie immer mit der Schwierigkeit zu kampfen
hat, wie fie das Detail mit der Szene verlohnt. Sondern fie begleitet nur die Situation, befchrankt
fich c»!fn auf diejenigen Ablchnitte, die in der Oper fymphonifche Ruhepunkte waren. Wenn
Btckii-f.i.or Jeine Erinneruhg an die Prugelei feiert, Oder wenn Othelio die Desdemona wilrgt, ent-
Itehen auch in der gefungenen Oper Pantomimen, die aus dem Geiuhl gefchaffen find, daB an
d:efen Stellen, eniweder komifch oder tragifch, das Wort die Wirkung herabzoge. Die Pantomime
wachrt dann als ein wortlofer Gipfel aus dem Getriebe cier Handlung heraus. Die althetifche
Steigerung befteht in dem Fortlaffen des'banalen Wortes, in der Isolierung der Extreme Korper
und Mufik. Die Pantomime als Gattung will daffelbe. Sie will den Trumpf der Wirkur^ der
254
in diefer extremen Bhdung liegt. Das hybride Wort wird verachtet. jetzt iaufen die Symphonier!
des KOrpers und des Orchefters im Genuffe ihrer reinen Verwandtlchaft ungeftflrt parallel aeben-
einander her. Aber ich [age: Verwandtlchaft ztlndet nicht genug. Es bedarf der Liebe. Liebe
muB Hinderniffe Uberwinden, Widerftande brechen. Liebe muB die Extreme a;;f einander hetzen.
Zwei Gerchlechter, die rich leidenfchaftlich luchen, die alterlei myltifche AbgrQnde zu flberbrOcken
haben, und allerlei hybriden Vorttellungen Gewalt antun mQf!en, um lich zu genieBen. Wenn der
KOrper und die Mufik fich wahrhaft lieben, find fie nicht mehr Bruder und Schwefter, Tondern
BrMutigam und Braut, luchen die gefahrlichen Zaichen des Wortes in die Gewalt ihrer Leidenfchaft
zu bringen und fie fOUen es von beiden Seiten mit folcher Emphafe und Ueberredung, daB fie es
lieber zerreiBen, als entbehren mOchten. Ift darum die Pantomime Theorie? ■ Es ift in der Welt
merkwiirdig b eft el It, daB die unruhigen Gattungen die Iebenskriiftigen find, !.e die viel gemifchter
find, als die Mifchgattungen, c^e dem Bedtlrfnis des Stils mehr entfprechen, als dem des Lebens.
[ft es nicht fo? Man begreift, daB der Kilnftler, der fur die bloBe Handlung cder Bewegung
fchwarmt, die Pantomime zeitweife kuliiviert. Aber man begreift ebenfo, daB Liebe darfiber weg-
eilt. ScbOnheit ift wenigcr als Uebe.
Ich bin alfo nicht im Ttande zu behaupten ; daB die Pantomime eine unbedingte Zukunft hat.
Aber ich verRehe ihre Bedeutung aus dem ProzeS der heutigen Kunft. In der Jofephsiegende
von Richard StrauB ift die Handlung weuiger auf ein naturaliftifches Drama gedacht, als auf die
Reinkultur der Bewegung. Es gefchieht nichts, was nicht im Raume -ormale Linie wSre. jeder
Teil des Vorganges, jede Szene, jedes Bild wird aus der Vorrtellung gefchaffen, wie ruhige oder
bewegte KOrper, junge und alte, m^nnliclie und weibliche, ; n rSumliche Beziehungen zu einander
zu fetzen lind. Die „GrUne F15te" von Hofmannsthal war nicht anders gedacht, In Licht und
Stellung kombinierten fich Soli und Enfembles von Korpern, vom MSrchenhaften bis ins Groteske
fo mannigfach, daB der bloBe Aspect ein raumliches Gefchehen in fich einfchlofl. Ein Philologe
wiirde an diefer Stelle das Motiv 6ar Verwandlung von Menfchen in Puppen, das in hundert
VerTionen durch die Literatur geht, auf feine Bedeuiung prtlfen: wieweitirtderMechanismusd.es
toten und der des lebenden Korpers kunfrlerifeh in raumliche Zeichen umzufetzen und zu ver-
binden? KQnrUer erinnere ich an Strawinskis Petrufchka. Es war die vollendetfte Geftaltung der-
tiefen Geheimniffe, die zwifchen der Marionette und dem Menfchen walten. FUr den Mufiker be-
deutet es eine unheimliche Anregung nach foIcli:;n raumttchen Bildern zu arbeiten. Hier fpringt
die Verwandtfchaft heraus. Der Bruder da oben lockt die Schwefter da unten. Sie warrnt ihr
Herz und wetzt ihren GeiTt, mit ihren Mitteln, in der gleichen Sprache zj reden. Es geht heuf
eine Luft durch die Dichter und durch die Mufiker folcht Dinge zu machen. Eine Funktion der
Zeii wirkt in ihnen, Beweglichkeit nicht bloB zu Noren, fondern auch zu fehen. Ohne Zutaten.
Vom Kino geht dahin eine Linie. Der Sinn Mr bloBe bewegte KOrperiichkeit, zu der auf der
ande'rn Seite der Welt die Mufik mifklingt, ift e'fie Tugend, vielleu-ht ein Lafter unferer Jahre.
Zum Lafter ift zu wenig Sunde darin. Die Sun f :£. lie^t in der Liebe, in der Oper. Es ift mehr
Formfache, Stil, Haltung, Konveniion. Und daium Bequemlichkeit Ausfchaltung aller lebendigen
Verwicklungen.
Der Triumph des Tanzes ift das fichtbarffe Zeichen diefer Bewegung. In der Pantomime
bedeutet der Tanz den Augenblick des reinlten Forn'.willens. Dann 15ft fich die Darftellung von
jeder naturaliftifchen Forderung und Iebt den Geretzen des KOrpers alHn. Die groBe pantomimifche
KUnftlerin, etwa die Pawlowa, auch Grete Wierenthal hat es in Sumurun ve.rfucht, treunt diefe
Formalifierung niemals ganz von der nachahmenden Darftellung. Sie ftiiifiert die Geberde des
Lebens In die Sprache des tauzenden Korpers, To etwa wie der Gefang die Kebungen und
Senkungen ies Tonfalles in eine Melodie ftiiifiert, bald abtoluter. bald relatives. Das Gehen
Tkandiert fich. Das Stehen bedeutet eine betonte Ruhe. Das Eiien wird zum Sprung UbergefOhrt ■
Jede Leidenfchaft tanzi fici; in einem KCrper aus, der die Bewegung eines plaftifchen Symbols
biidet. Je tiefer aller Naturaiismus- dabei aufgefogen wird, je hoher die Kuliur der. Itilifierten
KOrperlichkeit iebt, defto kunftferifcher ift die Darbietung. Der reine Tanz ift dann nureinHOhe-
255
punkt in der Entwicklung einer Kuntt, die gleichfam die Handlung dazu benutzt, ihn von der Erde
zu entmaterialilieren und ihn in leiner abloluten Idealist zu begrUnden. Wenn die Pantomime
von folchen KQnu^rn getanzt wird, wenn lie niclit bloB im Solo, fondern auch in der Gruppe
dielelbe ErlOfung der Wirklichkeit in die Form offenbart, dann ift He der guten Mulik wllrdig.
D ; ■: MuHk hat d^.nn die Aufgabe jene felbe Entftofflichung aus dem GegenftSndlichen in das Ab-
folute vorzinehmen, dio ihre eigentliche Exirtenz Wl. Sie hat die Gelegenheit eines Organismus,
der von der Illustration der Bewegung bis zum klaren und nackten Tanz rich aufbaut. Sie darf
lehr wahr lein. Sie letzt nicht Inhalt und Form gegenllber, [ondern He fetzt Tie gleich. Das ift
ihre Aril'tokratie. Vieileicht unfrnchtbar, aber Klaffe. Man wird fieri darilber nicht tSufchen.
fi RAMMOPHONE
Spczialiiat:
Salon-
Sdirank-Apparate
M'
NCHOLZ
HA1JS
BERLIN 0. 34
FrankJiurter
Ailee 337
Pianos
nur erffklajfige.
Harmoniums
256
Wiener Konzerfleben in der Gegenwarf
Von Dr. Heinrich Knodf-Wien.
Der Wiener Konzertbetrieb nimint immer mehr
bedenkliche Formen an; auch auf diesem Gebiet wird
„geschoben" was Platz hat. Was sich in der letztcn
Zeit an die Offentiichkeit '.vagt, scheint mit einem
neuen Konzertpublikum gersdezu zu reclinen, mit einer
Zuhorerschaft, die in Bez-.-.g auf musikalische Vorbildung
und Geschmack so §ut vvie garnichts mitbringt, der
man alles vorset7en kann. Aus dern Maude einer
Dame, die sich - fragt nicht wie tind was ---, Offentlich
betatigt, hiir'-ri ich unlangst die AuBerung „Iiebcr £$.
schlechtesic Kritik, als totgescliwiegen zh werden".
Aber wir konnen weder der besagtcn jungen Dame,
noch einer ganzen Reihe ihrer Kollegcn und Kolleginnen
den Gefallen erweisen, auch nur „dte schlechteste
Kritik" abzugebe.i.dadasNiveauderartigerDarbietungen
einc ernste Besprechimg garnicht zula'Bt- Wir konnen
nur die jah abwartssteigende Linie, nach der sich
unser Koiizertieben bewegt, feststellen und die be-
dauerlichen Ursachen aufdecken helfen, die diesen
Niedergang veranlassen.
Durch die auBeren VerhSltnisse bedingt, entfallen
vorerst, so gut wie vollstandig die Konzerte bedeutender
auswSrtiger Kiinstler, die einander seincrzeit in Wien
den Rang abliefen. Es ist muBig die vielen Nam en
allererster fremdiandischer Kiinstler hier aufzuzahlen,
die es sich zur hochsten Ehre anrechneten, in Wien
konzerticren zu dlirfen. Bei unswird jetzt, notgedrungen,
mnsikalische Inzucht getrieben, uns fehlt der Durchzug,
die frische Luft, die groBe internationale Note, weiche
Tratsch und Kleintichkeit aus den KunststStten
vertreibt. Man zehrt bei tins von den Herrlichkeiten
der Vergangenheit, anstatt sich den Verhaltnissen
anzupassen und im Rahmeji des derzeit Moglichen
ehrliche kunstlerische und erziehliche Arbeit zu leistcn,
urn der Stadt eine neue musikalische Zukunft zu
schaffen. Man will gleichsam den Leibriemen nicht
enger schnallen, sondern stopft sich „gteitend" immer
mehr aus. da mit der Dorn der Schnaile in dasselbe
Loch eingreife. Ware eine derartige Selbsttauschung
aus idealistischen Grunden immerhin entschuidbar, so
ist sie es nimmermehr aus Geschaftsgrtinden; denn
man erkennt die kalte Berechnung als treibende Ursache:
die Unternehmer wollen natiirlich, daS in samtlichen
Wiener Konzertsalen taglich konzertiert werde, ohne
auf kttnstlcrische Interessen irgendvvelche Rticksichten
zu nehmen, Geschaft in der nacktesten Form auch
hier, wo es naturgemaB weit widerlicher wirkt, als
auf alien anderen Gebieten. Friiher im gewissen
Shine eine Notwendigkeit, die mitgenommen werden
muBte, ist das Geschaft jetzt Selbstzweck, Hauptsache
geworden. Dieser Geist scheint leider audi in die
aListibende Kiinstlerschaft einzudringen, die von den
schweren Daseinssorgen umringt, den Einfltisterungen
des Btisen weit zug&nglicher geworden ist.
Damit erscheint aber unser. Kunstleben auf das
Argste gefahrdet Also fort mit dem Betrug und jeder
SelbsitSuscliung; Beschrankung tut not und Vertrauen
auf eine Zukunft, die auf neuen Grundlagen ruhen
soil und vor allem keine Angstlichkeit. In dem Wesen
dieser Stadt, wo die Musik zuhause ist wie nirgetids,
W
I,.
ft;*
wo die Luft von den umrahmenden Bergen bis in die
letzte Vorstadtgassc Musik atmet und WiJerstrahlt,
Befahigung und Liebe zu dieser Kunst jedem Einge-
borenen schcn in die Wiege gelegt w*rd, beste 1 -.* die
Gew^hr einer segensreichen musikalischen Zukunft.
GegenwSrtig milssen wir einzig darauf bedacht
sein, unseren Ruf als eine der ersten unter den fflhrenden
Musikstadten zu wahren. Das geschieht am besten
durch Aufrechterhaltung unserer altbertthmten musi-
kalischen Einrlchtungen, vor allem Lerphilharmnmschen
und der Gesellschaftskonzerte; einzubeziehen sind
ferner die Veranstaltungen der verhaitnismaBig jungen
Korperschaften des Konzertvereines und des Ton-
it iinstlerorchesters, die bisher ihre kunstlerische
Berechtigung vollstandig erwiesen haben. Filr diese
hohe Sache sind nicht nur von urserer Bevolkerung
und deren Vertretung, sondcrn auch von unserer
ideaiistisch denkenden KUnstlerschaftbereits bedeutende
Opfer gebracht worden, grOBerc stehen aber noch
bevor, soil die schwere Zeit ties Oberganges mit
Erfolg iiberwunden werden; darauf milssen wir unser
Hauptinteresse beschranken. Was die ubrigen Konzerte
anbetrifft, ware es endlich an der Ze't, daB das
j.Arrangieren" der verschiedenen Veranstaltungen,
nicht geschafts- und unternehmungslustigen Agenten
fiberlassen werde, sondern in die Hand ei.ier kiinst-
lerischen KGrperschaft uberginge, die fur die Veran-
staltungen in mOglichst weitgehendem MaBe auch die
Verantwortung zu tragen hatte.
Vor aliem ist aber unter den gegebenen Verhalt-
nissen eine starke Einschrankung des gegenwartigen
Konzertbetriebes nOtig. Es darf nicht vorkommen,
daB an einem Abend in samrlichen fiinf Salen des
Konzerthauses und Musikvreinsgebaudes zugleich
konzertiert wtrd, daB dabei von diesen fiinf Veran-
staltungen, wie es haufig genug vorkommt, drei oder
vier ktinstlerisch minderwertig oder ganz nichtig sind.
Man moge die Raume einstweilen lieber anderen,
nQtzlicheren Zwecken zufUhren, z. B. wi?senschaftlichen
Vortrfigen u. s. f.
Gegen die iibcrhandnehmenden MiBstande auf Jem
Gebiete "des Konzertwesens, miissen aber ir erster
Linie die kOnstlerischen Kbrperschaften gemeinsam
und nachdriicklich Stellung nehmen, sich fesr orga-
nisieren und geschlossen vorgehen, soil nicht ihre
eigene und die musikalische Zuk„nft Wiens in Frage
gestellt werden.
258
~--? V~ -----^ r^ '"<"
Preis-Ausfchreibung
des
SCHUMANN -CLUBS
in New York
Der Sdminannverein in New Vork (Percy Rector Stephens, Dirigent)
Jfiffef zwei Preife fur Kompofifionen fiir Frauenftimmen, wie folgf:
a) Vierhunderf Dollars — fur die beffe unveroffenflichfe
Kanfafe oder Chorkompofifion von. zehn bis zwanzig
Minuten Dauer.
b) Zweihunderf Dollars — fiir das beffe unveroffenflichfe
Chorwerk (Madrigal) von nichf uber zehn Minufen Dauer.
Bedingungen:
\. A lie Komponistcn, glcidiviel wclclier Nationalist odcr Staatsangehorigkcit, stud zum Wctt-
hevverb eiugcladcu.
2. Beide Wcrkc sollcn fiir drei- odcr vicrslimmigen Fraucnclior mit Klavicrbeglcitung geschricben
sein. Die Kantate kann audi klctnc Oro'ic- .T-Bcglcitung (Streicher. Holzbliiscr, 2 HOrner, Harfc, Timpani)
linbcti. Die TSshi dcr Stimmen darf sHlenwcise groBer werden; Soloparticn (nur Eraucnstimmen) sind
erkmbt.. Ein Clior von vicrzig bis neunzig Mitgliedern stciit ztir Vcrfiigung. Die Lagc der Stimmcn
darf nicht iibcrmiiBig hoeh oder tief scin (Soprani Hauptlage zwischen a' — c", Alti swischen c'— g*).
3. Wnhl des Textcs ist detn Komponistcn iibcrlasscn, docli sind weltlichc Stoffc vorzuzichen. Dcr
Originallext darf in irgend eincr westeiiTopaischen Sprache sein, tnnfi aber tnit einer gntcn cnglisclicn
Ubcrsetzung vcrsehen sein. Warn die Koi.iposition keincn gntcn cnglisclicn Text hat, ist der Vcrcin
bcreclitigt cine solclic anfertigen zu lassen, und die Kostcn (bci a) drciBig Dollars, be! b) fiinfzehn
Dollars) von dem Preise abzuziehen,
4. Das cingeiiefcrte Werk muB ein Original werk und iingednickt scin; Transkriptionen eder Bc-
arbeittuigen, sowie Wcrkc, die sdiun aufgeii'thrt oder crsdiietien sind, sind unzuliissig.
5. Jcde Komposition mat.! mil eineni Zeichen oder Sticliworl verselicn sein, und darf dureh nichls
den Komponistcn verralen. Mit detn Manuskript muB ein gesiegehes Knvcrt cingclicfcrt werden, welches
dassclbe Zeichen otjer Stidiwort tnigt, und in welcbem enthatteu sind:
a) Name mid Adrcssc des Komponistcn
b) Dokumcntarischer Beweis (Gcrichmigung oder Nachwcis iibcr vcrfallcnes A u lore n recht), daB dec
Komportist bcreclitigt ist den Text ohnc weitcrc Vcrhandlungen zu benutzen und zu verOffcntlichen
c) Einc vom Komnonisten unterzcichncte Genclnnigung, die dem Scbnmann Club of New York
das Recht der crsteii iiffeutlidreu Aufftihning, ohnc weiterc Vergi'ttung irgend eincr Art, zu-
spriclit. Dicse Genclnnigung wird nur fiir preisgc':rontc Kompositioncn in Anwcndting gebracht-
6. Dcr Komponist kann inclir als ein Werk von beiden Klasscn einreichen; jedes Manuskript
muB abcr als sclbstiindigc Ein licfe rung bchandcli scin.
7. Der Wcttbcwerb schlicfit Montag, den L November 19J0. Das Rcsultat %ird so bald als '
mOglich, nidi I spiitcr als den 1. Januar 1921 bekannigegclx.;.
8. Der cntschcidcndc AusschuB bestcht aus folgendcn Mitgliedern: Dr. Frank Damroscli, Dirigent der
^Musical Art Society", New York; Percy Rector Stephens, Dirigent des Schumann-Club;. Deems Taylor;
Sigmuud Spaeth; Frank La Forge.
9. Dcr Schumannvcrcin bcansprucht kcin andcrcs Recht an die prcisgekrdntc Komposition als das
der crstcn Auffuhrung. Der Vcrcin vcrpflichtct sich cincn Verlegcr fiir das Werk zu findcu; allr. Tantiemen
und Einnahmcn davon sind Bcsitz des Komponistcn, doch ist derselbc nicht vcrpflichtrt das Vcrlcgcr-
angebot anzunchmen, sol lie er anderc Vorkchrungcn getroffen haben odcr zu treffen gcdenken. Es ist
beabsichtigt, die preisgekrdnten Wcrkc in dem April-Konzert des Schumann-Club 1m Jalirc 1921 aufzufuhren.
Anderc cingcrcichteWerkc sollcn, falls die Komponistcn csbewilligcn, in dcmsclbenKonzert aufgefiihrt werden.
10. Ailc Manuskriptc werden den Komponistcn sofort nach Kundgcbung des Rcsultatcs zuruckerstaltct.
Jede mogliche Vorkchrung fiir die Sichcrheit der Manuskriptc wird getroffen, dodi kann dcr Schumann-
Club die Vcrantwortung fur mogliclie Bcschadigung nder Vcrlust nicht iibernehmen.
11. Weitere Aiiskunft crteilt das Sckretariat des Schumann Club of New York, 47 West 72^ Street,
New York, U. S. A.
259
WirMge neue Mufikalien, Biicher und Auffiafze
iiber Mufik,
mitgcteilt von
Professor Dr. Wilhelm Altmann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54.
Diesc Ziisaminenstellung, die moglichst in jedctn Heft dicscr Zeitschrift erfolgen wird, will auch noch un-
gedrucktc griiftcrc Wcrkc, vor allcm Symphonien, symphonische Dichtungen, Konzertc, Kammcrmusikwcrkc, Opern,
Chorwcrkc mit. Orch ester cinbeziehen, um namentlicli Dirigenten darauf aufmerksam zu rnachen. Diejenigcn Tonsetzcr,
die derartigc Wcrkc (jedocli niciit etwa KlavicrsUicke, Licder, Mannerchore) fcrtig haben, werden gcbeten, mich davon
in Kcnntnis zu sctzen, doch behnltc ich mir die Entscheidung iibcr die Aufnahmc vor. Dicse kann audi bci gedrnckten
Wcrkcn weder durdi ein Inserat nodi durch Einsendung der betreffenden Musikstiickc odcr Biicher crzwnngcn werden.
Riickscndung elwniger Einsendungeri wird grundsatzlich abgelehnt. . .
Die Hinzuftigung des Verlags wird Bcstelliingcn erlciclitern. Zu den aiigcgcbencn Preisen konnnt immer
nocli der sogen. Tcucrungsaufschlag scilcns des VeFlegcrs und auch des Sortimcnters hinzu; cr sen wank t bckannUich,
meist abcr beirSg* ?r KVWo, oft schon 200%+ *.0°/o.
Goossens, Eugene: op. 21 Sonaia for Viol, and Piano.
Chester, London 7 s. 6 p
— : op. 14 String Qiiarici. ders. Verl. KI. P. 5 s.
Holbrooke, Josef: op. 68 The Pickwick C!ub. A Hu-
moresque for String Quartet. KI. Part. Chester,
London 6 s, 6 p.
Ireland, John: Sonata Mr 2 (a) for Viol, and Piano
W. Rogers, London 6 s-
Kunz, Ernst [Olten, Schweiz]: Klaviertrio (H) [UrauE-
luhrung 31. 5. Zurich] noch ungear.
Laquai, Reinhold [Zfkrich]:' Quintett (F) f. 2 V., Br,
Vc u. Klav. [Urauffiihr. 29. 5. Zurich] noch un-
gedruckt
Lauber, Josef [GenfJ: Oktett (B) f. 2 Fl., 1 Ob.,
2 Klar., 2 Fag. u. Kontrab. [Urauffiihr. 31. 5. Zurich]
noch ungedr.
Maleingreau, Paul de [BrUssel]: Senate p. Violonc et
Piano noch ungedr.
Miiller, Paul [Zurich, geb. 1898]: Quintett (F) f. 2 V.,
2 Br. u. Vc [Urauffiihr. 31. 5. Zurich] noch un-
gedruckt
Pizzetti., Ildebrando: Sonata for Violine and Piano.
Chester, Lond.
Scbmilt, Fiorent: op 68 Senate p. Viol, et Piano.
Durand, Paris 12 fi.
Stravinsky, Igot : Three Pieces for String Quartet.
Chester, London
I. Inffmmenfalmufik
a) Orcbeffer (ohne Solomffr.)
Brun, Fritz [Bern]: Sinfonie Nr 3 (d) [Urauffiihr. 30. 5.
Zurich] noch ungedr.
Esposito, M-: Neapolitan Suite. Fur Streichorch.
Chester, London P. 8 s.. jede St. 1 s. 6 p
Holbrooke, Josef: op. 60 „Auld Lang Syne" Variations.
Chester, Lond. P. u. St.; Klav. allein 5 s.
Jarnach, Philipp: op. 14 Sinfonia brevis (a) [Uraui-
fiihrung 31. 5. Zurich] noch ungedr.
Indy, Vincent d': op. 70 Symphonie Nr 3 (D). Durand,
Paris. P. u. St.; Klav. 4 h. 15 fr
Malipiero, G. Francesco: Impression* dal Vero. Poema
sinfon. Chester, London Part. 15 s.
Santoliquido, Francesco: II Profumo delle Oasi Sa-
hariane. Poema sinfon. Ricordi Part. 15 fr.
Stravinsky, Igor: L'oiseau dc Feu. Ballet. Concert
Suite. New orchestration. Chester, Lond.
b) Kammermufik
Bantock, Granville: Sonaie f. Bratsche u. Pfte noch
ungedruckt
Bsx, Arnold: Elegiac Trio f. Flute, Viola and Harp.
Chester, Lond. 7 s- 6 p.
Bernard, A.; Aucassin et Nicolette. Suite p. Viol, et
Piano. W. Rogers, London 3 s.
Bridge, Frank: Sonata f. Vc & Piano \V. Rogers,
London 6 s.
Deltas, Frederick: Sonata f. Vc. ind Piano. \V. Rogers,
London 6 s.
Elgar, Edward: op. 83 Streichquartett P. 5 s., St.
* 11 s. — op. 84 Klavierquintett (a) IS s. Noyello.
London
c) Sonffige Inffrumenfalinuftk
Lax, Arnold: Two Russian Ton Pictures for Pianof.
Nr 1 May Night in the Ukraine, 2 Gopak. Williams,
London je 2 s.
Bcrners, Lord: Valses Bourgeoises for Piano Duet
Chester, London 6 s.
260
JZZZ f ' r— — -
Garrait, Percival: op. 14 Scherzo -Toccata f. Piano.
Chester, London 3 s.
Goossens, Eugene^ Nature poems. Three pieces for
Piano. Chester, Lond. 6 s.
Holbrooke, Josef: op. 78 Barrage. Concert Piece for
Piano. Chester, London 3 s.
Ireland, John: Soho. Sonata f. Piano fnoch unyedr.)
Maleingreau, Paul de [Brussel]: op. 9 Suite p. Piano.
Chester, London 6 s.; Les Angslus de Printemps.
HiSuite p. Piano noch ungedr.
Malipiero, G. Francesco: Maschere che passano.
Suite. For Pfte. Chester, London 5 s.
Repertoire Series of Pianoforte Music by modern
British composers. Ascherberg, Hopwood & Crew,
London
Rowley, Alec: Georgian Suite for Piano. W. Rogers,
London
Scbattmann, Alfred [Berlin]: op. 11 Vier Klavierstucke
(Pathetische Suite); op. 12 Sechs Capricen f. Klav.
noch ungedr.
SchuItheB, Walter [ZUrich]: Concertino f. Viol. u. klein.
Orch. [Urauffiihr. 31. 5. Zurich] noch ungedr.
Stravinsky, Igor: Three Pieces forPianoDuet Chester,
London 2 s. 6 p,
— : Five Pieces for Piano Duet ib- 3 s. 6 p.
"II. Gefangsmujik
a) Opern
Frcy, Emii [Ziirich]: Die Krahen. Einakt. Lustspiel-
oper (Text v. A Wohlrnuth) noch ungedr.
Malipiero, G. Francesco: Pantea. Symphonic Drama.
Klav.-A. zu 4 Hdn. Chester. London 10 s.
Pick'Mangialli, Riccardo: Basi e bote (Kisses and
Cuffs). Text von Arrigo Boito im Venetian. Diaiekt
noch ungedr.
Santoliquidn, Francesco: The Bayader of the Yellow
Mask. BaEIet Pantomime. Ktav.-A. Ricordi 12 fr.
Schattmann, Alfred [BerlinJ: op. 14 Die Geister von
Kranichenstein. Burleske Oper in3Akten. Dichtung
von Arthur Ostermanu noch ungedr.
Stravinsky, Igor: Rennrd. Histoire burlesque ;en 1
Act). Klav.-A. Chester, London 15* s.
b) Sonffige Gefangsmujik
Pouleuc, Francis: Rapsodie negre for Piano, Flule,
Clarin., 2 Viol., Via, Vc and Medium Voice.
Chester, London 10 s.
Schattmann, Alfred [Berlin]: op. 4, 5, 7-9. IC — 18
Lieder und Gesange f. 1 Singst m. Klav. noch
ungedrtickt ;
Stravinsky, Igor: " Berceuses du chat for Central alto
and 3 Clarinets; P. u. St.; Klav.-A. Chester, London
6 + 6 -h 3 s.
— : Pribaoutki (Chansons plaisantes) for medium
voice and S instruments. P. u. St ; Klav.-A.
Chester, London 8 + 10 + 4 s.
The Trinity, College of Music Song Book [Engl. Ge-
sange a. d. 16.-18. Jahrh.J W. Rogers, London
III. Melodram
Schattmann, Alfred [Berlin]: op- 10 Das Tanzlegendchen
(Gottfr. Keller). Begleitende Musik f. Klav. noch
ungedruckt
IV. Biidier
und Zeiffchriffen-Auffafje
(alphabetisch sowohl nach Stichworten wtc nach den
Vcrfassern geordnet. Bci Zeitscliriften-Aufsiitzen ist
immcr mit Nr die des laufcnden Jahrgangs gemeint).
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Chesterian 4
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— ByKathanneE.Eggar-in:TheMusicStudent,June
Woss, Jos. V. — s. Bruckner
TVSrz, Rich. — s. Wilier, Luise
- Zollner, Karl, Ober. Eine Berichtigung von Heinr.
Z811ncr — in: Der Chorleiter 12/3
XiTi — 7
^F^
Aus dem Inhalf der bisher erfchienenen Melos/Heffe:
Heff I
HERMANN SCHERCHEN .
HEINZ TI ESSEN De
r none Strom, T.
HERMANN SCHERCHEN . . Ar
iold SchGnberg
OSCAR HIE Mu
Mkiilisulie l'orspektivon.T-
Prof. ADOLF WEISSMANN , De
- Wok z. mid. Pianist on
BTLDNJSSE: Ferruecio Busoni
- Kdtiard Erdmann
paul von klenau . . . oil
lisebe Musik
Dr. LEICHTKNTRITT . . . US
ihiirhesprooluing
HERMANN SCIIER.CIIEN . . Zu
Hans Pfitssners Astli.-tilt
deT
jtiusikitli.icliun li«polnn»
Prof. Dr. ALTMANN .... \le
leutende NciiL.rsdii'iiiunK-
ManuskriiiU
BKrLAGEN: Fnksimilr ein.--s Kfw
r-Bn.-Ies
iDieser Brief U nut.
von clem den-.eitigen Iln-
s.it2«r, Herm He \V
tiiw W'oirriioim. KVilin-
Grunowiild triiti-sl. z
ii' VoiGiTeiiHielnii.jr fiber-
Heff VI
. ( Modorno Musikkritik
. Jensoits von Tomperierung
yrfTid Tonalitnt. L
Dr. FRITZ SITED RY . . . SUvr Operndiroktor Mahler
EDGAR BYK / Mahlow Ekstasu oia V*t>
f miiehtnis
OSIvAR BIB ...... .| • Musikalischf Porspektiven,
IT I. Das Orntorhim
Dr. HUGO LEICJ1TENTRITT . D. Mali !orf est j, Amsterdam
FRITZ-FRID WINDISCH . . Willem Mengelberg
Prof. Dr. ALTMANN Bedim t. Neuerscheinungen
und Manuskripla
BEILAGEN: Bildnis Gitstav MaliWs aus dem Jah.ro 1893
fa. d. Frivatbcctt?, d Horin Dr. Berliner, BnrJin)
Rodin's Mahlwrbusto - Portr. Will. Mengtdberg's
Unvorofrcntl. Brief Crust. Mnlilo/s in Fakaimiln
(Diosor liriff ist utis von dum derzuitigen Be-
sitr.er. Korrn Dr. Worner Wolffhuim, Berlin-
Grun'iwald gfiligst itur Vorfdfnntlichung Tiber
lasseii wordeuj
Heff II
HKfNK TIESSEN Dor neue Stroi
Dr. HUGO LEICHTHNTRITT Dio QmHen d
dor Musik
EDUARD KltDMAXN . . . . Moder.no Elavil
ALFRED DOBLIN . 1 . . . Vom Musiker
mit Kalvpso)
Musikalisuhe K
MusikphvsioJop
1'itiil linkers ,
Heduutondu No
und Mjitiuskrip'
BBILAGE: ..GrabRed", Li ml. von Huma Tie.sa./n
(aus Sliakespearus „Cymbidin": fibursetxt v.
Dr HANS MERSMANN . .
FRITZ FUII.l. WINDISCH.
S TEG MUNI) PISLfNG . .
Prof. Jlr. ALTMANN . . .
Heft VII
STEGMUND PILING . . Tondenzen modernor Musik
A. M. AWRAAMOFF . - .Tunsoits von Temp nrio rung und
Tonalitut. IF.
EGt/N WELLECZ. . . . Die letzt. WerkoClnrido Debnssys
D r. A L F R ED G UTT M A N N Das Tunpo
HUGO MARCUS . .
LORENZ HO BEE . .
Prof. Dr. ALTMANN
Da-capo, Lied, Gesumm
DioNotlapedarOfchoKtonntisiker
Bodeutende Neiterscheinungen u.
Manuskriptn
BEILAGE: Hi<inrtt:]i Hoino: p Hast Du di« Lippon mir Trund
gi>kiillt", Herman u Soherchen.
Heff III
OSCAR BTE
HERMANN SCHERCHEN .'
LORENZ HOBER
JURGEN VON DERWENSF
NikiK-;b und d;is DinRif>n>n
Nikisch und das Ortibestfu-
D.DiriporkiinstArt.Nikififh's
Die JuKiind, diu Dirigcnton
und Nikiscli
H. W. DRABER Dit Nikiscb-Profrntimno und
der musikaliscbe Fortsrhritt.
ARTHUR NnaSCII .... Eri.memuK..ii aus m.-inur
Winner Jugondswit
Prof. Dr. ALTJIANN .... Bedeutende Ncuerscheimin K .
und Ma.iiiskripte
PORTRAIT: AltTHUR NIKISCH (Aus dor Luxusaus-nbe
.Jin Eonzcrt" v. Osuar Biit mit Srijinaeiuliniuip'ri
von Eupei! Spiro, Verl«^ Julius Bard, Berlin)
Heff IV
HEINZ TIEStiEN . , . .
KIUTZ FRID. WrNDISC'li .
OSCAR IHE
CESAR SAERCUJNGER .
Dr. ALFRED DOCLIN . .
Der
.•diliit
Strom, HI.
liter's V«rliiillni« z. T.
Musikntisclu. Pofsp.ditl'
Amorikanisehn Musik
Bt*niorktiii(j(«ri «int>u uiu.sika-
iisclien Laien
Mus.ikweisbeit dor Infor
Bnd 'nut undo Nmnirsclieiri«iifi«n
und Manuskripte
BEILAGE: Alfred Mombert: ,B]uco doa Cbaos",
Hans Jiirgeo vou dor \ Venae
TNAYAT KHAN . .
Prof. Dr. AI.TMANN
Heff VIII
Iir. UUO RUKSER. . - .
Prof. LU 13. RIEM A NN-Ess
HEINZ T I ESSEN . . .
Pro!. Dr. ALTMANN . .
Tendenzen modurner Musik
.Tt'oscits von Temperiorung und
Toiialitru.III.
DioSiUiation der boutigon Musik
Znr Tonalitat
Din Zuknuft d«s AJl^emeineu
Doutseben Musikveroina
Bedoutcnde Neuerscheinungen
uiid Mannekriptii
BEILAGE: Maskowski, Gedicht von Gippius
Heff IX
HERMANN SCHERCHEN ... Das Tonalitiitsprinzip u.
dipAlpon-Symphonievo^
K. StruuJJ, 1. ■«,',': i
ROHEliT MCLLER-HARTMAKN Zum SUIproblein rfW
nouen Musik
EDUARD EIU.»MANN Von Suhonb.jrg und
seinon Liodern
OSATt U1E Oporottw
Dr OSKAIt GUTTMANN . . . . Von dor Musikkritik
Prof. Dr. ALTMANN BedeuL Neuerscheinunjr.
u. Manuskripte
B1CILAGE: A. T. Wegner „Deine Haare sind braun",
Bruno Weigl
Heff V
HEINZ TIESSEN . . . .
BELA ItARTOK
Dr. HANS MERSMANN ■ .
RUDOLF CA1TN-SPEYER .
Dr. HUGO LEICHTENTimT
Prof. Dr. ALTMANN . . . .
BEILAGE: Ridiard Dohmel: „,/.■
Der none Strom, IV.
Das Problem d. neucn Musik
Dio Eiiijjfnnfretidon
Die Not der Konzortoreliester
und din Entwickliinc der
syniplionisolien Musik
liiitdierbespreohiing
Bedcutende Noiinrsdieinung.
und Manuskripte
■eleii Lied",
Manfred Go-rUtt
HEINZ TIESSEN
Heff X
. Dan TojikiinsLlCT-Fest des
Alig, Doutsehttn Musikvereins.
Woimarer Ernobnisse
. Au* ein»r Donkscbrift.
. Din SeUisttaerrlkhkeit dtm
Wortos
Arnold vWiOnbergN Op. XIII
Piluherbn.'precbnuK
T)edca ; '.'!rdo Nenortichoinung.
und Mii,aj::krlptu
BEILAGE: Alfred Sehttttmimn t Nun dieBl/l'.u>rn-»lk M.i-.r^t.n 4 -.
flERHARU STREKE
OSCAR GUTTMANN
Prof. Dr. ALTMANN
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VERBAND DER KONZERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V.
OemelnniUz![ge Konzeriabiellung: BerllhW57, Slumenlhalstrafle 17
T^gfaon: Ajat NOLLENDOIir 3885 'r.VluKr.-iiiun-Atlruaso: PODTUMKCNST
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Cipvi^ht M'JU liv Ki.li.'inlurff A Mull Uurlil.- \Vi-!sstMiS«'.
Notwilii-ilagi- zu ."toulon" II. Haft, Juli 1!120.
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J{».d:i.kt.ion: liorliii-WoiBunsec, U.-rlirmr Alli-i- 71. I-ornnil": (Ws. IJ'i). - Vcrldff: U.!rlin-\Voilii'iisi.|.. UnHincr Alton "I, .[-'imiriir: tt's. t^i
Prois tics Kin/.f] lustra Mk- -'.JO, im Vinriflj.-Aljotin. Mk. !-\ -, to-i Kr-iiHkindlmau): viurt,»«]jiilir]idi Mk. J It.-. — Njn-.lidnii'k vorb.-liii.il ph.
Nr. 12
Berlin, den j. Auguff 1920
I. Jahrgang
INHALT
ERWIN LENDVAI Das dritfe Regerfeft in Jena
LUDWIG RIEMANN ......... Das Verftehen „hypermoderner" Akkorde
UDO RUKSER Die Veranderung des OrdteJ'ferklanges
ADOLF WEIS5MANN Ifalienifches Tagebudi, '
Nachrichfen aus dem Mufikleben Raferuj31ands
Die Komponiffen der in Melos erfchienenen Liedbeilagen
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN . . . Bedeufende Neuerfdieinungen und Manuffcripfe
NOTENBEILAGE: „Du madiff mich fraurig - hore" (Elfe Lasker-Sdiiiler)
von Paul H indemi fh
.MELOS'
in einer LuXusausgabe
erfcheinf monaflich einmai im Kunffverlag
Frifs Gurlitf, Berlin W 35'
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ws^m mam mnm ^^Mm
Das drifte Regerfeff in Jena
Von Erwin Lendvai.
II y a frop de mufique en Allemagne ruff Romain Rolland in fsinem Muficiens
d' aujourdtmi, dent an unzahligen Konzerfen, Opernvorffellungen und Mufikfeffen zer-
fplifferfen deuffchen Mufiker zu. Und mif Rechf. Man gehorf fich felbff nichf mehr,
man enffremdef fich der eigenen Seele. Jeden Fugpfad zur Selbfferkennfnis verffellen
gefchaffige Grogffadfdamonen der Senfafion. Vor zwei Wodien nodi beim Ton-
kunfflerfeft in Weimar, foeben vom Jenaer Regerfeff heimgekehrf, wo Weimarer
Konzermachbarn bedauern, dag idi nichf audi am Leipziger Bachfeft mif ihnen zu-
fammenfraf. Sie erzahlen inir von ihren Eindriicken, die ihnen das Amfferdamer
Mahlerfeff einpragfe. Ein TeUnehmer an den beiden Wiener Feffwochen bedauerf, an
der Miinchener Wodie nidif feilgenommen zu haben, dafur madite er vielleidif das
Niederrheinifche oder die^affeler Fefffpielwoche mifl? Oder war er wahrend der
M deuffchen Wodie" im Berliner Sfaafsopemhaus geniej5ender Mifmenfch? Fahrf er gar
von Jena nodi zum Eifenadier Beefhovenfeff. Raufchende Feffe . . .
Frau Elfa Reger veranffalfefe vier Regerfeffkonzerfe, denen das Raufchen durdt
t'ehlenden Orchefferklang verfagf bleiben mugfe. Rauldi iff jedoch nichf Reger's Sadie,
denn nur pafhefifche Maferie oder neopafhefifche- Ekffale raufchen. Regers Kunffinhalf
beffehf eben in der Enfniaferialifierung des Subffanziellen; feine Kunffform lofchf
fypifche Gliederung aus, um fubjekfiven Impreffionen das Worf geben zu konnen. An
Bach erffarkfer Konfrapunkf bindef Inhalf und Form. Sfahlharfe Disziplin wadif iiber
lockere Improvifafion. Aus diefen paradoxen Erfdteinungen ringf eine kafholifch-
profeffanfifche Seele am Beginn des XX. Jahrhunderfs fich durch; die zwifchen Gotf
und Technik fimulfangewordene Welf erfiiUf Reger mit Schrecken. Sie weiff ihn zuriick,
fie ziehf ihn an. Und feine kampfende Unfchliiffigkeif barockifierf feine romanfifche
Art romanfifiert feinen barocken Geiff. Den Theorefiker weckf der Phanfaff, den Grubler
der Draufganger. Er glaubf den Fabrikfchornffeinen Marchen aus Wunderwelfen, der
Gotffucherfeele von der Exakfheif der Mafchine erzahlen zu miiffen.
Auf folche Weije kam er nichf zum Geffalfen aus fich, fondern zu einer enjinenf
fleigig-bewerfefen Einfiihlung in feine reizfam unenffchloffene Zeif, in eine Zeif des
Ubergangs, der chromafifchen Phyfiogncmielofigkeif.
Das in uns Singularwerfende will vom Reger'fchen £,wiefpalf fich abwenden, und
klagf nur leije tiber Schwerverffandigkeif. Wohl lagf es fich von den Tonvifionen gernc
hinreigen oder zumindeff anerkennf es die fordernde, anregende, ia bahnbrechende
Eedeufung des Regerifdien Schaffens, doch ....
Nun ja, diefes Dock iff es, dag das „Problem" Reger neufralifierf. Reger iff die
Tof alifaf - eines hochbedeuf enden Torf os ; er iff dem unausgereiffen Menfchen fub-
ordinierfer Kunffler mif dem Ergebnis eines hodidifferenzierfen Arfiffenfums. Den
Beweis erbringf ein „Offener Brief", den er 1907 auf Anregung der Redakfion an den
Herausgeber der „Mufik" richfefe. Unfer affhetifch vielfach unhalfbaren Ausfiihrungen
ffehen audi diefe Worfe.:
„. . . es iff nichf zu leugnen, dag heufzufage von fehr vielen, die den Pegafus
bejfeigen, fehr wenige eine Ahnung vom Reifen haben. Der groge, an und
fur fich prachfvolle Begriff „inneres Erlebnis" haf in unreifen Kopfen ver-
heerend gewirkf, man haf in, gewiflen Kreifen faff verlernf, dag Kunff von
Konnen kommf."
Zwifchen ihm und Jeinem Pegafus wurde ein in fiinfundzwanzig Schaffensj'ahren
viele hunderf Werbe geriffenes Galoppfempo vereinbarf. Nur fiihrfe ihn das edle Tier
266
mm*.
nichf gen Olymp; Weil das oben abgebrochene Doch ihn den Lebenskonfrapunkf
nichf erlernen lie£. Nodi viel weniger die Goffharmonie. Haffe der jane Tod ihn
von der Schulfiire nichf verwiejen (und Reger haffe fchon die Klinke in der Hand), er
haffe zwanzig Jahre fpafer den Off en en Brief in einer verbefferfen Auflage erfdieinen
laffen, und es haffe dann gehei#en: ,.Daj3 Kunff vom Menfchfein kommf, wenn Goff-
harmonie das Konnen zum Ergliihen bringf." Denn was mi^f uns das zuguferlefcf
dodi von Roff und Moffen zerfreffene Wiffensffiickwerk, wenn nichf Engelzungen mif
Liebe redefen?
Der Menfch iff die Beffafigung der Erkennfnis. Je hoheren Flug das bewu$5fe
Denken, Spinozas „lntelligere" nimmf, um fo hoher werfef die erkennfnisbildende Kraff.
Hier fe£f aber im Falle Regers der groj3e Widerfprudi ein. Reger horf denkend, doth
[ein Denken i\t nichf aufonom. Daher unfere Heferogenifafsempfindung, die Chaos-
fpriingen und Afherfliigen widerffrebf. Das Ergebnis: Reger zwingf nichf, wir fun uns
Zwang an. Ohne Konfraffe, ohne einheiflich gefaJSfe Mannigfalfigkeif keine Kunft
Regers Konfraffe find jedoch Widerfpriiche; es iff nichf der Reizbare, der nach Ma$5igung
ffrebf, fondern der Epikurarer, der auch Sfoiker fein kann. Die zwei Seelen in feiner
Bruff find nichf zeiflich vertikal gefrennf, fondern frefen einander unfer- und iiber-
geordnef gleithzeitig auf. Mur [o verflehen wir, wie es moglich iff, da|5 Reger von
Bach zu Brahms mif Wagners „unendlicher Melodie" bauen will, um hiiben Jdnimann-
weiche Sonatenfafje, driib^n chopinfuJ5e Salonffiicke zu monumenfalifieren. Sfiindiges
Suchen laf5f ihn an fich felbff irre werden. Drum fiehf Ernff Bloch in feinem w Geiff der
Ufopie" *) ihn als ein ,.Ieeres, gefahrliches Konnen und eine Luge dazu". Das iff zu
weif gegangen. Ich fehe nur Verlorenheif ffaff Luge. Nur ein durch zu frtihen Tod
nidit in Vollerfcheinung gefrefenes Ich. Darin liegf, daJ3 Reger nichf weij3, „Ungebildef
wie er fchon iff, ob er einen Walzer oder Paffacaglien fchreiben foil, ob er die Tofen-
infel oder den hunderfjfen Pfalm zu verfonen hat So fehen Ton und Sprache nichf
aus, wenn man morgens an ihrer Quelle fifjt. Wie leer bleibf alles, wenn fich Reger,
die unbachifchffe a Her Erfcheinungen, auch nodi glaubig gibf, weil der geborene An-
lehner und Variafionskiinffler gerade formal in diefem Geleife lauff. Er iff nichfs, er
haf nichfs als eine Fingerferfigkeif hoherer Ordnung und das Emporende daran bleibf,
dap er doch nichf nur nichfs iff, ein Quell der fruchflofen Irrifierung."
Diefes in feiner Schroffheif nur noch von Walfer Krug (Die neue Mufik) **) iiber-
froffene Kriferium kann nur aus dem enfbloj3fen Mangel an Reinmenfchlichen feine
Berechfigung gezogen haben. Ein auf vier Konzerfe verfeilfes dreifagiges Mufizieren
muj3 den Seelenkern des Inbefrachkommenden freilegen. Nun iff der Beweis erbrachf;
Reger verfragf nichf vier Veranffalfungen in einem Rahmen. Beethoven, dej in feinem
Schaffen eine Addition von drei Menfch-Neuwerdungen bedeufef, befi^f die Ifrom-
fchwellende Kraff uns drei Tage hmdurch mif neuen und immer neuen Gaben zu er-
freuen. Audi Bach und Mozarf wirken wahrend efoiger < r di folgenden Konzertveran-
ffalfungen erhebend, erfrifchend auf uns. Schon bei L <ns merkf man eine gewiffe
Monofie der Lebens- und Kunffauffalfung. Und nun er}. bei Reger. Hier wird das
Logifche alogifch, das Vielfalfige zum Widerfprudi, das lypifche zixr Manier. Einen
alogifchen Widerfprudi bilden die manirierfen Unferbrechungen, die das charakferlos
Charakferiffifche bilden. Allegroanfa&e fchneiden langfam hinbriifende Medifafionen
ab, um nach langerem Sfillffand von rhythmifdier Sehnfuchf gequalf die friihere Exiffenz
behaupfen zu konnen. Refulfaf: ein dynamifdies Mofaik. Reger enffcheidef fich gegen
Bach; denn wahrend Bach Jammelf und zenfral deufef, zerfefcf und zerffreuf Reger.
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* MQnchen unci Leipzig 1918. Duncker & Humblot -- S. \2±
** Erlenbach b. Zurich 1920. Eugen Rentsch. S, 44 u. ff. — Vergl. auch: w Der lose Vogel", eine Monats-
schrift. 1. (u. letzter) Jahrgang. Nr. 10/12 — Seite 329. Chaos der Logik (Autor anonym == Waller Krug).
267
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Das was an Bach erinnerf find nur die konfrapunkfifchen Oruppenbildungen und
Choralmelismen. So ffehf es urn feine Sonafen-Eckfafse, deren Form den Inhalf nur
ahnen la£f, nodi nichf beffimmt Die boshaff lachende Koboldmunferkeif Jeiner Scherzi
mif ihren a-b-a-5chemen ffehen in keiner Beziehung zum Vorangegangenen und zum
Folgenden. Siekonnfen mif ihrer gleichfam anhaffenden hamifch-ironifch-grofesken Nafur
Von Werk zu Werk mifeinander verfaufchf werden. Man kennf das gefpenffifche Hufchen
der dem Klavier anverfraufen Flofenregiffer. Die fafanifchen Pizzicafis der Sfreidier und
die fchmollende Pianiffimochromafik der ableifenden Organe. Die darauf folgenden
refignafionsergebene b-Xeile erinnern an die Unferbrechungsfakfik der Echfa^e und
miinden, weil das Formfchema es fo will, in die Wiederholung der a-Teile. — Un-
vergleichlich beffer ffehf es um Regers Iangfamen Safj. Tieffraurige Enffagung enf-
ffromf aus Jeinen Largo's und Adagio's. Diefe Sa^e wollen das friihe Hinfcheiden
ihres Meiffers klagen, oder fie wehklagen fiber den Zwiefpalf zwifchen Regers Welf
und fein Ich, das im Kampjf welferdriickf eine furcnfbare Niederlage erleiden muj3fe.
Wenn wir an diejfem erhaben geffimmfen Sang nidif inneren Anfeil nehmen konnen,
Jo iff dar'an, wie fdion angedeufef, eine lefjfe Abklarung nichf-aufkommen-laffende
Sprodigkeif Schuld. Es fehlf am (nichflachenden) Humor, an efhifch empfundenen,
kiinfflerifch erfundenen Auagleich und Verfohnung, Her^ensgufe und Menfdienliebe.
Es lallf in ihm nichf das fro£ Erwachfenfein einfalfig-demiifige Kind, das „Vafer, Dein
Wills gefchehe". Wie fehr fiihlf man gerade diefen Mangel in den langfamen Sa£en,
wo durdi die gedehnfe Zeifbewerfung wir Regers Schriffen genau folgen konnen.
Es iff nidif zu leugnen, daf5 Reger im Verlauf der Formung zu edlen Kriffall-
er]jcheinungen kommf, die durdi feine Furchflofigkeif des Formprinzips gegeniiber er-
kl&roar i'lnd. Merkwiirdig gruppierf er die einzelnen Innenfeile der Sa&e, die fodann
nichf ohnc dramaftfche Spannfahigkeifen in Akfion frefen. Haffe alfo Selbfferkennfnis
zwichen Welf und Ich Gleichgewichf gehalfen, fo haffe nichf Wi£, Ironie und Sechzehnfel-
bewegung -Humor zur Melancholie oder Unraff umgebogen.
Faff alle regerfefflich dargebofenen, felfen gehorfen Werke wollen durch ihre
^rublerifche Grundffimmung die grelle ©ffenflichkeif meiden. Seine Orgelwerke, eine
55 Minufen in Anfpruch nehmende Infrodukfion, Paffacaglia und.Fuge (Opus 127) und
die zweife Sonafe (Opus 117) wollen in der nach Goffesdienft ffill gewordenen Kirche dem
Organiffen allein gehoren. Die vierfe Choralkanfafe „Meinem CJefum lap ich nichf fur
Solofopran, gemifchfen Chor, Solo-Violine, Solo-Braffche und Orgel konnfe nur die
kraffigen Konfuren einer Gelegenheifskompofifion mif vielen Imifanonsfetchen aufweijen.
Zwei Mannerchore aus Opus 38 gehoren zum zur Geniige bekannfen Liederfafelfon,
und die Du&end bekannf-unbekannfen Lieder brachfen fchon durch die ungluckliche Wahl
gleichfchlie^ender Ausklange den neuen Beweis, da£ Regers Lyrik nur an Inffrumenfen
infonierf fingen kann. Seine im Klavierparf zum Ausdruck gelangfe lvrifche Einfuhlung
in die Gedichfe ffreiff den Sfimmungsinhalf und eriibrigf die Singfn'mme. Sie find
poefifche Klaviergloffen zu den Gedichfen. Seine zu Gehor gebrachfen Klavierffiicke
wollen nidif mehr fein als Jaunige Arabesken mif Chopin's Feder gezeichnet
Suchfe fedoch Reger nach dem, was an ihm zu liberwinden war, fo gelangen ihm
prachfige Kammermufikwerke, fo die ergreifende Violinfonafe in C-moll mif Largo-
Schwanengefang, der Mai 1916 feine irdifche Hiille dem Feuer vermiffelfe. Das Bild
des finkenden Sarges bei abfchiednehmendem D-dur . . .
Von der refflofen Hingabe des Bufch-Quarfeff> gefragen kronfe das giganfifche
Es-dur-Sfreichquarfeff die drei Fefffage. Innere Abklarung durchfchimmerf hier die in
wuf.dervoller Klarheif fixierfe Tonfprache Regers. Ein von Ewigkeifsharmonieen der
Menfchenfeele widerhallendes klaffifch und dennoch neu erfcheinendes Werk. Schon
im erffen Anhieb verraf fich die Hand des fouverainfchalfenden Meiffers; der gluhendes
268
Temperament diesmal durch Konnen nichf lofchfe. So geffaffet erne gofflidie Ffigurtg
dem Werk fiir alle Zeifen Regers EUrfprecher zu fein.
Und nun ffehen wir wieder vor dem Regerproblem. Kunffprobleme ffehen im
Einklang mlf dem Problem des Menfdien. Mif dem Menfchen, deffen Kunff zur Dis-
kuffion ftehf, zur Klarung zu gelangen, iff kein Leichfes — im Falle Reger vielfadi ent-
ffellt durch das eminenfe Konnen, das bleifchwer an feiner PJyche haften bfieb. Das
Konnen, das das Material bandigf, la£f ihn auf der Briicke zwifchen der fonalen Lyrik
und der afonalen Epik zwar als einen der erffen Neulandfucher unferer Zeif erftheinen.
Die diaofifche Unklarheif feiner Seele hemmf ihn jedoch, Jodaj3 eine Enffcheidung nicht
gefroffen werden kann. -Reger iff der fypifche Verfrefer der zur Enfwerfung verurfeilfen
UJbergangszeif: Vom unendlichen Wagnermeios zur knappen Formgebung einer
werdenden Epoche. Ein Kampf zwifchen dem weidiabgerundeten Barock am Ende
des XIX. Jahrhunderfs und zwifchen fcharfkanfigen eclats eines exprefjioniffifchen
Ausdrucks, der fich durch unfere Tage einer Stilwerdung enfgegenreckt
Das Verj'fehen „hypermoderner" Akkorde
Von Ludwig Riemann.
Die Anhanger moderner Mufik find leicht geneigt, die Klanganalyfe als eine „Stii verge waltigung"
anzufehen, einerfeits, wei! die lineare Polyphonie fich einer fenkrechten Anfchauung (wie fie die
Klanganalyfe verlangt) erw,ehrt, anderfeits, weil die Anhanger moderner Murik den Stii eines Kunft-
werkes anfeheinend nur aus Teinen klanglichen Eigenfchaften herieiten. Beide GrUnde entbehren
der Berechtigung, denn das Lineare -in der Polyphonie darf des Zufamnrenhanges nicht entbehren.
Der Zufammenha'ng begrOndet fich aber nur aus den -akkordlichen Gemeinfchaften, Ferner: der
Stii eines Kunftwerkes fchiieBt auBer den kianglichen Eigenfchaften in fich dasMotivifche, Rhythmifche,
Strukturelle und Afthetifche, famtlich Eigenfchaften, die in-diefen Auffatz nur wenig beruhrt
werden. Wie die Beherrfchung einer Sprache nicht ohne Kenntnis der Grammatik mOglich \lt,
to fetzt auch das Verftatidnis der Mufik die Heranziehung der Grammatik voraus, wenn auch die
mufikaliFche Grammatik vieifach von dem herrfchenden Stilprinzip und von fubjektiver Auffaffung
abhangig ilt.
Das Verftehen hypermoderner Akkorde durfte auf keine Schwierigkeiten fto&en. Wir milffen
uns nur in die Vorausfetzungen hineindenken, denen unfer Mufikempfinden unterworisn ift und
die uns wenig Oder garnicht zum BewuBtfein kommen:
1.) Das Mufikempfinden der Bewohner der nOrdlichen KUftenlSnder und Tiefebenen Europas
wird zum groBen Teile von einem halbftufigen Leittonfyftem geleitet, dem fich die Gauz-
ftufen angliedern.
2.) Wir horen nicht Mufik, -wie fie klingt, Tondern wie' wir fie auffaffen.
3.) Tone ohne Auffaffung unferfeits kOnnen. zwar unter den Begriff „Mufik" fallen, ftehen
aber auf derfelben niederen Stufe wie der Tonfchall eines. beliebigen KOrpers und wie
Geraufche, die auch z. B. im Orchefterfpiel Platz finden.
4.) Erziehung und Kultur fetzen in jedem Menfchen jeder Raffe ein Tonempfinden felt, das
zum Ausgangspunkt bez. Gradmeffer fur tiefere, geringere oder fehlende Auffaffung wird.
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5.) FUr uns ift jeder Zufammenklang oder jede melodifche Linie dem Gefetze der Spannung
und Entfpannung unterworfen.
6.) Der Stimmungsgehalt eines Tonftlickes bedient fich famtlicher 5 Punkte.
Geographirche und klimatifche Verhaitniffe begrUnden bei den Bewohnern der Tiefebene den
Vorzug des halbftufigen Leittones und der Ganzftufen und bei den Bewohnern der Hochlander
und Gebirge den weiterer Intervallverhaitnilfe. Diefer wichtige Grundfatz hat die Kirchentonarien
wegen ihrer ganzftufigen Leittone bei uns niemals heimirch werden larfen, ferner zu der Regierung
der beiden heutigen Tongefchlechter geftlhrt und vird flir die Zukunft neuen Tonfyftemen nur
mit dem grOBten- Widerftreben Raum geben.
Befonders bemerkenswert tit der hiftorifche Werdegang der Halbftufe. Die Gelchichte der
Verfetzungszeichen lehrt uns durch den wachfenden Gebrauch des Kreuz- und Be-Zeichens die
Befeftigung der Halbftufe zunachft als Leiteton, dann als Farbton, Alterierung und Mitte! zur Klang-
vertretung. Die Halbftufe war und i Ft es, die der Grundfarbe des Urklanges nach und nach feinere
Licht- und SchattentOne auffetzte, fo tief und einfluBreich, daS IchlieBlich das Tonalitatsgebaude
ein ganz neues Ausfehen erhielt, TodaB heute der Wunrch zu einem Neubau aufkommt. Obgleich
jeder Fortfchritt an dem GebSude der Tonalitat rUttelt, irt Jiefes dennoch mit feinen Grundpfeiiern
Tonika, Dominantc und Subdominante (Hehe Tonnetz) bis in die Jetztzeit hinein feft verankert
geblieben, und muB der Fortfchritt vorderhand noch damit rechnen, d. h. jeder hypermoderne
Akkord muB fich darauf zurilckfUhren laffen. Gefchieht diefes mcht, Ttehen wir einer Discrepanz
oder TSnen ohne jede theoretirche Auffai'fung gegenuber. Ich tage „theoretifch a , denn das Mufik-
horen-erfaffen richtet fich bis heute zunachft nach der mufikalifchen und dann erft nach der
arthetilchen Auffaffung. Befondws ist es der geheimnisvolle Zug des Kreuzhalbtones nach oben
und des Behalbtones nach unten, der in uns die Auffaffung, das Verlangen nach einem Tonaiitats-
ktang zu dirigieren fucht. Die Halbftufen fuchen jede Abzweigurg der freien Harmonie auf die
Hauptbahn der eKentiellen Tonalitat zurtlckzufuhren. In ihrer Eigenfchaft als beziehungsfreies Interval!
w]rken fie ftets klangkontraftlich und enthalten fomit den grOBten Bewegungstrieb und damit
einerfeits die lebhaft atmende Kraft der Auflofung und anderfeits die ftarkfte Nahrung der Atonalitat.
Es ift ein Irr+um zu glauben, daB wir die Tone fo horen, wie fie an unfer Ohr treten. Nicht
das Ohr hbrt fondern das Gehirn. Das Ohr fpielt bloB die Rolle eines Schallleiters. Im Gehirn
affimiliert Hen der gehOrte Klang mit den in uns lebenden Tonvorftellungen und wird dort ein-
gefchaltet. Solange fich dieres auf einen komplizierteren Klang bezieht, der fich nach einem '
Tonalitatsklang- auflofen laBt, erfcheint die Einfchaltung mtlhelos. Selbftverftandiich richtet fich
die Auflofung nach dem Strom des Zufammenhanges. (Beifpiel I).
Die Halbrtufe Offnet hier Ttlr und Tor fCr alle moglichen Wendungen. Bewundernswert, ja
ratfelhaft finde ich dabei die Tatigkeit unfere's mufikaiiichen Gehirns, dift Diskordamen* (a) auch
dann auf zweite Akkorde (b) zu beziehen, wenn diefe nicht ■zum Erklingen kornmen. Daraus
refultiert die Aneinanderreihung fremder Akkordgertaltungen (a) mit fehlenden Auflohingen (b) ohne
Verletzung des Zufammenhanges.
Nun komrnt es aber hSufig vor, daB moderne Akkorde fich einer Einfchaltung wehren.
Wir horen den Klang des Beifpiels II
Im Gehirn entfteht folgender ProzeB: Der Klang erweckt im er[ten Augenblick ein Unbe-
hagen. Da er fich nicht mit unferm TonalitatsgefUhl fofort deckt, itt das denkende Gehirn bemuht,
den Klangknauel zu entwirren. Unfer AuflofungsbedUrfnis, unterftutzt durch das ftromende fcalb-
ftufige LeittongefUhl'zieht das h nach c, das as nach g, das dis nach e, falls der Akkord inner-
l.alb des C-Bereiches Kent. Der ProzeB der Klangwirkung ift alfo mit der Intonation nicht
erledigt Das Gehirn verarbeitet jeden derartigen Klang weiter, befonders wenn er als Endakkord
ertont und fUgt ihm in der Vorftellung im BewuBtfein oder UnterbewuBtfein einen Klang bei, der
*i Unter ^Diskordanz" verstehe ich einen auBerhalb der Tonalitat liegenden Akkord, der uns die Muglichkeit
glbt, in einen Tonalitatsakkord Qberzuleiten, eine VorauBSetzung, die der „Diskrepanz" fehit T
270
r'riilmtiHTrtttftTt
A*
*) Bekanntlich der Unterschied zwischen „Augeumu8iV und .Ohrenmusik", auf den hlcr nicht weiter ein-
gegangen werdep kann.
271
dem TonvorTtellungsteben des Horers entfpricht. Als Endakkord wird dann entweder gehOrt
c e g c oder c e g h (als Konfonanz) oder — ein folcher fehlt. Im letzten Falle entfteht efn
UnSuftgefuhl. Die Urlache atefes kann Jein ein gefundes aber wenig differenziertes Tonalitats-
gefUhl, oder ein Mangel der Moglichkeft halbftufiger Auflofung, (z. B. BciFpiel III).
Dabei mtiffen wir fcharf anterfcheiiden, ob wir den Klang blofi horen oder atich in
Noienrehen.*
Der ietzte Klang erfcheint in unferer Voriieliung namlich nicht, wie er gefchrieben fteht,
fonriem wie in Bei>pie: IV und loft Hen dann im Geifte nach Es-dur (fis nach g, d nach es, a
nach b) orier D-dur (es nach d) auf, je nacbdem eine oder die andere Tonart vorher regiert.
Entrpricht es nun aber dem Willen des Komponilten, den an errter Stelle gebrachten Akkord jj.
lo zu fchreiben, wie in Beifpiel V, so vermag das Auge aJIerdings wenig damit anzufangen, das <■
Ohr dagegen hdrt den ersten Klang — wtnn das Auge ausrchaUet. Arbeitet das Auge mit, Ji
fo entfteht ein Monftrum, d. h„ „Seltfames, wodurch die Gotter BOfes anzeigen". Das Gehirn i' L
kann den Akkord nicht verarbeiten. Das tonale Gefuhl will ihn abiehnen, weil er der \\
phyfikalifchen Eigenfchaft des Geraufchklanges nanekornmt, alio einem unaufgeloften , Ji.
Schwingungskonglomerat entlp'richt. Da man aber jedem Geraufch in de;* Mufik eine althetilche :j
Deutung unterzulegen bemtiht i[t, vermag nur der Stimmungsgehalt die Exiltenzmoglichkeit des >j
Akkordes zu retten. ,!
Zwecks Anfchauung moderner Akkorde iff eine Grenze zu Ziehen zwifchen mufik-theoretifcher j
und afthetifcher Auffaffung. Die Verwilchung beider Arten filhrt zu dem unglilckleligen Beginnen, j
die Akkorde in ein Syftem zu bringen. Afihetik als Wirkung des SchGnen kann nicht fyftematifiert | :
werden. Und wenn es der Einzelne dennoch vertucht, bleibt es eine Schubladenwahrheit, d. h. ■ j
die Wahrheit des Syftems dringt als rein fubjektives Ergebnis nicht nach auBen. Wohl kann |
eine Mthetifche Deuiung uns beeinfluffen und iiber^eugen, aber He bleibt auf dem gedeuteten j
Akkord fteheTi, breitet rich nicht als Syftem aus, Wenn R. StrauB am ScrduHe leines Zarathuftra j
zum H-dur Akkord das tiefe c dreimal bringt und diefern c die Deutung des „unauflOsbaren ■?
Ratfels der Welt" gibt, fo vermag wohl der wiffenrte HOrer dieler Privatanficht beizuftimmen. Die 1
Ungllicklicnen, die das deutende Wort Strauss nicht erfahren, werden wahrrcheinlich.das c als J
unreines h h5ren, oder dem c halbftufig das h im Geifte nachfolgen laften, oder fie fragen fich: j
was loll das c? — Wo oder wie hilft hier ein Syftem? Hier beginnt die Mauer, welche fich vor ).
dem Verftandnis der Atonalitat aufrichtet. Manche wollen He mit Gewalt ftttrmen und tiberkiettern, k j
urn die'neuen Schonheiten erkennend zu fchauen. ',v-j bitteMagegen, mit mir einmal die Ma,'.er
in Ruhe z\\ umgehen unci mir in das Reich mcines lonnetzes zu folgen, um von dierer H&he aus
einen Fernbhck in neye Weiten zu gewinnen.
Die TonalUat beherrfcht unfer Geftihl noch immer in viel grOSerem MaBe, als wir zu ahnen
vermOgen. Sie Off net uns Ausblicke auf Gelande, deren Nutzbarmachung nicht erfchOpft ift.
Mit Ruckficht auf eine Tpater zu zergliedernde Notenbeilage von H. Scherchen, wSble ich als
Aiisgangspunkt memes Tonalitatsnetzes den Toualton B. Ich teile die Entfernungen vom Hauptton
in 4 Zonen ein (I, II, III, IV). Im Bereiche der 1. Zone finden wir dte Gepflogenheiten der
klaffifchen Mufik bis etwa zu Beethcvens Zeiten. Die 2. Zone erweitert das Gebiet Die 3. und
4. Zone enthalten die Grundakkorde, auf die fich audi die modernen Tongeftaltungen einftellen
lalfen. Die Pfeile bezeichnen den normalen Verlauf des Tonalen. Unter jedem Hauptakkord:
T = Tonika
D — Dominante .'^ v -t
S ~ Subduminante
Tp = Tomkaparallele
.i*
Dp — Dominantparallele
Sp = Subdornjnantparallele
Urn = Untermediante
Om = Obermediante
Uehen eine Anzahl Akkorde, die an Stelle des Hauptklanges treten konnen.
jedem Buchftaben geben die Anzahl der klangvertretenden Akkorde an:
S > T «-
Es^ B
Die Ziffern hinter
b<7)C(4) C(7)0(4) fes(7)Ges(4) Ges(7)As(4)
f(7)G(4) G(7) A(4)
IV.
C (7) D (4) D (7) £(4) c(7) D($) D(7) E(4)
Direkt verftandlich find die durch einen Pfeil verbundeuen Akkorde z. B. von Ges und B,
von d und B usw., Oder umgekehrL Fehli die Verbindung, folgen alfo zwei Akkorde nacheinander,
die durch keinen Pfeil VerknOpft find, fo entfteht eine Spannung, die unter gewOhnlichen Ver-
haitniffen fich fchliefilich nach B aufloft.
Je weiter eine Akkordfolge fich aus Zone 1 entfernt, umfo grtfSer wird die Spannung.
Dauer und Kraft der Spannung lafren fchlieBIich cine RQckkehr nach Zone I vergeffen. Die
fchwingende Llnie fetzt fich entweder an einem araeren Punkte felt oder verliert fich im Raume.
In der modernen Mufik tritt das Tonnetz felten rein auf. Die Tttne bekomraen neue FSrbung
durch- die klangvertretenden T5ne, durch Vorhalts-, Durchgangs-, Wechiel- und andere NebentOne,
vor ailem aber durch die RUckung d. h. Verfchiebung eines Tonkomplexes auf eine andere Stufe.
Welch' ein unerfchOpflicher Reichtum Iiegt allein Tchon in der Anwendung diefer rein mufi-
kalifchen Mittel!
Wenn ich nun verfuche, eine Frucht moderner Tonauffarfung (Lied von H. Scherchen, Noten-
beilage zu Heft 7 diefer Zeitfchrift) mufiktheoretifch unter Auslchaltung der motivifchen, rhythmirchen,
aJthetifchen Eigenfchaften zu zerlegen, fo will ich damit einerfeits den Anhangem der alten Schule
beweifen, da6 ihrc tonale Anfchauung fich auch nach diefer Richtung hin ausdehnen laBt, anderfeits
272
den Neutoflern zeigen, wie ftark die Wurzeln der AtonalitSt noch aus dem fjodert der TonalitSt
ihre Nahrung faugen.
ZeichenerkiSrungen: Da die I6tel Notenfiguren in gleichen Taktvierteln laufen, faffe ich den
Klang jedes Viertels als ein Ganzes auf; fodaB in jedem Takt 4 Klangdeutungen ftehen. erkennbar
durch die Anzahl der rOmiTchen Zonenziffern. Die 13 Takte ftimmen demnach mit der Taktzahl
des Originals Qberein. Der Pfeil deuW.i auf die ZugehBrigkeit zum Grundklang. Sofern diefer
nur latent vorhanden, findet er lich eingeklammert vor.
Bei den „RUckungen" rind die Urtonc befonders benannt. Vorhalts-, Durchgangs- und
liegenbieibendeTone bleiken unbeachtet, da tie den Grundklang wohl fchattieren aber nicht zerftttren.
• = Akkorri des Klangiietzes,
X - Spannungsakkord, der in einen Tonaiitatsakkord ilbergeht,
O = Klangvertret-ung etnes Tonalitatsakkordes,
O = RUckung,
* = halbe Rtickung; ein Teil des Akkordes in Urlage, ein Teil als RBckung.
Die Gefangstone fchmiegen lich trotz ihrer abweichenden tonalen Dehnungen zumeift den
Begleitklangen an. Nur unter Vorausletzung diefer Auffaffung konnen fie ttberhaupt in richtiger
TonhOhe gefaBt und getroffen werden. Das abfolute TongehOr fchaltet hier aus, weil die dunkel-
gefSrbten BegleitkI3nge ohnehin ein tadelloles Treffen gefahrden, wobei ich annehme, dafi die
Ton*: gefungen und nicht fpreehfingend deklamiert werden follen.
1 2 3
I • i. o i , © i, • i I © nx ■ , o i, © r, © 1 1 • i , © r , © n , © i
-| T. D + (S), M *, D + (D)| S-*(Um), S , D , S | D-v(S), D > D*(Sp), S
|bdese=|cesges=t d =.des
I a c es | d f as |
4 5 6
• IV , • TV, © TTI , © TIT , • TI , • IT • IT, • II I * IV , © IV, B II, © n I
DXS-vSp), - ,D + (Um) D + (Um) D*(S), — , — f — D-*(D*Dp), — ,D*(S), —
, ©TTI ,
©TIT ,
,D + (Um)
D + (Um)
|bdb =
bb -a
1 as c as
O I ,
s T
O I
OI
O I
O I ,
D4(T)
D*(D)
S*(T)
__
T
T
Bdur=
Hdur
Hdur
Hdur
—
Hdur
Hdur
o i o r
D+(S) =
S4(Sp)in
Bdur
©m ,
©IH,©I ,©i, ©n
D*(Sp+)
—
D*(D)|-|Sp->(Sp)
CIS gis =
1 1
f as
1 1
10
© II , ©II, ©II, © TI,
Sp + (Sp)| -,-,-,
11 12
• I, O II , © I • I
T, D + (S), X+;P*(D)
13
• I , ©I, OI, ©1,1 ©I, ©I, ©I, ©III
S- , S- S S S~ S- T, T
*=«, I I
Aus diefer Zerlegung find folgende Refultate zu erkennen:
Ich denke inir das Original wie ein Pflanzengewebe, deffen Wurzelenden in den unfichtbaren
Boden der Tonalitat hineinregen. Zwar tritt die Tonart B dur nur an wenigen Stellen unmitteibar
auf, aber die latenten, in Klammer gefetzten, klanggehorigen Tonnetzakkorde fDgen fich in den
Zurammenhang Wie Tehr diefer Zufammenhang auBerdem fUhlbar wirkt, erfehen wir aus dem
haufigen Vorkommen der Zone I. Nur an wenigen Stellen verliert fich das Lied auf andere
Zonen. Trotz feiner vielen klangvertretenden TOne und Vorhalts- Durchgangs- und fonftigen
Nebentonbewegungen wird das Fundament der Tonalitat nicht rerftOrt. Der naiv FQhlende wird
diefes zwar beftreiten. Er hort Tonfummen, deren Poften er nicht auf fein wenig differenziertes
TonalitatsgefUhl einftellen kann.
Jedenfails kann ich mir einen murikalifchen „Zufaramenhang a nur in der von mir erklarteu
Weife vorftellen. Die afthetifchen, motivifchen, rhythmifchen, ftruktuellen Zufammenhange mflgen
273
andere Wege gelien, die zu verfolgen, Hcherlich Aufgabe diefer Zeitfchrift fein werden; hier
befchSftigt uns bloB der muHkalirche Zufammenhang.
Nun kOnnte oiir entgegengehalten werden, daft die latenten in Klammern ftehenden Kiange
Qberhaupt nicht in das Geftlhl treten und datum a;,:ch nicht von EinfluB lein kOnnen. Ich nehme
an, daB ich mit meinen etwaigen Gegnern in einem Punkte iibereinrtimme: Jeder Akkord der
neuerten Schule ift als ein Spannungsakkord aufzufaffen, denn neben der phyfifchen Wirkung:
EinfluB der Schwingungen und Schwehungen auf die Nerven, gilt als erfter, grundlegender
plychifcher Reiz: Die Spannung*).
Die Spannung in einem Akkorde JUhlen wir aber nur dann, wenn er Intervalle enthait,
die das Verlangen nach einer Entipannung in fich tragen. Intonieren wir zurn Betfpiel einen
Zufammenklang von 5 TSnen in tieftter Lage auf dem Klavier, die je eine Halbftufe auseinander-
liegen, lo empfinden wir nur ein Geraufch ohne Spannung, mit dem wir nschts anzufangen wiffen.
Schlagen wir aber in hOherer Lage Oktaven diefer Tune an z. B. c' cis' d' dis' e', lo macnt
lich die Terz c'-e' tenon als tonaler Klang bemerkbar. Das Liedbeifpiel enthalt nur Akkorde mit
Bestandteilen, die fich nach einer cntfpannar.g fehnen, deren Erfllllung in den eingeklammerten
Akkordzeichen liegt.
Zeit der Entrpannung und HOrbarkeit des entrpannenden Akkordes fpielen dabei
eine fekundare RoIIp, d. h. fie eriiaiten durch dee STthetifche FUhrung bezw. durch den
Stimmungsgehait ihre Beftimmung. Unfer UnterbewuBtfein, das eine unendlichs Zaht von
Tonvorltellungen in Bereitrchaft halt, bringt, uns unbewuiSr, die entfpannenden Tongeftaltungen,
Tofern der Komponilt fie fehlen l&Bt, ftets an geeigneter Stelle — biszu einer gewiflen Grenze,
.die aber von der Atonalitat in der Form, wie wir fie in dem Lieue von H. Scherchen vorfinden,
niche tlberfchritten wird.
A. SchOnberg gibt zu, daB feine Mufik nicht bloB einem Zwange des AusdrucksbedUrfniffes,
fondern auch dem Zwange einer unerbittlichen aber unbewuBten Logik in der harmonifchen
Konftruktion entfpricht. — Stimmt dierer Grundfatz nicht genau mit meiner Aufftellung iiberein?
SchOnberg hat Recht, wenn er die Harmonielehro eine „Handwerksiehre u nennt „Es gibt kdne
Harmonielehre, fondera nur eine Prychologie bezw. Phyfiologie der Harmonielehre", eine Behauptung,
die fich volUtSndig mit meinen Erklarungen uber hypermoderne Akkorde r»eckt.
, Nun Tehe ich aber Hans Jtirgen von der Wenfe vor mir. (Beilage zu Heft 4 diefer Zeitfchrift).
Ich habe diefes Lied Laien, deren Mufikiinn etwa bis Debufl) reicht, vorgefpielt. Sie
wandten Uch mit Entfetzen ab und fallttn ungtlnrtige Kritik. Man foil jedoch niemals eine miBfailige
Mufik ohne weiteres verwerfen, weil die iichuld vielfach auf Seiten des Horers liegt. Und das
iit hier tatfachlich der Fall, weil der*Horer die Gefetze nicht erfaBt, wonach v. d. Wenfe arbeitet:
I. Die chromatiiche Halbftufe gilt als klanggehbriges Interval!, nicht als klangkontraftliches.
■2. Jedc tonale Unterlage ift mit Sorgfalt zu vermeiden, daftir ^ie Quartenverw^ndtfchaft als
Grundlage einzufetzen.
3, Fur die Logik der Tonalitat ift eine neue Logik einzufetzen, die zwar iheoretifch noch nicht
feltliegt, aber im GefUhl fchon vorhanden ift.
Zu 1. In der Tonpfychologie kennen wir die chromatirche Halbftufe als klangkontraftlich
und zwar in der Gleichzeitigkeit. Im Nacheinander wirkt diefe Halbftufe als „Chroma JJ , Farbe,
d. h. im langramen Tempo fllhlen wir (aufwarts) den unteren Ton als Leitton zurn zweiten Ton,
wodurch ein dauernder Farbenwechfel entftehf, for der chromatifchen Tonleiter den Namen
gegeben hat. In der Gleichzeitigkeit rtoBen beide T&ne aufeinander, da fie akultifch Schwebungen
hervorbringen, die das Kommenfurable unmoglich machen. Als w muiikalifcher tf Faktor ift die
gleichzeitige chromatifche Halbftufe deshalb nicht zu rechtfertigen, wohl aber als „&fthetifcher M
* Die Spannung 1st psychischer nicht* physischer Begriff. Ware das letzte richtig, dann miiBte jeder Akkord
bei alien Volkermassen dieselbe Spannung auslosen, was bekanntlich nicht der Fall ist. Die physische Wirknng
eines Akkoides ist dagegen bei alien Menschen dieselbe, namlich EinfluB der Schwingungen und Schwebungen
auf die Nerven.
274
"C
t.-L
Faktor, als welcher er dcnn auch faft in jedem Akkordc des Liedes Anwendung findet. Dasfelbe
fcheint filr die 32iel Quartenfiguren zu gelten.
Der HOrer mu6 Hen mit aller Kraft zu befreien fuchen von der Lockung, befonH' s die
mittelhohen und hohen Klange „mufikaliroh" d. h. klanggehorig aufzufaffen, wie es z. t ^ei der
Stelle w mit Ausdruck" der Fall ift. Mancher HOrer wird fogar behaupten, daB die ungeheure
Spannung, welche diefen Akkorden innewohnt, nur aus einer tonalen Unterlage zu erklSren ift;
denn das Fehlen bez. Leugnen dieTer Unterlage wUrde die Wirkung zu einem Nervenkitzei
herabdrQcken.
Zu :*. Die TonalitSt kennt nur Quint- und Terz-, nicht Quartenverwandtfchaft. Wenfe's
(Schonberg's) neuer Grundfatz fttttzt fich auf die wunderbare FShigkeit unTeres TonHnnes, rich
mit Hfllfe der Gewohnheit auf neue VerhSltniffe einzuftellen, fofern diefe im Bereiche der
12 Halbftufen Hen bewegen bez. entwickeln. Diefer Fahigkeit verdanken wir den Fortfchritt in
der Mufik.
Zu 3. vermag ich mich nicht erfchupfend zu < iern. Ich empfinde nur eine Gemeinfchaft
mit der Mufik unfer Heroen: k j der Ton hat die Eige iTohaft einer beronderen Stellung, die durch
keinen anderen Ton erfetzt weruen kann, im Gegenfatz zu den Maffentonen des brillanten Stiles.
Der Unterlchied zwifchen dem" Genie der Vergangenheit und dem Genie der Gegenwart liegt
m. E. darin, daft erfter den Ton rein mufikahTch, zweiter dagegen rein SfthetiTch auffa&t. Der
Erfte betrachtet das Mufikalifche als Vorbedingung zum Afthetifchen; der Zweite dagegen
bedient fich der TOne als Ausdruck des Afthetifchen.
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Flugel . Pianos . Harmoniums
MMMtaii
275
Die Umformung der modernen Klangkorper
..'... ,"...'_ ^ Von UdoRukfer.
Der heufige Komponiff fuchf nach neuen Ausdrucksmoglichkeifen. Und urn Jich
moglichff eindringlich mifzufeilen, priiff er die verfiigbaren Klangmiffel forgfalfiger als
die vorige Generation. So iff die Inffrumenfenfrage und damif audi die Akuffik wieder
von grofSfem Infereffe geworden. — Denn beides find nichf fur den Schaffenden
belanglofe Angelegenheifen, wie man oberfladilidi wahnen konnfe; der fichere Inffinkf
Jagf dem Heufigen, daj3 off ein neucs Inffrumenf, ein neuer Klang werfvolle Anregung
zum Schaffen geben kann. Der Zufammenhang zwifchen der dem Material ergebenen
Sinnlidikeif und dem fchaffenden Geiffe iff weif enger als man glaubi was der alfe
Goefhe Eckerrnann gegeniiber off genug bezeugf und Richard Sfrau£> im Vorworf zur
Berlioz'fdien Inffrumenfafionslehre mif Rechf befonf hat. Und es iff eine in der Mufik-
gejduchfe immer wiederkehrende Erfdieinung, da£ zwifdien der Produkfion von Kunff-
werken einerfeifs und den Inffrumenfen und ihrer Technik andererfeifs ein enger Zu-
fammenhang beffehf; Jo dajS man immer wieder fehen kann, wie mif ffeigender
Verbeflerung der Klangkorper audi eine Bereicherung des mufikaiifdien Sdiaffens
einiriff. Daher handelf es fich im Nachffehenden nichf, wie es j'eheinen konnfe, allein
ums Inffrumenfationsfedmifche, fondern weiferhin um die Anbahnung neuer mu-
likalifcher Moglithkeifen. .
Gemeinhin Jfehf aber bei fokhen Befrach*ungen das Problem der Tonhobe im
Vordergrund des Inferejffes. Die Realifierbarkeif von Tonbruchfeilen, Vierfeltonen,
Sdiwebungen und dergl., zu denen bereifs die verfchiedenffen Wege gewiefen find/)
Auffallend vernatjilaffigf wiirde dabei die Qualifaf des Tones, die Priifung feiner
phyfikalifdien Sfrukfur. Ich kann a ' auf allerlei Inffrumenfen geben, aber frofz un-
beffreifbar gleicher Tonhohe find die Tone dem Charakfer nodi ffark verfdiieden. ein
Fakfum, aus dem Sdionberg im 3. feiner 5 Orchefterffiicke ein charakferiffifches Momenf
gewonnen hat Diefes phyfjkalifdie Momenf iff es, das forgfalfiger Unferfudiung
bedarf. Hier neue Wege gewiefen zu habea iff das auj5erordentliche Verdienff von
Johannes Mofer, auf deffen Klavier hier von Leichfenfriff gelegentlich fchon hingewiefen iff.
Daher feien die Grundgedanken des demnadiff erfdieinenden Moferfdien Buches: „GIocken-
fon als Idealklang" kurz dargeffellt
Die Bedeufung der Tonqualifaf friff bei der foliffifchen Verwendung einer Klang-
mafthine weniger hervor, als bei Enfembles irgend welcher Arf. Als Haupffyp diefer
gemifdifen Klangkorper fei hier das Crcheffer befradifef. Das Normalordieffer beffehf
. heufe aus: 21 erffen Violinen, 20 zweifen Violinen, 18 Violen, 8 erffen Celli, 7 zweifen
Celii, 10 Konfrabaffen, 4 Harfen, 2 grojSe Elofen, 2 kleine Flofen, 2 Oboen, 1 Englifch
Horn, 2 Klarineffen, 1 Ba£klarineffe, 4 Fagoffe, 4 Ventilhornern, 2 Venfilfrompefen,
3 Pofaunen, 1 Baj3pofaune, \ Ba$5tuba, 2 Paar Pauken und 4 Paukenfchlagern,
1 gro£en Trommel, 1 Paar Becken; hiermif vergleidie man das Normalordieffer
Mozarffcher Befe&ung: 11 erffe Violinen, 10 zweife Violinen, 4 Braffdien, 4 Celli,
4 Confra-Baffe, 2 Elofen, 2 Oboen, 2 Klarineffen, 2 Baffe und Horner, 4 Fagoffe,
2 Horner, 2 Troinpefen, 4 Paar Pauken**).
Die UJberzeugung von der Vorziiglichkeit des heufigen Apparafs gehf fo weif, daj5
haufig diefe Normalbefefzung audi da angewendef wird, wo fie nidi! vorgefchrieben iff.
Man verglel&e bei Badv oder Mozaxfauffiihrungen die faffachliche Befefzung mif der
vom Kcmponiffen verlangfen! Vor ailem Verdoppelungen (befonders der Sfreicher
* vergl- die hier verMfentlichte Arbeit von Awraamotf.
„ V.nur beiiaiifig sei aut die sonderbare Gewohnheit hingewiesen, die Pauke, ein ausgesprochenes Hiano-
instniment zu Forteeffekten zu rnliibrauchen.
und Holzblafer) werden fur unbedenklich gehalfen; ja Nikifch haf fo gar am $chlu£
der Tannhaufer-Ouverfure eine Verdopyelung der Horner vorgenommen)
Das Zufammenfpiel mehrerer Inffrumenfe haf nur dann Sinn, wenn eine gewiffe
klangliche Homogenifaf erreichf wird; wenn die Inffrumenfe fich zu einem einheiilichen
Klangkorper zufammenfugen, wenn alio die Klange der einzelnen Inffrumenfe zufammen
wirklidh einen phyfikalifch einheiflidien Klang ergehen. Das iff fiir das Zufammenfpiel
mehrerer Inffrumenfe unerlapliche Forderung. Diefer wird aber das heufige Orcheffer
ganz und garnichf gerednt Nadi den heufe fchon ziemlich in Vergefienheif geratenen
lielmholtzfchen Forfchungen iff pliel&iangkurve der Violine, ebenfo wie die des gewohnlichen
Klavierfones eine ffark gezackte Zickzacklinie, d. h. der normale Violinfon enfhalf zahl-
reiche disharmonifche Oberfone. Bei den fieferen Sfreichinffrumenfen und bei den
Blafern frefen diel'e enfweder garnidif auf oder doch ffark zurtick. Die phyfikalifche
Sfrukfur diefer Tone naherf fich' der der menfchlichen Sfimme, deren Klangkurven eine
ziemlich fanffe Wellenlinie ift, was erkennen lapf, daP der von der menfchlichen Sfimme
erzeugfe Ion keine disharmonijchen Oberfone enfhalf, welche Klangarf nach dem be-
kannfeften in Befrachf kommenden Inffrumenf von Mofer als Glockenfon bezeidinef
wird. Der Ordiefferfon iff alfo eine Mifdiung diefer beiden Klangforfen.
Vergleichf man zunachff eininal beide Klangarf en im H in b lick auf den HorprozeP,
fo ergibf fich, dap die heffig bewegfen (diefe Arf Bewegung haf mif Klanginfenfifaf
nichfs zu fun!) Zickzadwellen, die Von Klangen mif disharmonifchen Oberfonen er-
zeugt werden, den Gehornerv rafdi und heffig reagieren machen, wahrend er im
and?ren Falle nur fanff und maPig bewegf wird. Jene Klangwellen bedingen aljo
beim Horen weif grower en Kraffeverbrauch wie diefe. Da nun die Kraft der Gehors-
nerven nach Moglichkeif gefchonf werden mup, wenn anders der Horer aufnahmefahig
bleiben foil, fo ergibf fich als Forderung, daP moglichff folche Klangkorper zu verwenden
find, weldie Klange ohne disharmonifche Oberfone erzeugen. Die Orchefferbefefcung
mupalfofo b emeff en werden, da p i rn 6 efamf klang die Ton emit disharmonifchen
Oberfonen nichf iiberwiegen. Dabei \}i zu beriickfichtigen, dap diefe Schwingungen
fich fchon dann das UJbergewichf verfchaffen, wenn fie in der Klangffarke den Glocken-
fonert bedeufend nachffehen, wie denn audi ein einziger diffonierender Ton genugf,
eine Konfonanz vollig aufzuheben.
Befrachfef man hiervon ausgehend die Mozartfche Orchefferbefefsung, fo fallen die
21 Vioh'nen gegeniiber der ffarken Bapbefe^ung nichf fd fehr ins Gewicht, daP fie
vollig dominieren konnten, obwohl auch fchon diefe Klangmifchung zumal im forte nichf
abfoluf davor geficherf iff. Anders fchon bei Beethoven, der die Violinen vermehrf,
ohne den Bap hinreichend zu verffarken; fo kommf es bei ihm off genug*) vor, daP der
"Violinklang mif feinen disharmonifchen Oberfonen den Bap vollig decht Und heufe
iff das fchlieplich das Normale geworden, feu Berlioz und Wagner die Violinen auj5er
jedem Verhalfnis zum Bap verffarkf haben. Hierzu friff noch die durch eine folche
Vermehrung der Sfreicher bedingfe Verffarkung der mechanifchen Krafc- und Schabe-
geraufche, die bei einem grower Sfreicherdior fchlechfer dings unvermeidbar iff und den
reinen Klang mehr beeinfrachfigf als man gewohnlich denkf.
So erklart fich die bekannfe Erfcheinung, dap der heufige Orchefferfon fro§ aller
Fiille und Modulafionsfahigkeif unzureichend und ermiidend iff. Das Ziel muj3 mifhin
fein, im Orchefferklang die Tone mif harmonifchen Oberfonen enffcheiden zu laffen.
Hierfur gibf es zwei Wege: enfweder man fdieidef die Inffrumenfe, welche Klange mil
. disharmonifchen Oberfonen erzeugen vollig aus, oder man fuhrf ihre Wirkung durch
Verffarkung der anderen Klanggaffung auf das zulaffige Map zuriick. Die Moglichkeif,
* Zum Bcispicl im I. Satz dcr 8. Symphonie, wo Biilow die Bafin s 't:r such von dci: Haukeu spiel en liefi,
weil die Basse zu schwa ch siiui (very!. Btrlioz-Strauli inatrumentationsltihre S. 397).
. 277
J :
die Violine in ihrer heufigen Geffalf aus dem Orcheffer zu enffernen, wird vielleichf
fchon in nichf zu ferner Zeif gegeben fein. Denn aus Miinchen wird von der Erfindung
eines ungarifchen Geigenbauers berichfet welche durch Umbildung des Geigenkorpers
zu einer Jiebenfaitigen Geige und durdi eigenarfige Anordnung der Saifen einen Jehr
Jchdnen Geigenfon erzielf, der von disharmonifchen Oberfonen frei iff. Naheres iiber
dicfes Inffrumenf wird hier hoffenflich bald miigefeilf werden konnen.
Das Haupfinfereffe jedoch gilt heute noch der zweifen Lofung. Die Forderunq
' gehf hier zunachff auf erheblidie Verffarkung der Baffe. Selbff ein Laie wiirde heufo
eine Orgel ohne Pedal ablehnen. Das heufige Orcheffer haf aber diefen hodift nof-
wendigen PedalbafS nichf, da durdi die Cibermaplge Sfarke des Diskanfs das nafurliche
Verhlilfnis der Sfimmer. aufgehoben iff. Darauf gehf audi die fchon off bemerkfe
Tragheif der modernen Baffe zuriick. Man vergleiche eine moderne KonfrabaSffimme
mif der eines Bachfchen Werks. Hier iff der Baj3 wirkliche Stimme, weldie am The-
matijdien Jfarkffen Anfeil haf; dorf wird fhemafifche Behandlung des Baffes zur
Selfenheif, weil die geringe vorhandent BaJ3kraff ausfchliep'lich zur Snifjung des har-
monifchen Geriiffs nofwendig iff. Dies iff zugleich eine Folge einer langen homophonen
Gewohnung, die alles Gefchehen in die Oberffimmen und den Nachdruck aufs Kolorif
legf. Man vergleiche zum Beifpiel Cefar Franks Orgelffiicke in der Fakfur mif denen
Badis. Bei diefen iff der Baj3 lebendig, ffefs fhemafifch belebf. Jener haf nur die
Sfafik des Baffes, fodaj3 d'e langen Harmonienofen iiberwiegen. Efwa aus fedmifcher
Unerfahrenheif? Schwerlich, da Frank ein Orgelmeiffer war; die Urfache liegf in der
Neigung, allzufehr die Tonoberfladie dominieren zu laffen, wie audi fchon die Wiener
KlaJJiker dem Bap" redif felfen Bewegung anverfrauen.
%m diefer Verffarkung des Baffes muj5 nodi die durdi Inffrumenf e gro^eren Ton-
umfanges frefen. Dafiir kornmf in erffer Linie die fchon von Berlioz vorgefchlagene
und in feinem Lelio audi durchgefiihrfe Verwendung des Klaviers als Orcheffermffrumenf,
die fich fpafer audi bei D'Indy und Cefar Frank findef. Diefe auf die friihere Vorherr-
Jchaff der Taffenmffrumenfe im Orcheffer zuruckgreifenden Verfuche mup'fen problemafifch
bleiben, da der Klang der gewohnlichen Klaviere im Gegenfa£ zum Cembalo \i ark mif
disharmonifchen Oberlonen belaffef iff. Als Orchefferinffrumenfe kommen heufe vor
allem die Moferklaviere in Befrachf, bei denen infolge des befonderen Refonanzbodens
disharmonize Oberlone nichf enfffehen konnen. Zwar ffehen diefe Inffrumenfe dem
gewohnlichen Klavier ah Klangfulle nach, indeffen iaj5f fich diefer Nachfeil fehr wohl
durdi mehrfache Befefjung des Klavierparfs ausgleichen. Damif ware nichf nur fur den
Baft fondern audi fiir die Miffelftimmen und den Diskanf viel gewonnen.
In diefem 2ufammenhang verdienen audi die Inffrumenfe mancher exofifchen Volker
Beachfung, die bislang noch viel zu wenig unferfuchf find. So z. B. die javanifchen
Gamelangs, die in groj3erer Anzahl einen fehr reinen, glockenfonarfigen Orchefferbap*
abgeben wiirden.
Aus alien diefen Andeufungen ergibf fich, da0 der heufige Inffrumenfalkorper mif
Leichtigkeif klanglich verbefferf und bereicherf werden kann. Die Bedeutung folcher
Moglichkeifen fiir die Kunffenfwicklung iff feif der Umbildung des Orcheffers durcn
Wagner klar genug erwiefen. Fiir den Heufigen beffehf die Aufgabe darin, jene Ent-
deckungen des vorigen Jahrhunderfs lebendig zu erhalfen, indem die erwiejenen
Mangel jener Orchefferreform befeifigf werden.
278
fcj^llil iiillifiMlMi
Ifalienifdies Tagebuch
Von Adolf Weij5mann.
Praludium
Mailand, 1. Mai. Kaum je fpiire idi wie hier die Geburt einer neuen Welt. Die
Skala - jchweigt, haf wahrend des ganzen Winters gefchwiegen. Muj5 fie vor dem Ruf
garender Maffen verftummen ? Wird hier, in dem gelobten Lande der finnlichen Einzel-
melodie, neue Gemeinfchaffsmufik werden? Der M Avanfi" fchlagf den Takt Sowjetgeift
befchwingt den Zug der Taufende. Im grellen Sonnenlicht fchreiten [ie fingend, Gruppen
werden wie Primadonnen begruftt Opernbiihne im Freien. Die Handlung Jtockt nicht.
Sie ift ganz ohne Lyrik Sie rollf im gemein^men Fieber der Manner, Frauen, Kinder.
Fahnen von gluhender Farbe, mit knallig-anfdiaulichen Bildern, iprechen, fchreien, reizen.
Die Regie diefer Oper voll zutkenden Lebens if* ohne Fehl. Nichts Gewaltfames
gefchiehf.
Maiiand iff Kopf Italiens. Turin weniger beherrfcht. Dort fallen Sdiiiffe und Menfchen.
Und in Genua farbt das Meer die Szene urn, tritt der Seemann in den Kreis der im
Welttheater Miffpielenden. Arbeiter, Frauen, Seeleufe, fie alle drangen gegen die
Bburgeoilie.
Unter diefem Vorzeichen fah ich diesmal Italien.
Oper _
Venedig, 3. Mai. Aber feltfam, kerne Revolution — in Italien ift fchleichende Re-
volution — anderf den Grunddiarakter des Volkes. Die Menfchen fiihlen fich freier,
find beffer bezahlf, urn nun defto ungehemmter ihren Inftinkten zu leben. So audi hier.
Ein Tenor Bernardo de Muro enfwurzelt felbft die Fanatiker des gleidten Rechfs.
ImTeatroMalibran befiehlt er als koniglich bezahlfer Konig iiberzeugteften Kommuniften.
Ein hoher Ton machf fie atem- und wehrlos. Das geht nun fo feif Jalirhunderten. Und
heufe, wo die Gefellfchaft in den Fugen kracht Unferfchiditen nadh oben getrieben werden,
ift alles Plakathaffe in der Kunff mehr als je herrfchend:- Das Kino fur das Auge, der
blanke Ton fur das Ohr.
Anderswo, im Teatro la Fenice, finde idi etwas wie kunftlerifche Ariffokratie. Hier
ift das Plakathafte abgedampff. Puccini foil an diefem Abend der gute Geiff des Haufes
fun. Von feinem neuen Triptychon notiere idi das lefcte Buffo-Stuck „Gianni SchicchT
als graziofes mufikalifdies Lufffpiel und als Verhei$5ung.
Alle Edelmufik gedeiht auf einer Infel: im Konfervatorium, im ehrwiirdigen Palazzo
Pisani. Dort ift ein Raum fur Kammermufik. Wo aber wohnt die Sinfonie? Einmal
hatfen fie den glanzenden EinfalL den Hof des Dogenpalaf tes zum Konzertfaal zu ntadien.
In Venedig, wo das Volk luftiger, forg- und arbeitslofer ift als je, wo der Alkohol
das Unabhangigkeitsgefiihl doppelt befeuert, herrfcht das Plakathafte.
Udebrando Pizzetti
Florenz, 1. Mai. Befretet ihr das Haus in der Via Alfani, Conservatorio Luigi
Cherubini genannt, oder beffer gefagf, das Direktorzimmer diefes Haufes, fo Jpurt ihr
feingeiffige Afmofphare. Und der Mann, der fie bejtimmt, Udebrando Pizzetti da 'Parma,
Jcheint euch wiirdiger Erbe jener Geifter, die um 1600 den neuen Stil erfannen. Ein
Einfamer; denn feine Echtheit, fein unerfchutterlidier Ausdrudtswille ftehen in Italien
279
• A
allein. Schwere Arbeit zeichnet fich auf der Stirn, in den Augen diefes Neununddrei£ig-
jahrigen ab, der viel alter Jcheint: Kampf zwifchen Scharffinn und Schopferkraft
Ein Einfamer, fagte ich. Einige Jahre. vorher Jtand er wohl in einer Reihe mit
Casella, Malipiero. Heute fcheidet ihn feine Editheit von ihnen, die mit ihm und anderen,
den Blick auf Franfcreich und Rutland gerichfef, ein Manifeft in die wefteuropaifche Welt
fchichten. Heut Jtrebf er zu einer nation alen, ausdruckstiefen, von der Tradition geftii&ten
Mufik hin. Die Reinheif der Abfichten Monteverdi's ift in ihm; und der Trieb, in diefem
Geift mit zeitgenoffifchen Mifteln weiter zu bsusn. Mit zeitgenoffifchen Mitteln, die ihm
aber nie Selbftzweck werden follen. So wendef er fidi gegen alles Spieierifche. Wir
verftehen unsVvollkommen in der Wertfcha^ung der menfchlichen Sfimme, die, nach
meinem Gefiihl, fiir die Zukunft der Mufik enffcheidend ift. In den Stiicken aus feiner
Oper „Fedi'a", in einer neuen Violinfonate finde ich feine Abjichten mit polyphonem
Konnen verwirklicht
Pizzetti bildet einen Kreis urn fich. Diefer Mann von ftarkem Veranfwortungsgefiihl
und immer wachem Bewuj5ffein wirkt vielfach fuggeffiv. Er mochfe den mufikalifchen
Unterrichf, foweit es in feiner. Krafien fteht, in eine neue Richfung lenken. Freilich fiihlt
er fich durdi fein direktoriales Ami das ihm die Verwaltungsgefchafte aufbiirdet, darin
gehemmt.
tJberwiegend ift j'ein kritifcher Geift Man lefe in feiner Effayfammlung „Musicisti
contemporanei", was er iiber Puccini fagt. So ift in Italien nie, und audi anderswo
nur felten, iiber die Oper gefprochen worden.
Aus dem Pizzetti-Kreis ragf einer heraus: Mario Castemuovo-Tedesco. Hier fpiirt
ihr, wie das Ethos des Maeftro auf den Schtiler iibergeht Spurt, wie aus eingeborenem
poetifchem Gefuhl der Weg zu einem neuen Melos gefudit wird.
Rom
Vom 10. Mai bis 16. Juni. Schleichende Revolution, Minifferkrifis, Lahmlegung der
Gejchafte. Aber das Plakathafte bliiht Pola Negri, Offi Oswalda, Henny Porten
fchauen euch von alien Mauern an. (Diefe Beriihrntheiten hier? Sie gehoren
zum Bilde.) Das Theater, in Jtarkem Niedergange, -wird fich wohl mit dem Theater des
vierten Standes, dem film verheiraten. In ihm werden Keime des Kunftlerifchen fruchtbar.
Audi die Mufik foil dazu helfen. Kapellmeifter Mancinelli, um Wagner fehr verdient
komponierf den Film „Giuliano Apostata". Seien wir nichf fo ftolz abzulehnen,
wenn es noch nicht gelingt. Notieren wir: taftende Schritte, einen pjychologifchen Kultur-
film durch die Mufik noch pfychologifcher zu geftalten.
Inmitten des Plakathaften Arturo Toscanini als Gaft des Augusteo: der primo uomo
iinter den italienifchen Dirigenten. Es bietef fich die Gelegenheif, feine Weltberiihmtheit
auf weniger giinffigem Boclen zu ergriinden: im Konzertfaal. Denn feine Heimat ift die
Oper. In Italien kann ja der Dirigent nicht aus dem Sinfonifchen herauswachfen, weil
eine finfonifche Kultur nur erft beginnt. Seine Phantafie ift alfo von der theatralifchen
oder dramatifchen Situation befruchfet. Mufikalifche Linie ift erft zu erwerben. Das
Romanfifche iiberhaupt nicht
Toscanini ift Italianiffimo. Audi er nicht von Mehrftimmigkeit geleitet Audi er im
lefsten Grunde unromantifch. Wo die Parfifur endet endet auch fein Kimftlertum,
Metaphyfifches ift ihm fremd. Ein Jenfeits der Nofen kennf er nicht Aber das Dies-
feits ift, vom italienifcher Standpi^kt, vollendet Denn in feinem Kopf wohnen un-
zahlige Partituren; fo Jehr, dag er Seite fiir Seite innerlich fieht und kennt Untriig-
liches Ohr, unfehlbare Hand find folcher Kenntnis verldiwiftert Erfahrung hat all das
gefteigert Das Perfonliche ift von der Mannlichkeit beftimmt die, ohne je unedel Oder
gejchmacklos zu werden, dramatifche Schwellungen, Gipfel, Abfchwellungen treffficher
280
herausarbeifef. Diefe Schlagkraft fprichf jfidi audi in der Zeichengebung aus, die ein
Reflex feiner Operleifung iff.
Beethoven, Wagner, Debuffy find die drei grcf5en Stationen des Konzerfdirigenfen
Toscanini. Was daneben oder dariiber hinausliegf, bewegf ihn nichf. Fur die
modernise Mufik fehlen ihm die Nerven. Seine Leidenfchaft fein Glaubensbekennfnis
iff Wagner, den er mif einer Bildhaffigkeif ohne gleichen vor die Sinne riickf. Wie fo
auf ifalienifcher Grundfarbe una von einem unromanfifchen Zentrum aus, aber mif
planvollem Aufbau und ficherer Feinhorigkeif ein durchaus unmefaphyfifcher, dodi
unerhorf fdilagkraf tiger Wagner erffehf: das laf5f fidi audi im Konzfcttjaal. erleben.
Ein Blick auf das Ordieffer, Es kann zuweilen einen Sdiein von Einheif erreichen,
iff aber nidif durdi 13 bung, Kulhir, Tradition zufammengefiigf: kein ffandiges, fondern
ein immer wieder neu zu bildendes. Ausgezeidmefen Blafern, unfer denen die Oboe
hervorragf, ffehen fchwachere Streidier gegeniiber. Dodi: ein Kern iff da. Und Ber-
nardino Molinari, Direkfor des Auguffeo, in alien Partituren heimifch, iff ein zaher
Arbeifer. Ich lefe die Konzertprogramrne: von Handel bis Sfrauf5 gehf die Linie.
Zuweilen ift fie durdi ein Zugeffandnis an das Publikum unferbrodien; oder es blaffen
Liicken. Bruckner, Mahler find fo gut wie unbekannt Die Sinfonie wird in wenigen
beriihmfen Beifpielen vertrefen. Fur die „Eroica" efwa, die heimifche und fremde
Dirigenfen gebrachf haben, iff das Urteilsvermogen des Publikums gefcharff. Das haf
zum Beifpiel Walter Damrofdi zu fpiiren, der das New Vorker Sinfonieorchefter im
Triumphzug durdi Europa fuhren mochfe. Nie fah ich die Romer in einem Konzerf
fo niedertraditig-liebenswurdig wie hier. Gewi£ fpielfe Polififdies hinein: Aber Damrofdi,
ein niichferner, fidierer Bekenner des ftarren Syffems, enffeelfe mif wacker gehand-
habfem Takfffock „ihre M Eroica. Und obwohl das amerikanifche.Orcheffer — kann man
diefe Vereinigung rneiff auslandifcher Spieler amerikanifch nennen? — ein Muffer an
Gefdiloffenheif iff, blieb das Publikum unernff; es fpielfe Damrofdi innerlidi gegen
Toscanini aus.
Rom wachff zum mufikalifchen Zentrum Ifaliens. Organifaforifdier Wille ift da.
Der Graf von San Marfino reprafenfiert ihn, nur au£erlich.
Ich befuche Schluj5prufungen in Sanfa Cecilia. Das Handwerk gedeihf im Scho£e
des Akademifchen. Aber das junge Gefchlechf riiffelf an den Keffen des ffrengen Sfils.
Und Offorino Refpighi iff kein Fugenfanafiker.
Im engen Verkehr mif dexn ewigen Rom, mif fchaffenden und nachfchaffenden
Mufikern verflie^en mir die Tage. Schleichende Revolution, Minifferkrifis werden
zulefzf von Gioliffi aufgehalfen. Nur fcheinbar. Die Garung fchleichf weifer. Die
ifalienifdie Menfchheif wandelt fich mif der ganzen. Audi der Kunff, audi der Mufik
dammerf neue Zukunft
r 28j
Nadirichfen aus dem Mufikleben Raferuj31ands
i" *
Der in London erscheinenden Musikzeitschrift
„The Chesterian" entnehmen • wir folgende als
authentisch angefiihrte Nachrichten fiber das gegen-
wartige russische Musikleben:
„Der bisherige Direktor des Petersburger Kon-
servatoriums Alexander Glasounow ist von seinem
Posten zurfickgetreten. Zu seinem Nacbfolger ist
Boris Grigorieff ernannt worden.
Die verschiedenen Nachrichten voir. Todc
Silotis, des beruhmten russischen Pianisten sind
jetzt endgUltig widerlegt worden. Siloti hat nach
erfolgter Oberschreitung der finnischen Grenze
soeben sein erstes Konzert in Helsingfors gegeben.
Das Musikleben hat in RateruBland sein
frUheres Aussehen behalten, wShrend die anderen
Klinste .alie dem EinfluB der politischen Neu-
konstellation ausgesetzt sind. Die Initiative der
Regierung bestand hier einzig in der Errichtung
einer groBen Zah! von Musikvolkshochschulen,
die hauptsachlich fflr Arbeiter gedacht sind, und
in der staatjichen Zusammensteilung von Kunstler-
gruppen, die durch das ganze Land reisen und
so seibst entiegene Ortschaften mit den orsten
KOnstlern RuBlands in Beriihrung bringen.
Im Moskauer Musikleben haben immer noch
Skriabin und Metner den Vorrang. Umso starke-
ren EinfluB hat der in Genf lebendc Igor Stra-
vinski in Petersburg. Aber auch in Moskau sind
seine Werke „Feuervogei" und „Petruscha" unter
Leitung von Sergei Kussewitzki jetzt zur Auf-
fuhrung gelangt.
In Petersburg bereitet man trotz der groBen
Schwierigkeiten „Petruscha" vor und gedenkt in
nachster Zeit Stravinskis Oper „Die Nachtigall"
(nach dem Andersenschen Marchen „Der Kaiser
und die Nachtigaii"), deren Aufftihrung soil 1916
geplant ist und aus technischen GrOnden bisher
unteibleiben muBte, herauszubringen.
Trotz des feindlichen Verhaitnisses zwischen
RateruBland und der Entente, haben die Peters-
burger Staatstheater Debussys „PeIleas und
Melisande" und „Daphnis und Chloe" von Ravel
in ihr Repertoir aufgenommen.
Die letzten Kompositionen Stravinskis sind ein
neues Ballctt „Der Zinnsoldat" und „PulcinelIa",
ein Baliett, dem Stravinskt MusikstUcke von
Pergolese zugrunde gelegt hat. Ferner ein
„Ragtime" fur 2 Violinen, Viola, KontrabaB, FIbtc,
Klarinette, Horn, Cornett, Posaune, Harmonium
und Cembalo. Dieses Werk stellt einen Versuch
dar, eine der modernen Formen der Vulgar-Musik,
ahnlich wie das in den ersten Tanzsuiten geschah,
in die Sphare der Kunst zu erheben.
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Die Komponiffen der in Melos erfdiienenen Liedbeilagen
_. ... .i...i.„jr.«fiitl
Heft I- ,Das Problem'* von Eduard Erdmann,
(geboren am 5. M^rz 1896 zu Wenden be. R.ga,
dort bis 1914. Sein Lehrer in Theone war Harald
Creutzburg (Riemannschiller), fur Klavier erst Bror
Mollersten (Lescnetit*«yschuler), dann Jean du
Chastain (BusoniachLier).
Seit 1914 in "erlin. Hier Schiiler von Ansorge
1914-17 fur Klavier und von Heinz Tiessen
1915-19 fur Komposition)
Verfiffentlichte Kompositionen:
9 Lieder im Verlag Ries und Erler,
5 KiavierstUcke Jathoverlag,
Hondo fiir Orchester Jathovcrlag.
Symphonie erscheint demnacbst bei
Steingraber-
Heft 2: „Grablied" aus Shakespeare „Cymbelin und
Heft 11: „Reinigung" ^ on Heinz Tiessen,
(geboren am 10. April 1887 in Kiinigsberg.
Studicrte anfanglich in Berlin die Rechte.
Von 1906-09 Schiiler von Ph. Rufer, spacer von
A. Kleffcl und W. Klatte.
jetzt in Berlin als Komponist und Dingcnt.)
Bisherige Kompositionen:
2 Sinfonien (op. 15 C dur, op. 17 F moll
„Stirb und werde!"),
1 Klaviersonate C dur op. 12,
..Naturtrilogie" fQr Klavier op. 18,
Septett G dur fur Streichquartett, Note
Klarinette und Horn op. 19,
Cber 40 Lieder op. 8-10,
Ofchesterstuck „Eine Ibsenfeier" op. 7
(Musik zu Immermanns „Merlin" aufgefuhrt
1918 Berlin).
AuBerdem erschien von ihm ein „Fuhrer
durch R. SirauB „Josephs-
Legende" 1914.
4: „BlQte des Chaos" von Hans JQrgen
von der Wense,
• 0895 in OstpreuBen geboren, stammt aus einem
uradligen althannoveranischen Welfengeschlecht.
Von 1905 ab in Rostock, besuchtc in Doberan bei
Rostock das Gymnasium.
Studierte 1913 an der Berliner Universitat Mustk-
geschichte. Wense 1st musikalischer Autodidakt
und Organist.)
Komponiert hat er:
Lieder, KiavierstUcke, Kammermusik
und Orehesterstilcke.
Er ist Maler und Dichter- Von seinen
Dichtungen hat „Die Aktion" VeretTentlichun-
gen gebracht.
Heft
und Phil-
Heft 5- .Zweier Seelen Lied" von Manfred Gurlitt,
(geboren am 6- September 1892 zu Berlin^
AnWngllch ScNHer von Hugo Kaun, dann Meister-
schuler bei Humperdinck. War Kapellme.ster in
Augsburg und ist sett 1913 Kapellme.ster m
Bremen am Stadtheater)
Komponiert hat er: arm „*\\r
Lieder, Klavierwertce, Kammermusik
Orehesterstilcke und die Oper ,,Die
Heiiige" Text von Haiiptmann, UrauffUhrung
1920 in Bremen.
Heft 7- ,Hast Du die Lippen mir wund gekuBt" von
Hermann Scherchen,
(geboren am 21. Juni .1391 zu Berlin-
1907-10 Bratschist des BlUthner-
harmonischen Orchesters zu Berlin.
Schiller von Paul Juon (Komposition).
1911-12 Tournee mit Arnold Schonberg.
1914 Dirigent des Rigaschen Symphonieorchesters-
Nach Ruckkehr aus russischer a**"*"***
1918 kunstlerischer l.eiter der Neuen Muslk-
gesellschaft Berlin.
Scherchen ist musikalischer Autodidakt.)
Bisherige Kompositionen:
Lieder (6 Heine-Lieder; „Le Tsigane dans
la lune" fUr Alt und Viollne)
Sonate fur Klavier
Streichquartettop-lerschemtdemnachst
im Steingraber-Verlag.
Heft 8: Maskowski,
(geboren in den 70er Jahren.
Nebcn dem jungen Klaviervirtuosen und Kom-
ponisten Prokowjeff einer der bedeutendsten
jungrussischen Komponisten.
Lebt in Petersburg und ist i's B^amter in einer
der stadtischen Beh&rden tatig.)
allem
Komponiert hat er:
Lieder, Kammermusik und vor
drei sehr bedeutende Sinfonien-
Seine Mentalitat entspricht am ehesten Tschai-
kowskys Art in der Sinfonik-
Heft 9' „DeineHaaresindbraun"vonBrunoWeigl,
(geboren am 16. Juni 1881 zu BrQnn.
Schiller von R. WickenhauBer, Otto Kitzler, R. v.
Moisisovics. Absolvierte 1904 Hochschule zu
BrUnn und lebt dort a!s Komponist und Musik-
schriftstetler.)
283
SlLldifattbuHuiiJLik
AJy^wppj
Bisherige Kompositionen:
10 kleine VortragsstUcke fUr Klavier
op- 1,
4 Orgetstilcks op. 9,
3 Choral-Stimmttngsbilder f lir Orgel
op. 12,
Grgelfantasie op. 16,
Psalm 144 flir Ma'nnerchor unisono
und Orgel op. 3,
3 M&nnerchore op. 11,
dreiaktigcs musikalisches SchelmenatUck
„Mandragbla" op. 14 (1912),
Liederzyklus „Fasching-' fUr Bariton und
Orchester op. 10 (1911)
Orchesterserenade op. 6 (1909)
und zahlreichc kleine Instrumental- und Vokal-
werke. VerfaBte ein Handbuch der Violoncell-
Literatur (I9U). Schrieb eine „Geschichte
des Wafers" nebst einem Anhang iiber die
moderne Operette (1910), wie Programm-
biicher und Zeitungsaufs&tze.
Heft 10: „Nun die Blotter wellf und braun" von
Alfred Schattmann,
(geboren am II. Juni 1876 zu Rytwiany im
Gouvernement Radom- Besuchte das Elisabeth-
Gymnasium in Breslau, studierte dort anfangs
Jura.
, Spate*- Schtlier von Julius Schaeffer, Breslau (in
Klavierspiel, Theorie und Komoositlon).
Seit 1897 in Berlin als Komponist und spater
auch als Miisikreferent. Er stand unter dem Ein-
fluB von R. StrauB, Reznicek, Pfitzner undZumpe.)
Kompositionen von ihm sind:
„Frithjof" (dreiaktig), beendet 1899.
,,Die Freier" (einaktig beendet 1903, Ur-
auffiihrung Stuttgart 1904),*)
„Des Teufels Pergarnent" (zweiaktig
beendet 1910, UiauffHhrung Weimar 1913*)
-- „Die Geister von Kranich en stein" (drei-
aktig beendet 1915),
gegenwdrtig entsteht eine dreiaktige tragische
Oper „Die Hochzeit des Munchs",
Licder op. 2 im Verlag von Heinrichshofen,
Licder op. 3 im Jungdeutschen Verlag,
Kurt Fliegel, Potsdam und neuerdings ein
alteres Lied im Madrigaiverlag.
*) Klavierauszug erschienen im Jungdeutschen
Verlag, Kurt- Fliegel, Potsdam.
Heft 12: „Du machst mich traurig — hore" vort
Paul Hindemith,
(wurde 1896 im Hessenschen bei Frankfurt a. M.
geboren. Studierte in Frankfurt am Hochschen
Konservatorium als Schiller von Rebner (Violine)
und Sekies (Komposition) . . Hindemith gehOrte
spater dem Orchester des Frankfurter Opern-
hauses an, dessen Konzertmeister er jetzt 1st-
Auberdem wirkt er im Rebnerschen Streichquartett
als Bratschist mit)
Komponiert hat er:
Lieder mit Orchester, mit Quartett,
mit Klavierbegleitung.
Klavierstiicke „In einer Nacht",
Quartett, Verlag S. Schott Sohne, Mainz,
- Bratschen-Sonate,
Cellosohate,
arbeitet zurzeit an einer groBen Oper und an
einer komischen Spieloper.
VERBAND DER KONZERTIERENDEN- KONSTLER DEUTSCHLANDS E. V.
OemelnnUlzlge KoiuerlabteUung: Berlin W 37, Blumeatlial&traBe 17
Tdtrphoo: Amt NOIiBNDOMT 3885 '^•lojjran.m-Adrusao: PODIUMKOKST
Eagtgemtnttvermlttlung, Arrangementi von Konzerten, Vortraoa- und KunsHwiahbentien I Or Berlin unri alle Ort* ties In- -jntt Aust&ntfes.
Mia Rtbttto warden den KOnstiern gtttfltbnwht Sicdriyrc Prcmsioiifn :ils bei gowurbsmaBiEon JtoBssrtajpntan.
$& MAaM /Hto'l hcC^a - Ui* -fi b * fa" ■ &*£/
Copyright 1920 by Neuendorf! &> Moll BwlLa-WoiaBeased
Noteobeil»ge to .Meloi" 12. Heft, Augunt 1920.
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^n j^r
fit
_^ii;
Wichfige neue Mufikalien, Biicher und Auffafze
iiber Mufik,
mitgcteilt von
Professor Dr. Wilhclm Altmann, Bernn-Friedenau, Sponholzstr. 53-54.
Diese Zusanimenstellung, die moglichst in jedem Heft dieser Zeitschrift erfolgen wlrd, will auch noch un-
gedruckte grofiere Werkc, vor a I lem Symphonien, symphonischc Dichtungtn, Konzerte, Kammermusikwerke, Opern,
Chorwerke mit Orchester cinbeziehen, urn namcntlich Dirigentcn darauf aufmerksam zu macheii. Diejenigcn Tonsetzer,
die derartige Wcrke (jedocli niclit etwa Klavierstuckc, Lieder, MSnnerchore) fertig haben, werden gebeten, mich davon
in Kcnntnis m setzen, doch belialte ich mir die Entscheidung iiber die Aufnahme vor. Dicse kann auch bei gedruckten
Werken wedcr durch cin Inscrat noch durch Einsendung der betreffenden Musikstiicke oder Biicher erzwungen werden.
Riicksendung etwaigcr Einscndungcn wird grundsatzHch abgelehnt.
Die Hitizuftigting des Verlags wird Bcstcllungen erleichtera. Zu den angegebenen Prcisen kommt immer
noch der sogen. Tcueruiigsaufschlag seitens des Verlegers und auch des Sortimcnters hinzu; er schwankt bekanntlich,
meist aber betragt cr 100%, oft schon 200 % + 10°/o.
L Inffrumenfalmufik
a) Orcheffer (ohne Soloinffx.)
Conze, Johannes [Berlin]: Barcarole; Sappho. Sym-
phonische Phantasie noch ungedr.
German, Edward: Theme and six Divisions. Novello,
London. P. 21 s.; St. 32 s.; Klav. 2h. 3 s. 6 p.;
4 h. 5 s.
Ricci-Signorioi, A.: Suite Nr 2. Carisch & Comp.,
Mailand
Scbultzc-Bfesantz, Clemens [Braunschweig]: Junge
Jahre. Suite noch ungedr.
b) Kammermufik
Bartok, Bela: op. 17 II. Streichquartett. H. u. St.
Univers.-Edit. 1,50 + 6 M.
Bittntr, Julius: 1. Streichquartett (A) P. u. St. Univers.-
Edit. 3 + 5M.
Holbrooke, Josef: String-Quartet Nr 5 on Folk-Songs
of Great Britain. Ricordi, London 6 s. 6 p.
Zemliosky, Alex : op. 15 II Streichquartett. P. u. St.
Univers.-Edit. 1,50 + 6 M.
c) Sonffige Inffrumenfalrnujik
Conze, Johannes [Berlin): Quadrupel-Fuge tiber ein
Beethovensches Thema f. Klav.; Christ ist er-
standen, Vorspiel u. Choralfuge; Fantasia appasio-
nata; Sonate Qber B-a-c-h f. Org.; Sonate f. Viol,
ailein noch ungedr.
Elgar, Edward: op- 85 Concerto (e) f. Vcell- Ausg.
m. Klav. Novello, London 6 s.
Galluppi, Baldassare: 12 Sonates per Cembalo (Oiac.
Benvcnuti). Pizzl, Bologna 12 L.
Guerini, Guido: Adagio per Vcello e Pfte. Pizzi,
Bologna 5 L.
Holbrooke, Josef: Violin-Concert Ricordi, London
Marx, Josef: Romantisches Klavierkonzert Ausg. f.
2 Klav. (Part.) Univers.-Edit. 6 M.
II. Gefangsmufik
Mracxek, jos. Gust: lkdar. Oper in 3 AufzQgen,
Dichtung v. Guido Glilck [UrauKDhr. demnachst
in Dresden] Klav.-A- Univers.-Edit. 15 M.; Text-
buch 1-M.
Scbouberg, Arnold: Gurre-Lieder. Gestochene Part.
Univers.-Edit 100 M.
IV. Budi.er
und Zeiffdiriffen-Auffa^e
(alphabetisch sowohl nach Stichworten wie nach den
Verfassern geordnct, Bei Zeitschriftcn-Aufsitzen ist
immer mit Nr die des laufenden JaUrgangs gemeint).
Amcrika. Musik in A. Von Cesar Saerchtnger —
in: Musikbiatter des Anbruch 11/2
Amsterdam — s. Mahlerfest
Araber. Die Volksmusik der Araber von Biskra und
Umgebung. Von Bela Bartok-— in: Zeitschr. f.
Musikwiss. 9
Band, Erich — s. Lehrerg** gvereine; MSnner-
gesang
Banke, Waldemar — s. Kirchcnmusiker
Bartok, Bela — s. Araber
Beerioven. Zu Bs. Tonsprache. Von Armin Knab —
in: Neue Musik-Ztg 19
Berg, Aiban — s. Impotenz
Biogenetische Grundgesetz, Das, fn der Musik. Von
Karl Weigl — in: Musikbiatter des Anbruch 11/2
Biskra — s. Araber
Bra-- he, C — s. Klaviarspiel
Bricht, Balduin — s. Schmidt. Frz .
Casella, Alfredo — s. Mahlerfest
Deutsch — s. Lehrergesangvereine
Deutsche Spielplane- Von Heinr. ZOIIner — . in:
Zeitschr f. Musik 13
Express! on ismiis, musikalischer. Von.James.Simon —
in: Musikbiatter des Anbruch 11/2
285
Ple^chmann, H R. — s. Mraczek
Formeqtebre. Mehr F. Yon Rudolf Hartmann —
in: Musikpfldag. Blatter 13/4
Qugitz, Gustav — s. Reichardt
Gurlitt, Cornelius, ein Meister der Hausmusik. Von
A. Volquardsen — in: Die Harmonie 5 6
Hartmann, Rudolf -» s. Formenlehre ,
Hausmusik. Die Mission unserer H. Von R. HUbner —
i. Neue Musik-Ztg t9
— s. auch Gurlitt
Hoffmann, R. St. — s. Solistenaufstellung
Holz, Herbert Joh. — s. Opernstil
Hubner, R. — s. Hausmusik
Janetschek, Edwin — s. Opempflege
lmpotenz, Die musikalische. Von Alban Berg — in:
Musikbiatter des Anbruch 11/2
Internationales. Von Ferd. Scherber — in: Signale
f. d. musik. Welt 27
Kilian, Eugen — s. Oper; Weber (Freischiitz)
Kirchenmusiker. Die klinftige Ausbildung der K. Von
Waldemar Banke — in: Neue Musik-Ztg 19
Klavierautom&t, Ein spielender, aus d. 16. Jahrhundert.
Von Paul Nettl — in: Zeitschr. f. Musikwiss. 9
Klavlerspiel. Die logische Kapazttilt beim Klavierspiel.
Von C. Brache — in: Musikpa'dag. Blatter 13;4
Knab, Armin — s, Beethoven
Koch, A. H. — s. Thomastik
Komponistenelend. Von Heinrich Neal — in: Musik-
Ztg 26
Lehrergesangvereine. Die Aufgabe der deutschen L.
Von Erich Band — in: Die Harmonie.5,6
Mannergesang. WUnsche in das Lager des Manner-
gesanges. Von Erich Band: — in: Allgem. Musik-
Ztg 28
Mahlerfest in Amsterdam. Von A. Casella, * Paul
Stefan, Heinz Unger und E. Wellesz — in:
Musikbiatter des Anbruch 11/12
Mengelberg-JubilSum. Von Heinz Unger — in:
Musikbiatter des Anbruch 11/2
Mraciek, Jos. Gustav. Von H. R. Fleischmann —
in: Musikpadag- ZtBchr. 5 '6
Mosikpadagogil: — s. Schulreform
Neal, Heinr. — s. Komponistenelend
Nettl, Paul — " s. Klavierautomat
Oper — s. Deutsche SpielpUine
— . Zur Dramaturgic der klassischen O. Von Eugen
Kilian — in: Allgem. Musikztg 27
Opempflege, Moderne. .Von Edwin Janetsckek —
in: Zeitschr. f. Musik 13
Opernstil. Die Krise des O. Von Herbert Joh. H olz —
in: Musikal. Kurier 27/8
Reger, Max, als Kammer- und Orchesterkomponist.
Von Hermann Unger — in: Signale f. d musikal.
Welt 26
Reichardt, Johann Friedrich. Unbekanntes zu R.*s
Aufenthalt in Osterreich. Von Gustav Gugitz —
in: Zeitschr. f. Musikwiss. 3
Saerchinger, Cesar — s. Amerika
Scherber, Ferd. ™ s. Internationales
Schmidt, Franz. Von Ba'duin Bricht — in: Musik-
biatter des Anbruch 11/2
Scfamitz, Arnold — s. Schumann
Schumann, Robert. Anfange der Asthetik R. S-'s-
Von Arnold Schmitz — in: Zeitschr. 1. Musik-
wissensch. 9
Simon, James — s. Expressionismus
Solistenaufstellung. Von R. St Hoffmann — in:
Musikbiatter des Anbruch 11/2
Stefan, Paul — s. Mahlerfest
Thomastik-Geigen, Die. Von A. H. Koch — in: Der
Alerker JO/1
Unger, Heinz — s. Mahlerfest {Mengelberg-
jubiiaum)
Unger, Hermann — s. Reger
Unger, Max — s. Feldweg
Volquardsen, A. — s. Gurlitt
Weber. Zur Inszenierung des Freischiitz. Von Eugen
Kilian — in: Mitteilungen der Salzburger Fest-
spielhaus-Gemeinde 6
Weigl, Karl — s- Biogenetisch
Wellesz, E. — s. Mahlerfest
Zollner, Heinr. — s. Deutsche Spielpiane
99
FAMA
99
Dr. Bortfiardf & Wohlauer
FERTIGSTELLUNG AlAMK KUSIK-AUFTKAGR
Kompotition . lustrum en t*tion . Correpetition . T rung position . Aufjtchreibmi geg*A>waor Mttloditm
NOTENSCHREIBEN
Chsrlottenborg 4, Winlandatr. -10 Kituk predion Steinplatz »il -
286
Aus dem Inhalf der bisher erfchienenen Melos-Heffe;
Heft I
HERMANN SCHBRCHKN . . Gfloilwott
— An Busoni —
HEINZ TIKSSKN Dor n.me Slroni. I.
HERMANN SCHERUHEN . Arnoirl Schiinborc
OSCAR BIE Musikalischt, Porsppkt
Prof. ADOLF WKISSMANN . Der Wt> c 7.. .nod. Pi
BILDNISSH: Ft-rnvi-io Ilu*r,rii - Kduiird Krdnu
PAUL VON KLENAU . . . Diiniwhn Musik
Itr. LEJCHTEMTRTTT . . . Hii<-hi>rb<*prwhiins
HERMANN SO.TERCHEN . . Zn Hans Pfilzners A
IVof. Dr. ALTAI ANN
UJCILAGEN: FnkVimil
Bedeutondtt NVnr
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iogi-r-Uritdns
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Heff II
HEINZ T! ESSEN . .
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FRITZ FRID. WINDIS
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Pro'. Dr. ALTMANN .
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IJiKli-utondo Nruersi-'hoiiiuiiK,
und Manuskripte
PORTRAIT: ARTHUR NIKISCH (Aus der Luxusnu*Kab«
„Ini Konzcrt," v. Owar Uie mil SU>inzeiehinmjrpn
vou Eu^on Spiro, Verlajr Julius Bard, Berlin I
Heff IV
. . I),»r netm Strom, III.
ItoRifi - '!* Verbal hi is /.. Ton a li ti'it
Mutdkalisi-ho PiTsp.-ktiven. II.
Ami'riknimiditi Musik
BeniurliunpTi ninths nmsika-
lisdum Liiicn
MWikwoishoit dur rudi-r
Ucdmitende Netifrsuru-inunjion
und 'MfLiiuskrijita
BKI.LAGE: Aifrwl Momljitrt: .Uliito dos Chaos*,
linns JCiryen von der Wor.se
H. W. PRAREK . .
ARTHUR NIKISCH
I-rof. Dr. ALTMANN
HEINZ TIESSF.N
FRITZ FR1U. WINDISUlt
OSCAR HTK
CESAR SAK HUH I NO Kit
Dr. ALFRED DOBLIN .
HEINZ TIKSSEN
BELA BAitTOK ....
Dr. HANS MERSMANN .
RUDOLF C'AHN-SPKYER
BEILAGE; Rfcha«l Duhmel .
Heff V
. . . Dcr
Slrom, fV.
Das Problem d. ih>h«ti Musik
Din Einpfnnfj;r>ndiin
Dip Not. dor I\onzertoreh»ster
und din EtiLwicklunp iter
Kyinphonisuhen Musik
liiitiliarbesprechun;-
Rnd«mtendt> NfMisrsr-hi'iiiun(j.
und Minntskript.il
.Zivelor Studtm Liod",
Manfmd Gurlitt
Heff, VI
Blodernn MaaikkritUt
JnnscttK von T(imp«H'*rttn|j
und Torjolit&t, L
Der Oporndir«ktor M»hl**r
Mi*hl«rs Kkutase nib Vmr-
miiclitniK
Wnsiknliachc P-irjpf'kl ivph,
III. Tins Oratoriuin
.D. Mali lerft 1st i. Anidtordmn
Willnm M»np»lb«rE
Hfdttut. Ni'iinriich<?innn(joM
und M&ntiskriptn
BKILAUEN': Bildnis fiust«v Mnlilir's aus dom Jalirs 1893
(a d. Prividbosttj! d.Horrn Dr. Berliner, Berlin!
Rodin'a Mnlil<irbusle - Porlr. Will. MBnK*Ib«rp'«
Unron'ilf^nll. Brief Gust. Mahler's in Faksimilw
lDUvs<>r Brii>I 1st tins von dem dpreieitiRfn Rf
sitter, Horrn Dr. Wtirnpr Wolffhpim, Borlin
(trunownld gfitig-st kuf Vnrijlft'ntlichunfc ilbt»r"
Ltssen wordonl
OSKAR BIK
Dr. HUGO LEICIITENTRITT .
FRITZ-FJtlD. WINDISCH . .
Prof. Dr. ALTMANN
Heff VII
SIKfrMUNI) PISLTNd . . TondoilKfli modprnpr Musik
A. M. AWRAAMOKK . . .TtmsditH von Tptrpcrmninq und
Ton ali tiit, H.
FGON WELLECZ. . . . DiMotat. Werku Clnudn DobuMy*
Mr. ALFRED OUTTMANN Das Twnpo
HUGO MARCUS^ .... Da-c.ipo. Li»d. Gnsumni
. Di(»Notlniro dprOrcbpsiVrmusikpr
. Hpdettt^ndp NniiPrschainuncpn u.
Manuskripti'
inn: n EANt Dit die Llppun mir wund
Sclierchcn.
sn-:(
-Heff VIII
Tnndi'uzcn niodi>r:i«r Mu^ik
Jcnsi'its von T<>nipt>rtnrunp und
Tonatilflt. III.
Di.UDG KUKSER .... Die Situation der hmitij;i>r- I<iu.iik
Prof. LUD. RIEMANN-Essun Zitf Tonnlitllt.
MK'NZ TIKSSKN .... Dii> Zukunft dps AllijotnpiriPO
Dputschon MuKikvuroiaa
Prul. Dr. ALTMANN . . . P«deutondo Nouorschttiuungwn
und Mwiunkripto
11EILA(tE: Mjutkowski, Ut»dicKt vou Gippins
Heff IX
HERMANN SCHERCI1HN . . . Da.i ToniilitftUprinuip u.
dioAlpon-SyniphoniftYon
K. StrauB, t
HUBERT MCLLER-HARTMANN Knm Stilproblom d*r
neuon Musik
EDUARD EIHJM'ANN Von Schonbirc und
seition Liedcm
OS Ail BIR OpHretto
Dr OSKAR GUTTMANN . . . . Von der Miuukkritik
Prof. Dr, ALTMANh Bedsut. NouerRcheLaui)^.
u. Maouskripto
BEJLAGE: A. T. Wogner „Doiii»i Haare sind braiui",
Bruco Weigl
HEINZ TIESSEN
Heff X
. Dim TonkiinsUnr-FpKt dcs
All^.DeutAchen Musikvereins,
Wttimarrr Ergabninse
FRITZ STIEDRY Aua oiber Denkschrift
ALFRED DOBLIN Die Splbstherrliehkeit rl».s
Wortiw
OKRHAIU) STREKE .... Arnold Schonbor K s Op. XIII
OSCAR GUTTMANN .... Biich«rbfsprf»chunff
Prof. Dr. ALTMANN . . . Badeutondo Neuer8ob*«intruj!;.
und Maouskripl*
BKILAtfE: Alfred Schattrimnn uNundieBUVtterwelku.braun".
Heff XI
„Kmdi KliMsisitltt?*
HERMANN SCHERHHKN. . Das TonalUSt-sprinaip 11. die
Alpensyinphortievoii Richard
StrauD. U,
Dr. HUGO LBICHTKXTIUTT D.Uktloserj.fnuon Rhythm oa
in der alten u. ncuon Musik
Dr. ADOLF ABER Zukunltsaurgaboti d. Opera-
inpxemerung
OSC.VR BIE Pantoraimo
Dr. fTEINRICH KNODT-Wien Wwner KonMrtleben in do»-
Geffenwart
Proisausischroibung des New Yorker Schumann -Clubs
Prof. Dr. ALTMANN .... Bedeutendo "Nwuottichwinunfi;.
und Mantukriptn
NOTENBEILAGE: JU-ina Tiesaen: nlieinigung"
/ -
/'i
287
tl 1
Modlerne M u
1 *c
Arnold Scihtfxjdberg
op. 13 „Prlede auf Erden" fQrgem. Chor a cap.
Partitar M. 6, Stimmt n je M. 1,20 ink I. Zuschlag
Frederick: Delius*
„Ubenstaft2" fur gr. Orchester; Part. M. 40 no.
„Beim ersten Xuckucfcsrnf" und „Sommernachl
am Flusse"
2 Stiicke /fir kl Orch, Partitar M. 2d;
Stud. -Part, M. 6; Klnv.- Au^. XL 4.
Liederhefte: Ibsen, BjGrnson, Shelley, Verlaine,
5 versch. Lieder neuesten Stiles, jed. Lied M. 3 no
Hermann linger
op. 28 „Notturno" 4 Stticke far Klavier M- 8.—
Liederhefte: L6ns, de Clerq,
Kichendorff, Hebbel je M. 6.—
Julius Weifimann
op. 35 „Tanzfantasie" ftir Klavfer M. 5 —
op. 51 „KIeloe Sonate" far Klavier M, 6—
op. 57 „Aub den Bergen" 12Fantasien M. 20.—
op. 50 „Phantast Reijfen" f. Streichq. M. 10.—
(Alln Protsc cinsclilifGLicli aVimrunpHsuKchlacj)
Tlschcr &.
G. m. b. H-,
J a en ber g
KSU* a. M*.
mn n;tei n
HtUENDOK.Fr UNfc MOLL
ftf RLIN-V tlUf NJCE
Wir bringen elne der nachsten
Nummern unserer „Melos" als
fialien^Sondernummer
mil einem Vorwort von Prof. Dr.
Ad, WeiGmann und mit BeltrSgen
von ausschlieBlich italienische-i
musikalischen Personlichkeiten
heraus. Die Herren
Muslkverleger
Konxertdlrekllonen
konxertierenden KUnstier usw.
eriaubenwirunsauf dieseSpezial-
Nummer zu Insertionszwecken
ganz besonders aufmerksam zu
machen und bitten Prospekt
hieriiber zu verlangen
VERLAG „MEL0S"
m u^
1
^*fe§v^
V
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Erscheint am 1. und 16. jeden Monats. Zu bezieheti duroh die Post ansta] ten, Bneh- u. Musi kali en hand Inn gen. sowio -HnilJ; voui VimI;v;>.
Herausgeber: HERMANN SCHEKCHEN, Berlin - Friedtmau, WiesbadMier StraJJe 7. Kornmf: H'M/.tmiv; ss27.
Redaktion: Bcrlm-Welfiensee, Borliner Allee 7.1. Fernruf: (VVs. 1^6). — Verlag: Borlin-WeiiJens«o, Berliner Alloe 71, l**Hrnruf: \W VJu.
Pre is des Kinzelheftes Mk. 2.40, im. Viertelj.-Abonn. Mk. 12. -, boi KrnuzbandbozuK vierteJjfthrlich Mk. 1'J.— . -- Nnehdruek Vorb<?!i.-i.M*'ii.
Nr. ]3
Berlin, den 16. Auguff 1920
I. Jahrgang
^
*J
<S
INHALT
GIULIO BAS-Mailand . .
Prof. CARL" EITZ ....
HEINRICH KOSNICK . .
GERHARD STRECKE . .
WALTHER HOWARD . .
Dr. HUGO LEICHTENTRITT*.
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN . .
NOTENBEILAGE: Frifc Frid. Windifch:
Violine allein, Nr.-S
Dynamismus und Afonalifaf
Von den naftirlidi reinen Stimmungsverhalfniffen
Klavierfedmik und Welfeinffellung
Neuere deuffdie a cappella-Werke gropen Sfils
Die Hohenlagen der Kunft
Zur fifftiefik
Bedeufende Neuerfdieinungen und Manufkripte
<
Zwei Sfiicke aus den „Klangvifionen 4
fiir Violine und Braffdie
Nr. 1 fiir
\
I IC'
..-V
„MELOS"
in einer Luxusausgabe
srfdieinf monaflidn einmal im Kunffverlag
frn&Gurliff, Berlin W 35
J
Dynamismus und Afonalifaf
Von Giulio Bas-Mailand
(Auforifierfe lilberfefjung aus dem Franzofifdien von H. Sdiulfze-Riffer)
Dynamismus. - In feinem Arfikel „Tendenzen moderner Mufik" (Melos Nr. 7 und 8)
)agf S. Pisling: „Man hat zum Zweck der Befdireibung von Bewuflffeinszuffanden die
Fikfion aufgeffellf, dag im Strom unferes Bewu0ffeins ein bejfandiger Wedifel von
fliidifiger BeVegung und Ruhe ffafffinde. Man nannfe die Ruheffellen die „fubffanz-
arfigen", und die Bewegungsffellen die „franfifiven" Beffandfeile des Bewuj3ffeins
(James). Aber es iff klar, dap" es folche Ruheffellen im Seelenleben nidif gibf. Man
^ iiberfragf den Subffanzbegriff aus der raumlidien Welf in die, rein zeiflidie der Seele.
.Man madif fozufagen Querfdmiffe durdi den unfeilbaren BewuJ3ffeinsffrom. Das
Seelenleben iff. in Wirklidikeif immer „franfifiv"."
Diefe Behaupfung wird einen gewiffen Eindruck nidif verfehlen; aber auf weldie
Weife kommf denn das Seelenleben zum Ausdruck und wie erfaj3f es den Ausdruch
in Kunff werken, wenn nidif mif Hilfe des Korpers? Jedes Kunffwerk haf den Zweck,
das Seelenleben eines Menfdien (des fdiopferifchen Kiinfflers) mif dem Seelenleben
anderer Menfdien (Zuhorer, Lefer, Befradifer, je nadi der Kunff um die es fidi handelf)
in Verbindung zu bringen; aber diefe Verbindung findet nur ffaff vermiffelff des
korperlichen und Jinnlidien Lebens der Menfdien. Zugegeben, dap" das Seelenleben
vom korperlidi-Jinnlidien Leben abfrennbar fei (eine Fikfion, die man viel zu off ernff
nimmf), weldien Eindruck konnfe der Korper dem Seelenleben vermiffeln einem Kunff-
werk gegeniiber, daf ohne Riickfidif auf diefe grundlegenden Bedingungen des
Lebens, ja vielleichf gar im Gegenfa£> dazu konzipierf worden iff?
Idi halfe es fur unbeffreifbar, dap" das ganze korperlidie Leben auf einer un-
unferbrochenen Keffe von Kraffbefafigung und Ruhe begriindef iff, dap" keine An-
ffrengung gemadif werden kann ohne eine vorausgehende oder darauffolgende enf-
fprediende Ruhe. Wie kann man fidi dariiber hinwegfefjen, wenn es fidi um Kunff
handelf? Iff das nidif, wie wenn man meinfe, da£ man in der Ardiifekfur keine Riickfidif
auf die Sdiwerkraff zu nehmen braudif, da das Seelenleben dem Gefefj der Sdiwere
nidif unfer.worfen iff? Man verfudie es, in einem Gebaude eine Saule zu enffernen, und — i
man wird den Erfolg fehenl Man verfudie es, ein Basrelief von vorn zu beleudifen, ^
und das Spiel der Xidifer und Sdiaffen wird fein enffdieidendes Worf fpredien. >
Was den behaupfefen Gegenfa^ zwifdien „raumlidier Welf" und „rein zeiflidier
Welf anbefrifff, fo gibf Dr. Einffeins RelafiVifafsfheorie dariiber beredifigf ere und uber-
zeugendere Belehrungen, als idi es vermag: das iff audi eine Fikfion, die ernff ge-
nommen Worden und dodi langff iiberholf iff durdi den „Sfrom des Bewu£ffeins".
S. Pisling haf redif, wenn er von diefem widifigffen Punkfe ausgehf und fo der
Ardiifekfur des Klahglidien alle Exiffenzberedifigung abfpridif; aber um das zu konnen,
inuj3fe er den Abgrund des Abfurden uberfdireifen. Iff erff einmal die fafale Nof-
wendigkeif anerkannf, da£ den Gefefcen des korperlidien Lebens Redinung gefragen
werden mu)5, foerhebf die mufikalifdie Ardiifekfur audi wieder ihr Haupf, aber nidif
fo, wie bornierfe Leufe und Padagogen fidi das vorffellen, als frockene Tabulafur,
fondern als phyfhmus, Gejfalfung und Organifierfheif des klanglidien Lebens. (Man
haf dies nafurlidie Element aus lediglidi polemifdier Abfichf enfbehrUdi genannf aus
einer 13berfpannung der Oppofifion und auf Grund des wohlbekannfen Phanomens
der Blendung durch neues, allzu ffrahlendes Lichf.)
Friiher war die Form eine Art von Sdiema; man haf fich dagegen gewehrf und
fidi von vielen leeren und uberlcbten Dinger, frci gemadif; aber haf man damif audi
den Rhyfhmus zerfforf? Man mochfe faft lacheln! (Niemals iff fo harfnackig fiber
die Machf diefes Grundeiemenfs gefprodicn wcrden, und gerade jef^f >vill man feine
weifeffgehenden, idcalffen Geffalfungen vernichten?) Was iff die Form denn anderes
als die hodiffe Sfufe des Rhyfhmus? Was iff der Rhyfhmus anderes als die Geffaltung,
die Organifierfheif von Ton und Wort? Glaubf man ini Ernff, dap die Werke der
Mufik hcine Organismen mehr zu fein brauchen? Liegt nichf gerade im dynamifchen
Wefen eines Werkes die einheitliche Kraft, weiche Klange, Bewegungen, Infuitionen
organifierf und daraus ein lebendes Wel'en macht? Nein, es iff unzweifelhaff:
niemand denkt daran, das Unmogliche zu erreichen; der" es wa.e nnmoglich, eine
Lebensaujoerung zu konzipieren und zu bilden, weld 10 cicr wichfigffen Gefe^e des
Lebens felber enfbehrf.
5ehr moglich und wunfehenswerf iff es aber, die Anwendungen diefer Nafurgefe^e
i miner mehr zu vervollkommnen, indem man lie immer beffer unferm Enfwicklungs-
zuffand und den Beziehungen, die zwifdien unferm feelifchen und korperlichen Leber;
beffehen, anpapf. Stets zielf die Enfwicklung dahin. Nur unfere bejehrankfe Sidif,
ein UlbermajS von Freude iiber neue Eroberungen bringen uns dazu zerfforen zu
wollen, was wir im Grunde fefbff erffreben, nur ohne uns genau dar iiber klar zu fein.
Was iff nun das Zie] aller Anfpruche und Kiihnheiten unferer Tage? — : auf voll-
kommenffe Weife unfere Infuitionen auszudriicken. Was aber ift der Zweck der Form,
der mufikalifchen Archifekfur und des Rhyfhmus? Doch wohl derfelbe: auf voll-
kommenfte Art die Keffe 'der Konfrafte zwifdien Tat und Ruhe, Bewegnng und Ver-
weilen zu fdimieden. damif das Kunffwerk nadi den Gefe^en des mufikalifchen Sinnes
abiauff, nadi Gefe$en, die nafurgegeben Tind. Wir aber wolifen unfer Hcrdwerkszeug
zerbrechen, urn fo zu hochfter VoUkommenheii zu kommen?
Das iff nidif blof5 ein Traum, das iff ein Alpdruck. Man muJ5 an di2 rafenden
Askefen des Miffelalfers denken, die fich tofefen, urn zur Vollkommenheif des Geiffes
zu gelangen und alle Feffein des Kdrpers abzuffreifen.
Afonalifaf. Audi fur die fonale Auffaffung ift der Korper der tlberfragungs-
apparat der der Seele miffeiH. was er wahrnimmf, Horen wir einen beliebigen Ton,
fo ordnet inn unfer mufikalifcher Sinn unmiftelbar und fponfan ein und ffellf Be-
ziehungen her, die fich fpafcr beffaiigen oder andern konnen, aber die durch Natur-
gefe§ da find, und zwar gerade durch dasfelbe Gefefj der Kraffbefafigung und Ruhe,
welches das Wefen des Rhyfhmus ausmacht; denn alle Mufik ift nichts als Ausweitung
des Rhyfhmus. Die Gefchidife der Kunff und der Theorie zeigf uns, wie v.nr uns
immer erft fpater Rechenf chaff ablcgen von dem, was wir infuifiv fdicn friiher begriffen
und reproduzierf haben. Die Intuition, d. h. das unbewuj3fe, unfreiwillige, nafiirlidie
Funkfionieren unferes mufikalifchen Empfindens friff zuerff in Akfion. Die Tonalifaf ift
alfo ein reaies Gefeg unferes Empfindungslebens. Das Ziel von Unferfuchungen iff
es, zu erkennen was an Morfdiem und Veralfefem in unferen Kennfniffen und unferen
Gewohnheiten vorhanden iff, aber nichf, die Wahrheif zu verkennen. Audi hier ver-
vollkommnen wir nichf unfer Handwerkszeug, indem wir es zerbrechen oder feine
Exiffenz abffreifen.
Auch in Sadien der Tonalifaf find wir fo geblendef durch Eroberungen, daj5 unfere
Freude das efwas kindliche Ausfehen deffen annimmf, der alles zu wifjen glaubf, wenn
es ihm gelungen iff. eine neue Seife f einer Fibel zu enfziffern! Man haf faufendmal
wiederholl da|5 die Tonalifaf erfdiopff iff, daj5 nichfs mehr aus ihr herauszuholen iff.
291
> : ■
Aber iff man audi ganz fidier, da£ man fie bis zum Grunde durchwiihlf hat dag fie
kerne Geheimniffe mehr birgf? Idi fur meinen Teil mug zweierlei geffehen:
1. Idi bin nodi keiner Mufik begegnef, die fur midi Widerfpriiche zur Tonalifaf
aufwies. Im Gegenfeil: alle fogenannfen Proben fur Afonalifaf befeffigen gerade die
Exiffenz der Tonalifaf. '
Die fogenannfen afonalen Kompofifionen bringen vom fedmifchen Sfandpunkf aus
nichfs als ausgedehnfere und enffernfere fonale Umfchreibungen, weldie fur den
affhefifdien Sfandpunkf einen Charakfer der Freiheif, des Sdiwingens im Raume ge-
wahren, Aber Freiheif wovon? Diefe Empfindung wiirde gar nidif exiffieren, ware fie
nidif der Gegenfa& zu der fponfanen, urfpriinglichen fonalen Tendenz. Diefe Tendenz
aber iff einfadi das Gefefc vom geringffen Kraffaufwand, welches uns den I3bergang
von der Bewegung zur Ruhe ganz nafiirlidi erfcheinen la£f (die Kadenz in der her-
kommlidien Theorie); aber es gibf einen ebenfo nofwendigen, wenn audi nidif Jo
fponfanen Forffchriff : der IDbergang von der Ruhe zur Bewegung. Das iff die Spannung
gegeniiber der Lofung. Das ganze Leben iff nichfs als ein Wedifel diefer beiden Ten-
denzen und Phafen. Es gibf Perioden in der Kunffenfwicklung, wo man mehr nadi der
einen als nach der anderen Seife hinneigf: friiher lebfe man friedlich und man madife
Mufik unfer Benu^ung der Kadenzen und verwandfer Tonarfen; je£f iff unfer Leben
infenfiver und fdiwerer ge word en, und wir machen Mufik unfer Benu^ung von Wider-
Jfanden und Beziehungen enffernfer Tonarfen. Befagf das aber, daj3 der Medianismus
der Tonalifaf felber zerfforf iff? Ebenfo guf konnfe man fagen, dag die Grammafik
nidif mehr exiffiere, weil unfere Safje komplizierfer geworden find, oder dag die
Logik erfdiopff fei, weil unfere Schliiffe $pi£findiger und kiihner find als friiher 1
2. Idi habe nodi keine fonale Theorie gefunden, weldie das Ende ihrer Hilfsmiffel
fehen lie£e. Weif davon enfferni Selbff die gelehrfeffen Th'eorefiker geben fich fidiflich
die gro£fe Miihe, ohne da£ fie dodi alles erklaren konnen. Die fradifionelle Theorie
madif atif midi den Eindrucfe einer Auforifaf, die alle Anffrengungen madif, urn efwas
zu beherrfdien was ihr enffdiliipff, da es fchon ihre Kraffe iiberffeigf.
Nein, die fonale Maferie iff bei weifem nidif erfdiopff, erfdiopff iff nur die Vor-
ffellung, die wir von ihr haben.
Wir haben die Tonalifaf immer verffanden als einen feffumgrenzfen Bezirk; aber
diefe Grenzen waren wahrfdieinlidi blo£e Vorurfeile. Die Tonalifaf iff eine un-
begrenzfe Ordnung von Bewegungen, die alle ohne Ausnahme durdi ein hodiff ein-
fadies Gefefj geregelf find. Die menfchlidie Empfindungskraff erkennf, begreiff und
lernf immer enffernfere Beziehungen auszubeufen; aber der Medianismus iff immer
der gleidie und die Ausdehnung des fonalen Horizonfes unendlidi.
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Von den nafiirlidi reinen Sfimmungs-
verhalfniffen
Von Prof. Carl Eifz,
Ein gufer A cappella-Chor Jingf, foweif es die Kompofifion zulaj3f, in nafurlidi-reiner
Sfimmung, denn jeder normal veranlagfe Sanger haf ein feines Empfinden fur reine
Okfaven, Quinfen, Quarfen, Terzen und Sexfen, befonders audi fur die Nafurfepfime,
die fidrt in der Dominanfenharmonie gern Gelfung verfchafff. Die alfen Gefanglehrer,
denen unfere koffbaren Taffeninffrumenfe nodi nichf zur Verfugung ffanden, wujSfen
mif den reinen Sfimmungsverhalfniffen rechf gut Befcheid, Wo {ie im Zweifel warcn,
. holfen fie fidi beim Monodiord Auskunff, Wer foldi Inffrumenf nichf kennf, frage beim
Phyfiklehrer einer hoheren Sdiule an; das Monodiord gehorf zum unenfbehrlidien
Geraf feiner Lehrmiffelfammlung. So find die Abffimmungsverhalfniffe der Infervalle
feif Alters her bekanni Dariiber iff feif den Zeifen der alfen Philofophen (Pyfhagoras
580—500 v. Chr, und Ariffoxenos 350 v. Chr.) nithfs wefenflich Neues ermiffelf; aber
immer einmal wieder ffurzf fich eine lernbegierige Seele in das Gewoge der Ton-
verhalfniffe, um die nafiirlidi reine Sfimmung von Neuem zu enfdecken.
Wenp heufe fo wenig Mufiker mif den reinen Tonverhalfniffen bekannf find, fo
hat nichf nur unfer femperierfes Klavier, fondern auch unfer Nofenfyffem das verfchuldef.
Das Klavier erzeugf in uns die Taufchung, als gabe es in jeder Okfave iiberhaupf nur
zwolf fiir den Kunffgebraudi zulaffige Tone. Wie uns die Nofen faufchen, das werden
wir gleich ermiffeln. Man laffe von gufen A cappella-Sangern die am Schluj3 ffehenden
Beifpiele fingen. Daf5 die G-Dur-Dreiklange in beiden Beifpielen in gleicher Tonhohe
angeffimmf werden, wird vorausgefefjt Wer nun vor feinem Klavier fifjf, nimmf an,
daj3 die Sanger die gro£e Terz c — e in beiden Beifpielen auch in gleicher Tonhohe
fingen werden. Das iff eine Taufchung, die durdi die Gleichheif der Nofenzeidien und
Nofennamen nodi befonders unferffiifjf wird.
Die Taufchung wird offenbar, wenn man die Schwingungsverhalfniffe der Tone in
nadiffehenden Beifpielen feffffellt Dazu brauchf man nur zu wijjen, da£ im Dominanf-
jepfnonenakkord fich die Schwingungzahlen
d fis a c' d'
wie 4 : 5 : 6 : 7 : 8 :
namlich
die Okfave d d' wie
die Quinfe da
die gro£e Terz d fis „
9 verhalfen,
4
4
4
4
8 - 1
6 = 2
5
7
2
3
die Nafurfepfe d c'
Mif Hilfe diefer Zahlen kann man alle mufikalifdien Tonverhaifnijfe beredmen,
Quarfe = Okfave minus Quinfe a d' = 6 : 8 — 3 : 4
kh Terz = Quinfe minus gr. Terz fis a = 5 : 6
kl. Sekte - Okfave minus gr. Terz fis d* = 5 : 8
gr. None = Quinfe plus Quinfe d e' = 4 : 9 ufw.
Nehmen wir 'nun an, in unfern beiden Beifpielen vollbringe das kleine c in irgend
ginem gegebenep Zeifraum 16 Schwingungen, fo iff es nidif fdiwer nach vorffehenden
m
M
op
Pt
^
;v;
r
v.'
%
ft-
Angaben zu beredinen, wleviel Sdiwingungen die anderen Tonen in dem gleidien
Zeifraum vollbringen muflen. Nach vollbradifer Redinung kann man die Nofen-
beifpiele \ und 2 wie folgf in Schwingungszahlen nofieren:
1. 72
80
72 72
60
64
60 60
48
48
48 48
24
16
24 24
2. 72
81
72 72
60
63
60 60
48
45
48 48
24
18
24 24
c = 64 Schwingungen
c — 63 v
Da findef |ich, daj3
im Beijpiel 1. e = 80 Schwingungen
vollbringen muj3.
La£f man nun von gufen Sangern nadiffehende Nofenbeifpiele ohne Inffrumenfal-
begleifung fingen, Jo muj5 jeder horen, da£ die Sanger im Beifpiele 2
das ¥ hoher und das c fiefer anjfimmen,
als im Beifpiele j.
Mandie Chorleifer werden diefe Tafjadhe kennen und die groj3e Terz e— 1 mif
63 und 81 Schwingungen nidif als nafiirlidie reine Terz (64 : 80 = 4 : 5) anfprcchen,
fondern fie als Infervall zwifchen reiner kleiner Sepfe und grower None befrachfen;
die meiffen aber werden wegen Gleichheif der Nofenzeidien beide Terzen gleich-
fcha^en, denn Was man begrifflich in Worfen und Zeichen nichf unferfcheidef, vermag
man audi meiff in der Sadie nidif zu unferfcheiden. Doch iff diefe Angelegenheif nichf
allzu fragifch zu nehmen, denn nach wie vor werden gufe Gefangsdiore audi ferner
in nafiirlidi reiner Sfimmung fingen, ohne daj3 ihre Leifer fich all der dabei zufage
frefenden feinen Tonhoheunferfchiede bewujSf werden. Trofedem iff die Sadie nidif
ohne jede Tragweife.
,- Die beiden " mif 80 und 81 Schwingungen find ihrer Enfffehung*) nach wefens-
verfchieden. Es iff unfachlich und denkwidrig, fie durdi gleiche Bertenriung und Be-
zeichnung als wefensgleich zu fe^en. Das Gleiche gilf fiir die beiden c mif 63 und
64 Schwingungen.
Bei diefer Sachlage iff es gar nichf verwunderlich, fondern fogar begreiflich, dag
es bisher noch nichf gelungen iff, eine wiffenfchafflidi wohlbegrundefe Harmonielehre
zu fchaffen. Diefer Mangel vermag den Forffdiriff der Tonkunff nidif aufzuhalfen.
Genial veranlagfe Komponiffen bedurfen einer wiffenfdtafflich einwandfreien Harmonie-
lehre nichf. Viel mehr Unheil als die eben befprodienen logifdien Mangel richfen
einesfeils mufikalifche Durdifchniffskomponiffen an, die den Anfprudi erheben als bahn-
brechende Tonkiinffler geWerfef zu werden und andernfeils Theorefiker, die da glauben
neue Tonverhalfniffe erredinef und enfdedsf zu haben. Die Vierfel- und Driffelfon-
ffimmung fallf in diefe Richfung. Wie fchon gefagf wurde, iff die nafurlich reine Sfimmung
fdiqn vor mehp als 2000 Jahren erredinef und fchafff fidi feifdem bis heufe in reiner
Gefangsmufik Gelfung.
Ohne die Phanomene der Konfonanz, wie fie fich in der oben gekennzeichnefen
Dominanffeptnpnen-Harmonie offenbaren, gabe es keine Mufik, keine Tonkunff. Wer
die unverle^lidien Phanomene der Konfonanz preisgibf, ruffelf an dem Fundament
der Tonkunff; er wagf einen Sprung in das Chaos,
*) Der Stimmung nach 1st e mit 80 Schwingungen die natQriich-reine groBe Terz von ' ?. T mit
81 Schwingnngeir ist^ die urn 2 Oktaven verminderte vierte Quinte von T. t mit 63 Schwingungen 1st die
Natursepte von d , e mit 64 Schwingungen 1st die zweite Quarte von d. Durch die Verschiedenheit der Ab-
stammtmg ist die musikalische Wesensverschiedenheit der in Frage «tehenden T5ne einwandsfrei bewlesen.
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1
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If
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V Derarfige Enfgleifungen find vorwiegend auf die unveranfworfliche allgemeine
Ur\foennfnis der reinen Tonverhalfniffe zurucbzufuhrea Die Mu{iker follfen fidi wieder
m^hr mif dem Monodiord befreunden, diefem alfen zuverlaffigen Inftrumenf, das fie
hepfe kaum nodi dem Namen nadi kennen.
AujSerdem aber gibt es ja audi Taffeninffrumenfe mif mehr als 12 Taffen in der
Okfave, die einen Ausfdiniff aus dem unendlidien Gebiefe der reinen Tonverhalfniffe
wiedergeben. So ffehf im Inffifuf fur Experimenfalphyfik in Berlin am Reichsfagsufer
und im Deuffdien Mufeum in Miindien je ein nadi meinen Angaben erbaufes Rein-
harmonium, das in der Okfave 52 Taffen und fur jede Taffe zwei verjchiedene Tone
zur Verfiigung haf, fo da£ es alfo 104 in der Tonhohe verfchiedene Tone innerhalb
der Okfave biefef. Diefe Inffrumenfe find bei Sdiiedmayer, Pianoforfefabrik in
Sfutfgarf gebaut Die Firma lieferf audi nodi ein anderes nadi meinen Angaben
gebaufes Reinharmonium, da)3 in den Okfaven 36 Tone haf.
Wer fidi nur fheorefifcft mif den Tonverhalfniffen befa£f und darauf verzichfef, fie
Jich klanglich am Monodiord, am Reinharmonium oder in ahnlidier Weife, wie in den
nachffehend gebofenen Nofenbeifpielen vom Sangerchor vorfiihren zu laffen, geraf in
unfruchfbare und irrefiihrende Spekulafionen. Er fprichf dann wie der Blinde von den
Farben oder, beffer gefagf, wie der Taube von den Tonen.
Die Probleme der reinen Sfimmung find nichf mehr zu lofen, fie find geloff. Die
Taffachen der reinen Sfimmung konnen mif Erfolg nur ffudierf und frudifbar gemacht
werden am Monodiord, am Reinharmonium, am Chor. Der Forffchritf forderf in der
Richfung der Sfimmungsverhalfniffe weniger neue Theorien und Dokfrinen, als fiidtfige
Mufiker, die die Tonverhalfniffe mehr horend als denkend ffudieren.
Vielleidif wird man in Zukunff mehr als bisher vokalgerechfe Kompojitionen
fordern. Die Gefangvereine konnen das Fundamenf diefes Neubaues werden. Sie
konnen es, wenn der Drill am Klavier aufhorf und die A cappella-Schulung wieder
Regel wird. Freilidi fe^f das eine Hebung der mufikalifchen Volksbildung voraus.
Doch dariiber vielleidif ein andermaL
Beispiele :
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Klavierfedinik und Welfeinffellung
Von Heinrich Kosnick.
Die Neuorientierung in der Technik des Klavierfpiels war rnit der Verlegung der Kraftquellen
in den groBen ROckenmuskel gegeben. Elifabeth Caland, eine Schiilerin Deppes, legte diefe
eminent wichtige Aufdeckung in Jhren Schriften nieder. Wer das Spiel Bufonis bewundert hat,
fflhlt, wie der Leib fich durch die Taften windet, wie bewuBte Maffe ruht, klingt, gleitet. Ein
fich zufammenziehender, fich ausreckender Schlangenkorper. Aber nicht immer ift das Klavier in
diefer Weife behandelt worden. Es ift richer, daB Liszt eine andere Technik anwandte als Rubin-
ftein. Die individualiftifche Bevorzugung des einen oder des anderen Teiles der Muskulatur ift
vor alien Dingen bedingt durch den Zeitgeift. Das Gemeinfame bleibt die Konftitution des Gefamt-
kftrpers. Arm und Hand find Teile des Korpers und zwar nur vermitteinde Organe zwifchen einer
Innenwelt und einer Umwelt. Wie der menfchliche Geift zur Umwelt fteht, entfprechend wird
auch die Anwendung diefer vermittelnden Organe fein. Im natiirlichen Verhaltnis ftehend, tritt
die Muskulatur der Finger in den Vordergrund. Das Nehmen, das AnfichreiBen wird durch fie
zum Ausdruck gebracht. Sorgfalt wird auf Fingeriibungen zur Starkung diefer Muskeln verwendet
Man nehme die zwolf umfangreichen Hefte der Liszt'fchen FingerUbungen. Erft allmahlich tritt
eine Umwertung ein. Innenwelt und AuBenwelt haben fich verfelbftandigt. Die vermittelnden
Organe verlieren an Bedeutung. Sie werden Medien. Die Muskelzufammenhange des KOrpers
treten ins BewuBtfein. Der Geift verfenkt fich in die Umwelt. Impreffioniftifches Schaffen. Arm,
Hand, Finger bleiben abfolut paffiv. Die Schulterblatter werden ein wenig gefenkt und der groBe
Rtickenmuskel, der an deu Lenden anfetzt, drfickt die Taften nieder. Der gefamte Menfch fitzt
im Ton. Ein langfames Einfinken, kneten im Lehm. Abdruck des eigenen Selbftes. Der Rumpf
wird vergeiftigt. Ein in der Sphare des Korpers fchwingender Tanz. Getragene Hymne. Welt
im Kleinen. Die Aufmerkfamkeit ift dem Korperbau zugewandt. In ihm werden die Kraftquellen
des Spiels gefucht und gefunden. ' Lefchetitzky legt den Hauptwert auf die Ausbildung der Bruft-
muskulatur. Das Spiel Schnabels erzahlt von dem fchonen Stngen, das aus der Gegend des
Herzens kommt. Caland war bereits erwahnt. Breithaupt operiert mit der bewuBt gewordenen
Schwere. Maffe, die nicht mehr plump auffchlagt, fondern fich rollend fortbewegt, wie es das
Spiel Carrenos tat.
Es ift mir in diefen Zeilen nicht darum zu tun, den dualiftifchen Aufbau der Muskelzufammen-
hange zu zeigen. Wichtig fcheint mir zunachft die Anwendung der Technik in Beziehung zu
einer Welteinftellung zu bringen. Welche Perfpektive er5ffnet fich aus der gewonnenen Erkenntnis?
Eines wird einleuchten, namlich, daB mit dem BewuBtwerden des Korperbaues, das eine Be-
herrfchung der Muskeln. bedingt, die Technik Allgemeingut werden kann. Das bedeutet das Ende
des Virtuofentums. Zugleich tritt folgendes in Erwagung. Mit dem Moment wo Innenwelt und
AuBenwelt als dasfelbe erkahnt werden, h6rt die gegenfeitige Beeinfluffung auf. Arm und Hande
warenVermittlungsorgane; Innen und AuBen, Subjekt und Objekt find riicht mehr gefchiedene
Realitaten, fondern fie find eins geworden. Der Ausubende wird nicht mehr nach AuBen hin zu
geben haben, er wird naeh innen gekehrt fo fpielen mUffen. Er wird fein wie er ift In d
Mufikliteratur wird das Gefangliche in den Vordergrund treten. Ich habe immer empfunden dL
wir das Inftrument, das wir fpielen, in uns haben. Inftrumente find nach auBen projizierie Stimm
bander. Worte dienen zur Verftandigung. Das AuBen in's Selbft hineingenommen Wozn Wc2~
Wie ift alles belanglos. Ein Stimmorchefter aus Vokalen, Konfonanten und Wortfymbolen eZhZt
mir verheiBend. J cncuemi
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Neuere deuffdie a cappella-Werke gro£en Sfils
Von Gerhard Strecke.
Wahrend kit Beethoven etwa die Lofung der frUher beftehenden Bindung zwifchen TonfchOpfer
und Pubhkurn zu einem ungeahnten Auffchwung inltrumentaler und gemifchter Gattungen gefQhrt
hat bheb die reine Vokalkunft davon merkwilrdig unberflhrt; einmal, weil in jenen Zeiten der Sinn
fur ielbftandige mehrftimmige Singekunft ganzlich verfiacht war, dann aber deshalb, weil der Umfturz
alter feehfcher und geiftiger Geifungen in LMndern bewirkt wurde, die eine vokale Oberlieferung
fozufagen nur aus zweiter Hand hatten, wahrend fich ihre Befahigung fllrs Inftrumentale triebhaft
auslebte. Nachdem hierin Remedur gefchaffen war, wandten fich der Chorarbeit durchaus nicht
kUhne Neuerer zu, vielmehr Traditionaiiften, in denen noch ein Stttck des alten Beeinfluffungs-
verhaltniffes zwifchen Erzeuger und Verbraucher iebendig war: Mendelsfohn, Schumann und Brahms
(hier aber nur bedingungsweife genannt); diefe Richtung ift in der mehrftimmigen Gefangskunft
vorlaufig die mSchtigere geblieben und hat bis in die allerletzte Zeit in Kunnern wie DrSfeke und
Reger iiamhafte Verifier gefunden. Konfervative Steliungnahme zur Angelegenheit des Chorfingens
ift fflr fie Uberhaupt charakteriftifch; der Wert ihrer beften Beitrage flietJt aus der gefteigerten Aus-
bildung gefunder Mufikalitat mehr heraus als aus der Starke ihrer geiftigen PerfDnlichkeit. Sie
fchreiben Gebrauchswerke im fchonften Sinne des Wortes und laffen fich gern durch Muft. rtechniken
^ergangener Stile anregen, wie auch deren Formenf.prache nicht ohne Nachwirkung b!e bt.
An Reger laBt fich nun mit einiger Ubetfreibung erfichtlich machen, was diefe Gruppe von
einer neueren, freifchopferifchen grundfatzlich trennt. Hat man fich aber alles Rechenfchaft abgelegt,
was gerade an feinem Arbeitsverfahren verfti rumen kann, wofern man ihn nicht blindlings vergOttert,
fo ift man erftaunt, wie fehr man ihn trotzdem noch liebt. FUr unfern Zweck typifch find die
3 Motetten ftir ftinfftimmigen gemifchten Chor (op 110, Bote & Bock, Berlin). Tiefreligi5fer Sinn
bewahrte den fonft in der Textwahl forglofen Setzer vor einem Vergreifen; dagegen zeugt die
formale Erledigung des gewahlten Vorwurfs von einer gewiffen Bequemlichkeit. Was fonft an
anfpruchsvolleren ChorfStzen neuerer Meifter vorliegt, ift durch den gemeinfamen Zug gekenn-
zeichnet, den literarifchen Grundftoff durch wohlerwogene Befonderheit der Formabfichten zu ver-
innerlichen, zu vertiefen und auszuweiten. Stereotype Schemata find verpSnt. Regers Verfahren
aber ift mit dem ungekiinftelten Konftruktionsprinzip fruher Motetten-Kunft vergleichbar, die einzelne
Textabfchnitte fchlicht nacheinander abhandelt und die Gliederung mit den einfachften Mitteln des
Kontraftes und der Steigerung vollzieht; dabei geriit die formale Disziplin eben lockerer und loft
fich bei Naturen wie Reger unverfehens in freies Phantafieren liber die poetifche Vorlage auf ;
dann fprechen die Verbindungen vfelfach nicht mehr zwingend, die Kontrafte bilBen durch das
Icheinbar Improvifatorifche an Ausdrucksgewalt ein, unnOtige LSngen werden nicht vom fcharf
disponierenden Intellekt einged&mmt, Wiederholungen dankbarer Effekte urn ihrer felbft willen
finden ftatt. Kurz: der Mangel an Reflexion fchadet der fachlichen und ktinftlerifchen Okonomie,
Die voller Anfpruch fich gebenden Werke ermangeln Uberdies durchaus des Charakters des
Einmaligeri und Bekennerifchen, das uns verwandte Werke von StrauB, Haufegger, Pfitzner und
SchSnberg fo wert macht. Bei diefen fteht jede AuBerung lingular ftir fich; hochftens, daB fie den
Antagonismus eines kontrSren Widerfpiels zulaBt Bei den andern und Reger: Serienkompofition;
jedes Btindel umfaBt regeliMBig (fogar bei Brahms) ungleichwertige Gaben, und fo manches Stuck,
das far fich gefehen ,anginge, wirkt in der Reihe phyfiognornielos.
Was bei Reger fiber vieles hinwegt&ufcht, das ift feine fabelhafte, geradezu mafchinenmaBig
funktionierende Satzkunft. Genaueres Hinfehea ernfichtert auch da. Wie haufig in unfern Bei-
fpielen wirkt der Kontrapunkt nicht mehr primar yertikal, fondern einfach wie in gegebene Harmonie-
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vcricnapfungen hineingefetzt! Wie oft begntigt fich der Komponift, zumal bei Vermehrung der
Stimmenzah!, bei feinem durch harmlofe Durchgange oder allzu bequeme Nebennoten eingedickten
Stimmengeflecht mit Scheinpolyphonie, Itatt der wundervollen Konfequenz moderner Linienfuhrung
die bei den andern felblt altertUmelnden Formen aufhilft! Der unvermeidlich eingefUhrte Choral
Oder die obligate Doppelfuge auf den SchluB hin — lie wirken als ftandig wiederkehrenae Stil-
requifiten manieriert. - In der motivilchen und melodifchen Pragung tmverkennbar Regerfches
GeblQt; doch kein wahlerifches Ausbreiten melodifchcr Koftbarkeiten, keine gefcharften Wider-
Iprilche, fondern eine leicht ermlidende Gleichformigkeit, die dureh die Oberfiille dynamifcher Vor-
fchriften bemantelt werden foil.
Reger vertragt derlei krjtifche AbzUge und fteht immer noch in vorderfter Reihe bei den
Beften. Man kapituliert vor feiner urwiichfigen Singeluft, feiner tiefen Empfindung, und es ilt die
Bewunderung, die feine Leiltung gem vollkommen fahe. Am gelungenften aus op. 110 ift das
erite der drei StUcke „Mein Odem ift fchwach". Gut dofierte Milchung akkordilcher und kontra-
punktifch-linearer Schreibart, verhaltnismaBig hinreichende Abwechslung unter den Teilen. Ohne
M FugatofchwindeI", wie Peter Cornelius zu fagen liebte, bietet fich die dritte Motette „0 Tod,
wie bitter bift du" mit farbig-gefanglicher Grundhaltung und wohlangebrachten Chorabftufungen;
die hat audi den Vorzug der KUrze, wahrend das MittelftQck „Ach Herr, ftrafe mich nicht" feine
natUrlichen Expanlionsgrenzen mit Mufik ins Uferlofe hinein Uberflutet und im ganzen fraglos als
matterer Aufgufi. der erften Nummer fchmeckt.
In den groBen a cappella-Kompofitionen von Richard StrauB, die das Zeug in fich haben
Epoche zu machen, aber Ichandlich vernachlSffigt werden, andert fich das Bild wefentlich. Seiner
neudeutfchen Herkunft nach haben ihn wahrfcheinlich die groBen unbegleiteten Chormufiken von
Peter Cornelius und Alexander Ritter beeinfluBt; ferner mag die lebendige Monumentalkunft einzelner
a cappella-Vereinigungen — StrauB macht in der Inftrumentationslehre auf hollandifche und ruffifche
auimerklam und rUhmt die im Orfeo C&tate zu Barcelona 1 — angeregt haben. Jedenfalls wenden
fich bereits feine beiden Gefange op. 34 (Ai'bl, Milnchen) mit ihren fechzehn Stimmen an Chor-
kOrper, die liber eine auBergewohnliche Schulung verfQgen. Die Steigerung der SuBeren Mittel
und technifchen Anforderungen bedeutet freiiich bloB ein fekundarer Entwicklungsmoment. Wefent-
licher an den zwei Stttcken ift ihr neuer Geift einer lapidaren Tonfprache, der einem eihgeborenen
Wefenszug zum GroBen entfpringt, ferner ihr tiefpoetifcher Gehalt, der die Wortvorlage weit hintef
fich last und fiir ihre mufikalifche Umfetzung ganzlich unverbrauchte Ausdrucksgeftaltungen findet.
Gefchichtlich gefehen findet hier die Anwendung der von Wagner ausgebildeten Kantabiiitat der
Grchefterpolyphonie auf den Chorgefang ftatt; unvermeidlich laufen da gelegentlich inftrumental
anmutende Melismen mit unter. Typitch ift SUauBens auch fpater fich nicht verleugnende Vor-
liebe fltr ausgedehnte ornamentierende Koloraturen, die liber die ganze Breite der Stimmentextur
wuehern. Der hdbfche, zuerft ftir CorneliuschSre gemtinzte Ausdruck „Vokaiinftrumentation ft cteutet
an, daB neuere Setzer bei vermehrter Stimrnenzahl nicht jede Stimme real behandeln, fondern iiach
dem Vorbild der Orchefterpraxis einzelne Linien oder ganze Klanggruppen durch Qktavierung
farbiger zur Geltung bringen. StrauB geht noch wetter. Abgefehen davon, daB er oktaviert und
die 16 Stimmen in vielfaltigfter Weife gegeneinanderftellt, mifcht er auch gern verfchiedene Stimmen
im Einklang and gewinnt daraus manche Zwifchenftufen der Stimmencfwaktere. Eirce reate
Sephzehnftimmigkeit wird nicht erftrebt und kaum einmal erreicht.
Der Abend (op. 34, 1), auf Schillexfche Worte, ift erne grqBzttgige, ik marten, duftigen Farben
hingefetzte Landfchaftsftudie. Alles Zuffandliche befchaftigt den Tondichter, reizt ihn zu forgfamer
gAusmalung, wahrend die Elemente fortfchreitender Handlung aufs aufierfte eingeictirankt find, meift
m knapper akzentifch-deklamatorifcher Andeutung. Der jakohhymne^op. 34, 2) liegt ein RUekertfcher
Text zugrunde, deffen fechs Strophen immer neue Umfchreibungen der Kehrreims „0 grame dich
^/m^vii&^/dtf naturiich fDmbildend,:mulikaUIchVewe meiftens einer belonderen
Ciorgrup^ zugewiefen ilt. Dife Haupttnalfe des Gedichts wird rezitativifch abgetan ■ dafUr bieten
«ste»Inf Wortbilder reichen AnlaB m madrigah Uif chen Tpnmalereien, upd die gehaitvbllerBii
t: fi ift '.n_' J , -r* j " 1 1 - .J'~ ■
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Gedanken werden umffinglich im gebundenen Motettenftil entwickelt. Das ergibt eine eroBe
Manmgfaltigkeit und doch wiederum klare Formordnung. Die Freude am Jymphonifchen" Durch-
ftfhren, an enger Verkettung von Motiven und Themen wirkt fich ungehemmt aus, und in die
SchluBiuge „Zwar bedenklich ift unfer Gang" werden zahlreiche Ideen aus dem Vorausgehenden
einbezogen, fodaB wir einer Textmifchung gegenllberftehen, die an altefte Motettentechnik gemahnt.
Die 1913 entftandene Deutfche Motette op. 62 (FUrftner, Berlin) fflr 16 Chor- und 4 Solo-
ftimmen bringt in der Manier nichts wefentlich Neues; in vielen z. B. in der Refrainbehandlung
ift fie ein gefteigertes Da capo der Jakobhymne. Eine Tendenz aber, in der oberhaupt ein Problem
gefteigerter Stimmenzahl zu erblicken ift, hat fich verfchSrft. Oberali in der Chorliteratur herrfcht
jene peinlich ftrenge StimmfUhrung, die Mahler einft auch for die Inltrumentationspraxis als bindend
bezeichnete. Die Orchefterfprache hat fich nun mehr und mehr davon losgefagt; mit Berechtigung
infofern, als gewiffe Unltimmigkeiteh des Satzes von der reichen Kiangmaffe einfach aufgefogen
werden So ftehen nicht mehr nur Linien gegen Linien, fondern ganze Farbenkomplexe gegen
andere. Ahnlich verfahft StrauB ftellenweife auch bei BehandlungderSingftimmen. Eine befriedigende,
durchfichtige Wiedergabe ift fchwierig, und nur groBe Chorbefetzungen erfUDen die Vorausfetzung
der klanglichen Realifierung. Jedenfalis ift diefe Neuerung diskutabel und dllrfte beim modernen
vielftimmigen und mehrchOrigen Stil Schule machen. Diefe groBen a eappelia-StUcke bieten fich
oberflachlicher Kenntnisnahme nicht eben leicht dar, fondern erheifchen voile Hingabe deffen, der
die Feinheiten der Struktur, der geiftrekhen Textverarbeitung und der erftaunlich verMtelten Poly-
phonie genieBen will.
Findet fich bei Reger und StrauB die Rtickficht auf finnlichen Wohiklang faft durchgangig
gewahrt.Io fehen wir Pfitzner mid Haufegger bisweilen darauf Verzicht leiften. Das KianggefUge
von Pfitzners achtftimmigen Columbus op. 16 (Ries & Erler, Berlin) kommt dem Ohr nicht
fchmeichelnd entgegen, miitet faft arm und dtirftig in feinen Klangmitteln an und verlangt mit
feiner ausgefprochenen Niederlanderei eine durchaus befondere Einhellung. Seine Stilifierung
auf harten, kGrnigen Strich des melodifch-iinearen Vortrags ift nicht fo fehr durch den Stoff
gefordert, als. in der fchopferifchen Eigenart des Kiinftlers begrtindet, deffen Lyrismus durch
ftandige Reflexion gekreuzt wird. Die Uberwiegend kontrapunktifche Verftrebung, die feinen
Tonbau zufammenhalt, die Ordnung der Teile — alles das find Mitiel zum kUnftlerifchen End-
zweck: der Ideengeftaltung, die in der Form Leben erhalt und hier Glorifizierung intuitiv
fchauenden Entdeckergenies zum Ziel hat. Wem das aufgegangen ift, der vermiBt auch nicht
mehr die SchluBfuge und den Maffenprunk einer kulminierenden Stretta, der empfindet die herbe
Zuriickhaltung als Reiz, mit der hier die „Morai" gegeben wird, ateeinftimmiges, ariofes Rezitativ
der Soprane, zu dem anfchlieBend die Mannerftimmen die beiden Hauptmotive „Steure, mutiger
Segler" und „Traue dem leitenden Got!" (Umkehrung) intonieren. Kein Buhlen um Wirkung
kiangmaterieller Art, fondern Zufammenriicken des wefentlichen Gedankengehalts, mufikalifch-
kUnftlerifche Konzentration.
Das Sichlosfagen von der (iblichen Tonfchwelgerei — die er ttbrigens mtihelos beherrfcht —
beruht bei Haufegger auf dem Beftreben nach realiftifcher Ausdeutung gewiffer dichterifcher
Stimmungen; Wie er in feiner Naturfinfonie mit feltener Enthaltfamkeit grau in grau malt, fo
ICheut §r auch beim Hebbelfchen Requiem (achtftimmig, Hug & Co., Leipzig und Zurich) in der
zweitoi Wiederholung „Dich, fie umfchweben dich" vor keiner Gewaltfamkeit und Rauheit des
KlangeszurUck, fodaB feine Mufik.geradezu abftoBend wirken kana Aber darum ift die Arbeit
auch ftilgefchicfttlich bemerkenswert, weil hier der Chor berufen ift, nicht nur freundliche Dinge
zu fagen oder unfreuridlich in moglichft gemUdertet Form, fondern den Krampf als Krampf
fchildert urid Schauerliches wirklich fchauerlich. Nun darf aber nicht verfchwiegen werden, daB
die ftrengere Pjoiypfotiie, deren fich der Komponift dazu bedient, gleichfam errechnet und er.f
fpnnen anmuief, fodafi der entwickluhgsgefchichtlich ftarkfle Teil der Tondichtung dem Hand werk
nach am fchwachften ift Desungeacht nimmt das ernfte, IchOne opus unter den a cappella-v
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S«cke„ g,oBe„ S.Hs, die Uberhaup. mi.zahta, einen hohen Rang eta. Es IH klug gebaut, M .
AhklMrune des chorifchen Gefangftiles erwarten. Vorlaufig durchfetzen die inltrumentalen Bei
XTe ade die werLuen neuL Er.ebnisftUcke, von denen ein wertere. ^-^Scbonbejg
Friede auf Erden« (op. 13) hier kUrzlich eine WOrdigung fand, noch reichhch f ark. Ausder
Ln^ren Belong der MuHker m Gefang und Chorklang, ™J^%£^
muitergiltiger Literatur alter Meiher wird gewiB wieder e,n nur dem Chorge ang «p"« * er
wachfen Zu wttnfchen ware dann eine mannigfaltigere Auswahl der State Jetat aberw.egen
die r IteiWe sTrnmungen und infofern mit Grand, als a cappella-Gefang von jeher der agent, ch
fd a X W MufiWtfl war. Ein weiterer Umkreis von Stimmungen und Ausdrucksmoghchke, tn,
wt ihn Mhere B.Uteperioden chorifcher Kunft durchmeffen haben lit von der a cappel.a-
Kompofition groBen Stils noch kaum betreten. Hier liegt eine reiche Zukunft vor ihr.
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Sireijtkbpf ■ A'-'-Harfot'.-j ^■■ - -;B.erlin W.,9 - PotsdamerstraBe 21
Zentrafstelle liir in- und auslSndische Musik >■■'■'
FI.Qgel . / Pianos ,'■ Harmoniums
3i§
Die Hohenlagen der Kunff
Von Walther Howard.
Kunft kommt von Konnen. Aber mit dem Worte Kunft ift ein befonderes Konnen gemeint,
daB fich prinzipiell von allem anderen Konnen unterfcheidet.
Kunft ift das K5nnen das man fith nicht erwerben, fondern fUr deffen Empfangen man fich
nur aufmachen, bereit machen kann. Die Technik der Kunft umfaBt das Konnen, das erworben
werden kann. Die Kunft felber hat damit 2unachft wenig zu tun; denn fie bringt der geborene
Kunftler mit fich, und fie hi 1ft ijjtii hochftens das technifche Kftnnen grilndlicher und beffer zu
erwerben.
Das erwerbbare Konnen, die Technik fetzt Talent-Gefchicklichkeit, ererbte oder erworbene,
voraus; das Konnen des eigentlichen Kiinltlers, die „Kunft" fetzt Genie voraus. Genie ift uns
im Gegenfatz zum Talent ein Offenbarfein des „Sinnes", des Inhaltes alles SinufSlligen, wShrend
Talent fUr uns nur die Gabe ift, das Symbol eines lnhaltlichen, eines Sinnes, eines InhaHs, eines
Sinnhabenden oder noch beffer Sinnfeienden, alio die auBere Form alles Wefens oder Wefentlichen'
zu merken oder wiederzugeben (manuelle, phyfuelle, geftthlsmaBige und intellektuelle Gefchick-
lichkeit). Ift diefe Deutung der Begriffe Talent und Genie auch nicht die ttbliche, fo ift fie doch
geeignet, fie beffer von einander zu fcheiden.
Das Talent erfaBt das AuBere, die Erfcheinung; das Genie erfaBt das Innere, die Bedeutung;
wobei es gleich ift, ob es fich um Werte handelt, die den bekannten MuBeren fllnf Sinnen gegen-
tibertreten (die fiinf Sinne find die Organe, mit deren Hilfe die allem Wefenhaften eigenen Formen
aufgenommen werden, was Vorausfetzung daftir ift, daB wir zum „Sinn" kommen) oder ob es
fich um Werte handelt, die iiber die ftlnf Sinne zu clen hoheren Sinnesorganen des Filhlens und
Denkens fprechen
/ Die Mittel der Kunft Tprechen als der formale Teil des Kunftwerkes zu den oben genannten
i Organen, fie find die Symbole, mit deren Hilfe ein Geift uns feine Inhalte offenbaren will. Da
J aber nun jeder Menfch fich vom andern in der pprfOnlichen Anlage unterfcheidet, das heiBt, da
I ein jeder Menfch andere Symbole beherrfcht und in anderen ungefchickter ift als feine Neben-
1 menfchen, fo ift ein Verftandnis geiftiger Werte immer nur dadurch mdglich, daB wir die
i empfangenen Symbole in uns in die uns gelaufigen umfetzen.
I Setzen wir gleiche Genialitat voraus, und nehmen wir an, fiinf Kunftler verfchiedener FakultSt
- erleben dasfelbe Naturfchaufpiel, fo werden fflnf Kunftwerke es uns kUnden; aber fUnf weitere
KUnftler werden wieder fanf neue Kunftwerke daraus formen mUffen, um ganz und voll das
urfprtingliche Naturerlebnis felbft erleben zu kOnnen. Das ift doch Uberhaupt das Wefen des
kUnftlerifchen Schaffens, daB derjenige, der etwas ganz erfaBt in feinem Wefen, es unwillkUrlich
in eigene Worte, eigene Symbole kleidet, eben in die ihm gelaufige Kategorie von Symbolen.
Die fo^ entftandene Form ift das Kunltwerk. Man fagt, der KUnftler muB fich auBern, Ja weil
jedes voile Verftehen ein vollendetes Formen ift und jedes Formen eben ein fich auBern.
Man kann fich felber auf Grund des Gelagten meffen. Sage mir was ein Eindruck in Dir
auslO'It (nicht wiederhole mir den Eindruck, damit kann hOc'hltens ein mechanifcher Apparat, kein
lebendiges Wefen imponieren) und ich will Dir fagen auf welchem H5hengrade des Berges der
Wahrheit Deine Genialitat angelangt ift.
Wie iaffen fich nun die Hohengrade der Kunft charakterifieren?
■ : ) Aus Bd[l „Auf dem Wege zur " Musik* ungedrucit, bis jetzt erschien gedruckt nur M II Rhythmik, Metrik,
Ton und StillehreV". Ausiieferung an den Buchhandel durcli Carl 'Fr. Fleischer, Leipzig.
So leid es uns tut, wir miiffen es jetzt geftehen, da6 wir den Weg zur Wahrheit nur fym-
bolifch andeuten, niemais felbft denen mitteilen konnen, die ihn nicht ohne Symbolejerrtehen
kSnnen weii fie ihn noch nicht felbft gewandelt find. Das ift ja das unheimliche Wefen der
Wahrheit und damit auch der Kunft, oder beffer des Inhaltes alter Kunft, daB es erlebt werden
muB oder man muB mit Worten v v erlieb nehmen, die ein leerer Schall find. Was wir felbft erleben,
formt fich in uns und aus uns heraus zu Bildern in Worten oder fonftigen Formen, die auf die
Sinnesorgane wirken; aber wo wir nicht „erlebten« (was das ift, weiB ich felber nicht, es ift eben
das Erfaffen des inneren Wefens felbft ohne Organ, ohne Denk-, GefUhls-, Hor-, Seh-, Riech- oder
Schmeckapparat) da find uns Symbole leerer Schall, die wir nur heimlich lieben, well wir ahnen,
daB fie etwas verbergen, das zu befitzen koftiich ware. ,
Die verfchiedenen HOhen der Kunft k5nnen wir nur.durch ihre Symbole oder auBerlichen
Formen andeuten. Urn nun die Formen zu geben: Je tiefer der Sinn, umfo einfacher das Symbol.
Das fei die Oberfchrift. Und nun deren Ausarbeitung: Je leichter es Dir wird, Uber Eindrucke
hinauszuftreben, umfo beffer ift das was Du dahinter finden kannft; je mehr EindrUcke Dich felbft
fefleln, umfo mehr wollen fie ihre Hohlheit verbergen.
Eine Form die mich feffelt, hat zuviel Form oder zu wenig Inhalt, was dasfelbe fein follte
aber nicht immer ift. Alle Form follte mich auf Inhalte leiten, je beffer fie das tut, umfo mehr
erfllllt fie ihren Zweck, umfo vollendeter, zweckentfprechender ift fie. Man denke nur an die
fogenannte Kitfchmufik. Ich meine nicht die, die tot geboren mriflonteTti die, die das Intereffe
des Tages fUllt; fie ift zweckentfprechend im hOchlten 'Grade. DaB Werke diefer Art meift Eintags-
fliegen rind, ift nur die Folge des niedrigen geiftigen Niveaus des Inhaltes, der felbft den ober-
fiachlichen Menfchen nur kurze Zeit zu feffeln vermag.
Die Liszt'fche Mufik hat diefelbe einfache Form, nur ift eben der Inhalt hoher geartet und
deshalb auch die Technik eine andere und es erfordert einen kongenialen Klinftler zur Wiedergabe,
den wir nach Liszt leider nicht mehr gehabt haben. Dasfelbe ift Qber Paganinis, Mahlers u. a,
Mufik zu fagen. Wir nennen jede Form „nicht leicht" oder „zu fchwer", die ihrem Inhalt nicht
abfolut entfpricht und dadurch mehr auf fich felbft lenkt anftatt auf das, was fie darftellen foil.
Jedes komplizierte Symbol in unferm Sinne ift alfo unkttnftlerifch.
So fehr alle Symbole urfprilnglich ihren ganz beftimmten Sinn haben, fo lehr kann durch
mangelhaftes Erfaffen diefes Sinnes in mir der Eindruck erzeugt werden, als ob er fich verlchieben
kOnnte oder gar verfchoben hatte, und das Refultat ift der Glaube, der heute wie eineJKrankheit
verbreitet ift, daB man Symbole willkUrlich fetzen kOn'nte. Der Verftand fetzt fich zum Herren
und wir laffen es uns gefallen; weil diefen Diener in uns wachfen zu fehen uns zu viel Freude
machte, haben wir uns ihm bis zur Knechtfchaft hingegeben. Er predigt uns was er wilt und
was thm-tiegt, und fo ift man heute der Uberzeugung, daB jedermann mit dem Sinnfailigen jonglieren
kOnne. Allerdings ift das nur moglich wo nach „dem Sinn der fSllig lit* wenig oder nicht gefragt
wird, fonft erkennen wir bald den Kunftfchwatzer und Phrafeur und weigern ihm unfere Gefolgfchaft.
Wenn ich namlich ein. derartiges konftruiertes anftatt komponiertes, gefchaffenes Werk zu erfaffen
yerfuche und fich meine Symbole einfinden auf Anreiz der gleichwertigen des Andern, zeigt fich
der Unfinn und offenbart fich die geiftige Untiefe feines Standpunktes,
Oanz unfinniges 10ft in mir keine Wirkung aus (das heiBt meine Symbolik). Denn das
dttrfen wir doch nicht vergeffen, jeder Menfch geht von fich aus, und fetzt, wenn er etwas auf-
nehmeij foil ohne weiteres yoraus, daB das GehOrte oder fonftwie Empfangene von irgend 'einem'
piftigen Niveau kommen muB> daB er felbft einmal durchfchritten, oder das ihm wenigftens als
^;"ti^unit'ln der Feme fichtbar ift Er reagiert alfo durchaus befangen. Da der felbft geiftig
Schtafende tlberhaupt nichts geiftiges erfaffen kann, fehaltet er hier iiberhaupt aus, aber jeder
einigermaSen Erweckbare (und jeder ift es einer heheren als der bereits "erreichten Stufe gegen-
>»ber| ahnt das hOhere und erkeiiiit das unter ihm liegende. Nur eben nicht das ganzHch Negative.
:|^t}& loaches von Fachkttnftlern gerade heute wieder produziert wird, ift es nur zu verftandlich, daB
? :-:^ als fei allein Fachkenntnis notig um Kunft mverftehen.
Nein Genie imiB man haben, und das haBt aile Fachkenntnis als totes Werkzeug, das immer
unzulanghch und auBerdem anmaBend ift.
Unter dem vom Standpunkt der Wahrheit aus negativen verftehe ich alto das was nicht
geitiges mtt irgend einer Symbolik mitteilen will, londern, in der Symbolik als an rich finnvollem
verftnckt, nur wieder Symbole, und Ober Symbole mit neuen Symbolen erzahlen mSchte. Die
Entltehung diefes Irrtums ift nur zu leicht zu veritehen. Soweit erzahlt uns unfer Oberfklave
Intellekt jederzeit den Hergang der Dinge, daB er uns zeigt, wie die empfangenen EindrOcke
andere in uns auslofen. Wer nun geiftig fchlaft und die finn-, gefflhls- oder verftandesfailigen
Eindrucke for etwas an und for fich felbft halt, der muB es erlaubt finden zu transponieren urn
des Transpomerens willen, und fo tanzt ein rhythmifcher Gymnaftiker die .Notenwerie einer
Bachfchen Fuge, anftatt die fOr die Mufik maBgebenden Formelemente des Rhythmus zu vergeffen,
urn die for den Tanz maBgebenden Formelemente der Architektur der Stellung an fich zu ver-
wenden (daB Tanz kinematographifche VorfOhrung von immer wechfelnden Architekturen ift, wiffen
heute noch wenige „Tanzer"), fo malt ein Maler Natur ab, anftatt eine Farbenfymphonie und
Linienfymphonie zu fchaffen, die den Inhalt der Landfchaft, nicht aber ihre Symbole in der Natur,
die garnicht mehr fOr die zweidimenfionale Malkunft paffen, wiedergeben.
Wir find zu einem merkwilrdigen Refultat gekommen. Die fOr ein Kunftwerk verwendeten
Symbole fagen uns nichts uber Fein Niveau im Reiche der Wahrheit, der Inhalt felbft fagt es nur
dem Kundigen. Der Lernende und das find wir alle, jeder nur einer anderen Stufe gegenOber,
aber kann die HOhenlage eines Kunftwerkes nur erkennen durch Betrachtung der automatilch
wirkenden Fahigkeit unferes Inneren, fremde Symbolik in eigene zu Obertragen.
Da zeigt fich was gemeint war, da zeigt fich ob etwas gemeint war und wir kommen zu
der wahren Kunftkritik, die weniger Wert auf die abfolute H5he im geiftigen legt, weil fie diefe
als Faktum hinnimmt, .das nur der Schaffende felbft durch Weiterentwicklung Mndern kann, und
gar keinen Wert fozufagen auf die Form, weil fie ja bedingt ift durch den Inhalt, und von felbft
fich beffert. Aber das einzig wichtige wird klar hingeftellt und fcharf bewertet, namlich das innere
Streben, das Genie, die Kunft des Schaffenden.
Und damit die Wahrheit des Gefagten manchem deutlich werde, dem fie fonft verborgen
bliebe, wollen wir auf den einfachen Trick aufmerkfam machen, daB man unverftandlich bleibende
Kunft dadurch prOfen kann, daB man fich bewuBt auf den Standpunkt derer ftellt, die geiftige
Inhalte nicht kennen oder fie in den Formen im Formfpiel felber fehen, Man verfuche z B. Hugo
Wolfffche Lieder oder einige Schumann, oder Brahmsmufik fo zu faffen, daB man irdifche Bilder
heraufbefchwort bei ihrem Anhoren und fofort wird man merken, daB das viel leichter ift als wenn
man hier nach einem geiftigen Sinn fragt, oder man ftelle fich bei Beethoven bewuBt auf den
Standpunkt des Menfchen, der aus eigener Kraft etwas erringen will, oder bei Liszt auf den
eines Menfchen, der alles durch Gnade empfangen will, oder bei Wagner auf den, der fich noch
fern fUhlt von Gott aber identifch mit der Welt, anftatt es umgekehrt zu machen wie Mahler.
Kurz, man mache fich die verfchiedenften Weltanfchauungen klar und lege fie als MaBftab an die
Kunftwerke an und wird fie alle aus den Weltanfchauungen verftehen und tolerieren fernen. Man
ftoBe fich nicht daran, daB ein KOnftler vielleicht felbrt hOchft unbewuBt war; feine UnbewuBtheit
rettet ihn nicht vor einer ganz beftimmten Stellung zu fich, Gott und der Welt, und diefe Stellung
wird ihre Wirkungen austiben. Aus unferer Reaktion auf die vom KUnftler gewShlten Mittel
erfahren wir feine Stellung im Weltall, und wir lernen die Leiter der Kunft ilberfchauen — -rOckwSrts
wHfend, vorwarts glaubend.
*
■*>
Zur Affhefik
Von Dr. Hugo Leichfenfriff.
Paul Moos' neues Buch: „Die deutsche Asthetik
der Gegenwart" (Verlag Schuster <fc Loeffler, Berlin)
gtbt Anlaft, die Frage nach der Bedeutung der
Asthetik fur die musikalische Praxis aufzurollen. Eine
ebenso peinliche, wie schwieiige Frage. In einem
umfangreichen fruheren Werk schon hat Moos die
„Moderne Musikasthetik in Deutschland" behandelt.
Er erganzt jene Arbeit nunmehr durch die vorliegende,
in der es sich tim die Versuche etwa des letzten
Vierteljahrhunderts handelt, dem schwierigen Thema
von der Seite der Psychologic beizukommen. Mit
aufcerordentlicher Grundiichkeit und Sachkenntnis be-
wertet Moos hier kritisch die Denkarbeit, die unsere
angesehensten Psychologen hier aufgewandt haben,
urn die Frage nach dem Wesen der Musik, des mu-
sikalischen Kunstwerks, der Auffassung der Musik
durch den Horer ihrer Losung entgegenzufiihren.
An! nahezu 500 Seiten wird hier erOrtert, was Ktilpe,
Groos, Muller-Freienfels, Witasek, Lipps, Dessoir,
tange, Meumann, Volkelt und viele andere Psycho-
logen in tiefgehenden Untersuchungen zur Sache zu
$agen haben. Hochinteressant, alien diesen ver-
wiekelten Parlegungen zu folgen fiir denjenigen, der
'fr'.'itiese Dinge vom Standpunkt einer Art Denksports
frtmngeht, wie etwa ein Amateur an das Schachspiel.
Xrostios jedoch das Ergebnis fiir den Kiinstler, der
■ ■■■■$£** der Wissenschaft Erleuchtung erwartet und nun
Stebe anstatt Brot vorgesetzt erhm Die fible Lage
i -'Hm psychologischen Asthetik, der ^sthetiK fchlechthin
laBt sich in- Kttrze darlegen durch den einen Satz:
Die groBen Kiinstler, die uber ihre Kunst das wert-
vollste miiBten aussagen konnen, sind fast imrner zu
wenig geschulte Denker, und die ztinftigen Philosophen
sind gemeinhin ,zu sehr Dilettanten in der Kunst und
kennen die kunstlerischen Probleme meist nui aus
zweiter Hand, nicht durch eigenes schopferisches
Erlebnis, sondern auf dem Umwege iiber den
griibelnden Verstand. So kommt ein Zwittergebilde
heraus, an dem niemand eine rechte Freude haben
kann- Es ist meine Uberzeugung, daB man iiberhaupt
nicht ersprieBlich Asthetik treiben kann in dem Sinne
wie der Anatom einen toten Korper zerlegt und
durchforscht. Nur im engsten Zusammenhang mit
der Praxis der Meister ist der Sache beizukommen,
Leider hat die neuere Kunstwissenschaft diesen Zu-
sammenhang mit der lebendigen Praxis zu sehr aus
den Augen verloren. Jede neue kunstlerische Be-
wegung bedeutet gleichzeitig eine neue Asthetik.
Neue Vorstellungen vom Wesen der Musik, von
Zweck und Ziei der technischen Methoden, neue
kultureile Einstellungen iiberhaupt, neue Einsichten
in die Mogiichkeiten des musikaiischen Ausdrucks,
Erweiterungen der tonlichen Materie, im Tonsystem,
in neuen Jnstrumenten u. dgl. sind es die eine neue
kunstlerische Bewegung einleiteri. Hier hatte eine
praktische brauchbare Asthetik einzusetzen. urn das
im Oefiihl nebelhaft und verschwommen Liege'nde
durch deutliche Begriffsbildung zu klaren Wie ver~
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schieden z. B. die Asthetik Bach's, Mozart's, Beet-
hoven's, derRomantik, Wagner's, Debussy's, der neu-
zeitlichsten Gruppe! Und andererseits auch wie viel
alien diesen so verschiedenen Personlichkeiten Ge-
meinsames! Sowohl das Konstante, wie das
Wechselnde dient gleichermaBen der Erkenntnis des
kiinstlerischen Problems. So ist Kunstasthetik un-
trennbar von Kunstgeschichte und als vermeintliche
selbstandige Wissenschaft ein totgeborenes Kind.
Nur ein Kunstler kann mit voller Autoritat liber
Kunst reden, und auch nur jener Kunstler, der gleich-
zeitig ein geschulter Denker ist. Daher die un-
geheure Gleichgultigkeit, mit der die Kunstler unserer
Zeit al,e die sehr ernsthaft gemeinten und mit Auf-
gebot einer groBen Denkkraft aufgestellten Theorien
der Psychologen aufnehmen oder vieimehr gar nicht
aufnehmen. Tun die Kunstler recht an dieser Gering-
schatzung? Zweifelios nicht Die heillose asthetische
Vervvirrung unserer Zeit, die Unklarheit iiber Ziele
und Wege der Kunst bei den ftinstlern unserer Zeit,
der mafilos ubertriebene Personlichkeitskult, die
Unterschatzung der rein sichlichen Dinge, die
mangelnde Einsicht in die al£zeit unaband.erlichen
Grundlagen jeglichen kunst ; erischen Ausdrucks:
lauter Folgen ungeklarter asthftischer Begriffe. Jede
wahrhaft groBe KunstaurterungJnat aber bisher immer
auf einer festen asthetischen Bisis geruht, einer sehr
bestimmten, in ihrer Richturg klar durchdachten,
durchfUhiten Kunstanschauung. Es ware also unserer
Zeit eine zeirgemafie, lebentjge Asthetik aufter-
ordentlich wertvoli. Wie hoch stent z. B. das acht-
zehnte Jahrhundert in asthetischer Klarheit Uber dem
zwanzigsten! Kunstbetrachtungind Praxis im engsten
Zusammenhang, einander beefofiussend und be-
fruchtend! Wie eng verknupft ist z. B Gluck mit
den Schriften'der geistvollen Panser Encyklopadisten,
wie gut ist Mozart asthetisch |undiert (man lese
daraufhin seine Briefe), welch eiife Welt asthetischer
Einsicht bekundet Bach, wie deuflich reprasentieren
Handel, Hasse,Rameau ein ganzbestimmtes asthetisches
Ideal! Hier wird klar, wie die musikalische Praxis
einerseits abhangig ist von den ein gewisses Zeit-
aiter beherrschenden asthetischen Ideen, d. h. von
den ausgereiften Anschauunjren der fUhrenden Meister:
dies im Einzelnen darzustellen w8re eine ebenso
reizvoile wie ersprieBiiche Aufgabe, die bisher noch
nicht x zuianglich behandelt worden ist. Andererseits
jedoch haben die grofien Meister wiedertim der
asthetischen Betrachtung neuen AnstoB gegeben, sie
in andere Bahnen gelenkt. Diese enge wechaelaeitige
Beziehung zwischen Praxis und Asthetik ist fUr das
ganze 18. Jahrhundert charakteristisch, sie fehlt unserer
Zeit sehr empfindlich. Daher das verhaitnismaBig
hohe Niveau, die vortreffliche Schulung jener Zeit,
die solche krasse Abstande nicht kennt, wie die
musikalische Praxis der Neuzeit in ihren artistischen
Hohen und unsaglich platten Niederungen.
Solche Betrachtungen und Wunsche steigen in
mir auf beim Lesen des Moos'schen Btiches. Sie
sollen keine Herabsetzung der gehaltvollen, trefflichen
Leistung Moos' bedeuten, sondern nur auf die wie
ich glaube verfehlte Richtung hinweisen, die bei der
Behandlung musikasthetischer Fragen seit langerer
Zeit schon eingeschlagen worden ist. Was das
eigentliche Problem des musikalischen Kunstwcrks be-
deutet weiB eben nur der schaffende KUnstler, und die
Spekulationen selbst der geistvollsten, gelehrteslen
und scharfsinnigsten Philosophen mUssen immer das
Ziel verfehlen, weil sie es nie in genUgender Deut-
lichkeit wahrnehmen k6nnen Die reife Einsicht in
kUnstlerische Probleme ist einzig und allein durch
lang andauernde schopferische Erfahrung zu erlangen.
Gute Biteher mogen bis zu einer gewissen Grenze
hiitzlich sein. Ein Buch wird aber nur gut, wenn es
aus der yertrautesten Kenntnis seines Gegenstandes
sich herleitet, und diese intime Beziehung zur Musik
fehlt eben der psychologischen Asthetik.
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YERBAND DER
©emelni*tltei«ie
IMUphon: Ami NOIXENBOEF
dttaflementsvermlttJung, Arrange
Alia Ratoatta warden den KUgsf'
ERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V.
erfeOtieilung: BerllnW57 f BlumenihaUirafie t*7
Telegramm-Adi^ae: P03D HMKITHBT .
von Konzerten, Vortrags* und Kunattanaabenden far Seriin und *Ue Qrtft dee In- und Atulandfts. I
itgtbrachi Niedrigere Prorisionen als bei ge^verbsmafligen KonE*rtag«tit*a
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Widifige neue Mufikalien, Bttdier und Auffafze
iiber Mufik,
mitgeteilt von
Professor Dr. Wilhelm Altmann, Berlin-Friedenau. Sponholzstr. 53-M.
Diese Zusammenstellung, die moglichst in jedem Heft dieser Zeitschrift erfolgen wird. will mich uod- un-
gedruckte groSere Werke, vor allem Symphonien, symphonische Dichtungen, Konze.rte, Kammermusikwcrke. Opcrn.
Chorwerke mit Orchester einbeziehen, um namentlich Dirigenten darauf aufmerksarn zu rnachen. Dicjcni^en 1\<nv t,:cr (
die derarfige Werke (jedoch nicht etwa Klavierstucke, Lieder, Mannerchore) fertig habcn, werden ^ebeteu. mich d-»von
in Kenntnis zu setzen, doch behalte ich mir die Entscheidung iiber die Aufnahme vov Diose kann audi bei ^edmcktofi
Werken weder durch ein Inserat.noch durch Einsendung der betreffenden Musikstuck* oder Biicher er/wimgcn wcrdcn
Rucksendung etwaiger Einsendungen wird grundsatzlich abgetehnt. \
Die HinzuSugung des Verlags wird Bestellungen erleichtern. Zu den angefcebenen Preiscn komint immer
noch der sogen. Teuerurigsaufschlag seitens des Verlegers und auch des Sortimenters liinzu; er schwaukt bekaimilicU.
meist aber betragi er 200%-+ 10%.
L Inffrumenfalmujik
a) Orchefter (ohne Soloinffrumenfe)
Becce, Giuseppe: Kinothek. Neue Film-Musik. Dramat.
Musik I Tragisches Drama Schlesinger, Berlin 40 M.
Braunfels, Waiter: Phantastische Erscheinungen eines
Themas von Berlioz. Universai-Edit. P. u. St.
Preis nach Vereinbar.
Bruch, Max Felix [Hamburg]: Ekkehard. Symphonische
Dichtung noch ungedr.
Gafimann, A. L: op. 42 D'Landlermusik. 110 Landler
und Buuretanz aus dem Hiigeliand u. den Schweizer
Bergen gesammelt, efganzt und gesetzt. Hug,
Zurich 5 M.
Humperdinck, Engelbert: Gaudeamus. Szenen aus
dem deutschen Studentenleben. Spieloper. Nach-
'.kompon. Ouvertttre. Furstner, Berlin Part 12 M.;
St. 20 M. *
DohnanyJ, Ernst v.; op 27 Konzert (di f Viol.
Alberti-Verl., B.-Wjlmersdorf. Ausg m. Klav 12 M
Grabert, Martin: of. 17 Zum Gedaehtms Orgel-
Fantasie (g). Oppenheirner, Hamein 2 M
Leupold, A. W.; Pr*ktisch-theoret. Anleitung zur Er-
lernung des Orgelsfrids. Oppenheirner, Hameln 3 Al
Liszt, Franz: Auswihi aus den Klavierwerken, be-
zeichnet v- Euger d'AIbert. Bote & Bock 3 Bde
je 4 M.
Witte, G. H: op >12 Konzert (a) f V iolonc. Ruble,
Lpz. Ausg. m. (lav neue verbess Aufi 10 M.
Wurm, Mary [B*|j n |; Kakteen. Klavierstucke im
hochmodernen Sji noch ungedruckt
b) Kammermufik
Anders, & l % (KdlnJ: op- 40 Srreichtrio (Es) noch
ungedruckt
SshdHfoerg, Arnold: op 10 Zweites Streichquartett.
trniversaJwEdih kl Part: 2,50 M.
: ' *.-'-■':■ ^. ■ ' ., ■ .
T c) Sdnffige Inftmmenialmulik
,^ek, r ja^-«lnilt.: Brtte OtivWQre {SuifeJ f. Solo-
<£ getge u, Strtlcboreh. m. unfergelegt. Pfte (Cembalo),
&m V* Mm Fsreanq Breiftapf & H4rtel
II. Qefangsmufik
f a) Opern
Bittner, Julius: r te Kohlhaymerin. Oper Umversal-
Edit Klav.-A.,20 M.; Textbuch l.,50 M.
— La Tarantetl^de la mort (Todestarantella) Mi mo-
drama. Univeo{-Edit Klav -A.8M; Textbuch 0,50M.
Mattausch, Hai| Albert:- Graziella. Musikdrama.
Bote & Bock..kiav.-A. 18 M.
Schelnpflug, Paul Der Kammersanger. Heitere Spiel-
oper [nach Ilansteitlt Kammermusikj noch an-
fedruckt f
Weltigartfler, Feli^op, 14 Genesis Oper JNeite
Fassung) Bote &%&& KlttV^A 18 M
Wurm, Mary [Berlin] ^Cie MHschuldJgen- Spieloper*
Text von Goethe WteviA, Selbstveri. [Zur Uf-
auftlhrung im StadttH^aHf m -Ldp^ angenommen J
1 _-.^.
?5ftA
b) Sonffige Gefangsmufik
Anders, Erich [Koln]: op. 41 Klage Heioisens (Alt)
und der Nonnen am Grabe Abalards mit Orch.;
op. 42 Osterhymnus f. Tenorsolo, gem. Chor,
Knabenchor u. Orch. noch ungedruckt
Cederschiold, Adele: Sechs Terzette f. Frauenst. Max
Brockhaus, Lpz. Part. 4 M.
Eulenburg, Philipp von: Roseniieder f. 1 Singst in.
Pfte. Jubilaums-Prachtausg. illustriert v. Franz
Stassen. Bote & Bock 7 M.
Hatzfeld, Joh. ; Tandaradei. Ein Buch deutscher
Lieder mit ihren Weisen aus acht Jahrhunderten.
Volksvereinsverlag, M.-Gladbach )8 M.
KreisI, Victor v.: op. 16 Sechs Lieder aus dem Irr-
garren der Liebe von 0. J. Bierbaum f. 1 Singst.
m. Pfte. Porges, Prag 3 M,
Moser, Franz; op. 11 Vier vierstimm. Gesange fur
Frauenst. Part 2 M.; St. 1 M. — op. 28 Drei
Mannerchore Part. 2 M.; St. 1 M, Universal-Edit
Neumann, Mathieu: Den Heiden. Requiem f. Manner-
chor. DUsseldorf 57 Seibstverl. Part. 3 M.; St 2 M,
Onegin, E. B.: Marienlieder f. 1 Singst. m. Pfte.
Bole & Bock Nr 1 u. 4 je 1,50; Nr 2 u. 3 je 2 M.
Rtfthig, Waiter: Sonne im Herzen. 12 Lieder fUr
1 Singst. m. Gitarre oder Pfte. Kahnt, Lpz 2 M.
Rosegger, Sepp: Ein weltliches Requiem nach Worten
Peter Roseggers f. Soli, gem- Chor, Knabenchor,
Orch. u. Org. Max Brockhaus, Lpz. AuffUhrungs-
mat. leihweise; Klav.-A. 12 M.
SchtSnberg, Arnold: op. 12 Zwei Bafladen; op. 14
Zwei Lieder f. 1 Singst. m. Pfte, Universal-Edition
jede Nr 2 M.
— : op. 20 Herzgewachse f. hohen Sopr., Celesta,
Harmonium u. Harfe. Univers.-Ed. 3 M.
Springer, Max: Abend auf Golgatha f. Tenorsolo,
gem. Chor, Vcello u. Org. Univers.-Edit Part 2 M,
Winternitz, Arnold: op. 17 Falterlieder von L. Finckh
f. 1 Singst m. Pfte Nr 1-7. Bote & Bock je 1,50 M.
III. Melodramen
Bauer, Hannes: op. 2 Auswanderers Kind. Melodram
mit Pfte. Speka-Vert, Lpz 2 M.
Knab, Armin; op. 20 In Bulemans Haus. desgL 3,50 M.
Merling, Kurt: op. 18 Die Wiederkehr der Ginevra
Amierf. Melodram m. Pfte. R. Wunderiich, Lpz 5M.
IV. Budier
und Zeif fdiriffen - Auf fa^e
(alphabetisch sowohi nach Stichworten wie nach den
Verfassem geordnet Bei Zeitschriften-Aufsatzen ist
immcr mit Nr die des laufenden Jahrgangs gemeirttj.
Agypten. AltagypfiscriTTO Von Curt
Sachs. Hinrichs, Lpz 1,80 M.
Basels Musikleben im 19. Jahrhundert. Von Wilhelm
Merian Helbing & Lichtenhahn, Basel 6 M,
Beethoven. Der Versuch einer musikphilosophischen
Darstellung. Von Albert Hensel. (atho-Verlag,
Berlin 3 M.
Blessinger, Karl — 8. Pr obi erne
Bruneau, Alfred. Par L. Vuillcmin — in: Lc m£-
nestrei 16
Biilow, Paul — s. Wagner
Carraud, G. — s. Chausson; Faure; indy;
Magnard; Ropartz
Cavalli. Notes sur une partition <L' Eritrea 1686)
faussement attribute a Cavalli. Par H. Prunteres -
in: Rivista music ital. 2
Charpentier, G. Par L. Vuiilemin — in: Le m6-
nestrel 17
Chausson, Ernest. Par G. Carraud -■ in: Le m£-
nestrel 14
Faurl, Gabriel. Par G. Carraud — in: Lc me-
nestrel 15
Gitarrespiel, Das kUnstlerische. Padagogische Studien
von Joseph Zuth 2, verm. Aufl. Fr. Hofmeistei,
Lpz, 7,50 M.
Goldfaden, Abraham, der Begrilnder der Jiddish-
Theater-Singspiele. Von M. KaUfmann — in:
Zeitschr. f. Mus. 14
Goldschmidt, Hugo — s. Tonsymbolik
Griechische Musik. E- Romagnoli. Nuovi fram-
menti di musica greca — in: Rivista music ital. 2
Griveau, M. — s. Intervalle
Hensel, Albert —• 8. Beethoven
Holland. Musikleben in H. Von W. Sibmacher
Zynen — in: Neue Musik-Ztg 20
Janetschek, Edwin — s. Tonkunst
Jiddish-Theater-Singspiele — s. Goldfaden
lndy, Vincent de. Par G. Carraud — in: Le meV
nestrel 9
Intervalle. Les intervalles musicaux et leur expression
comme Elements de melodie. Par M. Griveau —
in: Rivista music, itai. 2
Kaufmann, M. — s. Goldfaden
Klavierspieh Die Technik des Klavierspiels. Ein
neuer Weg. Mit 32 Abbiid. Von Eduard u. Adeie
Reuffurth. Gebr. Gottheift, Kassel 10 M.
Laute, Die. Eine Bildmonographie mit 134 Bildern.
Von H*is Sommer Ad. KSster, Berlin 30 M.;
Luxusausg. 50 M.
Lichtspieltheater — s. Tonkunst
Lienhard, Friedr. — s. Wagner
Magnard, A. Par G. Carraud — in: Le m^nestrel 20
Merian, Wilhelm — s. Basel
Mozart, Leopold: Reise-Aufzeichnungen 1763—1771 . . .
z. 1. Male voflst hrsg. u- erlautert von Artur
Schurig. Laube, Dresden 60 M. J
Opemregie. Die Entstehung einer AuffUhrung von
der Annahme des Werks bis zur Premiere. Von
Schaffer — in: Zeitschr. t Mus- 14
Petschnig, Emil — s, Sttddeutsehiand
Probleme, Die musikalischen, der Gegenwart u thre
Losung. Von Karl Blessinger Verlag Dr. B,
Fiiser, Stuttgart 14 M.
Prunieres, H. — a- Cavalli
307
M
op.
Pa
..!?
Radiciotti, G — s. Rossini
Reuffurth — s. Klavierspiel
Romagnoli, E. — s- Griechische Musik
Ropartz, Guy- Par G. Carraud — - in: Le menestrel21
Rossini* il Signor Bruschino [buffoneria] et il Tancredi
cli G. Rossini. Von G. Radiciotti — in: Rivista
musicale italiana 2
Sachs, Curt — s- Agypten
Schaffer — s. Opernregie
Schmitt, Fiorent. Par A. Roussel — in: Le monde
musicale 5
Schurig, Arthur — s. Mozart, Leop.
Singspiele, Jiddishe — s. Goldfaden
Sommer, Hans — s. Laute
Siiddeutschlands Sendung. Von Emii Petschnig —
in; Neue Musik-Ztg 20
Symbolik — s. Tonsymbolik
Tonkunst und Lichtspieltheater. Von Edwin Ja-
netschek — in: Zeitschr. f. Mus. 14
Tonsymbolik. Von Hugo Goldschmidt — in: Zeit-
schrift f, Asthetik u. allgem. Kunstwissensch. 1
Vuillemin, L. — s. Bruneau; Charpentier
Wagner. Das Kunstwerk R. W/s in der Auffassung
Eriedrich Lienhards. Von Paul Billow. Greiner&
Pfeiffer, Stuttgart 3 M.
Zuth, Joseph — s. Gitarrespiel
Zynen, W. Sibmacher — s. Holland
<fr
■H -i
Unsere Abonnenten machen wir hoflichst darauf aufmerksam, daB der hohen
Portospesen wegen unsere Zeitschrift w MeIos" durch die Post zeitungsstelle zu-
gestellt wird.
Wir bitten daher freundiichst, jede Rcklamation betr. „Melos ft (Nichteintreffen,
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abstellen kann. VERLAG „MELOS\
**mp /
tjija% Dr. Borchardt & Wohiauer.
(FERTIGSTELLUNO ALLER MUSIK - A.UFTrIqE)
instrumentation, r- Transposition.
Aufschreibcn gegebenet* Melodlen.
Notenschreibenw
Charlottcnburg 4, Wiefcrtdstf<^r*0; TeT- Amt Stejnpiati m$
«£*ii-^4 : .
^^i-MiMMt::^:.:
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Zwei Stiicke aus den „Klangvisionen"
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"Violine allein.
Sehr langsam.
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Fritz Frid. Windisch.
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nach freicm Empfinden
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Noch langsamer als amAnfan^
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fft Notonbeitage zu „MeIos** 13. Heft, August X920.
Jierliiitfir M'islkiilH'i) Bruekt-r*i G.
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1
Erscheint am 1. und 16. jeden Honats. Zu beziehen durch die Postanstalten, Bucb- u. Musikalienhandlungen, sowie direkt vom Verlag.
Hei-ausgeber: HERMANN S CHER-CHE N, Berlin - Friedenau, Wiesbadener StraBe 7. — Fernruf: Pfalzburg 882
Red aktion: Berlin-WeilSensee, Berliner Allee 71. Fernruf: (Ws. 126). — Yerlag: Berlin-Weifiensee, Berliner Allee 71, JFernruf: Ws. 12tf.
I'reis des Einzelheftes Mk. 2.40, im Viertelj.-Abonn. Mk. 12. - t bei Kreujzbandbezug viertelj'abrlich Mk. 13. — . — Nackdruck vorbehalten.
Nx. 14
Berlin, den i. September 1920
L Jahrgang
INHALT
Dr. HANSfMERSMANN DieUnferfudtungneuerermufikalifdierKunJfwerke
Dr. ERNST KURTH Romanfijdie Harmonik und ihre Krife in
Wagners „Triffan", I.
Dr. HERM. STEPHANI Tonmafhemafik — Tondeutung
UDO RUKSER Das Mojer-Klavier
ALFRED D0BLIN Wider die Verleger
H. SCHULTZE-RITTER Kritifdie Befraduungen fiber das moden ied
mif Beruckfidifigung von Liedern und Ge; jen
von Manfred Gurlift
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN . . Bedeufende Neuerfdieinungen und Manujkripfe
NOTENBEILAOE: Arthur Sdinabel: II. Safe der Sonafe fur Solo-Violine
„MELOS"
in einer Luxusausgabe
erfdieinf monaflidi einmal im Kunffverlag
frit Gurlitf, Berlin W 35
M
op.
Pa
J
s ^
Die Unferfudiung neuerer mufikalifdier
Kunffwerke
Von Dr. Hans Mersmana
Es foil im Rahmen diefer Blatter verfuchf werden, mufikalifche Werke vor allern
der Gegenwarf und le^fen Vergangenheit zu unferfuciien. Dabei fdieinf die Frage nadi
dem Ziel und der Mefhode derarfiger Unferfudiungen von neuem wichfig. Denn fie
verfchiebf jich wefenflich durdi die Eigenarf des Objekfs.
Wenn hier von Unferfuchen die Rede iff, fo iff dies als abkiirzendes Sdilagworf
aufzufaffen fur Verjudie; das Wefenfliche eines Kunffwerks begrifflidi feffzulegen, die
individuellen und fypifdien Merkmale -eines'Werkes zu beffimmen, die fich aus der ihm
eigenen Auswirkung der Elemenfe, aus feiner Form, feinem Inhalf, feinem Sfil, feinen
Beziehungen zu Menfch, Umwelt und Kosmos ergeben.
Derarfige Unferfudiungen hat es von jeher gegeben und fie haben immer
den Widerfpruch der Mufiker und die Teilnahme der Laien erregf, wahrend ihr wirk-
lidier Wt rf nur von einer Minderheif gekannf wurde. Die Griinde fiir die Ablehnung
befonder durdi den Kiinffler felbff, aber audi durdi jeden feineren Menfchen, find felbft-
verffandiich; audi da, wo fie das Erkennen nidif durdi frivole biographifche Beziehungen
oder verwirrende bildhaffe und poefifierende Affoziafionen hinderfen, haben fie doch
meiff durdi ihren Mangel an klarer Einffellung, durdi ihr gefahrliches Spiel mif fech-
nifdien oder koloriffifdien Momenfen und befonders durdi ihre off gewalfjamen
pfychifdien Analogien eher verwirrend als klarend gewirkf. Sdieinbar volksfumlidie
Vorfrage, affhefifierende Feuillefons und ffilafhlefifche Krifiken haben den Begrijff einer
Umfdireibung (nidif; Aus-Deufung) des mufikalifchen Inhalts durdi das Worf, weldie
man Hermeneufik nennf, fdiwer diskredifierf.
Dennodi mug nidif nur die Moglidikeff fondern audi die Frudifbarkeif einer be-
grifflidien Unferfudiung mufikalifdier Kunffwerke bejahf werden. Der erzieherifche
Gefidifspunkf ffeigert die Moglichkeif zur Nofwendigkeif. Und zwar nidif nur bei kom-
plizierteren, neueren Formen: nein, gerade der Organismus einer Sinfonie oder Sonafe
von Beefhoven iff in feiner abfolufen Groj3e, feiner off hodiff fubfilen Konffellafion der
Kraffe und feiner Spannweife einem rein inffinkfiven Erfaffen ganz unzuganglich.
%
»fc.
Diefer allgemeine Gefidifspunkf verfdiiebf fidi wefenflidi gegenuber einem Werke,
weldies den Ausdruckswillen der Gegenwarf verfrift Hier fdieinf fowohl die Nof-
wendigkeif als audi die Sdiwierigkeit einer begrifflidien Klarung augerordenflidi ge-
ffeigerf.
Eine Nofwendigkeif iff in mehrfadier Beziehung vorhanden. Sie iff befonders
v .arop fiir die Empfangenden. Diefe ffehen zwar dem Wefen einer Sonafe von Beet-
hoven in der iiberwiegenden Mehrzahl audi ganz verffandnislos gegenuber fie wiffen
dies aber nidif. Sie haben durdi Tradition, Gewohnung und falfdie Erziehung ein
aewiffes Sidierheifsgefuhl in ihrem Verhalfnis zur Mufik gewonnen, welches imffande
¥
*-
m
A:
ware, fie iiber den Grad ihres Verffehens vollkommen zu beruhigen, wenn dies nofig
fein Wiirde. Gegeniiber einer neuen Spradie aber ffeigerf fidi die Verffandnislofigkeif
zur Hilflofigkeit
Und diefer Hilflofigkeit ffehf nidifs enfgegen. Einem klaffifdi gewordenen Werke
helfen ein erffarrfes Werfurfeil, eine pofifive Krifik, eine dodi gelegenflidi .an W fenf-
lidies riihrende Analyfe. Dem Neuen gegeniiber fallen die erffen beiden Momenfe
fort Das Werfurfeil iff fdiwankend und halflos, off ganz fubjekfiv. Es wird kaurn die
Moglidikeif einer ahnlidi gro|3en Skala gleidizeifiger pofifiver und negativer fee-
urfeilungen geben, von der unbedingfeffen Anerkennung bis zur zynifdien Verfpoffung,
wie bei einem Kunffwerk der Gegenwarf.
Durdi die Befradifung der Krifik aber wird die Nofwendigkeif einer eingehenden
Unferfudmng befonders einleudifend. Von den allgemeinen Sdiwierigkeifen einer
produkfiven Krifik foil dabei ganz abgefehen werden. Die Taffadie, dap* in vielen
Fallen die Bewerfung eines neuen Werkes durdi einen Krifiker von der konfervafiven
oder radikalen Ridifung feines Blaffes fdiledifhin abhangf, gehorf audi kaum in den
Rahmen diefer Befradifungen. Aber audi wo das alles forffallf, find der Sdiwierig-
keifen genug. Der ernffe Krifiker haf einem in der Taf neuen Werke gegeniiber die
fdiwerffe Aufgabe. Er erlebf, riberwadif, analyfierf einen kiinfflerifdien EindruA, urn
diefen foforf in das Worf umzufe^en. Seine Sfellungnahme enfwidself, verfdiiebf fidi
wahrend des Horens; die Unmoglidrkeif, fruhere Teile des Eindrutks nadizupriifen,
hemmf die Zufammenfaffung. So werden feme Kraffe durdi den erffen, widifigffen Teil
feiner Aufgabe gebunden: Jidi felbff in ein Verhalfnis zum Gehorfen zu fetjen, em
Verhalfnis, das bis zu einem hohen Grade fubjekfiv bleiben mup\ Und der andere
Teil: das Werk als Erfdieinung feffzulegen, es zu umreipen, zu begrenzen, feme Tiefer
und Hohen zu zeigen, bleibf ungeloff; die Empfangenden gehen leer aus, wenn ^..
nidif durdi zugefpifcfe Sdilagworfe und fdiongefdiliffene Vergleidie irre gefuiirf werden.
Aus all dem erwadiff die Nofwendigkeif, Werke, die als bedeufungsvoll fur die
Enfwiddung unferes Ausdru&swillens erfdieinen, fo zu erkennen, wie dies hier verfuc it
werden foil: nidif auf Grund eines einmaligen Eindrucks fondern auf Grund emer all-
mahlidien, mif dem Werke verwadifenden Einfuhlung, die, zwar fubjekfiv begrenzt,
dem Werke ehrlidi, parfeilos, fudiend nadigehf.
So gehf die Aufgabe diefer Unferfudiungen fiber die der Krifik hinaus. Das )ub-
jekfive Verhalfnis iff Vorausfefeung. Sie wollen den Empfangenden eben )o aienen
wie den Sdiaffenden felbff, fie wollen in gemeinfamem fudiendem Erkennen Fuhrer
fein, zu den Werken zunadiff, fiber weldie fie reden, dann aber Wegweifer auf den
gropen Wegen der lebendigeri Enfwicklung felbff. Sie werden irren, urn fo jfarker je
mufiger fie find. Sie werden audi nadi verfdiiedenen Ridifungen weifen. Bodes .iff
l^m^diaden, fondern Nofwendigkeif. Denn ehrlidier, fudiender Irrfum forderf. Und
#r Wege find viele.
:..■'. *
Es iff nodi weniges fiber die Art der Unferfudiungen zu fagen ^J*^£
uberhaiipf yetallgemeinerf werden kann. Ihr gememfames Ziel: das Wei^aia ; a
fdieinung feffzulegen, bedingf die moglidien Wege. Es werden zunadiff * lie dem
Werke we enflidien Merkmale beffimmf werden .muffenDiefeliegenzunadMtm den
Wirkungsbahnen der Elemenfe: im Melodifdien, Harmonifdien, Rhyfhmifchen m Kolont
in der Dynamifc und Azogik. Die fidi von hier aus ergebenden tragen bedur en kaum
naherer Kennzeidinung. Die melodifdien und harmomdien Merkmal ^ ernes fort
Jdirifflidien Werkes beruhen auf feiner Sfellung zur Tonahfaf, auf dem Verhalfnis oer
einzelnen Teilerjdieinungen zu Diafonik und Kadenz.
m
Nadi den elemenfaren Merkmalen frefen die formalen und ffiliffifdien in den
Vordergrund der Befradifung. Hier iff bereifs in den meiffen Fallen eine hohere Bafis
der Unferfudiung erreidif. War die melodifdie oder harmonifdie Halfung eines neu-
zeiflidien Werkes nodi bei naherem Zufehen erklarbar, fo forderf die Bewerfung von
Form und Sfil ein fieferes Eindringen; fie iff auf direkfem Wege meiff nidif mehr
moglidi. Denn die Form kann nidif mehr unmiffelbar abgelefen werden, fondern wie
fie felbff, fo iff audi ihr Erkennen erff in vielen Fallen Ergebnis einer Synfhefe. Das
frifff bei dem Gefidifspunkf des Sfils nodi mehr zu.
l!)ber Fragen des Inhalfs zu fprechen, iff in diefem Zufammenhang befonders
fdiwierig und audi fur das Ziel der Unferfudiungen nidif unbedingf nofwendig. Um
fo mehr, als bei der verwirrenden Unklarheif fiber die Grenzen des mufikalifdien
Ausdruchsvermogens die Verffandigung fdiwer fein wird. Jedodi Wird in vielen Fallen
ein Kraffegefdiehen aufgezeigf werden konnen, deffen Funkfionen fidi aus den
fragenden Gedanken oder Kraffen des Werkes ergeben.
Wenn alle diefe Forderungen erftillf find, friff eine weifere wefenflidie Frage in
den Gefidifskreis der Unferfudiung: die Frage, wie weif die gefundenen Merkmale von
fypifdier oder individueller Bedeufung find. Es erhebf fidi da ein Ziel, welches alle
Einzelunferfudiungen zu Tragern eines hoheren gemeinfamen Erkennungswillen erhebf :
aus der Gemeinfamkeif der individuellen Merkmale f oldie herauszulofen, weldie fiber
das einzelne Werk hinaus fur die Halfung des gegenwarfigen Kunffwerks fiberhaupf
fypifdi find. So follen Forderungen von einer gewiffen Allgemeingilfigkeif geffellf
werden: erhoben nidif von irgend ein em Einzelnen, der fie gleidi Gefefjen fdiafff,
damif andere fie befolgen, fondern erhoben von den Werken felbff durdi die bloj3e
Taffadie ihres Seins, durdi die Kraff ihres organifdien Wadisfums in einer gro£en
leben ligen Enfwicklung, weldie fie nidif zu willkiirlidien Spielen des Zufalls fondern
zu von innen heraus bedingfen Friidifen eines Sfammes madif.
<*>
Dabei gewinnf ein Begriff befondere Bedeufung, weldier bei Unferfudiungen
gerade mufikalifdier Hunffwerke meiff vernadilaffigf wird: namlidi der Enfwicklungs- •
werf eines Werkes, einer einzelnen Teilerfdieinung aus ihm oder einer ganzen
Perfonlidikeif. Wenn man von dem Werf eines Kunffwerks fpridif, fo meinf man in
der Regel feinen abfolufen Werf. Gerade in der Mujik haf man das Bewu£ffein der
zeiflidien Bedingfheif des Einzelwerks Vollkommen verloren, und wie es einerfeifs
i'elbffverffandlidi iff, beim Anblick efwa eines alfdeuffdien Bildes ein wenigffens lafenfes
Bewu)3ffein f einer Enfffehungszeif zu haben und bei der Bewerfung unwillkiirlidi in
Redinung zu ffellen, fo fallf es andererfeifs niemandem ein, bei einer Sinfonie von
Haydn an das ausgehende 18. Jahrhunderf zu denken. Weshalb diefe, Weil mif
faltdien MaJ3en gemeffen, audi gewohnlidi unferfdiatf Wird.
In der Ridifung des ridifigen Mages aber liegf der Begriff des Enfwicklungs-
werfes. Er mug von dem Begriff des abfolufen kfinfflerifdien Werfes gefrennf werden
und iff durdi die Sfarke der unmiffelbaren enfwicklungsfragenden Kraf'fe eines Werkes
bedingf. Off fallf beides zufammen, Denn das in abfolufem Sinne gro)3e Kunffwerk
haf fur die Enfwicklung gefefcgebende Kraff. Daneben aber ffehf der Typus jener \
Kunffler, deren fchopferifdie Kraff nidif ausreidife, um ihren Werken dauernden Werf
zu fidiern, die aber dennodi ffir die Enfwicklung beffimmfer Formen und Sfile widifig
geworden find Beefhoven haf in denfelb en Werken hddiffe abfolu^e und Enfwicklungs-
werfe gefdiaffen. Der Enfwicklungswerf der meiffen Werke von Bach und Mozarf iff
gering. Dagegen haf Philipp Emanuel Bach Werke hinferlaffen, die ihres nichf iiber-
ragenden kiinfflerifchen Werfes wegen vergeffen find, deren Enfwicfcdungswerf dagegen
enorm iff.
Der Begriff des Enfwicklungs werfes muj5 fur die Unferfuchung zeifgenoffifdier
Mufik befonders frudifbar werden, da er fich aus der Gefamfheif der individuellen und
fypifchen Merkmale eines Werkes und feiner vergleidienden Einffellung in den Kreis
ahnlidi gearfefer Werke annahernd beffimmen laj5t Seine Beffmimung muJ3 fogar zu
einem le^fen Ziel der geplanfen Unferfuchungen werden. Ob diefe verfudien*. den
abfolufen Werf ihrer Objekfe feffzuffellen, iff nidaf fehr wichfig. Denn diefe Feffffellung
bleibf immer fubjekfiv und kann iiberdies erff durdi einen groj3eren Abffand des Be-
fradifers von feinem Werke verbindlicft werden. Der Enfwidslungswerf ffehf iiber An-
erkennung und Ablehnung; er iff parfeilos. Die klarende Erkennfnis der Werfe aber,
um weldie die Enfwidriung unferes Ausdru&s ringf, iff eine Pionierarbeif, den
Empfangenden eben fo geleiffef wie den Sdiaffenden.
Breitkopf & Hartel - Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe 21
Zentralstelle fur in- ■ und auslandische Musik
Fluge! . Pianos . Harmoniums
■ ff i uf i p y^i i* >■■
f
313
m
Romanfifche Harmonik
und ihre Krife in Wagners „Triffan"
Von Dr. Ernft Kurfh.*
Grundlagen
Einffellung zur Theorie.
Harmonien find Reflexe aus dem Unbewu£fen. Alles Erklirigende an der
Mufik iff nur emporgefdileuderfe Ausffrahlung weifaus madifigerer Urvorgange, deren
Kraffe im Unhorbaren kreifen. In ihnen liegf audi die Nafurgewalf aller Harmonik,
nidif aber im Tonefpiel, deffen farbig leudifende Bewegfheif uberhaupf nur in Spiegelungen
pfydiifdier, aus dem unferbewugfen Tiefenbereidi ausbrediender Energien erffehf.
Was man gemeinhin als Mu{ik bezeidinef, iff in Wirklichheif nur ihr Ausklingen,
nodi beffer ware es als ihr Auszif fern zu kennzeidinen. Denn wo mif den Klangen
die Erregung der Sinne anhebf, fdilagen die fief en Unruhen der Mufik bereifs an die
Sphare ihres le&fen Verebbens; ihre wirklidien und urjprunglidien, die fragenden und
qeffalfenden Inhalfe find pfydiifdie Spannungsenfwicklungen, und diefe ver miff elf fie
nur in der finnlidien Form, in der fie ans Ohr dringf. Die Klange find der haudiarfige
Niederfdilag, den der eigenflidie Lebensafem der Mufik im Aufffeigen an die Tages-
fhpare findef. Die Energien gehen in die finrilidi Wahrnehmbaren Klangwunder fiber
wie der Lebenswille ins Welfbild. Erf f an ihrer lefjfen Oberfladie fonf die Mufik.
Im Werden der Formen liegen daher die fdiopferifdien Inhalfe audi der Harmonik.
Fur fidi befradifef ffellen die Harmonien leere Maferie dar, und alle Gefetmaflig-
keifen, Formen und Formeln, wie fie die Organifierung vom Klangbild aufweiff, ffreifen
nur die erffarrende Oberfladie der Mufik und gleifen von ihr ab, ohne zu ihrem Kern
hinzuleifen. Das lebendige Grundgefdiehen der Harmonien aber beruhf darin, da£ fie
immer die heraufwirkenden Kraffe empfinden laffen, die fidi aus den unbewu£fen
Unfergrunden des Geffalfens zu greifbarer Geffalf in den finnlidi wahrnehmbaren
Klangformen umfefjen. Das Wefen der Harmonik iff daher ihr ffefes Erffehen,
<las 13berflie£en von Kraff in Erfdiein'ung.
Und hier haf audi die Theorie anzufe£en, ffaff der Erf dieinungen deren Vorquellen,
ias Wefen und den Ausdrudsswillen d£r eigenarfigen pjydiifdien Kraffebewegungen
zu erfaffen, aus weldlen fidi die Harmonik enfwi<kelf und erbauf, und die im Bilde der
Klange und im Strom der Klangforffdireifungen in Geffalfung fdiie£en. Die Umfefcung
gewiffer Spannungsvorgange in Klange zu beobadifen, iff die Kernaufgabe aller
Mufikfheorie. So allein iff es" audi moglidi, ein Einfiihlen und Miffdiwingen der
lebendigen fdiopferifdien Kraffe audi im fheorefifdien Befradifen zu erwe&en und
die langff ipsgeriffehe Verbindung zwifdien Theorie und Kunff wieder herzuffellen.
Wer zur Erkennfnis diefer inneren Lebensgeffalfung der Harmonik vordringf, dem wird
<iie Mufik aus einer Symphonie der Tone zu einer Symphonie energefifdier Sfromungen,
lie fidi breifausladend im Fluge der Klangenfwiddungen auswirken, anfdiwellen und
verftufen, die Wellenbilder wirr verzerrfeffer Formen auffdiie£en laffen und fidi wieder
mm klaren.Ausgleidi glaffgerundefer Verfdimelzung lofen. •
♦Paul ^aupf, Akademische BnchhandlttHgvorm. Max Drechsel. Bern und Leipzig 1930-
Der Nachdruck des Anfangskapitels erfolgt mit ftJtiger Erlaubnis des Verfassers,
:■*■■*.■
Nidif die au)3ere Nafur und aller Aufbau phyfikalifdi vorgebildefer Grundformeri
iff Schopfer der Harmonik, fondern die innere, pfydiifche Nafur, die kraffbewegfem
Geffalfungswillen in der Phanfaffik der Klangvorffellungen finnlidien Ausdruck fdiafff.
Der Anfeil der Phyfik, deren Sfellung zur Mufikfheorie bisher ganzlidi und verhangnis-
voll verkannf wurde, beffehf nur in gewiffen organifierend eingreifenden Normen, und
audi dies, wie gerade die romanfifche Harmonik zeigen kann, in Jehr wechfelndem,
befchrankungsfahigem MajSe. Soil daher nidif nur fur die affhefifdie Kunffbetradifung,
fondern fur die Theorie felbff der Gefichfspunkf gewonnen werden, die lebendigen
Kraffe der Geffalfung den Erfdieinungsformen, die nur ihr Ergebnis und lefcfe Ver-
feffigung darffellen, voranzuffellen, fo gilf es audi hier, Jfaff bei Klangformen und
KlangVerbindungen ' bei gewiffen pfydiologifdien Grundvorgangen anzufefjen, die lidi
in ihnen nur darffellen, die' ihr fonendes Ausfdiwingen in jene Formen und durdi jene
Klangverbindungen freibf.
Zugleidi aber vermag ein Zuriickgreifen zu den eigenflidien Spannkraffen felbff
und ihren fypifdien Enfwiddungsformen von der Mufik aus ungeahnfe Einbli&e in
pfydiologifdie Phanomene uberhaupf, innerhalb der Mufik insbefondere aber in die
Grundziige ihrer Sfilpfydiologie zu eroffnen.
Mufik iff eine Nafurgewalt in uns, eine Dynamik von Willensregungen. Haf man
einmal den Blick dafiir gewonnen, w*e fidi ihr unendlidies Ineinanderwirken im un-
ruhvoll bewegfen Oberfladienfpiel der Harmonik darffellf, fo begreiff man bald, in
weldiem Mage die eingewohnfe, in das Klangphanomen felbff verkrampffe Befradifungs-
weife'der Theorie geeignef iff, die Erkennfnis vom Wefen der Mufik und audi ihrer
fedinifdien Grundbedingungen zu zerfforen.
Der Bli& in die Mufik iff durdi Klange verhangf. Die Theorie aber haf das
Ghr fur das Unhorbare verloren und damif fur die Erfaffung der Grundvorgange, die
durdi Tone und Klange. nur hindurdifchimmern. Aus dem Ausffromen drangender
Willensfpannungen ans Erfonen in Klang und Farbe ergeben fidi audi alle fypifdien
Formen, in denen fidi die Harmonik enfwi<kelf, und die Eigenfiimlidikeif ihrer innern
Wirkungen. Die Klange find nidif wie einzelne Kriffalle vorgebildef, deren fidi wie
zum Spiel einer fdionen „Zufammenffellung" die „Kompofifion" bedienf; Kriffallifafion
iff £nde und Erffarrung einer Enfwicklung. Die Theorie nutf am lebendigen Grund-
prozefo dem Ausbredien und Werden zum Klang, einfefcen, um fidi nidif zu
Formelwefen und Sdiemafismen in weifem Bogen aus der Mufik herauszuverirren; he
darf nidif den Zauber des Unbewu^fen, der in ihr liegf, zerfforen, fie mu0 inn begreifen.
Nebeh diefem Kraffewirken mufef alles Klangfinnlidie nur wie ein Spiel an, das
die innere Damonik der Mufik iiberfaubf und in die Tiefen zurifcfcgedrangf halt Die
grope Lauflofigkeif ihrer Abgrunde birgf uberhaupf erff. die ganze F J*****^
mufikalifdier Spannungen; hier liegf audi, was im Grande alle Sehnfudif zur Mufik
Judif, die romanfifche vor allem.
Der Klang iff fof; was in ihm lebf, iff der Wille zum Klang.
l (Forffefcung folgf.)
*
\i
ffl
Tonmafhemafik — ' Tondeufung
Allerlei Nadidenklidies vor dem Reinharmonium
Von Dr. Herm. Sfephani.
Vor einigen Wodien, auf der Weimarer Tonkunfflerverjammlung, haffe idi die
Freude, den Herausgeber diefer Zeiffdiriff fur Carl Eifc zu infereffieren. Idi folge heufe
feiner Aufforderung, auf einige aus Eifj' Reinharmonium fidi ergebende Probleme hin-
zuweifen und Eifj' Ausfiihrungen „Von der reinen Sfimmung" ein weniges zu erganzen.
Carl Eifj' ausfiihrlidie Befdireibung des von ihm 1888 erfundenen, 1890 gebaufen
Harmoniums in nafiirlidireiner Sfimmung mif 52 Taffen und 104 verfdiiedenen Tonen
in der Okfave ruhf feif Jahren ffumm im Pulfe der Sfuffgarfer Firma, in deren Werfc-
ffaffen es enfffand, diefe fdieuf fidi vor den Drucfckoffen, und die Welf fappf weifer im
Dunkeln. Man madif fidi in der Mufikwelf ja gar keine Vorffellung von den einfadi
erffaunlichen und gleidi beim erffen Horen vollig iiberzeugenden Tonerfdieinungen,
die uns auf diefem Inffrumenf mif zwingender Beffimmfheif und fo, als waren wir uns
langff ihrer bewuf5f, enfgegenfrefen. Und Ei& behaupfef, guf 95 Prozenf aller Menfdien
[eien mufikalifch genug, um, richfig angeleifef, ihrer inne zu werden, ja fidi ihrer bei
unbegleifefem Gefange einfadier mehrffimmiger Kadenzformeln felbffandig zu bedienen.
Machen wir uns einmal folgendes klar: Allein in der diafonifdien Tonleifer, fagen
wir in c-dur haben wir, ohne redif darum zu wiffen, 2 d, 2 e, 2 f, 2 a, 2 h in Gebrauch,
je zwei vollig verfdiiedene Tonqualifafen, die eine in der nafiirlidi reinen Sfimmung
der Oberfonverhalfniffe, die andere in der pyfhagoreifdien Quinfen- und pofenzierfen
Quinfenffimmung, je um ein Komma (80 : 81 bezw. 63 : 64), d. i. efwa einen Adifel- bezw.
Siebenfelfon, alfo ein redif Bedeufendes, von einander verfchieden. Welche iff aber
fur die mufikalifdie Kunffiibung die richfige? Die Anfworf muj5 laufen: Beide find es.
Denn es ergibf fidi efwas lilberrafchendes: Bei vorherrfdiender melodifcher Bewegung
klingen die nafurlidi rein gewahlf en Infervalle maff, fad, falzlos, die pyfhagoreifdien
(alfo in annaherndem Grade die, deren wir uns auf unferen femperierfen Taffen-
inffrumenfen bedienen), aber gehalfvoll, mif fidierer Beffimmfheif die einzelnen Sfadien
des melodifdien Sdireifens ergreifend und kennzeidinend. 'Umgekehrf : in harmonifdier
Ruhelage klingen die pyfhagoreifdien abfdieulich unrein gegeniiber dem begluckenden
Wohlklang nafurrein angeffimmfer Zufammenklange.
Es kann nidif fdiwer half en, wohlgefdiulfe a cappella- Chore und Sfreidiquarfeffe
zur Aufffellung phonographifdi feffzuhalfender Verfudisreihen zu gewinnen. Da wird
man finden: bei vorwiegend melodifdi bewegfen Sfellen verlaffen wir die Sfimmung
nafiirlidi reiner Oberfonverhalfniffe und bevorzugen die pyfhagoreifdie Quinfen-
ffimmung mif ihren Jdiarfer infonierfen Infervallen, ebenfo zur Auspragung von Leiffon-
beziehungen; bei vorwiegend akkordifdier Ausbreifung der Klange hingegen die
nafiirlidi reine Oberfonffimmung.
Der polyphone Sfil wird das Jelbffandige, eigenwillige Sdireifen der melodifdien
Einzelffimmen mehr in der fdiarfen Auspragung pyfhagoreifdier Beffimmfheif zum
Ausdrutfe bringen. Wer aber, wie der Verfaffer diefer Zeilen mif dem Leipziger
Philharmonifdien Chor, die Freude gehabf haf, einrge a cappella-Auffuhrungen im.
Volkerfdiladif-Denkmal, zu leifen und zu fingen, der wird fidi zufolge der iiber-
walfigenden KlangWirkung diefes Weihe-Raumes zwar nofgedrungen auf Tonffiidie
von breifem, Zeifmag und vorwiegend akkordifdier Wirkung befdirankf haben, aber er
Wird reidilidi enffdiadigf worden fein: Mif den erffen Klangen ffellf fidi der Chor auf
vollkommen nafurreine Infervalle ein; Kombinafions- und Oberfone bringen fidi *mif
fabelhaffer Deuflidikeif zur Gelfung, der vierffimmige Tonfafc erfdieinf ins Vielfadie
geffeigerf.
Dazu ein anderes. Die reine Nafurfepf iiber der Dominanfe, 4:7, Iff auj5er-
ordenflidi fief, um efwa 1 n Ton fiefer als die Unferquinf der Tonika. Beide Klange
wirken vollig voneinander verfdiieden. Werden in den am Sdilup" ffehenden Beifpielen
je fiir g und c gleidie Sdiwingungszahlen angenommen, fo wiirde in Beifpiel A das
F fiefer beginnen als in B, beide Beifpiele aber in C-Akkorden von genau gleidien
Sdiwingungszahlen ender(. Nun wollen wir einmal zwifdien Anfangs- und Endakkord
je einen weiferen einfchieben und das F ffreng in feiher anfangsgewahlten Tonhohe
feffhalfen. Was ereignef fidi da? Der zweife und driffe Akkord in Beifpiel C und D
werden aus dem Saffel gehoben: Beifpiel C endigf um efwa V« Ton zu fief, Beifpiel D
zu hodi. Nehmen wir nun an, der Komponiff verwende gar mehrere Akkord-
verbindungen, die in gleidier Ridifung die Intonation verfdiieben — das kommf in
der Praxis auf Sdiriff und Triff vor — miiffen wir dann, wenn wir „rein" fingen, nidit
um halbe Tone herunfer- bezw. hinaufkommen? Audi dann nodi, wenn in Wirk-
lidikeif ein Kompromi]3 ffafffindef zwifdien dem F einerfeifs mif feiner Tendenz, Jidi
ffreng in der anfangs eingenommenen Tonhohe zu behaupfen, und den iibrigen Sfimmen
andererfeifs, die fidi fiir die veranderfe Funkfion des F im zweifen Akkord von Bei-
fpiel C und D dodi nidit mif Hauf und Haar aufzuopfern wunfdien? Ja vielleidit
felbft dann, wenn der Dirigenf mif Stab und Geberde am Ende von Beifpiel C den
Chor ein wenig „hebf", am Ende von D ihn ein wenig „fenkf"?
Weldi eineTorheif, wenn nadi a cappella-Weft- und Preisgefangen, wie idi es felbft
von einem der anerkannfeffen Preisridifer Deuffdilands gehorf habe, mif Bedauern
feffgeffellf wird: Qener Chor fang an Ausdrud? und fonlidi bei weifem am fdionffen, wir
konnfen ihm aber nidit den Preis reidien: er war einen halben Ton herunfergekommen.
Weldie Ehge des Herzens und - der Erkennfnis der elemenfarften Ton-Taffadien!
Es iff fdion fo: die weifgeforderfffen Mufiker wiffen gerade um die mufikalifdien Ur-
verhalfniffe am wenigffen Befdieidl
Idi will nun nidit aus der Sdiule plaudern und zuviele Erkennfniffe beruhren, die
der ©ffenflidikeif mifzufeilen einzig Carl Ei& zukommf, vielleidit langff zugekommen
ware Da es aber bisher nidit gefdiehen iff und das Unkrauf in die Halme fduept,
mogen, bevor wir unfer Thema weiferfiihren, nodi zwei Hinweife erlaubf Jem.
Was iff nidit fdion fur Tinfe gefloffen um den „harmonifdien Duahsmus !
Lebensjahre fpinfifierender Arbeit waren unferen Gelehrfen erfparf gebleben waren
fie zu einem der drei gro0en oder zwolf kleinen Reininffrumenfe gepilgerf diezu
kennen .freilidi mehr Gliicksfall als Verdienff bedeufef und haffen f^e Sdtainde toi
wirklidien Klange eines pyfhagoreifdi geffimmfen und eines nafurhdi remen Moll-
Slanges gelaufdif. Sie haffen zu ihfem Sfaunen vernommen, Welches in Wirk-
„S Unferfone" diefer beiden Mollakkorde find: bei einem in Quinfen ge-
mmmten g Vd" efw erklingf ein deuflidies g und - C, beta akutfifdi rei n.n g ' b'd
abT- dlrVdur-Dreiklang Es B gl Mitfte es nidit eine Ehrenpfhdif Jein fur ,ede
MnLwaZaTiMie iede Univerfifaf, foldi Reinharmonium, das vor dem Knege mif
T^T!£' OMa V eUze 1600 Mark, mif 104 Tonen 5000 Mark gekoffef hat,
zu Sen? Vor Wieviel unnuten Spekulationen haffe es bewahrf und mandi ein
TheoSE der Mufik Jiftfte tiidit orakelf wie ein Blinder von der Farbel
TheQ ^S ™£ eins. Carl m ■■&«**. ** <*er * und ^T h fv,,° LoS de
unferen TaSnftrumenfen audi in Annaherungswerfen vollffandig fehlen, wohl die
unferen /^ta^™ . , f zwolfffufige Tonleifer zu erweifern fein wird. Wer
bringen wird, in wUlkurlidien Zerfaguhgen der Skala in Dnffels , vierteis ujw.
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Infervalle beftehen. Ein wenig Ehrfurdif vor dem, was die Nafur felbff in kaum zU
ermeffendem Reidifum dem nadi Verfeinerungen ffrebenden Geiffe an die Hand gibf,
follte tins warnen vor willkiirlidi erzielfen bloj3en Annaherungswerfen, fo angenehm
imrnerhin mandie befonders giinffig gelegene Driffels- oder Vierfelsfone unferem
elaffifdien fonlidien Umdeufungsvermogen diinken mogen. Es wird Aufgabe der
Tedmiker fein, den wachfenden Bediirfniffen der Tonvorffellung folgend, den
Taffeninffrumenfen ganz allmahlidi von den Klangmoglidikeifen des Reinharmoniums
immer reidiere Gebiefe' einzuverleiben, neue durdi das Reinharmonium angeregfe
Moglidikeifen hinzuzugewinnen und dodi nidifs willkiirlidi experimenfierend herauf-
zubefdiworen, was nidif die mafhemafifdien Brverhalfniffe mif ihren begliickenden
Klangwundern, was nichf — die Nafur je lb ft wis in fo unerfdiopflidier Fiille fdienkt
Wir kehren zu unferem Thema zurii(k und Jagen zufammenfaffend: Ein ffrenges
Auseinanderhalfen, ein deuflidies Bewuj3fmachen der grundfafjlfdien Verfdiiedenheifen
pyfhagoreifdier und nafiirlidi reiner Sfimmungsverhalfniffe mug als ein padagogifdies
Zukunffsziel erften Ranges anerkannf werden. Vor einem aberwollen wir uns hiifen:
vor jeglidiem Fanafismus. Es konnfe fonff gefdiehen, dag wir die remlidie Durdi-
halfung einheiflidier Sdiwingungsverhalfnifje .fur einen Werfmeffer von Tonfdiopfungen
anzufehen geneigf waren: „Ihr fdiloffef nidif — in der gleidien Sdiwingungszahl!" Idi
fable nidif, derlei gibf es. Vor allem aber: dap" wir einer der kofflidiffen Eigenfdiaffen
eines Tones nidif geredif wiirden — feiner Deufbarkeif. '
Wir fahen oben: nafiirlidi reine Tonverhalfniffe ffellen fidi ein bei vorwiegender
akkordifdier Ruhelage, pyfhagoreijdie Quinfenffimmung bei. vorwiegender Ton-
Bewegung. Wie nun, wenn beide, das Bedurfnis zu akkordifdiem Ausklmgen und
zu melodifdiem Forffdireifen, einander die Wage halfen, annahernd gleidif lark urn
Gelfung ringen? Da muffen wir uns dodi wohl zu Annaherungs-, zu Miffelwerfen be-
quemen und nadi beiden Ridifungen hin die diarakferiffifdien Spifjen abbredien? Das
klingf fdilimm. Aber es iff nidif anders. Gewij3, wir muffen das. Geben wir aber
hier einmal die Nofwendigkeif eines elaffifdien Gegeneinanderausgleidiens, einer
gewiffen Sdimiegfamkeif in der Infonafion zu, dann follfe es uns nidif befremden, wenn
Sangern wie Horern eine jeweilige harmonifdie Neueijiffellung der erklingenden
Einzelfone bei konfrapunkfifdi enfjfandenen Zufallsakkorden, in der Chromafik und
Enharmonik zugemufef wird. Ja, in der Enharmonik handelf es fidi off urn nidifs
geringeres als eine gleidizeifige Doppeleinffellung der Tonauffaffung nadi 2 harmonifdi
enfgegengefefifen Ridifungen hin. Riihrend, wie, um allereinfadiffe Beifpiele zu wahlen,
Mozarf efwa in feiner Klavierfonafe B-dur ( 4 /*X Beefhoven efwa in feiner g-moll-Sonafine
op. 49 'fidi harmonifdi lange Zeif reidiere Bildungen verfagen, bis der Ausbrudi der
inneren Krife, der die Durdifuhrungsfeile ihrer erffen Sa&e zufreiben, fie zwingf, der
Jeelifdien Zwiefpalfigkeif den einzig moglidien mufikalifdien Ausdrud* zu geben: zur
Enharmonik zu. greifen. •
Fanafiker des konflikflofen Wohl- und Reinklanges - es gibf foldie - halfen die
gmdeufbarkeif der in enharmonifdiem Zwielidif fdiimmernden Bildungen fur das gro£fe
Pbel. Nmvgegenuber der Wunderwelf enharmonifdier Reize und ihrem unfdiafcbaren
Werte ais Seelenfpiegel bleiben audvunfere in der Okfave nurJ2 ffufigen Tafteninffrumenfe
voUig unempfmdlidi. Feinnerviger iff unfre Nofenfdirift Enharmonifdie Werfe erfahren
da uxmerhm, fo anfedifbar fie fein mag, eine unterfdieidende Kennzeidinung. Wie
aber, wenn wu- unfere Anfprudie ausdehnen auf eine Verfinnbildlidiung der pyfha-,
goreifdien und der nafurlidireinen Sfimmung in Namengebung und Tonzeidien?
SSSiiir^ 1 J ^z Engender Gewalt die Forderung ihrer endlidien Klang-
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Hi er iff es nun, wo Jidi die enffdieidende Frage erhebf: Iff denn diefes offenbare
Verfagen unferer Nofenfdiriff und Nofennamen, deren -fdiwere logifdie Mangel erff
fcifc „Tonworffyffem" zu iiberwinden vermodif hat, fur die hohere Mufikausiibung wirklidi
von der grundffiirzenden, von der fragifdien Bedeufung, die ihr einige zufdireiben?
Welches iff im lekfen Grunde der Sdiauplafj des mufikalifdien Gefdiehens?
Iff es der Kehlkopf, iff es der Sdiallkorper, die Taffe, die Saife, das Nofenbild? Oder
iff es - die Seele des Auffajfenden?
Ein Klavierauszug efwa. Als Behelfsmiffel, neuzeiflidie Tonfdiopfungen zur Dar-
ffellung zu bringen, eine dodi faff ladierlidie Sadie. Aber da kommf die Sfunde der
Erfiillung, da enfziinden fidi die ffurnmen Tonzeidien, die armfeligen Taffenklange dem
Spieler in der Dadikammer zu flammenden Wirklidikeifen, und alle Zauber des Ordieffer-
und buhnenfedinijdien Raffinemenfs verblaffen vor dem inneren Gefidif:
Iff es mif dem Nofenzeidien, ja felbff mif dem erklingenden Tone lefcfen Endes audi
nur irgend anders? Was iff Nofenzeidien, was iff erklingender Ton, wenn nidif ein
armfeliges Behelfsmiffel? Das Eigenflidie, das endgulfige Ziel der Kunffwirkung, es iff
die Empfindungs-, die Vorffellungs-, die Gefiihlswelf des das Kunffwerk m fidi Auf-
nehmenden. Er, der Horende, er, der Lefende iff es, der die befonders auf Taffen-
inffrumenfen off fehr fragwiirdigen, in grober Holzfdiniffmanier dargebofenen Klange
erff auswerfef, ausdeufef, umdeufef zu den Gebilden, die dem Meiffer, der fie fdiuf,
vorgefdiwebf haben, er iff es, der infuifiv und mif unbedingfer Sidierheif enffdieidef : hier
gilf es, pyfhagoreifdi, dorf akuffifdi rein aufzufaffen, hier beides zugleidi, hier ffigf fidi
unvorhergefehen das zufallige Gebilde riichjichfslos herber Sfimmfiihrung zu einem iiber-
rafdiend fdionen Akkord und verlangf nadi voller Verfdimelzung, dorf wirbf ein en-
harmonifdies Gebilde um Doppel - Auffaffung nadi gleidizeifig enfgegengefefjfer
harmonijdier Ridifung hin
Genug! Es handelfe fidi uns heuf e nur um Anregungen in ^wanglofer Form. Viel-
leidif darf idi fie mif einer perfohlidien Erinnerung fchliej3en. „Es war nadi dem Abifur.
Die'Augen waren total verclorben, und idi mu£fe mif einer Jdiwarzen Brille bewaffnef
von friih bis abends Felder und Walder durdiftreifen; die Afropinkur verbof jede Be-
Befdiaffigung mif Nahem. Da war kein Klavier einer nur irgend erreichbaren Dorf-
fdienke vor einem IDberfall fidier. Saifen fehlfen, Taffen waren ausgehohlf, auf pytha-
goreifdie pder fynfonijdie Kommaunf erf diiede liep" fidi der Wirt nidif ein, Halb- und.
Ganzfone zeigfen Annaherungswerfe bis zur Idenfifaf, zur Reinigung der Fingerfpifcen
nadi vollendefer Exekufion bedurffe es warmffen Waffers mif gruner Sdieuerfeife.
adizfe und ffohnfe, unfer anderfhalb Sturiden war es
lernfe idi: war idi fdiledif bei Sfimniung, enfging
des Gemarferfen, idi war ganz Ohr, der Auj3en-
„Haffe midi" der Einfall (nidif „wir haben ihn" ja nadi
einem bekannfen Wort), fo war alle Welf und das Klavier mif feiner Qual vergeffen.
Idi war uberhaupf nidif mehr „ Ohr", .der Au0en-Mufiker war auf dem Tiefffand ange-
larigf; der innere lebfe allein. Mif keinem Sferblidien faufdif ein Mufiker Joldie Sfunden.
Was war gefdiehen? Ohne Eingebung, das zeigfe fidi deuflidi, ffre&fe mein Auswerfe-,
meih Umdeufevermogen hilflos die Waffen vor dem allerdings hier erbarmhdien Ton-
ffoff. Wudifen der Seele Flfigel, wudis audi in gleidiem Mape die Elaffizhaf ihrer
harmonifdien Einffellung und Zufammenfaffung, wudis die Deufekraff ihrer Ton-
fanfajie. Seif jerier Zeif ging mir bewu^fer auf: fie iff, nadiff der Eingebung, das
hodiffe Gluck der Mufenkinder, der jdiaffenden wie der nadifdiaffenden.
Das breffhaffe Objekf, es
felfen gefan. Aber eines
mir kein Sdionheifsfehler
mufiker war auf der Hohe
Beisptel:
• : 'Sj
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: fc$ :
Das Moser-Klavier
Von Udo Rukser.
Allzulange find wir der Meinung gewefen, als befaBen wir in den modernen Klangmafchinen
die denkbar vollkommenften Mufikinftrumente Uberhaupt. Daher find in den letzten hundert Jahren
feit Konfferuktion des Hammerklaviers auf diefem Gebiet Erfindungen von grundfatzlicher Bedeutung
nicht gemacht worden. Die Erfindertatigkeit war, wie z. B. die EinfUhrung der GuBftahlfaite feit
der Parifer Weltausftellung von 1867 beweift, mehr auf Erhohung der Tonftarken als auf Erfindung
neuer Inftrumente oder ktangliche Verbefferung der vorhandenen gerichtet. UnberQckfichtigt blieb
dabei die, feit Berlioz zur Haufung der Klangmairen anregte, allgemein gemachte Erfahrung, <daB
der H5rer durch derartig vorgetragene Mufik auf das Sonderbarfte angeftrengt, ja phyfifch ermattet
wird, eine Erfcheinung die bei der wefentlich geringere Klangmaffen erzeugenden klaffifchen und
vorklaffifchen Mufik in viel geringerem Grade auftritt. Von diefer Tatfache ausgehend, hat Johannes
Mofer, Berlin, phyfikalifche Unterfuchungen angeftellt, welche ihn eine Moglichkeit entdecken
lieBen, die bisher zusammenhanglos bearbeiteten Facher der Phyfiologie des Ohres, der Akuftik
und des Inftrumentenbaues in fruchtbare Verbindung zu bringen.
Das H5ren ift ejn kraftverzehrender ProzeB; wird das Ohr als Empfangsftation allei; Klange
Uberanftrerigt, fo tritt die bekannte ErmUdung ein. Sie muB um fo eher erfolgen, je heftiger der
Klang den Gehororganismus reizt. Es ift alio zunachft zu unterfuchen, ob alle Klange das Ohr
gleichmaBig ftark in Anfpruch nehmen und, fofern es — rein phyfikalifch gefprochen — Klang-
gattungen gibt, welche vom Ohre weniger Arbeit fordern als andere, gilt es, auf diefen Klangen
eine Diatetik des Ohres aufzubauen. Es handelt fich alfo nicht um die Frage dfer Klangfarbe,
fondern um ein rein phyfikalifches Problem.
DaB nun die Gehorsnerven durch die verfchiedenen'Klangforten in ganz verlchiedenartiger
Weife gereizt werden, hat jeder Mufikhorer wiederhoft an fich felbft beobachten konnen; zum
Beifpiel wird er immer wieder gefunden haben, daB ihn das AnhSren von Orchertermufik fehr viel
mehr anftrengt als das von Vokalmufik. Den Grund hierfur hat fchon Prof. GUntzmann mit der
vSllig unbeachtet gebliebenen Feftftellung angedeutet, daB die menlctfliche Stimme nur Tone
mit harmonifchen ObertOnen erzeugt, wahrend bei den von anderen Klangmafchinen hervor-
gebrachten TSnen auch disharmonifche Obertone in groBer Anzahl auftreten. Der Unterfchied
diefer Klange zeigj fich denn auch graphifch darin, daB die Kurve der menfchlichen Stimme in
einer fanft gefchwungenen Wellenlinie befteht, die des Klavier- oder Geigentones aber in einer
fagenf5rmigen, Tcharf auf- und abfteigenden Linie. Auf den ProzeB des Horens angewandt,
bedeutet dies/ daB der GehSrsnerv durch den Klang der menfchlichen Stimme nur maBig bewegt,
durch den tier Geige oder des Klaviers aber heftig herauf- und heruntergeriffen wird. Daraus
ergibt fich, daB im erften Falle der Kraftaufwand wefentlich geringer ift, die ErmUdung des Ohres
mithin erheblich fpater eintreten muB. Man erinnere fich in diefem Zufammenhang an die Anekdote,
wie der feehsjahrige Mozart, als ihm fein Vater zum erften Male auf der Trompete vorblafen lafit,
mil ?ugehaltenen Ohren davonlauft.
; Nath dem verfchiedenen MaBe der Beanfpruchung des Ohrs unterfcheidet Moler Klange, die
iti die Bewegungswilligkeit der Gehorsnerven fallen z. B. die Klange der menfchlichen Stimme;
folche, die in deren BewegxingsmOglichkeit liegenV £ B. die der Violine, des Klaviers, und folche,
welch? die Bewegungsgrenzen ttberfchreiten. Als Verdeatlichung hierfttr mag die fexuelle Analogic
gelteri* .-. jedes Individuum ift am Ttarkften empfanglich fUr die von feiner Gattung ausgehenden
Gefchtechtlichkeit; deshalb paart fich Menleh. nur mit Menfch, Pferd mit Pferd; Baftarderzeugungeii
t
m
gehoren zu den Ausnahmen. Ebenfo reagiert das menfchliche Ohr am meiften auf die def
menfchhchen Stimrne homogenen Klange, wobei ganz dahingeftellt bleiben kann. wieweit diefe
Erfcheinung fexuell bedingt lit. Soil nun die Mufikpflege auf eine dauerhafte phyfikalifche Gr n7
lage gef ellt werden foil tatfachlich eine Diatetik des Ohres erreicht werden, fo mUffen
zum Mufizieren folche Klangmafchinen verwendet werden, deren Tone dem GehOrsorganismus
weil irrderrenBewegungswilligkeit fallend, ein Minimum von Kraftaufwand zumuten'
deren Tone alfo der phyfikalifchen Struktur der menfchlichen. Stimme entfprechend
moghch/t wenig disharmonifche Obertone enthalten.
Diefer Forderung entfprechen nur einige der heute gebrauehlichen Inftrumente, weder die
btreichinftrumente noch das Klavier werden ihr gerecht. Der Charakter des von diefen Mafchinen
erzeugten Klanges muB daher der oben dargeltellten Organifation des Ohres angepaBt werden
Dies hat Mofer durch eine eigenartige Konftruktion de6 Refonanzbodens erreicht-er gibt ihm die
Form eines brOckenartigen, rippenlofen Doppefbodens, der in alien Teilen gleichmSBig elaftifch
ift und deshalb die Schwingungen jeder Saite reftlos aufnehmen kann, was beides bei
den jetzt gebrauehlichen Inftrumenten nicht der Fall ift. Auf diefe Weife wird die Entftehung
disharmonifeher Obertone unmoglich gemacht und fo konnen mit dem ifti Obrigen beibehaltenen
Klaviermechanismus Kiange erzeugt werden, die in ihrem phyfikalifchen Aufbau bei unverSnderter
Klangfarbe dem der menfchlichen Stimme entfprechen. Einen, wenn audi nicht ganz exakten
Vergleich bietet hierzu das Verhaltnis zwifchen Oboe und Klarinette; bei jener werden infolge
der konifchen Bohrung nur die geradzahligen Obertone zum Mitklingen gebracht, wahrend es bei
der Klarinette infolge zyli-ndriTcher Bohrung nur die ungeradzahligen find.
Den Beweis hierfUr liefert vor allem die Verbindung von Gefang und Klavier. Treffen etwa
bei der Begleitung eines Liedes Klange diefes neuen Klaviers mit denen der Singftimme zufammen,
fo konnen fich die jetzt gleichartig gewordenen Klangwellen des Instrumentes und der Stimme trotz
der Temperierung des Klaviertones vereinigen, man h5rt Stimme und Klavier, es entfteht
eine Verftarkung des dominierenden Tons, der Singftimme, welche den Klavierton, befonders
den Ba6, fait vollig auffaugt. Bei dem gewohnlichen Klavier ift es, wie jeder Lai^ weiB, umge-
kehrt. Denn diefes erzeugt, wie oben erwahnt, Klangwellen, welche denen der menfchlichen
Stimme nicht gleichartig find; mithin kann eine Vereinigung beider Klange nicht ftattfinden, der
diiferenziertere deckt den einfacheren, man hort alfo Stimme weniger Klavier. Damit erkia'rt fich
die allbekannte Tatfache, daB die Klavierbegleitung diskret fein muB, urn die Singftimme Uberhaupt
horen zu laffen. Diefes notwendige Uebel zuriickhaltender Begleitung entfallt bei den Moferfchen
Inftrumenten und es entfteht der weitere Vorteil, daB der Klavierfpieler der Singftimme
nicht nur nicht gefahrlich werden, fondern fie ftlltzenund verftarken kann.
Ahnlich ift es bei andererrKlangverbindungen/ die bisher undenkbar waren. Man denke:
Pofaune und Klavier im Zufammenklang! Auch hier die gleiche Erfcheinung, die Poraune amal-
galmiert fich das Klavier. Es ergeben fich alto durch das Mofer- Klavier ganz neue klangliche
Moglichkeiten. Und es ift nunmehr erklart, weshalb Klavier, Oboe ufw. die Singftimme decken,
wahrend diefe tioch den 25fach ftarkeren Orchefterklang noch fieghaft iibert5nt. Fttr den Pianiften
bedeutet diele Erfindung auBerordentliche Zeit- und Krafterfparnis wegen Wegfalls gewiffer Uebungen
und zugleich die Mftglichkeit exakterer Arbeit als bisher. Die Anfchlagftudien fallen nahezu
vollftandig weg; denn da der Ton nunmehr an und fur fich Ichon fin^end ift, bedarf es keiner
Studien, wahrend jetzt der von Natur harte Ton durch weichen Anfchlag ertrMglich gemacht werden
muB. Ferner find ihm jetzt Moglichkeiten zu einer bisher nicht gekannten Ausnutzung des Pedal-
effekts gegeben. Die Unzahl der diffonierenden Obertone zwang bisher den Spieler, den FuB
unauihorlich zu heben, urn einem fcheuBlichen Klangwirrwar zu entgehen; bei dem Moferfchen
Klavier iindet aber felblt in Folgen leiterfremdefter Akkorde ein nennenswerter Widerftreit unter
dfen Klangmaffen nicht ftatt. Alle Harmonien vertragen fich! D$r Spieler darilich darauf
befchranken, den Pedalzug verlidltnismaBig felten zu unterbrechen. Zudem ift hier das getrennte
Pedal fUr BaB und Diskant nutzbringend verwendet; fo entfteht etwa die MOglichkeit, im Diskarit
m
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ftaccato, im BaB legato zu fpielen, was bisher ganz ausgefchloffen war. Zugleieh wird dem Spieler
durch eine Verbefferung des Inftrumentalkorpers, durch Anbringung eines Schallkaftens mit Klappen
die Moglichkeit nahezu vollkommener Selbftkontrolle gegeben. Bei den jetzigen Infrumenten
h5rt der Spieler im belten Falle 40 Prozent der erzeugten Klangmaffe, der Reft wird in eine feinem
Platz entgegengefetzte Richtung geworfen oder bleibt im Gehaufe ftecken, ein Uebelftand, den fchon
Billow hervorgehoben hat und dem er durch Neigung des Kopfes beim Spielen abzuhelfen Tuchte.
Das Gehaufe der Moferfchen Inftrumente ift fo geformt, da6 der Schall auf den Spielenden zuge-
worfen, ihm zu mindeftens 80 Prozent vernehmbar wird. Der Pianift hat alfo die Moglichkeit,
ganz genau zu kontrollieren, wie fein Spiel klingt, wahrend er jetzt groBtenteils auf Ver-
mutungen angewiefen ift.
Die Eigenart des Moferinftrumentes kommt am meiften in dier Verftarkung des Baffes zum
Ausdruck, die den Klang ungemein eindrin^lich macht, obwohl er im allgemeinen dem des
gewOhnlichen Klaviers an Starke etwas naclifteht. Daher mufi der Spieler des Moferklaviers
ahnlich wie der frUhere Cembalift zu einerfreieren Ausfilhrung der bisherigen Klavierkompofitionen
fchreiten, vor allem die gehaltenen BaBnoten durch bewegtes Tremolo erfetzen. Die Klangftarke
kann durch mehrfache Befetzung beliebig erhoht werden, fodaB das Moferklavier gleichermaBen fUr
Kammermufik und Monftrekonzerte geeignet ift. Man wird ftattnen, wenn man eine gute Sangerin
fingen horen wird begleitet von vier Inftrumenten.
Man wird vielleicht fragen, worin die allgemeine Bedeutung diefer Erfindung zu fuchen lei.
Man erinnere fich dabei der von zahlreichen Mufikern, vor allem von Debuffy und Bufoni auf-
geftellten, unbeftreitbaren Behauptung, daB heutelelbft ein gutes Orchefter kaum noch einen nach-
haltigen, mufikalifchen Eindruck hervorrufen kSnne. Wie namlich, wenn der allgemein beklagte
Tiefftand der heutigen Mufiktlbung, fofern das Phyfikalifche in Frage kommt, nicht durch die
wrederholt vorgefchlagene Verwendung neuer Tonfyfteme, fondern durch Umgeftaltung der wichtigften
Inftrumente zu Uberwinden ware? Wenn alfo die mangelhafte Wirkung des modernen Orchefters
wenigftens teilweife darauf zurtlckzufUhren ware, daB die erzeugten Klange wegen ihrer
mangelhaften phyfikalifchen Zufammenfetzung dem Ohre zu viel Arbeit zumuteten?
Wenn alfo mit diefer Vervollkommnung des Klaviers der Anfang mit der notwendigen Umbildung
unferer KlangkQrper Oberhaupt gemacht ware? Ift das richtig, dann weift das Moferfche Prinzip,
den phyfikalifchen Charakter dnes Klanges der Aufnahmefahigkeit des menfchlichen OUres anzu-
paffefi, die Richtung, welche die fo dringend notwendige Reform des Mufikwefens und vor allem
der Mufikerziehung einzufchlagen haben; dann ift damit die phyfikalifche Bafis gefunden, auf der
eine gefunde Mufiktibung erwachfen kann. .' , '
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&ERBAND DER KONZERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V.
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Wider die Verleger
Von Alfred Doblin.
Kunftler find zwar groBe Narren, und das Denken tiberlaffen He als unfafhionables De-
partement anderen, die fie aufs fmartefte einwickeln. Man muB namlich das fllBe fchbpferifche
Gemilt vor den Verlockungen des Tages bewahren; unter Druck gedeihen die beften Werke;
„oh fink hernieder Nacht der Talgkerze und Wurltpelle" fingen daher Ichon Triftan- und Ifolde
mit berechtigter Begeifterung in Aas-dur.
Jedoch riechen die Kunftler, wo ihr Vorteil ift, im Sinne der pompOfen fechzigkerzigen
Osramlampe, des pommerfchen Schinkens, des komfortablen Telefonanfchluffes an eine wohl-
fubventionierte Herzallerliebfte. Sie find von Haus aus keine Sozialiften. Schon weil fie zu
dumm dazu find (lies: Individualismus; jeder fein eigener Todesfall). Vor allem, weil He zu
klug dazu find; denn fie fehen aufs Deutlichfte, daB ihr Schornftein auf dem Dache des
Fabrikanten raucht; und wenn fein Geld im Kaften klingt, ihre Seele in den Himmel fpringt.
Hieraus ergibt fich nicht nur der Name Mazen. Welcher viel zu felten^ vorkommt, als daB
die Zoologie daraus eine befpndere Unterfpezies der Elel machen kOnnte." Sondern der viel
haufigere des Kaufers, des zahlungsfahigen Konfumenten. Es kommt aber nicht auf den Konfum
an, fondern auf die Zahlungsfahigkeit. Der KUnftler begreift feit lange mit dem Reft feines
GroBhirns, daB nicht die fchwarmerifchen GefUhle der Verelirer ihn am Leben erhalten, fondern
Kartoffeln, Fleifch und Eier auf dem Umweg uber Money.
„Ich weiB nicht, was foil es bedeuten" fang die Jungfrau, als fie im fUnfteh Monat der
Schwangerfchaft ins Waffer fprang; wohlriechend floB die Panke dahin. „Auch du, mein Sohn
Brutus" bemerkte der teilnehmende Zufchauer, als er der! Kunftler in die Arme des Verlegers
fallen fah; und ward nicht mehr gefehen.
„Sei mir behilflich bei meinem Eintritt ins Leben", fprach der Embryo zur Hebeamme; da
nahm"fie eine Seifenfpritze und der Abortus nahm feirien natiirlichen Verlauf. Wer den KUnftler
will verftehen, muB ins Btiro des Verlegers gehn.
Obwohl viele Kunftler anderer Meinung find, muB ich bemerken, daB der Verleger auch
ein Menfch iTt. Man erkennt ihn am fehr aufrechten Gang, dem malitiofen LScheln und der
Bemerkung- Darf ich Ihnen eine Zigarre anbieten?" Man -nimmt He, man raucht He, man
raucht den Leichenftein feines Vorgangers. Im BOro des Verlegers fteht nicht angefchrieben:
„Hier nimmt alles feines natUrlichen Verlauf auch nicht „Das Ding wird gedreht". Hier dunkelt
an der Wand das myftifche Wort: Rifiko. ^
Rifiko war der Mann, der diefe Hauler gebaut hat, der den Herren das Auto verfchafft hat,
der ihre Badereifen bezahlt. Rifiko ftillt auch die Klyftierfpritze mit Seifenwaffer. Man geht auf
leifen Schuhen; Rifiko heiBen die fcheuen Filzfohlen im Verlag. Rifiko heiBt der e.ferne Gnff,
der hier taglich an die Kehlen der Kunftler getlbt wird, wenn -He zu Oppig Loft : Ichnappen
Ein Komponift, ein-Dlchter ift nur der lacherliche Anfang eines Verlags Im Verlag gibt es
einen fchopferifchen Verleger, einen nicht weniger fchOpferifcben . V^^^^' *^.
in dieMyfterien eingeweihte Prokuriften (fie unterfchreiben p. pa, wena der Dynaft grade ch6 P ft),
Kaffierer, BuchHaltLnen, Regiftratoren, Abteilungsleiter,. Stenotyp.fbnnen Schrabmafchmen,
Lederfef el Tintenfaffer, Garderobenftander. Sie- haben fich . zufammengefunden und einen
BeW S gew ht und e* funktioniert ailes aus fich. Es gibt ^^otenftechere^Buch-
drtS4, g Buchbindereien, B^
daB fOr den Kunftler kein Platz da ift; der Betrieb ift viel zu ernfthaft. Man begreift fofort das
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malitiftfe Lacheln des Verlegers, wenn er zwifchen fauberen Kalkulationen, Verhandlungen mit
dem Betriebsrat einen Autor, einen Komponirten vorfindet mit einem Opus in der Brufttafche.
Sie fchamen fich faktifch beide voreinander und reden von was anderem. Etwa vom Wetter.
Oder vom Rifiko. Der KQnftler ift noch froh, da8 es fflr ihn einen Begriff gibt, wo er Platz
findet; wenn es auch nur „Rifiko" ift oder „komplettes Malheur".
Der Unfug des kapitaliftifchen Betriebs ift gllicklich fo weit gediehen, daB der eigentliche
Produzent im Mufikalifchen und Literarifchen als ein Peter Schlemihl fchattenlos auftritt. Die ,
Propagatoren, ZwifchentrMger, Handler haben ihn an die Wand gedruekt. Das Papier ift wichtiger
geworden als was drauf fteht: die realifierte Idee des Kapitaliften und der Klofettfrau.
Der Ktlnftler ift ein individuelles Gefch5pf. Der Hundeblick ift ihm angeboren. Die
Feigheit ift feine zweite Seele. Er hat fich immer als Luxuswefen gefiihlt und im Speichel der
Herren gebadet. Freiheit hat er auf dem Papier gepriefen; das Papier ift jetzt fehr teuer ge-
worden; vielleicht fteigt ihm der Freiheitswunfch ins Blut.
Enterbte waren die Ktlnftler zu alien Zeiten. Ihr Reich war der fogenannte Himmel. Sie
waren immer mehr „Enterbte", als die Arbeiter, die fich 'fo nennen. Es ift ein graufames Los,
Geiftiger und Produktiver zu fein und vor dem Provitwirtfchaftler zu betteln. Gltlcklicher waren
noch die alten Dichter und Mufiker, die im Licht freudiger Hofhaltungen und trotz alledem
vornehmer FUrften gediehen. ■
.. Wo bleibt die Einficht dfer Ktlnftler. 'Manche von ihnen find verlocjrt worden, politifche
Fiihrer zu fpielen. Sie find bisher noch nicht im Stande gewefen ihre eigene Angelegenheiten zu
verfehen, odef nur. zu durchfchauen. Dies mtiffen fielernen'. Sie milffen ihre Rolle im
ProduktionsprozeB begreifen. Die Schopfung Romain Hollands und anderer, die Clarte, hat den
Gedanken der Solidaritat der geiftigen Arbeiter gefaBt Fruchtbarer als im Politifchen wird er
im Wirtfchaftlichen fein.
Ich begrtlBe den Wiener Genoffenfchaftsverlag, den Zufammentritt einiger literarifcher
Ktlnftler. Verbande diefer Art milffen gefchaffen werden und ausgebaut; die Verbande, die be-
ftehen, mtiffen aus ihrer grofchenhamfternden Verblodung aufgepeitfcht werden. Es geht um die
Befreiung der mufikalifchen und literarifchen KQnftler. Es mtiffen Gewerkfchaften gebildet werden,
die Macht befitzen und fie anwenden. Sie mtiffen zu groBen ProduktionskOrpern anwachfen,
neben denen anderes abftirbt. Probleme gibts da noch genug; niemand erftrebt Reichtum. Man
foil nicht vergeblich nach Solidaritat rufen! Die fchauerlichen MiBftande hat jeder kennefr
gelernt —
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*
/
w.
*WM W '
7ftin£« Dr. Borchardt & wphlauer.
>(FERTIGSTELLUNG ALLER MUSIK - AUFTRAOE) .
Instrumentation. — Transposition.
Aufschreiben gcgebener Melodien.
Notenschreiben.
Charlottenhurg 4 f Wselandstrasse 40. Teh: Amt Steinplatz 9515
T3E
*im
Krififdie Befradifungen iiber das moderne Lied
mif Berud^fiditigung von Liedern und Gefangen von
Manfred Gurlitf
Von H. Sdaul^e-Riffer.
Kennzeichnend fur unsere individualitatsselige
Zeit ist die tiberaus groBe Produktion an Liedern,
aber ebenso kennzeichnend auch, daB nur so weniges
davoti ernsterer Kritik Stich halt. Die kleine*Form,
die Stiitze. des Textes gewahren selbst der schwind-
siichtigsten Inspiration willkommene Hilfe. So wird
eins 'der edelsten musikalischen Gebilde zum be-
quemen Instrument, mittels dessen Jeder ,zwanglos
seinen Freudehen und Leidchen Ausdruck gibt. Je
sorgloser diese Aussprache geschieht, desto metir
stumpft sich das Gewissen fiir die innere struktuelie
Notwendigkeit ab, die das Geschehen im Liede be-
herrscht.
Gefahrlich, vor allem auch far wirkhche Be-
gabtfngen, ist das Oberschatzen des stimmungsmaBigen
Moments im Liede. - Es liegt ja nahe. In aller
Lyrik ist Stimmting das UnerlaBliche, ist die Erlebens-
Grundlage uberhaupt. Aber Lyrisches darf nicht bloB
erlebt, es muB auch gestaltet sein. Und je kleiner
der Rahmen, desto konziser die Fassung, desto
pragnanter der Ausdruck. Gerade, hier racht sich
alles bloBe Ungefahr, alle ungewisse Weitscheifigkeit
am schwersten, denn in kleiner Form wird jede
Storting des Gleichgewiehts unmittelbarer empfunden
ate in grofien nicht gieich Ubersebbaren Bildungen.
In der Musik ist die Versuchung zu so unsach-
licher Stimmungsmache am grSBten. Gerade in
neuerer Zeit haben ihre stimmungsmaBigen Qualitaten
auBerordentliche Bereicherung und Durchbildung er-
fahren. Dies bedeutet zweifellos einen Gewinn an
musikalischer Ausdruckskraft, aber eigentlich doch
mehr nach der Breite hin als nach der Tiefe- Anderer-
seits bringt es die Gefahr mit sich, daB die Produktion
sich in einem Spie! der Nuancen erschfipfr, daB in
der Oberschatzung und Freude an klanglichen, har-
monischen und rhythmischen Subtilitaten der Sinn
fQr die Einheitlichkeit und Geschiossenheit der Linie
verloren geht.
Im Lied aber machen sich die nachteiligen Folgen
dieser Entwicklung besonders storend beraerkbar.
Hier hat man sich oft, ganz im Sinne der eben an-
gedeuteten Tendenzen, einseitig von den illustrativen,
koloristischen Qualitaten Hugo Wolfs beeindrucken
lassen, ohne zu bedenken, daB diese seine klang-
malerischen Impressionen wie bet Schubert von vorn-
herein durch und durch musikalisch empfunden und
strukturiert sind. Man vernachlassigte dariiber die
Akkuratesse seiner Deklamation, die Kraft und den
(angen Atem seiner melodischen Bildungen So geriet
man' in ein bedenkliches Schweigen in Kiangrelzen,
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w ■.&'■>■
in eine Oberschatzung des Harmonischen, in eine
Entwertung und Zersetzung der melodischen Linie
und infolgedessen in eine Konstruiertheit der Dekla-
mation, die sich nur zu oft den AnmaBungen einer
aufdringlich illustrierenden Begleitung" unterordnen
muBte.
Wenn nun an dieser Stelie unternommen wird,
einige Lieder und Gesange von Manfred Guriitt
(Verlag Harmonie, Berlin-Halensee) einer Betrachtung
zu unterziehen, so geschieht das, weil hier bei offen-
sichtlichen Schwachen doch Qualitaten vorhanden
sind, die den Durchschnitt sicherlich tiberragen urid
Beachtung verdienen- Urn gleich auf den Kern ein-
zugehen: Hier ist Sinn fflr saubere prazise Deklamation,
echt lyrische , Begabung und vor allem sichere
Empfindung ftir ausdrucksvoll-gesangliche melodische
Linie-
Es sei versucht, in Kiirze auf die einzelnen Lieder
einzugehen und ihr Wesentliches zu charakterisieren.
Das erste: ff Den Frauen* (Sonett von Herbert
Eulenberg) ist eins der schwachsten. Und doch findet
sich pifttzlich eine so durchaus lyrisch empfundene
und schon gestaltete Stelie wie: „Das Antlitz bleibt
nicht stehn, das wir umwarben", deren echte Innigkeit
unmittelbar anspricht.
Ebenfalls nicht gelungen ist „Am Himmelstor*
(C. F. Meyer).
Viel Besseres ist iiber die anderen Lieder zu
sagen, die wohl auch spaterer Zeit entstammen.
Schon das kleine „ Wie die Pflanze, welkt" (Bang)
geht ganz andere Wege. Trotz aphoristischer KUrze
wird es seinen Eindruck nicht verfehlen. Das liegt
vor allem an der wundervoll gefuhrten rezitativisch
gehaltenen Singstimme, der die Begleitung nur ein-
fachste harmonische Sttttzung gibt.
Sehr gut ist „Die Ratte* (Sao-Han). Eine brutai-
hammernde Klavierfigur malt die zerstcJrende Tatigkeit
der Ratte „Gewissen tf . Sie geht dureh das ganze
Lied, aber sie maBt sich nicht die Herrschaft an.
Der dramatische Elan geht vielmehr von der Sing-
stimme aus, die bei einfachster melodischer Fiihrung
mit einer ehernen Rhythmik der Begleitung stets auf
den Hacken sitzt und sie immer weiter jagt, so dem
Ganzen einen Ausdruck gehetzter Qual verleihend.
Der sonst immer dreiteilige Takt wird nur ein
einziges Mai, kurz vor dem SchluB, zweigeteilt.
So okonomisch angewendet ist diese so viel mlB-^
brauchte rhythmische Verschiebung von entscheidenden
ruckhafter StoBkraft und macht den SchluB zum
natlirlichen HGhepunkt. Auch hier ist die Harmqnik
denkbar einfach. Bis auf kleine Modulationen in die
Nachbartonarten bleibt ailes in F-moll.
Im Ganzen moderner gibt sich: „Der Mond ist
wie eine feurige Ros' w (Dauthendey). Auch hier ist
wieder vor allem die Singstimme zu loben, die dies-
mal an der schmiegsamen SuBigkeit der StrauBischen
„Ariadne w und des w Rosenkavaliers" geschult scheint.
Auch manches in der Begleitung deutet auf solche
Einwirkung hin. Harmonisch ist hier alles reicher,
aber nie iiberladen, nie zu Zwecken bloBer Stimmungs-
mache miBbraucht, so daB stets der FIuB der Sing-
stimme ungehemmt bleibt.
, - Schlicht volksliedmaBig in richtiger Wurdigung
des Textes gibt sich die „Liebesprobe M (Hebbel).
Es ist ein gutes Zeichen, daB auch hier der Komponist
nicht enttauscht. Gerade hier bewahrt sich die an-
geborene Begabung ftir sinngemaBe Deklamation und
ausdruTcksvolle Melodik. Denn das ist erforderiich,
urn volksmaBig zu schreiben. Empfindlich aus dem
Rahmen fallen nur vier Verlegenheitstakte eines
Zwischenspiels, deren voliige Bedeutungslosigkeit
sofort ersichtlich ist. So offen sollte man nicht be-
kennen, daB Einem nichts eingefallen ist
Uberschaut man diese Lieder in ihrer Gesamtheit,
so wird klar, daB sie keine Erfiillung bedeuten, wohl
aber eine Hoffnung. Sie bringen noch keinen pro-
duktiven Fortschritt in musikalisches Neuland; sie
sind durchaus mit Uberkommenen Mitteln gearbeitet,
aber diese Mittel sind richtig auf ihre kUnstlerische
Bedeutung hin erkannt und verwertet, besonders in
den letzten Liedern. Hier wird auch nicht mehr der
Versuchung nach bloBer Stimmungsmache nachgegeben,
sondern der Blick ist stets auf das Wesentliche ge-
richtet, auf die Kraft und Geschlossenheit des Melos.
Und vor allem: es ist wirkliche Begabung zum Melos
vorhanden, wenn sie sich hier auch erst in verhaltnis-
maBig einfachen ^fildungen auswirkt
wm-.
M:'-M ..
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'■■■<■-,'• *.•>•& r*'S2S
ISIS^:V
Widifige neue Mufikalien, Biidier und Auffafze
iiber Mufik,
mitgeteilt von
Professor Dr. Wilhclm Altfnann, Berlin-Friedetiau, Sponholzstr. 53-54.
Diese Zusammenstellung, die moglichst in jedem Heft diescr Zeitschrift crfolgcn wird, will audi nodi tin-
gedruckte grofierc Werke, vor allem Symphonien, syrnphonischc Dichtuugen, Konzcrte, Kammcrmusikwcrkc, Opcrn,
Cliorwerke mit Orchester einbeziehen, urn narnentlich Dirigentcn daranf aufmcrksam zu inachcn. Dicjenigcn Tonsctzcr,
die derartige Werke (jedoch niclit etvva Klavierstiicke, Lieder, Mnnnerchorc) fertig habcn, werden gebeten, mich davon
in Kenntnis zu setzen, doch behalte ich mir die Entscheidung iiber die Aufnahuic vor. Dicsc kann audi bei gcdrucktcu
Wcrken weder durch ein In sera t noch durch Einsendung der betreffenden Muslkstiicke oder Biichcr crzwtingeu werden.
Riicksendung etwaiger Einsendungen wird grundsatzlich abgelclmt.
Die Hinzufiigung des Verlags wird Bcstcllungen erlcichtcrn. Zu den angegebenen Preiscn kommt iminer
noch der sogen. Teuerungsanfschlag seitens des Verlegers und audi des Sortimenters liinzu; cr schwankt bckauntlich,
meist abcr betragt er 200%-}- 10%.
Anklangsjagd, Auf der. Ahniichkeiten und Glcich-
klingendes in der Musik. Eine heitere Studie von
Max Chop — in: Ftihrer durch die Konzerte und
Theater Konigsbergs 13 ff
Antcliffe, Herbert — s. British
Bach*Jahrbuch, 16. Jg. Inhalt: Aug. Halm, Ober Bachs
Konzertform; Rob. Handke, der neapolitanische
Sextakkord; Hans Luedke, Zur Entstehung des
OrgelbUchIeins;Wilh.Altmann,ZuHansBischoffs
Bach-Ausgabe
Beethoven. Beitrflge zur B.-Forschung. Von Adolf
Sandberger — in: Arch- f. Musikwiss. 3
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Merker 13/4
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Biographic ObeMufgaI|en und Ziele der rausikalischen
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British History and British Music By Herbert Ant-
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Biickeburg. Aufgaben und Ziele des Fttrsti. Instituts
i musikal. Forschung- Von Max Seiffert T in:
Arch. f. Musikwiss. 3
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Choral Orchestration by Cecil Forsyth. Novello & Co,
Lond. 7 s. 6 p
Csokor, Franz Theodor — s. Beethoven
Deatsches Kunstwerk in Gefahr. Von Robert Hern-
ried — in: Musikztg 30
Borph, Sven — s. Lind
Eckstein ■— s. Lind
Expression — s Over Expression
Fischer, Kurt — s. Krieger
I. Inffrumenfalmufik
a) Orcheffer (ohne Soloinffrumenfe)
Blumer, Th. [Dresden]: Erlosung. Symphon. Dichtung
noch ungedruckt
Szymanowski, Karol: op. 19 II. u. op. 27 III. Sinfonie;
Konzert-Ouverture; Sinfon. Ouverture; Penthesilea.
Sinfon. Dichtung noch ungedruckt (Auffuhrungs-
material durch Univers.-Edit.)
b) Kammermufik
Holbe, Maria [Dresden]: Sonate f. Klav. u. Violonc
noch ungedruckt
Trowell, Arnold: Quintet for Pfte, 2 V., Via und Vc
Novello, London 20 s.
IL Gefangsmufik
(Opern)
Albert, Eugen d': Sirocco. Text von Leo Feld und
Karl M. Lewetzow. Urauffuhrung? Verlag?
Franckenstein, Clemens von: Litaipo. Oper in'3 Akten.
Dichtung von Rudolf Lothar. Zur Urauffuhrung vom
Hamburger Stadttheater angenommen.
Striegler, Kurt [Dresden]: Der Jhomaskantor. Oper
noch ungedruckt
III. Biidier
und Zeiffdiriffen-Aufj^e
(alphabetisch sowohl nach Stichworten wie nach den
Verfassern geordnet. Bei Zeitschriften-Aufsatzen ^ ist
immer mit Nr die des laufenden Jahrgangs gememt).
Agypten. The secular music of ancient Egypt- By
Jeffrey Pulver — in: The musical Times, June
Altmann, Wilhelm: Zu Hans Bischoffs Bach-Ausgabe —
s. Bach
327
Forsyth, Cecil — s. Choral Orchestration; Violin
Playing
Gatscha, Anton — s. Quint
Gatti, Guido — s. Mussorgski
Grimson, S. B. — s. Violin Playing
Gudbrandsdalen, Foike-Musik i. G. (Von) Ole Mork
Sandvik. A. Cammermeyer, Christiania
Haftuog des Transporlunternehmers ftir Verlust oder
Beschadigung eines Musikinstruments. Von Eck-
stein — in: Musikztg 30
Halm, August — s. Bach
Handke, Robert: Der neapoiitanische Sextakkord in
Bachscher Auffassung — s. Bach
Hasse, Karl — s. Schein
Haydn. Joseph H.'s Klavierwerke von Hermann
Abert — in: Zeitschr. f. Musikwjss. 10
Hernried, Robert — s. Deutsches Kunstwerk
Instrument* — s. Haftung des Transportunter-
nehmers
Joachim, Josef. Von Hermann Kretzschmar — in:
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Juristisch-Musikalisches. Von Leander — in:
Zeitschr. f. Musikwiss. 10
Key, Helmer — s. Boito; Operaregi; Verdi
Kiarinblasen. Eine unkritische Kritik des Klarin-
blasens. Von Curt Sachs — in: Arch. f. Musik-
wissenschaft 3
Konservatorien — s. Theorieunterricht
Kretzschmar, Hermann — s. Joachim
Krieger. ObeY eine Gelegenheitskomposition von
Adam K. Von Kurt Fischer — in: Archiv far
Musikwiss. 3
Lasso. Orlande de Lassus par Charles van den
B'orren. Alcan, Paris 3 fr. 50
Leander — s. Juristisch-Musikalisches
Lind, Jenny. Dorph, Sven: Jenny Lindiania till
hundraars minnet Lindblad, Upsala 14,50 Kr.
Lippey, Alex. — s. Schreker
Lobkowitzsche Bibliothek — s. Raudnitz
Luerftke, Hans — s. Bach
Lutherfund, Der Zerbster. Von Hans Joachim M o s e r —
in: Arch. f. Musikwiss. 3
Moser, Hans Joachim — s. Lutherfund
Mussorgski. Die Klavierkompositionen von Modest
Petrowitsch Mussorgski Von Guido Gatti — in:
Musrkbla'tfer des Anbruch 13
Nattir - s. Riickkehr zur Natur
NeapoiMaaisehe Sextakkord, Der, in Bachscher Auf-
fassung — s. Bach
Nettl, Paul — s. Raudnitz
Operaregi, modern. (Von) Helmer Key. Nord. Bok*-
handeln, Stockholm 1,50 Kr.
Orchestration — s. Choral O.
Over=Expression. By Tom S. Wot ton — in: The
musical Times, June
Plauener Orgelbuch, Das, von 1708. Von Max
Seiffert — in: Archiv f. Musikwiss. 3
Puiver, Jeffrey — s. Agypten
Quint's, Heinz, Tonschubleiter. Von Anton Gatscha —
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Raudnitz. Musicalia der Furstl. Lobkowitzschen
Bibliothek in Raudnitz. Von Paul Nettl — in :
Mitteilungen des Vereins fur Geschichte der
Deutschen in Bohmen 1/2
Riickkehr zur Natur, Die. Von Paul Bekker — in:
Musikblatter des Anbruch 13
Sachs, Curt — s. Kiarinblasen
Salttn, Felix — s. Wien
Sandberger, Adolf — s. Beethoven
Sandvik, Ole Mork — s. Gudbrandsdalen
Schattmann, Alfred — s Tiessen
Schein, Joh. Hermann. Von Karl Hasse — in:
Zeitschr. f. Musikwiss. 10
Schildt, Melchior, und seine Familie. Nachrichten
aus Hannoverschen Archiven mitget. v. Th. W.
Werner — in: Arch. f. Musikwiss. 3
Schreker. Einiges iiber die asthetischen und kiinst-
lerischen Voraussetzungen der Lehrmethode Franz
Schrekers. Von Alexander Lippey — in: Musik-
blatter des Anbruch 13
Seiffert, Max — s. Buckeburg; Plauener Orgelbuch
Theorieunterricht an den Konservatorien. Von C
Vogler — in: Schweizer. musikpadag. Blatter 15
Tiessen, Heinz. Von Alfred Schattmann — in:
Rhein. Musik- u. Theater-Ztg 30/31
Tonschubleiter — s. Quint
Verdi's Opera Macbeth. Foretal och bearbetning for
svenska scenes (Von) Helmer Key. Abr. Hirsch,
Stockholm 4 Kr.
Violin Playing, modern. By S. B, Grimson & Cecil
Forsyth. Gray Co., New York 1,50- Doll.
Vogler, C. — s. Theorieunterricht
Werner, Th. W. —s. Schildt
Wien und die Musik. Von Felix Sal ten — in:
Musikblatter des Anbruch 13
Wotton, Tom S. — s. Over Expression
Zerbst — s. Lutherfund
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Verlag „Melaa".
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2. Saf$ der Sonafe fur Solo-Violine von Arthur Sdinabel
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Copyright bv*NeuendoTff & Moll Berlin- Weissensee
Notenbeilagii zu .Melos* 14- H^ftlSeptember 1M0
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Krsr.liHint. am 1. umt '16. jeden Monats. Zu beziehon dureh die Postanstalton, Buch- u. Musikalienhandliingeri. so win dindit vom V ►>!■!. i;r-
Herauageber: HE}* MANN SCHKKCHEN, Berlin - Kriedenau, Wk>sl>ndem>rstr. 7, Fernruf: Rheingau 709i>. KwlnUtion ^u. \Vrl,i<<; <'ln'iid.'»,
Briu'k: Neuendort'f & Moll. Berlin- Weii3erisne. - Preis d. Einzolhni"tes Mk. 3.—, im ViorteFj.-Abonn. Mk. 15.-. — NnclidnicU vur-t»'h:iH*-ri.
Nr. 15
Berlin, den 16. September 1920
L Clahrgang
INHALT
Dr. ERNST KURTH
HANS HEINZ STUCKENSCHMIDT
ALFRED WOLFENSTEIN . . .
WILLIAM HOWARD
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN
Dr. HUGO LEICHTENTRITT . .
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN
NOTENBEILAGE: Hindemith: Nr
op
. Romanfifdie Harmpnik und ihre Krife in
Wagners „Triffan", II.
. Melodie
. Das Worfmufikalifche und die neue Didifung
. Mufikffenographie
. Fiir die Verleger
. Buchbefprechung
. Bedeufende Neuerjdieinungen und Manujkripfe
VI. aus „Du eine Nadit", Traume und Erlebniffe.
it. Fiir Klavier
„MELOS"
in einer Luxusausgabe
erfcheinf mondflidi einmal im Kunffverlag
Fri&Gurlitt, Berlin W 33
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Romanfifche Harmonik
und ihre Krife in Wagners , Jriffan"
Von Dr. Ernff Kurfh.*
Grundlagen
EinffellungzurTheorie.
II.
Die Urform mufikalifcher Willensregung aber find pfychifche Spannungen, die
nach Auslofung In Bewegung drangen; alles mufikalifdie Gejchehen beruht in Be-
wegungsvorgangen und ihrer inneren Dynamik. Wir verj'piiren die elemenfarffen
pfychifchen Grundvorgange der Mufik ineinem gleicharfigen Wirkungsausdruck in tins,
wie ihn alle pfychifchen Kraffe darffellen; die mufikalifdie Energie verdichfef fich zur
erffen Deuflichkeif in der Form oder wenigffens zunachff in der Empfindung von
Bewegungsvorgangen. Die Mufik iff daher keine Spiegelung der Nafur, fondern das
Erlebnis ihrer raffelhaffen Energien felbff in uns; die Spannungsempfindungen in
uns find das eigenfiimliche Verfpiiren von gleicharfigen lebendigen Kraffen, wie fie
fich im Uranfang alles phyfifchen und organifchen Lebens offenbaren.
Mif all ihrem drangvollen Trieb in die Form findef diefe Urernpfindung mufikalifcher
Energie ihre rudimenfarjfe, fchlichfeffe Geffalf im Phanomen der melodifchen Linie.
Diefe iff daher als Einheif eines Bewegungszuges zu faffen, der in den Tonen nichfs
als feine finnliche Auswirkung findef, feinem Wefen nach als ein unferfinnlicher,
pfychifcher Energievorgang, ein Spannungsverlauf. Der Urfprung aller Melodik voll-
ziehf fich im Unbewuf5fen ? wie der weifaus gro]3fe Teil aller Lebensbefafigung, indem
uberhaupf das innere Welfganze von Bewuj3f und Unbewuj3f nichf eigenflich im Bilde
von zwei Hemifpharen zu vergegenwarfigen iff, (was zwei gleiche Halffen bedeufen
wiirde) fondern nur mif einer kleinen gegen das Lichf hinausragenden und be-
ffrahlfen Kuppe.
Das UJberfliegen von energefifchen Inhalfen in ihren finnlichen Ausdruck, das Grund-
phanomen aller erklingenden Mufik, bedeufef daher ihr Werden, zugleich aber ihr
Freiwerden aus den unferbewuj3fen Spannungen, ihre Erlofung in die Sinnlichkeif.
Zu FaJ5barem drangf das Unerfa£liche. Die Zweiheif von feelifchen und finnlidien
Inhalfen, die alle Mufik durchdringf, findef im Phanomen des Melodifchen ihre reinffe
und urfpriinglichffe Objekfivierung: in der melodifchen Linie als dem klangdiinnffen,
nichf liber die Fiille des einzelnen Tones hinausfchwellenden mufikalifchen Gebilde liegf
die Grenze, wo der Geffalfungswille und feine Spiegelung im klangfinnlichen
Ausdrud* fich beriihren und ihre Vereinung finden, wo der myffifche Grundvorgang
des Ausbrudis von Spannungen ans Erklingende fich vollziehf, die Wende von innen
nadi au0en. Die melodifche Linie iff die erffe Projekfion des Willens auf „Maferie",
auf zeifliche und raumlidie Erfcheinungsform; (raumlidie infofern, als aus dem Charakfer
des melodifchen Spannungsverlaufs, der eine Bewegungsempfindung iff, fich die unklare,
unferbewu^fe Sdieinvorffellung von Tonbewegung im Raume herausbildef, wahrend
* Paul Haupf, Akademische Buchhandlung vorm. Max Drechsel. Bern und Leipzig 1920,
Der Nachdruck des Anfangskapitels erfoigt mit gQtiger Erlaubnis des Verfassers.
objekfiv raumlidies an den mufikalifdien Sinneseindnicfcen gar nidif exiffierf; die ge-
famfen mufikalifdien Raumvorffellungen find daher fekundare Begleifvorftellungen,
Folgeerfdieinungen aus dem energefifchen Qrundvorgang der Bewegungen).
So ffellen die melodifchen Erfcheinungen zwar den unmiffelbarffen Ausdruck der
geffalfend bewegfen Sfromungen dar, aber bereifs audi in erklingendem AusdruA, in
Tonen, und damif fdion zugleidi weifer in gewiffe Abhangigkeif von klanglich-harmonifdien
Erfdieinungen gebannf.
Somif iff der fragende Inhalf einer jeden MelodiebeWegung, aber audi jedes
einzelnen Tones, den fie durdiffreiff, eine lebendige K raff, ein aus dem Tone heraus-
drangender eigenfiimlidier pfydiifdier Spannungszuffand, den ich als „kinefifche
Energie" bezeidinef habe. Er ^virkf in weifeffem Maj5e und in verfdiiedenarfigen Er-
Jdieinungsformen in die gefamfe mufikalifdie Theorie, die fidi demnadi als eine
energefifdie Enfwicklung darffellf und diefe in Aufbau und Enffalfung der
klanglidien Erfdieinungen nur fpiegelf; diefe Auswirkung befrifff aber alle
Zweige der Mufikfheorie, die Harmonik ebenfo wie die Melodik und lineare
Konfrapunkfik und (in gewiffen Umformungen) die Rhyfhmik, alle Formenkunff
und f<hliej31i<h iiber die Theorie hinaus die Affhefik und Sfilpfychologie; denn auch
fur die Erfdieinungen der Tonfymbolik find die Bewegungsfpannungen von grund-
legender Bedeufung.
Fiir die Theorie der Melodik, namenflich aber auch fur die fechnifchen und
affhefifchen Fragen der Melodik und Polyp honie findef fidi diefer Gefichfspunkf bereifs
in meinen „Grundlagen des linearen Konfrapunkfs" (Bern 1917) von den Grund-
erfdieinungen aus in breifer Anwendung durdigefiihrf, zugleidi audi dorf (L Abfchniff,
6. Kapifel) in feiner Auswirkunq zu den Spannungsformen der Harmonik dargeffellf,
lefjferes in Grundziigen audi fdion in meiner Vorffudie iiber die „Vorausfe^ungen der
fheorefifdien Harmonik" (1913). Urn midi hier nichf zu wiederholen, befchranke idi mich
auf die knappe Heraushebung weniger Haupfziige, nur foweif fie der prakfifdien Durdi-
fiihrung und dem Verffandnis der nachfolgenden Sfudien zur Hannonik dienen miiffen.
Man muj3 vor allem daran fejfhalfen, daJ3 ein gefchloffener melodifdier Zug eine
Einheif, und zwar urfpriingliche Einheif iff, die pfychifche Energie einer Bewegung,
aus deren lebendigem, forflaufendem Zuge fich erff die Einzelfone herauslofen. Die
gefchloffene Einheif einer ganzen Bewegungsphafe beanfpruchf Primarbedeufung
gegeniiber den eineelnen Tonen, weldie fie auswirff. Aus den Tonen felbff iff nichfs
zu erklaren, aus der Spannung, die fie durdiffreiff und erfiillf, alles. Der Ton, foweif
er irgendwelchem mufikalifdien Zufammenhang angehorf, iff nur einzelnes Moment
eines Spannungsverlaufs; der einzelne Ton friff (iberhaupf nur als Trager eines
Energiezuffandes in die Mufik; wie fich zeigen wird, audi da, wo er keinem ge-
fdiloffenen Linienzug angehorf; denn die Bewegungskraffe der Mufik beruhen langff
nidif allein in gefdiehender, als Melodie fichfbarer Bewegung, fon iern im Bewegungs-
drange; diefer iff der eigenflidie Trager alter der verfdiiedenarfigen mufikalifdien,
zugleidi in Klang und Farbe ausffrahlenden Wirkungen.
Darum iff fdion vom einfachffen melodifdien Gebilde an der eigenflidie mufikalifdie
Inhalf Sdiwung des linearen Enfwicklungszuges, der Enfffehungsvorgang felbff, und
fdion hier erfdieinen die Tone als das relafiv Bedeufungslofere. Der Kerninhalf liegf
in der innern Dynamik, die fidi im Anfe^en und Ausgreifen, im Ausbaufdien und Ab-
ebben der Linienwellungen, im Sfeigen und Sinken zu wedifelnden Tonhoheninfenfifafen
fpiegelf. Die Bewegungskraff iff der unbewu]3fe Urfprung alter Melodik; man konnfe
ihn darum audi urbeWuj5f nennen. Von ihm find wie die Tone und iiberhaupf alles
Erklingende audi die ganzen rhyfhmifdien Erfcheinungsformen nur ein konkref
wahrnehmbarer Ausdruck
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Daher iff aber der gefchloffene lineare Zug, der iiber die Tone gleifef und dieferi
gegeniiber das Urfpriingliche bedeufef, audi nichf efwa als die nadifraglidi gezogene
Verbindung zwifdien den Tonen anzufehen — ein Mij3verffandnis, vor dem nach-
drii&lich zu warnen iff — fondern als der bewegende Geffalfungswille felbff: die ge-
fchloffene melodifche Bildung iff daher nidif als Summe von einzelnen Tonen zu ver-
jfehen, aber audi nichf als eine Aneinanderreihung ihrer einzelnen Infervalle,
eine Vorffellung, bei der wieder nur die abgeffeckfe Tonreihe als das Gegebene, die
nadhgleifende Verbindung als efvvas Paffives, Sekundares erjcheinen wiirde. Der Be-
wegungsvorgang beanfpruchf vielmehr die Auffaffung der akfiven, geffalfenden Ur-
fprungskraff, die in alien erklingenden Erfdneinungsformen ihre vielfachen Sfromungen
nur der Wahrnehmbarkeif vermiffelt
Die Tone find eigenflich nur der Ballaff der Linie. Anfang aller Erkennfnis vom
Wefen der Melodik und damif iiberhaupf der Mufik iff die Gewohnung an den Ge-
danken, daj3 fdion von der einfachen melodifdien Linie an der eigenfliche und weifaus
bedeufungsvollere Inhalf das Unhorbare an ihr iff, oder, um es auj3erlicher zu kenn-
zeichnen, in ihrer Niederfchriff die nidif gezogene Linie, die Jich nur in einzelnen Nofen
andeufef; iiber die leeren Raume zwifchen den Nofen und iiber diefe felbff hinweg
■jflufef die Kraff. Daj3 fie und nichf das Tonefpiel und das auj5ere Bild rhyfhmifcher
Anordnung die lebendige Spannung iff, die das melodifche Empfinden ausmadif, iff im
Grunde nidifs als audi eine der vielen „verloren gegangenen Selbffverffandlichkeifen",
deren Erkenntnis gewalffam durch den verkehrfen Sfandpunkf unferer heufigen Mufik-
fheorie verdrangf iff, die iiberall an den Erfcheinungsformen, am Gewordenen, ffaff am-
Werdeprozej3 anfefjf, die Tone ausfchliej31idi und einfeifig in ihre harmonifche und
rhyfhmifche Organifierung hinaus verfolgf, Jfaff zu der Dynamik ihrer fragenden un-
horbaren Zufammenhange zu dringen, die ihr Aufleuchfen im Blifjeszug der Linien-
bewegungen auswirff. Wie diefe Bewegungckraffe den Urfprung im Schaffensvorgang
der Melodie darffellen, fo erregen fie audi ein Miferleben ihrer Schwingungen in ihrem
jedesmaligen Horen; ihr Mifmachen iff die Tafigkeif des Temperaments. Das mufikalifdie
Horen, das Erlebnis des Kunffwerks, iff gar nichf im Wefenflichen eine Gehors- nodi
audi von Grund auf harmonifdi-logifdie Verffandes-Tafigkeif, fondern der pfychifche
Spannungsverlauf eines Mifffromens mif dem Urvorgang der Bewegungskraffe.
Die Energie der melodifdien Linie verlierf und verfliichfigf fidi in die Tone, wie
ins Bild der Tropfenffrahlen die Kraff, die Quellen auffchiej3en laJ3f; in ihrem Ausdruck
gehf die fdiopferifdie Kraff bereifs unfer. 13ber die einfadie Linie hinausgehend durdv
ziehf aber der groj3e fragende Sdiwung bewegender Energien, der alle Einzelwirkungen
und Einzelffimmen verwebf und iiberffreidif, die ganze Mufik, als eine Melodie im
Gro£en, ein ins Riefenhaffe auffchwellender Vorgang einer in ihren Urfprungen ener-
gefifdien Sfromung; fei es, dag er fidi in linearer Polyphonie iiber eine mehrfadie
Sfimmenzahl ergiejSf, oder wie in der homophonen Mufik unmiffelbar zu dem machfig
verbreiferfen Ausdruck der ganzen harmonifdien^langfiille anfchwillf. Das Flie^en
einer Kraff, wie es feine einfachffe Erjdieinungsform in der einzelnen Linie findef,
fdilagf hier im Sdiillern der Klange und Klangubergange an die finnlidie Augenfdiiclif,
und der Akkord erfcheinf hier als die verbreiferfe Ausffrahlung des Tones wieder, die
Tone der Linie bildlich gefprodien, ins Flachenhaffe ausgebreifet Und wie fdion die
Tone der melodifdien Linie langff nichf deren Inhalf bedeufen, fondern nur lefjfe ver-
ffaubfe Andeufung ihres Ausdruckswillens, fo find audi in der verbreiferfen Melodie,
.die iiber Harmonien verffromf, die Klange bei aller finnlichen Fiille nichf Verdidtfung,
fondern Verfliidifigung vom Kerninhalf der Mufik; wie iiberhaupf jeglidie mufikalifdie
Ausdruckserfdieinung fidi bei Weifem nidif in der Bedeufung deffen erjthopff, was an
ihr wahrnehmbar fur das Bewuj3ffein hervorfritt, fondern nur vermiffelf, was un-
bewu)3t zu ihr gedrangf, ihre Geffalfung beffimmf haf.
Alle Ausdruchserfcheinungen in der Kunjf nennf man daher, weil fie fidi nur
gleidinishaff offenbaren, Symbole, „Sinnbilder", d. h. finnlidie Ausdruchsbilder des
Seelifdien. So iff audi die mufikalifdie Tedmik felbff, als Ganzes genommen, Symbol,
indem fie in alien ihren Wandlungen durdi die verfdiiedenen Sfilproben mif Hirer
Charakferiffik und ihren vielfadien Einzelmerkmalen nur einen fieferen kunfflerifdien
Geffakungswillen zum Ausbrudi hervordringen laj3f, Der kiinfflerifdie SdiaffensVorgang,
deffen Vollkraff nur zerfprengf in die Ausdrucksform hineinklingf, iff daruni ffefs audi
nur aus eineni Zuruckfuhlen ins UnbeWugfe zu erfafjen. aus einer Refonanzfahigkeif
fur die lebendigen Kraffe, die fidi ans Lidif des Kunffwerks verloren haben.*
: Es ist iiicht anders als in jeder Kunst; da abcr in der Musik die „Materie\ worin sicli die psyclusclien
Eqergicn offenbaren, nicht in greifbarer Stofflichkcit, sondcrn nur in sinnliclicr Walmiclimfoarkeit (itii Gegens.itz /u
den unbewuGten Grundinlialteii) bcrtiht, ist hicrin das Inmiatericlle der Musik bedingt, das selbst ibren r.rsciieiiiinigs-
formen cigen ist, zngieich deren unendlich fliissige Anpassungsfaliigkcil an alle Regungen aus unterbewuliler (ieslallungs-
tiefe, welche gerade den Romantikem die Tonkun&t als Inbegriff der Kunst crsclicincu lieii.
(Forffe^ung folgf.)
*
VFRBAND DER KONZERTIERHNBFN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V.
X£!lw2««Utelae Koniertatolellung: Berlin W 57, Blumenlhalslrafie 17
OCmelnn^lge KOnzenanicu I y Telegramm-Adresse: PODIUMK.UNST
'^S^S^S^S^ »" *°™"»' Vartr.BS.un,. Kunstumauenden Mr S.rii* und ,11. Orte des h- *- AusLndes.
ggg^g^SaSgSl ■ Modrtp.n. Pro,— als hoi ^^.^ Kon.enagenten.
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Melodie
Von Hans Heinz Sfu&enfdimidf.
Von neuer Mufik reden heijif von Wiedergeburf des Melos reden. Vor allem gilt
es, fie von der Begeiferung Gewiffer zu reinigen, denen da fchwanf, diromafifch fern
bedeufe amelodifdi Jein. Idi will alle Apologie beifeife laffen, alles Schwarmen von
efhifcher Mufik und Reform des inneren Horens, obwohl idi Jehr mufmaj3e, melodifdie
Mufik fei efhifdie, innerlidie Mufik Es kommf darauf an, das Walfen einer Logik zu
konffafieren, deren Exiffenz idi zwar nidif nachweifen kann, aber die idi als Zwang
empfinde und deshalb anerkennen muj5. Da idi eine Mufik nahen fiihle, deren
Theorie nichf mehr aufs Akkordliche fidi verffeifen wird, kommf es mir zu, hier Sfimm-
lidies zu unferfudien. Auf die Gefahr hih ungenau zu fein, fdireibe idi in der I3ber-
zeugung, nidif die Anfworf fei wefenflidi, aber die Frageffellung,
Die Gefefce der Melodie find nidif eindeufig feffzulegen, Man kann nur fagen: der
Flu$ mufikalifdier Linien enffprichf gewifjen Relafionen zwifchen Spannung und Enf-
fpannung, Hebung und Senkung, Sfeigerung und Verminderung, Ruhe und Erregung, —
Relafionen, die im Sdiaffenden akfiv, im Mifempfinden-Verffehenden audi vorhanden
find, aber ohne geffalfende Kraft Die (lefjfendes unbeweisbare) Taffadie diefer
fchopferifdien Gefe^e muj3 man eben hinnehmen; mif ihr ffehf und fallf der Sinn der
Mufik, fie leugnen heigf die Mufik als foldie leugnen. Sie iff genau fo wenig zu be-
weifen wie efwa der Schaffensfrieb an fidi oder das Gefiihl fur Rhyfhmus. Mufik ver-
ffehenheigf imGrunde nidifs weifer als diefeGefefje auf das genoffene Werk unferbewu^f
anwenden. Die Taffadie, daj3 hier das Empfinden Einzelner differierf, erwefif zwar
nidif die Veranderlichkeif diefer Gefe^e (die zweifellos ewige find), fondern nur die
Relafivifaf ihrer Anwendung. Unfer modernes, faff ausfchlie^lidi homophon gefdiulfes
Ohr befi^f nur nodi in ganz geringem Ma£e die Fahigkeif melodifch zu unferfdieiden und
es iff fypifch, da{3 die Theorie fidi audi in ihren angeblichen Unferfuchungen iiber
Melodik faff yollig auf rhyfhmifdie, harmonifche, formate^ Au^erlichkeifen befchrankf.
Hierin find bei allerSchrulligkeif und Pedanferie die morgeniaudifchen, vor allem die dii-
nefifchen Theorefiker den unfern weif iiberlegen. Aus dem Fakfum, da£ in zahlreichen
Fallen die diinefifdie Theorie mif der abendlandifdien fiber einffimmf, ergibf fidi dann
wieder eins der myffifdien mufikalifdien Ur-Gefefje: die Kongruenz und Unfrennbarkeif
von Rhyfhmus, Harmonie, Melodie, Form, So gelangf zum Beifpiel hinfichflidi des
teiffones (alfo efwa h in C-dur) das Lii-ffu-ffan-kao auf feinem Wege rein melpdifcher
Befradifung zu demfelben Refulfaf wie unfre komplizietfe akuffifch^harmonifdie auf dein
der klanglidien Analyfe. Da^ die Folgeruhgen der diiriefifdien Syff^mafik d&nn
aitdere find als bei uns (Verbof, den Leiffon h zu benu&en, werin nidif als Vertnifflung
des Sdiriffes a-e> anderf nidifs an meiner Feffffellung,
Ad rem 1 Was idi klarlegen wollfe : das Vprhandenf ein von melbdif dien Triebgef efjen
i#id die Moglichkeif, Mufik redn melodifdv das hei^ nidif komplex
iriferValUfdi zu definieren. hi dem Augenblick xia nidif ;mehr harmonifche, fondern yiel-
'v/teebr:;mdq(fi|^el}rfadien den Gang einer Mufik beffhnineiy horf nofwendig die Berudt-
fidifigutift x3es fonalen Prinzips auf, Nofabene: fie kahn aufhSren, ^e xrtup itafurlidt
hi^ W^ in dem eben Mtgetegfett Sittne m0lodif*«
554
^iiliMl^^*
Lime tonal befdirankf fei. Aber diejer Fall wird nofgedrungen Ausnahme Jein. 1m
allgemeinen laj3f fidi behaupfen: die Melodie iff a priori nidif tonal, fo wenig Wie lie
im Grunde unferm femperierfen Syffem fidi einfiigen laJ3f. Es iff keineswegs gleichgiilfig,
ob eine Linie mif Riickfidrf auf ihre tonale Korrekfheif urn eine chromafifdie Rudiung
veranderf wird. Eine Mufik horf da auf melodifdi zu fein, wo der Komponiff beginnf,
fie aus harmonifdien Griinden umzubiegen. Wir miiffen jefcf definifiv abredinen mif der
Lehre des affhefifdien ancien regime, die da behaupfefe, es gabe Tone, die, harmonifdi nichf
gleidiberedifigf, nur der Fiillung dienfen und im Grunde uberfluffig waren. In unfrer
Mufik gibt es keine Vorhalfe, Vorausnahmen ufw. im alfen Sinne mehr. Weil es keine
Auflofungen im alfen Sinne mehr gibf. Es gibf nur nodi die mufikalifdie Logik, die
im Linearen, Sfimiulidien, Melodifdien fidi ausdriickf. Selbffverffandlidi iff das Prinzip
der Harmonik nidif als foldies abgefdiafff. Nur iff dem homophonen Zufammen das
polyphone Nebeneinander iibergeordnef. Wir konnen fehr wohl Fanafiker des Klangs
fein, aber wir werden ihn immer als eine fekundare Sadie befradifen. Die iiberfriebene
Beadifung, die der verfloffene Sfil dem rein Harmonifdien zuwendefe, iff uns fremd.
Audi unfre Einffellung zum Zufammenklang an fidi iff ganz wefcnflidi verfdiieden von
der jener Epodien. Die Begriffe von Konfonanz und Diffonanz find im alfen Sinne
abgeffreiff und widien einem ffarkeren Unferfdieidungsvermogen zwifdien Farbe und
Zeidmung. Man warf uns vor unfre Mufik fei anardiifdi. Dem iff nur enfgegenzufefcen,
dap" wir im Gegenfeil die elemenfaren mufikalifdien Gelegenheifen in den Vordergrund
ffellen, indem wir radikal den Sinn der Mufik neu durdidenken und da Fundamenfe
ffafuieren, wo die alfere Theorie zum Teil nur willkurlidie Ableifungen gab. Im Tiefffen
iff unfre Mufik gefef3ma{3iger als jene, aber die Gefefce find nidif nur andre, fie gehen
von ganz anderen Sfandpunkfen aus und behandeln Dinge, die die alfe Auffaffung als
nebenfadilidie befradifefe. Auj3erdem find fie, vorlaufig wenigffens, rem geifhge.
Formulieren laj3f fidi erff, was faufendfadi fdion erprobf ward. Und indem es zur
Formel wird, bu^f es fdion durdi diefe Fefflegung in dem Mape an Vifalifaf ein, in
dem die Fefflegung apodikfifdi gefdiiehf.
Idi kann nidif umhin zwecks groflerer Eindringlidikeif das Werden einer radikal
neuen Mufik an einem Beifpiel zu illuffrieren. Als fypifdi wahle idi das Klavier-
ttflft Op a I von Schonberg. Idi biffe zu beadifen, wie fidi hier aus dem kurzen
Thema Beifpiel I am Sdilu)3> jeder Takf des Sfu&es logifdi enfwidielf W,e dem
ShSna S Phrale: ab, ab, auf, ab, gleidi, ab die kleine Variafion mi der SdUujJ.
^un^anlworfef, beeinflugf durdi die widerfprediende Anabafis der dnffen Shmme.
Wie kaum if? dies erreidtf, ein erregfes Gewirr anhebf, wie aus emem viHonarem
maaeoSSlang fidi Teile des erffen Themas heben, wie dies fidi zu mamfefheren
»„*S konffaDunkufdi im Bap" wiederkehrf, woauf die anffeigende Tonreihe des vier en
'^^S^wSbi prallf, wie eine Sfufung aus der andern erwadiff wie kerne
lakts umgeKenri uaycy . * aefdirieben iff. Wer da einwirff, dies ei
Nofe^willk^di Oder a»Efr f^^ Q ^7UiLes nafurlidi Sadie der Ein-
££ "l)l3e M^k as ^rf hinffellen, he*f die innere Nofwendigkeif ihrer
ffellung, Die )e - M W a * "» M ^ aber iff wo hl fahig, innerhalb konffruierfer
Form ignoneren Der WiUe zur ™adi£ aper ] produzieren, nidif aber felbff durdi
Qefefce und bef ehend ^°^J^^ ^J^n. ,Das Sdionbergs Klavierffiick
{eine Produkfe erne logifdi J^^ 6 ^^ wiUens iff zu fehen. Es iff felbff.
dies fuf, ton f er ^^^* h ^eln^n^esEindringen erfordern, a priori zu
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H-
Bachfchen Themas (efwa das des IL Beifpiels) beffehf, idi bin Jicher, er wurde Jagen:
eben in dem Organifchen, Sdionen, Nofwendigen, und Jo nadi bekannfem Muffer die
Armuf mif der pauvrefe begriinden.
Vielleichf Wurde er mir analyfi/di kommen, diefe Senkung aus jener Anabafis er-
klaren, jenes b aus diefem Kreuz. Aber das ware ja fdilie)31idi dasfelbe, Was idi bei
dem Schonberg-Sfiid* apoffrophierfe. Eine fonale Inferprefafion iff nun gerade bei
diefem Thema, befonders in Takf I. und II. vollig unangebradif und fo hebf alles, was
mir erwiderf wird fich auf gegen Dinge, bei deren Feffffellung mir die Priorifaf zu-
kornmf. Deshalb riskiere idi fogar den Vergleich der beiden Themen. Der augen-
falligj'fe Unferfchied liegf Jdieinbar im Quanfifafiven. Badis Melodie iff, obwohl nur
Ausfchniff, weifer, gefprachiger, langafmiger. Indeffen, hier iff nur wichfig, was aus-
gedruckf wird. Und das Wefen der neuen Melodie liegf in ihrer Aphoriffik. Alles iff
gedrangf, aufs Auj3erffe komprimierf; Modulafionen, zu denen man damals zehn-
fakfige Chromafismen benofigf haffe, erledigf hier ein afonaler Sprung, und, was das
Wichfigffe bei der Sadie iff: das Dazwifchenliegende, Ausgelaffene wirkf als Spannung
von Ton zu Gegenfon mif, fo daj3 eine Forffchreifung die Arbeif von komplizierfen
Kadenzen leiffef. Dazu kommf, dag die mofivifdien Teile der Perioden und diefe
felbff unfereinander der „fhemafifchen" Verbindung nidif bediirfen, fondern glaff neben-
einander gereihf find, da)3 fo Cafuren im herkommlichen Sinn nichf als folche wirken,
da faffadilich die Melodie unendlich iff. Schliej31ich begann man die melodifdien
Moglichkeifen der Paufe zu enfdecken, die als gelegenflidie Unferbrechung (nidif Zer-
Jforung) des linearen Fluffes Spannungen und Enffpannungen friiher unbekannfer Arf
vermiffeln kann. Das alles wirkf ineinander, ffeigerf fidi und hilff fo melodifdie Einheif
von weif grp)3erer Spannkraff produzieren, als fie jene Generafionen zuffande ge-
bradif haffen. Der Unferfdiied liegf im Ausdruck. Die Melodik des fiebzehnfen Jahr-
hunderfs iff exfenfiv, die unfre infenfiv. Jene iff epifch, diefe epigrammafifdi, Auf jeden
Fall haben wir heuf wieder Melodie, ein Fakfum, das juff der umfangreidie Kliingel
der Rti&fdiriffler mif Nadidruck zu leugnen fich miihf,
Man verfudie gefalligff die ernfflidie Analyfe neuer exfremer Mufik auf ihre
Org^nik hin.
t?»;iff tfipjmt glfagttgm
336
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Das Worfmufikalifche und die neue Didifung
Von Alfred Wolfenffein.
Mufik iff die uf op if die Kunff jedes Menfdien.
An das Wort an das gleidie Worf hangen fidi die Didifung und das Leben. Aber
das find beides fouverane Herren — : was gefchiehf mif dem Worf, das beiden dienen
will? Das Dafein keffef es an die Sachen. Das Dafein drangf es fo weif wie moglidi
zu feinen Zwecken ab und iiberhauff es mif feinen prakfifdien Bedeufungen. In Nof-
wehr dagegen und in Selbffbejinhung fiir das Worf Judif die Didifung es zum enf-
gegengefe&fen Pole hin zu ziehn. Diefe Auflehnung zeigf fidi periodenhaff um fo enf-
Jdiiedener, je weifer die Herrfdiaff der Zwecke fiber das Worf fidi ausdehnf.
Aber in der lefjfen Epodie, unferem zweifen Jahrzehnf, gefdiiehf das Gegenfeil.
Als die Spradie des Zeifverkehrs am rnadifigffen geworden iff, verbindef fidi ihr das
Gedidif. Es nimmf ihren Sfrom in feinen frifdien auf. Es will, mif ihr an der gleidien
Sfelle miindend, aus beiden Waffern das Meer einer neuen Gemeinfamkeif geffalfen.
So befonf fie — Leben; nidif das reale dock vifales Sein; befonf mehr als den Sfolz
der Kunff das Elemenf der Lebendigkeif, lieber als die Form die Bewegung —
Mufik nichf will idi madien fondern fdireifen
Und zeigen meine Sdiriffe,
Mufik nidif gibf das harf geballfe Reifen
Der Heere von Seelen, die Jfreifen
Um meine Miffel*)
Mif diefer Enfwiddung ffeigerf fidi nodi jene Problemafik des Worfes, - fein
Doppelleben - fein Zwiefpalf. Warum nidif eine Periode vorhergegangen, die mif
vollkommenffer Didifung den Gegenfafc fdion aufgehoben haffe, eine Kunff der Reffung
und Errieuerung des Worfes? Ihr Gedidif haffe fidi bewahrend der Zeif gegenuber-
geffellf; es ffellfe fidi vor die Spradie. In ausdriiddidier Ablehnung und Erhebung
George; in miffelbarer Wendung zu fidi Rilke; in gerader Enfruckfheif Momberf. Und
die bedeufefe nidif parnaffifdie Impafibilife: Hinfer dem Furfidifein ffehf verbindende
Liebe George verkiindef in der Sdionheif feiner Menfdifdiar erinnernd den Glanz des
Menfdifums iiberhaupf. Rilke didifef in der Sdionheif des Einfamen den Glanz des
Sidifbarwerdens feiner Didifung bei den Menfdien. Momberf fingf in der Sdionheif
des Welfafhers den Glanz der Erdenfdiopferkraff des Menfdien. Sie fdiaffen neuen
Abffand des Worfes/ zum Zwifdienraum madien fie den Flup" der Realifaf, - und ver-
wandeln Sinn und Klang des Worfes wieder zur rtflofen Brudie, darauf das Gedidif
von ihrer Seele bis zum Menfdien gehf. .„_,->
Was ijf das Worf? was iff es geworden? Am Anfang war es nidif; warder
Sdirei. Er war nodi finnlos in der Wuffe - oder das Elemenfare feines Laufes, der
"^AiTs einetn Qedichte von mir; das nSchste Zitat aus einem Gedichte von Werfel, das dritte von Becher.
. '337
rings wieder die Elemenfe wecfefe, haffe an fich Sinn genug. Sei f diefe unbewupfe
Mifchung fidi feilfe: in Mufik und in Spradie, - blieb Mufik der Wuffe nodi immer
nahe Das Wort aber wurde wie ein zahmbareres Tier vom Leben geholf, angepajM
und 'immer nufjlicher gemadif. Der Mufikfon, die Farbe der Malerei haben audi
auj3erhalb eines Ganzen ihren unabhangigen Werf. Aber der Lauf des Worfes: hat
der ein An-fich, welches iff jeine felbffandige Wirkungsarf? Novalis fpndif von der
Moglidikeif, Worfe nur aus Affoziafionen zu vereinigen. „Gedidife, die bloj3 wohi-
klingend und voll fchoner Worfe find/ aber audi ohne alien Sinn und Zufammenhang.^
Verlaine im Verlangen nadi Mufik: „ . . . que fu n'ailles point choifir tes mots , . ,
* Doch klingt „Sfern" - Stern? Zwingf uns der Jinnlidie Gehalf eines Wortes mif irgend
einer Abfolufheif? Im Sdirei haffe der Klang, Weil er zugleich der ganze Sinn — weil
der Sinn die Sinnlichkeif war, einen eigenen Werf. In heufiger Spradie aber deufef
der Klang nidif mehr unmiffelbar auf die Bedeufung, er verfinnlidif nidif felbff den
Sinn. Die beiden Seifen de&en fidi nidif mehr. der Worflauf deufef von fidi hinweg
auf das Leben, auf unfer Zufammenleben, auf unfer Erlebnis, — erff hieriiber gehf der
Weg der Wprfwirkung. Beim Eindrud? eines Worflaufs auf uns wirkf mehr als Vokale
und Konfonanfen unfere affekfbeladene Erinnerung mif. An jedes Wort binden uns
Erlebniffe - und nadi ihnen klingf es. Das Laufende des Worfes gleichf jefjf einem
faff willkiirlidi gefOrmfen Gefafr das wir von anderen erhielfen. (Es anderf fidi zwar
mif der Zeif audi der Lauf, aber weif fduieller der Sinn.) Es iff ein Gefa£ fur die
Erinnerung, fur die Beziehungen, die wir hineinfun. So bemerken wir den Klang
mehr bei unferm HineinWerfen des Sinns und Jeinem weifer darin Hallen. Die Ver-
wendung oder die Geffalfung des Worfes, feine Beziehung auf Leben oder Werk, die
* Akfivifaf feines Begriffes zu feiner Form hin: gibf ihm erff voile Wirklidikeif.
Darum iff es zwar nidif ridifig, das Wort nur als ein leblofes Zeidien und ganz
unbeffimmfen Durdigangsortanzufehen. Es iff nidif ridifig, was mandier inmilfen des
weifgewordenen Abffands zwifdien urfpritnglicher und gegenwarfiger Spradie allzu
I-):. zweifelnd meinf: als feien wohl Gedanke, Mefapher, aber nidif das Wort im gleidien
: Grade wie der Ton fur die Mufik oder die Farbe fur die Malerei das Miffel fur die
Dichfung. Das Wort iff kein zufalliges Material, kein Wefenlofes Geraufch. Aber
dennodi das Mufikhaffe bildef fidi in der Didifung weniger vom Ton her, der die Be-
deufung begleifef, als von derFormung der Zeifkafegorie in der Spradie: Rhyfhmifierung
des Sinns, Bewegung und Teilung des Gedidifsganzen, Reimwiederhebens und Versmaj3.
Das iff die Mufik der Lyrik, die keine Mufik des Worflaufs iff.
Auf diefer Seife horen wir Georges, Rilkes, Momberfs Gedichf. Denn ihre Abkehr
von der Zeif der mif Zweck iiberfiillfen Zivilifafionsfpradie — muj3fe eine Hinkehr zur
!;■.'■■■■' Seife des Mufikhaffen fein. George fchafff durch die gedrangfe Folge dennodi ffark fur
fidi ffehender Worfe und durch den Zufammenhang dennodi arienhaff in fich ab-
H^ gefchioffener Gtedidife, durch die breife Begleifung der Reime und die vokallauf daraus
i ^; fidi befreiende Melodie des Verfes: eine forffuhrerhaffe und zugleith fefflidi bewegfe
Mufik* Rilke iff bewuj3feffes Lied. Volkslied eines, der es fur fidi fingf, — in den Quell
feines eigenen Klanges greifend Je&f er darin, wie ein felffamer Mifdier voa Nafur
und Kunff, gewifferma^en die Sfeine im Riefeln zu immer anderem Erklingen urn, ein
Spieler auf diefem Quell; fein Worf fudif mif nie fatter Wiederkehr in Reim und Vers
" : Jidi auf, und b e wirkf Jq, und fynkopifdi das Unbefonfe befonend, eine geiffige und fu£e
ifefik* Momberf phantafierl in Verfen gleich feineri Welfgedanken, ohne Anfang und
Eride^ jhre reinen und fchnellen Sdiwingungen refoiiieren von keinem kleineren Raum
::":^';x : ^al^^ ■ ;. * -W :
Iff der Gewinn dieter Didifung nidif auflerhalb der jiingeren geblieben? Haf die
neue Wendung nidif Verraf an den Qrundlagen der Kunff geiibt? Es war wie manther
Verraf Liebe. Aus den eigenen Reihen kommen die beffen Aufruhrer und wenden fidi
um der Anderen willen gegen die eigenen Reihen. Jede diffanzierende Periode konnfe
nidif die einzige bleiben, die nofwendig war. Das Wort warfefe nodi immer, es wollfe
nidif allein erhohf fondern erloff fein. Die Form war vollendef nun follte fie fidi
wieder drangeben; - feilnehmen am Sdiickfal der Inhalfe, die zur Hingabe an das
neue Leben drangfen. Die Zeif war gekommen, dap" die Kunff ans Kreuz mu^fe. Bis
ihr Innerffes hinein und bis in ihre FormmiffeL
Audi zuvor fdion enfhalf die Didifung die Dinge des neuen Lebenszufammenhangs.
Aber fie biidert, wie bei Dehmel, den Sfoff, die Handlung des Gedidifs, alfo das was
darin am wenigffen Gedidif iff. Die Form madif in banaler konvenfioneller Unberiihrf-
heif nur das Werkzeug der inhalflidien Wirkung. Das aber iff die Sendung der Kunff
nidif. Jene diffanzierende Didifung verfieff zwar den Klang, madif den Klang zu ihrem
neuen Sinn — : Aber die jiingere Didifung fiihlf die Spradie danadi durffen, daj3 ihr
neuer Sinn zum Klang gemadif werde! Das war der am Rande diefer Zivilifafion
nidif mehr zuriicfczudrangende Sprung in den Grund, die wagende Sehnfudif hin zu
den furdiferlich angefdiwollenen Sdilangen der Zwechbedeufungen im Worf, — um fie
zu wandeln. Ungeborene Schopfung fdirie, wie in einer nafurlichen Paufe, wie ver-
langend nadi einer anderen Sfellung des Schaffens zum Leben. Furdtf gliff unfidifbar,
als fei die Spannung zwifdien dem Gipfelffand hoher Didifung — und der immer ge-
biickfer Nahrung fudienden Spradie kaum mehr zu erfragen. Aber die Nofwendigkeif
der Erlofung des Worfes, der mechanijierfen elekfrifierfen, ufilifierfen Spradie, war eins
mif der Nofwendigkeif der Seelenerlofung uberhaupt Der neue Didifer, der einen
neuen Zufammenhang des Lebens geffalferifdi fiihlf e, hob aus der felben Hingeriffenhe^,
im felben didiferifdien Flu)3 zugleidi die Grenzen innerhalb der eigenen Kunff auf.
Inhalf und Miff el f einer Kunff fdiwangen in gleidier Bewegung. Nidif anders war das
Leben (das Worf iff Leben) zu be waif igen; es konnfe nidif umgangen, es mu^fe durdv
fchriffen werden.
Diefer Kampf verwandelf das Worf wieder in Ruf. Das iff nidif das Ungeffalfefe
und nidif die Manier der Miflaufer, die in diefer Bewegung vielhe&end wie niemals
zuvof fidi kreuzfen mif der Zeif, nidif fidi kreuzigfen — : Aber der Sdirei uberwog im
Worf als ein unmiffelbarer Anfeil des Lebendigen im Didifer. Nidif der objekfiv ge-
feftigfe fondern der vifale Ausdrud*/ er fdiriff ijn Gedichfe hin wie der Menfdi im Leben.
Das Worf war die Geffalf, die Sfirn, der Mund, es war nodi mehr als feine Didifung
der Didifer felbff. Das hallende Auffrefen des jungen Gegenfafces, des Gefuhles von
der eigenen polaren Sendung 1 Und das Rufende darin hob audi den urfpriinglidien
Klanganfeif erneuf aus dem Worfe, - als ffehe es wieder am Wiiffenanfang (- auf
anderer Ebene, geffeigerf audi von jener alferen Didifung) Nidif Polifik, - Mufikl dodi
in* ihr aufgoldlf felbff foldie realffe Bewegungsarf. Selbff die ffaaflidiffe Ordnung der
Spradie, felbff die eitdlofe Relafivifaf und Beziehungsfulle der Zeif in die Abfolufheif
diefes, Spradirhythmus und Spradilaufes verwandelnd aufnehmen! das war die neue
Triumphfehnfudit der Kunff, - die eins war mif der Umfaffungsfehnfudit ihrer Inhalfe -
, O Herr, zerreifte midil
Was foil dies dumpfe, klaglidie Geniepen?
Idi bin nidif werf, da£ deine Wundeh fliePen.
'..','■: >■-.'.■'.::■ ' ''■.'■■■.."■ : '.'... i ..^'';..- : v :i .^ jB^epctadLe -anidt'-iiiit-.Marfeiijn,-
- Idj will den tod der ganzen Welf einfdiUe^ea
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Bis daj3 idi erff in jedem Lumpen ffarb,
In jeder Ka& und jedem Gaul verreckfe,
Und ein Soldaf im Wuffendurff verdarb,
Bis, graufer Sunder idi das Sakramenf weh auf der Zunge Jdime&fe,
Bis idi den aufgefreffnen Leib aus bifferm Beffe ffreckfe,
Nadi der Geffalf, die idi verhohnf umwarbl
Das erneuerfe Wort iff nidif Erneuerung genug. Gerade wenn das frifche Ver-
langen fidi ihm naherf, zeigf es die Grenzen feiner Kraft. Diefe Generation haf wie
nur irgend eine die Erfdiiifferung audi der Spradie, den Zweifel am Worfe erlebf,
Sie Jah feine Ohnmadif, — nidif im Verhalfnis zur Wirkung fondern im Verhalfnis zum
eigenen Durff nach dem vollen Ausdrud*. Sie fah, wie fidi die AujSerung mif dem
Gefiihl des erlebenden Innern nidif vergleidien laj3f. Der biffere Reff madif am Wege
der Kunff verzweifeln. Dodi in der Tiefe iff es VerzWeiflung an der Verwirklichung
des gemeinfamen Lebens iiberhaupf. Und da zeigf es fidi, da£ diefe Anfinomie fur
unfere die Gemeinfamkeif fingende Kunff — wiederum zu einem Ton wird. Sie findef
die Lofung des Unlosbaren in Jich felbff. Die Klage iiber Worflofigkeif: iff Worf. Den
drohenden Triumph des Sdiweigens befiegf ein nur urn fo menfchlicherer Ton,
Das Wefen diefer Spradie verdienfe den Namen einer expreffioniffifdien Ironie.
Die romanfifdie Ironie War dichferifches Spiel mif der Welt kunffffolze Enffernung von
der Wirklidikeif und zugleidi fdieue Fludif ins Selbff, verneinendes hymnifdies Sinken
in Nachf. Diefe neue dagegen begleifef eine Spradie der Hinwendung, Bejahung,
Verwirklidiung — ; fo bleibf die lebendige Beriihrung doch Schwebenl — wie Hymne
auf den Tag dodi audi Wiffen um feine Taglidikeif — wie Liebe der Welf fingend dodi
die Welf des Singens liebend —
Sie dringen langfam heran, bald gleifen
Sie milde SfojSe auf und ab im Bluf.
Die Adern fonen, Nefj gefpannfer Saifen.
Moorfee der Cellos zwifdien Bergen ruhf.
. . Zu weidieffem Park verfdimelzen die Gefilde.
Die Armffen fdiweben bunfere Falfer dorf.
Goldhimmel fickerf durch den WoLken FUfer
Den Volkern zu..— Lang drohnender Akkord.
Mag alfo gerade die lefjfe Bewegung, die ruffelndffe Sehnfudif unferer Generafion
erweifen, da£ zwifdien Spradie und Mujik ein feffer nidif aufzuhebender Unferfdiied
walfef ; — da|3 alles Was mif Namen belegf wird, das Dunkle, im Augenblicfe der Be-
nennung feff gebannf iff und der hervorbrediende flufende Gefuhlslauf im Worfe fo-
gleich zur apollinifdien Konfur und Didife fidi Wandelf; -- mag audi Goff nur fdiwadi
im umrandefen Gedidif, ffark im Dionyfifdien der Mufik erfdieineit: — es hebf fidi ihr
dennodi mif jedem neuen Lebensfinn voll ewig neuer Anfangsluff als jeiner Ufopie
enfgegen.
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Mufikffenographie
Von William Howard
Vorausfetzung: Da wir in der Praxis der Mufik mit temperierter Stimmung arbeiten, haben
wir nicht nur ein c, cis, d, ufw. fondern vielmehr eine faft unbegrenzte, jedenfalls aber un-
beftimmte Zahl von Tonen, die wir heute im beften Falle nur mit drei oder vier Namen be-
zeichnen. Zum Beifpiel ift g auch fisis oder ases ufw. Wir tun alfo unferm Tonmaterial keinen
neuen ungewohnten Zwang an, wenn wir fQr alle ahnlichen Tone nur einen Namen, und dem
entfprechend nur ein Zeichen fetzen.
Gleich der alten Notenfchrift entnehme ich die Einteilung der Tfine dem Schema der reinen
Stimmung, und komme To zu einer zwollftufigen Tonreihe. Da die Sekunde das wichtigfte, ja
das grundlegende Intervall fttr unfere Mufik ift, fo markiere ich das kleinfte Interval! die kleine
Sekunde durch Formwechfel der Zeichen: das eine ift eckig, das andere rund. Wenn wir alfo
mit dem eckigen Zeichen anfangen, fo folgt in der ehemals chromatifch genannten Tonleiter iiach
oben und unten ein rundes Zeichen, dann wieder ein eckiges, ein rundes ufw.
Ton 1, 3, 5, 7,. 9, 11, hatte dann ein eckiges Zeichen, die geraden wiefen ein rundes
Zeichen auf. Die groBen Sekunden find danach durch gleiche Form der Zeichen Ausgezeichnet.
Ebenfo die groBen Terzen, tibermaBigen Quarten, kleinen Sexten und kieinen Septimen. Wir
bezeichnen Intervalle einfach mit der Zahl, die die zweite Note im Intervall in der Tonreihe ein-
nimmt, wenn die erfte Note des Intervalls mit eins bezeichnet wird. Es haben alfo gleichfOrmige
Zeichen Fowohl die Intervajte wie die.T5ne der yngeraden Zahlenreihe, alfo Intervall I, (reine
Primen), 3 (groBe Sekunden), 5 (groBe Terzen), 7 (UbermflBige Quarten), 9 (ObermSBige Quinten ^
kleine Sexten), 11 (kleine Septimen). UngleichfOrmige Zeichen haben dementfprechend alle Tone
und Intervalle der geradftelligen Zahlenreihe. Intervall 2 (kleine Sekunde), Interval! 4 (kleine
Terz), Intervall 6 (reine Quarte), Intervall 8 (reine Quinte), Intervall 10 (groBe Sext), Intervall 12
(groBe Septime). -
Diele Eindeutigkeit der Intervalle in ihrer biidljchen Darftellung ift ein Gewinn, der uns
unerwartet in den SchoB fiel, der wert ift, zuerft betont zu werden.
Wir kommen mit zwei Linien aus und einer Hilfslinie. Auf diefen ISBt fich eine Oktave
einzeichnen. Wir find auf diefe Weife im Stande fieben Oktaven auf demrelben Raum unter-
zubringen, auf dem die alte Notenfchrift drei einhalbe Oktave nur darzufteilen vermochte. Wir
find infolgedeffen im Stande, ohne mehr Raum zu beanfpruchen als die alte Partitur jedem
Inftrument bhne Schluffelwechfel oder Oklavenverfetzungszeichen foviel Oktavfyffeme, alfo Doppel-
liniert in die Partitur zu malen als es fUr feinen % ganzen. Umiang braucht Durch gewiffe
Gruppierungen konnen wir filr gewiffe Inftrumente refp. Inftrumentgruppeft charakteriftifche Syltem-
bilder fchaffen, die den Uberblick der Partitur wefentlich erleichtern.
Meine Hilfslinie aber, alfo eine nur bei Notenbedarf als kurzer Strich markierte, fonft abet
nicht aezeichnete, nur gedachte Linie war notwendig, urn die Linienmaffe in Oruppen zu teilen.
Mehr als drei oder vier Oktaven werden durchgehend bel keinem Inflrument n5tig, und wfiren .
es fflnf fo find das erft zehn Linien. Diefe find aber in ebenfo viele deutlich unterfcheidbare
Linienpaare geteilt. Das ift wie das Bild ergeben wird unter alien Umftanden ein Vorzug gegen das
alte Notenryftem, fo daB wir auch hierin den Forderungen, die an eine Stenographic geftellt
werden mUffen, gerecht werden. Werden, wie bei der Orgel wirkiich fieben und mehr Oktaven
erforderlich fo werden die nOtigen Syfteme eines fechften, fiebenten Linienpaares itets nur takt-
weife einge'zeichnet (niemals nur notenweife); es darf nie das Geftihi von Hilfslinien^aufkommen.
Unter alien Umftanden muB ein Zweilinienfyftem, das nur ftreckenweife gebraucht wird als
folches kenntlich fern Dazu jfr es n5tig ? daB ftets bdde Linien gezeichnet werden und d^B
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die beiden Linien to lang find, da8 man fie unfehlbar von der Hilfslinie unterfcheidet, Wird das
befolgt, fo wird auch in folchem Falle die Hilfslinie nicht mitgezeichnei, wenn kein Ton fUr fie
vorhanden ift.
Jeder Ton fteht immer an der gleichen Stelle im Syftem. Man rechne fich aucb hier aus,
wie verfchieden jeder Ton nach dem alten Syftem ausfehen kann, fowohl in Hinficht auf die en-
harmonifche Verwechflung, wie die Oktavenlage; beides Faktoren, die fQr uns wegf alien.
Die einzige Schwierigkeit, die in unferm Syftem nicht ganz geloft ift, befteht in der Feft-
ftellung durch das Auge, welche Oktave im einzelnen Fall gemeint ift. Immerhin konnen wir
wenigstens in einzelnen Fallen durch Syftemgruppierungen doch groBere Klarheit fchaffen als fie
im alten Partiturbild moglich war. Wir find alfo auch hier felbft am fchwachen Punkte des
Syftems immer noch dem alten Elflinien-Syftem tiberlegen.
Zwifchen den beiden Linien fteht als runde Note die TonhShe, die man c genannt hat.
Es gefchah das mit Abficht, weil die meiften Inftrumente und menfchlichen Stimmlagen ihre
Grenzen viel 5fter urn g herum finden als urn c, fo daB ein einziges Z'weilinienfyftem in fehr viel
Fallen ausreicht, um eine Stimm6 darauf darftellen zu k5nnen und bei Wiedefholung des
Syftems refp, . bei mehreren Oktaven meine Hilfslinie die natUrliche Grenze des Umfangs
bilden wird.
Bevor ich ein Beifpiel zur naheren Einfiihrung anftthre, bemerke ich noch, daB ich alien
Wert darauf lege, daB wir auf Tonnamen verzichten lernen. Die Oberhandnahme der „wiffen-
fchaftlichen Mufik" und des Kitfches kommt zuvOrderft davon, daB die Menfchen beffer mit
Notennamen umzugehen wiffen als mit dem was fie vertreten, den Tonhohen. Unfere Mufik-
pSdagogik appellierte eben mehr an Begriffsbeftimmungen als an Einleben in die Mufik. Es ilt
fchon fchlimm genug, daB wir gezwungen find, die. Klanghohen einerfeits in Griffe, andererfeits
in Notenbilder* umzufetzen. Wir mflffen die vierte Darftellungsart in Notennamen in Aikunft
vermeiden. Nur fo zwingen wir die Lernenden zur Konzentration auf das innere Gehor, und
halten uns die kraffen Theoretiker vom Leibe, die die Formen um ihrer felbft willen betrachten
lehren.- ,
Im Befitze einer Mufikftenographie k5nnen wir auch die Efelsbriicke einer Benennung der
T6ne entbehren. Ich wende fie hier und kiinftig nur an, um mich der Zeit verftandlich zu
machen. Nennen wir die Tonhohen mit einem Namen*), fo fchaffen wir eine Verbindung mit
de?n Intellekt, merken wir fie uns an den Griffen und Notenbifdern, fo haben wir nur eine
finnlich faBbare Sttitze, die uns wie alles finnlich faBbare und intellektuell unfaBbare zur gefUhls-
'.'rn.aBig.en Ausdeutung zwingt. Wir lernen, ob wir es wollen oder nicht, ob wir viel oder wehig
Begabung dafiir haben, die tonhohen mit Empfindungswerten affoziieren, oder genauer gefagt,
die jeder TonhOhe eigene feelifche Bedeutung mit alien ihr moglichen Varianten erkennen. Der
Intellekt ift doch das Kamickel, das ^ns immer wieder yerleiten will, die Sinneseindrttcke um
ihrer felbft willen zu neltmein (was an fich eigentlich ein Nonfens ift, denn wir kommen ja
ttberhaupt nur zum Bewufltlein von Sinnesreizen, wenn Be in unferem lnne*n etwas auslOfen.
Es gibt gar fceinen finiilpjfen Sinnesreiz, das ift der wahre Sinn des pfychologifchen Parallelismus).
^ nur, ein auf der Spitze ftehendes
Viereck fern (in der . Haiidlchrift mag fich das variieren, wenn es nur deutlich eine eckige Note
;/ *-Es mag als zit rigoros erscheinen, jeglkhen Notennamen zu verwerfen, es gifrt aber nur einen Grund eeeen
un ^ r ? A«ffassu.Dg und xias ist die Notwendigkeit, im Grchester i, B. einen gewissen Ton ohne Einsicht in das Noten*
material festzusteilen. kh empfehk, sich meiner asketischen Anschauung ahzuschlieBen und sicb damit zu beeniuW
dafi tn^i stagt: rund (oder eckig) zwischen den Onien (das ware ees i.=fc h und c). Eckig oder rund auf der tmteren
H!^I^d^^ b) ' ^rfr^S rund .auf der qberen Linie (cis M des oder d). Eckig oder rund unter den
Lunea te : odergisv^ as). Ecktg oder nmd ilber den Linien (dis ^ es toiler e). Auf der Hifeinie edcfe cKier rund
(cts == i <*aer lis =c ge§); ".".■./■.".■.,■.'■;■■.; ....... ,v ':;-%//^fe;^
- fcl'' &
bleibt), fondern ihre Seiten fallen nach innen gewolbt fein, was vor allem die volien, die
fchwarzen Notenkopfe deutlicher von ihren runden BrUdern unterfcheidet. Man fehe das hier
folgende Beifpiel Nr. 1.
eckige Note <^> |V* /■> *
ufw.
runde Note wie ehemals ^ P f J (j
Beifpiel
^=^
y o » o
ty (MA
r
-^---.e-
AtSL
O e>
£<4 <L&
d^
&> ev> 4«
Die /Aveilinirm»ystain« wttrdmi
sowoit. si« i'Or Bin JnHl-rumonb
gubrauoht \viirdt<n inuner mir
sowmt atiMeiiiamlorgenickt, dali
riio with* Hilfslinio iin (ieiste
kann. Also nui h tf
waiter ills dio
Linhm in nis
Ein bedeutender Obelftand im beftehenden Notentyftem ift die Verfchiedenheit der Bilder
in den vertchiedenen Oktaven, ohne daB eine unabanderliche RegelmaBigkeit beftande, die ein
beltimmtes Bild .unter alien Umftanden als einer gewiffen Oktavlage angehOrig gekennzeichnet
hatte. Man verfuchte zu alien Zeiten gerade dem letztgenannten Obelftand abzuhelfen, audi ich
habe es als Knabe fchon verfucht, indem ich die C-Schlilffel durch Auslaffung der c-Linie als
Ausfchnitt aus dem Doppelfyftem des Ba8- und ViolinfchlUffels charakterifierte. Eine Erleichterung,
die jedem diefer beiden SchlQHel allein ermoglicht hatte, jeden c-Schliiffel vom Blatt zu lefen.
Was wiederum die EinfUhrung der c-Schluffel filr die Tenore, die Altinftrumente und die ganz
unnotigerweife transponierenden Inftrumente erlaubt hatte. Man unterfchatzt aber eben in den
Kreifen der fertig Ausgebildeten die Kraftverfchwendung, die in unlogifchen MaBnahmen liegt,
und will nicht zugeben, daB nicht nur die Fachmuhker unendlich viel Zeit zur Erlernung grOBerer
Gefchicklichkeit gewinnen wiirden, fondern auch die Laien weniger bei den PrSliminarien der
Mufik aufgehalten und lo der Kunft naher gefQhrt werden kOnnten, Im beftehenden Notenfyftem
lafit rich reftlos eine Charakterifierung der Oktaven durch beftimmte eindeutige Bilder nicht
herbeifiihren. Mein SchlUffelvorfchlag ift das AuBerfte was annahernd gewonnen werden kann.
Ich habe fUnf oder mehr Notenfylteme erfunden, bei k'einem {ft es mir gelungen. «
So fand ich als einzigen Ausweg nur den, auf eine bildliche Charakterifierung der Oktav-
lagen Qberhaupt zu verzichten, und dafDr die Einheit des Bildes far alle Oktavlagen ja fur alle
T5ne unter alien Umftanden anzuftreben , . Auch ich habe einmal unabhangig von Bufom und
dem Rapidverlag die Taltatur des Klaviers als Grundlage der Notenfchrift nehmen wollen. Nur
Itellte ich die' Linien fenkrecht, fodaB die neuen Notenblatter von oben nach unten zu lefen
gewefen waren, was viele Vorteile hat. Doch das find alles keine w.rkhchen Verbefferungen,
und fo bin ich bei dem Zweilinienfyftem gelandet.
Befitzt diefes keinen Anhaltspunkt, an dem man die Oktavlage erkennen. konnte we che
gemeint ift, fo fehlt ihm dafUr die ungeheuer verwirrende UngleichmaB.gke.t der B.ldemdrucke;
imH (\™ i«at ein earnicht hoch genug einzufchatzender Vorteil.
1 I ■ Zeilen koLn wir du,ch eine ZiHer anzeigen, welche Okzave m den
Linie gemeto ill. Da alle anderen Vozzeichen wegfallen, to ill das ke.ne Erlch»er„,s W
b Z h e^die mittellte Oklave und zwax das e, das zwlfehen den bei en L,„,e, , a , n,nde |N£
,,„„, rait einem lenkrechten Stricb, der in einem Kreis e.ngetchlolfen ill Es toll damn gelagt
SStaT-S^ die als N, i und zugteich als N,. I an £**«*« , denn ^ nach .ben
folgen nun die arabitchen und nach unten die : lateimfchen Z.Hern 2, It, 3, 111, 4, IV,^5, V als
■rSSf- ! e V ; subcon Jc und O^;- £-££1.^ S
linienfyftem liegende (e.nz.ge H) M®™*™"^™^^^ Stimme aber notwendig
linien markiert wurden , fedes wegen Erwe terung des umiang^ ^^ weeen notig
werdende weitere Zwe.linienfyrtem in mindeftens dre.facher Lange als es der IHoten wegen notig
r^iitPi-- : ."$
ishk
if »
^, >"**-
m
lit, gezeichnet wird (niemals nur eine Linie allein), to ift immer deutlich markiert, wo wir es
mit Hilfslinie in oder mit dem Syftem zu tun haben, alio einer neuen Oktave.
Die Oktaven werden in Diskant-, Alt- und BaBoktaven geteilt. Die eingeftrichene Oktave refp
das c mit den darilberliegenden 11 Noten ift die Altoktave = CD- Die zweigeftrichene: die
Diskant 2, die kleine Oktave: die BaB II ufw. Damit waren alle notigen Mittel gegeben, urn
fich Uber die Mufikftenographie verftSndigen zu kOnnen.
Jetzt haben alle Inftrumente dasfelbe Notenbild; es ift nur die Aufmerkfamkeit zu erziehen,
daB man auf die Oktave achtet.
Transpofitionen werden unnotig. Das ift ein ungeheurer Vorteil. Die bisher transponierend^n
Inftrumente haben nur die Eigentamlichkeit, daB die ihnen eigene Grundtonart vor dem Syftem
angezeigt wird. Z. B. Klar. in 21 Horn in ^, kl. FlBte in 37. Es wird dadurch die Schwierig-
keit, an denen die Inftrumente mit fchwierigen und unausfUhrbaren Tonarten leiden, auf die be-
treffenden Mufiker felbft gefchoben, wahrend das Notenbild allgemein verftandlich bleibt, es ift
ja auch fur alle da. Das einzelne Inftrument muB fttr die fpezielle Anwendung forgen. Es ift
ungerecht, die Schwierigkeiten der Inftrumente auf das der Mufik im allgemeinen gehorige zu
Ubertragen. Die Griffe find Angelegenheit der Inftrumentaliften, in das Notenbild gehoren fie
und ihre Begleiterfcheinungen nicht. Der Inftrumentalift wird reich daftir entfchadigt, denn er
nimmt an der gewonnenen Klarheit der Gefamtdarftellung der Mufik teil.
Man nehme nun nicht an, daB mit der Verfchmelzung von Kreuz- und Betonarten und -tonen
(Tonarten gibt es ja eigentlich garnicht) der Mufik irgend Gewalt angetan worden ware, die auf
die Wahl der transponierenden Inftrumente (ein Name, der garnicht die Sache bezeichnet, die
gemeint ift, eher k5nnte man fagen, die Inftrumente mit wenig Tonarten 0. a.) einen nachteiligen
EinfluB ausUben kdnnte. Je naeh den vorkommenden TOnen und vor allem Tonbewegungen
wird der Inftrumentierende zu entfcheiden haben ob ein S oder ein @ Kornett, eine S oder
eine ^ FlOte anzuwenden ift.
Die meiften Inftrumente haben etwa 3V2 Oktaven Umfang. Es werden alfo fUr fie drei
Zweilinienfyfteme genllgen. Uberfchreitungen diefer konnen fowohl durch Oktavverfetzung das
bekannte 8va ...... u. 8va wie durch ftreckenweife Andeutung der nachften Oktave
dargeftellt werden. In manchen Fallen werden felbft bei Inftrumenten mit an fich groBem Umfang
zwei Syfteme ausreichen. Durch diefe teils fich als feftftehend herausfchalenden Gruppierungen,
teils durch wechfelnde von Stuck zu Stuck, wird das Partiturbild viel charakteriftifcher in Ab-
fchnitte eingeteilt als es bei dem beftehenden der Fall war und fein kann. Man wird z. B. dem
Cello unbedingt mehr Syfteme zugeftehen, als es bei der Bratfche der Fall ift. Der KontrabaB
wird fich mit feinem geringen Umfang deutlich unterfcheiden vom Cellopart. Die Horner werden
mehr Syfteme beanfpruchen als die Trompeteri; die Schlaginftrumente werden fich auBerft
charakteriftifch durch ein einziges Syftem herausheben . . Wir mochten das nur andeuten, es
wird fich mit der Zeit ganz von allein herausftellen, welche Inftrumente gleichbleibend ihr
Gruppierungsbild erhalten, und wie diefe fich geftalten.
Der geringe Raum, den unfere Stenographie einnimmt, macht es wtlnfchenswert unnotige
/Oktavverfetzungen, die an alte SchlUffelwechfel erinnern, zu vermeiden. Wir find fttr Oktav-
verfetzungen, wo befonders hohe oder tiefe Noten ausnahmsweife vorkommen. Die able
Manier z. B. beim Cello zwifchen BaB, Tenor, Alt und Violinlchltiffel hinundherzufpringen, dUrfen
wir nicht mit herQbernehipen. Wir kftnnen es uns leiften umfangreichen Inftrumenten eine umfang-
reiche Syftemgruppe zuzugeftehen. Wir halten es dem Zweck der Mufikftenographie widerftreitend,
wollte man ein einziges Zweilinienfyftem etwa nehmen, und fortwahrend durch Vorfetzung einer
anderen Ziffer Oktavwechfel herbeifUhren. Das wiirde das Lefen ungemein erfchweren. Wir
mfllfen im pfgenteil dafflr forgen, daB der Lefer an jeder Stelle in der Partitur ficher fein kann,
diefelbe Bedeutung der Linien wiedeizufinden. Wir wUrden dadurch nicht nur die, fur die
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Kfe
344
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einzelnen Inftrumente charakteriltifchen Gruppen verlieren, die das Partiturbild ordnen helfen
fallen, wir wiirden die Notenfchrift in einem Umfang mechanifieren, der ficli rachen mtlBte, denn
dem einzelnen Inftrument muB (und damit dem Dirigenten for diefes Inftrument) das Bild der
auf- und abfteigenden Noten gefichert bleiben. Ja gerade in unterer Stenographic ift das
wichtiger als in der alten Notenfchrift Weil das Bild hier einfacher ift, muB es wahrheits-
getreuer fein foweit das irgend m5glich ift.
Unfere Stenographic predigt durch die Bildergleichheit aller Oktaven audi vernehmlich, daB
wir nur 12 Tone*) haben und nicht mehr, daB die Moglichkeit, fie in verfchiedenen Oktaven erklingen
zu laffen, aber nur ein Mittel ift, diefe zwolf Tone in den verfchiedenften Farbungen auftreten
zu laffen. Was alfo die verfchiedenen Linienfyfteme in der Partitur tun, die Klangfarben ver>
fchiedener Tonquellen nebeneinander zur Darftellung zu bringen, das tun fie auch in dem Sinne,
als fie die Oktavfarben der immer gleichen zwolf Tone uns ins Gedachtnis rufen. Wir mtlffen
es fpateren Ausflihrungen tiberlaffen auf die bedeutenden Hinweife aufmerkfam zu machen, die
unler Notenlyltem in Bezug auf das Material unferer Tonkunft Uberhaupt enthalt. Es weift direkt
mit Fingern auf den Unterfchied zwifchen Material und Inhalt der Mufik hin, und diefem innerften
Geheimnis unferer Mufikftenographie wird fie es hauptfachlich verdanken, wenn fie einmal in
Benutzung genomrnen wird
Soil fich die Mufik weiter entwickeln, fo braucht fie ein befferes Darftellungsmittel auf dem
Papier als fie es jetzt hat. Es laBt fich nur das wenigfte fttr unfer Syftem in diefer gebotenen
KUrze fagen. Und einmal wird man garnicht mehr wiifen, warum eine Zeit durchaus darauf
beftand, Tonhohen-Nuancen durch Kreuze und Bee da^ftellen zu wollen, die doch nur vom
Mufiker innerlich ergriffen, niemals aber rechnerifch ermittelt, und auch deshalb niemals wahrheits-
getreu bezeichnet werden konnen.
* In unserer Stenographic werden die Nuancen, die zwischen Kreuzen und Been liegen, nicht dargestellt; aber
abgesehen von wenigen Fallen konnen alle vorkomrnenden Nuancen auch in der alten Notenschrift nicht dargestellt
werden. In den meisten Fallen mufite man auch da sich auf sein intuitives Feingefuhl vcrlasen, d. h. die Musik erst
in sich aufnehmen, urn dann eigentlich dort schon unabhangig von der mangelhaften Klarlieit der Notenschrift die
Nuancen anzuwenden, die man innerlich erlebt. Wie oft ergab das in der alten Notenschrift schon starke Differenzen
mit dem Notenbild. Das kann hier nicht vorkommen, jede Nuance mufi erfiihlt werden, keine wird auch nur
im entferntesten angedeutet. Das rettet die Musik den dafur Reifen und schaltet die .Nurtalente" aus. Vielleicht
ist das der grofite Vorzug unserer Stenographic.
g Meifterfaal,Mitfwodt, 29. Sept.8Uhr:
| L (moderner) Lieder- Abend
! AUce Sdiaffer- \
\ Kuznit»ky!
8 if
jj Mitw.: Felix DyA (Wav.) P
® Sdireker,- PeHx Dydt, Victor lehmann, t
j Sdierchen, Mahler, Strau^
o
^ Kart.: 10-3 M. u. St. b.B.&B.Werth^Abendk.
345
m;
w
Fiir die Verleger
Eine Erwiderung an Herrn Alfred Doblirt
Von Prof. Dr. Wilh. Alfmann.
Auch ich habe mich mitunter gewundert, wenn ich die glanzende Einrichtung und das fehr
reichhaltige Perfonal eines Verlegers Iah, und mir im Stillen, namentlich wenn diefer uber fchlechte
Gefchafte klagte, gefagt: „hier muB doch ordentlich verdient worden fein". Aber andererfeits
kenne ich eine ganze Anzafel Verleger, die in einem fehr befcheidenen Lokal, mit fehr wenig
Perfonal oder fogar nur mit einem Hausknecht fich vom frtih bis Ipat abmiihen, ihren Verlag nur
vom rein kiinftlerifchen Standpunkt aus leiten und es dabei noch nicht einmal fo weit bringen,
daB fie dem Befucher oder, fagen wir, Bittfteller eine Zigarre anbieten k5nnen. Die Mufikverleger,
die fich ein eigenes Auto halten, gehoren zu den Ausnahmen. Sie haben es ficherlich kaum
durch Auswucherungder bei ihnenfrohndenden Tonfetzer erworben; denn ich mochte hier verraten,
daB das Geld der reichften Verleger gar nicht aus Verlagsgefchaften ftammt, fondern aus einer
reichen Heirat, aus Gwndftticks-, Bergwerks- und auch aus Borfenfpekulationen.
Gerade diefer anderweitige Befitz hat es diefen Verlegern fehr oft erft ermftglicht, auch
Mufikwerke zu verlegen, bei denen fie nur Geld verlieren, nicht gewinnen konnen. Nirgends ift
wohl das Rifiko fo groB wie beim Mufikverlag. Diefer gleicht einem Lotterieunternehmen, bei
dem auf 999 Nieten 1 Gewinn kommt. Niemand vermag <mit Sicherheit vorauszufagen, ob ein
Mufikftlick einfchlSgt. Keiner tSufcht fich dabei mehr als der Komponift felbft. Fiir diefen exiftiert
auch immer nur das eine gangbare Stuck, das der Verlag von ihm fiir ein Butterbrot erworben
hat. DaB ihm fiir Opus 2—20 ein anftandiges, nicht ein bloB angemeffenes Honorar gezahlt
worden ift, daB diefe Werke aber im Laufe vieler Jahre noch nicht einmal die Koften des Drucks,
gefchweige denn fein Honorar, und die nicht unerheblichen Spefen gedeckt haben, das hindert ihn
nicht, Uber den uirgeheuren Gewinn des Verlegers an feinem einen Werke laut und offentlich zu
klagen; er glaubt auch nicht, daB diefer an feinen anderen Werken nichts verdient hat, felbft
wenn es ihm an der Hand der Bticher genau nachgewiefen wird.
Diefes MiBtrauen ift auch der Grund, weshalb die wenigften Verleger fich noch dazu ver-
ftehen wollen, Werke in Kommiffion zu nehmen oder mit. den Komponiften einen Vertrag mit
Gewinhfreteiligung, der doch m. E. der gerechtefte und — daher empfehlenswertefte ift, abzu-
TchlieBen. Wie oft'haben fie es in diefem Falle horen miiffen, daB weit mehr Exemplare gedruckt
und verkauft worden feien, als die Abrechnung nachweife. Diefer Fall mag gar nicht felten vor-
gekommen fein, aber es ift Unfinn, ihn zu verallgemeinern. Es gibt in jedem Stande Betrttger
und Bewucherer, aber warum follen dies gerade ganz im allgemeinen die Mufikverleger fein?
Nicht diefe Kapitaliften find es, die den geiftigen Arbeiter, den Komponiften urn den ihm
gebUhrenden Ertrag feiner Arbeit bringen, fondern die Notenftecher und Drucker, die fUr ihre
rein mechanifche Arbeit heute einen Stundenlohn erhatten, mit deffen vierten Teil fich der Durch-
fchnittskomponift fflr feine Arbeit k5niglich belohnt fiihlte. Ich fage: der Durchfchnittskomponift.
Diefer ift trotz der heutigen dcmokratifchen Gleichmacherei erfreuerlicherweife noch immer
nicht von <\im Anfpruch durchdrungen, daB er genau fo bezahlt werden ,muB wie fein Genie,
z.B. Richard StrauB, Die Genies aber und -auch die Modekomponiften verlangen heute Honorare,
die Verleger ihnen nur zahlen k5nnen, wenn fie die anderen Tonfetzer benachteiligen, ein fozialer
MiBTtand, der fich kaum in Zukunft wird befeitigen laHen.
-■...:-' '■{ : ■:.';, -;?ft5C"fi: weniger wird ein Mufikverlagsgefchaft fich ohne den fo viel gefchmahten Kapitalismus
betreiben laffen Gerade fflr den Mufikverlag kann das Kapitai gar nicht groB genug bemeffen
fein, wm\ $er Inhaber meift viele Jahre wartenmuB, bis fich fein Kapitai nur einigermaBen verzinfty
So maiich^r junge opferfreudige Verleger hat fchon im zweiten jahre fein GefchSft fchliefi^n
miiffeti, ^i| feitrKapital zu kleffi war, mft die .tfekoften ihm ttl?er £en Kopf wuchfen,
m^r
Das war auch der Fall bei einem genoffenfchaftlichen Verlag, der fich vor etwa 20 Jahren
aufgetan hatte. Auch ich habe wiederholt im Intereffe der jungen Tonfetzer ein Verlagsunternehmen
auf genoffenfchaftlicher Grundlage empfohlen, insbefondere die Hoffnung ausgetprochen, daB die
Genoffenfchaft deutfcher Tonfetzer, die ja feit langererZeit mit der Hauptmaffe der deutfchen
Verleger in Fehde liegt, einen Mufikverlag grlindet. Dazu foil jetzt Ausficht fein, doch foil
andererfeits wiede.r gezogert werden, bis das zum guten Teil geftiftete Grundkapital noch grbBer
geworden ift. Und das ware fehr verftandig, denn hatte man vor Beginn des Weltkrieges mit
einem Kapital von einer halben Million Mark wohl etwas anfangen k6nnen, lo braucht man heute,
urn dasfelbe zu erzielen, ficherlich 6 bis 7 Millionen.
Ein folcher genoffenfchaftlicher Verlag wird ubrigens entfchieden mit groBeren Unkoften zu
rechnen haben als ein Privatverleger, fchon weil die Verantwortung flir die Annahme von Werken
niemals einem einzigen Manne anvertraut werden wird und auch nicht kann. Darf diefer ein
ein Genoffe fein? Ware es nicht beffer, er ware ein Angeftellter? Ich glaube doch.
Womit erwirbt man Ubrigens bei einem folchen genoffenfchaftlichen Unternehmen die Mit-
gliedfchaft? Doch wohl indem man zur D^ckung der Unkoften eine beftimmte Summe einzahlt?
Damit waren aber dann alle armen Tonfetzer wieder ausgefchloffen. Und das ware eine foziale
Ungerechtigkeit. Deren Kompofitionen aber auf Koften der Begllterten zu drucken, hieBe wiederum
fur diefe: auf Drucklegung eines Teils ihrer eigenen Werke verzichten.
So fehe ich denn keinen anderen Weg zum Heil, als daB reiche Leute, alio Mazene, fich
zu einer G. m. b. H. zufammenfchlieBen, die wie jeder Privatverleger den Mufikverlag betreibt,
jedoch mit dem Unterfchied, daB ihr an einem Gewinn nichts liegt oder daB fie dielen nur dazu
benutzt, urn vor allem groBere Werke noch Unbekannter zu veroffentlichen. GroBe Honorare
wurde, 'eine folche gemeinnUtzige Verlagsgefellfchaft Uberhaupt nicht zahlen dUrfen; es wurde m
genugen, wenn fie die Koften 'der Drucklegung ubernimmt, nach deren Deckung die HSlfte des
Gewinns alljahrlich dem Komponiften zufUhrt und die andere zur Erweiterung des Verlags benutzt.
An deffen Spitze mUBte natUrlich ein kaufmannifch gefchulter gelernter Mufikalienhandler
ftehen, der darUber zu wachen hatte,- daB kein'e Unterbilanz entftande und daB nicht zu viel
gedruckt wUrde. Was aber gedruckt werden fol'te, darilber hatte eine Kommiffion oder mehrere
Kommiffionen von je drei Mufikern zu entfcheiden. Ich ftirchte, wenn ein folcher Verlag ge-
grUndet werden wurde, hatten diefe Kommiffionen, die dem Auffichtsrat Uber : ]edes eingereichte
Werk ausftlhrliche Beurteilungen zu liefern hatten zunachft ungemein viel zu tun; denn wohl
ieder Tonfetzer wurde lich beeilen, etwas einzufenden.
Doch bis dahin hat es .noch- gute Weile. Bis dahin follten die deutfchen Tonfetzer getrolt
den in ihrer Uberwiegenden Zahl fehr mit Unrecht gefchmahten Verlegern Vertrauen Menken.
Sie follten fich aber klar machen, daB ein Verleger nifr beffehen kann, wenn f.ch fem Kap ta
und leine eigene Arbeit einigermaBen rentiert. Der Verleger ift keine Drohne; er muB (el bit
tochtig mit Hand anlegen, ehe eine Kompofition zur Verbffentiichung oder vielmehr zum VeAnde
kommt. Er hat dann noch welter dafUr zu forgen, daB lie beachtet, befproehen und au gefah
wird, Vorgangen, bei denen er in >r Regel viel zu wenig von ^ komponiften unteftutz
wird Differ ift faft immer der Anficht, daB der Verleger gerade fUr fein Werk mchts toe. Unto
Umftanden alio wird ein Verleger fogar die ganze erfte und^uch wohl noch «t™£*^
verfchenken konnen, ehe er fieht, daB das.Werk einigermaBen verlangt w.rd. %*^.™
fchenken kann fich aber fehr rentieren. Doch lafit fich fehr viel dagegen fagen. Vor allem foil e
SS^t der Unfitte gebrochen werden, daB die ausffihrenden Kunftler einen Anfpruch auf
Gratislieferung des Ausftlhrungsmaterial zu haben #auben ..... . ■ ■ w . k Liedet
Die komponiften taufchen fich ubrigens meilt tlber die AbIa ztth, ^ f ^^S tl „ „^
werden z. B; fc nicht vericauft, bis das eine pder^ andere von e,ner .^^Jf^^;
ton Konzerte^
■ ■'■■■■Lt ; -i *~* v v tnit o-rnR^tf! 1 Frf6lff attch nur m einem ihrer Kmzem f mm m .w- victim
■gttt^WSSito* darau, » recbnen, m X> andere Sang,™*,
347
K#&
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audi in ihren Konzerten diefes Lied fingen, fondern daB auch viele ZuhOrerinnen es kaufen.
Hilft dann der Verleger durch gefchickte Reklame noch nach, dann kann er fehr wohl mit diefem
Liede wieder einmal eines feiner feltenen guten Gefchafte machen.
Dicfe find bei Kammermufikwerken leider fo gut wie ausgefchloffen; ich darf verraten, daB
ein recht bemerkenswertes Klavierquintett eines fehr bekannten und gefchatzten Tonkunftlers, der
iein Werk mehrfach offentlich gefpielt hat, voile neun Jahre gebraucht hat, bis die erfte Auflage
von nur 50 Exemplaren vergriffen war, und unter diefen waren nur 15 verkaufte. Kann man es
unter diefen Umftanden dem Verleger verdenken, wenn er demfelben Tonfetzer dann fur fein
nachftes Werk kein Honorar geben will und jeden abweilt, der ihm wieder ein Klavierquintett
anbietet, mag er auch von deffen Vorziigen noch fo fehr uberzeugt/fein?
Das groBte Rifiko eines Verlegers ift die Uebernahme efner Oper. Welche Unfummen
werden jedes Jahr dadurch verloren, daB der Klavierauszug von Opern gedruckt und das Auf-
fuhrungsmaterial hergeftellt wird, ohne daB das Werk nur einigermaBen einfchlagt. Dabei werden
Opern doch ftets auf das forgfaltigfte vor der VerlagsObernahme gepruft. Jener genoffenfcliaftliche
Verlag, den auch ich erfehne, wird gar nicht vorfiehtig genug in der Annahme von Opern fein
konnen, wenn er nicht fehr bald in Verlegenheit geraten foil. Andererfeits aber brauchen gerade
die jungen Opernkomponiften am rneiften Hilfe. Sie konnen heute die Annahme ihrer Schopfung
bei einem Theater gar nicht erreichen, wenn fie nicht zum mindeiten Klavierauszuge ein-
fchicken kflnnen.
Verleger und Komponift find m. E. fo auf einander angewiefen, daB fie die beften Freunde
fein mUffen, Zur Freundfchaft aber gehOrt in erfter Linie Vertrauen. Das fchenkt jeder Verleger
dem Komponiften, wenn er etwas von ihm druckt. Der Komponift aber wird nur oft von anderen
zum MiBtrauen gegen den Verleger veranlaBt, und das ift Unrecht. Findet er fich aber uber-
vorteilt, kann er beweifen, daB fein Vertrauen vom Verleger miBbraucht worden ift, dann habe
er aber auch den Mut, diefen Fall der Offentlichkeit und auch den Gerichten zu tibergeben.
Er kann ficher fein, daB die anftandigen Verleger — und das ift, wie ich wohl behaupten darf,
weitaus die Mehrzahl — jenes raudige Schaf boykottieren werden.
Traurig ift es, , daB infolge der Gefchaftslage heute Verleger, die bisher nur auf anftandige
Mufik hielten, gezwungen find, Gaffenhauer und fadefte Salonmufik herauszubringen, weil eben
das Publikum tiberwiegend nur derartigen Schund kauft Aber der Erlos aus diefem Schund fetzt
die Verleger doch wieder in den Stand, daneben noch anftandige Mufik zu drucken.
Einen Vorwurf kann ich den meirten Verlegern nicht erfparen: fie fordern zu hohe Preife
namentlich fUr Klavierau^ztige von Opern und Kammermufikwerken. Der Begriinder der Edition
Peters, der hochverdiente Dr. Max Abraham, hat feinerzeit gezeigt, daB auch Werke lebender
Tonfetzer zu deji felben niedrigen Preilen wie Nachdruckswerke verkauft werden konnen und
dann durch die GreBe des Abfatzes fich bezahlt machen, allerdings haben fich feitdem die Ver-
haitniffe etwas geMndert; aber folche horrende Preife, wie fie z. B. heute fur den Klavierauszug
der„Frau ohne Schatten" gefordert werden, mUffen abfchrecken; fie fchaden auch dem Tonfetzer,
der doch wOnfchen muB, daB fein Werk in moglichft weite Kreife gelangt.
*
7 £ jti £. Dr. Borchardt & Wohlauer.
VBSBfr c
(FERTIGSTELLUNQ ALLER MUSI K - A U FTR AQ E ) '
instrumentation, - Transposition.
Aufschreiben gegebener Melodien,
Motenschreiben.
Charlattsnburg 4, Wielandstrasse 40. fia/ Xmt Steinpiatz 9&5
34$
fitflf' m
&&,'&> 5'-:
■v^#^f
Budibefprediung
„M usikalische Stillehre in ,Einzeldar-
stellungen 1 * betitelt Hermann W. v. VV alters -
hausen eine ganze Reihe von Abhandlungen (Verlag
Hugo Bruckmann, Miindien), von denen die drei
ersten vorliegen. Wenn schon die Titel mehr auf
Rikkblick zu deuten schcinen, so zeigt die nahere
Betrachtung doeh alsbald, daft es sich hier urn Aus-
einyndersetzungen mi!, den kunstlerischen Problemen
der Gegenwart ebensosehr handelt als 11 m gesehicht-
liche Studien, und gerade durch die Einstellung auf
die Gegenwart wird den altbekannten Thernen manch
neuer Gesichtsptinkt abgewonnen. Die drei aus-
fuhrlichen Abhandlungen: „Die Zauberflote, eine
operndramaturgisch'e Studie", „Der Frei-
schiitz, ein Versuch iiber die m usikalische
Romantik", „Uas Siegfried-Idyll oder die
RUckkehr zur Natur" verdienen in der Tat die
Aufmerksamkeiternster Musiker. Siezeigen, daft uuge-
achtet des stunruschen Vorwartsdrangens unseier
Jiingsten die Akten iiber manches altere Kapitel noch
lange nicht abgeschlossen sind. J a, es zeigt sich
sogar die interessante Tatsache, daft gerade vom
Standpunkt der Gegenwart ein Licht auf manche
Dinge der Vergangenheit fallt, die man frUher nicht
hat wahrnehmenkonnen. Waitershausen, der sich als
Praktiker der Opernbuhne bewahrt hat, weift eine
Menge sachlich begrundeter Einsichten fiber das
musikdramatische problem vorzubringen. in denen
sich der kenntnisreiche Musiker ebenso sehr wie der
nachdenkliche Geist ofienbart Etwas weitschweilige
Exkurse uber Entwieklungsgeschichte, Stiifragen und
dergleichen lenfcen zwar hier und da vom Thema ab,
enthaiten aber andererseits so viel Anregendes, daft
man siegern mitin den Kauf nimmt. Ab und zu werden
Fragen von einer solchen Wichtigkeit angeschnitten,
daft ich Bedenken trage, hier mit Inirzen Worten zu
ihnen Stellung zu nehmen. Dam uehorr z. B. in dem
Bandchen iiber das Siegfried-Idyll die Auseinander-
setzung Uber das Nationale und Internationale in der
neuen Musik. Waitershausen tritt dafiir ein, daB es
mehr darauf ankommt die Rasseneigentiimlichkeiten
in der Musik zu entwickeln, als sie in eineni ni-
vellierenden Kosmopolitismus zu verwischen, Er
mochte Deutsche, Franzosen, ltaliener, Slaven, Juden
in der Musik sich differenzieren lassen, anstatt, wie
die neueste Richtung (auch in den bildenden Ktinsten),
eine mogiichst enge Annaherung zu erstreben. Es
laftt sich fur und wider so viel Gewichtiges anfiihreu,
daft dieser Frage allein eine tiefgreifende Studie ge~
biihrt. Nur so vie! mochte ich fur diesmal in alter
Kiirze als Leitsatz anfiihren, daB die grofte Kunst
einem machtigen Strome gleicht, der zwar nur in
einem Lande seinerf Ursprung hat, aber viele Lauder
durchflieBt, verbindet, befruchtet, wogegen die kleine
Kunst, so echt national sie auch sein rnag, doch
immer nur wie ein schmaler NebenfluB fur den engen
Eigenbezirk Bedeutung hat. Das Streben. nachlnter-
nationalismus scheint mir vergebliche Muhe, wenn
es sich nicht um wahrhaft groBe, weitspannende
Kraft handelt, die allerdings von Natur aus imperia-
listisch ist und sich auch die widerstrebende weite
Welt sehlieftlich erobert. Kaum minder wichtig und
problematisch ist die Frage nach dem „NatllrHchen"
in der Kunst und der „Rtickkehr zur Natur", die als
das eigentliche Ergebnis der Siegfried-Studie anzu-
sehen ist. Auch mit ihr muBte man sich hochst
ernsthaft auseinandersetzen, Kaum minder bedeutsam
dieFragen,zu denen die^Zauberfloten^und^FreischUtz*'
Studien auf musikdramatischem Gebiet anregen.
Fordert Waitershausen den Widerspruch radikaler
Kiinstler hier und da heraus, so werden doch auch
diese Radikalen schon der aufierordentiichen Sach-
lichkeit wegen an Waitershausen Schriften nicht
vorubergehen konnen, ohne sie ernsthaft zu beachten.
Dr. HttgsrljBlichtentritt-
349
Widifige neue Mufikalien, Budier und Aufj'afze
iiber Mufik,
mitgeteilt von
Professor Dr.Wilhclm Altmann, Berlin-Friedenau, Sponhoizstr. 53-54.
Dlcse Zusammenstcllung, die mOglichst in jedem Heft dieser Zeitschrift erfolgen wird, will audi noch un-
n.nn" i % nl ' , V ° r a " em S y n, P 1,onien ' symphonische Dichtungen, Konzerte, Kammermusikwerke, Open,
. ■ m ! r " einbezicl.cn, urn namentlicb Dirigenten darauf aufmerksam zu machen. DiejeM^en Wetzer'
d,c derarbgc Wcr c () edocb „Icht etwa Klavierstncke, Lieder, MannerchOre) fertig haben. werden re eten m d.vo '
m Kenntnus zn setzen docl, bchalte id, rnir die Entscheidnng fiber die Aufnahme vor. Diese kann ancb b i ge nc te
Werken wedcr nrch en, Mserat moc„ dnrch Einscndnng der betreffenden Musikstucke oder Bficher erzwrngf, ,
Ruckscndung ctwa.gcr hiiiseiidungcn wird gnmdsatzlich abgelclint ucraen.
Die IliMZMfMgnng des Vcrlags wird Bestellnngcn erleicl.tem. Zu den angegebenen Preisen ko.i.mt immer
t^ixt^^i^ dcs vcr,cgcn ii,,d Md » des s «f S b inzii; er scbwaMkf 1 ;;^,,:;^ :
I. Inffrumenfalmufik
a) Ordieffer (ohne Soloinjfrumenfe)
Molnar, E. A.: Aufschwung. Orchester-Dichtung noch
ungedruckt
Wetzler, Hans Hermann: op. 7 Suite aus der Musik
zu Shakespeares „VVie es euch gefallt". Leuckart,
Preis nach Obereink.
b) Kammermuj'ik
Gagoebin, Henri: Quatuor (f) fur 2 Viol., Via et Violonc
kl. Part Hug, Zurich 5 M.
Hegar, Friedrich: op. 46 Streichquartett (fis). Simrock
kl. Part. 3 M,; St. 8 M.
Kienzl, Wilhelm: Streichquartett erscheint demnachst
bei Bote & Bock, Berlin
Reger, Max: op. 133 Klavierquartett; op. 146 Klarinetten-
quintett f. Pfte zu 4 Hdn bearb. (Jos. Haas) Simrock
9, bzw. 8 M.
Schlatter, Jos£: Suite im alten Stil f. 2 Pfte zu
4 Hdn. Hug, Zurich 8 M.
c) Sonffige Inffrumenfalmufik
Barroas, Issay: Tonleiter-Spezialstudien f. Viol. Neue
verb. Aufl. Leuckart 2 M.
Bartok, Bela: 15 ungarische Bauernlieder f Pfte
Uniyersal-Edit. 2,50 M.
Brahms, Joh.: FUnf langsame Satze aus den Sinfonien
f. Pfte ttbertr. (Max Reger). Simrock 4,50 M.
Bunk, Gerard: Acht Charakterstucke f. Or^el
Leuckart 4,50 M. " '
Drechsler, jos. : Durch den Kontrapunkt. Zwei Vor-
trage f. Pfte oder Harmonium. Themen von
F. W^Franke u. E. Heuser. Aurora- Verb, Dresden-
WernbOhla 3,50 M.
Eysler, Edmund: Album. 12 ausgewahlte Kompos. f.
Pfte. Lyra- Verb, Lpz 10 M.
Pall, Leo: desgl.
Haba, Alois: 2 Deux Morceaux (Scherzo, Intermezzo)
t Piano. Universal-Edit. 2 M
Lefra.nn, Paul [Bremen]: Sonate f. Klav. noch un-
gedruckt fUrauffuhr. Bremen 28 3 igj
Lehar, Franz: Album. Zwolf ausgew. Kompositinnen
f. Pfte. Lyra- Verb, Lpz .
Niemann, Walter: op. 68 Drei moderne Klavierstucke:
Romantischer Walzer; Delphi, Feierlicher Hvmnus;
lm fernen Osten. Exotische Groteske Kahnt Lpz
je 1,5!) M.
Schroeder, Carl: op. 94 Vier Klavierstucke: Walter
Schroeder, Berlin: Nr 1 Dem Andenken Brahms'
. 2,50 M.; 2 Ballade 3 M; 3 Am Waldbach. Idvlle
2,50 M ; 4 Rhapsodie 3,50 M.
Spies, Fritz: op. 5 Partita (A). Suite im alten Stil f.
Harmon. Simon, Berlin 3 M.
Straus, Oscar: Album. Zwolf ausgew Kompnsitionen
f Pfte. Lyra-Verl., Lpz 1<> M.
Thiimer, O.: Neue Etliden-Schule f Pfte. Teil 15 u
10 Hfichste Stufe je 2 Hefte Schott, Mainz
je 1,20 M.
Ward, C. E.: 12Lecons. Methode preparatoire et pro-
gressive de Piano. Rosworky, Lpz 3 M
II. Gefangsmujik
(Opern)
Behrend, Fritz: op. 22 KonigRenesTochter. Lyrisches
Drama. Klav.-A. Heinrichshofen, Magdeb. 20 M.
Franckenstein, Clemens v.: op. 43 Li-Ta'i-Pe. Klav -A.
Drei Masken-Verl, Berlin 20 M
Ulmer Oskar: op. 31 Ein Walzer (Text nach einer
trzanlung von Jacqus Offenbach v. C. F. Wiegand).
Klav.-A. Universal-Edit. 12 M.
b) Sonffige Gefangsmufik
Ballmann, Willibrord: Die Messen der Fastensonntage
nach dem vatikanischen Choral. Pustet Regens-
burg 5,50 M.
Blume, August: Em Volks- u. Soldatenliederspiel von
der L.ebe Lust und Leid. Text aus dem kleinen
Rose„ g arten v. Herm. Lons. Kulenhardt, Gottingen
Heft 1 f. mittl. St m . Pfte 3 M
Bohme, Walter: op. 17 Rosenlieder. 5 Gedichte fur
gem. Chor n.. Pfte. Kahnt, Lpz Part je I M.;
jede St. jeder Nr 0,15-0,20 M
Bruch, Max: op. 93 Trauerfeier fur Million a.s
Goethes Wilhelm Meister f. gem. Doppelchor,
Solost; Orch. u. Org. Leuckart. Part. 30 M.;
Orch.-St. 30 M.; Klav.-A. 5 M.: jede Chorst. 0,40 M.
Chelius, Oskar v.: op. 26 Drei Gedichte f. 1 Singst.
m. Pfte. Leuckart, Lpz 3,40 M.
Erdlen, Hermann: Der kleine Rosengarten. 117 Volks-
lieder v. Herm. Lons zur Laute. Domkowsky,
Hamburg 7,20 M.
Goetscher, Philipp: op. 106 Vier Gesange nach Ge-
dichten von Klaus Groth f. gem. Chor; op. 107 Zwei
Gesange nach Gedichten von Marg. Bruch f. drei
Frauenst. m. Pfte. Leuckart. Part. 3,20 bzw. 2,30
Griesbacher, Peter: op. 200 Friedens-Messe f. gem.
Chor, Soli u. Orch. Bohm & Sohn, Augsburg. Part.
25 M.; Orch.-St. 36 M.; Chorst. je 1,60 M.; Orgel-
Auszug 8 M.
Heinermann, Th.: Aus dem kleinen Rosengarten.
Volkslieder von H. Lons f 1 Singst. m. Pfte. Wulff,
Warendorf i. W. 7,20 M.
HeuB, Alfred Valentin: op. 14 Funf Lieder ernsten
Charakters f. 1 Singst- m. Pile- LSreitkopf &
Hartel 2 M-
Hubcr, Heinrich: op. 25 Missa Salve regina pacis.
Friedensmesse f. gem. Chor, Org. u. Orch. Bohm Ac
Sohn, Augsburg Orgel-Ausz. (Direktionsst.) 4 M.;
Orch.-St. 6 M.; jede Chorst. 0,60 M.
Kahn, Robert: op. 68 Nr 1 Abendlied f. 1 Singst. m.
Viol. u. Pfte. Stahl, Berlin 1,80 M.
Kromolicki, J.: Florilegium cantumen sacrorum. 52 la-
teinische klassische, leicht ausfiihrbare Motetten f.
gem. Chor f. d. Bediirfnisse des ganzen Kirchen-
jahrs ausgewahlt. Bohm & Sohn, Augsburg Part.
7 jM.; St. 4 M.
Lewy, Leo: op. 16 Sechs Volkslieder nach Gedichten
von Hermann L5ns f. gem. Chor. Madrigal-Verl.,
B.-Wilmersdorf Part. 12 M.; St. 10 M.
- op. 17 Funf ernste Lieder f. 1 Singst. m. Pfte.
Ders. Verl. je 4 M.
Lindorfer, Joseph: Offizium des kathol. Chorregenten.
Bohm & Sohn, Augsburg Bd 1 u. 2 22 M.
Lowenstein, Paul: op. 15, 18 u. 22 je Drei Lieder fur
1 Singst. m. Pfte. Leuckart, Lpz jedes Heft 1,50 M.
Mann, Marguerite: op. 4 Sechs Lieder f. 1 Singst. m.
Pfte. Fullhorn-Verl., Berlin 3 M.
Mendelssohn, Arnold: op. 81 Drei Motetten f. gem-
Chor. Leuckart Part, je 1,20 M.; jede St. jecler Nr
0,20 M.
Menken, Jakobus: op. 4 Biider aus dem Kinderleben.
3 Lieder f. 1 Singst, Viol. u. Pfte Westdeutscher
Musikverl., Koln 6 M-
Onegin, E. B-: Vier Gesange aus den indischen
Dichtungen von Rabindranath Tagore f. Alt-Solo,
Chor u. Orcrr. Bote & Bock Klav.-A. 6 M.;
Chorst. 4 M.
Reger, Max: op. 76 Schlichte Weisen (Auswahl) zur
Laute gesetzt von Hans Schmidt-Kayser Bote &
Bock 3 M.
Salome Karl: op. 4 Vier Gesange nach Gedichten
des Michelangelo Buonarroti f. 1 hohe St. m.
Kammerorch.; op. 5 Zwei (iesaiige nach Gedichten
des Li-Tai-Pe f. 1 hohe "St. in. kl. Orch. Madrigal-
V'erlag, B.-Wilmersdorf Part. 12, bzw. 10 M.
Schlatter, Josy: 10 Lieder f. 1 Singst. m. Pfte Hug,
Basel 8 M
Schlogl, Alfons: op. 13 Griiudonuerstags-Kantate f.
Soli u. gem. Chor in. Org. Bohm A* Sohn, Augsb.
Part. 3 M.; jede St. 0,40 M.
Schnippering, Wilhelm: op. 25 Lons-l.ieder f. 1 Sing-
stimine m. Pfte. Junfermann, Paderborn 12 M.
SliebiU, Kurt: op 15 Zwei Lieder f. 1 Singst. in. Pfte
Risping, Minister i. W. 2,10 M.
III. B tidier
und Zeitjdiriften-Aufta^e
(;iiph.-il)etiscli sowuhl nnrli Stirhworlen wic nach den
Verkissern geordnet. Bei Xcitsehriftcn- Aufsiit/eu isi
immer mil Nr die des kuifeuden .kilirgnngs ^eineiiiti.
Altmann, Willi, s. Meyerbeer
A-guto, Rosebery d' s. Gesangskunst
Beethoven. Personlichkcit, Leben u. Schaffen. Von
(justav Ernest. Bondi, Berlin 25 M.
Berg, Alban s. Schonberg
Berl } n. Die Ostmarkenfahrt des Berliner Lehrer-
gesangvereins. Von Ernst Schlicht in: Allgem.
Musik-Ztg 31/2
Besch, Otto ■-- s. Zukunftsweg
Chorgesang — s. Schulgesang
Deutsche Musik - s. Geschi elite
Ernest, Gustav — s. Beethoven
Fabricius, O. — s. Staatsauf sicht
Fleischmann, H. R. — s. Schreker
Formenlehre, musikalische. Von Hugo Leiehten'tritt.
2. AufL Breitkopf .V: Hartel 18 M.
Fortschrittsphilisterium, musikalisches. Von Hans
Te timer — in: Signale f. d musikal. Welt 31
Gesangskunst. Die Sicherung edier, klassischer Ge~
sangskunst durch die Losung der Stinimweehsei-
frage. Von Rosebery d' Arguto - in: Schweizer.
inusikpadag. Blatter 16
Geschichte der detitschen Musik von Hans Joachim
Moser. Bd L Cotta, Stuttg. 50 M.
Gesprochene Wort — s. Oper
Glucks Abkehr vora italienischcn Opernstil. Von
Alexander Pfannenstiel - in: Musikztg 34
Giinther, Siegfrisd — s. Mahler
tiuerrg. La musique pendant la guerre s.
Wagner
Haas, Theodor — s. Mahler
Kirchenmusik, Moderne. Von Meinhard Zallinger —
in: Musikal. Kurier 29/30
Klassiker der Klavierkomposition - s. Klavier-
komposition
Klavier — s. Re^orme du Piano
Klavierkomposition. Ober Spieiarten u. Artikulations-
zeichen bei den Klassikern der Klavierkomposition.
Von Karl Zuschneid - in: Ztschr. f. Mus. 16
Knab, Armin — s. Schubert
35j
Kunstgesang. Welche Forderungen des Kunstgesanges
sind irn Schulgesang zu beriicksichtigen, und wie
sine! sie zu erfUHen? Von Richard Neumann —
in: Die Stirnme 10/11
Kunstgesang — s. auch Volkslied
Ltichtenttitt, Hugo — s. Formenlehre
Lewicki, Rudolf — s. Maria Theresia; Mozart;
Novello
Mahier. Texte und Textbehandlung in Gustav Mahlers
Lyrik. Von Siegfried Gunther' — in: Ztschr. fur
'' Musik 16
— „Der Jude* G- M. Von Theodor Haas — in*
Musikal. Kurier 31,2
— . Thematische Analyse 6qt 4. Symphonic Von
Gustav Specht Universal-Edit. 0,50 M.
Maria Theresia, Kaiserin, und Mozart. Von Rudolf
Lewicki — in: Mozarteums Mitteilungen 4
Marnold, Jean ~ s. Wagner
Mendelssohn, Felix - Genie oder Epigone? — in:
Schweizer. musik padag Blatter 14
Meyerbeer und die Gegenwart. Von VVilh. A 11-
mann .- in: Der FLiiirer durch die Konzerte und
Theater Konigsbcrgs 22
Muderne Kirchenmusik - s. Kirch en mu si k
Moor, Emanuel — s. Reform e du Piano
M ser, Hans Joachim — s- Geschichte der deutschen
Musik
Mozart. Die aitesten Aufsatze iiber M's Grab- Von
Rudolf Lewicki — in: Mozaiteums Mitteilungen 4
— s. Maria Theresia; Novello
Miiller, Ed. Jos. — s. Chorgesang
Miiller, Georg Hermann — s. Wagner
Musikboren. Von Heinrich Hofer — in: Musikal.
- Kurier 31/2
Musikinstrumente. Die staatliche Sammlung alter M.
von Curt Sachs — in: Musikztg 33
Musiku'nterricht — s. Staatsaufsicht
Neumann, Richard — s Kunstgesang
Novello, Vincent, und Mozarts Familie. Von Rudolf
Lewicki — in: Mozarteums Mitteilungen 4
Oesterreich, Die neue Priifungsvo.rschrift fur das
Lehramt der Musik an Mittelschulen sowie an
Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten in Oe. —
in: Die Stirnme 9
Oper, Die, dem Volke. Von Hermann Unger — in:
Rhein. Musik- u Theater-Ztg 32 3 ,
— - Das gesprochene Wort in der O Von Felix
Weingartner — in: Musikztg 33
Pfannenstiel, Alex — s. Giuck
Pfordten, Hermann Frhr. v. d. — s. Schubert
Priifer, A. — s. Wagner
Reforme du Piano. Par Em. Moor - in: Bibiiotheque
universel, Juin — Feuillets de pedagogie musicale 14
Sachs, Curt — s. Musikinstrumente
Schlesische Musikwarte. Wochenschrift f. d. gesamfe
Mnsikieben Breslaus und Schlesiens. Verlag:
Breslau V. vierteljahrl. 1 1 M.
Schiichr, Ernst — s Berlin
Schonberg, Arnold: op. 5 Pelleas und Melisande.
Kurze thematische Analyse v. Aiban Berg Uni-
versal-Edit. 0,75 M.
Schreker, Franz. Sein Wiiken und Schaffen. Von
H. R. Fleischmann — in: Ztschr. f. Mus. 16
Schubert, Franz. Sch.'s unvollendete Kiaviersonate in
Cdur und ihre Erganzung von Armin Knab -— in:
Musikztg 32
— . Dramatische Deklamation bi i S.h- Von Hermann
Frhr. v. d Pfordten - in: Die Stirnme 9
Schulgesang und Chorgesang. Von Fd Jos M ii 1 k' r —
in: Der Chorleitcr 10 7
- s a. Kunstgesang
Schumann, Robert: Gesammelte Sehriften iiber Musik
und Musiker hrsg. v. Heinr. Simon. Neuc Aufl.
Reclam, Lpz geb- 14 M.
Spechf, Gustav — s. Mahler
Staatsaufsicht. Die Prinzipien einer Staatsaufsicht
iiber privaten Musikunterricht. Von O- Fabricius —
in: Ailgem. Musik-Ztg 31,2
Stimmwechselfrage — s Gesangskunst
TeBmer, Hans — s- Fortschrittsphilisterium
Unger, Hermann — s- Oper
Untergang der klassischen Musik. Von Emii Seling —
in: Signale f. d. musikal Welt 32 3
Volkslied und Kunstgesang. Von Justus Hermann
Wetzel — in: Ailgem. Musik-Ztg 33 4
Wagner, Richard, in der Mai-Revolution 1849- Von
Georg Hermann Miiller. O. Laube, Dresden 6 M.
— . Le cas W. La musique pendant la guerre. Par
jean Ma mold. Paris: G. Cres
— . Zum Vergessenheitstrank in Wagners Gotter-
dammerung. Von A. Priifer — in: Neue Musik-
Zeitung 20
Weingartner, Felix — s. Oper
Wetzel, Justus Hermann — s. Volkslied
Zallinger, Meinhard — s. Kirchenmusik
Zukunftsweg, Ein neuer? Von Otto Besch - — i" :
Ailgem. Musik-Ztg 33/4
Zuschneid, Karl — s. Klavierkomposition
Breitkopf <& Hartel - Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe 21
Zentralsteile fur in- und auslandische Musik
Flugel . Pianos . Harmoniums
^
Hindemifh: Nr. VI. aus „Du eine Nadit", Traume und Erlebniffe.
op. )5. Fur Klavier
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Ear^tiar ' L*aF * Ulf * Llf
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Copyright by NeuendorIJ£&",Mo.ll Berlin--\Ve.isst'nsfce
Notenbeilage zu ^Meios" 1 15.;Heft, September li.tfO
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Ersehemt am 1. und 16. jeden Monats. Zu bessiehen durc-h dio Postanstaltun, Buch- vtnd MusikalienhandJunKOn. 'Wrtritdissielh'
N. SimroL-k, (if. m b. K., Leipzig. — Herausgebor: HEiRMANN SCHEKCHKN, Bei!in-Friedonau„Wit^bad( i norstr.7, Fvruruf.: Rhenium 7W.t.
Alio ZiischriJ'ton und Sendnngen sind. ausschlitdSlich Kodak t ion ,,Mtdos", Berlin - Frit'donan, WiosbadenorsiraMo \,7 ,'zu adivsMi-rvn.
Prois dus Einzelhoffces Mk. 3. — , im ViorteJjahr- Abonnoment MK 15. — . — Anzoigonprois I'iir die viertfttspnlrmie Zoilo M. 1.r»0.
Nr. 16
Berlin, den i. Okfober 1920
I. Jahrgang
INHALT
GIULIO BAS Ein Fundamenfalgejefj der Muflk
Dr. ERNST KURTH ....... Romanfifche Harmonik und ihre Krife
Wagners „Triffan", III.
Dr. HANS JOACHIM MOSER . . . Senfl als Afonaliff
Dr. KATHI MEYER Das Sfilproblem in der Mufik
RUD. SCHULZ-DORNBURG - Bodium Oper und - Revolution
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN . . Bedeutende Neuerfcheinungen und Manufhripte
in
„MELOS"
in einer Luxusausgabe
crfcheint mondflich einmal im Kunffverlag
Fri&OurUff, Berlin W 35
Ein Fundamenfalgefe^ der Mufik
Von G i u 1 i o B a s
l!)ber|'e^f von H. Sdiul^ e-Rif t er.
Das Stuclium der mufikalifchen Didaktik nach einer Methode, tiber die ich fpaterhin ;-och
Neues mitzuteilen hoffe, lieB mich die Grtindelemente der Mufik, Rhythmus, Melodie unci I lar-
monie zu einander in Wechfelbeziehung bringen. Mufik ift Rhythmus. Alles erwachlt aus den
vier charakteriftifchen Eigenfchaften der Tone, aus ihrer Dauer, Starke, Hohe und Farbung, das
alles aber find zugleich Werte des Rhythmus. Auf der Tondauer beruht das ganze Gleichmali
von MaB und Gliederung mufikalifcher Werke und ihrer Ausfuhrung, auf der Tonftarke ihre
innerfte Kraft.
Die Beziehungen der Tonhohen regeln den gefamten Mechanismus der Tonaiitat und ihrer
beiden Manifeftalionen; Melodie und Harmonie. Die Tonfarbung endlich ift eigenftes Gebiet der
inftrumentalen Klangnuancen, die heutigentags erftaunliche Bedeutung gewonnen haben.
Nichts ift natUrlicher, als daB diefe vier verfchiedenen Zweige der Mufik gemeinfam wurzeln
in den Grundgefetzen des Rhythmus felbft, d. h. in den Grundgefeizen der Bewegung.
Geht man diefer Gemeinfamkeit nach, fo gelangt man zu Ergebniffen von verbluffender
RegelmafJigkeit und Einfachheit.
Rhythmus.
Die drei Grundtypen der Bewegung.
Der Rhythmus ift eine Aufeinanderfolge von Kraftanfpannung (Hebung) und Auflofung in
Ruhe (Senkung). Aber die Kraftanfpannung trachtet wie jede Anftrengung aus Naturgefetz nach
moglichft kurzer Dauer, wahrend die Ruhe nach demfelben Gefetz fich moglichft zu verlangern
fucht. Dies find zwei entgegengefetzte Strebungen innerhalb der beiden Grtindelemente
des Rhythmifchen.
Waren diefe Strebungen abfolutes Gefe!z, ftellten tie eine Notwendigkeit dar, fo wi'irrie
jede Kraftanfpannung kurz, jede Ruhe lang fein. Das iff a' er nicht der Fall, lm Gegenteil:
die Lange kann im Rhythmifchen einen ganz belkbigen Phiz einnehmen Das Strcben des
Rhythmus kann alfo befriedigt und aufgeloft, es kann aber auch vereitelt werden.
Als einfachfter Bewegungstyp, der die urfprunglichen S'rebungcn befriedigt und aufloft:
J I i i
die Hebung kurz, die Senkung lang.
Der Gegenfatz kann auf zweierlei Art gefchehen;
1. Durch Gleichgultigkeit gegen die Strebung, indern eine Auflofung nicht erfolgt.
2. Durch direktes Entgegenwirken, indem man fie zwingt, gerade das zu tun, was fie
nicht mochte. Hier ift ein einfaches Ausbleiben der Auflofung: 2 MP
• I 9
Es ift dies ein zweiteiliger Rhythmus, in clem Hebung und Senkung gleich lang find.
Hier ift ein Entgegenwirken:
3 JI.P
die Senkung ift kurzer als die Hebung.
Die Befriedigung oder Auflofung der urfpriinglichen Strebungen des Rhythmus,
fowie der Gegendruck bilden alfo den Urfprung der drei rhythmi'fchen Grundtypen'.
Die Doppelftellung der Motive im Rhythmus.
Die Wirkfamkeit diefes Gefetzes ift damit nicht erfchopft. Die eidachen Teilelemente, die
wir betrachtet haben, reihen fich im V'erlauf der Bewegung aneinander und bilden fo eine ganze
Hierarchie zufammengefetzter Einheiten, die alle miteinander wie audi mit den drei Grundtypen
verwandt find; man -felie dazu den zweigliedrigen Typus und den dreigliedrigen mit feinen beiden
f : -^..<>,.,
354 '. ; - -dy.;d
Unterarten: 2 + 1 und 1+2. All diefe Einheiten bis zur hochften Stufe unterliegen dcmfelbcn
Orundge etz. Daraus erg.bt rich eine abfo.ute Einheit der Bewegung ohnc Ausnahme.
eefetz^ RhvtZ 3 ien ^7 "" 2 ° der 3 ZcltCn " Ch zu ZWeit> " » dc ' "™" ^en-
g fttzten Rhythmen grupp.eren, fo vereinigen fich diefe wieder zu zweien oder dreien zu kom-
d^rzMurirSdet weiterhin Ha,w ^ ^ p — - f — - — *■**
In diefes Auf und Ab von Spannung und Lofung ordnen fich die Motive auf zweierlei Art
ein: bald folgen fie dem Urtrieb alJer Bewegung: Kraftanfpannung - Ruhe; fo entftehen die
auftaktigen Motive, die die Griechen „anakrufifch" nannten und welehe unfere Taktftriche
uberfpringen (S. Beifpiel I. am SchluB) bald gehen fie in entgegengefetzer Richtung- Ruhe
Kraftanfpannung; fo entftehen dann die guttaktigen Motive, welehe die Griechen thetifch"
nannten, und die innerhalb unferer Taktftriche wie eingefchloffen erfcheinen (Beifpiel 11.).
Die auftaktigen Motive befriedigen den unwilikfirlichen Trieb jeder Bewegung die gut-
taktigen wirken ihm entgegen. Die Mufik ift ein ftandiger Wechfel zwifchen dielen 'beiden ent-
gegengefetzten Strebungen.
Guter Taktteil und Tonwerte.
Der gute Taktteil (die Senkung) ift im Rhythmus deutlich fflhlbar, er markiert den rhythmifehen
Schritt. Er zieht daher auch alle Tonwerte: Lange, Starke, Hohe und Farbung zu fich hin. Das
ift ein unwillkiirliches Streben. Aber darum ift es noch nicht notwendig. Die Tonwerte konnen
im Gegenteil mit voller Freiheit gruppiert werden. Hier erhebt fich die Moglichkeit einer Kontraft-
wirkung; aber mehr noch: find erft einmal gewiffe Grenzen iiberfchritten und ift die Wieder-
holung einer Formel nicht bewuBt gewollt, fo ermttdet fie und man erwartet etwas anderes. Das
beruht auf dem Bedurfnis nach Abwechslung, einem Hauptelement des afthetifchen Sinnes.
Dies ift ein netier Beweis fur das fchon Gefagte. Die urfprunglichen Strebungen konnen nicht
bloB befriedigt oder durchkreuzt werden, ja fie m tiff en fogar im Intereffe des rhythmifehen
Lebens einen Widerftand erfahren.
Alle mufikalifchen Formen, die gefamte klangliche Architektur ftrebt nur nach Anordnung
und Ausgleich von Kontraften, und deren Okonomie beruht auf den einfachen Tatfachen, die wir
eben konftatiert haben.
Im Verlauf diefer notwendigerweife fehr knappen Unterfuchung haben wir die
Wirkfamkeit des Gefetzes von AuflOfung und Entgegenwirken der Beftrebungen in
aller rhythmifehen Bewegtheit bis zu ihren hochften Stufen erkannt.
To n a I i t at.
Einfache oder diatonifche Tonalitat. — Tonale Strebungen.
Der Grundkeim des ganzen tonalen Mechanismus liegt befchloffen in dem Streben zweier
Noten von bewegter Tendenz nach zwei Ruhenoten hin
h ± c e ± f
Ware die Befriedigung diefer Beftrebungen notwendig, fo beftande alle Mufik nur aus den
beiden Bewegungen h— c und e— f ; es befteht aber im Gegenteil fowohl melodifch wie harmonifch
voile Freiheit in der Kombination der Tone. Die tonalen Strebungen konnen alfo eine Aus-
lofung erfahren; fie konnen, fie muflen aber auch durchbrochen werden. Denn wiederholt man
ohne unmittelbar einleuchtende Abficht mehrmals diefelben melodifchen und harmonifchen
Bildungen, fo verletzt dies den mufikalifchen Gefchmack.
Auch in der Tonalitat, fowohl in Melodie wie Harmonic, ift alfo dasfelbe Gefetz von Auf-
lofung und Widerftand am Werke, das das rhythmifche Gefchehen beherrfcht.
Leittone, tonale Funktionen. — Die beiden Strebenoten heiBen Leittone; und zwar
find es zwei, im Gegenfatz zur traditionellen Theorie, die nur einen kennt, namlich das h, das
zum c hinaufftrebt; diefes tritt auch ftarker hervor und ift daher leichter zu erkennen. Aber das
f feinerfeits ftrebt zum e hinab. Es ift ein abfteigender Leitton, der allerdings fchwacher ift und
daher weniger auffallt, wenn er ifoliert auftritt. Alle beide werden durch Uberfchreiten des
355
Halbtons, der fie von ihren Grundtonen trennt, aufgeloft. Die beiden Halbtone find alio die
wichtigften Punkte der Tonleiter. Die Leittone bergen den Keim zu einer bedeutlamen tonalen
Funktion der Bewegung in fich, wahrend aus den Grundtonen lien die Funktion der Ruhe ergibt.
Aus der Bewegungstendenz der beiden Leittone entwickeln tich die beiden Tongefchlechter.
Der aufftrebende Leitton charakterifiert das Dur-, der abfteigende das Mollgefchleeht. Die groikre
Intenfitat des auffteigenden Leittons hat auch die organifche Oberlegenheit des Dur zur Folge
gegentiber der Unorganifiertheit, Schwache und UnbeFtimmtheit des Moll, welches daher auch der
Hiilfe von Alterationen bedarf.
a
i
Tonika
Dur
|
1
— c — e —
i
1
g
Moll
Die Noten, die fich um das c und e gruppieren, haben die Funktion der Tonika. Diefe
befitzt den Charakter der Ruhe und ftellt fozufagen das Zentrum des tonalen Mechanismus dar. —
Die Funktion der Gruppe um den Leitton h ift die der Dominante und befitzt auffteigende
Tendenz nach der Tonika zu, entfprechend dem Leitton, der ihren Keim bildet: fie ill die rechts-
ftehende Funkfion des tonalen Machanismus. — Die Gruppe um den Leitton f hat die Funktion
der Unterdominante. Diefe hat abfteigende Tendenz dem Charakter ihres Leittons gemaB und
ftellt die linke Seite des tonalen Mechanismus dar.*)
Jede diefer Gruppen befteht aus zwei in einander verfchrankten Akkorden, einen Durdreiklang
(rechts nach der Seite der Dominante zu) und einem Molldreiklang (links nach der Seite der
Unterdominante zu). Diefe Dreiklange entfprechen den fogenannten „Tongefchlechtern".
Verbindung der Funktionen. — Trennt man die beiden Tongefchlechter in jeder Gruppe,
fo fieht man, wie beide Beweg^gsfunktionen (Dominante und Unterdominante) zur Tonika, der
einzigen Ruhefunktion, hinltreben (Beifpiel III u. IV).
Dies ift die naturliche harmonifche Tendenz. Aber fie ift keine unbedingte Not-
wendigkeit; denn man kann mit verfchiedenften Ergebniffen die Funktionen auf beliebige Weife
*) Man konnte eine exaktere Terminologie anwenden, aber das wiirde die ganze ubiiche Nomenciatur um-
stCirzen und die.Verstatidigung sehr erschweren.
356
: : m
mn
^m
fl
miteinanderverbinden. Audi hier konnen nifo die Strebungen iowohl belriedi^t wie unbefriedu; r
gelaflen werden.
Schreitet man aber mit getrennten Funktionon vorwarts, fo konnen die beiden Bewegimgs-
funkiionen nicht zugleich befriedigt werden. Wenn atle beide Bewegungsfunktionen mitwirkui,
fo kann man der einen nur geniigen, indem man die andere hemmt. So bef(eh( die vollftandige
Kadenz in den zwei Tongefchlechtern aus einem Widerftand gegen die Funklion, die nidi! zur
Ruhe gelangt, gefolgt von einer Auflofung der Funktion, die zur Ruhe kommt (Beilpiel V u. VI).
Die genaue Erklarung diefer zwei Kadenztypen wiirde zu weit vom eigentlichen Ziei ahluhrcn-
Ich mache nur im VorObergehen auf die ftrenge Logik diefer beiden Verbiiidungcn aufmerkfam,
die die Akkorde in vollkommener Symmetric uhd ohne Alteration aul'loft. Es find in lWj Tat
exakte Forrneln fiir den gefamten harmonifchen Mechanismus.
Hier macht alio das Zufammenwirken der 3 toualen Funktionen i h re Hcmnumg ebon fo
not wen dig wie ihre Auflofung,
Mifchung der Funktionen. - Alle 7 diatonifchen Noten konnen mit einander kombiniert
werden. Da fowohl Leittone wie Grundtone darunter find, fo gelangt man zu einer volll'tandigen
Kombination ^Bewegung — Ruhe". Die Verfehmelzung diefer beiden Tendenzen venirfaelit
einen Zufammenprall, der Vermittlung erfordert. Es ift, als ob an gehender MenFch, einen ftill-
ftehenden unterfaBt. Halt nun der eine an, wahrend der andere fich in Bewegung feizt, fo ift das
Refultat gleich Null, da immer einer vorwarts will, wahrend der andere ftillftjjht. Urn zu einer
Entfcheidung zu kommen, darf nur einer fich belatigen, dann find entweder beide in Bewegung
oder beide ftehen ftill. Das Schema diefer beiden Mogliehkeiten ift folgendes:
A B.
Auflofung ' ^ Anfpannung
Bewe^unir 4 Ruhe \ ,,, ,. r , , Bewegung- Bewegung \ 11( ... . .,
^ b * voliltandige Ruhe n , b u vollltand. Bewcgimg
Ruhe Ruhe > b Ruhe * Beweguug '
Bei A tritt vollige Ruhe ein durch Befriedigung der Bewegungstendenz, bei B vollftandige
Bewegung durch den Widerftand, der die Ruhe zur Bewegung zwingt.
Da diefe beiden Lofungen die vollftandige Kombination aller Tone der diatonifchen Skala
enthalten, fo qmfaffen fie den Mechanismus aller diatonifchen Kombinationen ohne
Ausnahme; denn diefe find nur Telle, Fragments teilweife Kombinationen gegeniiber denen, die
betrachtet wurden (Beifpiel A).
Ganz augenfcheinlich handelt es fich hier urn verfchiedene Intenlitatsgrade ein und derfelben
Kombination mit zwei parallelen Strebungen in entgegengefetztem Sinne.
Die gefamte diatdnifche Harmonik erklart fich reftlos durch das Gefetz von Aufloiung und
Anfpannung.
Was ich eben angefOhrt habe, ift naturlich nur eine kleine Probe fiir emige Falle des Dur-
gefchlechts Man konnte eine vollkommene Tafel aufftellen ftir Dur und reines fowie alteriertes
Moll Das Refultat wird immer dasfelbe fein: bei der Auflofung gehen die Leittone in Grundtone
uber' bei der Anfpannung die Grundtone in Leittone. Es kann auch einer der beiden Leittone
ode/ der beiden Grundtone in Tatigkeit treten, wahrend der andere untatig bleibt; aber der
Mechanismus bleibt ftets derfelbe (Beifpiel VII u/VM).
Im alterierten Moll wird er auf folgende Weife durch einen -chromatilchen Leitton bereichert
(Beifpiei IX u. X). ..
' Alle anderen Tonfortfchreitungen (denn es gibt Tone von unbeftimmten Charakter: d a g)
find unwichtig und beliebig.
Erweiterte oder chromatifche Tonalitat. Die 24 Dur- und Molltonar ten find nur in
und diefelbe diatonifche Skala, die durch Erhohung und Erniedrigung in die 12 Habtbne der
chromatin Skala transponiert ift. Zwilchen.dielen Tonarten beftehen d.sIelbenBe-
Ziehungen wie zwifchen den Funktionen ein und derfelben Tonart
357
Befradifef man C dur - a moll als Centrum, fo ffehen alle Kreuzfonarten dazu im
Dominanfverhalfnis, alfo auf der rechfen Seife, alle B-Tonarfen im Unferdominanf-
verhalfnis, alfo auf der linken Seife.
Bei der Modulation benu^f man die Beziehungen, die zwifdien den verfdiiedenen
Tonarfen beffehen, um von der Kadenz einer Tonarf in die Kadenz einer andern iiber-
zugehen, und dies vermiffelff der dreifachen Funkfion, die jeder Akkord ausiibt: Tonika
fur feine eigene Tonarf, Unferdominanfe fur feme Dominanffonarf, und Dominanfe fur
feine Unferdominanffonarf zu fein. Beifpielsweife iff der Dreiklang C — e — g, Tonika
fur Cdur, Unferdominanfe fur Gdur und Dominanfe fur Fdur.
Die chromafifche Tonalifaf iff eine Erweiferung der diafonijdien. Das beffafigf
fidi, wenn man die Dominanfe oder Unferdominanfe oder beide zugleich in
ihrer Eigenfdiaff als Tonarf befradifef: Die Anfangs- oder Central fonarf
erfcheinf dann fozufagen als Tonikafonarf dazu. Man iff z. B. in C dur, wenn
man bloJ3 die Dominanfe Q— H—D anfchlagf; aber man erweiferf die Tonalifaf, indem
man, immer in Cdur bleibend, Gdur durch Einfuhrung des Fis bertihrf.
Der Wefensunferfdiied zwifdien chromafifdier Tonalifaf und Modulation iff folgender:
Modulierf man, fo wechfelf man feinen fonalen Sfandorf; erweiferf man die
Tonalifaf, fo verwendef man charakferifche Nofen fremder Tonarfen, jedodi ohne feinen
Sfandorf zu andern. Es iff, wie wenn man ohne den Pla^ zu wedifeln die Hande
ausffreckf, um efwas beifeife liegendes zu erreichen. Dem enffprechend kann audi die
fonale Erweiferung nadi der einen, nach der andern, wie audi nadi beiden Seifen hin
gefchehen. Die Haupffadie iff dabei, daj3 die diafonijdien Leiffone der Haupf-
fonarf neben oder gleichzeifig mif den diromafifdien Nofen der Nebenton-
arfen auffrefen. .
Audi diefe diafonifchen und diromafifdien Nofen foigen dem fchon bekannfen Gefe&
von Auflofung und Ausfpannung. Die diromafifdien Nofen in der erweiferf en
Tonalifaf find namlich nichfs anderes als diafonifche Leiffone in den andern
Dur- und Mollfonarfen. Aber die diromafifdien Leiffone ffreben jefjf zur Haupfonarf
hin, Wie Dominanfe und Unferdominanfe zur Tonika. Sie werden daher in die
diafonifdien ^Leiffone der Haupf- oder Cenfralfonarf aufgeloff. Alfo folgender
ma)3en: (Beifpiel XI u. XII)
Hier gehf die Verbreiferung nidif iiber die Tonarfen der Unferdominanfe und
Dominanfe hinaus, aber man kann nadi demfelben Verfahren audi weifer gehen. Die
enffernferen Leiffone lofen fich dann in nahere und diefe in die der Grundfonarf auf,
nadi folgendem Schema. (Beifpiel XIII).
Diefes Sdiema reprafenfierf den Typ der vollftandigen Kadenz in der er-
weiferfen oder diromafifdien Tonalifaf, und zWar in knappffer Form, namlich nur
unfer Benu^ung von Leiffonen. Hier feien einige Beifpiele angefuhrf, die der mufi-
kalifdien Wirklichkeif naher kommen. (Beifpiel B),
Ein Blich auf diefe Beifpiele lehrf, da)3 die Keffe der Auflofungen durchaus nidif
genau verfolgf zu werden brauchf, fondern durch Uberfpringen eines oder mehrerer
Glieder abgekiirzf werden kann. Die Ko.mbinafionsfypen haben alfo audi hier nur
mehr fheorefifchen Werf. Sie find der Keim aus dem eine Fulle von Teilkombinationen
fpriegf, die fidi alle ohne Ausnahme nach demfelben Prinzip auswirken.
Grenzen der Erweiferung. - Es wurde gefagf, dag die Tonarf fidi nach beiden
Seifen hin erweifern kann, aber wieweif iff das moglich? — Man gehe von Cdur
a moll aus und befrachfe dann die doppelfe Keffe von diroixiafifdien Leiffonpaaren,
die immer nach einer neuen Erweiferung hin ffreben: (Beifpiel C).
Im driffen Verwandffdiaffsgrad find die diromafifdien Leiffone auf beiden Seifen
enharmonifche Nofen, Beim Jechffen Verwandffdiaffsgrad find alle diarakferiffifchen Nofen
358
enharmomfdi infolge der enharmonifdien Verwandffdiaff von Fis dur dis moll retlifc
und Ges dur - es moll links. Von hier ab durdilauff die redife (Dominanf-) Seife in
enharmomjdier Verwedislung denfelben Weg, den die linhe (Unferdominanf) Seife bis-
her gegangen iff und umgekehrf. So gekreuzf ffreben beide Seifen zum enharmonifdien
verwedifelfen Ausgangspunkf hin, der beim zwolffen Grad erreichf iff Und das ohnc
Ende und Ausnahme in immer gleidier Bewegung.
Kann man aber diefe Transpofifionen und Differenzen bis ins Unendlidie verf'olgen V
Wann fangf man an, die 2 enharmonifdien Nofierungen ein und derfelben Note, wie
efwa his und c oder asas und g als gleidi zu befradifen? — Das iff eine Fragc der
Enfwicklung, des fonalen Sinnes, perfonlidier Begeifferung. Alles iff relafiv. Off er-
fcheinf ein und diefelbe Verbindung dem einen angenehm, ja hinrei)3end, dem andern
rauh und unangenehm. Man mu]3 hier die Gewohnheif, die allgemcinen Tendenzen
und den Gefdimack in Rechnung ziehen. Alles, was man hier verfidiern zu konnen
ineinfe, ware dodi nur von relafivem Werf und daher dem Wandel unferworfen, wie
jede Anwendung eines Prinzips.i Was unveranderlich bleibf, iff das Prinzip felbff, und
Wir glauben es jef^f erkannf zu haben.
Sdilufr
Nach diefen Befradifungen fcheinf es nahe zu liegen, daj3 ein folches Zufammen-
ffimmen von Taffachen, eine foldie Symmefrie nidif zufallig fein kann. Und wenn fie
es nidif find, fo iff uns das ein Beweis fur die Exiffenz eines Gefe&es von grundlegender
Bedeufung fur den gefamfen Organismus der Mufik.
Haf man erff das Prinzip von Rune und Anfpannung, Befriedigung und Widerffreif
in feiner Einfadiheif und Konffanz erkannf, fo erfdieinf alles klar und nafurlich. Es
gibf clann keine Ausnahmen und Willkurlidikeif mehr. Die fradifionelle Theorie kennf
gerade nur die Halffe des mujikalifdien Medianismus, namlidi die Auflofungen, und
audi diefe nodi unvollkommen. Aber alles was von Ruhe in Bewegung iibergehf, das
ganze agogifdie Moment enfgehf ihr und bleibf unberu&fidifgf.
Nafiirlidi find wir fdion in diefem kurzen und unvollffandigen Abrij5 zu mandien
Refulfafen gelangf, die vor den Augen vieler Padagogen keine Gnade f'inden werden,
und das ware nodi mehr der Fall, wenn idi diefe Unferfudiungen haffe weifer ausfuhren
und verfiefen konnen. Aber die Theorie muj3 uber alles Befdieid wiffen. Ihr Ideal
iff das Wiffen, das niemals blind fein darf, aber nidif irgend eine arfiffifdie Moral.
Einer foldien mufikalifdien Redlidikeif, die wirklidi erzi'eherifdie Bedeufung befifif, ware
fdiledif gedienf mif einer Theorie, die fie nidif die ganze Wahrheif erfaffen liePe. Die
Theorie mu)3 alles wiffen, fie muj3 die diarakferiffifdie Befdiaffenheif und die Wirkfamkeif
jeder Tonkombinafion und jeder Forffdireifung ergrunden. In der Praxis, (zu der audi
die kunfflerifche Erziehung gehorf), mag jeder auswahlen, was feinen bewu^fen und
unbewupfen Infenfionen enffpridif oder nidif.
Das Prinzip von Lofung und Hemmung la^f uns den mufikalifdien Medianismus
wirklidi erkennen nach einem Qelefc das die Einfadiheif der Nafur und der Wahrheif
felber befifef, eine Einfadiheif, von der Galilei fagf: fimplex figillum veri.
(Beifpiele fiehe folgende Seife)
559
Beifpiele:
r ^ M'farf. t &»t*fp*r £ i
j.g r^^jfr^~^i
>60
:^£&!$K^^
Romanfifdie Harmonik
und ihre Krife in Wagners „Triffan"
Von Dr. Ernff Kurfh. 1
Grundlagen
Einffellung zur Theorie.
III.
Indejfen iff die „kmefifcfre" Energie nur die eine Form, in der die unferbewuj3fen
Spannungen der Mufik fidi au)3ern. Sie beruhen nichf nur in der Kraft flieJJender
Bewegung, wie fie in der Linie Oder ihrer verbreiferfen Ausffromung durdi ganze Klang-
komplexe am Wirken iff, Jondern mehr nodi in dem pfydiifchenEnergiezuffand ver half en er
Bewegung, der nadi einer Auslofung in weiferem Forffdireifen andrangenden Spannung.
Indem die Tone, die von der fliej3enden Kraff eines linearen Zufammenhangs durdi-
jfromf find, in einen Akkord aufgenommen werden, uberfragf fidi ihr Spannungszuffand
auf den ganzen Klang, als ein forfwirkender Wille, der zur Auslofung in Bewegung
herausdrangf. Wie gefdiehende Bewegung das Ereignis der Melodie, fo iff verhalfene
Bewegungsfpannung Inhalf der akkordlidien Bildungen. Idi bezeichnefe fie in meinen
fheorefifdien Arbeifen als „pof enf ielle" Energie, audi diefen Ausdrud* in freier Anlehnung
der Bezeichnungsweife der Phyfik enfnehmend. Die Umfe^ung von kinefifcher zu
pofenfieller Energie in Akkorden beruhf hierbei zum wefenflidien Teil, aber nichf aus-
fdilie)51idi, in den erhohfen Energiezuffanden fogenannfer „Leiffone".
Das Beffehen diefes eigenfiimlichen Kraffzuffandes im Akkord an fich iff in der
Wunderbaren Fahigkeif des mufikalijchen Empfindens begriindef, von der Auswirkung
des Willens, (die fidi in der ffromenden Linienbewegung erfiillf,) zu feiner Spannkraff
felbff (drangendem Ausdruck der Willensridifung)iiberzugehen und in den gehorsma£igen
(bisher einfeifig nach ihrer klanglidien Seife liberfcha^fen) Eindrticken die Dynamik
diefer pfydiifdien Energien zu ,,fymbolifieren". Dies iff das Qrundphanomen der
Harmonik iiberhaupi
Wie jeder Ton einer melodifdien Sfrecke feine forfweifende Bewegungskraff, fo
enfhalf jeder Akkord feine beffimmfe Spannungsform, die aus ihm hinausdrangf, zur
Weiferenfwicfelung harmonifdien Gefdiehens, In ihr beruhf audi die Charakferiffik der
Harmonik mif ihren unendlidi reidien und zarfen Wirkungen; fie find ein Einfliej3en
und Umfe^en von Spannungsenergien in Klangreize; 1 ) und wie die Melodik nur im
Ausbrudi bewegender Energien zu ihrer fonenden Andeufung beruhf und fchon der
einzelne Ton in der Mufik nur als Trager gewiffer Spannungen Bedeufung haf, fo la)3f
fidi als erffer und leifender <3rundfa£ der Harmonik definieren:
* Paul Haupt, Akademische Buchhandiung vorm. Max Drechsel. Bern und Leipzig 1920.
Der Nachdruck des Anfangskapitels erfolgt mit giitiger Erlaubnis des Verfassers. /
M Innerhalb der einfachen melodischen Linie selbst gescllt sich dahcr zur kinetisclicn Energie Hires Verlaufs
eine Fulle weiterer Kraftewirkungen, wenn man nan die Auswirkung ihrer Einzcltone ins Harmonische nut in Betracht
zieht mae diese audi nur latent, d. h. nur erf unit und nicht wirklich in akkordlicher Begleitung ausgefuhrt vorlicgen.
Denn sobald ein einzelner Ton in irgend eine bestimmte Harmonisicrung elngcdeutct wird setzen an ihm gewisse
potentielle En eS en an, die seiner Stcllung im betreffenden Akkord, fcrner aber dcmWechsclspicI dieses m den
ubrieen Akkorden entspringen. Jeder Ton sendet Kraftebiindel m neuem Spannungsausglcicli hinaus Diese Spannuiigs-
emStmS der unbegleiteten Linie umsomehr in Betracht, als dann nicht wirkhcher Mang, sondern
nurHin" trfbenWuirzum Klang in einzelne Tone cindringt, sobald diese nur als Trager irgendcincs besimmtcn
nur ninstreDen, wuil ^" ^ ld "s f n aufgenommen wurden. Und hat man noch nicht die emzelncn Tone klar
^^^m^^^^V^S&^^ sind CS " bcra " -h.losc .atcnte Spannkraftsmoglichkeite,,,
einer Dcstimmten narmonisu ili v s s tarksten und in erster Linie naturlich immer bei den vorspnngenden,
^t^U^^^^^^^-^niv^tn der melodischen Linie, z B. eines Motives, veriauft
Z wie eine Nat"rkra"t, deren Aufzuckfn zugleich fortwahrend das Abspriil.en von schwachcren, nach alien Se.ten
verstrahlcnden KrafteverSstelungen begleitet.
361
—
Jeder Klang iff nur ein gehorsmaj3ig gefaflfes Bild von gewiffen ener-
gefij'chen Sfrebungen.
Nidif blo]3 alle akkordlichen Form en der Harmonik ffellen fidi als Ausdrud* von
beffimmfen Spannungen dar, fondern audi alle akkordlichen Verbindungswirkungen.
Schon in der einfadnffen Kadenz, und den konfonanfen Dreiklangen felbff — urn nur
die Urformen klanglicher Erfdieinungen herauszuheben — zeigf fidi der mufikalifdie
Inhalf erff aus der Dynamik von Spannungen gegeben; denn Inhalf jeder Forffdireifung
iff der lebendige innere Effekf, ein Kraffevorgang, aus dem erff das klangliche Idiom
felbff beffimmf iff. Sdion die harmonifdien Grundvorgange, die dominanfifdi-fubdomi-
nanfifdien Wirkungen, find rein energefifch begriindef, ebenfo Wie bereifs die fdilidifeffen
konfonanfen Akkordgebilde, Dur- und Molldreiklang, nur als Gegenfa^formen pofenfieller
Energie Grundformen einer zweifadi und gegenfafjlich ausffrahlenden Harmonieenf-
widdung, der beiden „Tongefdilechfer", darffellen. Jeder Klang fragf die Spuren der
unklanglidien Tiefe in fidi, aus der er emporgeriffen.
Konnfe die Theorie fchon bei der melodifchen Linie iiberfehen, daj3 in einem
dynamifdien Grundvorgang ihr Urfprung und Inhalf beruhf, fo iff es erklarlidi, daj3 bei
der infenfiven klangfinnlichen Wirkung der Harmonik die energefifchen Grundlagen
umfo eher iiberfaubf und verdeckf bleiben konnfen. Von dem Augenblick an, da die
Theorie darauf verfallen war, am au)3eren Klangbild anzufe^en, war fie verurfeilf, im
Trockenen zu verfanden, Sie iff aus den unendlich reichen Vorgangen einer inneren
Dynamik beffimmf. Die klanglidi-phyfikalifdien Sfrukfurriickjichfen greij'en nur modifi-
zierend in die Ausffrebung der energefifchen Spannungen ein; fie wirken auf eine
Norma fform hin, zu welcher unfer einer Kohafions wirkung der Tone aller Ausgleich
der Kraffe hinffrebf, und weldie diefen als klanglidie Konfonanz fymbolifierf.
Im tibrigen follen diefe Grundlagen hier weniger fheorefifch und abffrakf ausgeftihrf,
fondern mehr von der prakfifchen Seife einer Einfiihrung in einen beffimmfen Kunffffil
her beleudifef werden, dem fie hier nur im allgemeinffen Grundzug und Umrij3 voran-
geffellf fein mogen. Erff im Laufe diefer Darffellungen wird fidi erweifen, wie die
Gefamfheif der harmonifdien Erfdieinungen auf diefen einen Gefichfspunkf zurud^gehf."
In den beiden Erfcheinungsformen von gefchehender und verhalfener Bewegung,
melodifcher Sfromung, die fidi unmiffelbar auswirkf, und der Spannkraft die nach
Bewegung drangf, liegen die eigenflidien Elemenfe der Theorie; es gibf keine harmonifche
Erfcheinung, die nidif von diefen Spannungen durdifelgf Ware, mogen diefe noch fo
verborgen und in le^fen Ausffrahlungen die Klangwirkungen durdidringen. Von unfen
herauf ffehf die ganze Harmonik wie unfer einem gewalfigen Vibrieren von Kraffen,
die in ihr Klanggefiige hinaufwirken, wie gegen eine ungemein leidiffliiflige, nie aus-
zitfernde Oberfladie; Sdiwingungen ganz anderer Arf als die vielfach kombinierfen
TonfdiWingungen felbff find die Seele der Harmonik.
Erblickf man aber als das Wefen der Harmonik das Einffromen von unferbewu^fen
Energien in Klang, von Kraff in Erfdieinung; fo Ware anderfeifs diefer Vorgang nidif
in feiner Vollendung erfaflt wenn man die klangfinnlidien Momenfe felbff in ihn nidif
* Zuglcich wird sich hierbei zeigen, wie Mngst vertraute Begriffe der Theorie bereits unauseesprcchencrweisc
aid. diese Grundziigc hindeuten, sic in manchen Einzelhcitcn odcr gewissen Ausdrucksweisen bereits beWen aus ilircr
verkchrtcn, am AulJcnbild der KISnge einsctzendcn Einstellung aber nicht an ■ den Wurzein zu fassen vernWcn umi
daB die von mir zur Grundlegung erhobenen Gcsichtspunkte gar nicht so sehr cines Zusammenhanes mil der bis-
herigen Musiktheorie entbehren, wie ihncn schon vorgehalten wurde. Obzwar ich gestehen mufi daB ich bei meirrcr
Auffassung von deren Stand und bisiierigen Methoden (uamentlich den in der Padagogik noch offizicll cinLrefuhrtcn)
diesen Vonvurl mit cinigcr Befriedigung auf mich nehmen wurde, mufi ich docii darauf hinweisen &\i\ sich die
.Erkcniitnisse von Spannungsvorgangen als Wesen und Urspning der Musik oft mitten aus hoi/ernem Fonnel- und
Regelwcsen gcwaltsam Balm zu brechcn suchen und nur der Forrnulierung, vor ail em aber — and hierin iae der
hemmcndstc Ruckstand -der psychologischen Fundamentieruug harrten. (Als starkste Annahcrnng an die Krfassimg
des Spannurigsinhalts der Harmonik erwahne icli immer wieder die kfeinc Harmoniclehrc von August Malm <Verlag
£r S Musiir Miincheti m i916) ' scini:r Aufsal * c ' teilweise J etzt ^sammett untcr dem Tile! „Von Grcnzcn und Landerii
362
^Mm^^^i'^m
einbeziehen Wiirde; die harmonifchen Wirkungen find erff mif dem Ausfchwingen in
alie die farbenreidien Verfdimelzungseindrud^e crfiillf, und den klangfinnlidien Aus-
drucksdiarakfer der Mufik iiberfehen hiej5e nidifs anderes als die umgehehrfen Fehler
begehen wie die bisherige Theorie, die von ihm allein ausgehf und die unferbewuj3fen
Geffalfungskraffe nidif fiehf. Jede einzelne Erfcheinung der Mufik, von der einfadiffen
Linie angefangen, zeigf diefes tlbergehen von Unhdrbarem ins Horbare, von pfydiifchen
Spannungen ins Jinnlidie Erfonen. Nidif alfo die Verkennung oder Auj3erachflaffung
der in der klanglichen „Maferie" liegenden Momenfe, fondern ihre Erkennung aus
anderer, enfgegengefe^fer Einffellung iff mif der hier vorangeffellfen Grundanfdiauung
vom Wefen der Mufik fiir die Theorie gegeben. Man muj3 von unfen- und innenher,
nichf von aujSenher zu- ihnen dringen, Ihr vollfinnlidier Ausdruck felbff iff fogar erff
damif zu erfchopfen. Die verfdiiedenen hifforifdien Epochen zeigen audi ungeheure
Verfchiedenheifen in der Bedeufung und Eigenwirkung, zu weldier fie die klangfinnlidien
Momenfe der Mufik gegeniiber den inneren dynamifchen hervorfrefen laffen; es gibf
Sfilperioden, in welchen fie gegeniiber einer infenjiven Zuwendung z. B. an die rein
linearen Ausdrucksenergien ffark zuriickgedrangf bleiben, Was f'ich audi in einer gewiffen
askefifchen, blaffen Gleichformigkeif der Harmonik auj3erf, (wie efwa in der hollandifchen
Polyphonie des R und j5, Jahrhunderfs), wahrend gerade fiir die hier in Rede ffehende
Epoche der romanfifdnen Mufik die zu hochffer Klangfinnlichkeif geffeigerfe Farbenkunff
ernes der Haupfmerkmale darffellf. Schwankungen der Harmonieffile find aber nichf
nur durdi das Map, in dem das Jinnlidi-konkrefe Momenf gegeniiber den pfydiifchen
Spannkraffen hervorgekehrf iff, beffimmf, fondern audi durch die Arf ihres Ineinander-
wirkens. Audi das vermag namenflich die Romanfik zu erweifen. Alle hifforifdien
Wandlungen in der Mujikfechnik find nidif s als reidiverfdiiedene For men, in weldien
diefes vielfadie Sdiwanken zufage friff.
Aber audi davon abgefehen, dag es ganz miJ3verffandlidi ware, das klangfinnlidie
Elemenf in feiner Bedeufung fur die Mufik und ihre Sfile zu iiberfehen, beffehf gerade
zwifdien diefem felbff und den energefifdien Vorgangen ein inniger Zufammenhang,
und es wird fidi durchgangig zeigen, wie erhohfe innere Dynamik audi geffeigerfes
Farbenfpiel ausloff, und daj3 eine diffufe Unruhe der Energien es iff, die audi den
Taumel der klangfinnlidien ReizWirkungen in der Romanfik zeifigf.
Selbff die klangpradifigffe Harmonik beruhf nidif in ihren fonenden Ausdrucks-
formen und diefe madien keineswegs ihren wejenflidien Inhalf aus, Aber ebenfo find
audi die Enfwickhmgslinien, aus denen fie innerhalb eines beffimmfen Mufikffiles felbff
hifforifdi bedingf iff, von einer fheorefifdien Befradifung nur zu gewinnen, wenn diefe
ffaff auf die fidifbaren Klangformen auf das Erffehen zu ihnen gerichfef ift Kein
Mufikffil mag vielleidif deuflidier als derjenige Wagners im „Triffan" erkennen laffen,
dag wir in der ganzen Harmonik mif dem Willen, in lefefer Linie erff mif dem Ohr horea
m
Ludwig Senfl als Afonaliff?
Von Dr. Hans Joachim Mofer
Privafdozenf der Mufikwiffenfdiaff an der Univerfifaf Halle.
Beim Tonkiinj'flerfeff in Weimar iiberrafdife midi der bekannfe Komponij'f Herr
Erwin Lendvai gelegenflich eines Gefpradis iiber die jiingffe Kunffbewegung durdi
die Behaupfung, fdion Ludwig Senfl habe fidi als Afonaliff gezeigf, wofiir Herr Lendvai
Jich auf eine Texfffelie und ein Nofenbeifpiel in dem Budie von Dr. Wilhelm Chriffian
Miiller in Bremen (1752- 1831) „Affhefifch-hifforifdie Einleifungen in die Wiffenfdiaff der
Tonkunjf, 1. Band; Verjudi einer Affhefik der Tonkunff"* (Leipzig, Breifkopf & Harfel 1830)
berief. Ich ging diejer dankenswerfen Anregung nach, und fand in der Taf zunadiff
einen Tonfafj vor mir, der Verbliift'ung erregen durffe. Da Miiller mehrere Nofenfehler
bringf, ging ich auf das von ihm nidif angegebene Original zurack. Es findef j'ich auf
der le^fen Seife eines wundervoll gedruckfen Folianfen mif nachffehendem Tifel :: : Liber
felecfarum canfionum quas vulgo Mufefas appellanf fex, quinque ef quafuor vorcum,
d. h. zu deuffdi: Buch ausgeWahlfer Gefange, die man gemeinhin Mofeffen nennf, zu
fiinf und vier Sfimmen. Der beriihmfe Humaniff Conrad Peufinger haf das Budi mif
einer vom \. November 1520 dafierfen Vorrede verfehen, Grimm und Wyrjung in Augsburg
find die Drucker. Ludwig Senfl, der geniale Ziiricher Schiiler Heinridi Ifaacs^ :: haffe
eben durch den Tod Kaifer Maximilians L feine Wiener Hofkapellmeifferffellung verloren,
und wahrend Albrechf Diirer nichf die weife Reife nadi den Niederlanden fdieufe, urn
fidi durch den neuen Herrn (Karl V.) die von deffen kaiferlidien GrojSvafer angejagfe
Penfion beffafigen zu laffen, ging Senfl nach Augsburg, vielleidif urn dorf den Thronerben
bei einem zu vermufenden Reidrsfag zu erwarfen, vielleidif audi, urn ffadfifdie Dienffe
anzunehmen. Die Zeif, bis ihm urn 1523 eine Berufung nadi Miindien befdiieden war,
benufjfe er zur Redakfion eigner und fremder Arbeifen, zumal wird er den Nadilap
Ij'aacs geordnef und im Humaniffenkreis das damals akfuelle Problem der Verfonung
anfiker Odenfexfe durdigearbeifef haben. So zeidmef er denn audi fur den mufikalifdien
Teil des gefamfen Sammelwerkes veranfworflidi und ffeuerf zum Sdiluj3 das erwahnfe
Curiofum bei. (Beifpiel A am SdilujS des Ariikels). Wollfe man das, wie es gefdirieben
Jfehf, als Parfifur von links nadi redifs mif drei Tenoren und drei Baffen fingen, wobei
die fdiwarzen Nofen als Sfimmfeilungen zu befrachfen Waren, fo Wurde das in der
Taf unerhorf afonal klingen. Aber die Vorangeffellfe „Devife" hilff uns auf den Weg:
„Nofieref die Worfe und bezeidinef die GeheimniJJel" Alfo ordnef zunadiff die Worfe,
dann loff fidi das Raffel. Nun ergibf fidi der Worflauf der erffen Zeile audi, wenn man
abwarfe die erffen Takfe jeder Zeile verfolgf, wenn man die lefcfe Zeile fakfweife ruck-
warfs lieff und bei den le^fen Takfen jeder Zeile enffprediend von unfen nadi oben
verfahrf. Ebenfo verfolgf man ein miffleres und ein innerffes Viered*, graphifdi dargeffellf :
*-
Hat Busoni sicii mtt seincm bekannten Buchtitel viclleicht hierauf bezogen?
?: Ich benntzfc (Lis Exemplar der Wiener Stnatsbibliothek.
*■* Vergi. mcine B Gcschichte der deutschen Musik" I. Band. (Cotta, Buchhandlung 1920) S. 455 bis 460.
364
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So ergibf fidi viermal die afklepiadeifdie Strophe
Salve fancfa parens (Q ru p dir) nei] j ge Maid
dulcis amor meus mp e Geliebfc mcin
Virgo pia falus fromme Jungfrau, der Welf
mundi coeli porta Heil und des Himmels Tor)
Offenfidiflidi handelf es fidi urn eine, Vielleidif von Peufinger gedkhfefc, gcifllidie
i arodie der bekannfen erffen, an Maecenas gerichfefen Horazode.
Ordnef man den Worfen die zugehorigen Nofen bei, [o haf man dorf, wo zwei
Pfeile zufammenffof3en, die fdiwarzen Nofen immer der fieferen Sfimmc zuzufeilen
und nafiirlidi den haufigen Sdiliiffelwedifel wohl zu beadifen. Es ergibf jidi auf diefc
Weife ein fauberer Mannerdiorfak, der nadi Art der damaligen Odenkompofifionen
von den Sfudenfen der klaffifdien Philologie vor, wahrend oder nadi der Univerfifafs-
Vorlejung gefungen werden follfe und wurde.* Rhyfhmifierf man den „dioralifer"
nofierfen Safj nach Maj3gabe der anfiken Mefrik, folaufef er harmlos genug." (Beifpiel I
am Schlup' des Arfikels). Die Melodie, die mif keiner der fonff bekannfen Odenkom-
pofifionen Senfls iibereinkommf, liegf im Sopran und gehorf dem phrygifchen Kirdien-
fon an — die Humaniffen benufefen gern die alfen Tonarfen, urn moglidiff „edif" zu
anfikifieren. — Das kunffvollffe Beifpiel folcher Spielerei biefef eine Sonafe des Niirn-
bergers Erasmus Kindermann (1653) fur zwei Violinen und Generalbap" „I1 Giardino
Corrupfo", die nadi Arf eines der damals beliebfen Irrgarfen und Parklabyrinfhc uber
zwei Blaffer hin ihre felffamen Zeilenwege gehf.**
Uber Senfl im allgemeinen fagf W. Chr. Miiller in feiner Affhefik I S. 175, nadidem
er von der Nafurharmonie in den Werken des Troubadours Adam de la Halle (13 3h.)
und der heufigen Alpler gefprodien haf: „Dies iff aber nidif unfere moderne, unfrer
Kulfur enffprediende Harmonie, die fidi auf Regeln wedifelnder, durdi IDbergangsfone
(Diffonanzen) erregfer, Forffdireifungen der Akkorde griindef, wo jederTon der diafonifdicn,
diromafifdien, fpringenden, wedifelnden Melodie feinen Baj3- und Leifefon, und danach
modifizierfqn Miffelfone — und jeder Ba)3gang feine fdiicklidien Begleifungsakkorde
forderf, wie es fidi fchon in den Mofeffen am Anfange des 16. Jhr. einigerma)3en enf-
Wickelf haf, z. B. bei Senfel und Scanfelli, wiewohl die Melodien fidi unangenehm ein-
ander durchkreuzen und fur jef3ige Mufikf'reunde alien Reiz verlieren." Uber das Unzulang-
lidne und heufe vollig Veralfefe diefer Ausfiihrungen braudif nidif viel gefagf zu werden.
Sdion die Zufammenffellung Senfls mif Scandello, die frofj des zeiflidien Abffandes
<*on nur efwa einem halben Jahrhunderf durdi eine Welf gefrennf find (es iff die fdiarfe
Wafferfdieide, die fidi zwifdien Spafgofhik und Renaiffance in Deuffdiland erhebf), iff
bezeidinend fur des Verfaffers geringe und zufallige, beffenfalls auf der Lekfiire uon
Forkels Mujikgefdiidife bafirfe Sfoffkennfnis. Muller iff fodann offenbar ein Kind der
ausgehenden Generalbaf3epodie, die ja felbff heufe nodi weifhin im provinzialen
Harmonielehreunferridif fpukf. Nun, und Sfimmkreuzungen -?!
Da)3 gerade die edife Polyphonie diefer alfen Kunff in der modernen Produkfion
als eine bedeufende Quelle von Anregungen befradifef wird, redifferfigf nodi einige
anfdilie£ende Bemerkungen. Die allgemeine Tendenz der heufigen Kiinffe, fidi an der
Seelenexpreffion der Primifiven vergleidiend zu fdiulen, lenkf die Aufmerkfamkeif
Wieder vielfadi auf die Eckigkeif der mufikalifdien Friihgofhik und damif auf die Frage
nadi der fonalen Halfung diefer Gebilde. Daj5 in der Laienkunff des fpafen Miffelalfers
(Minnefang, Volkslied, Tanze) Dur und Moll weif fruher zum Durdibrudt gelangf find
als in der mufikfheorefifdien Liferafur, wo fie lefcfen Endes erff 1720 mif Mafhefons
* Verel. Uber dicse eanzc Litcratur meine Musikgcscliichtc I S. 407—413. .
** Siehc den von Felix Schreiber heraiisgcgcbcncn Kindcrmann-Band der Dcnkmalcr der lonkunst in Bayern.
365
„Krififdien Mufikus" refflos den Sieg gegen die Kirdienfonarfen erfodifen haben, diirffe
heufe bereifs zu den Binfenwahrheifen gehoren. Gerade vom Sfandpunkf Sdionberg'fdier
Polyphonie darf aber folgendes infereffieren:
Joh. Wolf haffe gelegenflich Heinrich Ifaac'fcher Inffrumenfalwerke (Einleifung zu
Band XIV der Denkmaler der Tonkunff in Offerreidi) von dem Erwadien „harmonifdier
Auffaffung" in der Polyphonie feif 1430 gefprochen. Sehr geiffreidi Jagf zu diefem
Punkfe Theodor Kroyer im ,,Kirdienmufikalifchen Jahrbudi" XXI (1908) S. 233: .Der
kundige Lefer weij3, was Wolf mif dem Sdilagworf „harmonifdie Auffaffung" hier be-
zeichnen will; urn aber MijSverffandniffen vorzubeugen, ware es vielleichf angebradif,
{faff „harmonifdi" ein anderes Beiworf zu wahien. Nodi bis fief ins 16 Jhr. gilf der
Zufammenklang nichf efwa als Akkord im modernen Verffand, fondern in erffer Linie
als poly-melodifches Produkf. Audi wo Zufammenklange in „fonaler" Beziehung er-
fdieinen, iff der Sfandpunkf der alfe, und die „fonale" Wirkung fragen erff wir Moderne
indiefe Gebilde hinein, Weil uns das Gejiihl fur das abfoluf Melodifdie der alfen Gefange
durch unfere grundverfchiedene melodifdie Erziehung, die von der harmonifdien Deufung
ausgehf, verkummerf iff. Eine Zeif, die mif Kirdienfonen und Hexadiorden operierf,
denkf nidif harmonifdi, fondern fe^f nofwendig die Fahigkeif voraus, Klangfolgen eben
als eine Summe abfoluf er Tonreihen aufzufaffen; und diefe Fahigkeif haf man f idler
nichf erff im 16. Jhr. erworben. Darin liegf Jonach ein fundamenfaler Unferfdiied, der
fiir das Verffandnis alfer Mufik von hodiffer Bedeufung und nidif genug zu befonen
iff. Es iff darum mehr als bedenklich, zu fagen: man werde guf fun, fidi dem Unferfdiied
des Mufikempfindens der alfen Tonfe^er von dem unfern moglichff gering zu denken!
Was nur fiir gewiffe Ausnahmefalle, die es ffefs gab, zufrifff, wird hier generalifierf,
und die Gefahr riickf nahe, daj3 man fchliej31ich die fdieinbaren Harfen der Klangfolgen
und Kadenzbildungen in den alfen Tonfatjen fiir Crudifafen nimmf und — „korrigierf",
wie bereifs von einem namhaffen Mufikgelehrfen* gefchehenl Es iff nidif leichf, ein
freffendes Worf fiir eine fo fremdarfige Erfcheinung wie die „Harmonik" der alfklaffifchen
Chormufik zu pragen, aber es iff nachgerade Gebof. Aber fagen wir vorlaufig, bis
einbeffers gefunden,„fekfonifche" Auffaffung. Ich denke dabei ebenfo fehr an das griediifdie
reksiv im Sinn von „Ordnen" und „Fiigen" (= einem kirchenfonalen Prinzip einordnen)
Wie an die archifekfonifdie Wirkung eines foldierarf, auf Grundlage eines Kirdienfons
Wohlgeordnefen Melodiegefuges."
Fragf man nun nach wirklidien Kiihnheifen in der alferen Mufik, die mif den
heufigen Beffrebungen in Vergleich gefe^f werden konnfen, fo wird von einer Afonalifaf
im Sinne eines hemmungslofen Sdiweifens durdi das Gebief der Kleinfonalifafen unfer
Verzidif auf Einheiflichkeif der Groj3fonalifaf nur in verhalfnisma]3ig befdieidenen
Qrenzen die Rede fein konnen. Der Kreis der venefianifdien Chromafiker Miffe des
16. Jhr. urn den Fiirffen Venofa herum iff ja bekannf, die enharmonifdien Experimenfe
der Schule Zarlinos, die harmonifdien Freiheifen Monfeverdis und der Seinen ebenfalls. .
Man vergleidie efwa, Was H. Leidifenfriff in feiner „Gefduchfe der Mofeffe" fiber die
w Sacrae canfiones" des Heinridi Sdiii^ (1625) fagf.
Einer anderen Kiihnheif jener Zeif aber fei nodi mif einigen Worfen gedadif, die
gerade heufe von Bedeufung iff. Man befradifefe damals c und cis oder des und d
in ihrer Eigenfchaff als Terzfone nur als klangliche Spielarfen ein und desgleidien
Sfammfons c bezw, d, fodajS die zugehorigen Dreiklange fozufagen einem moniffifchen
Einheifsgefdiledif (frias harmonica) angehorfen, nidif in der Zweigefchledifigkeif nadi
Dur und Moll auseinanderklafffen. So hing es ganz von der Sfimmfuhrung ab, ob
ffism fiber dem a - Fundament c oder cis Wahlfe, beides konnfe gleidizeifig als verminderfe
* Gemeint ist wohl H. Riemann (Anm. v. H. J. M.)
366
■^m
Oder ubermafrge Okfave auffrefen, und zumal die heufe felbff von rechf forffdirifflichen
Harmonikern nodi gern befonfe Empfindlidikeif gegen Querffande cxiffierfe nidif.
Man fehe efwa in H. J. Sdieins Opella nova (161826) die mif fhemafifdier Harfnachigkeif
wiederkehrende Bildung.* (Beifpiel II). Wefenflidi fdiarfer aber wirkf dann diefes
Reizmiffef bei fimulfanem Erklingen. Das draffifdiffe Beifpiel diirffe kaum bekannf Jein;
es findef fich 1634 im zweifen Teil der „geifflidien Konzerfe" von Samuel Sdieidf, dem
berfihmfen Organiffen zu Halle a. d. Saale, wo es in dem Sffidi Nr. 11 mehrf'adi hcij3f:
(Beifpiel III). Dap" es fidi nidif urn einen Druckfehler handelf, beweifen nidif nur die
Parallelffellen, fondern vor allem die Nofiz des Aufors im Inhalfsverzeidinis zu diejem
Sffidi: „Daj3 eflidie Diffonanfien in diefem Pfalm, iff mif FleijS komponierf wegen des
Texfes". Alfo eine primitive Form von Ausdrudxsbemfihung („mufica rifervafa" fagfe
man damals), die aber weniger gehorf und empfunden, als vielmehr erdachf und aus-
gekliigelf anmufef. Es follfe fidh eben fo grimmig als nur irgend denkbar reiben.
Einen drolligen Beleg zu diefem Kapifel finde idi audi im drudiferfigen Manufkripf
des 2. Bandes zur „Gefdiidife des Violinfpiels" meines Vafers Andreas Mofer: Barfho-
lomeo Compagnioli, der bekannfe Enkeljdiiiler Tarfinis und langjahrige Konzerfmeiffer
am Leipziger Gewandhaus, fiihrf in feiner Violinfdiule v. 1797 (Ausgabe Breifkopf S.
Harfel 1827 S. 121) das viergeffridiene g mehrfadi innerhalb des aufffeigenden Gdur-
Dreiklangs als nafiirlidies Flageolef aus. (Beifpiel IV). Da ein foldies Flageolef fidi
in der Nahe der geforderfen Tonhohe nur als 5. Oberfon (gis""l) findef, rechnef Com-
pagnoli offenbar mif der Erfahrung, daf3 unferem durdi die gleidifdiwebende Temperafur
verdorbenen Ohr wirklidi reine Tonverhalfniffe, wie fie aus der Teilung der Seife
refulfieren, ohnehin unrein vorkommen, und mif der Sdinelligkeif des voriibereilenden
Inkulpanfen, der feine Illegifimifaf aber durdi glanzendere Klangfarbe weff madien foil!
Sfehf man aber nun einmal, wie Sdieidf fonff fehr energifch, auf dem Sfandpunkf
der GeneralbafSharmonik, fo wird man dem alfen Zelfer redif geben diirfen, der an
Goefhe fdireibf: (Mai 1808)** „Das Ohr kann alle Diffonanzen nebeneinander verfragen:
die Prime neben der Sekunde, die Sekunde neben der Quarfe, die Quarfe neben der
Quinfe ufw.; dodi die kleine Terz neben der gr©j3en Terz iff unausffehlidi, weil es un.
aufloslidi iff." Solange man alfo die Diffonanz nodi als einen nadi Lofung verlangenden
Spannungsfakfor befradifeif, iff das gleidizeifige Erklingen von gleidinamigem Dur- und
Moll eine „Confradicfio in adjecfo", fur die Sdieidfs milde Bezeidinung „Diffonanz"
beffer durdi „Disharmonie" zu erlefeen ware. Befrachfef man aber die Diffonanz nur
nodi als Klangfarbe oder als lineares Zufallsprodukf, fo haf der befprodiene Klang
foviel Dafeinsberedifigung wie jeder andere, da feine Exiffenz ja uberhaupf nidif mehr
durdi irgend ein objekfives Kriferium verfeidigf zu werden braudif.
Idi glaube, nadi dem Gefagfen»wird von dem, was die heufigen Enfdeckungsrei-
fenden im Neuland der Harmonik fudien, in der Kunff der alfen Zeif nidif allzuviel zu
finden fein. Eher in Hinfidif auf eigenarfige Formideen; und es wurde der neueffen
Kunff m. E. zum Segen fein, wenn fie die alfen, ihr als abgebraudif gelfenden Formen
moglidiff durdi geiffreidie neu e Formen erjefcte, ffaff hier efwa einem Ideal des „Aformalen"
nadizuffeben. Gerade die Kunff des 14. und 15. Qhr. verfugfe (man vergleidie efwa
H. Riemanns Handbudi der Mufikgefdiidife fiber die Rondeaux und Balladen jener
Zeif) fiber einen fdiier unerfdiSpflidien Wagemuf in ardiifekfonifdier Hinfidif, deffen
Anregungen von der Folgezeif bisher nur erff zum allergeringffen Teil ausgenufjf
worden find.
(Nofenbeifpiele fiehe folgende Seife.)
A. PrLifers Ges.initnusfjabc der Wcrke S'.hcins-Bd. V S. 21.
'" Ausgabe des BiiefvvecliseVs bei Reclam {L. Geiger) I S. 221.
367
Beifpiele:
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Das Sfilproblem in der Muj'ik
Von Dr. Kafhi Meyer.
Gibt es einen Stil in der Musik, den man mit
auBermusikaiischen Begriffen fassen kann? Verneint
man diese Forderung, so wird es genUgen, die ver-
schiedenen Perioden mit rein musikalischen Aus-
drueken zu charakterisieren, etwa: 1. einstimmig un-
begleitete Epoche (bis zum 10. Jahrh.j; 2. unbegleitete
mehrstimmige Periode (bis zum 17. Jahrh.); 3- be-
gleitete ein- und mehrstimmige Musik (bis auf unsere
Zeit). Es lassen sich hieraus eine Kette interessanter
Folgerungen ziehen, etwa, dafi die erste Epoche ihren
besonderen ktinstlerischen Reiz durch die feine
sprachrhythmische Variationsmoglichkeit erhSlt. Hier-
auf muB die zweite Periode verzichten, gewinnt aber
dafur die polyphone Mehrstimmigkeit Die Bewegung
wird jetzt mannigfaltiger durch mehrere Faktoren —
gegen eine Stimme vorher - hervorgebracht, bei
groBerer rhythmischer Bindung als fruher. Die dritte,
moderne Zeit gibt zum groBen Teil die melodische
Selbstandigkeit der einzelnen Stimmen auf, und ge-
winnt dafur die merkwUrdige Belebung durch den
eigenartigen Wechsel von reiner (Streicher) und tem-
perierter (Blaser) Tonalitat, der im heutigen Orchester
fast an der Grenze angelangt zii sein scheint. Von
dieser Art geht wiederum die modernste Musik ab,
die es auf eine mannigfaltigere Variation der Tonalitat
abgesehen zu haben scheint. Welche Qualitat sie
dagegen abzustoBen gedenkt, laBt sich noch nicht er-
kennen. Wo man auch hinsieht, beziiglich Rhythmus,
Periodenbau - uberall ist das Streben nach einer
starkeren Differenzierung aufzuweisen.
Von diesem rein musikalischen Standpunkt aus
lassen sich noch weitere Stilprobleme behandeln, so
das der Differenzqualitaten; wonach jede Generation
besonders empfindlich gegen die Higenheiten reagiert,
die von den Vorgangern unterstrichen worden sind.
Es kommt dadurch ein ewiges Auf und Ab in dtn
Lauf der Entwicklung. Ein typischer Wertmesser fur
diese Hypothese ist die jeweilige Wertschatzung eines
Kunstiers- Wir brauchen nur an Komponisten wie
Bach und Mozart zu denken. Mozart, heute hoch-
geschatzt, wurde in der vorigen Generation miBaehtet
(im Gegensatz zu Wagners pathetischer geschwungener
Linie!), vordem wurde er geschatzt, noch fruher wieder
unterschatzt. Ahnhch ging es mit Wagner und iiber-
haupt mit der Wertung der einzelnen Perioden gegen-
einander. Wir sind heute empfindlicher gegen die
Schwacheu eines Wagner, ais gegen die vieileieht
starkeren Mangel eines Komponisten aus friiheren
Zeiten. Den Weg der Entwicklung bestimmt also
nicht allein der Fortlauf, sondern auch eine ruck-
wartige Bewegung gegen die voraufgehende Epoche.
Wie ist nun das Stiiproblem zu iosen, wenn man
auBermusikalische Begriffe heranzieht? Wir stehen
heute auf dem asthetischen Standpunkt, daB die Her-
rneneutik, solange nichts Besseies vorhanden, die
brauchbarste Methode ist; doch befindet sie sich noch
zu sehr im Anfangsstadium. Trotzdem aber stehen
wir schon heute teilweis ratios vor einst guitig ge-
wesenen Auslegungen der letzten Generation. GewiB,
will man zu einer Wertung kommen, so ist der „Ver-
569
glexh" iinen tbehrlich; sollte man nicht aber --
wenigstens als Erganzung — nur innerhalb einer
Kunst vergleichen? Aus der verschiednen Behandlung
des gleichen Vorwurfs — des Messetextes z. B. —
lieBen sich gewiB Aufschliisse iiber den verschiednen
Zeit-, Lokal- und Individualstil* zweierKiinstler folgern.
Die auBermusikalische Methode kann nur wertvo.Il
werden, wenn sie Einordnung in die kulturellen Ver-
haltnisse anstrebt. Hier bei dem Stilproblem komnit
es auf die Losung der Frage an: „K6nnen wir in der
Musik entsprechend der sonstigen Kultur Stil-
proben unterscheiden? Fur das Altertum und das
friihe Mittelalter sind wir bei dem heutigen Stand der
Musikwissenschaft noch nicht dazu in der Lage. Ein
wirkliches Stilempfinden vvird erst moglich etwa vom
15. Jahrhundert an. Aber auch von diesem Zeitpunkt
an sind wir nicht annahernd so orientiert, wie in der
Literatur und den bildenden Kiinsten. Man pflegt in
der Musik nur folgende Epochen als geschlossene Stil-
perioden zu bezeichnen: die Renaissance (Beginn 1600),
die Zeit der Klassiker (1800) und die Romantik (von
Schubert bis zu Brahms und Wagner). Die musikalische
Renaissance fallt also keineswegs mit der Zeit zu-
sammen, die wir sonst unter diesem Namen begreifen.
In Architektur und Malerei rechnet man die Renaissance
zur Epoche der Palestrina und Lasso, die stilistisch
wesentlich anders i'st, als die der Peri und Caccini.
Die beiden anderen Perioden sind nach den literarischen
Stromungen benannt Die Kiassikerepoche fallt zeitlich
annahernd mit der literarischen zusammen, wahrend
die recht weit gefafite musikalische Romantik eine
viel langere Spanne umfaBt als in der Literatur. Man
braucht jedoch nur die vorbereitenden Schulen zu
betrachten — wie die Stunner und Dranger in ihrem
Verhaltnis zu Goethe und Schiller, dem in der Musik
nichts zu vergleichen ist — urn des mehr -Zufalligen
der Obereinstimmung inne zu werden. Ebenso
skeptisch muB man sich zu dem Nebeneinanderstelleu
des malerischen und musikalischen Impressionismus
verhalten. Die musikalische Asthetik iniiBte tiefer
fundiert werden, urn zu einer ernsten Klarung des
Stilproblems'und zu einer richtigen Periodisierung der
Musikgeschichte zu gelangen. Die landlaufige Ein-
teilung ist jedenfalls abzulehnen.
Einen Weg zu brauchbaren Resultaten. sehe ich
in folgendem Vorgehen: Man muB sich bewuBt werden,
daB mehrere Faktoren zu dem vereinigi sind, was
wir Musik nennen, namlich Rhythmus, Melodie,
* Der Begriff Stil, der ursprOnglich aus dem li-
terarischen stammt, laBt sich in drei Unterabteitungen:
Ort-, Zeit- und Individualstil, zerlegen. Der ortliche
Unterschied fallt im Literarischen mit der Trennung
in verschiedne Sprachen zusammen. DaB dieser
sprachliche Stil mit dem Geist und der Kultur der
Zeit in engster Verbindung steht, erkiart sich aus
dem gleichen Instrument, das beide standig benutzen,
dem Wortschatz. Wir brauchen nur an eine Er-
scheinung zu denken, wie die Verwilderung der
Sprache itn Deutschland des dreiBigjahrigen Krieges.
Harmonic u. a. Von Rhythmus sprcchen wir auch In
der Literatur und Architektur, von Melodie und Har-
monic jedoch nur in allgemeinerem, iibertragenem
Sinne. Beziiglich des Rhythmus lieBen sich also
Analogien zwischen den einzelnen Kiinsten festlegen.
Wichtiger scheit mir, darauf zu achten, daB jeder
dieser Faktoren im Menschen auf bestimmte
Ernpfindungsgebiete wirkt. Rhythmus und Stimm-
fiihrung (Konrrapunktik, Verarbeitung) starker auf die
Willenseigenschaften, Melodik und mehr noch Har-
monik starker auf die Sinnes-Organe. Man muBte
die einzelnen Epochen daraufhin untersuchen, welche
clef erwahnten Krafte sie besonders betonen. Aus
den Ergebnisseu ware zweierlei zu folgern, erstens
ob Parallelitaten mit den anderen Kiinsten bestehen,
und zweitens, ob dariiber hinaus sich Riickschliisse
auf den Geist der Zeit machen lassen. Erst auf
Grund positiver Ergebnisst liesse sich dann die Musik
in die sonstige Kultur einfugen. Wie unsicher die
bisherige Klassifizierung war, kann man an dem Bei-
spiel Bach's sehen, der einmal als gotisch, einmal als
barock, mitunter selbst als Rokoko empfunden wird.
So vielseitig auch die Kompositionen Bachs sind, so
diirfen sie doch nicht als so vieldeutig aufgefaBt
werden. Immerhin ist eins festzustellen, daB es sich
bei all diesen Benennungen urn expressionistische
Stile handelt. Sollte dies nicht die Theorie von def
Wertung der einzelnen Faktoren in den Kiinsten be-
statigen?
Ich will zum SchluB an Beispielen zeigen, in
welcher Weise ich mir die Theorie angewandt, und
weiter zu entwickeln gedenke. Das Uberwaltigende
in den Beethovenschen Symphonien ist in dern macht-
vollen Rhythmus und in der hinreiBenden Verarbeitung
(Durchfiihrung) gegeben, d. h- es beruht auf den
Faktoren, die besonders auf den Willen einwirken.
(Ich umgehe absichtlich den Ausdruck Inteilekt.) Als
Parallelerscheinung ist Schiller zu nennen; auch bei ihm
Patnos, machtiger Rhythmus, keine Schilderung von
Stimmung, sondern Aktion. Beide Kiinstler in ihrer
Richtung Kinder der Zeit, Trager der Revolutionsideen
von 1789, Verkorperer der Emphase der neuen
ethischen Grundsatze. (Ich lege der Wirksamkeit
der herrschenden Ideen, mcigen sie ethisch sein Oder
historisch-artistisch wie in der Renaissance, mehr Be-
deutung bei, als der Einwirkung der soziaien Ve.r-
haitnisse) Als zweites Beispiel sei der Versuch an-
gefiihrt, eine Parallele zwischen den Impressionisten
und Richard StrauB herzustellen. Man uberschatzt
heut zu oft bei dieser Malerschule den Namen (im-
pression), der zwar nicht ganz zusammenhangslos mit
ihren Tendenzen ist, aber nur nebensachliche Be-
deutung hat. Den Nachdruck bei ihren Bildern legten
diese Kiinstler nicht so sehr auf das subjektive Mo-
ment des Eindrucks, noch weniger auf die Wirkung,
die sie auf das Publikum ausubten, sondern das, was
sie zum Prinzip erheben wollten, war die veranderte
Technik, die Verlegung der Werkstatte vom Atelier
in die Natur, also Naturalismus, Freilicht statt Un-
natur und Atelierbeleuchtung. Der Unterschied zu
m
Mmm
sESfflSfed;
den Biklern dcr Vorganger lag niclit im „was" des
Vorwurfs, sondern iui „wie". Die Folge des „plain
air" war die Betonung der kraftigen, reinen Farben,
die man mutig nebeneinander setzte, im Gegensatz
zur gewohnten „sauce brune". Die Farbe ist die
eigentliehe Materie der Malerei, die sie und nur sie
allein von alien Zweigen der bildenden KUnste besitzt.
Dem entspricht in der M-usik der Klang. Den I mi -
pressionisten zu vergleichen waren die Musiker, die
in ihren Komposiiionen das Klangliche als selbstandiges
Phanomen betonen, und zu diesen gehort ohne
Zvveifel Richard StrauB Auch hier ist es moglich,
weiter zu gehen, um Paralleled zum Geist der Zeit
zu Ziehen. Nach der obigen Einteilung wiirde die
Farbe ebenso wie der Klang zu den Qualitaten zu
zahlen sein, deren Wirkung vor allem die Shine, das
mehr Passive im Menschen erregt. Farbe und Ton
siud in starkerer Weise Materie des Kunstwerks als
Zeiehnung und Rhythmus u. a. Von der Materie laTSt
sich leicht auf Materialismus schlieBen, dem typisclien
Geist der vorhergelieuden Generationen, wobei aller-
dings zu beriicksiehtigen ist, dan die Impressionisten
zeittieh nicht ganz mil Richard StrauB xusammenfallen
Als drittes Beispiel set ein Fall aus der niodernen
Musik crwahnt. Hei den Mestrcbungen, die Tonalitnt
zu erweitern, hat man auch exotische Tonsysteme u a.
aufgenommen. Als Parallelen in iWn bildenden
Kiinsten sei auf die Himvirkung japanisclier Tcchnik
in der heutigen Holzschnittmanicr hingevviesen, im
Zusammenhang daniit auf die Internationalisierung tier
heutigen Kultur.
In dieser Weise niitBte die Tlieorie vorsichtig
wetter ausgebaut werden. Ich halte diese Verbindung
und Parallesicrung von rein musikalisehen zu autier-
musikalischen Kunstwerken, und dartiber hinaus zur
Geistigkeit i\cr Generation Eur eineti Weg, der immerhin
zu Resultaten fiiliren kann, wie z. II zu einer richtigen
Periodisierung der Musikgescliichte und schlielMich zu
einer musikalischen Stillehre.
Oper und — Revolution
Ein N o t \ ch r e i
Von Rudolf Schulz-Dornburg, Bochum.
Man ist mil seiner deutsehen Revolution in den
Koiiservalivismtts seiner Kunst luueingeschlafeu.
Wahreiul die Produktiven, tibcr zcrbroehene Foriuen
hintastend, sich ehrlich zwischcn GespoTt und -- Niclit-
Verstaiiden-werdeu/iurehringeu, ersiairt die Reproduktiou
(und nidit nur bcim Theater) im Ilcrkommlichen, licirt
allzu friih der Versuch zur Reform auf.
Richard Wagner: a In Wahrhcit bin ich der Meinung,
dafi es m it dem Theater iiberhaupt cine iniClichc Sache
ist, und daB es fur einen Menschen, dcr etwas Hrustcs
vor hat, im Grundc besser ist, sich gamicht dainit zu
befassen." Und Gtistav Mahler: „Ich habe es rcdlieh
gemeiut, mcin Ziel lioch gesteckt, nicht immcr koiintcn
meinc Bemuhuugen von Frfolg gckrOnt scin. Dem
Widerstand der Materie, der Tueke des Objektes ist
niemand so iiberantwortet wie der ausubende Kiinsticr.
Aber imuier habe ich mcin Gauzes darangesetzt, meinc
Person der Sache, meinc Neigungen der Pfliclit
nntcrgeordnct. Ich habe mich nicht gcsclictit und
durftc dahcr auch von den andcrn die Auspannung
allcr Krafte fordcrii."
iieute: Das Schauspicl in sichtbarer Enfcwicklung.
Vicl gute Abrundung eincs Werkes immerhin und
liberal! wieder, daB nicht nur dem Eingeweihten Untcr-
schiede sichtbar werden. Bereits cine bestimmte
Trennung: Komodie ais Unterhaltung, lustig oder
hubsch, — und spectaculum als Feicr, erscliiitternd,
uachhallend.
In der Oper bewuBtc Tauschtiug. Wahreiul des
Kricges am starksten bctout Theater als „Kuhur-
faktor, Vorsteilung als beruhigeude Freude in schwereri
Tftgeu --, der Kiinsticr nach dem Grade seiner soge-
nauuten Beliebtheit besehaftigt, abwechsiuugsreicher
Spielplan, einc Sache schon nach der andcrn, — Tief-
land, Troubadour, Mignou, Lohengrin, sonst spielt ich
mit Szcpter; immcr aber als Superlativ in der Aus-
hihnuig: „ Tradition" das Dogma. .Tradition** angc-
wendet auf Kuustubuug! - ein furchterliches Wort fur
dcu, der ein direktes Verhaltnis zum Kunstwerk hat.
„Nichts beleuchtct so sehr die Lccrhcit und Totlie.it
des Kunsttreibens, die Vcrlasscnhcit des lebendigen
Ktmstwerkes in dieser totcn Welt, als die heiiige An-
wendung dcr Tradition mit oder ohne Eiugestandnis/
(Mans Pfitzner.)
Allcr Hafi des Kunstlcrs und allc Kraft des Kunstlers
sollcn sich aufbaumeu gcgen die Tradition der Gesetz-
gcber.
Doch das schlcndert wciter.
Niemand wird mit einem Mai Volicndung hinstelicth
aber es soli doch dahingestrebt werden, tibcr dem
Irrtum der Wi lie stehen!
Da siud Sanger. Lernen singen — richtig singen
nur dcr Bruchteii — in Gesangschulen, bci Gcsang-
lehrern. Nur die Auscrwahltcn im ; ,Enscmbfc" singen
Gluck und Mozart. Musik, gar ? Vcrstandnis fiir das
Kunstwerk in seinen tiefstcrt Schwingungen - gehort
371
niclit ziuii Studium. Ganz Einfaches braucht's niclit,
greifen wir etwa hcraus: Stiluntcrschicdc (zwischen
Fidelio, Million mid Aida) — dramatischcr Aufbau dcs
Werkes (Donna Anna ini Giovanni, Gilda im Rigolctto) —
Kcnntiiis der Tonalitat (Rczitative vor Aricn) etc. Die
Sanger von Figaros Hochzeit konnen das Werk niclit
italieniseh leseu, erfahren sicher erst beim Einstudicren,
wie sie Verzierungen bci Beethoven oder Weber zu
singcn haben. Wundcrvolle Ausnalimen bestatigen nur
schmerzhaft die Regcl.
Darin sind die Musiker im Orchestcr. Ehrlich Ge-
plagte. MaBlos durch Proben, Auffuhrungen und wo-
moglich nocli groBe Symphonickonzcrte uberanstrengt.
Im Durchschnitt — Nur-Musikcr. In einer selbst auf
groBtcn Konservatorien laclierlich einseitigen Ausbildung
auf ihr Instrument vorbcreitet; bei schweren auBerlichen
Verhaltnissen mit der Ausbildung durchgepeitscht. Be-
schamcnd fleiBig (wiiBte das Publikum von den Leiden
cines Clarincttisten mit seinem Instrument, der schwierigen
Arbeit des Harfenistcn), leben sie in ewigem Gleichmafr:
Probe, Vorstclkmg, Unterricht. Erleben tagliche Aner-
kennung der Sanger, der Dirigenten — wie wenig blcibt fur
den Finzelnen, wenn er den Siegfried oder die Salome ge-
blasen hat. Theoretisch ist der Musiker so sehr Kiinstler
wie der Kapellmeister; ein Idealorchester, wenn cin
ganzer Korper mehr musikalisch niclit nur unter der
Hypnose eines begnadeten Taktsehlagers enipfindet,
sondcrn alle, der erste Konzeruneister und der zweite
Pauker als Kiinstler gcstalten.
Was aber ist der Kapellmeister? Fragt die Sitte:
Sicher ist, dafi er zunachst — Routinier scin mufi.- Die
Fulle seiner praktischen Arbeit, vor allern an inittlcrcn
Theatern, lafit ihm selten Zeit zu so tiefcm Einfuhlen
in die Partitur, dafi er,sie nachschafft.
Ein Kapellmeister sagte mir eiumal: „Sie konnen
die musikalische Leitung ohne jede Probe ruhig iiber-
nehmen, das ist an alien Theatern so Sitte, und Opern
wie der Taunhauser stehen ja in der Auffassung fest!"
Als ob niclit erst da das Eigentlichc hcifiester Arbeit
beganne, namlich das Feststehende zu lockern, vviedcr
lebendig und wahr zu machen, in uucrmudlicher Arbeit
Schwingung und Gegenschwingung auszulosen!!
Dies mein ceterum-censco ist nur der Ruf eines
Tags. Es Hcgt niclit am Einzelnen: in den Wurzelu
nagt der Wurin, der das ganze System unterwuhlt.
Teile eines Prograinms: Erziehung der Sanger
ineben richtiger Stinnnbildung) auf Univc: itatcn der
Kunst, die nichts mit dem laclierlich verkuoclierten
Schulbetricb jetziger Musikscluilen gctnein hahen (audi
Arzte konnen gesetzlich gcgen Kurpfuscher vorgehen).
Staatliche Organisierung von Anfangcrbuhnen, ya\ deneu
man iuoffizicll die kleincn Theater machen konnte (die
nur einen Stamui von aitcn, ordeiitlichcn Mimeu haben
muBtcn). So wurdc dreifach bessere Arbeit geleistct,
als wir sie heute vorfindcti.
Von da aus an die Muscntcmpel der groBeu Stadte,
der Stadte mit reichen Mitteln. Und hicr: Zunachst
eine Art guter, frischcr Unterhaltungsktinst auf laufendem
Spielplan, solange die Hauser Geld bringen mtisscn;
hubscher Lortzing, Meyerbeer, „ Faust und Margarethe"
und das w Glockchen", Flcdcrmaus und sonstige klassische
Operetten. Dancben aber bereits von Begiun an: Mit
vorgebildetcn Sangern den Sonntag und den Wcrktag
zum ewigen Feiertag fiir das Werk machen. Wer in
solehes Theater kommt, geht in die Kirche, in der
nichts dunkel und duster.
. Dazu sollen Musiker zu Kiinstlern ausgebildet
wcrden, gestiitzt durch eine frische Erziehung zu Dingeu
der Allgemeinbildung, in padagogiseh intcressanter Ver-
kniipfung mit den zukunftigen Aufgaben des Berufs.
Dies alles in einem Spielplan, der Zeit laBt; dem
musikalischen und szenischen Leiter zum Wiclitigsten,
zur Vorbereitung; Dem Ganzen; Solisten, Orchester,
Chor, zur Einarbeit.
Audi das ist niclit fantastischer Traum: Wo das
Werk in der Vollendung lierausgcbracht wird, — muB
sichtbare Erkenntnis im Zuscliauer ersteheu. Gutes ist;
Das wollende Nachschaffen dcs Voliendetcn; iibcr die
Gefalir der Zufalie hin im gcnicinsamen Will en zur
Einheitlichkeit. Von der aber sagt ein groficr Mcister
besser als ich's vermag: ^Einheitlichkeit heitit also das
Losungswort, dem sich mit gleicher Berechtigung kein
andcres an die Scite steilen laBt. Denn einmal: iin
Kopfe des Schopfers war cs ein Bild, von cine m
Geiste durchtrahkt, ein lebendiger Organismus. Danii,
auf dem Wege in die Welt, spaltet es sich in Teile: in
die Faktoren, in vcrscluedeuc Kopfe, in die Vielheit.
Dicsc Teile so zusammenfugen, daB das alte Urbild
entstcht, die Tone zu dem Akkord zusammenzustimmen,
der den alten Urgrundton horcn lafit: Das ist die Auf-
gabe" (Hans Pfitzner).
Kunst hciBt Opferung: Kiinstler sein hcifitkainpfcnder
Priester sein in dienendem Lcid.
372
<$>
■v.h'-.-i
iMMMm
Widifige neue Mufikalien, Bfidier und Auffafze
iiber Mufik,
mitgeteilt von
Professor Dr. Wiihelm Aitmann, Berlin-Friedenau, Sponliolzstr. 53-54.
Diese Zusamrnenstellung, die moglichst in jedem Heft dieser Zcitschrift erfolgen wird wilt audi nocli un-
gedruckte groBere Werke, vor aflern Symphonien, symphonischc Dichtungcn, Konzertc, Kam.nennusikwerke Onern
Chorwerke rmt Orchester einbeziehen, urn namentlich Dirigenten darauf aufmcrksam m machcn. Diejenigcn TonseUer'
die derartigcWerkc (jedoch nicht etwa Klavierstucke, Lieder, Mannerchore) fertig haben, werdcn gcbeten, uiich da von
in Kenntnis zu setzcn, dodi behalte ich mir die Entscheidung fiber die Aufnahmc vor. Diese kann audi bci gcdrucktc.ii
Werken wedcr durch ein Inserat noch durch Einsendung der bctreffenden Musikstiicke oder Biichcr erzwungcn werdcn.
Rticksendung ctvvaiger Einsendungen wird grundsatzlich abgelehut.
Die Hinzufiigung des Vertags wird Bestellungen erleichtern. Zu den angegebcueu Prcisen komtnt immer
noch der sogen. Teucrungsaufschlag seitens des Verlegers und audi des Sortimenters hinzu; er scliwankt bckamitlicli,
meist aber betragt er 200% + 10%.
Haydn, Joseph: Sonaten f. Flflte (Viol) m. Pfte (H.
W. Draber) in C und Es (ietztere nach Quartett
op. 76 Nr 6), Bote & Bock je 4 M.
Kahn, Robert: op. 67 Zwischen Sommer und Herbst.
EH Klavierstucke. Bote & Hock Heft I u. 2 je
4 M.; Heft 3 5 M.
Leipold, Bruno: op. 113 Sammlung v. 86 klass. und
modernen Orgelstucken in ieichter Spielart z. Ge-
brauch beim Gottesdienst. Hug, Lpz 4,50 M.
Liszt Franz: Fantasie iiber ungar. Volksmelodien fiir
Pfte m. untergei. 2. Pfte bearb. (Max Pauer). Litolff,
Braunschweig 1,50 M.
— : Ungar. Rhapsodie Nr 19 zum Konzertgebrauch
bearb. (Ferr. Busoni). Breitkopf & Hartei 1,50 M.
Oyen, Joh. van: o.p. 2 Sechs Klavierstucke. B. Siegel,
Berlin 3 M-
Rabel, Anton: op. 21 Sommertage. Kleine Stimmungs-
bilder f. Pfte. Wunderhorn-Verl., Miinchen 3 M.
Schelb, Josef: op 6 Drei Klavierstucke. Wunderhorn-
Verl., MUnchen 4 M
Vivaldi, Antonio: Largo f. Viol. u. Klav. (Harmon.,
Org.), bearb. v. Hjalmar v. Dameck. Raabe & Piothow,
Berlin 1,50 M.
Wolfram, Karl: op. 18 Der Cantus firmus auf der
Orgel Bd II: Uralte Trostgesange u. Friedensklange
in Vorspielen zu Kirchenmelodien f. Orgel. Bertels-
mann, Giitersioh 8,50 M.
Zilcher, Hermann: op. 22 Klage. Konzertstttck f. Viol.
Mit Pfte bearb. (Waiter Arch). Breitkopf & Hartei,
2,50 M
I. Inffrumenfalmufik
a) Qrcheffer (ohne Soloinffrumenfe)
Kauf, Franz: Abendmusik f. Streichorch. Cieplik,
Beuthen 3 M.; jede St. 0,80 M.
StrauB, Rich.: op. fiO Suite aus der Musikzum „Burger
als Edelmann". Fiirstner, Berlin. Preis n Vereinbar.
b) Kamntermufik
Bach, Joh. Christoph Friedr.: Trio (G) f- Viol., Viola
u. Pfte 5 M ; Trio (C) f. Flote, Viol. u. Pfte 4,50 M-;
Septett (C) f. 2 Horn., Ob., Viol-, Via, Vcello u. Pfte
6 M. (hrsg. v. Geo. Schiineniann) Siegel, Lpz
Bohnke, Emii: op. 5 Trio (b) f. VioL, Vcello u. Pfte.
Simrock 12 M.
Huber, Hans: op 136 Quintett f. Pfte, Fl., Klarin.,
Horn u. Fag. Hug, Lpz 20 M.
Hummel, Joh. Nep.: op. 50 Sonate (D) f. Flote (oder
Viol.) u. Pfte (H. W. Draber). Bote & Bock 4 M.
Leidesdorf, M. J-: Sonate (G) f. Flote u. Pfte (H. W.
Draber). Bote & Bock 4 M.
Straesser, Ewald: op. 34 Quintett f. Klarin,, 2 Viol.,
Via u. Vcello. Simrock kl. Part. 4 JVL; St. 12 M.
c) Sonffige Inffrumenfalmufik
Andreae, Volkmar: op. 32 Rhapsodie f. Viol. m. Orch.
Hug, Lpz P. u. St. Preis nach Vereinbar.; f. Viol-
m. Klav. 6 M.
Bach, Joh. Christ. Friedr.: Sonaten f. Klav. (G. Schiine-
niann). Siegel, Lpz Nr 1 (A) 3 M.; 2 (D) 3 M.;
3 (A) 3,50 JVL; dsgl. Sonate f. Klav. zu 4 Hdn
(C) 5 JVL
Bohnke, Emit:' op. 6 u. 8 Klavierstucke. Simrock
je 5 M.
Breithaupt, Rud. Maria: Die naturlidie Klaviertechnik.
Teil III Prakt. Studien Heft 3. Kahnt, Lpz 8 M.
David Jff, Karl: Album. 6 ausgew. Stucke f. Vcelio
m. Pfte (Paul Michael). Litohf, Braunschweig 1,50 M.
Ebe!, Arnold: op. 21 Fantasia espasiva f. Klav. noch
ungedruckt [UrauffUhr. 16. 9. 20 Berlin]
Gruner, Willi L: op. 7 Ktaviersliieke. Simrock Nr 1
bis 3 u. 5 je 1,50 M.; Nr 4 I'M,
II. Gefangsmufik
Musikai. Novelle.
(Opern)
Hubay, Jeno: op. 85 Moosroschen.
Klav.-A. Universal-Ed. 15 M.
Kelley, Edgar Stilimann: op. 37 The Pilgrim's Progress.
A musical miracle play. Klav.-A, 01. Ditson Comp.,
Boston 2,50 Doll. [Konzertauff. 9. 4. New York]
b) Sonffige Gefangsmufik
Berndt, Martin: Kindelwiegenfieder f. Ges m. Pfte.
Zimmermann, Lpz 2 M.
373
Dachs, Michael; op. 29 Orgelbegleitung zum Kyriaie
vatikanischer Lesart mit deutschen Rubriken. Cieplik,
Beuthen OS 10 M.
Prank, Ernst: op. 14 Sechszehn Duettinen aus „Am
Fenster" von Kate Greenaway f. Sopr. u- Alt m. Pfte.
[N. A] Edition Breitkopf & Hartel 1,80 M.
Graener, Paul: op 52 Vier Lieder Nr 1 An den Mond,
2 Durch Einsamkeiten, 3 Wir gehen am Meer,
4 Der Himmel offnet die blaue Tur. Bote & Bock,
je 1,50 M.
Heln, Richard: op. 55 Acht alte heimatliche Weihnachts-
lieder f. mittl. Singst. m. Pfte u. Viol, freigesetzt.
Cieplik, Beuthen '6 M.
Huber, Hans: Vier einfache Heimatlieder f. Manner-
chor. Hug, Lpz jede Part. 0,80 M.; jede St. jeder
Nr 0,20 M.
Kahn, Robert: op. 70 Drei Gesange f 3st. Frauenchor
m. Pfte. Simrock Nr 1 Der Abend, Nr 2 Gesang,
der Engel Part, je 1,20 M.; Nr 3 Lebensernte einer
Siebenzigjahrigen 2,50 M.
Kauf, Franz: Das Mysterium des Todes. Symphon.
Dichtung f. Soli, Choru. gr. Orch. Cieplik, Beuthen
Part. 80 M.; Orch-St. 80 M.; jede Chorst. 2 M-;
Klav.-A- 9 M.
— : Lieder f. Singst. m. Pfte Nr 1 — 10 Cieplik je
1,50 bis 2 M.
Kaun, Hugo: op. 112 Deutsche Weisen Nr 1—7.
Ausg. f. Mezzosopran (Ait) oder f. hohe St. je 1 M.
bis 1,50 M.
Knab, Armin: op. 6 Drei Mombert-Lieder f. Bariton
m. Orch. noch ungedruckt [Ausg. m. Klav. Wunder-
horn-Verlag, Munchen); Urauffuhr 26. 4. Nurnberg
Levater, Hans: op. 28 Drei Gesange f. gem. Chor.
Hug, Lpz Nr 1 Part. 0,80 M.; Nr. 2 1,50 M-;
Nr 3 1,80 M.
Mraczek, Jos. Gust.: Drei Lieder f. 1 Singst. m. Pfte
(lGlut,2Mutter,3Wiegenlied). Bote&Bockje 1,50 M.
— (4) Lieder f. 1 Singst. m. Pfte (1 Erwartung,
2 Heiliger Hain, 3 Kleines Gliick, 4 Eine Melodie
singt mein Herz. Zimmermann, Lpz Nr 1, 2 u. 4
je 2 M.; Nr 3 1,50 M.
Pfannenschmidt, Heinrich: op. 42 Zwei Gfockenlieder
f. 3st. Frauen- od. Kinderchor. Vieweg, Lichterfelde
Part, je 0,30 M.
Rasch, Hugo: op/ 13 Fttnf Gedichte von Wilh. Burck
f. 1 Singst m. Pfte. Zimmermann, Lpz Nr 1 2M.;
Nr 2-5 je 1,50 M.
Sammier, Karl Heinz: Lonslieder f. 1 Singst. m. Pfte.
Rothe, Lpz Heft 1 = op. 2 (4 Lieder) 2 M.
Schelb, Josef: op. 5 Drei Sonette Michel Angelos fur
1 Singst. m. Pfte. Wnnderhorn-Verl., MUnchen 4M.
Viebig, Ernst: Acht Lieder von Ernst Goll f. 1 tiefe
Singst. {auch Ausg. f. hohe). Harmonie, Berlin 7,50 M.
Volkmann, Otto: op. 10 Vier Gedichte von R. Dehmel
(Nr 1 Am Scheideweg, 2 Du tiefe Run, 3 Ver-
kUndigung, 4 Nachtglanz) f. 1 Singst. m. Pfte.
M. Brockhaus, Lpz je 1,80 M.
Winternitz, Arnold: op. 18 Zwei Lieder f. 1 Singst. m.
Pfte. Bote & Bote. Nr 1 Maiwunder, 2 Rose 1,50 M.
Ill, Melodram
Kienzl, Wilhelm: op. 98 Die Jungfrau und die Nonne.
Legende. Melodramat. Erzahlung mit Choren u. Orch.
Zimmermann, Lpz Part- u. Orch. -St. Preis nach
Vereinbar.; jede Chorst. 0,60 M.; Klav.-A. 9 M.
IV. B li di e r
und Zeiffchriffen-Auffaf)e
(alphabetisch sowohl nach Stichworten wie nach den
Verfassem geordnct. Bei Zeitschriftcn-Aufsatzen 1st
immcr mit Nr die des laufenden Jahrgangs gemeint).
Apian-Bennewitz, P. O. — s. Geige
Bach. Lautenkompositionen Jon. Seb. Bachs. Von
Carl Wunderlich — in: Ztschr. f. Mus. 17
Beethoven. Das „Air atitrichen" in B.s op. 105- Von
Alfred Orel — in: Ztschr. f. Musikwiss. 11
Bildung. Welche B. muB von einer Musiklehrkraft
gefordert werden? Von O. Fabricius — in: All-
gemeine Musikztg 37
Byzantinisch. Die Rhythmik der byzantinischen Neumen.
Von Egon Wellesz — in: Ztschr. f. Musikwiss. 11
Deutsche Tageszeitungen — s. Musik
Diesterweg, Adolf — s. Musikalisch-hysterisch
Fabricius, O, — s. Bildung
Falckenthal, Waidemar — s. Theater
Franz, Robert, Ein unbekannter Brief von. [iiber seine
Bearbeitungen, Polemik gegen Chrysander] — in:
Musikztg 3
Frauenschule — s. Musikunterricht
Gefahrdung von Theater und Konzerten — s. Thater
Geige, Die. Umfassend die Grundzuge der Musik,
die Geschichte der Bogeninstrumente . . . Von P.
O. Apian-Bennewitz. In vollig neubearb. Aufl.
hrsg. v. Otto Mockel. B. Fr. Voigt, Lpz 50 M.
Gesangsrollenstudium, Moderne. Von Edwin Ja-
netschek — in: Die Stimme 12
Hoffmann, Josef — s. Schulgesangsunterricht
Janetschek — s. Gesangsrollenstudium
Klavierunterricht. Nebenziele des Kl. Von Armin
Knab = in: Musikpadag. Blatter 17,8
Klavierspiel. Uber die Voraussetzungen des Klavier-
spieis. Von Hermann Wetzel -■ in: Musikpadag.
Blatter 17/8
Knab, Armin — s Klavierunterricht
Konzertbetrieb. Das Grundprobiem d. Konzertbetriebes.
Von Heinz Pringsheim — in: Allgem. Musikztg 35/6
Konzerte — vgl. Theater
Kreiser, Kurt — s. Militarmusik
Lenk, Wolfgang — s. Musik
Liszt, Franz, Zweite Ballade. (Erlautert) von Heinrich
Schwartz — in: Ztschr. f. Mus. 17
Lustbarkeitssteuer — s. Theater
Merbach, Paul Alfred — s. Weber
Militarmusik, Ubersicht iiber die Entwicklung der
Militarmusik, Von Kurt Kreiser — in: Ztschr- f-
Musik 17
Mocktl, Otto — s. Geige
374
Moser, Andreas - s . Violinspiel
Musik im Feuilleton cler deutschen Tageszeitun ff en.
Von Wolfgang Lenk - in: ztschr. f. Mus 17
Musikahsch-hysterischen, Vom. Von Adolf Diester-
weg — in; Allgem. Mus,-Ztg 37
Musiklehrkraft - s. Bi idling
Musiklinterricht in der Frauenschule. Von Willi
Schetiren — in: Die Stimme 12
-, Derkttnftige, an den hoheren Schulen. Bin Reform-
vorschlag von Ernst Rabich. Beyer & Sohne
Langensalza 0,80 M.
Neumen — s . Byzantinisch
Nietzsche als Musiker. Von Kurt Rattag - in; Der
F ii h re r durch die Theater u. Konzerte Konigsbergs 23
Orel, Alfred — s . Beethoven
Pringsheiiti, Heinz — s. Konzertbetrieb
Rabich, Ernst — s. Musiklinterricht
Rattag, Kurt — s. Nietzsche
Register, Die, der mensehlichen Stimme und ihre Be-
handlung. Anleitung zur Ausbildung von Sing-
stimmen. Von H. Schmidt. Brokonier, ' Hagen i.
Westf. 3,50 M
Schering, Arnold ~ s. Violinkom position
Scheuren, Wilhelm — s. Musiklinterricht
Schmidt, H. — s. Register
Schulgesangunterricht. Methodik des Sch. Ein Weg-
weiser zur Erteilung des Gesangunterrichts Von
Josef Hoffmann. Ashelm, Berlin 32 M.
Schwartz, Heinr. — s. Liszt
<8>
SKt, Hans Zu seinem 70 (jeburlstag. Von Max
Steinitzer in; Ztschr. f. Mus. 17
Steinitzer, Max s. Sitt
Stimmbildung in Sprache mul (iesang. Von Iran/
^ Kalthoff. Schwann, Diisseldoil 0,50 M.
Stimme, mensehliche s. Register'
Tageszeitiingen s . Musik
Theater. Etwas tiber die (iefahrdung v «ni Theater
und Konzerten und etwas tiber Lustbarkeitssleuer.
Von Walclemar Ealckenthal in: Der Riha-r
durch die Konzerte u. Theater Kiinigsbergs 23
Tischer, Gerhard s. Veiieger
Verleger, Wider die? Betrachtnngen iiber die Preise
im Musikalienhandlungen und anderes. Von Oer-
hard Tischer in: Khein. Musik-u/rhcater-Xtg3(i 7
Violinkomposition. Gedanken zur V. der Gegenwart
Von A. Schering in: Rhein. Musik- n. Vheater-
Zeitung 36/7
Violinspiel, Methodik des. Von Andreas Moser.
Breitkopf & Hartel 8 M.
Weber. Parodien und Nacliwirkungen von W.s
„Freischiitz\ Audi ein Beitrag zur Geschichte
einer Oper. Von Raul Alfred Merbach — in:
Ztschr. f. Musikwiss. 11
Wellesz, Egon — s. Byzantinisch
Wetzel, Hermann -- s. Klavierspiel
Zichy, Geza Graf; Aus meinem Leben. Erinnerungen
und Eragmente. :). Bel. Deutsche Verlagsanstalt.
Stuttgart 15,40 M.
|f Pf. Dr. Borchardt & Wohlauer.
(FER^lOSTELLUNQ "'.ALL EH' MUSIK - AU.FTR&fiB)
. ."**:.; ' Instrumentation. — Transposition;
' AufSehreiben gegebener Molodien.
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Telephon: Amt NOIXBNDORF 3885 Telegramm-Adresse: PODIUMKUNST
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&#l ■
375
I KlIRHAUS WIESBADEN
|CVKLUS VON ZWOLF KONZERTEN
H im Winter j 920/2 1
s fritz Schcrcr, Alexander Kipnis. Clior: dcilicn-
1M U ]\ r t0t J Bruckner: Neunte Symphonle (zum
llillllll'llllt.
g l. Male); Te deum (z. I. Male).
| 29.0ktoberl920:SoIist:MaxStrub(VIoline) R Schu-
g maim: Ouverture; Fantasie f. Viol. u. Orchester
| J. Joachim: Violionkonzert; J. Brahms: Symph. Nr. i.
= l2 - A N°\ b /-. l , 920: frankfurter Madrigal- Vercinigung
| Aite Meister: Madrigal e; lustrumentahnusik
1 26 w N 7 br M l92 , (): . Solist: Edwin Fisd] ^ (Klavier).
s W. A. Mozart: C-oncertaiites-Quarteit f. Ob Klar'
I 5 ag ' i"' r^ mit Bc S L d * 0rch - Klavicrkonzcrr!
g symphonic D-dur.
| 10 Dezbr. 1920: Solist: Carl Flcsch (Violine). L. v
| Beethoven: Violionkonzert; Drittc Symphonic
= 7. Januar 1921: Solist: Josef Mann (Tenor). C. Debussy
i M [*.T r * ( ™V Ma,e): R-StrauB: Suite answer
m ?mLi ) ll P M0ll ^ S ," Bar ^ Cr als Edelniann- (zum
| l.Malc), Franz Schreker: Vorspicl z. einem Drama
21 Januar 1921: Soiist: Ilelue Lindberg (Bariton).
0. Mahler: Adagio aus d. 6. Symphonic (z. 1. Male)-
Lieder ernes fahrenden Gcsellen (zum 1. Male)'
lirste Symphonie.
4 Februar 1921: J. Haydn: Symphonic C-moll-
A. bruckner: Achtc Symphonic '(z. 1. Male).
1] .Am bm f ^ 1: ,^ listi »: Sigrid Hoffmann-Ondgin
' , f p Ch 2 nb ^ r - : Pelleas l,nd Melisande (zum
1. Male); h. B. Onegin: Gcsange m. Orch. S v
Hausegger: „Aufklano- e « (z. 1. Male).
4.Marzl921: Solist: Adolf Biiscli(Violine). J.S.Baclr
Suite f. Orch.; M. Reger: Violinkonzert (z 1 Male) :
J. brahms: Symphonic Nr. 4.
11 Marz 1921: G. Mahler: Siebcntc Symphonie
(zum 1. Male).
18 Marz 1921:, Solisten: FJsc Licbhold, Rosy Hahn
LudwigRoffmann, Richard Breitenfeld. Chor-Cacilien-
Vercin. L. v. Beethoven: Neunte Symphonie
me Ko^erle begtanco a *e n <ls TV, Uhr. - Xnderungen vort>eh a i^
KalienpreUe -
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Heft I:
« fc ^r 1 'p K -° Knick: r P er ontfesselte Prometheus
g*i . A ni ^ nn /' Zur Kunst ' Mori* Molzor:
fecbaustatt / Das Wane Wundrr: Peter Leu
Berlin / Ziele derKunst / Aufbau: EinganzNeu-
CnZSS?* ; A fe? nz y Ke P ras ^itatioasprofessoron
Graplnku Abbildungen: Gottfried Graf-Stuttgart;
Kopf mit Stern / Bernhard Klein: Vignette
SE^ff 1 ' ^Swa^?!!^^
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Keprasentationsprofessoren / Pensionsanstalten
Hochburgen der Kultur / Notiz / Bildnis
ausstellung der PruuBiscben Aiademie / M t-
teilung / Ausstellungen .
™ ■ B ? r ?J} ar(l K] em / Arthur Goetz / Karl
Volker / Albert Miiller / Gottfried Graf
K oiw«l f ? a g ?n : (le ° r ^ S . choU: StraBenbabnkurve
Oswald Herzog: GenieBen / Max KransI
Intarhon / Helnrich v. Boddienf"ppV s lS
halbmhrhch. Zn beziehen durch samtlicho Bnoh
den Verlag Neuendorf! & Moll, BerlLweiBen.ee
GREIFT ZUM KUNSTTOPF!
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376
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Krvl.Pint. am 1. u«d 16. jeden Monats. Zu bezieton durch die Post ..nstalton, Bnch- ui»l Mu.ikalienl.»n«U..nB..n. Ansle-I,,-,,,^ s..
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Yierteljahr- Abonnement Mk. 15.-
/.nil.' Mk. i.-'.'i.
Nr. 17
Berlin, den 16. Okfober 1920
I. Jahrgang
INIHALT
tv. AnnTF ARFR . . . Wohin des Wegs?
V BELA BARTOK ' ' .'.'.... Der EinfluJ5 der Volhsmufik auf die heuf.ge
Kunffmujik
&££££££&. : : : : : »«-. - <*—
S" ™Eh KN™Wien MIDI \ ZuTp ,«e des Ko m pon iI( e„ .
Pro™ mHELM MTMANN . . Bedeu.ende Neueri<beinun g en und Ma„u,hnp e
NOTENBEILAGE: Eduard Erdmann: Zweiter Sa 6 aus der Senate fur Vkflne .Ita.
„MELOS"
in einer Luxusausgabe
erfdieinf monarch einmal im Kunjfverlag
Fri&Gurlitf, Berlin W 55
Wohin des Wegs?
Von Dr. Adolf Aber.
Nicht neue Klassizitat, nicht Schonberg und Bela
Bartok — uberhatipt nicht diese verfeinerte, an zu
vieler Gehirnintensitat krankende Kunst; ein neues,
einfach - monumentales Schaffcn, aus tiefstem
Gemeinschaftsgefiihl erwachsen, im Volksgesang
verankert, wird die Zukunft der Musik sein.
Hermann Scherchen im w Melos" Nr.ll, S.243.
Erlofende Worfe; gefunden von einem, der wie kaum ein zweifer fich mif Worf und
Taf fur die Jiingffen in der Kunff einfe^f. Worfe zugleich, die fidierlich ausfprechen, was
Hunderfe und Taufende denken — hoffen — wiffen. Selffam auf den erffen Blich viel-
leichf, aber doch Wahrheif; aus der polififchen Revolution heraus Wird die kunff lerijche
Reakfion geboreri werden. Die Maffe, zu geiffigem Leben erwachf, forderf ihre Kunff-
Ihre Kunff, die ihre Leiden verklarf, ihre Kampfe heiligf, ihre Siege feierf, ihre Freuden
ins Unermej31iche Jfeigerf. Diefe Kunff kann nimmermehr die fein, deren Bliife unfere
Tage fehen. Denn diefe Kunff huldigf durchaus einem barocken, zum Auj3erffen geffeigerfen
Individualismus. Unausgefprochen fragf faff jedes ihrer Werke das Moffo: Gdi profanum
vulgus. Zwar — audi eine perfonliche Kunff konnfe die Kunff der Maffe werden, Wenn
ihre Perfonlichkeifswerfe zugleich Menfchheifswerfe waren. „K6nige find darzu-
ffellen in Krieg und Gefahr" — ein Worf Goefhes — „Wo fie eben dadurdi als die
erffen erfdieinen, Weil fie das Schickfal des Allerlefjfen beffimmen und feilen und
dadurdi viel infereffanfer werden als die Goffer felbff, die, wenn fie Schickfale beffimmf
haben, fich der Teilnahme derfelben enfziehen." Langff find unfere Modernen in
der tiberwiegenden Mehrzahl auf dem Sfandpunkf diejer Goffer angelangf. Ihr kiinff-
lerifdien Erlebniffe find fo durchaus fubfiler, iiberfeinerfer Arf, daJ5 fie bei der grogen
Maffe im giinffigen Falle ffaunende Bewunderung, vielleidif fogar Ehrfurdif erregen
konnen; niemals aber die unendlidie.Sehnfuchf der Maffe nach Erhebung ffillen.
„Denn" — ein zweifes Worf Goefhes — „der innere Gehalf des bearbeifefen
Gegenffandes iff der Anfang und das Ende der Kunff. Man wird zWar nidxf leugnen,
da£ das Genie, das ausgebildefe Kunfffalenf, durch Behandlung aus allem alles madien
und den widerfpenffigffen Sfoff bezwingen konne. Genau befehen, enfffehf aber als-
dann immer mehr ein Kunffffudt als ein Kunffwerk, Welches auf einem wurdigen Gegen-
ffande ruhen foil, damif uns zule^f die Behandlung durdi Gefchick, Miihe. und Flei£ die
Wiirde des Sfoffes nur deffo gliicklicher und herrlidier enfgegenbringe."
Die Wiirde des Sfoffes — worm kann die bei einem mufikalifchen Kunffwerk
beffehen? Hans Pfi^ner hat es fich leichf gemachf, als er die Wiirde des Sfoffes allein
in djer mufikalifchen Pofenz des fhemafifchen Einfalls und feiner Verarbeifung fuchfe.
Es iff ein ironiedurchfrankfer Wi£ der Welfgefchichfe, da]3 das Gezefer liber mufikalifche
Impofenz juff in dem Augenblick einfefjf, da die Kunff an einem tlbermajS mufr
kalifcher Pofenz zu grunde zu gehen drohf] Pfi^ner haf es vermieden, die feiner
Anfichf nadi mufikalifch Impofenfen namhaff zu madien; man kann alfo gleichfalls nur
xmi allgemeinen Feffffellungen erwidern. Feffzuffellen aber iff, da£ die modernen Kom-
poniffen, die der Bannffrahl freffen follfe, zu jeder Sfunde den Nachweis ihrer mufikalifchen
Poim\z erbringen konnfen/ Ihre Ohren befi^en die Scharfe und Unfriiglichkeif phyfi-
kali|<iier Refori^oren. Ihre mufikalifche Gedachfniskraff iff ungeheuer gro£; (das Miferere
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Allegris aus dem Gedadifnis nachzufdireiben ware fur fie ein Kinderfpiel). Unerfdiopflich
in ihren Einfallen find fie als improvifierende und iiber ein gegebenes Thema variierende
Konner am Klavier. Sinnverwirrend fdione Klange enflockf ihre iiberragende Inffru-
menfafionskunff dem modernen Ordieffer. Vor ihren konfrapunkfifdien Kiinffen mii^fen
felbff alfe Niederlander die Waff en Jfrecken. Unendlidie Melodiebogen durdiziehen ihre
Werke.
In dem alien, d. h. in allem abfoluf-mufikalifdien (beffer vielleidif mufikanfijchen)
Konnen kann die Wiirde des Sfoffes nidif beffehen. Mif dem alien iff erff das Kunff Jfiick
und nidif das Kunffwerk (im Sinn Goefhes und der Maffe) zu erreidien. Das alles
iff eigenflidi Jelbjfverjfandlidie Grundlage fur kompofiforifdies Sdiaffen. Nur der
iff iiberhaupf erff Komponiff, deffen fdiopferifdies Ergliihen in jedem Falle mufikalifdien
Gebilden Leben fchenkf. liJber deren mufikalifdi-fedinifdie Geffalf mif dem Einzelnen
zu rechfen iff, befonders in unferer Zeif unmoglidi, die endlidi zur Klarheif dariiber
gelangf iff, der Einzelne der Madif des Sfiles feines Zeifalfers in hohem Grade
unferliegf. Das haf nidif erff Sprengler den Mufikhifforikern zu demonffrieren braudnen ;
fdion feif vielen Jahren befifien wir Riemanns „nadi Sfilprinzipien und Formen"
periodifierfes grundlegendes Werk.
Mif der Wiirde des Sfoffes, von der Goefhe Jpridif, haben foldie ffiliffifdien Fragen
aber nidif das mindeffe zu fun. Denn die Wiirde des Sfoffes - das mag fur die An-
hanger der freien Kiinffe und die Bekenner des ,,1'arf pour l'arf" kefjerifdi klingen -
beffehf bei einem mufikalifdien Kunffwerk allein in der Wiirde des au£ermufikalifdien
Programms, das ihm zu grunde liegf. Von Hermann Krefjfdimar ffammf ein
Ausfprudi, den idi hier einmal feffhalfen modife: „Es gibf keine abfolufe und keine Pro-
grammufik, fondern nur Mufik mif einem inneren und foldie mif einem auperen
Programm." Es empfiehlf fidi, wenn man die Sdii&falsfrage „Wohin des Wegs
an die Mufik ridifef, diefe Krefcldimarfdie Thefe zu grunde zu legen.
I3ber die Mufik mif au|3erem Programm" braudif nidif viel geredef zu werden.
Ihr gehorf im Sinne Krefcfdimars nidif nur die „Programmufik" inffrumenfaler Art an
fondern jede Gaffung, bei der die Mufik beffimmfen au^rmufikahfdien Ideen, alfo audi
Texfen, dienf. Zur Programmufik im weiferen Sinne gehorf alfo audi die gefamfe
Vokalmufik und dramafifdie Mufik jeder Art
I)Te Wurde des Sfoffes" iff bei Werken diefer Arf in erffer Lime nadi dem er-
klarfen aupermufikalifchen Programm zu beurfeilen. Sie kann uns - urn bei dem
fioeheworf zu beiben - durdi mufikalifdi-fedinifdie Meifferfdiaff „nur deffo glucklidier
SSS^^SS^ebrwhf-. Oder fie kann durdi mufikalifdies Sfumperfum, durdi
Se SeriidikeU fchwer gefdiadigf werden. Ob das eine oder das andere der Fall
ty !«Sfffi fiber Leben oder Tod des Werkes; wird audi zukunff,g daruber enffdie.den.
n i •* !A U ,i P ri nP r aeffalfef fidi die Beanfworfung der Frage „Wohin des Wegs"
Ungleidi f*w.enger ge) "e^ma Programm. Sidierlidi
bei der fogenannfen abfolufen Mu)* , , aer I man
aber lindef man d!^o^ ^ dem inneren
von jeder fedimfdien ^aditungsweije r Sollfe ji(h dabei ergeben ,
Programm unferer modernen Mu)!k, zu i *f**™° ' iner nodl fo gianzenden
da)5 ihr ein foldies Programm .^^ , J^^ 1I SSilS Pofenz keine hohere,
i*^^ - derLaae nnd ' audi
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nur ein fechnifches Element und fei es audi nur den Infervallabffand zweier Tone, von-
einander, zu erfaffen. Wenn alfo bei ihnen uberhaupf eine Wirkung der Mufik feffzu-
ffellen iff — und ich mochfe midi enffchieden dagegen wehren, alle die Millionen, die
jahraus, jahrein durch Mufik dem Allfag enfriffen werden, als Heudiler anzufehen — fo
kann diefe Wirkung nur fo zu erklaren fein, da]3 durdi das Medium der Mufik andere
Gefiihlszenfren erregf und in ffefe Mifleidenfchaff gezogen werden. (Da hier in der
Haupffache unferfuchf werden foil, weldier Art die Kunff der Maffe fein wird, laffe ich
die felbffverffandlich vorhandene Moglichkeif ganz auj3er achf, daJ3 ein Werk durdi feine
fedinifchen Eigenfiimlichkeifen den Fachmann oder durch hijforifche Merkmale den Hifforiker
feffeln kann).
Es lohnf fidi, ein wenig dariiber nachzudenken, welcher Art die Gefiihle fein konnen,
die durch das Medium der Mufik normalerweife erregf werden konnen. Denn wenn
es gelingf, eine allgemeingiilfige Norm dafur auf zu ffellen, fo iff fur die weiferen Unfer-
fuchungen viel gewonnen. Ich konnfe mir die Aufgabe erleichfern und auf die Affekfen-
lehre des 17. und 18. Jahrhunderfs verweifen, an deren auch heufe noch beffehender
Giilfigkeif ich keinen Augenblick zweifle. Wenn i(h es nichf fue, fo gefchiehf es, weil ich
faff fiirchfe, daj3 in diefer Lehre feilweife fchon eine lllberfcha^ung der Ausdrucks-
moglichkeifen der „abfolufen" Mufik liegf. (Ich glaube z. B. nichf, da|3 es gelingf, eine
mufikalifche Figur zu konffruieren, die — eindeufig — „Hoffnung" ausdriickf, wie man
in jenen Lehren es wagfe). — Ich modife den Verfudi machen, die Ausdrucksmoglichkeifen
der Mufik auf Sfimmungseinheifen zurtichzufuhren. Es foil verfuchf werden, der
fheorefifchen Affhefik, die alle Wirkungen der Mufik auf Spannungs- und Lofungser-
fcheinungen (ficherlich mif Rechf) zuruchfiihrf, eine prakfifche Affhefik an die Seife zu
ffellen. Denn es ffehf wohl au]3er Zweifel, daj3 der Horer fidi niemals liber die
Spannungs- und L6fungserf(heinungen an fich klar wird oder audi nur Gedanken machf,
wohl aber uber die Gefiihle, die die Mufik in ihm ausloff.
Es liegf nahe, die aus der Pfychologie jedem bekannfen Elemenfe der „Luff- und
Unluffempfindungen" audi den Gefiihlswirkungen der Mufik zu grunde zu legen. Es
fdieinf mir aber, daj3 dann wichfige Affekfe unberiickfichfigf bleiben wiirden. Dazu ge-
horen Sfimmungskomplexe, die — grob umriffen — efwa durch folgende Worfe charak-
ferifierf werden: „myffifch", „geheimnisvoir, „fehnfiichfig", „kampfend", kurz alle
Spannungserfdieinungen. Den Affekf, der ihnen alien zu grunde liegf, wird man
am beffen mif „Unruhe" bez.eichnen. Dabei darf nichf iiberfehen werden, da)5 es —
fubjekfiv — naftirlidi moglich iff, audi diefen Affekf enfweder als Luff oder als Unluff
zu empfinden. (Ich fe^e das Beifpiel eines grojSen dunklen Waldes. Es wird Menfdien
geben, die daran fchwermiifig werden, andere, die Grauen empfinden, wieder andere,
bei denen Ruhe und Frieden einziehf, fchliejSlich folche, die der Waldesfriede mif Freude
erfiillf. Unfchwer wird ein jeder Sfellen aus mufikalifchen Kunffwerken fidi ins Gedachfnis
zuriickrufen konnen, die — fubjekfiv — ahnlich mehrdeufig find). Diefe Verhalfniffe
andern nidifs an der Taffache, daj5 — objekfiv — jedes Kunffwerk, das als Ausdruck
eines ffarken Empfindens und nichf als Gehirnarbeif enfffanden iff, in jeder Phafe einem
Affekf des Schopfers enffprichf, und daj5 derjenige Horer den vollkommenffen GenujS
an dem Kunffwerk haben mug, bei dem jeweilig die gleichen Affekfe ausgeloff werden.
An Sfimmungseinheifen ergeben fidi alfo drei: Trauer, Freude und Unruhe,
Sie konnen — in ungezahlfen Abffufungen und Verbindungen — das innere Programm
eines „abfolufen" Mufikffiickes bilden, Niemand wird das innere Programm dreier
Beefhovenfdier Sinfoniefa^e wie efwa 1) des Eroica-Trauermarfdies, 2.) des Finales der
fiinffen und 3.) des erffen Eroica-Sa^es in Abrede ffellen. [Die Reihenfolge enffprichf
den oben gekennzeichnefen drei Sfimmungseinheifen],
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Mir Jdieinf alfo die erffe Bedingung dafiir, dap" ein Werk der „abfolufen" Mufik
feine Wlrkung auf die Maffe auszuiiben vermag, darin zu liegen, daj3 jene drei Grund-
einheifen der Sfimmung klar hervorfrefen. Dabei iff zu bemerken, dap* die driffe Einheif
(Unruhe) keinesfalls uberwiegen darf, beziiglidi daj5 die Unruhe f<hliej31ich einer ein-
heif lichen Empfindung weidien, dap" der Kampf nach einer Ridifung hin enffchieden
werden muj3. Hierin liegf meines Erachfens der wundeffe Punkf bei der Mehrzahl
unferer Modernen (alien voran Regerl), dap" die Werke derarf von zwiefpalfiger
Sfimmung durchwiihlf find, dap" audi der willigffe Horer fdilieJ31ich in der Anfeilnahme
erlahmf, erlahmen mup\ Ganz fraglos fdieinf mir audi, da|5 die Wendung unferer
modernen Mufik zum Afonalen mif ihren Verzidif auf Dur und Moll in weifen
Sfrecken des Werkes in diefer Beziehung verhangnisvolle Folgen haben kann, fo folge-
ridifig fie immer aus mufikalifdi-fedinifchen Grxinden iff.
Jeder Zweifel an der Ehrlidikeif des kunfflerifdien Erlebniffes bei unferen Modernen
liegf mir fern. (Im Fall der Pfif3nerfchen Impofenzbrojduire habe idi deshalb mif
Keulen zugefdilagen, weil Pfifener die moderne Mufik als fdilechfhin „verdre<kf" hinzu-
ffellen verfudif). Aber idi modife die zeifgenoffifdien Komponiffen dringend daran
gemahnen, von dem Wahne abzulaffen, dap - fie fur ihre inneren Kampfe, die fie der
Damon zwingf zu Mufik werden zu laffen, das Infereffe der Horer erzwingen konnfen.
Das Wefen der Mufik iff wie das aller Kunff kulfifdier Arf. Nur, wenn das
perfonlidie Erlebnis allgemeinmenfdilidie Gvilfigkeif beanfprudien darf, iff es zum
Gegenffand, fagen wir gefroff zum inneren Programm eines Kunffwerks zu madien.
Es iff aber kein Erlebnis von foldier Allgemeingulfigkeif, wenn Jemandem irgend em
Mofivdien einfallf, das durdi alle Tonarfen zu jagen oder in ewig wechfelden afonalen
Tonfolgen zu variiren in fein Muf ikanf enfum zwmgf. Dieje Arf von Kunff iff der
Ma fe qanz aleidigulfigl Mif der ganzen alleinfeligmachenden mufikahfdien Pofenz
alii n SSf Ih keinen Hund vom Ofenl Madif Eudt frei von dem Ruf 1'arf pour 1'arfl
Es i f e n ebenfo lafferndesWorf aus einer Zeif des Verfalls w,e ,ener „odi profanum
ns i]t em eDenjo ™\"= Rftmprs D enkf bei jeder Nofe, die Ihr direibf, an diejenigen
V di 8 He bl^ote"" "d£ t kWWh Qewi,Ien, dap diele Note fur
d ^e Line Bedeu'ung haben konnfe, fo lap. lie un fl ef*ne "erj* £ * - £ »
Qo«es Namen und verberg. das Manu^ » -- SfeHe wo - ^n r fmdet ^
Kunffwerk [oU eine Pred,g< !» *SJ2^.1l3» "s<andpunk< aus folKe man
"^ alS / red ' 9 TSi Ter ffieSoge Brudmers naduienken. Vielleidu haC
audi no* einmal ernffu* uber °'<L™° J Qeheimrafslifel zu erfchlagen ver-
Krefeldunar, ta,«- m d el en Haft an ™ ^ ^ na(Mem m
] £\%X^^^k ^ r,rs. zu ihm zurii * flekehrt und dle
Sa&e bekennf, die er (902 im **"***? 'w™ ausgedrudft werden loll, W efwas
.Die formen find Mifiel d« .Aosdra *s ^ w » ^ unfer den Formen
Gelffiges. Das mup, wenn der Komponi) ' ™™^° p inde „ en3 in den HaU p( z u ae „,
folufe Mufik." #,
< » ,.* i„ Piner Arbeif, die Anfworf auf die Frage „Wohin des
pr^-sss-^* au * * m mi< dem un,er, * ied
auseinander, der darin liegf, daj5 einmal — in der Programmufik im weiferen Sinne —
die Mufik erkennbaren und erklarbaren auj3ermufikalifchen Ideen dienf, wahrend fie
im Falle der „abfolufen" Mufik felbffherrlich auf den Plan friff. Spengler darf das fun,
da er ja iiberhaupf die Kfinffe nichf nach ihren fechnifchen Ausdruchsformen voneinander
gefchieden wiffen will. Es iff fur ihn alfo audi gleichviel, ob fie gefonderf oder in irgend
einer Verbindung auffrefen. Qerade deshalb friff aber audi bei Spengler der Kre^fch-
marfche Gedanke vom „inneren Programm" auj3erordenflich deuflich hervor. „Audi in
der Mufik" ~ heij3f es bei ihm — „erleben wir hinfer dem finnlichen Eindruck eine
ganze Welf andrer, in der erff alle Ffille und Tiefe zum Vorfchein kommf und
fiber die fich nur in iiberfragenen Bildern . . . reden laj3f." Und an anderer Sfelle; „ . . . das
greifbare Refulfaf fedinifdier Ausdrucksmiffel iff nichf viel mehr als die Maske des
eigenflichen Werkes."
Diefen mujikaffhefifchen Grundanfchauungen Spenglers wird man rfickhalfios zu-
ffimmen konnen. Es bleibf aber nodi die Frage offen, ob wir wirklich am Endc des
Weges ffehen. Sollfe das der Fall fein, folfe unfere abendlandifche Kulfur wirklich unfer-
gehen, fo iff nafiirlidi die Mufik allein nichf zu reffen. Es wiirde dann audi wenig aus-
machen, ob fidi unfere Modernen auf die kulfifdie Wefensarf der Mufik befinnen oder
nidif. Die Abkehr von dem uberfriebenen Perfonlichkeifskulf und von dem Gofjendienff
vor dem Baal der Tedinik wiirde dann hochffens eine Galgenfriff bedeufen, die der
Mufik nodi gewahrf wiirde, ehe fie mif der gefamfen abendlandifchen Kulfur zugleidi
dem Unfergang geweihf ware.
Die Diskuffion darfiber, ob ein foldier Unfergang zu erwarfen iff oder nidif, mu]3
Spengler nofwendig auf auj3ermufikalifches Gebief folgen.
Es gibf kein einziges Worf, das die gefamfe fcheinbar fo feff gefiigfe Konffrukfion
Spenglers fiber den Haufen zu werfen vermag, das Worf „Welfverkehr". Spengler
la)3f bei feinen Befradifungen fiber das Erbliihen einer Kulfur inmiffen einer Landjchaff
und ihr Erfferben darin vollig die Tafjadie auj3er adif, daj3 die abendlandifche Kulfur
faffadilich nichf mehr an die europaifche Landfchaff gebunden iff. Und er vergigf
da£ diefe Taffadie allein jeden Vergleidi mif frfiheren Kulfuren ausfdilie)3f. Spenglers
Darlegungen fiber den Unfergang frfiherer Kulfuren kann man aber ruhig gelfen laffen.
Der Unfergang erfolgfe aber Jfefs, Weil inmiffen einer Landfchaff eine Uberfaffigung
eingefrefen war und keine Moglichkeif beffand, daj3 diefe Landfchaff Kraffe nach auj3en
abgab und von auj3en her neue Kraffe aufnahm. Die abendlandifche Kulfur iff die
erffe unfer alien Kulfuren der bisherigen Erdgefchichfe (deren Dauer. fibrigens im
Vergleidi zu den Zeifraumen, die uns noch zu durchmeffen bleiben, ganz lacherlich
gering iff), die noch in der Zeif ihrer Bliife mif alien Kulfuren der Erde in Verbindung
zu frefen vermag. Ihr Schickfal muj5 darum audi ein ganz anderes fein als das ihrer
Vorgangerinnen.
Und wie die den Erdball umfpannender Verkehrsmiffel die landfchaffliche Kulfur
in eine Welfkulfur verMandeln, fo iff unferer Zeif in der Idee des Sozialismus eine
Menfchheifsidee erffanden, der keine Epoche frfiherer Kulfuren efwas audi nur
enffernf ahnliches an die Seife zu ffellen haf. Man fchlage nur die Tafel III in Spenglers
Buch CGleidizeifige" polififch'e Epochen) auf undlefe nach, welche krampfhaffen Verfuche
dorf gemachf werden, urn Analogien zum Sozialismus zu finden. Sie find vollig ge-
fcheiferf; und wer Spenglers „Preu|5enfuni und Sozialismus" gelefen haf, wei£ audi
warum. —
Es iff ein harfer Vergleidi, aber idi kann ihn nichf unferdrficken: Wenn man
bedenkf, dajS unfere Erde efwa noch 250 000 Jahre unfer ihren gegenwarfigen Lebens-
bedingungen beffehen wird und erff efwa 6000 Jahre eine Gefdiichfe haf, fo gleichf der-
jenige, der aus diefen fedis Jahrfaufenden Regeln ffir die Zukunff ableifen will, dem
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Prophefen, der einem Saugling weisfagen wollfe, er wiirde fein Leben lang das Beff
naff en (da er es ja in den erffen Monafen gefan habe)!
Es konnfe fehr wohl jemand den Verjudi wagen, die Frage „Wohin des Weges?"
auch fur die Muflk durdi rein foziologifche Uberlegungen zu enffcheiden. Und fat-
Jadilich find folche Uberlegungen ungewdhnlidi fdidernd und lehrreiA. ponders _ ur
diejenigeri Kiinffler, die zugleim Anhanger des ,,1'arf pour l'arf und Bol)chew>ffen
find, in Wirklidtkeif gehoren l'arf pour l'arf und kapifalilfifd.er Snobianus zufam^en
Ue Bruder und SdlWeffer. Diefe ganze herrliche freie" « die ^n kulh^n
Aufeaben nidtfa Wiffen will und die eigene Perfonlidike.f und das ^mJAe Ma enal
*u es&en madif, iff iiberMupf nur moglich, folange ^™^ die ^ au ^ b ^ 1 )
Lebensunferhalf enfweder mif eigenem (ererbfen erharafetai oder f£*ob«icn
Kapifal beffreiien konnen oder von denen, d» mehr haben ab Ue ^^f * 8 £
brauchen, ausgehalfen werden ' ^^^^J^^^S^^^
Zeif (rriif ibren Ikarusfliigeln) zur Sonne emporfliegen »,we
Und ihre Folgen die fchonen Blufenfraume K> »* ^^SuSSftl EhS^eLs
Jo fchon aufgezogenl Die Mazene vermehrfen J.dl ban ^£*a. fc f e J - der
fur die Kunff zu fun!" (Audi wenn ffla* ^ OT T ®^^ e d ^«^en.) Auf Gefell-
inufikalifcben Darbiefung in Gefahr ^^J^ST^X. W* ihnen
fdlaffen fflfferr «iati did Hun fler ab mmm J^Jd Die angefehenffen Bankiers-
gar Haujetfz. B. am Ammerfee) ml T b«ah d£ ^> Hiin{fler zu ver mahlen.
familien fchrecken nidif davor zuruch h fett ««*« a Ged anken kommen, daf5
Und in einem fokhen Sduaraffenland foil e m i Kurtff tea uT ^^^ die
irgendwo im Lande breife Maffen leben, hungrig nach alem ^ ^^ ^^
fehnfiichfigen Blickes nach ihm ausfchaue f J™™] aus j pre chen, was alle denken;
Soil eine kiinfflerifche Form fttr ita Sehnenf "^' K SSS fpridif zur Maffe: Wenn
ausdrutto, Was aiie «drfWd«T «f «^ n Erlebniffe, fo W ab von
du kein Verffandnis haff fur ^ ein v l per| f r ^f; d e V nen begiiferfen Gonner, der mir das
mir. (Hinfergedahkei idi finde l*on ^ «£ Verhalfniffe fehr bald und fehr
Nofige gibf.) - Es fiehf ganz danach aus, dap ^ » Jdired?end Niema nd merkt
grundlidn andern werden. Die Mazene^onjunktan ^ U e Talenfe auch na<h
das wohl mehr als diejenigen unfer uns, die ) J rungen beim Sfudium oder
der Richfung hin einzufefcen f^'^ D ie Anfworfen, die einem dabei m efcfer
beim Konz^erfieren zu verf diaffen verfudi en^ une ndlich« . . . .Sie ver ehen
Zeif erfeilf werden, ahneln fidi ^.^^enn wieder beffere Zeifen kommen . Ab
die grogen Verluffe" . . . »^ n ,^ wir haben genug fur die Kunff gefan Die
und *u audi einmal eine ehrhche Stimme^ ,,w Genof{en fur , f
Kunffler find ja doch Boljdicwilten. Da foUen Abef ^ werden niemalsm
KPine Anflffl Das werden die ^nonc di j ie bei den kapifa
leben dLHeudielei mifmachen °^™*Z*% gefund. Und eine gefunde
i-«-f*^n Snobs -beobaditen konnfen. Die Maje I » » feein einziges
Ma f : fkan keine k"n,e Kunff ^^^^^5^ Zukunffsffaaf auf
' S Brof ubri fl >aben Wer 9^^^ in Kunffwerken ^ ausfoben
Koffen der AHgemeinheif feme uber ' p T ^ n d f S faaf wird nur erne kulhfche Kun)
teM* PA auf einem HogJ* ^f^ te«* m h f tfetn "S
auffaffung Lebensberechtigung haben. w\ gIaubf> dap erne loune
an S" Wird man in diefem Saaf Pj^Jbedeufef und nichf erkennf da? He in
M^ehr zur *^^j£$gS ~ der K «* ^ ni6malS "
WahrheifeinAunfiegift^rJaffebe^i-
k-: i
mehr Sieg. Die Wandlung wird alien denen leichf werden, die ihr Volh ebenfo lieben
Wie ihre Kunff; leichf audi denen, die mif Verffandnis in der Gefchichfe der Kunff zu
lefen verffehen. Alle grojSen Reform en der Mufik gefchichfe ha ben jich im
Dienff kulfifcher Kunffauffaffung vo 11 zo gen. Die Monodie der Ifaliener, das
Mufikdrama Monfeverdis, Glucks und Wagners, die Sinfonie Beefhovens find aus ihr
geboren. Einer, ein ganz Grower aber haf wie kein zweifer die Wandlung von der
„freien" zur kulfifchen Kunff durchgemachf: Georg Fredridi Handel. Der fiefe
Schniff, der durch Handels Leben gehf, der den Opernkomponiffen Handel ^om
Oraforienkomponiffen Handel frennf, iff mif nichfs anderem zu erklaren als mif der
Taffache, daj3 Handel, unbefriedigf inmiffen aller feiner raufchenden Opernfriumphe,
nach einer Kunff der Maffe fuchfe und fie im Oraforium fand. Handels Oraforien find
faffachlich jenes „einfach-monumenfale Schaffen, aus fiefffem Gemeinfchaffsgeflihl er-
wachfen, im Volksgefang verankerf", das Hermann Scherchen fur die Zukunff der Mufik
erklarf. Ich glaube daran, daj5 das Zeifalfer Handels anbrichi
*
Der Einflu{5 der Volksmufik auf die heufige
Kunffmufik
Von Be la Barf ok.
„Volksmufik a iff im allgemeinen ein ziemlich weiter Begriff, den ich hier mit folgendem
Verfuch einer Definition einfchranken mochte; Volksmufik i ft die Mufik einer von ftadtifcher
Kultur am wenigften beeinfluBten Bevolkerungsfchicht, Mufik in mehr ocier minder
groBer, fowohl zeitlicher als auch raumlicher Ausdehnung, die als fpontane Befriedigung des Mufik-
Triebes fortleb't, oder irgendwann fortgelebt hat.
Diefer Definition gemaB ware Trager und Fortpflanzer der Volksmufik die Bauernklaffe, als
die am wenigften von ftadtifcher Kultur beeinfluBte. Ein NichtbeeinfiuBtfein wahrt beim
Bauernvolke folange als es das zu feinem korperlichen und geiftigen Leben notwendige Material
■— in traditionellen Formen — felbft produziert. Ein derartiger Urzuftand ift heutzutage naturlich
wohl nur bei Urvolkern zu finden.
Eine ganze Reihe der Entwicklungsftufen fuhren zu dem Zuftande der Bauernklaffen des
heutigen Oft-Europa, die — wenigftens in ihren Kunftprodukten — zwar feit langerer oder
kUrzerer Zeit einem mehr oder minder groBen ftadtifehen, namentlich weft-europaifchen Einfluffe
ausgefetzt find, jedoch nach Verlauf einer gewiffen Leitperiode die Elemente des fremdcn Einfluffes
derart ihrem Wefen affimilieren, daB als Endrefultat eine vom Mufter abweicheride Kunft, die
Volkskunft, oder auf mufikalifchem Gebiete ein Volksmui'ikftil en!fteht. In dem Letztgefagten ift
die in der obigen Definition erwahnte Bedingung der zeitlichen und ortlichen Ausdehnung enthalten.
Denn die Affimilierung fremder Elemente kann nur dadurch eniftehen, daB diefe Elemente von
einer Menge, und nicht von einzelnen Perfonen von Gefchlecht zu Gefchlecht ttbertragen werden;
wahrend diefer fpontanen Ubertragung erfahren die Elemente gewiffe Veranderungen, verfchmelzen
ineinander.
Die Frage des Urfprunges der Volksmufik ift bei der Definition — als irrelevant— nicht in
Betracht genommen.
384
^^^
*»■
Es ift anzunehmen, da8 jede heutzutage bekannte europaifche Volksmufik durch den EinfluB
irgendeiner Kunftmufik, better gefagt, volkstilmlicher Kunftmufik entftanden ift. Bei den neu
entftandenen (oder in unferen Tagen entftehenden) Stilarten ift dies fo ziemlich beweisbar; in
den alteren ift es vorderhand nur in einzelnen Fallen moglich. Eine der wichtigften Aufgaben
der vergleichenden Mufikfolklore ift eben der Verfuch den Urfprung der einzelnen Volksmufik-
ftilarten der Volker zu beftimmen, was auf diefem Gebiete mangels an verlaBlichem Material eine
ungleich fchwierigere Aufgabe ift, als z. B. eine ahnliche Forfchungsarbeit auf dem Gebiete der
vergleichenden Sprachforfchung.
Aus dem bisher Gefagtem geht hervor, daB fogar die engere Begrenzung des Wortes
„Volksmufik" noch immer ziemlich viele Abftufungen von der weniger volkstumlichen, unreinerert
zur reineren Volksmufik enthalt; in erfterer treten die aus der Kunftmufik ftammenden Elemente
noch ziemlich erkennbar hervor, in der letzteren find fie derart affimiliert, daB ein durchaus neuer
Stil entfteht. In die Befchreibung weiterer auBerlicher EigentUmlichkeiten diefer letzteren Art von
Volksmufik wollen wir uns hier nicht einlaffen. Die innerlichen mufi-kalifchen Eigenheiten der-
felben, jene wefentlichen ftiliftifchen Merkmale, durch die fie fich von der volkstiimlichen Kunft-
mufik unterfcheidet ausfUhrlich zu befchreiben, ware ebenfalls eine einftweilen viel zu fchwierige
Aufgabe. Es fei nur die fowohl formelle als auch inhaltliche abfolute Vollendetheit, die man in
jeder einzelnen Melodie diefer Klaffe antrifft, erwahnt; die Produkte irgend einer volkstumlichen
Kunftmufik entbchren in den meiften Fallen diefer Abgeklartheit.
Der allgemeinen Meinung nach hat die Volksmufik erft im XIX. Jahrhundert namentlich auf
die Kunft Chopin's, Lifzt's, [pater auf die der flawifchen Komponiften einen bedeutenderen EinfluB
auszutiben begonnen. Dies ift infofern nicht ganz richtig, als diefer EinfluB nicht fo fehr der
Volksmufik fondern vielmehr der volkstumlichen Kunftmufik zuzufchreiben ift. Die Autoren der
volkstumlichen Kunftmufik find eigentlich heute von einer gewiffen Erudition, die in ihren Werken
(meiftens einzelne Melodien ohne Begleitung) gewiffe Eigenheiten aus dem Volksmulikftil ihrer
Heimat mit Schablonen der hoheren Kunftmufik verfchmelzen. Die Anlehnung an die Volksmuf.k
verleiht ihren Werken eine gew.ffe Frifche und Exotik (ich fpreche in erfter Linie von den
derartigen Produkten Ofteuropas), die Anwendung der Kunftmufik-Schab onen aber auch v,e
Banales: der Kunftwert derartiger Melodien ift mit dem der re.nften Volksrne od, n _ mcbt zu
vergleichen. Sie entbehren meiftenleils der fUr die reine Volksmuf.k fo fehr charakter.ft.fch ab-
f ° 1Ute Demtnf1u^ zuzufchreiben daB die hohere
Kunftmufik des XIX. Jahrhundrtes eine ^ Ml ^^\^ m a ^^ a ^nd^ an einen
Die reine Volksmufik fangt erft Ende des XIX. und Anfang des XX. Jahrhunderts an einen
■u , ?• n F n i„R a „f unfere hohere Kunftmufik auszutiben. Als erfte Be.fp.ele haben w.r
uberwaltigenden EinfluB auf un ere nonere dje Vo lksmufik Ofteuropa's und
™i^ EinfluB ausubt ,T % h ?f r
Oltaf.en 8 ihren Weibenfle^ g de§ Strawinsky und des Ungarn Kodaly:
ausfchlaggebend .It diefer Vorgang . den w Volk8inunk ih rer Heimat heraus, daB es
das CEuvre beider Muhker wach t d ra a re n awjns Sacre du Printemps)
beinahe als eine Apotheofe derfelben g «" en f nn oB e Anwendung von Volksmelodien oder urn die
Bemerkt fei: es handelt f.ch h.er nicht um ,d« bloBe ^wend«ng tje{jnnere
Umpflanzung einzelner Wendungen der lelb- n es off ^ h J h 'J den Volksmu[ik . Dem .
Erfaffung des mit Worten Ichwer zu ch.ldemd en <M tes de^ ^ ^ ^
zufolge befchrankt ^\^^J^^Z^^^ ^urchtrankt.
Schaffens der betreffenden Konipomften m d von Volksmufik mit der atonalen
Wie vertragt fich nun diefer E nfluB ™ ™™ ^ma* Mfl*\: di* P^M ™
Richtung? Es genUge der Hinweis auf e.n M onde-* mktotf _ ^P ^^ ^
Strawinsky. Die Sing tee derf elben befte * » u ^° Nac ^ ld||Ilgen von ru mfchen Volksmufik-
zz ^ h ^:£^^^^ -* Mot ive , die «.*. ^ *****
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wm
durchaus tonal find, ermoglicht eine Art inftrumentaler Begleitung, die aus einer Reihe unterleglen ?
fiir die Stimmung der Motive hochft charakteriftifchen, mehr oder minder atonalen Tonflecken
befteht. Die Gefamtwirkung fteht jedenfalls dem Atonalen viel naher als dem Tonalen. (Siehe
das Beifpiel am SchluB des Artikels.)
Eben diefes, den Volksmotiven entnommene hartnackige Fefthalten an einem Ton, oder an
einer Tongruppe fcheint eine befonders wertvolle Stiitze zu [ein: fie bietet fur die entftehenden
Werke diefer Obergangsperiode ein feftes Gerippe und bewahrt vor einem planlofen Herumirren.
Zwei Parallellen waren noch zu erwahnen: die reine Volksmufik kann zur Beeinfluffung der
hoheren Kunftmufik ebenfo als Naturerfcheinung in Betracht koinmen, wie die mit dem Auge
wahrnehmbaren Eigenfchaften der Korper fiir die bildende Kunft, oder wie die Lebenserfcheinungen
fiir den Dichter. Diefer EinfluB geftaltet fich fiir den Mufiker am wirkfamften, wenn er die Volks-
mufik nichl aus toten Sammlungen kennen lernt, welche fo wie fo ihre feineren Nuancen und
das pulfierende Leben derfelben infolge das Fehlen genUgender diatonifcher Zeichen nicht wieder-
zugeben vermQgen, fondern wenn er fie rein in derGeftalt kennen lernt, wie fie in ungezilgelter
Kraft beim niederen Volke lebt. Wenn er fich dem Eindrucke diefer lebenden Volksmufik und
air deren Umftande, welche die Vorbedingungen diefes Lebens bedeuten, hingibt, und die Wirkung
diefer Eindriicke in feinen Werken wiederfpiegeln laBt, dann kann man von ihm fagen, er hat
ein StUck Leben darin feftgehalten.
Beispiele: ^^^^^M^%^
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Parfifuren
Von Dr. Herm. Sfephani.
Daj5 eine Parfifurenrejorm vonnofen iff, wird kaum ernfflich mehr beffriffen. In
ein akufes Stadium iff diefe Frage befonders gefrefen, feifdem Manner wie Max Schillings
und Felix Weingarfner, Marz 1907, erklarf haben, ktinffig famfliche Inffrumenfe dem
Klage nadi in der C-Sfimmung nofieren und alle C-Sdiujfel mif Ausnahme des Braffchen-
Sdiluffels aus ihren Parfifuren verbannen zu wollen. Sprudireif geworden war fie
bereifs feif dem Momenfe ihrer prakfifdien Lofung. Im Dezember 1903 veroffenflidife
idi die erffe, fur jeden audi 'nur Violinfduuffel -Kundigen lesbare Parfifur in
einheiflicher Aufzeidmung — Sdiumanns Manfred-Ouverfiire im Verlag Dreililien --■:
ein fur allemal wurden hier, gleidimaj3ig fur alle Sfimmen, die 5 Linien des Nofenfyffems,
von unfen nadi oben als e-, g-, h-, d-, f-Linie feffgelegf. Unfere bisherigen Parfifuren
enffpredien dem Begriffe einer gleichffimmig, einheiflich geordnefen Aufzeidmung, wir
ihn dodi mif dem Worfe zu verbinden beredifigf find, nur rhyfhmifdi. Melodifth gar
fehr mangelhaff. Harmonifm iiberhaupf nichf. Da iff ein E nofierf. Aufider A-Klarineffe "
erklingf es als Cis, auf dem Englifchhorn als A, auf dem Es-Horn als G ufw. Ein Bild
maj31ofer, unglaublidner Komplizierung!
Gewi|3 man wollfe es dem Spieler eines fransponierenden Inffrumenfes redif be-
quem madi'en und deffen Nafurfone ausnufjen. Heufe - haben wir Venfilinffrumenfe
und jeder befferer Blajer verffehf zu fransponieren. Mag es immerhin bleiben, wie
es war - in den Sfimmheffen. Allein, was wurden wir wohl zu einem Texfbuch fagen,
in dem zur befferen Unferfdieidung" die Rolle des A deuffch, des B griedufdi, des
C ruffifch, des D hebraifch, des E diinefifch gedruckf ware?
In der Taf haffe dasbisherige Parfifurenffudium erne Ubung im Neueinffellen des
geiffigen Auges von Zeile zu Zeile, einen Sporf des Vorffellungsvermogens zur Vor-
ausetung, der fadiiich, rein mufikalifch durdi nidus geredifferfigf ^^ingeffandener.
Sen felbff unfern erffen Dirigenfen das Lefen off zu einem bloften ...f^ratfeln
WeinaarhTer) madif und wahrlich wenig dazu angefan fein konnfe, den feif 100 Jahren
fefii ^flSe^igenen Eifer gebildefer Mufikfreunde neu zu beleben zu den Quellen
ftefig zurucKgegange I befeffigen. zu verfiefen. Und dies
■r^Znef^ZZen Komplizierung der mufikalifchen Ausdrucksmiffel,
Dileffanfen haben uns Kiinfflern fchon allzuviel Boden weggenommen", erganzfe fern
^J^J^^tL^ mfiffen, warum follen's unfere Nachfahren heifer
haben r.' Nun in den Niederungen des Mufikanfenfums wuchert nodn manches
Kraut < tos' dc r Si ^ e ^ ^ ^ dem ReformWege ge hen? Wir
Aber es fragf |iA wohl . . w e ^ Forff(hritt iJf ge leiffef mif der nun audi
haben gefdiurf, em i *o&e* fehr JW« m w ' eiteren Zuge ffandniffen fich drangen
von Weingarfner (der ^ U «**J } A * g * he i0enen Abfchaffung aller Transpofifionen
u^™ 1909 audl den Bramen '
ScMiiffel. w„«Au7Pifer' JeneAusgabe der Manfred-Ouverfiire ( 1905)
DieEinheifsp^
fdireifef vor bis an das lefefe Ziel ^ einer von 8 Zufammenfa^barkeif aller
2Sa^"3Br^.3?%»S£ »i— « ~<~— an aie
.387
IM 1 i
Bedurfniffe der Einzelffimmen. Qenau ebenfo wie es der Dezimalredinung mif dem
einheiflidien Nenner 10 gegeniiber der fo umffandliciien Bruchredinung gelingf, genau
ebenfo erzielf die Einheifsparfifur durdi die Okfavzeidien (1><) 8, gegebenenfalls 0,
I (><8), 2 (x8), 3 (x) eine logifdie Gefdiloffenheif, tlberfidiflidikeif, Anfdiaulidikeif, wie fie
nodi kein Parfifurbild geleiffef hat. Der Leidifigkeifsrekord des 'Lefens — hier iff er
erreidif, Ein pj'ydiologifdies Grundprinzip friff in Kraff, mif dem es keine nodi fo Jinn-
reidie Vereinfachung aufzunehmen vermag: das Gefe£ der vollkommenen Einheifs-
apperzepfion.
Priifen wir ein Ordieffer-Unifono efwa auf Fl
BU^erlg* pottHur
Sort. Shilling*
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(Etntjeittpartitur
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5 fad)
Was lehrf unfere Tafel? Die Sdiwierigkeifen des Lefens der 4 Unifoni erhalfen
fich, von der Sdiwierigkeif verfikalen Zufammenfaffens abgefehen, dem um erffe Parfi-
furenerkennfnis fidi miihenden Laien wie
(7+9) : (3+6): (2+5) : \ = j6 \ 9 : 7 \ \
Iff die Zeif nodi fern, wo der gefunde Menfchenverffand der Allgemeinheif die
Forderung erheben wird:
Unifono fiir|s Ohr — unifono furs Auge?
Was bedeufen aber 8, 0, i, % 3? Neue Sdiliiffel? Alles andere denn das! Jedem
Okfavgebief bleibf fein eigenes Schlop. Nur bedarf es keines riefenhaffen Sdiliiffel-
bundes mehr, nodi kraujer Barfe, die Riegel zu heben, die Pforfen aufzufun. Ein
Sdiliiffel erfdilie£f die Sdiloffer alia Es iff der |fc. So darf er ffillfdiweigend voraus-
gefe^f Werden und die bisherige Mahnung am Anfang jeder Zeile, ihn dodi ja nidif
zu vergeffen, kiinffig — forfbleiben.
Mag in den Sfimmheffen audi furderhin die bisher ublidie Aufzeidinung beibe-
halfen werden, werden Mufiker ihren Sdiwierigkeifen audi nadi wie vor gewachfen
bleiben muffen - das Prinzip des kleinffen Kraffma£es wird hier wie uberall feinen Werf
388
ft-s --^BsisSato^^V ■*■<
^■n
behaupfen und fiegea Ernff nadi Verfiefnng ihrer mufikalifdien Einfichf ffrebenden
Laien gilt es, mehr denn je, kiirzeffeWege zu bahnen zu den Meifferwerken unferer
Tonkunff. Ihnen vor allem diene die Parfifurenreforml
„Die Sadie iff Jo guf und einfach", rief Willy Paffor einff in der „Zukunff" aus,
„daj3 fie unmoglidi Erfolg haben kannl" Gehen die Komponiffen voraus die Ver-
leger, von denen keiner aufJer Dreililien vor 15 Jahren fur die Herausgabe eines
unferer Meifferwerke felbff bei volliger Enflaffung von alien Unkoffen zu haben war,
werden bald im wohlverffandenen eignen Infereffe nadifolgen. Es wird die Zeif
kommen, wo audi die Blafer fransponierender Inffrumenfe danadi verlangen werden,
durch Vorzeichnung des wirklichen Klanges im Sfimmheff fidi der fonalen Funktion
und harmonifchen Bedeufung ihres jeweiligen Tones in jedem Augenblicke bewujSf zu
werden. Das Gufe fiegel Die Erkennfnis iff nichf aufzuhalfen, da)5 es der Wiirde der
Tonkunff enffpridif, Logik, Anfchaulichkeif, Einheiflichkeif, wie vom Kunffwerk
felbff, fo audi von feiner auj5eren Auspragung im Nofenbilde als nofwendig zu er-
adifen und zu fordern. Das Problem iff geloff, fheorefifch und prakfifdi, in der
Einheifsparfifur.
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Deuffdie Sdiule im Geigenfpiel
Von Auguff Leopold Sap\
Befifjen wir iiberhaupf nodi eine deuffdie Sdiule im Geigenfpiel? Warum werden
die Verfrefer anderer nafionaler Sdiulen bei der Bewerbung urn Hodifdiullehrerffellen
bevorzugf? Warum kommen unfere Geigenffudenfen mif unenfwicklungsfahiger Grund-
lage auf die Hodifdiulen? Weil keine beffimmfe, einheiflidie Sdiule vorhanden iffl
Uns fehlen hervorragende Padagogen fur den Anfangsunterrkhf, die fidi nur nadi und
nadi bei einem beffimmfen Syffem enfwickeln. Bei prufender Durdifidif unferer zahl-
lofen deuffdien Violinfdiulen beziiglidi der fo widifigen Hand- und Fmgerffellung, ins-
befondere der Bogenhalfung, ergibf fidi enfweder nidifs beffimmfes oder es herrfchf
darin eine groj3e Uneinigkeif und Unklarheif, die nodi verffarkf wird durdi Beigabe
erbarmlidiffer Abbildungen. Man gewinnf off den EindruA, als behandele der Verfaffer
abfichflidi diefes Thema mehrdeufiy, urn fidi keine Blope zu geben
Unfere a fe Arf, den Geigenunferridif mif der G-dur-Tonar uber alle vier Saifen
zu beginnen, iff durdi das prakfifdiere Halbfonfyffem uberhoh. Die .Sevcik-Sdiuler
liefern hierfiir aglidi den Beweis. Ein Begriindungsverfudi, daJ3 das keineswegs mehr
neue H Snfyffem nodi ausbaufahig iff, wird in diefer Abhandlung weiferhin erfolgen.
Ob "aber cue - feilweife iiblidie - refflofe IDbernahme der Sevck'fdien Mefhode unferem
Deufldifam voU und ganz enffpridif, wage idi felbff als Verehrer diefes bedeufenden
^euijcnium yyu m « « .. d erfehnfen Lehrer angenommen zu
^T^^zZ^^l^ ReifeprUfuna ab.ege. An einer Merries-
Krone jpieien u«u jw*uj a critter feil wohl zum Leidwefen des befreffenden
^Lt^*Z^r^^s Einsehen au f die individueUen Whr
389
des Einzelnen ausfchlofr Wer in der Grundlage verpfuj'chf war, blieb meiffenfeils ver-
pfufchf. Zu griindlichem Anfangsffudium mif den vielen UngliicMichen, die beim Probe-
fpiel nur forcierfe Leiffungen gebofen haffen, fehlfe Zeif, Luff und Ausdauer meiff auf
beiden Seifen, Ein ganz anderes Bild bekommf diefe groj3ziigige Unferrichfsarf durdi
eine vorherige einwandsfreie Vorbereifung.
Zur Schaffung einer gefunden, enfwicklungsfahigen Grundfchule gehorf vor alien
Dingen >ein einheifliches, zeifgemaj3es Syffem mif klaren, verffandlichen, den zukiinffigen
modernen Anforderungen enffprechenden Vorbereifungswerken. Wollen wir einer
neuen deuffchen Schule zu Worfe verhelfen, fo miiffen famfliche deuffch empfindende
Kiinffler und Padagogen ohne Vorurfeil und Neid, jeder auf feine Arf, hieran mifarbeifen.
Fiirchfen wir uns nichf vor laufer Piefaf am Alfhergebradifen zu riiffeln, und vor laufer
Idealismus den nofigen Drill heranzuziehen. Ebenfo falfch ware es nafiirlich, anerkannfe
alfere Sfudienwerke anderer nafionaler Schulen, die zum eifernen Beffand deo Geigers
gehoren einfach ad akfa zu legen, falls nidifs wirklich ebenbiirfiges vorhanden iff.
Schliej31ich iff ja der Sfammbaum aller Geiger bis auf Corelli zuriickzufiihren. Man
fagf von ihm, er fei der erffe gewefen, der die richfige Sfellung der Hand und die Arf
gelehrf haf, fidi des Bogens mif Gefchicklichkeif und Grazie zu bedienen. Ebenfo wird
das Grundprinzip aller fechnifchen Ausfiihrungen der menfchlichen Hand infolge ihrer
anafomifdien Gleichheif audi bei alien Nafionen das gleiche fein.
Es iff nidif fchwer, in unferer alfen Spohrfchen Sdiule (Spohr war bekannflich
Sdiiiler von E(k und Lehrer von David) Ziige echfen deuffchen Wefens zu erkennen.
Idi erinnere nur an die gediegene, mannliche Ausfiihrungsarf feines beriihmfen, feffen
Sfakkafo fowie an die feelenvolle Umfdireibung feines, jeden Tongeiger reizenden,
edife nafionale Charakferziige aufweifenden Adagios. Die fechnifche Ausfiihrungsarf
Jeiner Kompofifionen fe£f allerdings auJSerff griindlidie Vorbereifungen voraus. Seine
fich off haufenden Spannungen und Doppelgriffe verlangen eine wohl pradeffinierfe
Hand; aber eine gediegene fechnifche Grundlage mif giinffigem Auffafj des erffen
Fingers und unabhangiger Daumenlage bzw. richfiger Handffellung wirken hier, durdi
. verniinffige Gymnaffik unferffii^f, Wunder. 13berhaupf diefe ungiinffige, in der hoheren
Geigenliferafur nichf zu umgehende Spannung der linken Hand la)5f fo manchen mufikalifdi
hervorragend begabfen Geigenenfhufiaffen das leidenfdiafflich geliebfe Inffrumenf beifeife
legen und manchen leichfferfigen Geiger mif nafiirlicher Spannhand virfuofe Triumphe
feiern. Ein von mir fiir meine Sdiiiler konffruierfer Sfreckapparaf haf fich bei richfiger,
regelmaj3iger Benufjung als au#erff wirkfam gezeigf.
Eine gefunde nafionale Schule mug den Kern der Allgemeinheif in fich fragen und
darf nichf nur einigen im giinffigen Sinn abnorm Veranlagfen die Moglichkeif der
hochffen Kiinfflerfchaff gewahrleiffen. Ebenfowenig wie es eine allgemeine paganinifche
Lehrweife je gab (Paganini haffe einen bekannfen, Sdiiiler namens Sivori), frofj des
vielverfprechenden Geheimniffes, deffen Hinferlaffung der groge Genuefer der Nachwelf
verfprach, ebenfowenig wird audi heufe noch ein vereinzelf daffehender Hexenmeiffer
die Grundztige einer mefhodifchen Lehrweife verkorpern/ Die refflofe Wiedergabe der
im deuffchen Volkscharakfer liegenden Kraff, Schlidifheif und Gemiifsfiefe wiirde vor
alien Dingen eine befondere Grundlage fiir die Bogenfechnik erfordern, ebenfo die
Anmuf und Ruhe im Vorfrag. Es liegf im allgemeinen viel Maffivifaf und wenig Ge-
fchmeidigkeif in der deuffchen Hand — die Auffaffung iff nichf immer die fchnellffe und
die Nachahmung nichf affenarfig, Zum Ausgleich dafiir iff aber Ernff, Griindlidikeif und
viel Ausdauer vorhanden, die her vorffechendf fen Ziige jedes echfen Kiinfflers.
DerUnferrichf infernafionaler Sdiiiler biefef willkommeneGelegenheif zur Beobachfung
der bei den einzelnen Nafionen faffachlich vorhandenen fypifchen geigerifchen Vorziige
i^ deuffche Geigenfheorefiker mug hierfiir Verffandnis und fcharfen
Blick haben und danach fein Lehrmaferial fdiaffen und zufammenffellen. So felbffver-
ffandlich dies alles fdieinf, fo finden wir in unferen deuffchen Elemenfar-Geigenwerken
dodi felfen geeignefes Material in diefem Sinne. Ich befone nochmals, der Schwerpunkf
der fpaferen Enfwicklungsfahigkeif bzw. der normalen, glaffen Ausbildung i{f in der
Grundfdiulung des Sdiiilers zu erblicken. Der Einwand: ein Genie wird fdilie£lich doch
durdidringen, la)3f {idi durdi die Gegenfrage enfkraffen: wann, oder in welchem Zeif-
abfdiniff. Unfern deuffchen Geigen-Genies wird es wahrlich fdiwer genug gemachf, fo
daj3 fie Jchliej31ich ihren Hohepunkf in einer Zeif erreichen, in der die Spannkraff er-
lahmf iff oder das vorgefchriffene Alfer die Nufjniepung nidif mehr in vollera Maj5e
geffaffef. Selbffverffandlidi wird das Hodiffziel nur den Genies erreidibar fein, aber
die hieraus fidi ergebende geringe Konkurrenz der groflen Geigenkunffler darf nidif
auf Koffen unferer deuffchen Geigerkunff gefdiehen.
Der au]3ere Unferfchied der einzelnen nafionalen Sdiulungen liegf haupffachlidi in
der Bogenhalfung und Bogenfiihrung, ferner, obwohl weniger fidifbar, in der Halfung
der linken Hand bzw. des Fingerauflafces. Eine Schule, die ihr Haupfaugenmerk auf
Eleganz fechnifdie Kunffferfigkeif und Virfuojenblendungen ridifef, ffellf nafurgemap - lhre
Tedinik anders ein wie eine Schulung, die auf voller Tongebung, fchlidifem Vorfrag,
Ruhe und mufikalifcher Gediegenheif bafierf. Ganz rein wird jedodi eine Joldie bei
dem vollig enfwickelfen Kunffler wohl felfener zum Ausdruck kommen, denn das fedi-
nifdie Anfangs- und Endziel jeder Sdiulung iff das gleidie und der anafomifdie Bau
der Hand, wie fchon erwahnf, audi faff gleidi. Vergegenwarfige idi nur nun heufe the
verfdiiedenarfigen Formen des finnlofen Lehrverfahrens, mif denen man beim erf en
Un errfchf meinen nafurlidien Inffinkf fur Bogenhalfung und Fingerffellung auszuroffen
wu6fe aTs Budi unfer dem Arm, Druck der redifen Hand bis zum Krampf nach
Lk ffeife Papphiilfe auf dem linken kleinen Finger ufw "f £^* ^£J
den Anfangsunferridif durch einen Geigenlehrer erhalfen zu taben. Unje *e deufjhe
SrhnlP ff ?o ffark beeinfluj3f von den iiberragenden anderen Sdiulen und fo jenr yon
s x«=Fr"SSr- as
aus pekuniaren Grunden ins Auslan f.J r ° a *; m ^ ffdnon verfforbenen Sdiuler zu
vermochfe « i all erdings , uns emig ^^j^^ ^meffJr wie Meyers,
halfen, wie Petri, Hollander, Halir, W" p, theoretifdie
Von diefen find aber nur wenige padagogifch he ™ r *™* e ^ tuo]en ihre Swd ienarf
Violinliferafur beweiff. Erwagen war nun no*, w e v>de J«^
moglichff geheim halfen und da e . auA ^beun b ^ n J ten Ziels in padagogifcher
eine iiberfiditliche Formel zur E J rei ^ n 9 f^™r fe7n wenn hier ein ideales Weff-
Weife zu finden, fo durffe es keineswegs ^^^ eTnfefcfe. Weldier Wirrwarr
arbeifen der deuffchen Padagogen und ^^Starien Was foil ein Punkf oder
herrfchf zum Beifpiel in der ^^JZ^^ S%U U* ^ heifen zu
Sfrich nichf alles darffellen Madif wirkluh jema "^inen , ^ ^
fdiaffen oder mif gufem Beifpiel voran ™f£\f d ™Ztte Ordieffergeiger kennt
deuffchen Kollegen vollig 1 9 nonert J h U re ^ e n s S pSf ausfuhri Hier iff ein ganzes
nidif einmal die Sfrichart die er ^ahrend des ^ ^ die Terminol0 gi e fur
Feldfiir den deuffchen Geiger. Leider war en ™r a fibernehmen. Wir
unfere Bogenfechnik faff "^^^^JS^^Mdl^ Bach, Beethoven
geUndadurAfehr off in Widerfpru* ^ mif dem rein deu t,chen
■&^^ un!erer Mei,terwerke
391
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vftf&L
ffaunen wir iiber die Sfilwidrigkeifen, die durch die verfdiiedene Auffaffung von Punkf
und Sfridi enfffehen. Vor mir liegf zufallig die Davidfdie Ausgabe des bekannfen
Violinkonzerfs in a-moll von Bach. Das Konzerf beginnf im - 4-Takf mif einem kurzen
Auffakf in der Guinfe und darauf folgender vollen Vierfelnofe auf dem gufen Takffeil.
Jeder Badifpieler wird hier den Auffakf kurz abheben und das darauf folgende Vierfel
mif ganzem, feffem Bogenffrich bringen — ohne das Vierfel aber in die nachffe Achfel-
paufe hineinzuziehen. Grand-marfele wiirde efwas zu kurz werden, defache aber
leidif zu lang. Joadiim haf die Bezeichnung audi demenffprediend gewahlf, indem er
wohl liber die Auffakfnofe einen Punkf, aber keinen Sfrich iiber das breife Vierfel
fe&fe. Wahlen wir nun fur die Adifelnofe den kurzen Lauf faf und fiir die Vierfelnofe
den langeren Lauf fa, fo wiirde die Spielweife klingen: faf | fa , faf | fa ufw. David, ein
Sdiiiler, aber kein erklarfer Anhanger Spohrs, fondern Verehrer der franzofifdien
Schule, bezeidinef nun eigenfiimlicherweife bei der Sfelle den Auffakf mif einem Sfridi
und das Vierfel mif einem Punkf Jeder Nichfeingeweihfe wurde nun das Achfel im
Sinne unferer iiblichen Sfridibezeichnung im defache ohne abheben, und das Vierfel im
marfele abgeriffen bringen. Hierdurdi erhielfe die Sfelle aber einen enfgegengefefjfen
Charakfer wie bei Joadiim, alfo fa |faf, fa| faf, der audi dem Bachfchen Sfil nidif enffpridif.
Einen rohen Begriff fiir die bogenfechnifche Ausfiihrung der Badifdien Allegros
erhalf der Sdiiiler audi zunadiff durdi die Anweifung, alle punkfierfen Adifelfolgen
mif langerem grand-marfele und alle Sedizehnfelfolgen mif kurzem defadie auszufiihren.
Wie fdion bemerkf, decken fidi die Ausfiihrungsarfen des franzofifdien marfele und
defadie nichf ganz mif unferm reinen, urdeuffdien Sfil. Nehmen wir z. B. die breife
Achfelffelle der beiden Soloviolinen im lefjfen Sa^ des Badifdien d-moll- Violinkonzerfs
(in der Joachim-Mofer-Ausgabe der fiinffe Takf nach Budiffabe D) und laffen die Sfelle
im defadie fpielen, fo wirkf fie enffdiieden zu fdileppend und fchwerfallig, wahrend der
marfele-Sfridi wieder zu kurz und eckig klingen Wiirde. Ridifig wird diefe Sfelle mif
leidif abgefe^fem, vollem Sfridi wiedergegeben — alfo kein eigenflicher defadie- oder
marfele-Sfridi, wie off bezeidinef. Die verfdiiedene Auffaffung diefes Sfridies erzeugf
nun off die enfgegengefe^fen Bezeichnungen bei den Bearbeifern, und iff es off fchwer
fiir den jungen Geiger, fidi hier zuredif zu finden. Karl Flefdi bezeidinef die C-dur-
Sedizehnfel-Sfelle in der F-dur-Romanze von Beefhoven fehr gliicfelidi mif einem
defache-Sfrich und darunferffehendem marfele-Punkf, um der ridifigen Ausfiihrung
moglidiff nahe zu kommen. Audi im D-dur-Konzerf Nr. 2 von Mozarf fragen die
beiden Achfel (driffe und vierfe Nofe des Einfa^es fiir Solovioline) den gleidien
Charakfer.
Nun nodi einige Worfe iiber das bereifs erwahnfe Halbfonfyffem beim Anfangs-
unferridif. Diefes beruhf bekannflidi auf der gleichmaj3igen Anwendung des ffefs
zwifchen den gleidien Fingern liegenden Halbfonfchriffes auf alien vier Saifen. Der
Vorfeil fiir den Anfanger, der ganz auf das Taffgefiihl feiner Finger angewiefen iff,
iff ein bedeufender; daher find wohl bei den meiffen prakfifdien Padagogen alle
Bedenken gegen das Medianifdie diefer Mefhode gefdiwunden. Idi gehe nun in meiner
demnadiff erfdieinenden Anfangerfdiule nodi einen Sdiriff weifer. Handelf es fidi
darum, das Taffgefiihl der Finger zu unferffii^en, warum dann nidif gleidi fo weif wie
moglidi? Sehen wir uns die Saffellage hierauf hin an. Sie gehorf folgeridifig im
Sinne der fymmefrifdien Lagenfolge vor die eigenflidie erffe Lage bezw. zu derfelben.
Die beiden groj3en Vorfeile fiir den Anfanger liegen klar auf der Hand, erffens die
leidif e Auffindung der Sfellung des erf fen Fingers am Saffel, und z weif ens die fidi
nadi dem diafonifdien Tefradiord ergebende Halbfonforffdireifung vom driffen zum
vierfen Finger. Le^fere ermoglidif die grogfe Sicherheif und den korrekfeffen Auffa^.
Iff der Sdiiiler erff in diefer Greifarf auf alien Saifen fidier, fo madien — wie fchon
392
t4^b^i''K^fi:^^MUA4
^aaaa
das Halbfonfyffem lehrfe — audi die andern Arfen, jowie die Verbindungen derfelben
viel weniger Sdiwierigkeifen. AujSer den Vorfeil, den der Beginn mif der Satfellage
dem Sdiiiler und Lehrer biefef, ware nodi ein Fakfor zu erwahnen, der mandie miih-
fame Arbeit in der Sfunde erfparf — die gymnajtifdie Vorbereifung der Finger!*
Idi priife jeden Sdiiiler zunadiff auf feine geigenfedinifdien Anlagen, auf gufes
Gehor und foweif auj3erlidi fidifbar — evtl. mif Hilfe des Arztes auf gefunde Bruff-
organe, die fur die Ausdauer des Berufsgeigers wenigffens, unerlafllidi find. 3e
nadi der Lage des bis zum Handanfafje gemeffenen Arms, wird die Groj3e des Inffru-
menfes beffimmf. Hiervon gehe idi unfer keinen Umffanden ab, felbff wenn die
fdionffen, aber fiir die Armlange nidif geeignefen Inffrumenfe vorhanden find. Die
gefamfe Grundlage fur die Tedinik der linken Hand kann bei einem zu grofSen
Inffrumenf in Frage geffellf werden, ganz abgefehen von den dadurdi bedingten
gejundheiflidien Nadifeilen. Der Bogen darf nidif zu lang und je nadi Veranlagung
der redifen Hand nidif zu fdiwer fein. Hier iff vorlaufig nidif die Qualifaf, Jondern
die Quanfifaf die Haupffadie. Meine Bogenhalfung haf nadi jahrelangen Sfudien aller
moglidien Arfen - bei dem Ziel der moglidiff vollen Tongebung, des leidifeffen
Saifen- und Sfridiwedifels und der moglidijfen Erfdiopfung aller Klangeffekfe - eine
kleine Abweichung von den bekannfeffen Sdiulen erfahren. Idi modife daruber nur
kurz bemerken, daj3 idi die beiden fiefs leidif gerundefen Miffelfinger ziemlidi weif
fiber die Sfange greifen laffe und den Daumen - zu diefen beiden als Anfipoden ,
fo wenig wie moglidi durdi die Frofdigrube geffedif, nur locker mif der Spifce anjejen
laffe. Der Zeigefinger liegf meiff paffiv - nur in befonderen Fallen als Hemm)diuh
- auf der Sfange, wahrend der kleine Finger zum Balancieren des GegengewicWs
mif der Spi&e - aber beim Spiel von der Miffe bis zum Frofdi immer -gerund* nidi
geffrecbf - aufliegf. Jedes Driicken der Hand oder des Zeigefingers nadi links i)f
£g verponf wegen der hierdurdi enfffehenden Spannung im Gelenk und Ausfdialfung
lies kSn Finge's als Balanzierfinge, Die bei ^.^SJi^ 6 ^,^^^
Abfoannung der Handmuskulafur wahrend des gewohnlidien, leidifen Sfreidiens, untei
Ab)pannung aer nana d m weif abergreifenden Zeigefingers,
^■^^M^^^td^TQ^^^ 9 la « en Sfridiwedifel am Frofdi und
ermoghdi ^^\f^ £e Ausnufeung des Arm- und Sdiulfergewidifs zur
m^^SnSSSUr^ta ^lenk ffefs nadigiebige Daumen geffaffef infolge
'^^^^JT^^l^^ A-ildung audi der fdiw.dieren
, . „„= Hnm Vorwort meiner Jronimchibungen der Finger" glnube idi am bcstcn
* Durch nachstehcnden Auszug aus dtm Voruo ™£ ; , c dcr % uch Anfanger unterrichtct. wird wol.l
.cine Ansicht begrhnden zu kann,, Je er V ohn- ul KUv 1c. ^ ^ ^ ^ ^^
schon die Erfahmng gemacht haben dafi es oft v.e r uhe ^ fibcrfiassig , solche Obungen in n.ethodisehcr
die nfltlge Gewalt uber seine ^r bekomm t s*h ^ ^ Unabhangigkeit crzoge „ and gekraftigt werden.
Ordnung zusammenzustellen, nach dencn die ring, > einerW agerechtcn, sondcrn aufeincr senkrcchten Mache,
Fiir Fortgesduittene empfiehlt es „ch. d.e Ubunge chj an e * ,„ zur Mltaibc lt hcrangezogen, was
etwa an einer Tur oder Wand, zu machen Hie durch ™w^ ^ ^ ^ ^^ ^ ^ ^ immmdU stch()
fiir Pianisten und Geiger von W.cht.gkeit ist. jc Obungen, und man kann dieselbe in
und je hoher man den Arm streckt, desto wen.g er ,nte s. .st d,c W ^ ^^ ^ ^ ^ ^^ aus ^
umgekehrter Weise nach und ™ch fteigern. jeae J Aufschlag zur Auspragung des rhythmischcn
Hand her.ua, und jede akzentulerte Note bekommt einen esondere^ ^^ ^^ wcrdc „ damit sie die Wr
Wlllens. Die Obungen massen audi von Ueigcrn j bekommen. Oberliaupt ist cin glcichmSBIges
die Bogentechnlk nbtige Spannkraft und Energ e n der re besonde rcn Schulung bedurfen der Ring-
Ausbilden links und rechts auch in hygi cmsch u Hins .ch t anz mufi nu)d und deutHch herausge .
!^J!5?^Sl InSSC^V- — besondere Sehwierigkeiten bereifen, so
393
Finger und leidifeffe Ausnu^ung der nafiirlidien Spannfahigkeif. Jedes Herausdriicken
des Handgelenks, wie man es in vielen Sdiulen abgebildef Jiehf, iff verbofen, da das-
felbe den hakenformigen Auffa& des kleinen Fingers unmoglidi madif und dadurdi
feine griindlidie gleidimagige Ausbildung verhinderf. Es werden alfo alle vier Finger —
audi der kleine innerhalb einer Lage — hakenformig mif beiden Gelenkbeugungen
aufgefe^f. Urn dies audi bei den kleinffen Handen zu ermoglidien und gleidizeifig die
Grundbedingung fur die hodiffe Spannfahigkeif vom erffen zum vierfen Finger zu er-
langen, laffe idi das in der Hand liegende Zeigefingergelenk leidif nadi innen einbiegen.
Hierdurch bekommf das mifflere Gelenk desfelben eine fiefere Sfellung wie das des
Nagelgliedes und Jidierf dem Finger die gr6j3fmoglidie Spannfahigkeif im Zuriicklangen>
fo daJ3 die Spannung vom erffen zum vierfen Finger fich nadi zwei Seifen — alfo nach
unfen und nadi oben — erffrecken kann, eine Bedingung beim fpaferen Dezimenfpiel*
Dodi nodi andere Vorfeile find mif diefer Fingerffellung verbunden, audi wenn die
Spannmoglichkeif ganz auj3er Befradif bleibf: Bei dem leidif en Einbiegen des in der
Hand liegenden Zeigefingergelenks iff ein Hinabgleifen des Geigenhalfes zwifdien
Daumen und Zeigefinger ausgefdiloffen. Die hierdurch und durch den gewolbfen
Auffa^ des kleinen Fingers unferffu^fe, bedingfe Handffellung zeigf das Beffreben, mif
der inneren Handfladie moglichff zum Geigenhalfe die Parallele zu half en. Sie geffaffef
ein bequemes, didifes Zufammenfe^en der Finger bei Halbfonfdiriffen auf einer Saife*
und bei iibermaj3igen Quarfen fiber zwei Saifen, und verbiirgf damif eine faubere
Tedinik. — Eine kleine Bemerkung fiber meine FufJffellung beim Spiel fei nodi ein-
gefchalfef. Nadi Aufnahme der Geige laffe ich den Schiiler beide Fiij3e gleichmaj3ig
feifwarfs ffellen und einigemale die Ferfen heben. Dies Verfahren verhufef das Hinein-
nehmen der linken Hiiffe, das unfer Umffanden grojSe gefundheiflidie Nadifeile haf
und bei der alfen Sfellung unvermeidlich iff, Ebenfo liege fidx nodi verfchiedenes fiber
falfche Kinnhalfung fagen, befonders wenn man fo viele vorzugliche Geiger mif ein-
gedriickfer Bruff und rundem Rficken auf dem Konzerfpodium geigen fiehf und bedenkf
dag ein hoherer, guf paffender Kinnhalfer, rechfzeifig benufjf, all diefe bofen Folgen
vermieden haffe. Aber die Tradifion — „Paganini haf ja doch audi fo gefpielf.
In der Hoffnung, eine kleine Anregung zur Schaffung eines einheiflichen, modernen
Grundfyffems ffir unfere deuffdien Geigenfpieler gebofen zu haben, biife idi alle ernff-
Jfrebenden Kollegen urn Prfifung meiner Vorfdilage und um infenfive, werkfafige
Mifarbeif daran.
empftehit es sich, langere Zeit mit dem riickstandigcn Finger folgende Manipulation m machen. Man kriimmt den
betrcffendcn Finger ailcin mit llilfe des Daumcns bis dicht an die Handflache. Derseibe driickt mit seiner Spitze
das Nagellied des sich spannenden Fingers test herab. Die Spannung des Fingers wird durch d&n Gegendrttck des
Daumcns bis zum auficrstcn Moment fixiert, um dann den Finger mit Kraft aus dem Gclcnk durch Fortgleiten des
Daumens herauszuschnclien. Dicsen Vorgang, der auch mit dem Ausdruck „Knipsen" bezeichnet wird, wiederhole
man so oft wie moglich. Die Wirkung ist ausgezeichnct, und die Ubung liberal! unauffallig und leicht auszufuhren ;
sie braucht, wie alle gymnastischen Obungen, nicht iibertrieben zu werden. Schon eine kurze, energisch ausgefiihrte
Trornmelubung aus meinem Buchiein an einer serikrechten Wand mit durchgedrucktem Handgeienk ist sehr wirkungs-
voll und diirfte auch den argsten Zweificr bekehren. Das nach dem Uben eintretende sichere, kraftige Geftihl in der
Fiand, sowie die feste unabhangige Schlagkraft der einzelnen Finger macht sich uberzeugend beim Spieien auf dem
Instrument bernerkbar. Dieser kurze Ausztfg aus dem Vorworte diirfte manchem in der Gymnastik Uneingeweihten
eine kleine Anregung zur Erieichterung des Anfangsunterrichtes geben.
*
m
*rm
a-ntwdrtlk'her
Schrifbleiter fur den besondenm Toil: Fritz Fr\
Betrettonde Binsendunpen sind an obigo Adresse zu ru-htoii.
idolin Windisch, U«rlin - .Nioderstrhonhausrn, MndrnstraUr
Neue Lieder
Man sollte es doch endllch einsehen: wir sind
gpgen Subtilitaten desAuBern, gegenDifferen-zierereien,
gegen creme de la crime, gegen Neo-(excre-)mentales.
Mithin dUrfte uns zustehen, hier Dinge plausibel zu
machen, die ein Decadent verponen wilrde. Was wir
suchen, ce n'est pas la grande attitude. Wir Fanahker
der Aufrichtigkeit sind sehr versucht, hinter allem
Preziosen, Verdunkelten, Hyper-Kultivierten die Trans-
mutation der intellektuellen Eitelkeit zu wittern, ewe
stilisierte Abart von geschraubter lmpotenz. tnd
moglichenfalls enthusiasmierten uns irgend P«>P»" he
Herero-Tanze erfolgreicher denn das affektierte Gegirr
mancher Neu-Wlener. Von gewissen Marx-Schulen. i -
sie kompromittieren ihren Lehrer - garn.cht zu reden.
Seit Mahlers Kindertotenliedern scheint es fast
mUBig, Sangbares zu schreiben. Wer AMdr-ctavrtles
eebe kfinnte (es sind noch Einige da) erstrebt Kom-
PUkSion «nd sucht zu ver.feinern', w° Differenz.erung
unfehlbar Verflachung bedeutet. So daB last not least
die Erken'ntnis dammert, man musse graben
Dies, glaube ich, gesctah hier. Was id, . henrop
taolte: viel Tuff, wenig Gold, ein zwe, EJMW^J
sei nun (- mlt Ausnahme ^™T>^2SSwJ
angekUndigt. Vermin man einiges- u* jedenfall^ ver
messe mich nicht, unfehlbar zu sein, Und glaube auch
nicht zu fehlen, wenn ich hier an ,wrte ^Stelle den
genugsam exponierten Namen Arnold Schonbergs
setze. Nicbt seine ersten Opera sollen cnirtert sein
Auch nicht der immermehr melodramatische „Pierrot
lunaire". Das wesentlichste Gesangswerk dieses groBen
Musik-Propheten scheinen mir vielmehr die fiinfzehn
Lieder aus dem Buch der HSngenden Garten von Stefan
George zu sein.
ZunSchst: diese Lieder sind nicht Stiickwerk.
Innere, nicht thematische Einheit bindet sie alle.
Schonberg nahert sich nun seinem Stil, wo die Kon-
sequenz der rein melodischen Konstellation des musi-
kalischen Expressionismus gezogen ist An diesem
Punkt scheiden sich die Geister. Die Moglichke.t
auch nur zu einem KompromiU ist ausgeschlossen.
Eine tonale Auffassung ist bei dieser Musik nicht mehr
denkbar. Schonberg beginnt nun jenseits alter tradi-
tionellen Formbegriffe eine Art des akustischen Aus-
drucks zu manifestieren, die sich zu der iilustrat.ven
Lyrik der Hugo Wolf-Schule verhalt wie ein Kandins-
kysches Bild zu Liebermanns rcalistischer Moment-
Kunst Die Singstimme wird hier von neuem wesent-
licher Bestandteil der Form, im Gegensatz zum
modernen" Lied (StrauB, Marx), wo der Klavier- resp.
Orchesterpart die Hegemonie hat und die Begleitung
sich quasi vis-a-vis de rien sieht.
<*>
Auf diesen Schonberg aufgebaut, wiewohl volllg
eieenwertig erweisen sich die Gesange von Alban
Berg. Schon innerhaib dieser vier Lieder zeigt sich
deutlich eine Entwicklung des harmonischen und noch
mehr des melodischen Fuhlens. (Von der Kluft zwischen
395
der Sonate op. I unci den Liedern ganz zu schweigen!)
Das erste ist noch nach altem Muster in eine dreiteiiige
Form gekleidet und steht schlicht zwischen zwei d-moll-
Dreiklangen. Dann verdichtet sich immer mehr das
Expressive, die Form wird knapper bis zur letzten
Klarung in dem Lied aus Momberts „Gluhenden w .
Ich hiite mich won), Reminiszenzen zu konstatieren,
auch, wenn, wie zwischen Berg und Karl Horwitz
sich Faden spinnen, die, gewiB innerlichster Art, kaum
zu ieugnen sind. Jedenfalls weiB Horwitz auf eigene
Weise von Herbst, Mond und Dammerung zu singen
und wir danken ihm eine der schonsten, kongenialsten
George-Vertonungen: „Dies ist ein Lied"
Noch immer nicht genugsam beriihmt, wiewohl zu
den Wesentlichsten der neuen Lyrik gehorend, sind
die Lieder des Polen Szymanowsky. Dieser kulti-
vierteste Slawe, der den Weg von Chopin tiber Debussy
zu Schonbergfand, ist von faszinierendem Rhythmus.
Immer fiebernd, ekstatisch und radikal. Sein embarras
an frappanten harmonischen Wendungen, chromatischen
Umdeutungen und Ganztonereien wird Ieise und uber-
atts kostlich gebandigt durch eine leichte und fliissige
Melodik, die oft unversehens polyphon versteckspielt,
immer tief blau sich um das Stimmliche Iegt und so
entwirrt, tiberbriickt und verhimmlischt. Wie eminent
ist der Rhythmus in dem „£insiedler", wie wundervoll
die paradox chopineske Einfachheit des Madchenlieds!
Dieseibe Unkompliziertheit erstrebt Manfred Gur-
litt. Gurlitt sucht die aufterste Aphoristik des gesang-
lichen Ausdrucks zugleich mit tiefster Wahrheit gegen
sich selbst. Seine Musik enthalt sich alles Ubel-
Artistischen und erreicht einen Hohepunkt an naiver
Expression.
Ahnliche Ungekunsteltheit zeigen die neun Lieder
von Eduard Erdmann. Vielleicht werden sie manchem
zu simpel erscheinen, Aber wir sollten lernen, har-
monischen Pfeffer zu verschmahen, wo es sich um
linearen Ausdruck handelt Es kommt nicht darauf
an, kompiiziert zu sein; heut kann jeder Konservatorist
im harmonischen Stil des Tristan schreiben. Und
wenn Erdmann, wie scherzend in M HimmeI und Erde"
extravagant wird, ist der Effekt Iange nicht so echt.
Der Russe Igor Strawinsky vereinigt das subtile
harmonische Empfinden des Impressionisten mit
slawischem Temperament und Rhythmus. Seine Suite
„Faune et bergere" (Alt und Orchester) entstand vor
seiner Wendung zum Expressiv-Polyphonen. Den Weg
dahin schlagen auch die anderen Jungrussen ein. So
der feinnervige N. Mjaskowsky in seinen Iwanow-
Skizzen. So der mehr virtuose S. Prokowjew und
der geistreiche Extravagant Metner in Lieder-Cyklen,
deren Namen wir nicht gegenw&rtig sind.
Das neue Lied wagt — als Reaktion auf die
zwischen Malerei und Psychologismus pendelnde Epoche
der letzten Realistik (von Wolf bis StrauB und sogar
Reger!) — das Vokaie walten zu lassen und stellt die
stimmgetragene Melodie wieder in den Vordergrund
des musikalischen Geschehens. Die Begleitung ist
nicht mehr illustrativ. Man riskiert absoluten Ausdruck
der im Text inkarnierten Seele. Dazu schlug man
indes nicht den Weg des stimmungsberauschten herbst-
farbenen Spat-Romantik Conrad Ansorges und Otto
Vrieslanders ein, die rein klanglich blieben, ohne
zu malen, auch nicht den der modernsten Exotiker wie
Bernhard Sekles und Erwin Lendvai, sondern man
hegemonisierte das Melos. Instrumentale Effekte und
Absonderlichkeiten der Klangfiihrung blieben hintan-
gestellt und alles Geschehen kulminiert an der letzten
Expressivitatder absoluten (weil innerlichgewachsenen)
Linie. Der Mensch, das heiBt das Seelische ist wieder
in den Vordergrund gerUckt. Die Musik nicht mehr
hirniich erklugelt und vom Klang ausgehend. Der
neue Komponist zieht sich vom Leben zuriick, kon-
zentriert sich auf sich selbst und schafft so primitiv,
vorurteilsios, tastend vielleicht, aber auf jeden Fall
frei von Spekulation auf Zeitliches und Publikum. Und
ist es nicht das ureigenste Wesen der Musik, selbst-
besimmend, rein geistig und abstrakt zu sein — anstatt
positivistisch, real und gegenstandlich?!
Dies sollten bedenken, die von moderner Ideen-
armut und spekulativen Alliiren reden!
Sela!
Hans Heinz Stuckenschmidt.
396
*
■*"^B
Zur Pfychologie des Komponiffen
Von Dr. Heinrich Knodf (Wien).
Fragt man verschiedene Tonsetzer, aus welchem
Grunde sie eigentlich komponieren, so sagt der eine,
ohne viel nachzudenken: „WeiI ich muB", der andere,
mit einer bezeichnenden Handbewegung: „Ich schreibe
mir-etwas weg", der dritte, vierte, fiinfte sagen ganz
ahnlich aus; die wenigsten aber haben sich iiber die
Art und die -Triebfeder ihres Kunstschaffens Rechen-
schaft gegeben.
Riicken wir ihn aber ernstlich an den Leib, so
erkennen wir in den meisten Fallen als vorziiglichste
Triebfeder ihrer Kunstbestatigung, die Sucht nach dem
Erfolg; vorwiegend sogar nach dem auBeren Erfolg.
Keine Kunstgattung ist so sehr exponiert, so an die
Offentlichkeit gestellt, anderseits aber auch der Offenr-
iichkeit so sehr preisgegeben, wie gerade die musi-
kalische. Wenn ein Komponist, wie ich einige von
dieser Art zu kennen Gelegenheit hatte, wahrend der
Auffuhrung seines Werkes durch das Guckloch unaus-
gesetzt den Eindruck seines Werkes auf den Gesichtern
derZuhorer zu verfolgen sucht, und dann, kaum, daft
sich eine Hand geriihrt hat, hinaus stiirzt, urn sich
dem Publikum zu zeigen und sich mit verbindlichem
Lacheln zu verbeugen, so mache er uns nicht weiB, daB
er aus unwiderstehlichem Schaffensdrang komponiere.
Mir wurde diese Antwort von einem Komponisten zu-
teil, der auch bei der geringsten Beifailsbezeugung von
Seiten des Publikums wie ein Mannchen am Draht
hinausschnellt und das solange wiederholt, als sich
eine Hand noch regt. Einen anderen sah ich, wie er
sich mit verzuckter Miene, wenigstens eine Minute
fang gegen seinen am Ende nur mehi applaudierenden
Erzeuger (welche Geschmacklosigkeit!) immer wieder
verbeugte. Wirken solche Szenen abstoBend und
lacherlich, so entbehren sie doch nicht einer gewissen,
wenn auch beschamenden Aufrichtigkeit. Widerlicher
wirkt es, Erfolge in berechnender Weise zu machen -
wie es etwa der Theaterdirektor unternimnit, der den
Vorhang gerade dann fallen laBt, wenn der Beifall
am starksten ist und gerade dann in die Hone gehen
laBt, wenn der Beifall abzuflauen beginnt; auf diese
Art kann er bei einiger Geschicklichkeit eine erkleckliche
Anzahl von Hervorrufen erzieten. Ich konnte : dieses
„Erfolgmachen«, zur Zeit meiner BQhnenta tig ke.t
wiederholt beobachten, konnte aber d.ese be Art auch
bei Komponisten feststellen, deren Werke im Konzert-
saal aufgefuhrt warden. In dieses Kapitel gehort auch
die geschminkte Bescheidenheit nach dem hebraischen
Sprichwort: .Schlepp mien, ich geb gern; - wenn sich
der Komponist scheinbar mit groBtem W,dcrwi le s
Podium zerren laBt; je Wegener er dabei tut des to
groBer ist gewfihnlich seine Sucht nach dem , bfolg.
Eine andere Art von TonschSpferu smd die, denen
das Komponieren nach ihren eigenen -^^ en
„zum BedUrfnis" oder „zur GewohnheU" geworden ist,
ich habe auch solche Kunstjiiuger kennen gelernt.
die beim Komponieren ihre groBeren oder geringcren
kontrapunktischen Kenntnisse zur Anwendung bringen,
sich wie eine gut geolte Maschine in Betrieb setzen.
Andere, denen einstmals etwas Gutes eingefallen ist,
komponieren weiter, „um das Renommee zu wahren".
Andere wieder,um sich mit einer gutenKonservatonums-
stellung zu versorgen ....
Heutzutage ist im Allgemeinen f Or die Auffuhrungs-
moglichkeit von entschiedender Bedeutung, wie ein
Komponist hinter seiner Saclie her ist, wie er sie
„betreibt". Ein Quartettprimarius brachte unlangst ein
Streichquartett zur ErstauffUhrung, inn, wie er mil
gestand, den Komponisten loszuwerden, der ihm nicht
vom Halse ging und demgegenuber er auch „gesell-
schaftlich" verpflichtet sei.
Bei den meisten Komponisten ist in Wirklichkeit
nicht der Schaffensdrang, sondern der Drang nach der
Auffuhrung mit ail den vielen, den Ehrgeiz und die
Eitelkeit kitzelnden Nebenumstanden — als eigentliche
Hauptsache maftgebend.
Bekannt ist die spottische AuBerung eines Malers,
der jahrelang in der Einsamkeit geschaffen hatte und
einmal in einen Konzertsaal geriet, Tiber die vielen
lacherlichen AuBerlichkeiten bei der ersten Auffuhrung
eines Werkes, besonders aber iiber das alizuhaufige
Hervorrufen eines Komponisten: erwerdesich nachsteus
in der Ausstellung, hinter eines seiner Bilder stellen
und jede beiobende Anerkennung irgend eines wackeren
SpieBers mit Verbeugungen quittieren.
Nun sind allerdings die bildenden Kiinste dem
Beschauer ohne Mittelsperson zuganglich, ein Vorteil,
den die musikalische Kunst entbehrt Die fortwahrende
enge Fuhlungnahme des schaffenden Musikers mit dem
(noch dazu nicht immer einwandfreien) Publikum, die
iibrigens auch der Charakterbildung des Musikerstandcs
im Allgemeinen gerade nicht zum Vorteil gereicht, ist
aber gegenwartig bereits zu einem libel gediehen, das
alien Wstes zur Einkehr mahnt Befreien wir uns
vondemWustdesOberkommenenunddesGewohnheits-
maBigen; ernste schaffende Kunstler mogen den Anfang
machen, indem sie ihre Personlichkeit moglichst weit
von dem widerlichen auBerlichen „Getriebe" abrucken
Vielleicht lernt dann auch das Publikum eher, das
Echte vom Falschen unterscheiden - eine nicht zu
unterschatzende Handhabe zum Vorteil echter Kunst-
ubung ware ihm damit sicherlich gegeben; es wurde
sich an die neuen Tatsachen auch bald gewohnt haben.
Den schaffenden Musiker wQrde aber dieser Schntt
menschlich und sittlich hoherstellen, er wurde ihn von
s0 vielen lacherlichen und oft beschamenden Szenen
befreien, die seinen kunstlerischen Stolz und seme
Menschenehre tief verletzen.
<£>
397
Wichfige neue Mufikalien, Biidier und Auffafze
liber Mufik,
mitgeteilt von
Professor Dr. Wilhelm Altmann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54.
Diese Zusamtnenstellung, die moglichst in jedeni I left dieser Zeitschrift erfolgen wird, will auch noch un-
gedruckte groBere Werke, vor allem Symplionien, syinphoiiische Dichtungen, Konzerte, Kammennusikwerke, Opern,
Chorwerke mit Orchester einbezielieii, nm namentlicli Dirigenten darauf aufmerksam zu machen. Diejenigen Tonsetzer,
die derartige Werke (jedocli uiclit etwa Klavierstiicke, Lieder, Mannerchore) fertig haben, werden gebeten, mich davon
in Kenntnis zu setzen, doch belialte ich mir die Entscheidung tiber die Anfnahnie vor. Diese kann auch bei gedruckten
Wcrken weder durch ein Inserat noch diirch Einsendung der betreffendcu Musikstiicke oder Biicher erzwungen werden.
Riickscnduug etwaiger Einsendungen wird grundsatzlich abgelehnt.
Die I linzuftignng des Verlags wird Bestellungen erleichtern. Zu den angegebenen Preisen komrnt immer
noch der sogen. Tenerungsaufschlag seitens des Verlegers und audi des Sort ini enters liinzu; er schwa nkt bekanntlich,
meist aber betrSgt er 200% +10%.
Stiirmer, Bruno [Karlsruhe]: Musik zu dem Schauspiel
„Luno w von Alfons Paquet, noch ungedruckt
[Urauffiihrung im kommenden Nov. in Trier]
L Inffrumenfalmufik
a) Orcheffer
Becker, Reinhold [Dresden]: op. 176 Sinfonie (d) noch
ungedruckt
Hennig, Kurt [B.-Wilmersdorf]: Ein Heerfiihrer der
Mensohheit. Symphon. Tondichtung [Urauffiihrung
in Wiesbaden bevorstehend] noch ungedruckt
Stillmann-Kelley, Edgar [Oxford, Ohio U. St]: Alice
im Wunderland. Suite noch ungedruckt
b) Kammermufik
Butting, Max [Berlin]: op. 20 Streichquartett (cis) noch
ungedruckt; Urauffiihrung 21. 9 Berlin
Gal, Hans [Wien]: Quintett f. Flore, 2 Viol., B. u. Vc.
<H) noch ungedruckt
Hennig, Kurt [B.-Wilmersdorf]: Trio (E) f. Klav., Viol.
u. Vcello noch ungedruckt
Kronke, Emil [Dresden]: op. 112 Zweite Suite im alten
Sfil f. FlrJte m. Klav. (A) noch ungedruckt
Sturroer, Bruno [Karlsruhe]: Suite f Flote, Ob-, Klarin.,
Fag. u, Streichquintett (g) noch ungedruckt [Ur-
auffuhrung 25. 9. KarlsruheJ
Stuber, Paul [Prag]: Sonate f. Viol. u. Klav. (F) noch
ungedruckt [Urauffiihrung 26. 3. Dresden]
Wunderlich, Otto [Dresden]: op. 32 Sonate f. Bratsche
u. Klav, (F) noch ungedruckt
c) Sonffige Inffrumenfalmufik
Stiirmer, Bruno [Karlsruhe]; Variationen u. Fuge iiher
ein eigenes Thema f. Klav, noch ungedruckt
II.. Gefangsmufik
Oper.
Andreae, Voikmar* Abenteuer des Casanova.
(Textv; Ferd. Lion) noch ungedruckt
rieitti^Knrt [B.-WilmersdorfJ: Die da gestorben sind.
(Djchtung y. Max Jos. Bojakowski). Hymne 1Ur
Sbpra^u uv Grch. noch ungedruckt [UrauffOhruttg
in; KlavVX 10. Berlin] '
HI. Biidier
und Zeiffdiriffen-Auffa^e
(alphabetisch so won 1 nach Stichworten wie nach den
Verfassern geordne.t. Bei Zeitschriften-Aufsatzen ist
immer mit Nr die des laufenden Jahrgangs gemeint).
Bach, Die Bachhandschriften der Musikbibliothek
Peters. Von Rudolf Schwartz — in; Jahrbuch der
Musikbibliothek Peters 26
Barockmusik. Von Curt Sachs — in: Jahrbuch der
Musikbibl. Peters 26
Blessinger, Karl — s. Schaffen
Bode, Rudolf - s. Instrumentalunterricht
Boro, Otto — s. Kontrabafi
Brodersen, Friedrich. Von Richard Wiirz — in: Neue
Musik-Ztg 24
Conze, Joh. — s. Gesangton
Circumpolar — s. Oper
Dauffenbach, Wilh. — s. Orpheus
Deutsche Oper in Rotterdam — s. Rotterdam
Doosky, Beatrice — s. Laibach
Feindlandisch. Durfen wir feindlandische Musik
spielen? Von G. Lange — in; Musikztg 39
Fleiscbmann, H. R. — Schoenberg
Gesangton, der konzentrierte. Von Joh. Conze — - in:
Allgem. Musik-Ztg 38
Habn, August — s. Schenker
Herzogenberg. Heinrich v. Hs. Bedeutung fur die
evangel. Kirchenmusik. Von Friedrich Spitta —
in: Jahrbuch der Musikbibliothek Peters 26
Jahrbuch der Musikbibliothek Peters. 26. Jg. fur 1919.
C. F. Peters, Lpz 1920
Jarosy, Albert — s. Violine
Instrumentalunterricht. Zur Reform des I Von Ru-
dolf Bode — in: Wort u Ton (Mlinchen) 33
KontrabaB. Der Mann am K. Von Otto Born — in:
Kroyer, Theod, '— s. Oper
598
^'^ziMMmi^:
Laibach. Die Philharmonische Gesellschaft in L
Ein Appell an die gesamte Internationale Kunst-
und Musikwelt. Von Beatrice Doosky - hr
Ztschr. f. Mus. 18
Lange, G. - s. Feindlandisch
Lenk, Wolfgang — s. Orchester
Lert, Ernst. Die Leipziger Tatigkeit Dr Lerts. Von
Stratzer — in: Ztschr. f. Mus. 18
Liederabend=Privatissimum. Von Max Steinitzer -
in: Ztschr. f. Mus. 18
Musikalische Technologie - s. Technologie
Oper, Die circumpolare. Zur Wagnergeschichte. Von
Theodor Kroyer — in: Jahrbuch der Musikbibl.
Peters 26
Orchester. Zur Lage der stehenden Orchester Deutsch-
lands. Von Wolfang Lenk — in:' Ztschr. f, MUs. 18
Orpheus. Von Wilhelm Dauffenbach — in: Neue
Musik-Ztg 24
Pflicht gegen die Schaffenden, Von der. Von Gerhard
Tischer — in: Rhein. Musik- u. Theater-Ztg 38
Rotterdam. Die deutsche Oper in R. Von W. Sib-
macher-Zynen — in: Neue Musik-Ztg 24
Sachs, Curt — s. Barockmusik
Schaffens. Zur Psychologie des musikalischen
Schaffens. Von Karl Bless inger — in: Neue
Musik-Ztg 24
Schenker, Heinrich. H. Sch.'s Neue musikalische
Theonen und Phantasien. Von Aug. Halm - in*
Der Merker 17
Schoenberg, Arnold. Von H. R. Heischrnann m-
Ztschr. f. Mus. 18
Schwartz, Rudolf — s. Bach
Sitt, Hans. Von Max linger ~ in: Der Chorleiler 18,9
Spitta, Friedrich — s. Herzogenberg
Steinitzer, Max - s. Liederabend
Sternberg, Ludwig — s. Technologie
Stratzer — s. Lert
Technologie, musikalische. (BegrQiidung einer neuen
Wissenschaft). Von Ludwig Sternberg i„ ;
Allgem. Musik -Ztg 39
Tischer, Gerhard -- s. Pflicht
Unger, Max --- s. Sitt
Violinistische Aphorismen. Von Albert Jarosy
in; Allg. Musik-Ztg 39
Volkshochschule und Musik. Von Reinh. Zi in mer-
man n ~ in: Neue Musik-Ztg 24
Wagner — s. Oper circumpolare
Wurz, Richard — s. Brodersen
Zimmermann, Reinh. — s. Volkshochschule
Zynen, W. Sibmacher s. Rotterdam
Mltiellung!
Vielfachen Nachfragen unserer verehrlichen Abonnenten
entsprechend, teilen wir mit, daB bis auf weiteres noch samt-
liche bisher erschienenen Meioshefte zum Abonnementspreise
nachgeliefert werden konnen.
MELOS-VERLAG G.m.b-H.
Breitkopf & Hartel - Berlin W. 9 - PotsdamerstraSe 21
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HEINZ TIESSEN
Op. 18
EINE NATUR=TRILOGIE
FUR KLAVIER
„Es gab Klaviermusik von grofiter moderner
Qualitat. Heinz Tiessen zeigt sich in seiner
„Natur-TriIogie" als ein reifer Meister neuer
Tone, in der Form tra-ditionell mit Symmetrieen,
im Inhalt kiihn und eigen, mit starken Rhythmen,
mit alien Zaubern moderner, alterierter, trans-
parenter Akkorde, bald heftig baumend, bald
verloren traumend, immer bewegt und in-
teressiert, voller Einfalle, unerschrocken das
Letzte wagend und ganz frei im Ausdruck
und Vortrag."
Berliner Borsencourier 1. 4. 1919.
„Einer der Starksten unter den Neubahnern
ist Heinz Tiessen. Wie kein anderer verdient
er den Titel „Tondichter"- Er ist einer der
tiefgehenden Stimmungspsychologen. Klang-
genial empfundene Impressionen tondichtete er
in seiner Natur-Trilogie"
Berliner Mittagszeitung 1. 4. 1919.
„Ein gedankenreiches Klavierwerk, das mit
modernsten Mitteln drei ergreifende Stim-
mungen von der Meereskiiste malt. Eine neu-
artige Melodik, deren Reiz in der eigenartigen
Linienfuhrung liegt, schwebt uber, zvvischen
und unter seltsamen Akkorden und teilt sich
in einer Starke mit, der man sich nicht ent-
ziehen kann. Unter Backhaus' Handen wurde
die Musik zu einem Erlebnis"
Berliner Allgemeine Zeitung 13. 1. 1920.
„Vieileicht das bedeutendste neuere groBe
Klavierwerk."
Berliner Lokalanzeiger 11. 1. 1920.
„Dieses Klavierwerk seit Liszts h-moll-
Sonate eines der wenigen groB gewollten und
groB gelungenen."
Rhein. Musik- u.Theater-Zeitung 31.7. 1920,
Preis: 3 Mark (+ Teuerung^zufchlag)
VERLAG F. E. C. LEUKART, LEIPZIG
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Notenbeilage zu',Melos" 17. Heft, Oktober 1920
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talfen, Buch- imd Mnsik.-ilimilwindluritfiMi. Am-lnd"
Krsdieint, am l. und 16. jeden Monats. 55u heziflhon durch die Postans —
" telle: Melos-Yerl.'w;, <'■ »«• b- !!., lierhtvW i>il.'»en^ee, H.-rliinT MWo *\
Hcrlin Friodenau, Wio«ba<lnni'rstral> 7, Femruf: Klieintfim T'.M*.
V.rantwortHch far den Inseratenteil: C. Herpnann, Berr.n-rtV.Bo^^ FVn.mr W„. .20. - Pr,i S ..„, Ki,. W .l».r.™ Mk. * ■
Mk. 15.-. einsclilielSlich Zustdlun-r. — A nzwpmprms
fur den Buchhandel: N. Simrock, (Km KIT., Leipzig.— Osriiaflj
Feruraf: WeiBensee 120. - Redaction: Hermann Sehmvhen,
Viorteljahr - Abormement
I' fir die viurgospnltMrnt Zfiii'
Mk.
1 50
Nr. 18
Berlin, den \. November 1920
I. CFahrgang
INHALT
nr nno R11KSER Pfifcners XJfhefik
Dr HANS MERSMANN .;'... Die Sonafe fur Violine allein von Arfur Sdinabel
vr. ha«o ^^ 3 Seiten Notenbe ,j pie ien
nr FfiON WELLESZ Bemerkungen zu Jofef Hauers Schriff vom
Dr. EGON WELLtbZ .Wejen des MuflkalifdieiT
isowtw tfmdvat . • • Spaziergang am Diefferweg
Pr^TDr WILHELM ALTMANN . . Bedeufende Neuerjdneinungen und Manujkripfe
„MELOS"
in einer Lususausgabe
erfcheinf mondfUdi eininal fan Kunftverlag
Frifc Gurlift, Berlin W 35
i:'
feC - v.. - ■'. -
Pfi^ners Affhefik
Von Udo Rukfer.
Mif feinem Buch: „Die neue Affhefik der mufikalifchen Impofenz" hat Pfi^ner in
den Sfreif um die Werfung der modernen Mufik ziemlich auffehenerregend eingegriffen.
Seine Auj3erung iff fiir uns, denen die moderne Kunff wichfig iff, um Jo beachflicher,
als Pfi^ner die Minderwerfigkeif der zeifgenoffifdien Mufik mif objekfiven Griinden,
geffiifjf auf Schopenhauer, nachzuweifen meinf. Es iff fiir uns aifo eine auJ3erff wichfige
Frage, ob feine Argumentation richfig iff und ernffhaffer, krififcher Prufung Jfandhalf:
denn wenn Pfi^ner rechf haffe, Ware das Todesurfeil liber die Mufik unferer Tage
gefprochen, der von ihr eingefchlagene Weg als ungangbar erwiefen, fodaj3 in allem
und jedem von vorn anzufangen ware.
Jeder, der zur heufigen Kunff ein lebendiges Verhalfnis hat wird diefe Folgerung
zunachff inffinkfiv ablehnen. Und es enfffehf foforf die Vorfrage, woher folche Norm, nach
der mif abfolufer Gulfigkeifgeurfeilf werden konnfe, zu gewinnen fei. Denn wir haben
dodi noch kein Gefe^budi der Affhefik, in dem das ein fiir alle Mai giilfige Werfurfeil zu
finden ware. Vielmehr madif fich der Urfeiler feine eigene Werffkala zurechf, iff alfo
Gefe^geber und Richfer zugleich — eine rechf unbefriedigende Perfonalunion. Und fo
verfahrf denn audi Pfi^ner; er ffafuierf einen MaJ3ffab, den er fiir allgiiMig half, der in
Wirklichkeif aber hochff bedingf iff. Er meinf namlich, ein Werk erlange im Gebiefe
der Kunff dann Exiffenzberechfigung, wenn es irgend jemanden wirklich zufrieden ffelle.
Iff damif nichf der Saf} „Erlaubf iff, was gefallf zurn Axiom erhoben? In der Ta*
handelf Pfi^ner fo, denn alien feinen Urfeilen, die er fiir (abfolufe) Feffffellungen half,
liegf das Vorurfeil des Gefallens oder Nidifgefallens zugrunde. Kurzum er gibf
keine allgiilfigen Normen, fondern feine Privafmeinung. Nafurgemaj3 muj3
diefer grundfa^liche Irrfum das Buch als Ganzes beeinjluffen, denn der Lefer mu>3 nun
nofwendig in alien allgemein gehalfenen Sa^en („man empfindef") Pfi^ners Namen
einfefjen.)
Hierzu friff noch eine weifere, die ganze Arbeit beherrfchende Unklarheif. Als
Kiinffler liegf Pfitgner das, Was den Kunffler als folchen angehf, am nachffen, z. B. alles
Kiinftlerpfychologifche, wozu alles gehorf, was fich auf die Arbeif des Kiinfflers, auf die
Enfffehung des Kunffwerkes beziehf, Es iff durdiaus verffandlich, daj3 ihn das Kiinffler-
problem am Jfarkffen infereffiert Er laj3f fich indeffen durch den naiven Augenfchein
dazu verleifen, das Kiinfflerproblem mif dem Kunffproblem zu idenfifizieren.
Wahrend fidi alfo eine wirkliche kunffdogmafifche Unferfuchung nur mif dem Kunffwerke
abgeben kann, verwechfelf Pfi^ner das Kunffproblem forfgefe^f mif dem Kiinfflerproblem, er
idenf ifizierf alfo ffandig dieUrfache - und was damif zufammenhangf (Kunffler) —mif der
Wirkung, weil das Kunff werk vom Kunffler gefdiaffen wird. Er iff der Meinung, irgend-
Welche Einfichf in das Kunffwerk zu erhalfen, wenn er deffen Urfprung aufklarf, obwohl
er fich bei Nie^fche haffe unferrichfen konnen, da]3 mif der Einfichf in den Urfprung die
Bedeufungslofigkeif des Urfprungs zunimmf. (Morgenrofe Kap. 44) Zurn Beifpiel half
er die Frage der Anregung fiir eine affhefifche, und noch fchlimmer, er bringf mif der
dogmafifchen Unferfuchung die Frage nach Schopferfahigkeif, nach Pofenz und Impofenz
zufamrnen. Fiir die affhefifche Frage gibf es nur die Alternative: Kunffwerk oder nichf.
Ob das Kunffwerk von einer Pofenz oder Impofenz herriihrf, iff eine andere, hier
garnichf infereffierende Frage 1 Denn wenn Pfifjner oder ich ein Werk nichf fiir ein
Kunffwerk erklaren, fo iff damif noch lange nichf objekfiv feffgeffellf, dap es kein Kunff-
*) Er verfalit damit in den Fehler des vieigepriesenen Oswald Spengler, der auch absolut gultig festzustellen
meint, wahrend er nur hochst bedingte Urteile fallt — an welcbem lrrtum das ganze Buch ebenso wie das Pfitzners
explodiert
402
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- & - : Av • ; i & * vJ^^^^ts^ *. s
werk fei, fondern nur, da£ wir es nidif daffir halfen! Es iff aljo audi garnidifs
iiber die Pofenz oder Impofenz ausgefagf, derm es iff leidif moglidi, daj3 trot* diefer
Meinung wirklidi ein Kunffwerk vorliegf. Im VJbrigen kann audi der Pofenz aus
mandien Griinden das Mi^lingen auferlegf fein, Jodap" nidif erlaubf ware von Impofenz
zu reden, felbff wenn kein Kiinfflerwerk vorliegf. So kommf es bei Pfifjner zu der
bedauerlidien Unklarheif, dag 'die vom Kfinffler unahhangige Objekfifaf des
Kunffwerkes nur ganz unzureidiend beadifef wird. Dies alles um darzufun, wie wenig
es Pfifjner gelingf, das Subjekfive vom Objekfiven, das Bedingfe vom Abfolufen zu
frennen, womif von vornherein der Weg zur Erkennfnis verfperrf wird.
Um nidif allzu ausffihrlidi zu werden, kann auf feine feiiweife werfvollen Aus-
ffihrungen fiber die Kfinfflerpfydiologie nidif naher eingegangen werden. Nur fei her-
vorgehoben, dap" die Pflege des Nafionalen als Ziel der Kunff audi hier wieder
geforderf wird, wahrend dodi foviel klar fein follfe, daJ3 das nafionale Moment hodiffens
als Milieuelemenf, alfo als Anregung in Frage kommf; d. h. als Urfadie, nie als
Ziel I)* Denn diefes kann nur kunfflerifdier Nafur fein.
Das affhefifdie Problem anlangend wollen wir horen, was Pfifjner fur feine Anfidif
vorbringf. Die Grundlage aller Mufikaffhefik iff ihm die bekannfe Sdiopenhauerfdie
Lehre, daj3 die Mufik alien andern Kiinffen gegenfiber eine Sonderffellung einnehme,
Weil fie allein nidif auf das Material der empirifdien Weif angewiefen fei. Diefe Lehre
wird ohne weiferes en bloc fibernommen, obwohl immerhin einige von Pfi&ner felbff
angedeufefe Unklarheifen zur Krifik haffen veranlaffen miiffen, und obwohl Pfifjner
felbff bemerkf, da)3 Sdiopenhauer ein vollig unzulanglidies Verhalfnis zur Mufik - und
leider nidif nur zu diefer einen Kunff 1 - gehabf haf. Das Phanomen Niefjfdie wird,
wie heufe fiblidi, einfadi fofgefdiwiegen. Man iff alfo genofigf, audi nodi die Sdiopen-
hauerjdie Anfidif auf ihre Ridifigkeif zu priifen, womif man fidi freilidi der Pfifcner
„nur amfifanf erfdieinenden Kaffe der Sdiopenhauer-Verbefferer" einreihf.
Diefe redif verbreifefe Anfidif Sdiopenhauers fiber die Mufik - hier fei nur ihr
Verhalfnis zu den andern Kiinffen unferfudif ohne Prfifung feiner eigenfhdien Kunjf-
mefaphyfik - beruhf auf einer Verkennung des Charakfers der andern Kunff e.
Sdiopenhauer half es namlidi fur felbffverffandlidi, ffir vollig fraglos, da? die Aufgabe
der andern Kfinffe die Darffellung der Realifaf fei: „Wir verlangen von der Kunff, da?
fie ein gefreuer Spiegel des Lebens fei." Dies folgf daraus, dag Sdiopenhauer die
dee zu deren Darffellung das Kunffwerk berufen fei, nur dann anerkenru, wenn fie
i* maLieU finnlidi manifeffierf, wahrend uns die Idee (nidif im plafonifdien S.nne
toTSSSlA^HiaS bedeuk Deshalb kommf ffir Sdiopenhauer in der Km*
aud\ nur die Sder Nafur, wenn audi unvollkommen, manifeffierfe Idee m Frage oda0
er die Kun« fklavif* an die Nafur fdimieden mug und ihr keine andern Objekte zu-
er die Kun) )Kiaviai in u dies obwohl fdion bei Goefhe und nodi diarfer
f^^^^(M^m^>X^ eegemaSUAkei. von Nafur und
Ipafer bei Niegjdie ("onlKfte iwine njm "'•' ^- - % d „ die Ideen a priori
Ku„!< klar ^£**Z*Z&££& konS au* ohne korperlKh ana.ogiiierf
Oder durdi die P *an<a!ie zuganghcn T nur dle naturgebundene Kunif. Denn ihm
zu (ein, gibf es bei S * ope "^. U " e "" ,'„ men . j£ m bedeufel der im Oemalde
fallf die IdeemM dem M *"** er, zu lammen , ^ & ^
dargeltellfe Tildi ein Mobel [faff _ einer torm aus jd,neiden und in
eine VorKeUung !^f«^^±%^SZSt nauirM* alles SymboUloie, Mela-
die Asthetik. Weimarer Blatter 1920, S. 345
403
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vJQfr,
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fieferen Ahnung maferiell und ffofflich befchrankt Der fpirifuale Charakfer des Kunff-
werks enfgehf ihm vollffandig, er jfolperf liber die Selbffverffandlichkeif, daj3 die Kunffe
fich durch das Material unferfcheideafKein -Unferfchied, kein Gradualverhalfnis
beffehf aber in den Ausdrucfcsmoglichkeifen, wenn man namlich nidif von vor-
gefaj3fen Meinungen ausgehf und Forderungen ffellf, die nidif nofwendig aus dem Wefen
der Kunff folgen. Staff bei Schopenhauer haffe Pfi^ner fich lieber bei dem ihm ficherlich
verha£fen Kandinsky erkundigen follen. Diefer iiberlegene Denker hat in feinem Buch
„Das Geiffige in der Kunff" die fcheinbare Sonderffellung der Mufik fehr richfig damif
erklarf, da0 die Mufik fchon feif einigen Jahrhunderfen diejenige Kunff iff, die ihre
Miffel nichf zum Darffellen von Nafurerfcheinungen brauchfe, fondern als Ausdrucks-
miffel des feelifchen Lebens, wahrend die andern Kunffe in den le^feu 200 Jahren mehr
und mehr zu Phofographieerfafj aller Art wurden. Wenn Schopenhauer nur die
chinefifche Mufik gekannf haffe, wiirde er wahrfcheinlich audi die Mufik iiberhaupf fur
eine nafur- oder begriffsgebundene Kunff erklarf haben; jedenfalls haf er bei den
andern Kiinffen den Fehler gemachf, von ihren bekannfen unzulanglichen Beifpielen
auf den Charakfer der Kunffgaffung iiberhaupf zu fchliegen.
Es iff von Inferefje, auch.noch die Griinde zu priifen, die Pfifener von fich aus fur die
Schopenhauerfche Lehre beibringt Ergehfvondem Material der Kunffe ausundglaubf
das der Mufik als einzigarfig zu erkennen: „Wenn ich Dichtkunff und bildende Kunffe
mifeinander vergleiche, finde ich im Gegenfa^ zur Mufik als denfelben Gemeinfames,
da£ ihr Material als ein ffefs vollffandig Gegebenes in menfchlicher Wahrnehmung liegf:
fur den Dichfer iff es die verffandesmaj5ige Welf der Begriffe; fur den Bildner die fichfbare
Auj3enwelf.*11 Der Komponiff habeUkeine Au^enwelf als Sfoff, fondern nur fein Gefiihl.
Er fdiaffe aus dem Nidifs, „die Mufik bilde fich felbff ihren Sfoff, der bei alien andern
Kiinffen die Welf fell" Nichf der Ton fei fein Material fondern der „Einfall", die Ton-
geffalf, das Thema, gewonnen aus der Synfhefe von Harmonie, Melodie und Rhyfhmus.
Das ungefahr iff das Skeleff der Pfi^nerfchen DedukfionI Leider machf er fich nichf
die Miihe, audi die Pramiffen feiner „Beweife" zu unferfuchen. Daj5 fich die Kunffe
in ihren Ausdrucksmiffeln, im Material unferfcheiden, iff felbffverffandlich, denn gerade
diefe Unferfchiedenheif iff es ja, welche die einzelnen Kunffe gegeneinander abgrenzf.
Die Schwierigkeif zeigf fich aber in der Definition des Maferialbegriffs. Diefer iff bei
Pfi&ner mehrdeufig; einmal, in den bildenden Kiinffen, iff es ihm die Au£enwelf mif
ihren Formen, bei der Dichfung die Sprache, alfo die Ausdrucksmiffel, mif denen efwas
dargeffellf wird; und zwar mij3verffehf er gleich Schopenhauer diefe Miffel ledig-
lich in der konvenfionellen Bedeufung des Verkehrs, chne zu bedenken, dag in der
Dichfung z.B, das Wort nidif mif feiner allfaglichen linguiffifchen Bedeufung abgefan iff,
fondern dariiber hinaus eine formale und ferner eine gefiihlsma^ige Klangbedeufung haf.
Feffzuhalfen iff alfo als wichfig, daj5 Pfi&ner nur die Programmkunff kennf: „man
konnfe nichf enfziickf fein von einer gedichfefen oder gemalfen Abendlandfchaff, kannfe
man die durch fie erzeugfen Stimmungen nichf ahnlich aus der Nafur"ll Alfo Pfi&ner
meinf, Aufgabe der Malerei fei Darffellung der Nafur; die abffrakfe, die nichf nafur-
gehundene Kunff iff ihm fremd, er half die Mufik fiir deren einzige Erfcheinung. Daher
mu£ er denn audi bei diefer den Maferialbegriff abwandeln — freilich ohne es felbff
zu merkenl — namlidi: hier iff ihm Material nidif der Ton, nichf das Darffellungs-
miffel, fondern das Dargeffellfe: das Thema, der EinfaUII Da£ ahnliches wie das Thema
in den andern kiinffen gelaufig iff als Problem efc.> da$ audi der bildende Kunffler
das Material erff fthafferi und meiffern mu^, da alles von Au£en K 6mm end e nur
&nregung iff; iff ihm unbekannt Nto da£ er die Inspiration allein
in der Mufik findefll Zudem iff ihm Mufik allein die heufige harmonifdie Mufik
Europas, ~ als ob das heufige Tonmaferial das einzige fur Mufik fauglidte ware!
^0^ ■.:;;;■ ; : - ■;r^:.
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Gegenuber der wenig bekannfen ekofifdien Mufik ftellf er fidi Jdiarf ablehnend. Wie
nun, wenn audi hier eines Tages Enfdeckungen und Maferialverfdiiebungen ffafffanden,
wie wir fie in der bildenden Kunff erlebf haben? Wenn namlidi anlfelle des von den
Sinnen gebofenen Materials das ungegenffandlidie Phanfaffifdie friff?l Durfen wir
alfo der Mufik der Primifiven und Exofen den mufikalifdien Charakfer abfprechen,
nur weil fie auf einem uns unverffandlidien Tonmaferial beruhf? Diefe Stellung
Pfifjners iff um fo weniger verffandlidi, als er durdiaus einfiehf, daJ5 die Empfindung
der harmonifdien Infervalle durdi (pfychologifche) Gewohnung eingefrefen
i f f. Freilidi wider Jpridif er fidt {pater darin wieder, indem er die Jo gewonnene Konvenienz
„nafurlidi" nennf. Warum konnfe denn nidif audi ein anderes Tonmaferial und -fyffem
durdi Gewohnung nafurlidi werden? Audi hier iff alfo der Sdilup" vom Befonderen
zum Allgemeinen unzureidiend. Im iibrigen mag Pfi&ner fidi bei Kant und Ernff Markus
dariiber informieren, dap" wie von alien anderen Wahrnehmungen audi vom Ton der
Menfdi fidi einen Begriff bildef, Jonff konnfe er fidi des Phanomens ja nidif erinnernl
Es bleibf alfo nur iibrig, die Mufik auf der gleidien Baps wie jede Kunff zu be-
fradifen und zwar alle Kunff auf die Sfufe zu ffellen, die bei Schopenhauer die Mufik
einnimmf. Fur jeden Kiinffler iff es das Problem, feine Empfindung, fein Thema im
Material feiner Kunff darzuffellen; diefes wird „bearbeifef", indem es zur Kunjfform
geffalfef wird. Staff die Sdiopfung des Kiinfflers im Formalen zu fehen, half fidi
Pfifjner allein an das maferialiffifdie-realiffifdie Moment.
Sein Budi gibf Anlaj5 zu folgender allgemeinerer Bemerkung:
Wenn Kiinffler fidi zu affhefifdi-dogmafifdien Arbeifen bewogen fuhlen, gerafen fie
allzu leidif in eine ihnen nidif bewuple Gefahr, in der fie umkommen. Denn das, was
ihre Starke als Kiinffler iff, die Gefdiloffenheif der Perfon, die Empfindung und Be-
werfung der Welt von einem einzigen Punkfe aus, wird im verjfandesmap ige *« Ordnen
der Welt gar bald zur Sdiwadie, zur Voreingenommenheif, zur geiffigen Unfreiheiund
zur Unfahigkeif, von der vorgefa^fen Welfperfpekfive loszukommen; fc > wird m l foldien
Fallen das Gedanklidie leidif fdiemafifierf die Fulle des Kosmos nidify nach aUen
Ridifungen in ihrer Tofalifaf durdidadif, fondern alles einzig auf emen aU* «l£™^
gehaltenenen Weg bezogen; ohne vom Kompap" zu lernen daP nidif die R^nge"
das Wefenflidie *g£^™^ ^£S So*
Sn r ^O^I^^rS^fm^t Ka P : 369) aufgezeigf hat. Diefe
zumeiff felbff ^unbewu^f ~ ^y^J^^flJ ffir wahr und ridifig half; und
ein allgemeineres Infereffe vor, ^.^^^^T^n, die Mufik als die
Anfidifen grower und kleiner Leu e de&en, die nktt ™ de * e ' an dern Kiinffen
watte ^^^^Bx^^^
Mufik fur fdiadUdi f^ alkohoiahnlidi erklarf hafl
*?*»•■
Die Sonafe fur Violine allein v. Arfur Sdinabel
Von Dr. Hans Mersmann.
Arfur Sdinabel fchrieb 1919 eine Sonafe fur unbegleifefe Violine und fefjfe damif
eine Enfwicklung fort, welche von Badi begonnen und nur von wenigen weifer gefuhrf
wurde. Max Regers Solofonafen find die einzigen neueren Verfrefer diefer Gaffung,
die allgemein bekannf geworden find. Aber wahrend Regers Sonafen nur in unmiffel-
barer Abhangigkeif von Badi zu verffehen find, gehf das vorliegende Werk Sdinabels
einen fo eigenen Weg, daj3 es durdi fich felbff eine eingehende Befradifung redifferfigf.
Es foil im folgenden verfudif werden, das Wefenflidie diefer Sonafe zu erkennen.
Das gefdiiehf nidif, um fie anzupreifen, nidif einmal urn fie abfdiliepend oder umfaffend
zu bewerfen, fondern es iff nofig, weil die Sonafe ihrer Art nadi allein ffehf und in
ihrer Spradie und ihren Dimenfionen ohne Analogien iff. Dadurch kann fie als Bafis
dienen, um einen Blick auf die vielverfchlungenen Wege unferer gegenwarfigen Enf-
wicklung zu werfen.
<«>
Idi will zunadiff den Verlauf der Sonafe befdireiben, ehe idi unfer bejfimmfen
Gefichfspunkfen an fie heranfrefe. Im Inhalflidien bediene ich mien dabei nadi
Moglidikeif der eigenen Deufungen des Komponiffen, welche die Vorfragszeichen enf-
halfen. Die Sonafe iff fiinffa£ig, ihre Auffiihrsngsdauer befragf efwa eine Sfunde.
Ihre Gefamfhalfung und die Sfrukfur ihrer einzelnen Safje konnfe finfonifch genannf
werden, wenn nidif das wefenflidi Geigenma^ige ihrer Spradie diefem Begriffe gefuhls-
ma0ig widerffrebfe.
Der erf f e Sa^ beginnf „langfam, fehr frei und leidenfdiafflich"mif einer aufffeigenden
Linie, welche fich durdi ihre Kraft zu der Bedeufung eines erffen Themas erhebf (1).*
Sie umkreiff in fragenden, mehrfach verfdilungenen Bahnen ihren Zielfon e'-. Als fie
„weidier" und „ausdrucksvoir' von neuem anhebf, gefellf fich ihr, ruhend erff, allmahlich
fidi erhebend, eine zweife tinie zu (7). Und wird zur befdiwingenden Kraft. In immer
kiirzeren Sfeigerungen drangen die Sfimmen vorwarfs, „fdiwer" ffeigend 16ft fich das
Thema wiederum heraus, feffef fich zu doppelgriffigen, breifen Linien, der Zielfon ruhf
in „wudifigen" Akkorden (8). Doch fdion im polyphonen Spiel der Kraffe hob fich eine
abffeigende Gegenkraff heraus, die nun, aus der Frage des e 2 fich „mif leidenfchafflidiffer
Empfindung" lofend, zum Schwingen kommf (8). Es trefen Kraft und Gegenkraff zu-
fammen, bald „leidenfdiaftlidi drangend", dann „ausdrucksvoll, befeelf und ruhig flie^end".
Ihre purdidringung fiihrf zu gro£en Sfeigerungen. „Verzweifelt auffdiluchzend" kampff
die Gegenkraff um hodiffe Hohen (9), „wild drangf" die Kraft und langfam finken beide
zuriick, w mif Innigkeif " fich fuchend, immer langfamer, endlich zerflie^end.
Dahebf der zweife Safe „inkraffig-fr6hlidiemWanderfchriff, durdi wegfehr lebendig"
die f einen Sdileier, hinter denen der erffe fich barg. Ein rhyfhmifch fdiarf gefchniftener
Gedanke iff die Kraffquelle des ganzen Sa^es (2). Seine zugefpitfen Teilmofive ent-
faifen fich zu anfteigender Bewegung, verdichfen fich und enffalfen fich von neuem.
Und auf diefem wedifelnden Rhyfhmus des Gefdiehens ruhf der Verlauf. Seine fdiarfer
gefpannfen mofivifchen Teile find die Pfeiler, welche ihn tragen. In ihnen erfcheinf das
* Die eingeklammerten Zahlen verweisen auf die. am Ende des Aufsatzes geschlossen wiedergegebenen Beispiele.
406
Thema oder ein Stiick von ihm in fdiarfem Lidif: „ubermiifig" und Juffig" in
geftoj3enen Okfaven, „eigenfinnig" in beharrlidiem Streif der Sfimmen. Dazwifchen
ffehen ffeigende und fallende Bewegungen, von den Pfeilern des Themas gefragen und
von feinen Kraffen gefpeift Aus plumpen Quarfenffoj3en erffeht das Thema noth einmal
in feiner Urgeffalf, wird immer leifer und verklingf in „wif3igem" Sfakkafo.
Der driffe Saf3 fragf die lllberjchriff „zarf und anmufig, durchaus ruhig." Dodi
gilt dies nur fur fein Thema, eine „liedarfige, fanff-fraurige" Linic von ffarker melodifdier
Reizwirkung (3), wekhe fich langjam enffalfef und zu breifen doppelgriffig fchwingenden
Linien erhebf. Aber zwifchen die beiden in einem ffarken organifchen Zufammenhang
ffehenden Teile des Themas fchiebf fidi ein gezupftes Mofiv ein (3), fritf nach der erffen
Enffalfung des Themas von neuem auf, ffeigert fidi und wird zur Gegenkraff. Die
Linie wadiff weifer, beruhigf fich zu fanff ffeigenden Quarfen von reinem Wohlklang
(10), loft fich in drangenden, immer mehr gefpannfen Sedizehnfelmofiven, balk fidi
„finffer, enffdiloffen" iiber „unruhigen" geloffen Triolen, verlangfamt wieder und verrennf
fidi in einem jah abreiJ5enden Tremolo des a-moll Dreiklangs. Damit iff eine Kraft
gebrodien, wekhe bisher den Konflikf gefragen haf. Das Thema friff wieder auf „Jehr
zarf, langfamer als zu Beginn", feine Linien flie£en in hoher Lage, gleidifam losgeloff
von' aller Korperlidikeif, ihr „Sehnendes" aufwarfs gewcndef. Die Gegenkraff: das
gezupffe Mofiv bleibf, wird fiber alle Maj3e hinaus gedehnf, ohne aber den Konflikf
zu erneuen- fie erfdieinf „wie im Traum, wefenlos" in vielgefpalfenen, off feltiamen
Farben und bleibf fo bis zum Ende (11). Iff als kurz gejpannfer Klang noch da,
wahrend die Linie fidi „wie nidifs" erhebf und in hochjfer Lage, an der Grenze der
Wahrnehmbarkeif „bis zur Unhorbarkeif" verhaudif.
„Auj3erff rafdi (Preffiffimo)" fefef der vierfe Saf3 auf einer nur kurz unferbrodienen
fidi ffeigernden und wieder zuriickgehenden Bewegung ein (4). Er wird von der Kraft
Stele Bewegung gefragen, welche auf einer Quinfolenreihe beginnt und nach mehreren
gedanklkh neuen aber inhalttidt belanglofen Zwifdienffufen wieder zu ,hr furuAkehrf.
Aus die er Bewegung 16ft fich ein neuer Gedanke, der von der Leiden diaffhchkeif der
Erreaunc herabhnkf bis zur geffoptenen „Sdialkhaftigkeit" des zweifer, Sa es D.c
BeweZa fammdf von neuem ihre Kraffe zu „feurigem" Anffieg, furmfmif grower
EnS' dlhte wie geheft afemlos, gepeiffdif, fliegend" (13X gelangf fdieinbar zur
Ruh und en fheg endlidi dennodi „pfeilfdinell". So verklingf der Saf, wie er began*
und das OhfwelLs fich diefer Bewegung vollig hingab, bleibf me von Taumel
gelahmf. . { f eierlidie m, ernffem Ausdruck" das
Da erfont Otodi am *™*°t ' J Wen weif gefpannfen, ausladenden Bogen (3).
dreifeilige Thema des l^^f " Safjes mit J m. n we g p ^^ ^
ES ^ to JS^^^^^^^ beiden E*fa,en immer enge,
nun folgende Enfwicklung maoiii Uonfranunkf aus der Vierfelbewegung des
Sie iff zuerff wefenflidi ^^^J^^-^s ^ .^ Die stimmen
Themas gewonnen, friff bei °er Wiedwnoi™ lyphone Adifelbewegung
flie^en ,,einf6nig, faff ohne Ausdruck ^^ ^JJ* der gezupffe Saifen-
ein, harjnonifdi im Smne d « D ^£ e , * Enf wLung fuhren auf den erffen Sag
klang eine gro)3e Rolle. Die Krafte «ej Se dizehnfeln fpannf den
zuriick. Die Sfeigerung der Bewegung ube Tno_len ^ me iodifdie
Rhyfhmus zu fcharf punkfie rfen Achfe n n be denen ) fladiernderl „ un ruhigen,
Linie erhebf. Wie im erffen Sat zerrei^t die ne ^ ^
geheimnisvollen" Eolge von Tnl ern ^^^taen Vierfeln auf die Urform
Jdiafflidiem Ausdruck" um. Als fi m ^™™JJZ nd in e ine reine Bewegung
5 G ^T^%e S" Raufdnen" fiber Drei- und Vierklange
407
****-■
dahin, ffeigf „ganz ohne Unruhe", verweilf „zartlich", wird allmahlidi erregfer, dann
„drohend, wild" und erreidif JchliejSlich „in Jfarkffem ungezugelfen Ausdruds ganz will-
kurlidi und rhapfodifch" einen zweifen Gipfel, auf dem fie fich in wedifelnden Sfrahlen-
brediungen der Einzelkraffe aufloff. Sie verhallf in langem Tremolo auf dem Trifonus
as d 1 . Da fe^f die Kraff zum driften Male an und Jammelf fich erffarrend und fcharf
gemeij3elf zur Fuge. Ihr Thema, welches die drei Teile des Sa^fhemas vollffandig
umfaj3f (6), erfcheinf in drei Sfimmen. In weiferen Durchfiihrungen wird es Jeiner
rhyfhmifihen Scharfen enfkleidef und fliej3f in gleichmaj3iger Bewegung. Die Fuge iff
die abfchliejSende Zufammenfaffung des Safjes, Sie iff fehr vielfarbig und verfchmilzf
in ihrem Verlauf gegenfa^lichffe Inhalfselemenfe. Ihre fidi am Ende verbreifernde
Bewegung miindef in vollfonenden Durdreiklangen. Das dreimal hinfereinander an-
gefchlagene Cis-dur iff die Quelle fur das cis 1 des erffen Sa^es: den erffen Ton der
Sonafe, Sein Thema erhebf fich „frei" und „mif Pathos" und fchliej3f einen Ring um
den gefamfen Verlauf. Es vereinf fich nun mif melodifchen Elemenfen des Sdiluj3fa^es.
Und fo find die Anfangsfone feines Gedankens c 1 — d 2 — g 2 zugleich die le£fe
Anfworf auf die erffe Frage; fie fiihren, um eine Quarfe fransponierf, zu einem r einen,
alle letjfen Reffe in fidi auflofenden C-dur.
Es brauchen wohl kaum Worfe dariiber gemachf zu werden, wie unvollkommen
eine folche Befchreibung iff, wie wenig fie das Wefenfliche wiedergeben kann und wie
unverbindlich iiberdies die Vorfragsanweifungen fiir den durch fie bezeichnefen Inhalf
find. Immerhin muj3fe zu fagen verfuchf werden, worum es fich iiberhaupf handelf, da
die Sonafe ungedruckf iff und bisher nodi nichf offenflich aufgefiihrf wurde.* Es wird
nun leichfer fein, fie als Ganzes zu werfen, Ich will dabei von innen nach auj3en
gehen und zuerff iiber ihre innere Halfung und ihren Werf als Organismus, dann
(iber ihre Formen und ihren Sfil und Jchliej31i<h iiber ihre fypifchen und individuellen
Merkmale fprechen.
Wenn man Schnabels Sonafe efwa mif den Sonafen Regers fiir Solovioline ver-
gleichf, fo fallf zunachff auf, daj3 ihr ein ganz anderes Wollen zu Grunde liegf. Sie
iff als Schopfung eine durchaus menfchliche man mochfe faff fagen: efhifche Nof-
wendigkeif, wahrend Regers Sonafen eine wefenflidi ffiliffifche Angelegenheif find.
Deren freibende Kraff iff das Inffrumenf: es gibf Niveau, Infenfifaf, Bewegung. In
diefer Sonafe iff auf den erffen Blick merkwiirdig, da£ ihr Kraff zenfrum auj3erhalb
des Inffrumenfs liegf. Aber es liegf audi (und ich vergleiche ihre Formen mif den
Solofonafen Bachs) auj3erhalb einer gegebenen Form. Es find iiberhaupf keine ge-
gebenen Fakforen in ihr; vielleichf iff es diefe negafive|Formel, in der man ihr Wefen
zunachff faffen konnfe. Sie ffellf einen abfolufen Werf dar. (Damif iff nichf iiber die
Groj3e fondern iiber die Arf des Werfes ausgefagf worden.) Von der Seife des Inhalf -
lichen aus gefehen: objekfiv-ffiliffifche und fubjekfiv-inhalfliche Kraffe frefen in der
Sonafe in einer neuen, Jchwer vergleichbaren Verbindung auf. Die Beziehung zwifchen
ihnen erfdieinf nach beiden Seifen hin gedehnf: bis zur rhapfodifch-freien und form-
jprengenden Schrankenlofigkeif und bis zur objekfiven, figuralen Verhullung. Und
z\var Jo, dag das Vorherrfchen einer diefer beiden Kraffe nichf als Bruch fondern als
Pehnung empfundenwird. (Deryollffandig mifgefeilfe zweifeSaf* gibf in feinem ffarken
13berwiegen objekfiver Kraffe durchaus kein Bild der ganzen Sonafe.)
Damif iff audi gleidizeitig das Verhalfnis zur Form gegeben. Hier konnfe man
fagen, daft ein derarfiges Sdiwanken der formalen Infenfifaf in einem Kunffwerk iiber-
■.■■.,■;.*. Efsiauffiihrung durch Carl Flesch im 2. Kammermusikabend der Neuen Musikgesellschaft Donnerslag, den
25. November 1920 Im Kunstsalon Gurlitt, Berlin,
** Ais Beifage von Heft 14 ,Melos\
^®£3lKKi^ ' : ::'^ :■'■'■ -k
haupf felfen iff. Gefahrlich auf jeden Fall. Sfellen von einer erffarrfen, nahezu ffilifierfen
Archifekfonik Jfehen neben folchen von faff ungeffalfefer Formlofigkeif. Die beiden
Sfellen, wo dieje Gegenfafje zufammenffoj3en, werden zu Hohepunkfen: im driffen und
lefefen Sa£ der Wiedereinfa^ des Themas (im Sdiluj3jat$ als Fuge) nach einem langen,
faff nafuraliffifdien Tremolo, welches nur das lefefe Glied einer zu ihm hindrangenden
Enfwicklung iff.
Durdi diefe Dehnung der formalen, inhalflidien und ffiliffifdien Grenzen iff von vorn-
herein und von auj3en her das Problem der Soloviolinfonafe geloff: iff die ungcheure
Befdirankung der Farbe und des Ausdrucks iiberwunden, welche audi Bachs Sonafen
immer wieder die Grenzen des Experiments Jfreifen laj3f und welche deffen Chaconne
(wohl als einziges Werk diefer Liferafur) von innen heraus iiberwindet Diefe Art der
Lofung ware an Jidi billig und wiirde die formale Leiffung beeinfrachfigen, wenn nichf
neben dem Merkmal des Abfolufen der organifdie Charakter der Senate als wefenflidi
fur ihre Eigenarf gefaj3f werden miiflfe.
Die Analyfe verfuchfe (und das iff vielleidif ihr einziges pofifives Ergebnis) in der
Befchreibung der Einzelfa^e die gro]3en Ablaufskurven der Kraffe herauszulofen.
Wenn man die Sonafe rein mufikalifch befrachfef, fo liegf in diefen Kurven: in ihrer
Form ihrer Hohe und in der Infenfifat ihrer Spannungen das Wefenfliche des Werkes.
In ihnen fdiwingf perfonlicher Ausdru(kswille und fchopferifche Kraft Sie uberbrucken
die vorher gekennzeichnefen Dehnungen der einzelnen Grenzen und verfchmelzen die
Gegenpole zur Einheif. ,
Die Schwingungsbahnen der Kraffe find die Sfelle, an weldier der fuchende Bhck
des Befrachfenden den Nerv des Kunffwerks beriihrf, wahrend er unfer Form und
Sfil nur feine Hullen faftt und unfer dem Inhalflidien enfweder einem lebendigen
Zu aZenhang enfriffene SfU*e herausgreiff oder nur die ^^^1^
kartn. Die Ablaufskurven aber find Bewegung: fie geben Lime und Ziel, Rhyfhmus
Und Die bewegung aber iff ein Ergebnis der Triebfahigkeif ihrer ruhenden Kraffe:
Die De we8uny . erldiiede zwifchen den einzelnen Saf^en ans
ihrer Themafik ^J^JJ e ^d^ Hier heben fidi die Themen der Eckfafee
Lidif. Sie iff mdit ° b ™^* S2m der Sonate gleidifam kriffallifiert enfhalfen iff,
he T 5 'r* Themer der Mftfte an Kraff zuriickffehen. Die Gedanken der beiden
wahrend die Themen der Mi «e^ean , Urfprung, uber-
bewegfen Safce find, wenn audi nidi in *^5 ^ e1 ^" ' Das m au(h bedingt m das
kommener ^.^ccr^^ naher gekenn .
^S^^^^ dieTeffffellung, da, es in fid, felbff vollendef iff,
ruhend, ohne Triebkraff eine enffalfefe ^Blufe deren m&l
Der Vergleich der beiden Edrfhemen ^der Sonate >U una ,
Gefamfdnarakfer befonders ^^^ff^^^n a M Tone und iff durdi
reine Kraft Qleidifam Zelle. Er umfa^f nur d^erlte ^ ^^
Erreidiung des e 2 begrenzf E * ^\ n °* ™™J°™tei Q evun Q (die erffe, rhyfhmif<he:
fondernKeim. Seine Energie drangf "/^^^dildief der Sprung von der
der IDbergang zur Adrfelbewegung die '^^iLng, welche dann auch foforf
Sekundenbewegung in die Quinte ) zu uwmi ttdb are ^ ^ * nidlt
einfefef. Das Thema des letfen Sajjes *^f £ £ t: jie umfa ^ t im Wechfel der
Ke m Jondern Fruchf. Seine Melodi k iff ^f und g 9 ^ * (alle Infe rvalle von der
Ridnfungen und in , der Wjgkeif ^er e^^tg^^ ganze Qef(hehen der
kleinen Sekunde bis uber die OWave hmaus; g Einzelheite n verfdimelzenden
K ^r^n^ ** ™ die ^» " e
H ' 409
*v*SBfep'
der einzelnen Teilfa&e zu einem Ganzen zufammen. Dazu der ffarke irmere Zufammen-
hang, die gemeinfame Quelle, weldier beide Themen enffprungen find: fo iff Ausgangs-
punkf und Ziel der ganzen Sonafe durch diefen Vergleich umfchrieben. Die Themen
der andern Safje find lediglich Funkfionen der Enfwicklung.
Die Enfwicklung felbff iff ungleida fchwerer zu fallen. Die Ablaufskurven der
Kraffe find verfdiieden in Ausdehnung und Richfung, in ihren Ausgangspunkfen und
ihren Zielen. Idi mochfe gleich die Erffe diefer Enfwidtlungen als Beifpiel fur ihre
Arf geben. Idi feile ihren Anfang (7) und ihr Ende (8) mif. Dazwifchen liegf nichf nur
eine dauernde ffefig drangende Sfeigerung der Energien, der melodifdien und rhyfh-
mifchen Spannungen, fondern audi eine Enffalfung der weidieren Ausdruchskraffe des
Themas, welche die erffen Tone der Bewegung (7) enfhalfen.
Die Abhangigkeif und innere Zufammengehorigkeif der einzelnen Ablaufskurven
iff an diefem Sa^e liberzeugend zu belegen. Jeder neue Hohepuhkf fdiraubf die
Gefamfhohe der Bewegung empor. Das Ziel diefer erffen Enfwicklung (8) wird auf
dem Hohepunkf der Bewegung zu einer Geffalf, welche jenen erffen Gipfel weif iiber-
fchneidef (9). Der riickwarfs gewendefe Blick zum Thema (1) und zu dem Anfang der
Bewegung (7) zeigf den erreichfen Abffand, die Feme und gleichzeifige Nahe der
Einzelkurven.
Mif diefer Befchreibung wefenflicher Teile des erffen Sa^es iff zugleich die innere
Halfung der ganzen Sonafe bezeichnef. Die verfchiedenen Arfen der Auswirkung der
fragenden Kraffe fallen unfer dem Begriff der Form. Die Verlaufslinien des zweifen
und vierfen Sa&es liegen infolge ihrer wefenflidi moforifchen Nafur unferhalb der fiir
den erffen Sa£> gezeichnefen Linie. Der le^fe Safj enffprichf feiner Arf nach dem
erffen, gehf nur in der Weife feiner auj3eren und inneren Spannungen iiber ihn hinaus.
Nur der driffe Sa£ beanfpruchf von diefem Gefichfspunkf aus eine befondere Einffellung.
Der driffe Sa& ruhf im Gegenfa^ zu den andern nichf auf der Enfwicklung einer
Kraff fondern auf einem Kraffekonflikf, deffen Trager bereifs von Anfang an gegen
einander geffellf find, wahrend der Konflikf des erffen Safjes erff ein Ergebnis feiner
Enfwicklung iff. Auch das iff ein formales Momenf (wenigff ens in dem Sinne, in welchem
der Begriff Form hier gefaj3f werden muj3), aber feine Durchfiihrung, mehr nodi fein
Ziel geben diefem Sa&e eine nadi meinem Empfinden fehr bemerkenswerfe Halfung.
Schon die beiden Kraffe felbff, welche im Thema neben einander ffehen (3), find
wefenflich anderer Arf als die des erffen Sa^es, Dorf mu£fe der Konflikf als Ausdruck
feelifchen Erlebens verffanden werden, hier aber find die ihn fragenden Kraffe Jchon
in fich felbff nahezu geffalflos, ein Abglanz, eine Spiegelung des Abfolufen. Das gilf
vor allem von dem Vorderfa£> des Themas (wenn man diefe Bezeidinung fur die ganz
freie und fcheinbar formlos fdiwebende Linie anwenden darf) und Von dem Pizzikafo
der Gegenkraff, weniger von dem folgenden Aufffieg, der in f einem Janff-fraurigen"
Ausdruck bereifs von der abfolufen Hohe des Anfangs wegfiihrf.
Die Enfwicklungsbahnen diefes Konflikfs durchlaufen mehrere Spharen des Aus-
drucks, immer wieder aber ragf die abfolufe Hohe des Ausgangspunkfes in den un-
endlich reinen, leeren Infervallen des doppelgriffig auf ffeigenden Themas auf (10). Das
Wefenfliche des ganzen Sa^es aber fcheinf mir in der Lofung oder Vielmehr in der
Nidiflofung des Konflikfs zu liegen. Nachdem fich eine durch grojSe Hohen des Aus-
drudss ffeigende Enfwicklung in dem vorher gekennzeichnefen a-moll Tremolo verrannf
haf, fcheinf von hier an alles Hemmende, Niederziehende verfchwunden. Die zweife
Halffe des Sa^es beginnf auf der abfolufen Hohe des Anfangs und Verlaj3f diefe
Hohe nichf mehr. Hier liegf ein GipfeL Der Sdilu£ des erffen Safjes und die Fuge
des le^ien erreidien wohl voriibergehend einen ahnlidien Grad von Erdf erne, dodi
gelangen beide Btifwi^lungen auf einem ganz andern Wege zu ihr. Hier find alle
m
formgebenden Kraffe enfgliffen. Diefer Teil des Safjes iff vollkommen j'ormlos, wie
er audi inhalflos iff. Die Vorfragsbezeidinungen „wefenlos, gleidilam nidifs, fahl"
riihren an den Kern. Idi gebe das erffe Sftick diefes Verlaufs wieder (\\). In ihm iff
das Wagnis einer Volligen Enfmaferialifierung des Gefdiehens unternommen und gegliickf.
So ergibf fidi die Gefamfhalfung der Sonafe: zwifdien zwei wefenflkh fekfonifchen
Enfwicklungen in den AujSenfa^en ffehen an zweifer und vierfer Sfelle wefenflidi
moforifdie Ablaufsbewegungen. Diefe umfdiliej3en als Miffelfafj die eben befchriebene,
gleidifam fdiwebende Enffalfung. Diefer Zufammenhang ftellf die organifdien Wechfel-
beziehungen zwifdien den Sa^en ans Lidif. Innerhalb diefer einenden Momenfe iff
audi hier ein ffarker, auf den erffen Blick bis zur Zufammenhanglofigkeif geffeigerfer
Gegenfafj, der nur durdi die Beziehung zwifdien den Eckfafjen und eine fliidifige Be-
riihrung zwifdien dem zweifen und vierfen Safje aufgehoben wird.
Ein ffarkeres Band, Welches die alien Safjen gemeinfame Quelle erkennen laj3f,
iff die Parallelifaf der gro)3enBewegungslinien und dieGemeinfamkeif eines Temperaments,
Oder wie idi mif UJbernahme eines von Gundolf gepragfen Begriffs fagen modife:
einer beffimmfen Temperafur. Diefe iff der Niederfdilag eines befonders reidien und
perfonlidi gepragfen Gefdiehens. Sie iff felfen ffefig, vielmehr off flacfcernd, jah urn-
fdilagend, ffeigend, fallend und wie alle diefe Linien innerhalb eines au£erordenflidien
Umfangs'bewegf. Diefe bis an die Willkur grenzende Subjekfivifaf, weldie nofwendige
Gegenwirkung gegen die Begrenzfheif des Ausdrucks iff, gibf dem ganzen Werke ein
in hohem Grade individuelles Sfigma und bildef gleidizeifig feine grd£fe Gefahr. Die
ffarken fekfonifchen und Gewidifsbeziehungen, weldie den Organismus fragen, halfen
ihr die Wage Trofcdem werden Regionen befrefen, weldie audi unfer den Empfan-
genden nur einer Minderzahl zuganglidi find. Das iff freilidi audi fonff im Kunffwerk
der Fall Dodi iff es' hier in einem efwas andern Sinne gefagf. Die Sonafe iff ein
Experiment Ein gegliickfes zwar, und darum eine ffarke Bereidierung. Aber idi
glaube: kein Wegweifer.
Es war fchon vorher gefagf worden, dap" die Sonafe audi vom Sfandpunkf der
formalen BefraSfung ein fehr individuelles Bild ergibf. Audi die Form iff in hodiffem
Se beweaf Sie iff nidif feff im Sinne der alferen Formen, weldie das lebendige
rS u ?f ««™ Rahmen einfdiliepen. Sie iff audi nidif bewegend in dem Sinne,
*T^ZZ ^^^TaSs in fidi birgf, nadi weldiem fidi das Gefdiehen voU-
I <ESL^ Lm der Kraft unfergeordnef und von diefer bewegf. Audi das fdieinf
mfr an def Sie P robTe2ch. (Nafurlich iff diefes Verhalfnis von Form und Kraff
mir an aer^i d v ^ ~ radps zu den aewohnfen Er dieinungen.)
^M'n ^T^t^ll^o^m von neuem prazifieren, ihn vor allem
Man m f* ier ™™™ ] L t m nicht um Form im Sinne einer Folge von Themen,
weif genug faffen.Es handelf hen "^ d hol oder einer logifdie n Beziehung
eines Wedifels "f™*^*^ j* m die innere Form der Sonafe, weldie
von Vorder- und Nathfafc. Es handelf >™ J Qrade umfa ^ t Die Infenfifaf
ihre einzelnen Telle, wenr ^ aud m ganz £***£^ fc d ^ m Sinne umm die
der Form reidif yon der Rhapl°di e _ ms . des lang{amen Sa ^ es
Form den gefamfen V^^^Mi^aimoen der Bewegung, weldie bereifs
be;zei<hnet .wuxde,
Die formale Infenfifaf der Themen wurde bereifs bei dem Vergleidi zwifdien den
beiden Gedanken der Eckfa^e beriihrf. Die formgebende Kraft des erffen iff gering,
die des lefcfen auj3erordenflidi groj3. Ebenfalls fehr gro|5 iff die formale Spannung des
zweifen Sa^es, welche aus der bei der Wiedergabe des Themas angegebenen Qliederung
hervorgehf (2). In der hier immer geffeigerfen Auflofung der feffen Formbeziehungen
naherf fich diefer Sa^ dem driffen. Deffen Thema iff formal befonders bemerkenswerf
(3). Wahrend in dem Gedanken des zweifen Sa^es die feffen Beziehungen zwifdien
Vorder- und Nachfafj (in zwei Dimenfionen) nodi von durdiaus verbindiicher Kraff find,
find fie hier gerade im Begriff, fich aufzulofen. Man konnfe audi im Gegenfeil fagen:
erff im Begriff fich zu feffigen. Zwifdien den beiden Linien beffehf eine klare formale
Beziehung: 5/8 + 6/8 : 5/8 + 6/8. Dennodi fiigen fie fich nichf mehr nadi dem
Gefe£ von Spannung und Lofung zu einander wie die parallelen Glieder des Zweifen
Safjfhemas. Eine ffarkere formale Beziehung bildef fidi erff durch die worfiidie Enf-
fprechung der ram folgenden, alfo bereifs aufSerhalb des erffen Gedankens liegenden
Endungen. Das Thema des vierfen Sa^es loff anfangs vorharsdene fekfonifche Form-
beziehungen in reine Bewegung auf.
Die formale Sfrukfur der Sonafe liegf weniger in der bedingfen Regelmaj3igkeif
ihrer Teilenfwicklungen als in dem Ablaufsrhyfhmus der ganzen Safje, Hier zeigf fich
in der Halfung der einzelnen Sa£e eine erhebliche Verfdiiedenheif. Der Eigenarf in
der Sfellung der Kraffe zu einander, wie fie der erffe Salj zeigf, enffprichf in gro)5eren
Dimenfionen der le^fe. Das Wefenflidie in beiden iff, da]3 in ihnen zwar Konflikfe
vorhanden find, deren Trager aber aus dem Thema heraus gewonnen werden. Beide
Sa£e find zenfrale Enfwicklungen, Enfladungen einer Kraft welche dem ganzen
Safje zur Bafis wird. Der gleiche zenfrale Ablaufsrhyfhmus liegf audi dem zweifen
und vierfen Sa^e zu Grunde, doch wurde der Typus diefer Formen bereifs als ein
wefenflidi moforifdier gekennzeidmef. Im Gegenfafg zu den vorigen beiden enfladf
fidi hier das (in hohem Grade friebkraffige) Thema nidif in Form einer Enfwicklung,
fondern loff fidi in Bewegung auf. Die Form in engerem Sinne iff in diejen beiden
Sa£en abweidiend. Sie beffehf im zweifen Sa£e in einem regelmaj3igen Wechjel von
formal feffer und lofer gefiigfen Teilen, weldie oben als Pfeiler und Bogen des Verlaufs
bezeidinef worden find. So beffehf das Formgefefj hier gewifferma)3en in einem
Wechfel von Schwer und Leichf. Sehr bemerkenswerf iff die Form des Preffiffimo: fie
vollziehf fich nach dem Gefe^ einer rhyfhmifchen Evolufion, weldie von der Einheif einer
Funffonbewegung ausgehf, dann iiber fieben zu fechs und adit fidi enffalfef und von
hier uber die Sepfolenbewegung wieder zur Quinfole zuriickgehf, eine Enfwicklung
von ffrengffer innerer Logik, welche eben dadurch einen vollkommen freien, beinahe
formlofen Verlauf tiberzeugend zu fragen vermag. Der Miffelfafe durchbrichf in feiner
von Anfang an gegebenen Spalfung der Kraffe das zenfrale Verlaufsprinzip der andern,
feine Form iff durdi die Taffache eines primaren Kraffekonflikfs gegeben, aus dem
zunadnff ein wefenflidi dramafifdies Gefdiehen herauswadift ehe der vorher befchriebene
Sdiluj3feil den Konflikf in die Hohe des Abfolufen erhebf und ihm dadurch feinen
Sfachel nimmf.
Formale und ffiliffifdie Momenfe find kaum zu frennen; beide wiederum find in
der anfangs gekennzeichnefen Gefamfhalfung der Sonafe bereifs zum gro|5en Teile
enfhalfen. Daher iff es nur als Erganzung aufzufaffen, wenn im folgenden nodi fiber
den Sfil der Sonafe zufammenfaffend gefprochen wird
Hier liegf zunadiff ein Momenf von pofifivffer Bedeufung: es iff wohl nodi nie fo
fiir Geige gefdirieben worden wie in diefer Sonafe, Wenn eine Sfilbefrachfung vom
412
Inffrumenf ausgehf, fo muj5 {ie vorerjf feffffellen, dap" die Grenzen feines Ausdrucks bis
zu le&fen Moglichkeifen erweiferf worden find. Wenn audi hier einer der Jfarkffen
Werfe der Sonafe liegf, fo foil die Taffadie an fidi doch nichf von vornherein als Wert
aufgefaj3f werden. Abgefehen davon, da]3 die Sonafe nichf vielen Geigern vollig zu-
ganglich fein wird, gehf fie in der Taf in der Ausnu^ung der Miffel iiber die Grenzen des
Moglichen hinaus. Man konnfe bisweilen (efwa in der Behandlung des gezupf'fen
Klanges) von einer Vergewalfigung des Tedinifdien und Klanglidien Jpredien, wenn
diefe Sfellen nichf gerade mil hodiffer innerer Spannung verbunden waren. Und fo
bleibendie allegewohnfenMape iiberfdireifenden Dimenfionen der beherrfchendeEindruch.
Diefe ffiliffifdien Bereidierungen feffzuffellen kann hier nur in der Form heraus-
gegriffener Einzelfalle verfuchf werden. Die Auswirkung des Sfiliffifdien liegf innerhalb
mehrerer Linien: mu)3 zuerff fedmifch vom Sfandpunkf des Inffrumenfs aus befrachfef
werden, liegf formal in der Linie vom Geffalfefen zum Ungeffalfefen, inhalflich in der
Linie vom Subjektiven zum Objekfiven. Audi die elemenfaren Vorgange, denen fidi
die Art der Sfimmfiihrung (Polyphonie) anfchlieJSf, fallen unfer den Sfilbegriff. Endlidi
friff zu all dem die Linie, weldie durdi die Endpunkfe des Typifdien und Individuellen
begrenzf wird.
Es war eingangs gefagf worden, da]3 das Kraffzenfrum der Sonafe im Gegenfafc
zu den andern Werken der gleidien Gaffung auperhalb des Inffrumenfs liegf. Diefe
Taffadie iff die Wurzel aller fedinifdien Sfilmerkmale. Daraus, da0 das Inffrumenf
nidif die bewegende fondern die bewegfe Kraft der Sonafe iff, erklaren fidi die Er-
fdieinungen, weldie unfer diefem Gefidifspunkf auffallen: die Erfdnliepung neuer Aus-
drucksgebiefe, weldie vom Inffrumenf aus kaum geahnf werden konhfen, die Dehnung
und vSfeifige Verwendung der vorhandenen. Dabei liegf der Sdiwerpunkf nadi
meinem Empfinden durdiaus in der zweifen Ridifung. Unfer den neu erfdilofenen
Rpi?^ , dei^iefaerSdien Ausdrucks wurde die Umwerfung des gezupffen Saifenklangs
^mJ^^^™** wurde das Pizzikafo wefenflidi ffiliffifdi gebraucht,
SSflSTb eb es mif dem Ausdruck einer gefpannfen Energie verbunden, der f.di
nidS TeMen dne komifdie Wirkung zugefellfe. Hier iff es immer wieder ,m Sinne einer
^^L^T^m^ e e r r9 hIe Z r P Ungf \ul Zum weiferen Be.eg
dfene et Sffick aus dem letfen.Saf* welches feine Anwendung in anderem Smne
veranfchaulidif (12). tediniIdie n Momenfen weniger darum, dap ein Ausdrucks-
Es handelf fidi bei dieien lemrr foldiem Umfange nichf vor-
miffel zur Anwendung ^^^J^^^S^ in die Bewegung eines Aus-
handen war, fondern darum, dap es aiS °^ ad , ffi die Ausn uf>ung der Hone
druckskomple.es einbezogen wurde Das g* audi fur ^ ^ ^
und die wefenflidi ^eigenma^ge , Arfen ^^^ der vierge ffridienen Okfave
einzelfen Sfellen das hemat^e Gefdieh^n bis ^ ^ eines geftejgerfen
hinaufreidif, iff die Art in welder dje Hoh angegebe ne kann dies ver-
Ausdrucks verwendef wird Eine ^^ einer konzer fierenden Paffagenfedmik
deuflichen. Das Gleidiegilf fur die Em^u g Ausdruckswillen. Hierfiir
fon frefen in gleidiem Siraie auf. e Leidl f ig keif, mit welcher die verfchiedenffen
Am Wichfigffen ^^^^^ Das Gefefc diefer Verbindungen
Qeffalfungsformen mif einander verounu
413
liegreben au£erhalb; daher frefen fie, der grojSen Linie der Gefamf bewegung unfer-
geordnef, in immer wieder neuen Verfchlingungen zu einer farbig bewegfen Vielheif
zufammen.
Die zweife Richfung der ffiliffifchen Einffellung, welche durch die Endpunkfe des
Geffalfefen und Ungeffalfefen bezeidmef wird, riihrf eben fo Jfark an das Wefen der
ganzen Sonafe. Es iff hier das Gleiche, das {chon unfer dem Begriff der Form gefehen
war, nur iff es hier in feinen einzelnen Auj3erungen um vieles greifbarer. Audi hier
eine aujSerordenflich bewegfe Skala der Infenfifaf des Geffalfens. Es handelf fidi
dabei ebenfalls weniger um abfolufe Werfe als um eine ganz ungewohnfe Vielfeifigkeif
in der Verfchmelzung verfchiedenffer Geffalfungsgrade. Der Grad der fekfonifdien Durch-
bildung half fidi in den gewohnfen Grenzen. Er erffarrf in der reinen Polyphonie der
Fuge zur Imifafion, gehf fonff gelegenflich (wie an einer Sfelle des erffen Sa^es) bis
zur worflichen Umkehrung. Die librigen logifdien Formbeziehungen, befonders die
Sequenz, find in weifeffem Umfange genu^f. Wefenflicher aber als die Phyfiognomie
der hoheren Geffalfungsgrade iff in diefer Sonafe die der geringeren. Hier iff der
Spielraum au^erordenflich grofS. Die geffalfende Kraff zeigf fidi in alien Sfadien ab-
nehmender Infenfifaf bis zur volligen Auflofung einer Bewegung. Es iff fchwerer, dies
an einem einzelnen Beifpiel zu zeigen, aber kaum nofig zu fagen, daj3 gerade die Jich
der formalen Auflofung nahernden Teile ffarkffe fpannende Kraffe in fidi enfhalfen.
Ich zifiere eine Sfelle, welche dem unfer (9) angegebenen Sfxicke des erffen Safjes vor-
ausgehf (14). Das Thema, in Rhyfhmus und Melodik felffam gebogen, brichf ab und
wird von einer vollig ungefpannfen „begleifenden" Achfelbewegung abgeloff. Es ballf
feine Kraff in langem Anffieg, — wieder frefen die drei Klange dazwifchen: Tonika —
Dominanfe — Tonika, erff in cis-, dann in c-moll, das Einfachffe und Formlofeffe, das
gedachf werden kann. Und darum an diefer Sfelle von einer faff unheimlichen Wirkung,
die fich bei abermaligem Auffrefen diefer Wendung in gebrochenen Dreiklangen nodi
verffarki Gefpannfeffe Kraff und dumpfe Geffalflofigkeif frefen zufammen.
Meiff iff die Auflofung aller fekfonifdien Kraffe erff das Ergebnis oder das le&fe
Glied einer Enfwicklung. Ich belege diefen Fall durch eine Sfelle aus der zweifen
Halffe des langfamen Sa^es (1f). Das geffammelfe as, die fcheinbar ganz ungeformfen
dazwifdien geworfenen Teile des Themas find Merkmale einer vollig erfchlafffen Infenfifaf
des Geffalfens. Audi in dem Teile des SchlujSfa^es, welcher der Fuge vorangehf, find
ahnliche Sfellen. Die Sonafe gehf hier fo weif, daj5 an folchen Sfellen hochffer innerer
Spannung der Umfchlag in den gegenfeiligen Ausdruck volliger Geffalflofigkeif befiirchfef
werden muj3, befonders wenn nichf eine hodiwerfige Reprodukfion diefe Spannung
aufrechf erhalf. Dadurch werden audi an den Horer groj5fe Anfpriiche geffellf.
Damif iff gleichzeifig der inhalfliche Sfil der Sonafe gekennzeidmef. Sie iff nichf
fubjekfiv im Sinne des Bekennfniffes (fo weif diefe Begriffe fich iiberhaupf fcheiden
laffen; in derTaf handelf es fich doch meiff um eine Synfhefe), obwohl fie vieles enfhalf,
was als Spiegelung feelifdien Erlebens empfunden wird. Aber fie iff auf das hochffe
fubjekfiv in der Darffellung eines an fich objekfiven Kraffegefchehens.
Schlie#lich iff nodi iiber den Sfil der Sonafe vom Gefichfspunkf der elemenfaren
Vorgange aus kurz zu fprechen. Sie verbindef fonale und afonale Ausdruckswerfe in
einer freien, durch den Zufammenhang gegebenen Verfchmelzung. Die Tonalifaf, im
Thema des erffen Sa&es deuflich fiihlbar und im le&fen Sa& in der immer ffarkeren
Befonung des Durdreiklangs wieder erreichf, erfcheinf als Ausgangspunkf und ZieL
Dazwifchen liegf, meiff zunehmend mif geffeigerfer Bewegung innerhalb der einzelnen
Ablaufskurven, eine vollige Loslofung von diafonifchen oder kadenzierenden Zufammen-
hangen. Die harmonifchen Werfe, welche in der Sonafe eine gro£e Rolle fpielen, find
mei|^a^ Inffrument mifbedingt Von den Kopffhemen der ein-
.__-:
zelnen Safje zeigf der zweife (2) die abfolufe harmonifdie Spannkraff am ffarkffen,
Wahrend das Thema des driffen Safjes in feinem reinen F-dur audi von diefem Sfand-
punkf aus als vofiibergehendes, abfeifiges Ziel erfdieinf, als Bafis einer gleichfam frans-
zendenfalen Enfwicklung, von welch er fkh die Linie wieder zu dem fiir die abjolufe
Kraff des Melodifdien Jehr bezeichnenden Thema des le&fen Safces zuriichwendef.
Die Homophonie iff Ausnahme und erfdieinf off als Abfdiluj3 einer Enfwicklung,
dagegen iff die polvphone Bewegung der Kraffe ein wefenflidies Merkmale der Sonafe.
Polyphonie iff fiir die Solovioline ein Problem, die mehrffimmige Fuge eine nafihiidie
innere Unwahrheif, weldie auf fedmifdiem Wege nur fdiwer verhiillf oder iiberwunden
werden kann. Die dreiffimmige Fuge ruhf auf der durdi Badis Polyphonie der Violin-
fugen gegebenen Behandlung der Sfimmen, deren fedmifdie Moglidikeifen fie an
mehreren Sfellen erweiferf. Sonff iff die Polyphonie der Sonafe wefenflich zweiffimmig
und loff hier das Problem von innen heraus in einer Bewegung der Sfimmen, fiir
weldie efwa eine dem Sdiluj5faf3 enfnommene Probe bezekhnend iff (16). Efwas fpafer
ffeigerf fidi in diefer Enfwicklung die Polyphonie von einem ffiliffifchen zu einem in-
halflidien Momenf und fefjf an die Sfelle der Imifafion den gleidizeifigen Gegenfaf3
rhyfhmifdi gefpannfer und melodifdi geloffer Kraffe (17). Idi fiihre diefe Sfelle audi an,
urn im Gegenfafj zu den bisher mifgefeilfen melodifdien Proben die Gefahr einer Me-
lodiebildung anzudeufen, weldie, im Grunde rein fonal, nur durch leidife Biegungen
(der beiden Sdilu^fone b 1 in h 1 und g 1 in fis 1 ) ihre Phyfiognomie doch nichf umzu-
werfen vermag. tj .. ,
So bleibf nur nodi das Rhyfhmifdie der Sonafe zu erwahnen. Idi habe es zuruck-
geffellf weil es einen eigenen Gefidifspunkf erforderf und unfer den elemenfaren Kraffen
der Sonafe die ffarkffe iff. Nidif nur durdi die (gelegenflkh einwenigfchemafifche)Sfeigerung
des rhythmifdien Fluffes und nichf nur durch die vollendefe Vielfeifigkeif des rhyfh-
mifdien Gefdiehens. Sondern vor allem durdi die abfolufe (ffaff relative) Auswirkung
der rhvfhmifchen Kraffe in ihrer Lofung vom Mefrum. Die Sonafe rntff nichf fondern
nofierf den gefamfen Verlauf ohne Takf. Das gefdiiehf nidif nur, weil die komphz.erfe
mefritoe Sfrukfur die Meffung der einzelnen Bewegungen auperorden^ erfchweren
wSde fondern weil eine Meffung an vielen Sfellen fdiledifhin unmogbdi iff H.er ,f
Xas ^gelungen, was als ffarke Bereicherung empfund en werden mu^: d,e Lime fchwebf
freTLsgS von jeder mefrifdien Feffel, fie iff weder auffakfig nodi vollfahhg, in jedem
Tone gleidima*5ig fdiwer oder leidif, vollendef, fie fdiwingf.
vo^Ao qfndie ffehf mif der Aufffellung der lefcfen Sfilfrage, der Frage
Die vorhegende Sfudie J^t mn ^ ihrem Ende Aus einer
nadt den *<^»^ kann fie diefe
langeren ^d mfenfiven Befmartigung Eindru* vielleidif un-
Frage nur be^^^^sTJStaS 1T« Sfelle eines feff umriffenen We*
h t ? gen 7«Z S ier SonaV hinzuweifen, nadidem bisher mehrfa* ihr indivi-
urfeils auf das **^ **^ Das Individuelle lag in der bisweilen unerhorf
dueller Charakfer befonf woraen war . Ausnahme der Eckfafce fur mem
fubjekfiven Arf der GeflaLf ung tfT ^Xgder Einzelfafce zu Funkfionen einer
QerOhl nodi nidif ^^^2"^^% Erweiferung und Begrundung aller
bewegenden Urkraff. Ihr TyPJ^ " eo f , einze i n en Safcenfwicklungen, vor allem
Ausdru&smiffeUn der P^*~*f^* ^^des 9 Qe fchehens, welches
aber in der perf&nlidie* ^
allenurerreichbarenRegioner^ t und gro ^ er Gefinnung.
Hohen zufammenfaPf zu einem KunftwerK von >
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d-.iiil
Bemerkungen zu Jofef Hauers Sdiriff vom
„Wefen des Mufikalifdien"
Von Egon Wellesz.
Es iff mir unbekannf, ob der Name Jofef Hauers fiber den engffen Rahmen eines
kleinen Kreifes von Mufikern hinausgedrungen iff. Er lebfe als Volksfchullehrer und
Organiff in der Nahe Wiens und begann erff mif feinem dreij3igffen Jahr zu kom-
ponieren. Was er da fchrieb, war fo abfonderlich, dap" feine Umgebung den Eindruck
eines pafhologifchen Zuffandes haffe. Aber einige junge Mufiker wurden auf ihn auf-
merkfam, und fpielfen feine kleinen Kompofifionen, die fiir Klavier und Harmonium
gefchrieben waren. Schon damals empfing idi den Eindruck einer ganz ungewohnlichen
Begabung, der fich beim Anhoren der fpaferen Kompofifionen nodi ffeigerfe. Wahrend
der erffen Kriegszeif war Hauer eingeriickf, und idi fraf ihn erff, als er in einer mi-
lifarifdien Kanzlei Verwendung gefunden haffe. Damals erfdiien eine kleine fheorefifche
Sdiriff von ihm „UJber die Klangfarbe", deren erweiferfe Form die Sfudie vom „WeJen
des Mufikalifdien" (Verlag Waldheim-Eberle A. G.) bildet
Es muj3 zum Verffandnis der Sdiriff vorausgefdiichf werden, dap" Hauer in feinen
Kompofifionen von Anfang an zu afonal iff, und ihm als einzig mogliche Inffrumenfe fur die
Ausfuhrung der afonalen Melddie die femperierfen, Klavier und Harmonium er-
Jdieinen, da ihre Klange neufral find. Nun bekampff er in der Sdiriff das Ordieffer,
erklarf die modernen Inffrumenfe fiir unfahig, den Infervallen der afonalen Mufik
geredif zu werden. Und empfindef in dem Quinfinfervall, auf dem Klavier angefchlagen,
mehr Trompefenarf, als in der kunffvollffen Melodie, die wirklidi von einer Trompefe
ausgefiihrf wird.
In all dem ffeckf viel Wahrheif, Ridifiges, und Empfinden der Epodie.
Es gibf aber Dinge, deren Wahrheif fo fubfil iff, da0 fie durdi das Ausgefprodien-
werden Jchon an Bedeufung verlieren. Man kann bei kfinfflerifdien Angelegenheifen,
die fidi auf das Handwerklidie beziehen, keine Theorie vor der Praxis aufffellen.
Aus den gropen Werken einer Epodie fpridif ffefs ein neuer Geiff, der dann zur
Spradie Aller wird. Diefe neue Spradie aber ohne das Erlebnis der gropen Werke
konffruieren zu wollen, bleibf immer akademifdi.
Diefe Gedanken drangen fidi mir auf, je mehr idi von Hauers uberaus geiffvoUen
und mif dem Fanafismus des Enfdeckers vorgebra<hfen Sdiriffen lefe zu denen feme
Kom'o ihonen den Kommenfar abgeben. Site ffeckf in ihnen, und * gehore zu
de TX die dies anerkannf haben, viel Neues und Werfvolles. Aber d» von Hauer
gewo^eld mif vielem Elan gegen das Grobfinnlidie einer *?^«*^
TbTfrakL der Mufik vom „Gegenffandlidnen" des Klanges, verier audi femen Kom-
pofifionen den Charakfer einer 13bergangskunft
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imtz ■.■■■'•■. ■ "■. .-■.■■ "■■■■'. -:-■■. .■■■■■: .......
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Ihm iff alles, Was nadi der Hochbliite der diafonifdien Mufik, nach Haydn und
Mozart gefchrieben wurde, Symptom eines Verfalls. Die Mufik wurde ein „Gebraudis-
gegenftand" im Dienffe der dichterifdien Geftaltung, der Idee, bei Beethoven, Wagner
und den vielen Nachahmern.
„Wer geiftig, intuitiv horen will, der muj3 fein Ohr — freimadiend von demZwang
der „Gegenftandlichkeit" im unmufikalifdien und mufikentfremdenden „Ausbau" der
Ordieftermufik im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts — imftande fein, jedes Infervall,
unabhangig von den andern, als Klangfarbe und Urrhythmus aufzufaffen, es alfo ganz
zu „vergeiftigen", zu „entmedianijieren". Die Ordiefterinftrumente mit ihren
Nafurtongeleifen verleiten aber immer wieder das Ohr, diatonifch, „gegenftandlich"
zu horen, wahrend die gleichfchwebend temperierten Inftrumente, bei denen die zwolf
Halbtone gleichmaj3ig abgeftuft und ausgeglichen find, die Intervalle in der denkbar
„vergeiftigften" Form zum Ausdruck bringen."
Es ift ja, wie bereits gefagt, an all dem, fo kra£ es audi auf den erften Blick
wirkt, vieles riditig, und wir haben felbft wohl Ahnliches erkannt; aber heikel ift es,
diefe Dinge auszufprechen und feftzulegen, daruber Worte zu machen, wenn es nicht
in fo bedeutfamer Weife gefdiieht wie etwa im „Geift der Utopie" von Ernft Bloch.
Denn Jchon die Abftraktionen in Spenglers „Untergang des Abendlandes" gehen um
eine Nuance — die aber in folchen Fallen alles bedeutet — zu weit.
Idi wollte mich hier aber nidit in Einzelheiten einlaffen, fondern nur auf die eigen-
artige Perfonlichkeit Jofef Hauers aufmerkfam machen, deffen Kompofitionen die
„Nomoi" fiir Klavier op. 1, 2 und 19, die fieben kleinen Stiicke op. 3 und die 5 kleinen
Stiicke op. 15 ftarker wirken als [das Meifte, Was man heute zu horen bekommt.
(Leider find die le&ten Stiicke in einer reformierten Notenfchrift niedergefchrieben, die
man erft lernen muj5. Dadurdi erfdiwert der Auf or die Verbreitungsmoglichkeif feiner
Mufik.) Vielleicht liegt in diefer Mufik fogar viel Zukunff; aber dann wollen wir uns
ihrer freuen, ohne an „Leittongeleife", „Obertonfchwebungen" und „Komplementare
Intervalle" zu denken. (Hauer weijS gar nicht, wie fehr er romantifchen Geiftes ift
wenn er bei den einzelnen Tonarten und Inter vallen Farbenvor ft ellungen hat I) Und
wollen audi nicht das wunderbare Erlebnis, am Beginn einer neuen Epoche des mu-
fikalifdien Schaffens zu ftehen, dadurdi abfchwachen, daj3 wir gleidi „Gefe^e" der neuen
Kunft aufffellen, bevor wir wiffen, in welchen Bahnen fie fich entwi(keln wird.
<£>
^••:
Verautwovtlichor Schriftleiter fur den besonderon Teil:
Betreffende Einsondungen sind an obige Adrosso zu rirhion.
Fritz Fridolin Windiseh, Borlin-Niodnrschnnhanscri, liimli'nstrafio •'(."> 1 1
Spaziergang am Diefferweg.
Einem halbfhemafifdien Rezenjenfen-Adolf ins Sfammbudi
Von Erwin Lendvai.
Der .stabile Dammerungszustand" verpflichtete Herrn
Adolf Diesterweg im rauschenden Blatterwald der All-
gemeinen Musik-Zeitung auf dflsteren Wegen die noch
nicht niedergerungenen Melpsinsulaner anzua len Fur-
wahr fur die Bewohner ein lebensgefahrhches Unter-
nehmen. Mord an gesundem und ^^ff' ^'"J f™
Menschenvcrstand kann lch nicht ruhlgen Bluts beobac ten
also ermuntere lch mich trotz meiner Scheu »«n«««ven
Geeendiesterweg. Da ich prinzipiell keine Tages- und
SulikSiUu.gen'a.salles.heilignehmenderAbonnenUuve,
tilgen mlcli verpflichtet ffthle, beauftrage ich einen sorg-
£&n Beobachter mir von Zeit zu Zeit Druckgek e f
zuzLnden. Besagter Diesterweg und ,ch woll en au n-
andcr wie zwei Schiefihunde aufpassen. - Nun glaube
man ja nicht, daB meln Dienst ein le.chter » rt. Adolf
Diesterwegistkolossal gebildet; wieman au. F gura ,,e h n
kann.kcnntcrauflerderJuristereyauchdieWeltiterat^
kn.pp37 Zeilenzitiert derMusik-Zoozmann unto anderem
das philippinische Wiedersehen und den seme : Raima
xthmenden Petrucchlo Shakespeares der das bcneide s
werte Qlflck hatte nicht Diesterweg* Ze.tgenos e gewe
zusein. Liegt doch immer Gefahr vor, e.nem solchen
wohlausgeriistetcn Rezcnscnten-Adolf auf Dicstcrwegcn
zu begcgnen . . .
I lervor, duBlcndlatcrne derErlcuchhmg auf dicstcrncn
Wegen! Mut! Durch eine hohlc Gasse (beiin hciligcn
Zoozmann, die Zitatraserei hat urn sich gegriffen), ja durch
eine hohlc Gasse soil es gchen. Es fuhrt kein andrer
Weg zur Rechtfertigung Busonis. Fine vicrtel Scite der
Nr. 42 der obengenannten .Wochenschrift fiir die Reform
des Musiklebens der Gcgenwart" anstamnivcrsdichtet
Busonis Athcmatik. In Gedichtform wendct sich das
gegenwartige Musiklcben gegen Rcformen, die sic aus
Genies Handcn iibcrnchmen miifitc. Reform ist cine
redaktionelle, nicht kunstlcrische Arbeit!...
Das Gcdicht (urn Vertonung wird gebetcn) fiihrt die
Oberschrift: .Abschied vom thematischcn„ und die
Untcrbencnnung: .einem Expressionisten ins Siamrn-
buch". banger als die Dichtung ist ihr Motto:
Die Verwirrung auf dci Inse! Mcios
nimmt nachgerade Katastrophencharaktcr
an. So erklart Fe-ruccio Busoni nun-
mehr den .definitiven Abschied
vom Thematischen" fur unerlafilich.
m
vW#&
Merkwtirdig, dies zur Endgiiltigkeit er-
hobene,feierlichausdrucksvolleAbschied-
nehmen von bewShrten Dingen und —
PersOnlichkeiten ! Es gehort seit dem
desastrosen Lebewohl Paul Bekkers an
Hans Pfitzner zu den Wesenheiten des
Expressionismus. Ob die neue Asthetik
„des adieux" am Ende gar nur ein Adieu
der Asthetik ist — wir wollen es ruhe-
voll abwarten! (!!) Wie sagt doeh
Shakespeare? „Bei Philippi sehen wir
uns wieder!"
Darauf folgt Diesterwegs Philippika als hoheres
Kunstprodukt:
Abschied von gar guten Sachen
gilt's entschlossen nun zu nehmen:
Futurist'sches zu entfachen,
muB man sie sich — abgewdhnen.
Also gibt Jiir immer" Urlaub
dem Thematischen Ferruccio,
Form zerkriimelt er in Urstaub,
Musen zahmend — ein Petrucchio!
Furchtbar, grausig, welterschiitternd die Gebarde
und derFormentempel — wankt, stiirzt jachzurErde!
Wird erneut er auferstehn?
wird er — themenlos — auch aufrecht stehn?
laB\ o Teurer, uns den Grundrifi sehn!
Wie? Du schweigst, Maestro? Was soil man von
Dir denken?
LaB' ~ ma presto! — ihn von'einem -^ Gott dir
schenken!
Die Laterne funktioniert und wir konnen mit Mann
und Pegasusrofi uns auseinandersetzen, Oder, wie man es
in Deutschland so gerne tut, zu ihnen Steliung nehmen.
ZunachstwuchernSundeundUnfahigkeitgetrennt,
dann vereint miteinander. Wir wenden uns vorerst an
die juristische Steliungnahme.
Es liegt namlich eine Faischung vor. Namlich*
Und der Deliquent ist ein Jurist, Da der gesetzbuchikh
gestiitzte Gerechtigkeitssinn ihm im musikasthetischen
Nebenamt (waswir'Musici alles vertragen miissen!) ver-
sagte, wollen wir es ihm auf Melosfeldern plausibel
macheri:
Diesterweg, Diesterweg, man zitiert nicht fafsch,
nicht halb* Man unterbricht nicht die sachlkhe Grund-
lage die da ist (ich zitiere Busonis inkriminiertcn Brief-
torso aus dem elften Melosheft):
„Zur jungen Klassizitat rechne ich noch den
definitiven Abschied vom Thematischen
UND DAS WIEDER-ERGREIFEN DER MELODIE,
nicht im Sinne eines gefalligen Motives — als
Beherrscherin aller Stimmen, aller Regungen, als Tragerin
der Idee und Erzeugerin der Harmonie, kurz: der
hochstentwickelten (nicht kompliziertesten) Polyphonies
Nichtwahr Herr Doctor juris utriusque, man zitiert
nicht etwas Halbes. Der Virtuose, der nur den ihm
konvenierenden Teil der Pressenotiz verwertet, begeht
die ahnliche, von den Presseherren scharf verfolgte
Faischung, wie Sie es hier taten, indem sie verschweigen
wollten, dafi Busoni, der die grofien Polyphoniker Bach
und Mozart um nicht Geringes besser kennt als Sie
Hochverehrtester, daB eine Personlichkeit unsrer Zeit
von hochster Bedeutung, zur Melodie, zu den Melodien
zuriickkehrt. Er versucht Geist aus seinem All-liebenden
Herzen uns zu spenden, und Sie empfangen ihn mit dem
wahrlich nicht ,,ruhevoll abwartenden" Geschrei, ,,laB
uns den GrundriB sehn!" Sie wollen wie Thomas der
Unglaubige die Wunde sehn. Sie wollen ein winziges
Samenkiigelchen in Ihre schwarze Tinte werfen, es sofort
als aufgeschossene Blume brechen und in Ihr Knopfloch
stecken ....
Wenn wir Liebelosigkeit zur Sunde rechnen
durfen, so konnen wir das Register schlieBen und nun-
mehr den Unfahigkeitsnachweis bringen:
Thematik und Melodie ist Grundverschiedenes.
Folgt erste Hilfeieistung fur Kritiker:
Ein Chorallied ist Melodie. Besteht auch ohne jegliche
Zutaten. Bachs Orgelchoralvorspiele verarbeiten den
Choral thematisch. Wie? Siehe Hunderte von ihm
getoste Moglichkeiten.
Stellen sie sich nun etwa funf verschiedene Choral-
lieder vor. Diese (allerdings mit wissender Seele)
ineinander gefiigt empfunden, entsteht ein Gefiige im
Harmonischen, das ein Derivat der funf Melodien ist.
Wer Busonis Worte nicht falscht, sondern sie bis zu Ende
denkt, muB sich sagen: Busonis neue Klassizitat will die
Renaissance Palestrinas. Aber wie gesagt, das zu merken
braucht man Liebe im Herzen und Einsicht im Schadel.
Und obendrein den Willen zur n Reform des Musiklebens
der Gegeriwart".
Andere Steliungnahme. Dichterbeleuchtung.
So wie der Reim „Ferruccio-Petrucchio — so ist der
ganze Fall. Signor Diesterweg glaubt in seiner deutschen
Einfalt, dafi io mit io sich reimt. Danebengediestert.
Italienischer Sprachkursus — Ferruccio wird Feruttsciio
ausgesprochen ( 6 /s J^ | ^ +¥^ ) — wahrend Petrucchio
Sich als Petrukkio ( e / 8 ^p | ^/^JT). anhOri Spractierj-
4$
WX^Mk : 4M- ; MMr:SAM
kenntnis: Reim mitsamt [des Zitats falsch. Na, und
uberhaupt das Reimen, Adolf mit dem wildgewordenen
Bleibiest brutet verzweifelt iiber Ferruccios Reim, Gym-
nasiastenliteratur! — Stammtischlyrik. Qutgenug fur Kritik-
hungrige Musikdilettanten.
1st es nicht eine Unfahigkeit, wenn man in einer
patriotisch warmherzigen Zeitschrift die undeutschen
Worte schreibt: Katastrophencharakter, definitiv, the-
matisch, desastros, des adieux und so weiter bis zum
ma presto hetzenwollenden Maestro, der fur Diesterwegs
Neugier als Beleg seiner neuen Klassizitat schnellstens eine
Neunte Sinfonie komponieren miifite?! AufKommando!
Der Katastrophencharakter der Melosinsulaner, die
vermeinte „Verwirrung auf der Melos-Insel", verwirrt
unseren Poeten am meisten; er will das Adieu der
Musik-Asthetik „ruhevoll abwarten'* — und er ist es,
der ;sich bis zum poetischen Weifigliihen erhitzt. Von
Mitte Juli bis Mitte Oktober fiebert es in ihm. In so-
zusagen Gedichtform gibt er seinen Geist auf. Hatte
ihm ein besseres Ende bevorgestanden, waren ihm
Fahigkeiten itn Lesen und Memorieren nicht abge-
gangen, er hatte auch den folgenden Satz Busonis lesen
miissen :
„Zu jeder Zeit gab es — muB es gegeben haben —
KUnstler, die sich an die letzte Tradition klammerten,
und solche, die sich von ihr zu befreien suchten.
Dieser Dammerzustand scheint mir der stabile zu
sein." Eine Binsenweisheit, — und doch vergiBt man
S ie. — Mochte sagen, warum sucht sich HerrDiester-
weg nicht einen Komponisten, der ihm das Messianische
verspricht, das zur positive* Beantwortung des
desastrosen Fehlens der Thematik werden kQnnte.
Warum immer an Dingen, die einem mififallen, herum-
zerren, so wie ich es mit Herrn Diesterweg tue?
Seid doch positiv! Sucht nach kongenialen Schfipfer-
naturen, gibt ihnen das Privileg, nicht von Euch
lernen zu mtlssen, und schreibt sodann eure Fach-
zeitungen nicht mit belanglosen Vortragsleistungs-
referaten voll. Das ist ja fur die Referenten. Wird
zu gelber Makulatur. Euer Lebenswerk (hort!)
wird zur Warenemballage. Nicht einmal die Pack-
frauiein von Wertheim lesen euch hernach- Wenn
ihr Fahigkeiten besitzt, so werdet ihr Rezensenten
das Schaffensmoment iiebevoll ins Auge
fassen. Seid dabei exklusiv, und schon bald wird
das vielzuoffentliche Musizieren fflr Kritik, Ruhm und
Geld, der musikalischen Produktion als dienende
Kundry zur Seite stehri. Dann h5rt der Katastrophen-
charakter der bis zum Er-pressionismus angewachsenen
Solisterei auf. Sie wird von der Kritik, die nur aus
dem Geist des Werkes einen Wert erkennt, zum Ab-
lcgen ihrer Eitelkeit und damit zum Aufgeben des
ungeheuren Konzertbetriebes mit Ungst Bekanntem,
gezwungen. Aber der Demiurg schenkt sich nur
liebeglQhendem Herzen. Nicht reformbeftlrchtenden
Rezensenten. Naheres darllber in Oskar Wildes
Intentionen.
♦
Addieren wir sUndhafte Lieblosigkeit und wesens-
bedingte Unfahigkeit, so sieht man den stabiien
Dammerungszustand einer gewissen schreibenden
Klasse etlicher Diesterwege.
Der von Diesterweg verstammbuchdichtcte Brief
Busonis stand schon am 7. Januar 1920 in der Frank-
furter Zeitung. (Den vollstandigen Text des Briefes hat
also Herr D. garnicht kennen gelernt. Hat ihn das definitiv
verschwindenwollende WOrtchen Thematik zum Poeten
erweckt, so dankt man Gott; denn wer weifi t ob ihn
nicht der Brief in seinem totalen Umfang zum Epos*
dichter der ruhevoll abwartenden Musikasthetik
gestempelt hatte). Als mir von bekannter Seite Busonis
abgedruckter Brief zufiog, wollte ich Busoni im Feuer der
Begeisterung meine Freude tiber das Gefundene schreiben.
Aber dann kam die Erkenntnis: was ist die Person eines
Menschen, dafi sie dem Anderen mit Lob kflme, nur
weil sein geistiges Bild mein Auge erreicht hat? Gewifl
kann ich nicht genau so sehen, gerade in puncto Thematik
kann ich nicht mitmachen, und es gehe jeder den Weg
seiner inneren Notigung. Es war mir in der Erkenntnis
des Werdens nicht moglich den persOnlichen Kontakt
herzustellen, weil ich mich nicht erdreisten konnte, einen
biogenetischen Durchgangspunkt als Resultat festzulegen.
Indem Herr Diesterweg seine Bedenken zur Dichtung
emporhebt, beweiBt er, daB er auBerstande ist
sich in das transzendentc Wesen des Kiinstlers
einzufiihlen. Er mag eine pianistische Leistung iiber
Altbekanntes abmessen,dem Flug des Aufiergewohnlichen,
Neuen, Autonomen wird er nie und nimmer folgen kdnnen.
Einer von denen, dices nie erjagen!
Armut an Liebe, Enge des BewuBtseins, Un-
fahigkeit au inasfe/ Bcweglichkeit: der stabile
Dammerungszustand.
Vae mihi scribenti!
m
mmmm
Wichiige neue Mufikalien, Biidier und Auffafze
iiber Mufik,
mitgeteilt von
Professor Dr. Wilhelm Altmann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54.
Diese Zusammenstellung, die moglichst in jedem Heft dieser Zeitschrift erfolgen wird, will auch noch un-
gedruckte grofiere Werkc, vor allem Symphonien, symphonische Dichtungen, Konzerte, Kammermusikwerke, Opern,
Chorwerke mit Orchester einbeziehen, um namentlich Dirigenten darauf aufmerksam zu machen. Diejenigen Tonsetzer,
die derartige Werke (jedoch nicht etwa Klavierstiicke, Lieder, Mannerchore) fertig haben, werden gebeten, mich davon
in Kenntnis zu setzen, doch behalte ich mir die Entscheidung iiber die Aufnahme vor. Diese kann auch bei gedruckten
Werken weder durch ein Inserat noch durch Einsendung der betreffenden Musikstucke oder Biicher erzwungen werden.
Riicksendung etwaiger Einsendungen wird grundsfltzlich abgelehnt.
Die Hinzufiigung des Verlags wird Bestellungen erleichtern. Zu den angegebenen Preisen kommt immer
noch der sogen. Teuerungsaufschlag seitens des Verlegers hinzu; er schwankt bekanntlich, meist aber betragt er 200°.'
Der friihere Sortimenterzuschlag von 10% darf nicht mehr erhoben werden.
Chelius, Oscar v.: Magda Maria in 3 Aufztigen.
Dichtung von Max Treutler. Ries & Erler, Berlin
[Urauffiihrung 28. l\. Dessau]
Noren, Heinr. Gottlieb: Der Schleier der Pierrette.
Text nach Schnitzler. In Vorbereitung beim
Eos-Verlag, Berlin
Schoeck, Othmar: Das Wandbild. Eine Szene und
Pantomime, Text v. F. Busoni. Klav.-A. Breit-
kopf & Hartel 4 M.
Szymanowski, Karl: op. 25 Hagith. Klav.-A. Universal-
Edition 20 M.
I. Inffrumenfalmufik
a) Orcheffer
ReuB, August: Ibsen-Phantasie noch ungedr. [bevorst.
Uraufftihrung 24. 11. Miinchen]
Zilcher, Hermann: op 17 Symphonie Nr 1 (A). Breii-
kopf & Hartel Part. 40 M.
b) Kammermufik
Blumer, Theodor: op. 43 Sonate (c) f. Viol. u. Pfte.
Simrock 8 M.
Busch, Adolf: op. 15 Trio (a) f. Viol., Velio u. Pfte.
Simrock 12 M.
Fritz, Gaspard: op. 3 Premiere Sonate (D) p. Piano
et Viol. (Gabr. Grovlez). Chester, London 6 M.
Gal, Hans: op. 6 Suite f. Vcello u. Pfte. Simrock
7,50 M.
Handel, G. F.: op. 1 Kammer-Sonaten Nr la (e) und
4 fa) f. Fldte (od. Ob. od. Viol.) m. Klav. (Max
Seiffert). Breitkopf & Hartel je 4,20 M.
Hindemith, Paul: op. 11 Nr 2 Sonate (D) f. Klavier
und Vioiine. Schott, Mainz 6 M.
Jongen, Joseph: op. 61 Two Serenades for String
Quartet. Chester, London Part. 4 sh.; St. 10 sh.
Schumann, Rob.; Trios op. 63 u. 110. Viola-St. statt
der Vcllo-St. (Wilh. Altmann). Breitkopf & Hartel
je 1,50 M.
c) Sonffige Inffrumenfalmujik
Jongeo, Joseph: op. 60 Suite en Forme de Sonate p.
Piano solo. Chester, London 8 sh.
Tartini, Giuseppe: Concerto (G) p. Viol. (Emilio Pente).
Schott, Mainz Orch.-Material leihweise; m. Klav. 3 M.
— ; Variations p. Viol, sur une Gavotte de Corelli
av. Accomp. de Piano (H. Leonard). Nouv. ed.
(J. Barmas). Schott freres, Brussel 3 M.
II Gefangsmufik
a) Opern
Bossi, Renzo: op. 20 Ronde vorbei! Drama. Klav.-A.
m T. Chester, London 20 M.
m
b) Sonffige Gefangsmufik
Moritz, Edvard: op. 6 Funf Lieder; op. 15 Vier chi-
nesische Lieder f. 1 Singst m. Pfte Schott, Mainz
je 0,80—1,50 M.
Neubeck, Ludwig: op. 29 Lieder f. 1 Singst m. Klav.
Kahnt, Lpz Nr 1 u. 2 je 1 M, Nr 3 1,60 M.
Windsperger, Lothar: op. 23 Zehn Lieder f. 1 Singst.
m. Pfte. Schott, Mainz je 0,80—1 M.
Ill Biidier
und Zeiffdiriffen-Auffa^e
(alphabettsch sowohl nach Stichworten wie nach den
Verfassern geordnet. Bei Zeitschriften - Aufsatzen ist
immer mit Nr die des laufenden Jahrgangs gemeint).
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sine — in: Rivista musicale italiana 3
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der musikalischen B. Von Werner Wehrli — in:
Schweizer. musikpadag. Blatter 19
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s. Preussisch
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hagen — in: Musikpadag. Blatter 19/20
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ainsi que pour Alto et Musique de chambre. Par
A. Baudet-Maget. Foetisch, Paris
Wagner. Neue Wagnerdokumente. Von Kurt Rattay —
in: Der Fuhrer durch die Konzerte und Theater
KSnigsbergs 1
Wetarli^ Werner — s. Berichterstattung
Weifimano, Adolf — s. Italien
Wien. Hat Wien eine musikalische Zukunft? Von
Wiih. v. Wymetal — in: Allgem, Musik-Ztg 40
Woof, R. — s. Vtoline
Wymetal, Wilhelnvv. — s. Wien
*
MITTEILUNG1
Vielfadien Nadifragen unferer ;verehrlidien
enffprediend, feilen wir mif, da£ bis auf weiferes
nodi famflidie bisher erfdiienenen Melosheffe
zum Abonnemenfspreife nadigelieferf werden
konnen.
MEIOS-VERLAG Q. m. b. H.
426
■'£
Aus dem Inhalf der bisher erfdiienenen Melos-Heffe:
Heff I
HERMANN SCHERCHEN . . Geleitwort
— An Busoni —
HEINZ TIESSEN .... Der neue Strom, L
HERMANN SCHERCHEN . Arnold Schonberg
OSCAR BIB Musikalische Perspektiven, I.
■ Prof. ADOLF WEISSMANN . Der Weg z. mod. Piamsten
BILDNISSE: Ferruccio Busoni — Eduard Erdmann
PAUL VON KLENAU
Dr. LEICHTENTRITT .
HERMANN SCHERCHEN
Danische Musik
Bucherbesprechung
Zu Hans Pfrtzners Asthetik
der musikalischen Jmpotenz
Bedeutende Neuerscheinung.
nnd Manuskripte
BEILAGEN: Faksunile eines Reger-Briefes
,,Das Problem", Lied von Eduard Erdmann in E'aksimile
Prof. Dr. ALTMANN
Heff II
HEINZ TIESSEN
Dr. HUGO LEICHTENTRITT
EDUARD ERDMANN
ALFRED DOBLIN .
Der neue Strom, II.
Die Quellen des Neuen in
der Musik
Moderne Klaviermusik
Vom Musiker (Ein Dialog
niit Kalypso)
Musikalische Kulturfragen
Musikphysiologie
Paul Bekkers „Neue Musik"
Bedeutende Neuerscheinung.
und Manuskripte
BEILAGE: ,,GrabIied", Lied von Heinz Tiessen in Faksimile
(aus Shakespeares „Cymbelin"; ubersetzt v. Lud. Berger)
Dr. HANS MERSMANN .
FRITZ F1UD. WINDISCH
SIEGMUND PISLING .
Prof. Dr. ALTMANN . .
Heff III
OSCAR BIE
HERMANN SCHERCHEN
LORENZ H015ER .....
JURGEN VON DER WENSE
Nikisch und das Dirigieren
Nikisch und das Orchester
D. Dirigierkunst Art. Nikisch's
Die Jugend, die Dirigenten
und Nikisch
II W. DRABER Die Nikisch-Programme und
der musikalische Fortschritt
ARTHUR NIKISCH .... Erinnerungen aus meiner
Wiener Jugendzeifc
Prof. Dr. ALTMANN .... Bedeutende Neuerscheinung.
und Manuskripte
PORTRAIT- ARTHUR NIKISCH (Aus der Luxusausgabe
Tm Konzcrt" v. Oscar Bie mit Steinzeichmmg^n
von Eugen Spiro, Verlag Julius Bard, Berlin)
Heff IV
HEINZ TIESSEN . . .
FRITZ FRJD. WINDISCH
OSCAR BIE
C&SAR SAERCHINCiER
Dr. ALFRED DO 13 LIN .
INAYAT KHAN . •
Prof. Dr. ALTMANN
Der neue Strom, III.
Regers Verhaltnis z. To nab tat
Musikalische Perspektiven, IT.
Amerikanische Musik
Bemerkungen eines musika-
liscbon Laien
Musikweisheit der Inder
Bedeutende Neuerschemungen
und Manuskripte
BEILAGE: Alfred Mombert: ,»^ der Wm „
Heff V
TTTrT\r7 TIESSEN . . . ■ • £> e * neue Strom, IV-
^TABARTOK • • Das Problem d neuen Musik
£ ~u\ hg MPpqifANN . Die Empi'angenden
RP^OLF CAfff-^^R ■ DieNotderKonzertorchester
RLDOLt lAUAOi^^ ^ d dje Enhvicklun g der
syrnphonischen Musik
nr TiTiaO LEICHTENTRITT Biicherbesprechung ,
S™f m AT TM\NN . • ■ . Bedeutende Neuersehem
Prof. Dr. ALTMAJSiN un d Manuskripte
BEILAGE: Ricbard Dehmel: „Zw«ier Seelen^d^ ^.^
vi
T3 * Annn?WT?TMSMANN . - Moderne Musi kkritik
I r t A A«A W M^T ANN • • ^t^T^^
t^_. n« t ,^.ritr«kt.nr Mahler
truing.
Heff
Dr. FRITZ STIEDRT
EDGAR BY1C
OSKAR BIE
Der Operudiraktor Mahler
Mahlers Lkstase ein Ver-
maehtnis
Musikalische Perspektiven,
III, Das Oratonum
D. Mahlei-fest i. Amsterdam
Willem Mengelberg
^ . "XT __^ „ u^^lu^i n
Dr. HUaO LEIOHTHNTRITT
Prof. Dr. ALTMA.NJ* ^ Manuskri p t e
Kodin^Khlertmste - Hortr. Will. Menwlbws
ftoverSffentl. Uriel Giist. MaMer's id J?»tairoile
Heff VII
SIEGMUND PISLINC . . T«mi<>n/,en modtirimr Musik
A. M. AWRAAMOKIi 1 . . Jensoils von T<ur.piw'i<>rung und
TonatitJU , 1 ! .
EGON WELLLC'/. . . . Die* Intzt. Wurkn riaudu Debussy*
Dr. ALFRED GCTTMANN Dhs Tompn
HUGO MARCUS .... La-<>apo, Lied, Onmiinni
LOBLNX IIOHKH Din Nollagn uVrt IrrhesterniutfiUnr
Prof. Dr. Al/IMANN , BimJimiIhikIo Neimrschfiiningeii u.
Manuskripte
BEILAGE: Heinrich Heine: „Hast, Du din Lippen rnir wnml
gekulil", Hermann Srbereben.
Heff VIII
SIEGMUND PISLING
A. M. AWRAAM0F1*
. Temli'iizmi tnodernnr MumU
. .Icnsnits von Tmnpnrioruiig und
Tonalitiit, I II.
Dr.UDO HIIKSEK Dio Situation dor hunt igim Musik
Proi-LUIUUKMANN-Essen Zur Tonalitiit
HEINZ TIESSEN .... Din Zukunit tins Allgnnnni.nn
Deutscbon Musikvnrniiis
Pro!'. Dr. ALTMANN . . . Mndeutondn NiMinrnchoinun^iMi
n ml Mantiskripti*
BEILAGE: Maskowski, (Jedicbt von (iippius
Heff IX
HERMANN SCHERCHEN . . .
ROBERT MCLLEH -HARTMANN
EDUARD ERDMANN
OSAR BIE
Dr OSKAR GUTTMANN . . . .
Prof. Dr. ALTMANN
BLILAGE: A. T. Wcgnor „Duinn
Das Tonalittitsprinzip u.
die Alperi~Svmj)honin von
R. HtrauU, 1.
Z u m Sti In rob I tun dtir
rjonen Musik
Von Hrhonberg u;nl
sninfii Lindnni
Opnret.tn
Von dor Musikkritik
Bndeut. Neiiersrheinung.
it. Manuskripte
laarn sinH braun*',
Mruno VVoigl
Heff X
HEINZ TIESSKN
FRITZ STIEDRY . .
ALFRED DOBLIN . .
GEBHA.UD STJJEKU .
OSCAR. GUTTMANN .
j'roi*. Dr. ALTMANN
. Das Tonktinstlor-Fnst dos
Allg- Doutschon Musikvoreins f
Weimaror Krgobniflsn
. Aus einor Denksrhrift
. Din 8rIb.sthorrli(rhkftit dos
Wort os
. Arnold Schonborgs Oj). Xf'II
. IJiit'herbespretjhung
. Bedoutondft Nouerscbeinuiig.
und Manuskripte
BKTLAGE : Alfred Sohattmann „Nun die Blattor w«Ik u. braun/ 1
Heff XI
v Neu« Klassiisitat?*
HERMANN SCHERCHEN . . Das Tonalitatsprinasip
dio
Al pen symphonic von Richard
Straufl, II-
D- takUosen, freion Rbytbmen
in der alten u. nouen Musik
Zukunftsaufgaben d. Opern-
inszenierung
Pantomime
Wiener Konzorthibon in der
Go gen wart
Preisaussohreibung des New Yorker Schumann-Clubs
Prof. Dr. ALTMANN .... Bedeutende iNeuorschemung.
und Manuskripte
NOTENBEILAGE: Heinz Tiessen: ^Reinigung"
Dr. HUGO LEICHTENTRITT
Dr. ADOLF ABER
OSCAR BIE
Dr. HEINRICH KNODT-Wien
Heff 12
Das dritto Regerfest in Jena
Da.s Verstelu,u „hypennoderner w
Akkorde
Die Vcranderung des Orchost«r-
klan^es
. A , A , ItaUenisches TaRebuch
Nachrichten aus dem Musikleben RatoruJSlanda
Die Komponisten der in Melos ©rschioneneu Liedbeilagon
Prof. Dr. ALTMANN . Bedeutende Nouerscbemungen und
Manuskripte
NOTUNBEILACE: n Du maebst mien tranrig hore" (Else
* Lasker-Schiiler) von Paul Hindemitb
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UDO RUKSER - -
ADOLF WEISSMANN
427
Heff XIII
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Prof. Dr. WILHELM ALTMANN
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Von den natiirlieu reinen
StimmungsverhlUtnissen
Klavierteohnik n. Welteinstell.
Neuere d^utsche a eappella-
Werk<> groBen Stils
Die H&honlagon der Kuiist.
Zur Asthetik"
Bedoutonde Neuerschomnngen
und Manuskriptt*
Fritz 'J? rid. Windiseh: Zwoi Stticke aus don
„Klangvisionun u : Nr. 1 fiir Yioline alloin, Nr. '2
i'iir Yioline und Bratsche
Heff XIV
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. Die Untersuehung neut't'er niu-
sikaltsciier KnustAvt-rkc
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Das Moser-KJavier
Wider die Yerleger
Kritische Betrachtungen it her
das moderne Lied mit 13 (-■ nick-
si oh tig- ung von Liedorn und (U:~
sj-ingen von Mnnfrwd Ourlitt
Prof- Dr. WILHELM ALTMANN Bodeutende Neuerseheinuugen
und Manuskriptr 1
NOTENBEILAGE: Arthur Sehnabel: II. Sat-z dor Sonate fur
Solo-Violine
Heff XV
Dr. ERNST KURTH Romantische Harmonik u. ihre
Krise in Wagners ^Tristan*. II.
Molodie
Das Wortmusikalisehe und die
neue Diehtung
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Prof. Dr. WILHELM ALTMANN
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Prof. Dr. WILHELM ALTMANN Bedeutendo Neuerseheinungen
und Manuskripte
NOTENBEILAGE: Hindemith: Nr. VL aus „Du cine Nacht",
Traiimo und Erlebnisse. op. 15. Far Klavier
Heff XVI
GIULIO BAS Ein Fundamontal-Gesetz dor
Musik
Dr. ERNST KURTH Roraantischn Harmonik u ihre
Kriso in Wagners ., Tristan", III-
Dv. HANS JOACHIM MOSER.
Dr. KATHI MEYER ....
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Bocluim
Senl'l als Atonaiist
Das Stilproblem in dor Musik
Opor und
Revolution
Pro f . D r. W LL HE LM ALTM AN N B o do ut. ■ nd o No u o r s - hoi nun gen
und Manuskrlpto
Heff XVII
Dr. ADOLF ABER Wobin des Wogs?
BELA BARTOK Der EinfluU dor Yolksmusik auf
die hexttige Kunstmusik
Dr. HERM. STEPHANT
AUGUST LEOPOLD SASS
Parti turen
t scire Sehuloim Geigenspiel
H. HEINZ STUCKENSOHMIDT Nmie Lieder
Dr. HEINRICH .KNODT-Wion . ZurPsychologio des Komponist
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN Bedoutendo Npuerschomungen
und Maiuiskriptc
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Sonate fur Yiolino all ein
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Ausgewahlf e ruffifche Orchefferwerke
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Erste Symphonie Cdur
Zweite Symphonie Dmoll
Russia. Poeme symphonique
Partitur 24 M. Stimmon 40 M
Partitur 20 M. Stimrmm 36 M.
Partitur 8 M. Stimmtm 20 M.
En Boheme. Poenic symphonique
Partitur 10 M. Stimmen '20 M.
Spanische Ouverture
Symphonie Hmoll Op. 12
Polonaise Op. 16
Partitur, 10 M. Stimmon 20 M.
S. Liapunow
Partitur 24 M. Stimmon 40 M.
Mustk zu Shakespeare's Tranbrfie „Konl0 Lear"
Partitur :tO M. Mtimirum .*t0 M.
Ouvrrturr zu Shakrnpoaivs Tra^'odin ,Koni^ l^ar"
lun/.rln
Partitur 5 M. Stimmon 10 M.
Chopin Suite Vim- Htiirko von J'Y. Chopin
fiir ^roIVs Orclirsti'i* inKtrnnu'ntiiwt
1. Prvauibulo (KtuuV). 2. M;mii'k:i, X Intermezzo,
4. Initial* 1 (Schcr/.u)
Pariitur 12 M- Stimumn 30 M-
Concerto Kir Klavior und Ordmstrr
Partitur 40 M. Stiinnmn 40 M.
Partitur 6 M- Stimmon 12 M.
Jelasova Vola. Poeme symphonique Op. 37
Partitur 8 M. Stimmon 20 M
Hachisch. Purine svmplionique oriental Op, 5!1
Partitur 20 M. Stimmon 36 M.
Rhapsodie sur des themes de rOukraine
J'iir Klavirr iiml Onhosfor
Partitur 12 M. Stimmon 18 M-
Second Concerto Op. '** I'iir Klavirr iintl Orchnstor
Partitur 16 M. Stimmon 24 M.
Festlicher Marsch Op. 12
Zweite Suite Fdur Op- 14
Partitur 4 M. Stimmen 8 M.
Partitur 16 M. Stimmon 30 M.
Deux Mazurkas Op^ j ^^ fi ^ Nr 3 stimmei) 4 M _
A. S- Taneiew
Zweite Symphonie Bmoll Op. 2
Hamlet Ouverture
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Hermannstadt, Baden-Baden, Essen usw
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I im Winter 1920/21
1 LE1TUNG- CARL SCHURICHT KONZERTTAOE: 0RC.IESTER: STADT. ORCHESTER
■ 15. Oktober 1920: Solisten: AnniSilben HedwteRode
1 Fritz Scherer, Alexander Kipnis. Chor Cac hen
I Verein Anton Bruckner: Neunte Symphonie (zum
1 1. Male); Te deum (z. 1. Male).
1 29. Oktoberl920: Sollst: JtoxStrub (Violine). R-S^u-
■ 26 No.br. 1920: Solid: Edwin """fof S"
= Symphonie D-dur.
S m nezbr 1920: Solist: Carl Flesch (Viohne). L. v.
I 10 Be D e ovetr: Viohonkonzert; Dritte Symphon.e
1 7 J r r i^ s f "dg? KfS? is °ST&
i X, La -u L ( Mo iere ? s Biirger als Edelmann" (zum
I r U MSe); U Frrichr S eker: Vorspie, ^nemDrjm..
21. Januar 1921: Solist: Hel^e Lindberg (Banton). |
G Mahler: Adagio aus d. 6. Symphonic (z. 1. Mac); ^
Lieder eines fahrenden Gesellcn (zum 1. Male); g
Erstc Symphonic g
4 Febniar 1921: J. Haydn: Symphonic C-moll; |
A. Bruckner: Achtc Symphonic (z. 1. Male). ^
11 Februar 1921: Solistin: Sigrid Hoffmann-Onegin |
(Alt) A Schdnberg: Pelleas und Melisande uum 1
1 Male); E. B. Onegin: Gesilnge m. Orch. S. v. |
Hausegger: „AufkIange" (z. 1. Male). g
4 Mar/ 1921: Solist: Adolf Busch(Violine). ^. S Bacii : |
' Suite f. Orch.; M. Reger: Violinkonzcrt (z. 1. Male); g
J. Brahms: Symphonie Nr. 4. |
11. Marz 1921: G. Mahler: Siebcntc Symphonie |
(zum 1. Male). . §§
18 Marz 1921: Solisten: Else Liebhold Rosy Hahn, 1
LudwUoffmann.RichardBrcitenfeldXhonC^ m
Verein L. v. Beethoven: Neunte Symphonie.
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Jedes Blatt enthalt eine Originallithographie von Otto Griebe! und das von
Erwin Schulhoff auf den Stein geschriebene Notenblatt. Ausgabe A Nr. 1—3:
auf handgeschopftem hollandischem Biitten. Die Lithographien sind von
OttoGriebel handaquarelliert. Jedes Blatt ist von beiden Autoren signiert Ausgabe B
Nr. 4—15: auf deutschem Biitten. Jedes Biatt ist von beiden Autoren signiert.
Ausgabe A: Mark 1500,— ; Ausgabe B: Mark 800,—
Wir bitten Interessenten, sich zwecks Ansichtssendungen an uns zu wenden
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DER KUNSTTOPF
Monatsifclmriff lTer€k\isgeget>eri> or* der Novembergruppe
Die Zeitschrift ruft zum ZusammenschluB
aller kiinstlerischen Krafte auf. Sie entsteht
aus der Gemeinschaft der radikalen Kiinstler
F R EI
von alien Zugestandnissen an den Markt
OHNE BEEINFLUSSUNG
Aus dem Inhalt der erschienenen Hefte:
Heft I;
Text: H. Kosnick: Der entfesseHo Prometheus
Ui.W- lteimann: Zur Kunst / Moriss Melzer:
Sehaustatt' / Das blaue Wander: Peter Leu:
Worte zum \y"andbild irn Horsaal der Charity,
Berlin / Ziele dor Kunst 7 Aui'bau: Kin ganz Neu-
gieriger / Ignoranz / BeprasentatJonsprofessoren
Ciraphiku. Abbildungen*. Gottfried Graf-Stuttgart:
Kopf mit Stern / Bernhard Klein: Vignette
Hans Spiepel: Spieler / Georg Tappert: Alte
Chansonefcto 7 Oswald Herzog: Einsam
. , , K 1) Kinzinger : Bild 1919/16 / Moriz Melzer :
Ijinoleumschnitt
■ Kunstbeilagen: Hans BraB: Bild 14 / W- Schrnid:
Luna /Cesar Klein; Mondfrauen Spielon
ttudolf Belling: Dreiklang
Preis des Heftes Mk, 5,— , Abonnement Mk. 2,%—
uhd Kxuisthandluiigen, alle Postanstaiten und
ne« ii -
Text: Oswald Herzog: Abstraction der bildenden
Kuust / Max Krause: Kunst — Handwerk
Heinrieh v, Boddien : Zu meinen Bildern
BWJi: Anmerkungen / Auf ban: Das Dommosaik
Keprasentationsproiessoren / Pensionsanstalten
Hochhurgen der Kultur / Kotiz / Bildnis-
aussteliung der PreuBischen Aiademie / Mit-
teilung / Ausstellungen
Graphik vind Abbiidungen: Originalholzschnitte
von: Bernhard Klein / Arthur Goetz / Karl
Volker / Albert Muller / Gottfried Graf
Kunstbeilagen : Georg Scholz ; StraBenbahnkurve
Oswald Herzog: t GonieBen /Max Krause:
Intuition / Heinrich v. Boddien: Opposition
halbjahrlieh. Zu beziehen durch samtliehe Buch-
den Yerlag Keuendorff & Moll, Berlin-WeiBenseo
eREIFTZUM KUNSTTOPF!
• ■;'. ilHIIIIIIIl
tlMMWUIIMipipM
wmml%
ZMimiMMSi
±&Z& :
El „ llBi „,. a,n 1. „nd 16. Jeden Monads. Z» beziaben dureh die P=H,,, 1 -^-n^ah ; ~ S ",. AM,, !,
IT,,- .,«„ Bu,bhnndel: X. Simrook, ft m .b.H, Leipzig:.- G,,oi,dHs S udb ; : M* „s-\ Vb, K - ; _ ; ' " ). f .' ,' „ .,„ ,„,,
Lo,„,, f: W.BW.see 12G. - liedaktion: Hermann Soke,-, hen, Be, n,-L ru- ena,, U ■ *».*• • ; ' »' " ,,,,-„,„,,.,
V,,, I ,nvo, tl ic„ Kir den Watenteil: C Hermann, Be,. in-We, ensee . ,™ • J, ~ '' , ,,,„,„„,„„..,„. ,,,,, Mi... ,.,,,
in, ViP^MaLr-Abonnement MI, 15.- (Anskand Mk.87,-) em. ehl.ebbeb /,,>.,-ll..,. lt . - ■„.■■■■■■ _J
Nr. 19
Berlin, den 16. November 1920
1. CJahrgang
INHALT
v^r rnnwTn RIEMANN Exprefjionismus - Nafurmufik?
& f SS B r M ' : : wte BeSens W Oeb««. fl aefeie,:, Ird
FPTT7 Fmn WINWSCH '. '. • • Der Kampf der Ordielter
FRITZ-FRID. WINUl&cn Programm-Reinhoif
Pro^fwllHELM-AIIMANN: ! ! Bedeu.ende Neuer^einanaen »nd Manu,a,ip te
Die Noienbeilage in di*m Heff W aus, da iatdem nadden Meioshef, eine .an 8 e r e
Beilage ungetrennf erfdieinf-
„MELOS"
in einer Luxusausgabe
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Frifc Gurliff, Berlin W 35
■ -■_■
^V^fciv
Expreffionismus — Nafurmufik?
Von Prof. Ludwig Riemann.
Helmhol^ ffellfe in Jeiner Lehre von den Tonempfindungen den Safj auf, da)3 die
Schonheif an Gefefje und Regeln gebunden fei> die von der Nafur der menfchlichen
Vernunff abhangen, und findef nun darin die Schwierigkeif, da(5 diefe Gefefje und
Regeln nichf vom bewu]3fen Verffande gegeben find und audi weder dem Kiinffler,
Wahrend er das Werk hervorbringf, nodi dem Befchauer oder Horer, wahrend er es
geniej5f, bewuj3f find. Ihm erfcheinf es als eine Haupffchwierigkeif, zu begreifen, wie
GefefjmajSigkeif durdi Anfdiauung wahrgenommen werden kann, ohne daj3 fie als
foldie zu wirklichem Bewugffein kommf.
Diefe Taffadie konnfe den denkenden Mufiker zur Verzweiflung bringen, wenn er
dem heij3en Triebe, unfere beiden heufigen mufikalifchen Kunffarfen, Impreffionismus
und Expreffionismus, zu begreifen, logifch blojSzulegen, forfwahrend folgen wollfe. So
bin ich z. B. feif kurzem der Machf impreffioniffifdier Mufik verfallen. Bisher in den
ffrengen Pfaden der Tonalifaf denkend, drangen fidi mir Geffalfen auf, die das biedere,
ehrfame fonale Bewu£ffein verdunkeln und zwar mif der Waffe der reinen „Empfindung"
und der Ausfchalfung bezw. Zuriickdammung des Verffandes, Befonders merkwiirdig
erfdieinf mir die innere Logik des. Verlaufs fro£ der fehlenden Verffandeskrifik. Aus
raffelhaffer Tiefe ffeigen Akkorde in uns auf, die wir willenlos, erdenfriickf dahin-
fdireiben. Bemadifigf fidi nun der befrachfende Verffand diefer „Eindriicke", fo ffehf
er kopffchiiffelnd (man verzeihe den Sprachfapfus) davor um vorderhand damif nidifs
aunzufangen, d. h. fie in eine Tonarf oder Tonalifaf einzureihen. Gebraudie ich fpafer
einen Klangjchliiffel (fiehe Heff 12 d. J.), fo enfzifferf der Verffand nadi vieler Mtihe ein
Gebilde kornplizierfeffer Arf, eine Geiffesarbeif, die in gar keinem Verhalfnis ffehf zu
dem uns gefchenkfen mufikalifchen „Einfall".
Die Lofung diefer Frage aus der Infuifion zu holen, erfcheinf billig, weil diefes
Worf manches decken mu{5, ohne efwas zu befagen. Das Infuifive kann nichf aus
einem Nichfs enffpringen, fondern mug einen Inhalf haben, aus dem es fchopff. Diefer
Inhalf iff wahrfcheinlich das „mufikalifche Empfinden". Da die mufikalifche Infuifion
audi mif Empfindung iiberfe^f werden kann, erklaren wir demnach den Teufel mif
Beelzebub.
Mif dem Worfe Jnfpirafion" kommen wir dem Geheimnis des Einfalls audi nichf
naher. Wie fagf Nie^fche in feiner Schriff „Ecce homo": „Infpirafion iff eine Offen-
barung in dem Sinne, daj3 plofjlidi, mif unfaglicher Sicherheif und Feinheif Efwas
fidifbar, horbar wird, das einen im Tiefffen erfdiiifferf und umwirff. Man horf, man
fuchf nichf; man nimmf, man fragf nichf, wer da gibf; wie ein Bli£ leudifef ein Gedanke
auf, mif NofWendigkeif in der Form, ohne Zogern, — ich habe nie .eine Wahl gehabf.
Eine Gliicksfiefe, in der das Schmerzlichffe und Dufferffe nichf als Gegenfa^ wirkf,
fondern als bedingf, als eine nofwendige Farbe innerhalb eines Lichfiiberfluffes; ein
Inffinkf rhyfhmifcher Verhalfniffe, der weife Raume und Formen iiberfpannf. Alles
gefchiehf im hochffem Grade unfreiwillig, aber wie in einem Sfurm von Freiheifsgefiihl,
von Unbedingffein, von Machf, von Gofflichkeif." —
Tro|i diefer Jchonen Worfe, die den Tafbeffand umfchreiben, nichf erklaren, frofj
meiner eigenen, anfangs gefdiilderfen Erfahrung kann idi mich des Gedankens nichf
enf Ziehen, dap dennodi eine diskurfive Erkennfnis dabei im Spiele iff, Wie Ware es
m .;. ,..,„.,,■■■,
fonff moglidi, da0 ein mufikalifdier Geniefunke in eine Form zu Tage friff, die dem
jeweils herrfdienden Sfilprinzip enffpridif oder diefem eine Sfredte — wohlverffanden
nur eine Sfrecke - vorauseilf. Bis zum Einfriff des Expreffionismus haben wir es
nodi nidif erlebf, daj3 ein mufikalifdies Genie die drei Elemenfe: Melodie, Harmonie
und Rhyfhmus ignorierf und efwas ganzlidi Neues geboren hatfe, weldies nidif die
Wurzeln einer mufikalifdi-diskurjiven Erkennfnis in fidi frugel Diefe braudif nidif im
Bewuj3ffein zu ffehen, fie bildef einen Nahrboden, aus deffen Kraffe der „Einfair ge-
boren wird. Der infelligenfeffe mufikalifdie Orienfale z. B. wurde nidif imffande fein
Infpirafionen im Geiffe unferer Mujik zu Papier zu bringen, Weil ihm die diskurfive
Erkennfnis unferer Kunff fehlf.
In meinen beiden lefjfen Auffa&en (Heff 8 und \1 d. J.) glaube idi nathgewiefen
zu haben, da)3 fowohl Tonalifaf wie audi befdirankfe Afonalifaf die Echpfeiler dar-
ffellen, zwifdien denen die mufikalifdien Infpirafionen fdialfen und walfen. Selbff der
Imareffionismus, der fidi davon befreif glaubf, bedienf fidi der Grundlagen, die ffefs
„rein mufikalifdi" wirken. Der Expreffionismus lehnf diefes Zugeffandnis ab. Die Jub-
jekfive Vifion erwehrf fidi der objekfiven Wahrheif und Wirklidikeif d. h. der Ton gilf
nidif mehr als mufikalifdies fondern nur als affhefijdies Ausdrudtsmiffel. Die heufige
Geffalf des Zufammerthangs der Tone iff als Frudif einer jahrhunderfelangen Kulfur
dekadenf geworden. Die Tone miiffen zu ihrer „Nalur" zuruAkehren, d. h. fie follen
nidif mehr als „Mufik" wirken, fondern in ihrer Reine, von alien Sdila&en enfbl6J5f,
zu unferer Seele fpredien.
Wollen Wir diefe Wahrheif anerkennen, dann miij5fe die expreffioniffifdie Mufik als
reine Nafurmufik anzufehen fein. Gehen wir diefem Begriff einmal auf den Grund.
Die unferffe Sfufe der Nafurmufik iff die Laufauflerung, die bei Menfdien und
Tieren nadi Urfadie und Wirkung durdiaus auf gleidier Sfufe ffehf. Bewegungsimpuls
und Muskelkonfrakfionen konnen die Laufauj3erungen zu langerer Dauer anfreiben.
Das Tier bleibf auf diefer Sfufe ffehen, wahrend der Menfdi durdi eine logifdie
Tafigkeif aus feinen Korperbewegungen heraus den Ton in rhyfhmifdie und mefrifdie
Form bradife Sfreng genommen unferfdieidef fidi hier fdion der Expreffionismus von
den Nafurzuffand des Tones, weil diefer fidi der kulfurellen Einwirkung, nadi Anfidif
des Expreffionismus, nidif unferwerfen dfirffe.
Die Taffadie da0 die Laufe fidi zu feffffehenden Tonen enfwidtelf haben, laflf fidi
aus dem Einzelmenfdien an fidi nidif erklaren, weil diefer fur fidi alleir .nidif das &
rSf 8 l ttl £uff ^^
^d« a S^e^S?St dem Menfdien enfhalfen", fagf Feuerbadi. Fehlf diefes,
o finkT der Menfdi ins Tierleben zuriid, Die Vervollkommnung des Tones als
Ausdrud, fe^f deshalb die Einwirkung auf den Mifmenfdien voraus. Diefe Vorauaj
AusdrucK egi a Expreffionismus enfgegengefefjf, denn diefer lehrt
llTLnl^T^l^ onne Ma*** auf den Mifmenfdien. Ein Forffdiriff
nur den -^^^X^, n ur aus dem Individuum an fidi zu erwarfen. Diefer
^rff^^^^
JSe^^rC^ feines Gemaldes oder dur<n
Vorfpiel femes ' Tto|ffiA«a Tonau g erung im Tierleben erkennen wir im Vogelgefang.
Die ho diffe Sfu eder Tonauperu 8 k6nnen wir nur ver mufen-
Da wir das Se elen leben der Tiere m* «^g ohne Rmm auf die Umge bung
da)3 der ^ l ^ au %^^^T^ev ein Ausdru* der Gefdiledifsverhalfnille
. 435'
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■*■*&*■
bewegung damif Verkniipff fdieinf, ferner, dag z. B. beim Nachfigallengefang eine" ver-
fchiedene Wahl des Ausdruckes vorliegf. Diefe Nafurfonauj3erung aber als Kunff zu
bezeichnen, der wir nachzuffreben haffen, halfe Idti fiir einen ungeheuren Irrfum. Der
freie Willenstrieb, als erffe und wichfigffe KunffaujSerung, iff in der organifdien Lebe-
\yelf auf das engffe bejdirankf. Die Tone werden zunachff aus der Nadiahmung geboren;
genau vvie bei der Sprache, woraus die feif Jahrfaufenden Jfefs Wiederholende Gleidnheif
des Gefanges jeder Vogelraffe fidi ergibf. Dann enfffehen diefe Tone als Reflexe einer
iiberfchujjigen Kraft die aus deni Wohlbefinden refulfierf, eine Erfcheinung, die wir
audi bei Menf'dien finden (Juchzen, Jodeln),
Der Expreffionismus fchlie|5f aber die Nadiahmung vollffandig aus und wiinfchf
nur die Tonreflexe, die fich aus den Gemtifsbewegungen ergeben. Wie follen denn
nur diefe Tonreflexe befchaffen Jein, wenn fie, wie ich annehme, fidi nidif bloj3 auf
Freudenfchreie, Trauer jammern, Inferjekf ionen, Juchzen, Jodeln befchranken wollen ?
aus abgeffuffen Tonen, deren Zufammenhang einer Nafur, einem nafiirlichen Zuffand
enffprichf? Was hei)3f hier Nafur? Wiffen wir nidif, daj3 jeder Klang einem ewigen
Urgefefj der Nafur folgf, d. h. daj3 er fidi aus Tonen zufammenfe^t deren Zufammen-
hang und Slarkeverhalfnis wir mif einer ganzen Reihe affhefifcher Begriffe beiegen?!
Iff es efwa dekadenf, dag unfere Vorfahren und wir bis zur heufigen Sfunde diefen
Zufammenhang als Grundlage eines Tonfyffems angenommen haben? Man konnfe
mir enfgegenhalfen, daj3 audi der Expreffionismus feine Tone aus dem Reiche der
Oberfone enfnimmf, da feine Lieblingskinder; die kleine und groj3e Sekunde ebenfalls
der Reihe des 8. bis j2. Oberfones enfffamnien.
Im gewohnlichen Begriff „Mufik" frefen diefe Oberfone nur bei ffarker Tonerregung
in der Klangfarbe und in Geraufchen auf mif affhefifdien Begriffen, die nlcht einer
angenehmen Empfindung enffprechen, z. B. klimpern, klirren, zirpen, kreifchen u, f, f.
Wir lehnen Klange mif derarfig hohen." Begleif tonen affhefifch ab. In der prakfijchen
Mufik erfdieinen groj3e und befonders kleine Sekunden als Difjonanzen, ebenj'alls
aus akuffifch-affhefifchen Grunden, Zwar find diefe Griinde einer Wandlung unfer-
worfen. Je mehr fie jedodi als Konfonanz gefuhlf oder aufgcffellf werden, umfomehr
entfernen fie fich von ihrem nafiirlichen Zuffand, der phyfikalifdi einer Konfonanz
widerfpridif. Es bedeufef diefes nidif eine „Riickkehr zur Nafur" fondern eine Abkehr
von der Nafur.
Nach diefer Sammlung von Griinden zu urfeilen, haffe Goefhe Unrechf, wenn er
fchreibf: „Ich finge.wie der Vogel fingf, der in den Zweigen wohnefT — falls er damif
die Freiheif des Tonausdrucks und nidif die ungehemmfe BeWegungsfreiheif des Korpers
gemeinf . haben follfe. Worflich genommen gibf es tiberhaupf keine „Mufik" in der
Nafur, Weil fie die Grundelemenfe der von uns gebrauchfen (audi expreffioniffifchen)
Mufik nidif in fidi vereinf. Die Tone der organifdien Welf (Donnerrollen, Wafferfalle,
fonender Sand, Heulen des Sfurmes u. f. f.) find phyfikalifdier Nafur, und die Tone der
organifdien Tierwelf reflekfierenden Wefens, die einer blo]5en Willensauj3erung enfbehren.
Das einzige, was von der Nafurmufik auf den Expreffionismus uberfragen werden
konnfe,. iff die ungehemmfe BeWegungsfreiheif des Korpers auf die ungehemmfe
BeWegungsfreiheif des Tones, ferner die unbewujSfe Ignorierung jeglidien Gefe^es in
der.Tonau£erung. auf die bewujSfe Auj3eradiflaffung der von uns aufgeffellfen Tongeje&e.
Das echfere je|$f eine affhefifche Wirkung des Tones an fich als Folge voraus. Dabei
ergibf fich m. E, wieder ein unbeachfefer Wiederfpruch.
Die nachffliegende Wirkung eines Tones iff enfweder eine unbewu)5fe UJberfragung
auf unfere phyfifdien Sinne, oder eine UJberfragung des Nervenreizes auf unfer Gefiihls-
leben. Wir wiffen, dag ein Einzelfon unfere Nerven auf das heffigffe erregen kann.
Das graufamffe nach diefer Ridifung erfcheinf mir z. B. der Tod eines Deliquenfen
456
I":
V SB!*'* '■
ife.:
duroh unmiffelbare Einwirkung eines Glockengelaufes auf deffen Nerven, wie es in
Indien vorkommen foil. Die phyfifdie Wirkung nimmf in der Mufik einen breifen
Raum ein, befchrankf fidi aber zumeiff auf niedere Werfe (Tanz-Salon-Opereffenmufik),
die hier wallenden Begleifurfachen: mefrifcher Rhyfhmus, hinfallige Melodie undHarmonie
nadi fonalem Unfergrund lehnf der Expreffionismus aber ab. Bleibf alfo der Ton an
fidi unfer fehlendem oder vorhandenem mufikalifchen Rhyfhmus. Den Nervenreiz des
Einzelfones nun auf hohere mufikalifche Werte einfdialfen zu konnen, iff ein Trugfchlup\
weil die Vorausfefjungen des Einflufjes auf die Pfydie nur feilweife vorhanden find.
Ein Ton an fidi, d. h. im Zufammenklang^auf fidi alleine ffehend, kann nur phyfifch.
und erff dann pfydiifdi wirken, wenn er fidi in Beziehung zu feiner Umgebung fe^f.
Ubrigens kennf die Nafurmufik audi keinen Ton an fidi, d. h. er friff ftets mif anderen
Tonen bezw. Geraufdien (die Tone enfhalfen) auf, die wir im Zufammenhang erfaffen.
Und wenn fie keine Folge darffellen (Vogelgefang), finden wir fie in der Klangfarbe
(Wafferfalle) oder im Portamento (Lowengebriill). Wie gefagf, iff die Umgebung von
gewalfigem Einfluj3 auf die pfydiifdie Wirkung der Tone, eine Tafjadie die der Expref-
fionismus ignorierf oder beffer gefagf, nichf erfiillen kann. Ein Volkslied aus dem
Munde einer Dorffdionen klingf eindrucksvoller wie im Konzerffaal. Em Sdialmaien-
fon inmiffen der Tafigkeif eines Schafers wirkf beriickend, im Zimmer dagegen nudifern,
nidifsfagend u. f. f. Eine enffprechende Umgebung laflt fogar das knhfdie Gefuhl I fur
Tonreinheif zuriickfrefen. So erzahlfe mir ein Nahirforfdier, der d ie unerforlchfen
Gebiefe Cenfralbrafiliens bereiffe, da£ fein Ohr beim Spiel der unreinen Pentafomfchen
Skala auf der Flofe fidi nidif im mindeffen veriest gefuhlf habe, da die ^zenden
Flofenfone inmiffen der fropifchen Nadif ihn vollffandig gefangen nahmen Ledigluh
die Umgebung und die Modifikafionsfahigkeif des Ohres ermoghdien be. umeinen
^^^^m^^^ erff durch die Reize der Umgebung zur Gelfung
kommT^d^
einfadien Tongeffalf bedienf mup* er aus ^^^^ die Vorffellungswelf heran-
Genuffes aus dem Tone an fich enfra ten und ^ n ^ f 7^ W j er i ges Beginnen. Wie er
Ziehen, damif der Ton durdi die e . wi kf -^ « ^rffes Gefet5
diefes erreidien Will iff m r ratfelh aft. uev ™ » d En f Ip annungen gelfen
immer nodi die Wedifelbe^ehungen zwifdnen ^^ prmonis ^ 5 leiden derarf
frofe alter fonalen Freiheifen. Die ^^^ D as bedeufef nichf
anDberft*^ eine Enfarfung.
eine Freiheif der Tonzufammenhange - Jondern e Expreffionismus, die
5 * %^^^X^^^^-^ seele '' wie S(herin9 m
iXMSi wtederfptegeln zu wollen oder zu konnen,
<*>
i:.': 437
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Hildebrando Pizzeffi und seine Violinsonafe
Von Mario Caffelnuovo-Tedesco.
(l!)berfe^f aus dem Englifchen von Hermann Scherchen.*)
Violiniffen, die in einem Programm die drei wichfigffen Sfafionen auf dem Enf-
wicklungswege der Violinfonafe aufzeigen wollen, follfen neben Beefhovens „Kreuf$er"
oder VIL und Cefar Franks Senate die Hildebrando Pizzettis fpielen. Alle anderen
bedeufenden Sonafen fchliejSen fi<±i eng an Beethoven, oder an Franks cyklifche Form;
keine aber iff fo die Fruchf einer ganz perfonlichen Konzepfion, wie Pizzettis Werk,
das nach Form und Gehalt gleichermajSen neu erfcheint
Der Komponift hat diefes Werk lange in feinem Geiffe getragen und feinefwegen
voriibergehend nkhf nur geplante neue Blihnenwerke, fondern fogar die ihm fo Hebe
„Deborah" zuriickgeffellf; es war innere Nofwendigkeif, die ihn zwang, dem Drama,
das durch Biihnenmittel nicht verwirklicht werden konnfe, das aber leidenfchaffsvoll
vibrierender Sfimmen bedurffe, um das heijSe Leiden gequaltenHerzens und erwachenden
Gewiffens auszudriicken — dem„Drama desKrieges"als Violinsonafe Geffalfung zu geben.
Der Krieg hat Jedem Wunden gefchlagenl Wenig Kiinftler vermochten gleidi
Pizzetti diefem Leid Ausdruck zu verleihen; Jeine Sonafe, ganz ein Kind der Zeit, urn-
Jpannf alles Fiihlen unferer Periode. Wer nur wahrend diefer Jahre des Hummers
Leid trug, betete und weinfe, wird diefen Kiinftler lieben miiffen, der als Menfch-Bruder
mif ihm Leid getragen, gebetet und geweint hat.
<$>
Die drei Sa£e offenbaren drei Seelen-Zuffande, vvelche den ganzen Gehalt der
grojSen Tragodie umfpannen. Der erffe, fempesfuofo, jagf durch einen Sturm der
Sdimerzen; der Menfchengeift ift in diefen furchfbaren Ausbruch aller Elemenfe, alien
Elends geworfen. Eine grandiofe, grauenvolle Vifion von danfifcher Kraft, die keinen
Hoffnungsfchimmer, kein Lichfzeichen laj3f: fur den Menfdien bleiben nur Schreie der
Angf t und f di wache, erf terbende Ref ignation. Darauf f olgf als „preghiera per
gi'innocenfi" das Gebet fur all die Unglucklidien und Leidfragenden, welche, nadi
Pizzettis Worten „das Warum ihres Leidens nidif kennen". Der Menfdi beginnt zu beten,
alles, was an gofflidie Giite glaubt, betet mif. Diefe Biffe wird audi fur jene Gelfung
haben, die felbft nidif zu beten verffehen, Hier fprichf nicht nur wundervolle Mufik,
hier font wahrhaff das Evangelium der Nadiftenliebe.
Nadi fo viel Leid kommf (vivo e fresco) mif dem bliifenreichen Fruhling ein neuer
Hauch von Leben wieder: darin offenbarf Jidi das ewige Gej'efe des Lebens, das Gefefj
der Gufe, Der Menfdi gibf fich der Freude am Leben und an der Nafur hin; er vergiJSt
nidif, aber feine grauenvollen Erinnerungen werden von einer Hymne des Glaubens
durdibrodien, die dem Kulf des Fruhlings nur weihevollere Sdionheif verleihf.
Analyfe der Sonafe.
Der L Safz zerfallf in drei Epifoden und einen kurzen SchlujSfeil. Das Klavier
infonierf ein fdmeidend dahinjagendes Thema, zu dem bald in der Violine eine Melodie
bitterer Klage friff. Aber die Inffrumenfe faufchen — gegen das Schema der klaffifchen
Sonafe — die Themen nidif aus. Wenige, heffige Akkorde leifen zu der zweifen Epifode:
Das Klavier bringf deklamierend eine einfache, refignierfe Melodie, von Recifafiven der
Violine unferbrodien, aus denen ein neues Thema von kraffigem Rhyfhmus auffauchf.
Nadi einer langen Enfwiddung ffihrf die driffe Epifode zu den Anfangsfhemen zuriick,
welche zu einem Sdilug von hoher Dramafik davonffiirmen.
* The Chestcrian. Nr, IX. Edited by S. Jean-Aubry. London. September 1920.
43S
Der II. Safz iff eine Art ununferbrodiener, inffrumenfaler Deklamafion, mif langcn
Perioden von gro)3er rhyfhmifcher Freiheif. Das Klavier beginnf das Gebef, das iiber
breifen, monfeverdifch-einfadien Akkorden anffeigf; bald friff die leidenfdiafflidie Sfimme
der Violine hinzu. Ein frauerfdiweres Rezifafiv leifef zu der Jo unfaglidi riihrenden
Es-Dur Phrafe hinuber, dem kofflidiffen Sfiid? der ganzen Sonafe. Ein zweifes Rezifafiv
ffihrf zur ffrahlenden Wiederholung des Anfangsfhemas, bis fidi alles in einer )'iiJ5en
Afmofphare voll Geheimnis loff.
Der lefjfe Safj, ahnlich der alfen Rondoform, i{f auf einem freudig bewegfen volks-
liedarfigem Thema aufgebauf, ein wundervolles fresco, das Nafur in leuduenden
Farben einfangf. Pizzeffi haf friiher fchon bezaubernde plein-air Sfimmungen gefchaft'en;
lag denen aber feine Wilde, monofone Heimafebene zu Grunde, Jo iff es je§t Toscanas
abwediselungsreidie, wellenformige Hiigellandfdiaff, die ihn erfullf. Ein erregfes Thema
wedifelf mif dem Volksgefang und fiihrf gegen Ende zu einer heimwehfchweren Epifode.
Endlioh verfchlingen fidi die verfdiiedenen Rhyfhmen und Melodien zu einem einzigen,
gro)3en Freudenhymnus.
Melodifdie Erfindung, Rhyfhmik, Harmonik, Konfrapunkf.
Die Themen find originell, pragnanf und von bewunderungswiirdigem Ausdruck;
fro&eneFormulierungwie Wiederholung in den beredinefen Infervallabffanden der alfen
Konvenfion iff ihnen fremd. Sie wandeln fidi beffandig, erneuern fidi. Edife inffrumenfale
Deklamafion kennzeichnef das Werk, feine Bedeuffamkeif und Logik wird aber kaum
ganz erfaj3f werden, wenn man nidif die wundervolle Gefangsdeklamafion kennf, die
Pizzeffis Lieder, dramafifdie Werke und vor allem „Phedra" auszeidinef. Diefer
Verfuch zu inffrumenfaler Deklamafion liej3 die Sonafe zu foldiem Meifferwerk werden
und bewirkf den gro)3en Unferfchied zwifdien ihr und dem friiheren Sfreidiquarfeff.
Pizzeffis Rhyfhmik zeigf nidif jene abwedifelungslofeAu?einanderfolge von Takfen
gleicher Lange, welche fogar die unregelma0igen^, A oder »/, ^ ™^ £«*"
mf bei ihmfolgfen beffandig ungleiche Takfmape einander, fodap- der E.ndiuck ernes
elnes wahrhaff rnyfhmifcnen Afmens von grower Kraff der Abwechfelung und Deklamafion
^l^T^^*^ -StSS^Ssa" be9leiten -
Das find Monfeverdis »* «™^
Konfr^S * ZESXS& - M^en der Gelehrfamke,
*
a a^ Pronrammufik erheben, fo iff daran zu erinnern,
dap ^^a^^^^^^- - - Programm haf, die
im Herzen des Komponiffen einsegraben fm d. _
Da unfer „Sonafe« ein o reies ^J^™ 1 ,,, ver Uen, der umfaffend
gegenuber auf den ^nghd^en j*™^^
genug war, um audi Pizzeffis wer dramafifch fdieinf, den modifen
Wem die Sonafe aber als *»"*££ Franks A . dur Sonafe erinnern.
svir an Beefhovens „Appaffionafa oder an ^ei
439
*m
v ^^>
Das Orcheffer
Von S. Francesco Malipiero
(IDberfe^f aus dem Englifchen von Sonja Carmen Friedmann.)*
I.
DerUrfprung des Ordieffers.
Die Sfimme, als das vollkommene nafurgefdiaffene Instrument war das erffe
Element des mufikalifdien AusdruAs und beherrjdife bis zu der Zeif der groj3en
Polyphonie die kirdilidie und die welfliche Mufik.
Die groj3en ifalienifchen Meiffer der Gefangsmufik Jahen fich frofj der Taffache,
daj3 fie nur die Sfimme zu ihrer Verfugung haffen, niemals gezwungen, irgend einer
Form des mufikalifdien Ausdruckes zu enffagen, Jeiesum dasDramafifche, Befchreibende,
Lyrifche oder Komifche. Es iff daher nichf verwunderlich, wenn die, die in der Sfimme
ein mujiknlifch reiches Inffrumenf befaj3en, keine Veranlaffung fuhlfen, diefe zu Gunffen
des Ordieffers aufzugeben.
Den alfen, wie in Mofaik bauenden Meiffern der Mufik waren Violen und Oboen,
Flofen und Pofaunen fur die zahlreichen Windungen eines komplizierfen Konfrapunkfes
nichf biegfam genug.**
Mif dem Verfall der Gefangskunff fauchfen zuerff Mufikinffrumenfe auf, weldie
nichf nur zur Unferffii^ung der Sfimme dienfen; es waren im Gegenfeil diefen In-
ffrumenfen die Tanze der prachfigen Hoffefflidikeifen vorbehalfen, und der Gebraudi
von Symphonie und Conzerfo war wahrend des ganzen i6. Jahrhunderfs in Mode.
Das Vorurfeil gegen die Einfiihrung von Mufikinffrumenfen in die Kirche beffand
mehrere Jahrhunderfe hindurdi und erff am Anfang des 17. Jahrhunderfs Wurde iiber
die Rechfferfigung ihres Gebrauchs zu chrifflichen Gebefsffaffen diskufierf. San Giuffino
der Marfyrer lobf — in Frage 107 — den Gefang, verwirff aber den „Klang". Die
Inffrumenf e wurden dann in der eleganfen Abhandlung des San Aelredi Abafe,
eines Jiingers San Bernardas ganzlidi verdammf. Indeffen wird fdion zugeffanden,
daj3 die Mufikinffrumenfe die kirdiliche Wurde nichf beeinfrachfigen; fie find audi nichf
mehr ausdriicklich in den Kirchen verbofen.***
Ungeadifef aller Hinderniffe und des Aberglaubens faj3fen die Mufikinffrumenfe
fchnell Fuj3; Jchon am Ende des 15. Jahrhunderfs begann man Chorbrudiffii&e mif
Teilen inffrumenfaler Mufik abzuwechfeln, und langfam, fehr langfam drangf das
Ordieffer empor, bis es die Haupfbedeufung gewinnf. Die urjpriinglidien Inffrumenfe,
von denen die Einzelglieder der verfchiedenen Orcheffergruppen abffammfen,**** haben
wohl eine ahnliche nafiirliche Enfwickelung gehabf, wie die Sfimme.
Das Ordieffer haf immer beffanden, man muj3fe.es nur enfdecken. Es ffellf deshalb
nichf fo fehr eine Erfindung als eine menfchliche Errungenfdiaff dar, die, unfer dem
Anfrieb der mufikalifdien Infuifion gemadif, alle rein maferiellen Hinderniffe iiberwandf.
Im gleichen MajSe, wie die Konffrukfion der Inffrumenfe vervollkommf wurde, madife
audi* die Gefdiiddidikeif der Spieler Forffdiriffe. Die Keime des Ordieffers mogen in
den aus dem i6. Jahrhunderf ffammenden Opern von Claudio Monfeverde, Tulli,
* The Chesterian. No. X. Edited by S. Jean-Aubry. London. Oktober 1920.
** H. Lavois, Fils. Histoire de 1'instrumentation depuis le seizieme siecle jusqu 'a nos jours. Paris, 1878.
*** F. Bonanni, Sabinetto armonico pieno d'istvomenti sonovi, Rome, 1723.
**** Floten, Oboen, Clarinetten, Horner, Trompeten und Vioten. Die Erfindung der Clarinette fand erst 1701
statt, wahrend die iibrigen Instrumente ein sehr hohes Alter haben,
440
m
Luigi Roffi und CaValli gefunden Werden; man kann da fogar Spuren foldier
inffrumenfaler Kombinafionen, wie von Pofaunen, Trompefen, Flofen ufw. enfdechen.
Aber folange das Ausffillen der bezifferfen Baffe der Umfidif der Cembalo- oder
Laufefpieler fiberlaffen blieb, war es unmoglich, guf ausgeglichene, beffimmfe
ordieffrale Klangfarben zu erzielen.
Erff im 17. Jahrhunderf begann fidi der Sinn fur die Zufammenffellung und Aus-
Wahl von „Farben" zu enfwickeln; fidierlidi haffe man wahrend des 15. und wahrend
des ganzen 16. Jahrhunderfs die Inffrumenfe aufs Gerafewohl zulammengefan. Wenn
audi der gufe Gefdimads und die Infuifion der Spieler des primifiven Ordieffers einen
gewiffen Ausgleidi bewirkfen, fo ffehf dodi aus „Nadiridifen" etc. fejf, dap" die wahrend
des 16. bis 17. Jahrhunderfs im Gebraudi befindlidien Inffrumenfe nidif auf befriedigende
Weife gemifdif waren.
Diefe Nadiridifen beziiglidi der Inffrumente des 15., 16. bis 17. Jahrhunderfs find
geniigend zuverlaffig, obgleidi fie mehr von der Kunff der Inffrumenfenmadier, als von
der der Spieler beridifen (wie aus den Dokumenfen der Zeif erfehen werden kann).
Als Haupffadie ergeben fie, dap" der Inffrumenfenbau wahrend des 16. und 17. Jahr-
hunderfs in hoher Bliife ffand. Die karglidien Aufzeidinungen fiber das Mifdien der
Inffrumenfalfarben erfdiweren es fehr, |idi ein audi nur annaherndes Bild zu macnen
befonders da die gezupffen Saifeninffrumenfe (Theorben, Laufen, Ba^gifarren efc.) faff
durdiweg vorherrfdifen, was grof5e Monofomie und Dicfee des Tones zur Fo lge ^haben
mu «. Die Btidier der Zeif fiber Mufiklnffrumenfe geben wohl genaue Befdireibungen
von deren wunderbare Konffrukfion (die niemals fiberfroffen worden iff), em Minimum
der Be ehrnng aber beziiglidi ihrer Gruppierung beim Vorfrag. Aus der Gleidigulfig-
S^3£5£fi zu^dm^obgleidi der polyphone , «J ^^^S
unrherrtdi e In der Vorrede zu leinem Rappresenfafione di *""<"**< dl corpore,
fell, Emtio de Cavalieri einfa* fell dap .die In((rumen(e wohl kUngen und, ,e
na* dem Raum, Iheafer Oder Saal, mehr oder weniger zahlre,* |em nrupten.
, f n~„ a~ Hp nidif aefehen werden dfirfen, hmfer der Szene
„Die Inffrumenfe foUen da fie nidif ^n _ Dieie
gefpielf werden von Perfonen die dem Sanger ^/s honien ffir Solo .
TntuSf nkSlK SetS^ie Ueffrale Verfeilung gefunden
gro^en Anzahl von In ^ u ™ en *f\ ^' P eraebe « Aber wie die Violine von „emer
Diskanf eine ausgezeuhne e Wirkung [ ergebe. ^ Mufmapung fiber-
grojSeren Anzahl Inffrumenfen begle fef werd ten* inffrum enfaler Begleifung
laffen. Giulio Caccim „d er als erf^er den* oio g ^ g ^^ ^ ^
einfuhrfe",* erhellf nidif das Gehe mms, wenn e m i we fenflidiffen
Harmonie in der Enridice beru hf ^f einem be *^
Q-wrien.'SedUten.S^^^^^^J Marco d. Gagliano iff in
Telle dem Verffand und der Kuntf u ^ la " e " c accini: _ „Es iff vor allem raffam,
der Vorrede zu feiner Dafne jndrf Uaraab Caccrn^ ^ ^.^ ^ ^^
die begleifenden Inffrumenfe fo in den Ka ^ wenig Harmonie zu
fehen konnen; fie Jf»J£^^£Scn muffen; das Spielen foil ohne Ve,
geben, da immer die Worfe fciar genu
* S Bonini, Discorsi e Regole sovra la tnusica.
441
JMfe»-«-
zierungen gefdiehen, und ohne zu decken; ja, die Sfimme muj5 durch beffandiges
Aufrechferhalfen der Harmonie fo viel als moglich unferjfufjf werden."
Es iff felffam, daj5 fo viel Zeif vergehen mu)3fe, ehe die Komponiffen den Vorfeil
erkannfen, jedem Spieler eine beffimmfe Parfie anffaff endlofer und fchwieriger Be-
lehrung zu geben.
Den Dokumenfen des 16. Jahrhunderfs kann keine prakfifche Andeufung
zur Rekonffruierung einer Ordiefferparfifur enfnommen werden. Jeder
Aufor bemerkf, daj5 der Klang verfchieden angewandf werden miij3fe, gemaj3
den verfdiiedenen Arfen, fur die er gebrauchf werden foil; allein zu fpielen iff daher
efwas anderes, als begleifef von anderen Inffrumenfen oder mif einer Sfimme zu-
fammen zu mufizieren, ebenfo, Wie das Zufammengehen von Sfimmen und Inffrumenfen
wiederum unferfdiieden iff von dem Begleifen eines Chores. Wenn der Spieler mif
Anderen zufammen fpielf, muj3 er nichf fo fehr auf die Kunffgriffe des Konfrapunkfes,
als auf die Schonheif der Kunff adifen; ein gufer Spieler wird deshalb nichf fo fehr
feine eigene Gefchicklichkeif zeigen wollen, als Jich vielmehr den anderen anpaffenl —
Wenn er mif einer menfchlichen Sfimme zufammengehf. beziehf fich das, was iiber das
Zufammenfpiel mif anderen Inffrumenfen gefagf wurde, hierauf mif noch groj3erem
Nachdruck, Weil die Insfrumenfe, gegeniiber der Sfimme als dem Hauffakfor der Mufik,
keinen anderen Zweck haben Jollfen, als diefe guf zu begleifen, welch' le^feres die
Spieler von heufe mif der groj3fen Diskrefion fun; es iff kaum anzunehmen, da)3 fie in
diefer Hinfichf jemals iiberfroffen werden konnfen oder iiberfroffen worden find."*
Gevaerf widmef in feiner Traife d 'inffrumenfafion der Orcheffrierungskunff
von Haydns Vorgangern ein ganzes Kapifel und gibf ein Bild, das genau fein wurde,
ware es nichf auf jene unbeffimmfen Nachrichfen begriindef, die niemals einen Erfa£
fur den vollffandigen Mangel an den allein zuverlaffigen Dokumenfen, den vollen
Parfifuren, bilden konnen; anffaff deffen befif?en wir eine Fulle von Theorien, die es
uns nichf ermoglichen, jene Werke enffprechend zu rekonffruieren.
(§ 122 Gevaerf) „Das fundamenfale Elemenf des primifiven Orcheffers iff Harmonie-
Begleifung auf polyphonen Inffrumenfen: demKlavier imTheafer und der Orgel in der
Kirche. Diefe Erfcheinung der Inffumenfalmufik iff dem modernen Ordieffer fremd.
Die Harmoniebegleifung wurde meiffens von dem Haupf des Mufikcorps, off dem
Komponiffen felbft ausgefiihrf und war niemals vollig ausgefchrieben. Im Augenblick
der Auffiihrung muj3fe alfo improvifierf werden. Dm das zu konnen haffe der Be-
gleifer oder Maeffro al cembalo in Ermangelung der Parfifur den Baj3feil des Enfembles
vor fidi, der ganz einfadi eine Vervielfalfigung des Baffes der Saifeninffrumenfe war.
Gevaerf glaubf an die Moglidikeif einer genauen Wiederherffellung von Werken
des 16. Jahrhunderfs; bei Priifung der Orcheffermufik jener Periode findef man aber,
daj3 Parfifuren jener Werke (iberhaupf nichf beffanden haben konnen, weil die Inffrumenfe
ad libitum gefpielf wurden. Die Inffrumenfalmufik des j6. Jahrhunderfs iff uns in einem
unvollffandigen Zuffand iiberlieferf; vielleichf, dag einmal eine auj5erordenfliche Kraff
der Phanfafie Gebrauch von diefen Fragmenfen zu machen verffehf, urn daraus ein
neues Gebaude zu errichfen.
Hinfidiflich des 17. Jahrhunderfs fdireibf ein Gelehrfer, der Padre Zaccaria Tevo
(Venedig 1706) wie folgf: „die Violinen, die Cornefs und dieTrompefen fpielen den Dis-
kanf. Die Viole da Braccio fpielf den Alt und den Tenor; die Viole da Gamba, Viole
daSpalla, dieFagoffe undPofaunen beffreifen den Baj3, wahrend BaJ3geigen und Theorben
das Confinno ausfiihrea
* Pietro della Valle, Discorsi (1640).
442
t-Z^^Ci-'tii..,
„Gew6hnlkh warden Violinen jftir den Diskanf gebrauchf, eine Viola da Braccio
fur den Alt, und eine Viole, Fagoff oder eine Pofaune fur den Baj3; man vermehrl die
inffrumenfe enffprechend dem Verhalfnis der Teile.
Die Anzahl der Inffrumenfe iff mehr oder weniger dem Gufdiinken des Komponiffen
iiberlaffen, der den Gefang von alien begleifen la)3f, oder audi nur 2 Violinen gebraudif,
oder aber einen Teil der Inffrumenfe wie z. B. 2 Violinen und eine Baj3viola, 2 Baf3-
violen mif einer Viola da Braccio und 1000 andere Inffrumenfzufammenffellungen
nach feinem Willen."
Obwohl dieLehren des Padre Zaccaria Tevo die ganze Theorie der Inffrumen-
fafion im Laufe des 16. und zum Teil des 17. Jahrhunderfs umfaffen, werfen fie dennoch
kein Lidif auf das urfpriinglidie Ordieffer.
DieSfrenge,mifder Jean Jaques Rouffeau das Parifer Ordieffer von 1 764 krif if ierf,
zeigf Wie die Enfwiddung der Inffrumenfal-Kunff nadi jener Vollkommenheif zielfe, die
fdiliej31idi zu der Geburf des wirklidien Ordieffers gefiihrf haf: „Es iff bemerkf worden,
fagf Rouffeau, da]3 von alien Ordieffern Europas das der Parifer Oper, obgleidi eins
der grop^en, dasjenige iff, Welches die geringffe Wirkung hervorruf'f. Die Urfadien
hiervon find nidif fdiwer zu finden: 1) Die fdiledife Konffrukfion des Orchefferraumes,
der, in die Erde eingegraben, von madifigem, eifenverkleidef maffivem Holz umfdiloffen,
jede Refonance erffickf; 2.) Die fdiledife Wahl der Mufiker, von denen die Mehrzahl,
durdi Begiinffigung zugelaffen, kaum efwas von Mufik verffehf, und keinen Sinn fur
das Enfemble haf. 3.) Ihre fdilimme Gewohnheif, unaufhorlidi und geraufdivoll zu krafcen,
zu ffimmen und zu praludieren, ohne es jemals zu erreidien, wirklidi eingeffimmf zu
fein 4) Die franzofifdie Eigenfiimlidikeif, alles, was die Form einer faglichen Aufgabe
annimmf, zu vernachlaffigen und gering zu fdiafjen. 5.) Die fdiledifen Inffrumenfe der
Spieler, die, immer am gleidien Orf, beim Vorfrage larmen, und in der ubngen Zeif
faulen 6) Der ungiinffige Pla£ des Leifers, der, vor derBuhne und mif den Schaufpielern
befdiaffigf unmoglidi das Ordieffer genugend beauffidifigen kann, das er im Rucken
hinfer fich ffaff vor fich unfer feinen Augen haf; 7.) Das unleidlidie Geraujdi femes
TakfffodW das die Wirkung der Symphonie zerfiorf; 8.) Die fdiledifen Ha rmomen der
Kompofifionen, die, da fie niemals rein und ausgewahlf find, uns an Sidle von gufen
Wirkungen dunkles und konfufes Quaken horen laffen. 9 . Nidif genugend
Confrabaffe und zu viel Violoncdli, deren Klang die Melodie erfhckf und den Horer
plagf, end lidi 10.) und lefcfens, der Mangel anRhyfhmus, fowie dei ^unenffch.edene Cha-
rakfer der franzofifchen Mufik, bei der der Sdiaufpieler das Ordieffer bendif.gf, fteft
dap der Ordiefferleifer den Sdiaufpieler fuhrf und wo der Diskanf den Bap" beherrfdif,
*faff Hafi der Ba5 den Diskanf leifef.
J J Rouffeau mu*5 einen fidieren Sinn fiir Orchefferklang befeffen haben, wenn
P r das Parifer Ordieffer feiner Zeif Jo heffig fdimahen konnfe.
i? Zr^li^er Beweife fur die wundervolle Infuifion der „Pnmifiven , beffehf
Tage 5 den Erfolg. die (ragmenf an ften Par. '^des ^ mi Verun „ allungen zu
Kef ^e™n ^uTL'tSJU*. «**« *«— ~
££$%^£%S^<&°« &*»*». beaann .nan m de„ Stadiu-n
" -- 443
mm
:.*&?
des Charakfers jedes Inffrumenfs, und nahm zum zahlen Zufluchf, bis endlidi audi das
immer gegenwarfige Clavicembalo aus dem Ordieffer verfchwand.
Gicin Bat f if fa Sammarfini fchrieb feine Symphonien auf und Haydn war es,
der Sammarfinis Verfeilung der Inffrumenfe iibernahm; jene Verfeilung, die grundlegend
wurde fiir die grojSe klaffifche und moderne Symphonie.
(Forffefjung folgf.)
4>
Wie Beefhovens J50. Geburfsfag gefeierf wird
Vorgeahnfes von Dr. Ludwig Mifch.
Dem Erfuchen des Kulfusminff ers gemaj3 weiff der Direkfor des Vergil-Gymn?_fiums
bei Verfeilung der Weihnachfszenfuren auf den J50. Geburfsfag L. van Beefhovens hin,
nichf ohne die Ermahnung daran zu kniipfen, die Schiller der Anffalf mogen fidi dadurch
nidif zerffreuen und von ihren Sfudien ablenken lafjen. Im Anfchluj3 behandelf Prof.
Schulfudis in feffelnder Rede den Stand der Ciceroforfdiuug vor 150 Jahren. Sdiumanns
,/Traumerei", vorgefragen von dem hochbegabfen Primus omnim, befchlieJSf die ffimmungs-
volle Schulfeier.
In der Hoheren Todiferfdiule Aurora- Amalia werden (nadi griindlicher I3bung
der ,Sfoffe) als Auffa^fhemen bearbeifef: „Wie erlebe ich Beefhoven" (IL Klaffe) und
„Beefhovens Frauengeffalfen" (L Klaffe).
Der Erf olg des Dreimaderlhaufes wird gef dilagen durch das S i n g f p i e 1 „B e e f h o V e n"
Mufik nach L van Beefhoven (L Akf: Der Kampf mif dem Schi&fal, IL Akf: Die unfferb-
lidie Geliebfe, III. Akf: DerMarfyrerfeinerKunff). Zundende Schlager J Hifforifche Original-
koffiimel Kein Kiffch, ein echfes Volksffiick.
Kosmds-Lichffpiele: „Die Ruffe der Giulieffa Guicciardi". Erfdiiifferndes
Seelengemalde aus dem Leben eines Tondichfers. Mufik von L van Beefhoven, zu-
fammengeffellf von Prof. Schmiedebold, deffen Namen fiir den Jfreng kiinfflerifdien
Geiff der Bearbeifung biirgi
4>
444
Rafierklinge „Eroica'
befeitigf Jfarkffen Barfwuchs.
*
Warenhaus Schundberger.
Soeben erfdiienen:
In erffklaffiger Ausftaftung:
UNSER BEETHOVEN
Vier prachtige Albums. Auswahl der
fdionften Melodien aus Beethoven.
Ein herrliches, vornehmes
Weihnachts-Gefchenkl
Das „Intelligenzblatt" fchreibf: „Diefe
Bliifenlefe Beethoven'fcher Perlen , . . eine
willkommene Gabe fiir das deutfche Volk . . .
und wird beifragen, den Genius weiteften
Kreifen nahe zu bringen."
<$>
Jede Hausfrau
lobt dieKodikifte „Fidelio". Reicfcspatentl
*
Privafdozent Kleinlidi veroffenflidif eine Sfafiffik der Auffiihrungen Beefhovenfdier
Werke in 24 Banden Folio. Mif Anhang: Wie fiihren wir Beethoven hifforifdi getreu
auf?
*
Wohin gehf die gufe Gefelljdiaff nadr dem Theater?
Ins Weinftubdien
ZUR LETZTEN SYMPHONIE
Heine Polizeiftunde! Ab 12 Uhr: Fideliofasl
Cabaret zum „Muntern Rocco"
*
445
^ii
ammm
/»0?te..
Edelffe Hausmufikl
Potpourri aus der Neunfen Symphonie.
Mif f angbarer Einlage :
„Freude fchoner Gotterfunken".
Audi fur Laufe bearbeitet.
*
Biiffenhalfer „Leonore"
konkurrenzlosl
Der JMufikalifche Wegweifer" (Zeiffdiriff fur Freunde der Tonkunft) veranftaltet
eine Rundfrage: „Was iff uns Beethoven?" Wegen Papierknappheit konnen nur die
Einfendungen von Beziehern (deutfdi: Abonnenten) veroffentlicht werden. Im gleidien
Blatt weift Profeffor Notengraber, der Senior der Mufikwiffenfchaff, in geiftvollen Aus-
fiihrungen die Klaffizitat Beethovens nach.
Das Konfervatorium Fiedler-Pieper, hoheres Mujikbildungs-Inftitut
ver{endet an die Angehorigen feiner Schiiler und fonftige Infereffenten ftenotypierte Ein-
ladungen zu feiner Beethoven- \ 50- Jahrfeier. Die Anftalt wird das Andenken des
groj3en Meifters durch Aufftellung einer Beefhoven-Gipsbiifte feiern, deren Anfchaffungs-
koften durch freiwillige Spend en der Schiiler und fiinfprozenfige Abziige von den Ge-
haltern der Lehrkrafte beftritten werden. Der Feffakt wird eingeleitet durdi die Jubel-
ouvertiire von Weber, vierhandig gej'pielt von zwei Schiilerinnen der Ausbildungs-
klaffe. Dann ergreift der Direktor das Wort zu einer Anfprache „Beethoven und die
mufikalijche Erziehung". Es folgen Vortrage Jamtlicher Zoglinge der Anftalt. Den
AbJ<Muj3 bildet die Kinderfymphonie von Romberg. Jedem Zogling wird zur Erinnerung
eine Kunftpoftkarte mit Beethovenbildnis iiberreicht.
Vereinsfaal im Reftaurant „Bierglo<ke", Berlin N. Anfpradie des Chor-
meijters Riihrig in der Probe:
Liebe Sangesbrrriider! In diefem Jahre vollendet bekanntlidi unfer grower
klaffifdier Tonheros Ludwig van Beethoven (Zwifdienruf: „Wer"?) fein 150. Lebensjahr.
Es iff Ehrenpflidit des Vereins „Polyhymnia" (Zuruf: Bravol) diefen Tag in wiirrrdiger
Weife zu begehen. Da Ludwig van Beethoven nidits direkt fur Mannerdior gefdirieben
hat, au£er dem erhabenen religiofen Chor: „Die Himmel riihmen" — fo habe idi die
beriihmfen Lieder des Tonmeifters „Adelaide" und „Der Kuft" fiir vierftimmigen
Mannerdior arrangierf. Audi habe idi in einigen Sonafen des gropen Tonheros mandies
fiir Mannerdior Braudibare entdedst, und hat fidi unfer lieber Sangesbruder Kuhlmann
in dankenswerter Weife bereif erklart (Zuruf: Bravo!), diefen Sfellen Texfe zu unterlegen,
fodaff wir fie in fadigema)3er Bearbeifung in unfer Feftprogramm aufnehmen konnen.
Herrn Kuhlmann diirffen dafur einige Ehren- und Freikarten bewilligf werden. Herr
Kuhlmann befdiaftigt fidi audi bereifs fdion mit der Abfaffung eines Feffgedidites zur
Verherrlidiung Beethovens. (Zuruf: Kuhlmann unfer Diditer Proff Reft!) Naturlidi
446
werden wir nidi fausfdiliej31idi Chore von Beethoven fingen (Zuruf: fehr richfifl!). fondern
audi ein paar forrrfche Nummern und efwas fur's Herz, wie unfere Gaffe das den
Tradifionen des Vereins Polyhymnias gemaj3 gewohnf find. (Bravo, Chormeifler,
famos gefprodien, proft)
Kleine polififche Nachrichfen.
Dezemberparfeifag der Ungebandigfen Deuffchlands. Vorfrag „Beefhoven und
Sinowjeff, zwei Revolufionare", anfdilie)3end Diskuffion.
Das Reichsverwerfungsamf gedenkf die gro£en Fladien der Beefhovenfdien Sym-
phonien zu Reklamezwecken zu vermiefen.
o
Die Freie Vereinigung mufikalifdier Pazifijfen glaubf das Andenken Beefhovens
nichf wiirdiger ehren zu konnen, als da)3 fie feine milifariffifdie Eroica-Symphonie, mif
der der Meiffer den Siffen einer roheren Zeif Tribuf zollfe, dem Volherbund ausliefcrf.
Nur der Trauermarfch bleibe als warnendes Beifpiel des „Helden"-Schickfals erhalfen.
Die Gewerkf chaff en verlangen mif der Lofung
alsbaldige Sozialifierung der Beefhoven-Werke.
,Beefhoven gehorf dem Volke" die
Biicheranzeigen,
Hindenburg und Beefhoven, zwei Deuffdie. Fur die reifere Jugend.
Beefhoven der Jude.
(Verfaffer weiff in (iberzeugender Argumenfafion den Einfluj3 judifchen Blufes
in der Familie Beefhoven nadi.)
Beefhoven - ein Myfhus.
Ein auffehenerregendes Buck Auf Grund ffiliffifdier Erkennfniffe wird der Nadv
weis erbradif, daj3 die Beefhoven zugefdiriebenen Werke unmoglidi von ein em
Sdiopfer ffammen konnen. Der Name „Beefhoven" iff ahnlidi wie .Homer"
„Shakefpeare" ein individualifierfer Sammelbegriflf.
hoven haf vermuflidi niemals exiffierf.
Los von Beefhoven!
Der Noffchrei eines zeifgenoffifchen Kiinfflers,
Der Lauferungsgedanke bei Beefhoven und Wagner.
Beefhoven, Bebel, Bernffein, die drei gro^en B-e
Beefhoven und ufw. ufw.
Eine Perfonlichkeif Beef-
's*
Cafe „Mondfdieinfonafe*
tfiinfflerkapelle / Kulfurfanze
Prima Gebacfe!
<*>
Probieren Sie felbjf die deuffdie Kernfeife
Adelaide".
#
447
rifH
'."*&!*-;
Verantwortlicher Sehriftleitor 1'iir don besondereu Toil: Fritz Fridolin Windisch, lierlin-^iedersclionhauspji, .LincU'iisti'al.Jt' •!■'» b
Betveffende Ein sen dun gen sind an obige Ad r esse zu He] it en.
Der Kampf der Ordieffer
Zerfplifferungskrife in den feffangeffellfen Ordiefferverbanden.
Der wirtschaftliche Ruin Deutschlands setzt der
deutschen Musikkulfurinihrerfreien, geistbestimmenden
Entwicklung immer gewaltsamere Grenzen. Die Ent-
kraftung von auBen her steigert die Anzeichen inner-
licher Auflosung. Eine bedenkliche Krisis drohte in den
letzten Monaten dem deutschen Musikieban in der
Zersplitterungsbewegung innerhalb der einzelnen fest-
angestellten Orchesterverbande.
Bis zum Beginn des Weltkrieges waren die fest-
angestellten, stadtischen Orchester durch den All-
gemeinen Deutschen Musiker-Verband in ihren
wirtschaftlichen und beruflichen Interessen vertreten.
Mit der Datler des Kriegszustandes geriet die Tatig-
keit der Organisation ins Stocken. Der als Sonder-
vertretung innerhalb des Verbandes gegrtindete
Orchesterbund festbesoldeter Orchester
Deutschlands schied 1918 wieder aus dem Leben.
Die neue Zeit nach der Revolution brachte neue Ver-
haltnisse L und steilte auch die Organisation des AI1-
gemeinen Musiker-Verband vor ganz neue Forderungen.
Es kam zu einem ZusammenschluB zwischen dem
Allgemeinen Musiker-Verband und dem Zentralverband
der Zivilberufsmusiker Deutschlands; aus ihnen ging
der Deutsche Musiker-Verband hervor, der die
448
Interessen des Gesamtmusikerberufes im Gebiete der
Deutschen Republik vertreten soil. Mit der Neu-
ordnung des Verbandes unter der veranderten wirt-
schaftlichen und poliiischen Lage rttckte auch die Idee
der gewerkschaftlichen Organisation in den Vordergrund.
Der gewerkschaftliche Gedanke gab die erste Ver-
anlassung zu Meinungsverschiedenheiten, Es ist
selbstverstandlich, daB in einer Korporation ver-
schiedenster pdiitischer Richtungen die Hervorhebung
politischer Faktoren zersetzend wirken muB. Mit
Recht wurde innerhalb der Orchester gegen die Ein-
mischung der Klassenpolitik im allgemein kulturelie
Fragen Stellung genommen. Aber gerade diejenigen,
die in dieser Sache am hefsten Wort ergriffen, machten
als erste aus der rein wirtschaftlichen Angelegenheit
eine politische.
Der Zweck des gewerkschaftlichen Zusammen-
schlusses von Menschen aller politischen Richtungen
kann doch vernunftsgemaB gar keine andere Bedeutung
haben, als ein erprobtes wirtschaflliches Kampf-
mittel zu schaffen, das innerhalb der kapitalistischen
Gesellschaftsordnung eine durchgreifende Lohnbewe-
gung ermoglicht. Trotzdessen wurde gerade von den
Gegnern jegliche politische Einmischung in musik-
IMMM
organisatorische Fragen eine oppositionelle politische
Antipathie innerhalb der Orchester gegen den Gewerk-
schaftsgedanken heraufbeschworen, weil eine gewisse
Schicht von Orchestermitgliedern glaubte, durch her-
vorkehrung ihrer gehobenen, gesellschaftlichen Stellung
in Sonderverhandlungen mit der Regierung und in
Sondervertretung der Interessen iiber die Kopfe der
iibrigen Kollegen hinweg zu einer gtinstigeren Ge-
haitsregelung zu gelangen.
Herrschte durch dieses unsolidarische Interesse
bei dem einen Teil der Orchestermitglieder schon
Abneigung und MiBstimmung gegen den Verband, so
ausserte sich der Unwille in beruflfcher Hinsiaht all-
gemein, weil die Organisation keine berufsreine
Vereinigung bildet. Uber die Frage der Berufsreinheit
muB noch in einem besonderen Artikel abgehandelt
werden; sie wirft sich als ein schwieriges Problem
innerhalb des Musikerverbandes auf, erscheint mir
aber leicht losbar fur die Orchestergruppe, die sich
inzwischen die Anerkennung einer Sonderstellung
und die Zuerkennting einer weitgehenden Sonderver-
tretung im Verbande erkamp*t hat. Urn bei der An-
forderung von Aushilfe durch den Verband gegen eine
„unreine" Vertretung gesichert zu sein, brauchte nur
eine Priifungskomission aus je einem Vertreter der
groBen Orchester gebildet zu werden, die jeweils aus
den reichlich vorhandenen Qualitatskraften des Ver-
bandes ihren Bedarf versieht und in Reserve halt.
Auf der andern Seite ware berufslosgewordenen wert-
vollen Musikern durch dies standige Infuhlungbleiben
mit den Orchesterverbanden nicht jede Moglichkeit
benommen, wieder zu einer wurdigeren Ausubung
ihrer Kunst aufzuriicken.
Die Zersplitterungsgefahren sind voriaufig durch
die geschlossene Anerkennung der Einheitsorganisation
auf der Hauptkonferenz der Orchestergruppe behoben
Es erscheint mir aber fur kommende Faile histomch
richtig, die zurUckliegenden kritischen Komplikattonen
in diesem Zusammenhang noch einmal zusammen-
fassend zu beleuchten. "
Kurz, nachdem die allgemeine Bewegung der
festangestellten Orchester eingesetzt hatte wurde erne
VerfOgung erlassen, daB die neuzuregeinden Gehalts-
tarife und Anstellungsverhaltnisse an den preuBischen
Orchestern maBgebend fur alle ^ k ^\ un \ff' d
tischen Orchester sein sollten. Der Verbandsvorstand
b rS daraufhin im Dezember 1919 eine Konferenz vo
Vertretern der 4 preuBischen ^ndestheater-Orcheste
ein Der Deutsche Musikerverband wurde mit der
Interessenwahrnehmung der Orchestermitglieder be-
traUt Wahrend die Kommission noch tagte trat ein
Vertreter des Berliner Orchesters mit der Regierui-g
in Sonderverhandlungen ein, ^ ™?^?£
er auf auderer Grundlage, als von der K°^™*™ 9
gesetzt war Dadurch wurde die emheithche Fuhrung
der Bewegung gleich zu Beginn d« re hschnitten.
Der Antrag der Konferenzteilnehmer beim Kultus
minist daB zu alien weiteren Sonderverhandlungen
el« Vertretung der Organisation zugelassen sein
sollte, wurde mit dem Vorwande abgelchnt, daB man
sich in diesen Sonderverhandlungen mit den An-
gelegenheiien des gesamteu Biihnen- Personals be-
fassen wlirde, zu deren Beratung keine der bcteiligten
Organisationen hinzugezogen sei. Die verbands-
gegnerische Seite wird die Ansicht vertrcten, der
Deutsche Musiker-Verband sei zu den Verhandlungen
ausgeschlossen worden, weil ilin die BehOrden nicht
fu* 1 " kompetent zu Verhandlungen in Orchesterange-
iegenheiten erachteten.
Die Lage gestaltete sich so vcrwickelt, daB die
Orchester-Vertreter allein verhandelten, wilhrend die
Orchester nachtraglicu mit den Beamtenverbttnden in
Verhandlungen traten, und der Verband zugleich in-
folge des Organisationsdruckes eine Teuerungszulage
fUr die Orchestermitglieder durchsetzte.
Von d r e i verschiedenen S t e 1 1 e n wurde
gleichzeitig mit den Behorden verhandclt.
Unter diesen Zustanden hielt es der Verbands-
vorstand fur dringend notwendig, eine Konferenz von
Vertretern aller festangestellten Orchester nach Berlin
zu berufen. Sie trat im Februar 1920 zusammen und
beschloBerneut, nur durch bezw. mit dem Deutschen
Musikerverband zu verhandeln. Dem Verbands-
vorstand wurde die Vollmacht zuerkannt, die
Orchester aufzurufen, falls der Verband nicht als
Berufsvertretung der Orchester respektiert werden
sollte. Trotz dieser Resolutionen verhandelten nahezu
samtliche Orchester ohne den Verband mit ihren
Behorden, vielfach unter Hinzuziehung von Beamten-
verbanden.
Der Verbandsvorstand lehnte unter diesen Ver-
haltnissen die Verantwortung ab und nahm davon
Abstand, einen Aufruf der Orchester zu veranlassen.
Die Behorden, denen die zerfahrenen VerhaMtnisse
nicht unbekannt blieben, verstarktee ihren Widerstand
gegen die Forderungen der Orchester. Die Nachteile,
die daraus erwuchsen, wurden immer schwerwiegender.
Der Konflikt innerhalb einzelner Korporationen war
derart zugespitzt, daB Gefahr der Auflosung bestand.
Die Hauptkonferenz der Orchestergruppe am
16 und 17. September 1920 sollte die Entscheidung
bringen. Die gewerkschaftliche Einheits-
organisation wurde erneut durch einheit-
lichen BeschluB anerkant.
In den neu festgesetzten EntschlieBungen muB die
UnterstUtzung der AnschluBbewegung an die Beamten-
organisationen durch den Verbandsvorstand als ein
KompromiB innerhalb des Musikerverbandes ange-
sehen werden. Eine weise Einsicht hat das Beamten-
angestelltenverhaitnis in der deutsshen Musikerschaft
aufgehoben. Die Interessen der festangestellten
Orchestermitglieder ktfnnen ebenso wirksam von
von der gewerkschaftlichen Organisation innerhalb
desEinheitsverbandesalsvondenBesmtenorganisatonen
vertreten werden. Es handelt sich in dieK-n Sender-
bestrabungen urn weiter nichts als urn die Hervor-
kehrung von Klassenprivelegien.
Lebhal* zu befUrworten ist die engere Interessen-
gruppierung der einzelnen Musifcerkategorien inner-
449
w-
halb des Verbancles wie die Wahl eines besonderen
Sekretars fQr die Orchestergruppe, die Einrichtung
einer besonderen standigen Rubrik im Verbandsorgan
fiir orchesterorganisatorische Fragen und eine weit-
gehendere Verkehrsfreiheit der Orchester mit dem
Verbandsvorstand. DagegenistjedeKlassengruppierung
aufs entschiedenste zu verurteilen. Innerhalb des
Verbandes gibt es nur eine Berufsklasse : Musiker.
Die Beamtenqualifikation des Musikers steht im
Gegensatz zu der freien Ausubung des Musiker-
berufes und wirkt degenerativ. Alte verbrauchte
Krafte stehen an vorderster Stelle und konnen nicht
durch den jungen, lebendigen Nachwuchs ersetzt
werden, wenn das pensionsfahige Alter noch nicht
erreicht ist. Der ausubende Musiker ist ein
qualifizierter Arbeiter, dessen Qualitat nicht mit zu-
nehmendemAIterwachst, sondern sich eher vermindert.
Auf der letzten Hauptkonferenz riickte das vvirt-
schaftliche Moment stark in den Vordergrund. Es
wurde einstimmig die EntschlieBung angenommen,
daB die Orchestergruppe, die bisher nach kiinst-
lerischen Gesichtspunkten geteilt war, nunmehr vom
Verbandsvorstand in wirtschaftliche Gattungen
(nach ihrem Angestellten-Verhaitnis) in eine Gruppe I A
und I B zu scheiden ist.
Die in der Februar-Orchesterkonferenz hinsichtlich
der Anstellungs- und Besoldungsverhaltnisse auf-
gestellten Forderungen wtirden erneut bestatigt und
als richtunggebend anerkannt. Die damaligen Be-
schliisse wurden dahin erweitert, daB ein einheitliches
Anstellungsverhaitnis aller Mitgiieder innerhalb der
einzelnen Orchester angestrebt werden soil.
<8>
I3ber Programm-Reinheif
Von Felix Schmidt.
Walter Fischer brachte neulich im Dom einen
Regerabend, und zwar: zwei Orgelsonaten und da-
zwischen die Phantasie iiber „Wie schon leuchtet der
Morgenstern\ An dem Programm failt dreierlei auf:
1. Den ganzen Abend nur ein Komponist!
2. Den ganzen Abend nur ein Instrument, die
Orgel (keine Geige, kein Gesang etc)!
3. Die Dauer: nur eine gute Stunde!
Was ich daraus herleite? Nehmen wir den
einzigen Fall an, der einer ernsten Betrachtung zu
Giunde gelegt werden kann, daB der Horer voll tiefen
Verlangens vor das Kunstwerk hintritt; denn dies
ist der Sinn:
„Gleich wie der Regen und Schnee vom Himmel
fallt und nicht wieder dahin kommt, sondern fruchtet
die Erde, daB sie gibt Samen zu saen und Brot zu
essen: also sol! das Wort, das aus meinem Munde
gehet, auch sein; es soil nicht wieder zu mir leer
kommen, sondern tun, das mir gefallet, und soil ihm
gelingen, dazu ich's sende"
Der Horer sucht also die seelische Einstellung
auf den Komponisten in seinem vorliegenden Werk.
Diese Einstellung ist naturlich nicht die Sache weniger
Augenblicke, nach deren Ablauf etwa alles erledigt
ware, worauf der Komponist nun bloB noch abzu-
schnurren hatte; man kann die Sache auch so an-
sehen, daB diese seelische Einstellung, und besonders
wenn wir einem neuen Werke gegeniiberstehen, —
sich erst mit dem Ablauf des Ganzen vollzieht. Ver-
gessen wir nicht, daB diese Einstellung eine gewisser-
maBen positive Leistung des Horers ist, und nun
lehrt wohl jeden seine personliche Erfahrung, daB
man sich, vorausgesetzt, daB man es mit bedeutenden
Atitoren zu tun hat, an einem und demselben
Abend nicht gut in deren viele vertiefen kann. Das
ist vieileicht eine zu personliche Ansichi Nun, sei
dies wie es sei, aber es kommt doch immer wieder
nur auf die Intensitat unseres Erlebens an; und wenn
eigentlich s-hon jeder Sterbliche eine Welt fflr
sich ist t so werden wir uns von einem .ungewohn-
lichen" SterbHchen skher noch weniger scbnetl
trennen konnen; ---. wie gesagt; Auffassungssache!
Aber hier kann ein Grund liegen, weshalb die
Programm-Einfachheit hinsichtlich der Zahl der Kom-
ponisten so giinstig sein kann.
Sodann: Den ganzen Abend dasselbe Instrument!
Die Einstellung des Sinnes auf ein Instrument ist
auch eine gewisse Leistung des Horers. Wer z. Bt
sonst allerhand, aber Orgel wenig gehort hat, wird
sagen: ich muBte mich zuerst daran gewohnen. Das
ist zwar nur der naive Standpunkt; aber auch sonst:
Das Horen eines neuen Instruments in demselben
Konzert bringt dem kultivierteren Horer, dem ver-
tiefteren Horer, nicht sowohl eine angenehme Ab-
wechselung oder Erlosung, als vielmehr, wie be-
hauptet werden kann, eine gewisse Ablenkung von
etwas Wichtigerem. Es wird vielen bekannt sein,
daB man hohe und hochste Erhebung so einem Abend
verdankt hat, wo aile zwanzig „MQIler"-Lieder, wo
das ganze „wohltemperierte Klavier" von 1 bis 24
gebraucht wurde, obwohl ich letzteres auch fiir eine
Gewaltleistung halte. Aber man wird das oben Ge-
dachte dennoch verstehen. Es entsteht auch bei
einer solchen „Gewaltleistung" eine Vertiefung unseres
Erlebens, die fur den liebevollen Horer etwas kost-
liches hat.
Was ist an jenem Fischerschen Programm noch
von Belang? Vieileicht die Einheitiichkeit hinsichtlich
der Kompositionsgattung. Zwei Sonaten und nur eine
andere Sache dazwischen, eine Choralphantasie. Gut
so; aber, da gerade von Programmreinheit die Rede
ist, sei, rein programmtheoretisch, die Frage gesteilt,
ob die beiden Sonaten allein nicht noch feiner da-
gestanden hatten (zu wenig war es sicherlich nicht).
Ja selbst zu einer solchen Sonate wiirde man
den Weg nach dem Dom machen — im Ernst, — wie
sollte das nicht genugen! Man woile sich dessen
bewuBt sein, daB der reproduzierende Kiinstier nicht
nur Stunden sondern ganze Wochen und Monate aus
einem Werke, dem er sich gerade widmet, geistige
Nahrung zieht und die ganze Zeit hindurch, ahnlich
wie vieileicht der Schopfer damals, gleichsam auf
einer hoheren Ebene wandelt!
450
" y??mik^iM^£smxx^. . . ■.
:■!
Wichfige neue Mufikalien, Bucher und Auffafze
liber Mufik,
mitgeteilt von
Professor Dr. Wilhelm Altmann, Berlin-Fricdenau, Sponlioi/.sti. rvi-51.
Diese Zusammenstellung, die moglichst in jcdein I left dicser Zcitschrift crfolgen wild, will ;uu h noch un-
gedruckte groBere Werke, vor allem Symphonien, syniphonische Dichtimgen, Konzcrtc, Kamiuermusikwerko, Oporn,
Chorwerke mit Orcbcster etnbeziehen, urn namentlicb Dirigenten datauf aufmerksam zu luachen. Diojenigen TonsetA-i,
die derartige Werke (jedocb nicbt etwa Klavierstuckc, Lieder, Manncrchorc) fertig ...men, wcrdeu gebcten, mich davon
in Kenntnis zu setzen, docb behalte ich mir die Entscheiduug uber die Aufnahme vor. Diese kann audi bei gcdinddcn
Werken weder durch ein Inserat nodi durch Einscndung der bctrcflciidcn Musikstiicke oder Hiidier erzwungfu wcrdeu
Riicksendung etwaiger Einsendungen wird grundsatzlich abgciehnt.
Die Hinzufugung des Verlags wird Bcstellttngeii crleichtcrn. Zu den nugegebeuen Preisen kotunit imtiu-r
nodi der sogen. Teuerungsaufsclilag seitens des Verlegcrs hinzu; cr sebwankt bekanntlidi, moist abei betriigl er 200" (l .
Der fruhere Sortimenterzuschlag von 10% darf niclit melir crlmbcn werden.
Sverdloff, Lazar: Konzert f. Viol ti Velio noch un-
gedruckt [Uraufflihrung 1 11. Berlin]
L In{frumenlalmufik
a) Orcheffer
Dornsch, Max: Fastnacht. Ouverture noch ungedr.
HaaB, Hans [Aachen]: Sinfonietta in c noch un-
gedruckt
Scharwenka, Philipp: op. 60 6 Seestucke f. Klav.
bearb. f. groB Orch. v. Erich Maafi ungedruckt,
zu erhalten durch Erich MaaB Berlin NVV Altonaer-
straBe 1
b) Kammermufik
Brahms, Joh.: op. 120 Zwei Sonaten f. Klarin. u. Pfte
bearb. f. 2 Pfte zu 4 Hdn (Max Laurischkus). Part.
Simrock je 4 M.
Laurischkus, Max: op. 31 Trio f. Oboe, Horn u. Kiav.
noch ungedruckt [Urauffuhr. 20 10. Berlin]
Scharwenka, Philipp: op. 122 Streichquartett unge-
druckt, nachgel. Werk. Part. u. St. im Besitz von
Erich MaaB, Berlin NW Altonaerstr. 1
c) Sonffige Inffrumenfalmulik
Haas, Joseph: op. 3 Zehn Choralvorspiele I Orgel.
Oito Forberg, Lpz 1,50 M-
Kohler, F A.: op 56 Sotiate Nr 4 (h) f. Kiav. Kahnt,
Lpz 3 M. . , 17
Lemare, Edwin H.: op. 96 Variations seneuses, op. 97
Air with variations. F. Orgel Schott, Ma.nz
j e 2 M
Melartin, Ertiti: op. 88a Mlniafnren f. Pfte. Lindgren,
Helsingfors Nr 1-5 je 2 M. Wnrtpn
Niemann: Walter: op. 71 Suite f. Pfte nach Worten
von Hermann Hesse. Kahnt, Lpz 4 M.
Peters, Rudolf: op 4 Sechs Charakterstucke f. Pfte.
Simrock 4,50 M. . , .
Petyrek F : 24 ukrainische Volksweisen f. Pfte ge^etzt.
<W. Barclay Squire). Chester, London Bo. 1-4
ip 1 M
„ l, \, i ^n 9 Snnate (c) f Klav. noch tinge-
Rathaus, Karl: op 2 donate ^ i. *\
druckt [Urauffuhrung 28. 10. Berlin]
IL Gefangsmujik
a) Opern
Anton, F. Max|Osnabruck|: Die Getreuen. Trag. Oper
noch ungedruckt
Scarlatti, Doinenico: Le donnc di buon ntnore. Coin-
media coregrafica. Klav.-A. (Vine. Tommasini)
Chester, London 15 M.
b) Sonffige Gefangsnuijik
Kunz, Ernst: op. 15 Sechs volkstlimliche Lieder aus
„Des Knaben Wunderhorn" f. gem. Chor. Hug, Lpz
Part- je 0,30 M.
Moritz, Edvard: op. 8 Drei Duette f. Sopran ur.d Alt
m. Pfte. Schott, Mainz 3 M.
Peterka, Rudolf: FUnf japanische Lieder f. 1 Singst
m. Pfte. Steingraber, Lpz je 1,50 M.
Rachmaninoff, S.: op. 35 Glocken Poem f Orch.,
gem. Chor u. Solost Gutheil, Moskau. Orchester-
Mat. leihweise; Kiav. -A. (A. Goldenweiser) 20 M
Sehoeck, Othmar: Trommelschlage f. gem. Chor und
groB. Orch. Breitkopf & Hartel. Part. 12 M.
Schreiber, Fritz: op. 10 Orei Lieder f. 1 Singst , Viola
m. Pfte. Universal-Edit. 2 M.
Weber, Fritz: op. 22 Kinderiieder I einst Kinderdior
mit Pfte- Kahnt, Lpz 3 M.
HI. B tidier
und Zeitfdiriften-Auflai)
(alphabetisch sowolil nach Slichworten wie n^i
Vrfassern eeordnet. Bci Zeitsdiriften-Awlsfc? xj
A Oft
Vrfasserri geordnet. Bci /.eitscrirmen-Atii*«. .en ist
inMU -.;- mit Nr die des laufcnden Jahrgangs ^emunu
Arakischwili, Dimitri — s. Georgien
Bach, J. - s. Wien
Beethoven. Rezitativ-Sonate [op. 31, 2J, - /on Hieodor
Frimmel — in: Neue Musik-Ztg 3
Casella, Alfredo, unser Gast. Von Paul Stefan «
in: Musikblatter des Anbruch.16. Vgl. audi Ravel
451
;'-:*ito*n
Englander, Richard — s. Mraczek
Oeorgieo. Das georgische Volkslied und die Kultur
der Georgier. Von Dimitri Arakischwili — in:
Neue Musik-Ztg 1 u. 2
Gesang, Meister des Gesanges- Von Max Steinitzer.
Schuster & Loffler, Berlin 10 M.
Gugitz, Gustav — s. Mozart
Handschin, J. — s. Petersburg
Harmonik, Zum Wesen der. Von Ernst Kurth — in:
Musikblatter des Anbruch 16
Hensel, Heinrich [der Sanger]. Von Bertha Witt —
in: Neue Musik-Ztg 2
Hundoegger, Agnes — s. Tonika-Do
Jarosy, Albert — - s. Sowjet-RuBland
Klunger, Karl — s. Reinecke und Scheidemantel
Kritiker — s. Musikkritiker
Kurth, Ernst — s. Harmonik
Lehmann, Lilli — s. Mozart
Mahlers Kindertotenlieder, Betrachtungen des Ketzers
L. — in: Rhein. Musik- u. Theater-Ztg. 42;3
Marsop, Paul — s. Musikkritiker
Meister des Gesanges — s. Gesang
Mozart. Die Salzburger Don Juan-Auffuhrungen im
Jahre 1906. Von Lilli Lehmann —in: Mozarteums
Mitteilungen 1
— . Zu Ms. Tod. Nach ungedrucktem Material von
Gust. Gugitz — in: Mozarteums Mitteilungen 1
Mraczek. Zum Schaffen Josef Gustav Mraczeks. Von
Rich. Englander — fn: Neue Musik-Ztg 2
Musik als volksverbindende und volkserziehende Macht.
Von Hermann Unger — in: Feuer (Wiesbaden).
Oktober
Musikalien aus der zweiten Haifte des 16. Jahrh. —
s. Zerbst
Musikinstrumente, alte, in Wien — ff. Wien
Musikkritiker und Zeitungsinserat. Von Paul
Marsop — in: Neue Musik-Ztg 2
Obertone. Von Curt WeiBe — in: Allgem. Musik-
Zeitung 42
Pannier, Karl — s. Urheberrechtsgesetze
Petersburger Kunstnachrichten. Von J. Handschin —
in: Signale f. d. musikal. Welt 43
Puccini, Giacomo. Gesprach eines Wiener Musikers
mit G. P. — in: Musikblatter des Anbruch 16
Ravel, Maurice. Von Egon Wellesz — in: Musik-
blatter des Anbruch 16
— und Casella. Von Paul Stefan — in : Der
Merker 19 20
Reinecke [Willi] u. Scheidemantel. Eine metho-
d >Iogische Unrersuchung. Von Karl Klunger —
in: Neue Musik-Ztg 1
Rufitoiid — vgL Sowjet-Rufiland
Schaun, W. — s. Volksschullehrer
Scheidemantel — vgl. Reinecke
Schlosser, Julius ~~ s. Wien
Schmutzler, Rolf — s. Stimmregister
Schreker, Franz: Ober die Entstehung meiner Opern-
biicher — in: Musikblatter des Anbruch 16
Sowjet=Ru61and- Musikleben in. Von Albert Jarosy —
in: Allgem. Mus. -Ztg 42
Stefan, Paul — s. Casella; Ravel
Steinitzer, Max— s. Gesang
Stimmenregister, Ober. Von Rolf Schmutzler ~~ in:
Die Stimme 1
Stiickgold, Gretel. Von Richard Wiirz — in: Neue
Musik-Ztg 1
Thorsen, Inge [Sangerin]. Von Bertha Witt — in:
Neue Musik-Ztg 2
Tonika-Do-Methode, Die, und ihre Anwendung an
hoher. Madchenschulen. Von Agnes Hundoegger —
in: Die Stimme 1
Unger, Hermann — s. Musik
Urheberrechtsgesetze, Die, an Werken der Literatur
und Tonkunst, hrsg. v- Karl Pannier. 5. Aufl.
Reclam, Lpz ■ 4,50 M.
Volkskunstwacht. Ein Beitrag zur richtigen Wertung
des Volksliedes. Von Benno Ziegler — in: Neue
Musik-Ztg 1
Volksschullehrer. Ober die zuktinftige musikalische
Ausbildung der V. Von W. Schaun — in: Neue
Musik-Ztg 2
Volksverbindende und volkserziehende Macht —
s. Musik
Weingartner, Felix, hat das Wort — in: Signale f- d.
musikal. Welt 42
Weise, Kurt — s. Obertone
Wellesz, Egon — s. Ravel
Werner, Th. W. — s. Zerbst
Wien. Die Sammlung alter Musikinstrumente im
kunsthistor. Museum zu Wien. Beschreibendes
Verzeichnis von Julius Schlosser. A. Schroll,
Wien 175 M.
— . Statistik der Meisteraufflihrungen Wiener Musik
(26. Mai bis 13. Juni 1920). Von J. Bach — in:
Der Merker 19/20
Witt, Bertha — s. Hensel; Thorsen
Wiirz, Richard — s. Stiickgold
Zeitungsinserat — s. Musikkritiker
Zerbst. Die im herzogl. Hausarchiv zu Z. aufgefundenen
Musikalien aus der zweiten Haifte des 16. Jahr-
hunderts. Von Th. W. Werner — in: Ztschr. f.
Musikwiss. 12
Ziegler, Benno — s. Volkskunstwacht
. .. ... **&»,.
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Inhalf aus den le^fen fedis Melos-Heffen:
Heft XIII
(HCLIO BAS-Mailand
Prof. CART, EJTZ . -
HE LNKICR KOSZNICK
GEJIRARD STRECKE
. . DynamJsmus unci Atonalita!
, . Yon don natiirliidi rriiuut
Stinirmingsverhaltnisson
. KlaviorteOinik u. \YoM cinslni 1.
. .Neuero douiscdio a eappolla-
Werke gr often St i Is
WALTHER HOWARD .... Die Hohenla-on dor Kunst
Dr. HUOO EEICHTEXTRTTT . Zur Asthetik
Prof. Dr. WILHELM ALTMAXN Bodeutondo Nruorschoinuni^n
mid Manuskripto
NOTEN T BEJLGE: Fritz Frid. Windisnh: Zwoi Stiioko aus don
.JHangvisionon'C Nr. t i'iir Violirm alluin, Nr. 2
i'iir Vioiine and Brats dun
Heff XIV
Dr. HANS MKliSM.WN
Dr. KliNST Kl UTII . .
Heft XV
1 he I n1 ri .-ucltii n<; tti'th'i i-c tun
>ik;ill>rJK'!' KtlM'-t U.'l k<>
|{nin;nit m-Iic I la niioii ik n. ihiv
K risi' in W.ir.ni'i"' ,.Tri--ta u", 1
Tdiiih;iI h.-malik Tmidwil inip
. I»a-. M..mt Klavi.-r
. Wid.-r di« V.-rh-jit.r
I\ cit. r-c In- Iti't cuhl -wi if.- 1 n til it t
das nioilrrnt' I ,iml mil li.-nn k
sirht i^um: vim 1 .it-di-rn uinl < *f
:-ii ii ;-•• i] vnii iMaiil'ri'il ( iurlitl
I'rol". Dr. WILHKDM ALTMANN In-d.-utmid.. N.-u.-rMdminm.;;.-!!
und Manu'dinph-
NOTENBEIPAOK: Arthur SOundi.d : II. Sntz d.-r Sonale fiir
Holo-Violinu
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NOTEIsBELLAGE:
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Kriso in Wagners B Tri.stan
Molodie
Das Wortmu.sikali.soho um
none Diehtun^
Musi kstonogra.pl) ic
Fiir die Yorlegor
Buchbosproohun^
Bodoutende NouorsOioinin
und Manuskriptn
Hindomith: Nr. VI. aus ; ,Du cino Na
Traumo und ErJobnisse. op. li>. FurKP
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(ilDLK) PAS Kin Kundami'iital-dt'SHl
Musik
Dr. ERNST KDKTM . - .
d.'
Mr. MAN'S JOACHIM MnShIR
Dr. KAT1I1 MKYKK
lil'D. SOMCLZ-lMJRNBPKO-
BoOllim
Ktnn.'int i:-i In- I lanimiiik u iliir
K rise in WajnnTs .,'IYr I an". I I I .
Snnl'1 ;ils AimialM
has St ilpnmlt-m in d<>r Mn.-ik
)|MT
und
K.-vuhilinn
ivirr
fro I'. Dr. WI DHULM ALTMANN I1rdi-ut<>iid» NVii.TsHmiriinii.M-ii
und Mauuskripti'
Heff XVII
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Dr.
.BE I.
D r.
AUC
II. \
D
ProJ:
i\0'l
ADOLF AI3ER Wohin dos Wejrs?
jA.BA.RT0K Tier EinlJoft dor VoLksmusik auf
die houtigc Kunstmusik
HERM. STEPHANI . . • - Parthuron
H'ST LEOPOLD SASS . . Deutsche SchuLum Ootgenspiol
EFTNZ STLCKENSCHMIDT Ntmo Liodor
ILEENRIOH KNUDT-Wuui . Z»rPsy<dioIo^ie dos Konii>onjst.
Dr. WILHELM ALTMANN Bedoutondo iVfniorsdteinnngon
und Manuskripto
-INTBEIIjACrE: Eduard Erdmann:' Zwoiter Satz aus dor
Sonalo i'ur \'iolino alloin
I'til/in-rs Aslliclik
\>']f Sniuili' III i Viniim-
vnn A rt nr Si lin.di'd mil '■
Nntcn hci, 1 -)ii'd«'li
l(< , iM<'f'kiiN|_v , n /ii Jn>id
SOiril'l v«nn AWvii d--
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Pml". hr. Wl I. II I';CM ALTMANN ll.-rinn. ■(..!.- N< -m-i ■ -. d;n
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453
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llllillliliilllllillllllllllllllilllM Illlllll!ll(!|][|itr
| E. M. von RE2WICEK
| Die neue Symphonie in f-moll
§• fand im 2. Nikifch-Konzerf in der Berliner Philharmonie
| eine begeifferfe Aufnahme.
= Aufterungen.der Presse;
1 Ein Werk von reifen Qualitaten, in dem sich das vom Leben und VVirken gestaltete,
H abgeklarte Bekenntnis zur reinen Kunst wiederspiegelt
B Wundervoile, fest abgegrenzte Stimmungsbilder von hohem poetischen Keiz! . . -
I Das Scherzo deutet in seiner Frische und Schlagfert igkeit direkt auf Beethoven. ...
1 Ein Werk, das seinem Meister zur Ehre gereicht und eine willkommene Be-
ll reicherung unserer symphonischen Literatur bedeutet
| Nikisch war dem Werke ein liebend-sorgfaltiger Ausdeuter, die Zunorerschaf t
1 nahm die Neuheit enthusiastisch auf und ehrte ihren Schopfer (lurch sturmische
W Hervorruf e.
| Friiher er{chienen:
| SVMPHONIE Bdur
1 VATER UNSER, Choralfartfafie fur gemifdifen Chor mif Orgel
| PRALUDIUM UND FUQE. fur Orgel
I DREI LIEDER mif Klavier, hodi und miffel
| (Marz - Denk' es, o Seele - Der Gludchdie)
| N. SIMROCK g:S: BERLIN ™» LEIPZIG
w"
Ililillil
Ausgewahlfe rufiifdie Ordiefferwerke
Mlli Balakirew
Erste Symphonie Cdur v&ri - ltxxr 94 M. Stimmwi 40 M
Zweite Symphonie Dmoll partitur , Mt stimmon 3H M.
Russia. Poemo symphonique ^.^ g ^ SUmim , n 20 M.
En Boheme. Poemo sy m P honi $£ ifclu . 10 M . stimmen 20 M.
Spanische Ouverture
Symphonie Hmoll Op- 12
Polonaise Op. 16
Partitur 10 M. Stimmen 20 M.
S. Liapunow
Partitur 24 M. Stimmon 40 M.
Partitur 6 M. Stimmen 12 M.
Musik in Shakespeare's Tragbdie . T Ktinig Lear"
Partitur :w M. bttmm<ui >M M.
OiiverUm- zu Shakospeares Tragml'm „KoniK Pmr'
oinzeln
Partitur 5 M- Stiimnon 10 M.
Chopin Suite V'n-r Stik'ke von Vr. Chopin
In I' profits Orrhesf.^r Lnbtnunrnticrt
1. Proambnle (Eturir,. 2. M;i7.urka., 3. hit'.-rnu'Zzo.
4. Finale (Scherzo) #
Partitur 12 M. Stimmwn 30 M.
Concerto Jm Klavier und Orehoster •
Partitur 40 M. Stimniwi 40 M
ielasova Vola. Poeme symphonique^.^7 ^^ 2Q M
HachiSCh. Poiuno svmphoniquo oriental Op. 53
Partitur 20 M. htirnmen «ib IM
Rhapsodie sur des thftmes de rOukraine
Jfiir Klavier unci Onlu^ter
Partitur 12 M. Stimmen 18 M.
Second Concerto Op. 3* fur Klavier und Ordmsfr
° Partitur 10 M. Stimmon 24 M.
A. S. Tan^iew
Festlicher Marsch Op. 12 partritur 4 If. Stimmen 8 M.
Zweite Suite Fdur Op. 14 parUtuT 16 M> stimmon 30 M.
Deux Mazurkas Op^M ^ Sfcinimon 6 M . Nr 2 Stimmen 4 M.
Zweite Symphonie Bmol! Op. 2^.^ ^ ^ ^^ ^ M _
Hamlet Ouverture
Partitur 8 M. Stimuion Hi M.
Tiniakow, A.
Suite (Dem Audenken Balakirejvs g«wi._ln.<>t^
Partitur lb M- fatinunun .*0 M.
Kopylow, A.
Voh . von lul.HetorZlmmennanni.U g.Berlln
455
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DER KUNSTTOPF
Mortfitsfchrift herausgegebenvon der No^vemfoergruppe
Die Zeitschrift ruft zum ZusammenschluB
al!er kiinstlerischen Krafte auf. Sie entsteht
atis der Gemeinschaft der radikalen Kiinstler
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Aus dem Inhalt der erschienenen Hefte:
Heft I:
Text: [-1 . Kosniek: Dor en tfes.se Ite Pro mot hens
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yclKu.ista.tfc / Das blaue Winidcr: Peter Leu:
Worte zum Wandbild im H'orsaal der Oharite,
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Kunst / Max Krnriso: Kunst — Hundwork
Heinrieh v. Hod d ion : Zu metnen Pi idem
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Complainte. Dumka
5emo Mazourka. D dur
2eme Scherzo. B moll .
2eme Nocturne. Hmoll
Novelette
Some Scherzo. Fis dur .
Valso di bravura . . .
Valso melaneoliquo . .
Gondellied
Berceuse
Tarantella
Va.lse Impromptu . . .
Capriccio
Sonate B moll . . . .
4eme Valse. B dur . .
Toccata
3erae Nocturne. D moll
Ceme Mazourka. As dur
Tyrolionne
5eme Valso. .Des dtir
Humoresko
Chant du peeheur . . .
6omo Valse. Fis moll .
Reverie
Phantasiestiick . , .
Serenade espagnole . ,
La Fileuse ......
"erne Mazourka . . . .
7eme Valse
Esq ins sos ......
Akimenko/^h.
Cinq Morceaux. Op. 55.
No. 1 Prelude . . . .
Polka . . . . •
Reverie . . . .
Etude Cismoll .
Valse As dur . .
Komplett in 1
2,—
2.50
2^0
2 —
2,50
2,50
3,—
2,—
2 —
2^50
2,50
3,—
4,—
5,—
3,-
2,50
2,50
2.50
2,50
3.—
2,50
No. 2
No. 3
No. 4
No. 5
2 —
2—
X—
2
&0
2,50
2,50
3,—
3;—
: : l-
. . i,_
• • V~
. . 1,50
Heft 3,—
Liapunow, S.
Op. 3. Re.verie du soir . . 1.50
Op. 11. Etudes d-execution
transcendanta.
Etude T, Berceuse. Fis dar 2,—
„ II, Rondo des fant-
tdmes. Dismoli 2.50
IT I, Carillon. Hdur 2,50
IV, Torek. Gismoll 2,50
,. V, Nuitd'ete. E dur 2,50
VI. Tompete. CJis moll 2 —
VJT, IdyJie. A dur . 2,—
YX1T, Chant epique.
Fis moll . ' . . 4,—
IX, Harpes oollennes.
dm- .... 2,50
., X, Eesghinka.
Hmoll .... 2,50
„ XI, Ronde des
S>Uphes. G dur 2,50
„ XII. Elcgie en nie-
moire de Frane.
Liszt. E moll . 3,~
Etude I— VI kompl. in 1 Bd. 7150
„ VII-XII „ „ 1 ,. 7.50
Op. lb. Polonaise . . . . '. 2,50
Op. 17. 3emoMazourka,Esmoli 2/>0
Op. 18. Novelette 3,—
Op. 19. 4emo Mazourka Fmoll %—
Op. 20. Valse pensive ... 2 50
Op. 21. 5eme Mazourka. B moll l\\—
Op. 22. Chant du Crepuseule 2,—
Op. 23. Valse Impromptu . . 2.50
Op. 24. 6eme Mazourka. Gdnr 2^50
Op 25. Tarantelle h_.
Op. 20. Chant d'automne . . 2 -
Op. 27. Sonate ^_
Op. 29. 2emoValseImpromptu 2,—
Op. 31. 7eme Mazourka . . . 2,50
Teuerungszuschlag 250%. (einschlieBlich Sortimenter-Zuschlage)
Verlag von Jul. Heinr. Zimmermann in Leip^Icj
Querstrasse 26 28
Greischaninow, A.
Op 53. Quatre Mazurkas . .
Op ; 61. Pastels. 2me eoli-
Huit .Morceaux mininturcs.
Komplett
S e p a. r e. mont:
No. 1. PKdiide . . .
No. 2. Oapric* . . .
No. 3. Caresses . . .
No. 4. Conte ....
No. 5. Valse ....
No. G. Reproehe ....
No. 7. Moment douloureu
No. 8. Epilogue ....
Karpow, Michel.
Op. l. 4 Morceaux.
No. 1. Prelude ....
No. 2. Pi'tit etude . . .
No. 3. Reverie ....
No. 4. Valse
Komplot
Op. 2, Nocturne ....
Op. 3. 2emo Valse . . .
Kryjanowski, jr.
Op. 13. Tnis Morceaux.
No. 1. Melodie
No. 2. Valse
No. 3. Romance . . . .
Op. 14. Valse de Concert . .
Maykapar, S.
Op. i5. Suite pastorale a
I'usage de Tenfance.
No. 1. An matin. No. 2. La
Plainte. No. 3. An soir. No- 4.
Intermezzo: La flute du bor-
der. No. 5. Dialogue. No. C.
Epilogue: La imit.
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und Berlin
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06
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Krsfheint: am 1. and 16. jeden Monats. Zu beziehen durch die J'ost.anst-alten, Uuch- unci MusikaUtmlmndl nngeri. A uslirfVrun-.u .din
l'ur di,n lUudihandel: K. Sinrrock, G.m.b.H., Leipzig.- GeKdiaftsstcdlp^M.-los-Vnrlag, fi. m. b. II., H'Tlin-WVi ttmtsee, Il.-rlim-r All.-,. 71
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V.-./nitworMioh ffl'r den Tnseratenteil: C Hermann. Herlin-We^ensre. I-Vrnmf Ws. 126. - l>reis d«s Kirm-lbeRes Mk.3.- (Aiisland Mk.7,->.
Vinru-ij.-Aboi n. Mfc. U - Auskmd Mk. 37.-) einschl. ZnstcIIung. - l'nstM-heckku.ilo VmW Berlin. ■ An/.M^npr-f d. vier^-sp. /...I.. Mk. I-^.
Nr. 20
Berlin, den j. Dezember 1920
I. Jahrgang
INHALT
JOSEF HAUER Mufikalifdie Bildung
H SCHULTZE-RITTER "Clodies a fravers les feuilies" (Images pour
Piano seul, 2 C Serie Nr. 1)
ARNiorn srHONBERG Da s Verhalfnis zum Text
fSSS Hans Pfizer als Lehrer und Perlonlichkeif :
Prof. OSCAR BIE Salzburg
FRITZ FRIDOLIN WINDISCH . . . Berufsreinheif im Mu&kerffand
frwTm TFMDVAI ... Auslandifdie Mufikbiidier
Prof. Dr WILHELM ALTMANN . . . Bedeufende Neuerfdieinungen und Manufkripfe
NOTENBEILAGE: Paul Hindemifh „Sfreffa (Basso ostinafo)"
JMELOS"
in einer Luxusausgabe
erfdieinf mondflidi einmal im Kunffverlag
Frifc Gurlift, Berlin W 35
>-.'^lB»...
Mufikalifche Bildung
Nachtrag zu deni im Verlau Waldheim-
Eberle, Wien-Lcipzig, erscliieucnen Werk
„Vom Wesen des Musikaliselien"
Von Jofef Hauer
Seif Beethoven iff die Mufik in erffer Linie eine gefellf diaff lidie Veranffaltung ge-
worden, zu deren Infzenierung meiffens ein groj3er Apparaf, viel Routine und eine
gufe Organifafion erforderlich find. Die Fachleufe unferfcheiden daher (in vollffandiger
Verkennung des Mufikalifchen) zwifchen Theater-, Konzerf-, Hammer-, Hausmufik etc.
und erblicken darin fogar einen gewiffen Werfmaj3ffab. Sie frennen die mehr „be-
fcheidenen" von den „anfpruchsvolleren", die „groj3en" von den „kleineren" Formen
und bitten, Qoft moge fie davor in Qnaden bewahren, daj5 es in unjerer Zen (in der
fich nur noch Kriegsgewinner den Befudi der Oper geftatfen konnen) nidif wieder fo
werde wie nach dem Dreij3igjahrigen Krieg, wo die befte Mufik haupffadilidi im kieinen
Kreife der Famllie gepflegf wurde. Ganz und gar diefer Anfchauung huldigen audi
die maj3gebenden Faktoren der verfchiedenen Mufikinftitute (Mufikpolifiker) und richfen
demenffprechend den ganzen Mufikbetrieb und die mufikalifche Bildung der augend
ein. Jeder Mufiker bekommf fein Fach, fein Repertoire, das ein KoixipromijS zwifchen
Publikum, Neigungen und Fahigkeifen darftellf und in kiirzejfer Zeif wird man den
Kinomufiker als das Ideal, als das Erftrebenswertefte der mujikalifdien Ausbiidung
hinftellen, Weil er fozufagen das ganze Repertoire (vom Trauermarjch der Erolca an-
gefangen bis zum Heurigengftanzl), alle Facher beherrfchen muj3 und demenffprediend
audi feine Lohnforderung ftellen darf. Sdirecklidi Ware es allerdings, wenn jernand
dadurdi plo^lidi auf den Notenfilm verfiele, der mit einem Schlag alle ausiibenden
Mufiker iiberfluffig madite. Das kann nafurlich nodi kommen, und wer wit der Film-
tedinik nidit wie mit einem gewalfigen Fakfor redinef, der kann nodi manch grobe
Enffaufchung erleben. Soviel fteht feff, das Kino iff heute „die Form" der gefellfdiaff-
lidien Veranftaltung, die andern (hofifdien) Formen (Oper, Opereffe, Konzert) find
langfam aber fidier im Eingehen begriffen.
Was wird aber aus der Mufik als Kunft? Die Frage iff t'ur den mufikalifchen
Menfdien wohl leidif beanfworfef. Er weij5, daj5 er die Mufik — und es gibt eben nur
eine, die Melodie — in fich hat, daj3 er nur jene Mufik horen kann, die er in fidi felbff
produziert oder nachproduzierf. Er weig audi langff, daj3 der Befudi von Opern und
Konzerten fur ihn nur zerfforend wirkf, nidif aber fo, daJ5 er Mufik wirklich „hdren"
kann. Er horf Mufik am liebften bei vollffandiger Ruhe und alleln, ohne gejellfdiaff-
lidie Ablenkung, ohne mufikfremdes Beiwerk (Libretto, Geraufdieffekfe, wie ' bei der
Programmufik). Er „lieff" Mufik - fo wie man ein Gedidif, eine Erzkhlung iieff -
oder er madit fie fich eben felbff. Dazu bedarf es aber keiner gefellfdiafflidien Ver-
anffaltung, keines organifierfen Larms. Der geiffige Mufiker infereffierf fidi fiir die
mufikalifchen Erzeugniffe (Miffeilungen) feiner Vorfahren und Zeifgenoffen, indem er fidi
die Nofenwerke anfchafff und (falls er fie nidif direkf lefen und in fidi erklingen laffen
kann) hodiffens ein paar Tone auf einem Instrument anfpielt Nofen gufer Mufik-
werke find immer die billigffen, ein Klavier oder ein kleines Harmonium fteht wohl
bald in jedem Haufe und wenn der Vorfrag keine virfuofe Technik erforderf (wie es
la bei jeder edifen Mufik iff und fein foil), fo kann ein mufikalifdier Menfdi ohne Fadi-
bildung, ohne jahrelangen Drill, audi ohne viel Larm feinen mufikalifchen Bediirfniffen
Genuge leiffen,
^. ^ 9ibf x! W e e l We S® der ™liteKIdien Bildung, die zu verfdiiedenen Zielen fiihren.
Die auftere Mufikausbildung; fie wird in Konfervaforien und ahnlichen Inffifufen durdi
458
den Mfemafijdien Ruin der Nerven, durdi geiff- und mufikfofendes UJben crworben
und fuhrf zum Mufikanfen, Kapellmeiffer, Dirigenfen, Manager, Routinier, Tondidifer,
Tonmaler, evenfuell zum feiner „Geniej3enden". Die mufikalifche Innenkulfur; fie wird
durdi infenfives inneres Horen der Melodie (ohne Larm und Drill) erworben und fuhrf
zum geiffigen Mufiker, zum Kiinffler, Dileffanfen, Komponijfen. Den erffen Weg gehf
die Mehrzahl der Menfchen und ihm verdanken die Mufikvergniigungslokale die
Ausiibenden und das Publikum. Der zsveife Weg iff einfam, er fdionf die phyfifdien
Ohren und die Nerven foviel wie moglich, fiihrf aber gerade dadurdi zur Erkennfnis
des rein Mufikalifchen, zur Infuifion.
In unferer Zeif find die beiden Wege vollffandig voneinander gefrennf. Kin
Kompromij3 zu ihrer Vereinigung ware ganz unmoglidi. Daher meidef ein rnufikalifdier
Menfch alle geraufdivollen Mufikveranffalfungen unferer Zeif, gehf Opern und Konzerfeu
in weifem Bogen aus dem Wege und — fparf dadurdi viel Zeif, Geld, unnofige
Plage. Den „Genuj3", die „Erbauung" aber uberlaj3f er famf der nuifikliferarifdien
„Bildung" ruhig den Sdiiebern und Verdienern.
„Cloches a f ravers les feuilles"
(Images pour Piano seul, 2 e Serie, M j)
Von H. Sdiulfze-Riffer
Diefes Stuck gibf anffelle klarerBorm Vermifdiung und Beredinung aller deuflithen Bildung.
Die Impreffion wird mufikalifdi in ihrer unmiffelbarffen Tiefe fdiopferifdi erfdiloffen.
Es iff Debuffys wunderbare Kunff, die Myffik, die in jedem blof5 pfydiologifdien Erlebnis
verborgen ruhf, aufzudetken und zu geffalfen, ohne das Erlebnis in feiner Eigenart zu
zerfforen. Hierin liegf die Groj3e eines Rembrandt, eines Rodin, iff das wahre Ziel
jedes Impreffionismus gegeben. . . ,
Wie die Attitude des Impreffionisnus den Dingen gegenuber in alien Kunffen die
gleidie iff to audi die fedinifchen Miffel. Man beachfe die reibenden Sekunden und
Nonen in Beifpiel I und II (3. Takf), die die reinen Klange fruben ahnhdi wie die
AfmolDhSre in impreffioniffifdien Gemalden die Reinheif der Farbe bridif und ffumpf
mad T^eZZ^ diefem Stuck die Luff in wundervollffer Weife eingefangen und
u- m -r* , 13 Jf Fiihl man nidif geradezu beim Erdrohnen der groj5en Glochen
r k R Un tler f* SIT 4 die "hy hSen sLankungen erfdiufferfer Luffmaffen? Oder iff
( ^ VSat drei gegen einander wirkenden Ganzfonfyffeme (Beifpiel III) wie
nidif das ^^g^^e^fen, der nidif erlaubf, den wirklichen Tafbeffand
mif einem leidifen Sddeiei J^™ ^ > pf . vibrfe rende in die Tiefe fidi auflofende
tk:L:Te^:X^Jn a e H erab P Liffern eines lefcfen verwehfen Klanges!
(Beifpiel IV). Ri] , ]no wirkf dies Streben nadi Verwifdiung aller Konfur,
Auch in der me lodger BiWung wnkf ^ imifiven Gefang aber einer dunffig-
nadi blojSer Andeufun i Man hore enen ^ Gedanken Mae ferlincks
wirbelnden Figur (Beifpiel V), d ex : einem a * } erfchlieflen. So iff
gleichf, die nMif zu Ende ^^^^^Zimi flebannt (Beifpiel III), aber
jedes melodifdie Gebilde zu fprod ier^ ) m ^ Wangli(hen Lebens .
nichfs blo)3e Arabeske. Audi a e umfpieh ^«Jf * d das Ganze vibrier end
fie erzeugen jenen «««"*«^^
einhiillf. (Die riadifdiwingeriden ■ Ak^ne aus den g P ^ ^ ^.^
Takf 2 und 3), das hell klingende Tonfpiel der oiock
V>te:,-
II, Takf 3), das madifvolle Braufen und Nachklingen des wudifigen Schlages in Beifpiel
I (Takf 41 Wie fein zifelierf iff ferner die Linie der umfpielenden Figur in Beifpiel VI,
die die leidif befonfen Nofen der Unferffimme nadi bben reflekfierf; dazu das faffende
Sdiwanken der Unferffimme felber und der affinafe fdileppende Halbfonfdiriff cis— d
in der Miffellage. Mif fo einfadien Miffeln vermag Debuffy zauberhaffeffe Klanggebilde
zu geffalfen. Nidifs iff didif bepackf oder im Klang liberladen: Alles iff durdifichfig,
luffdurdilaffig, filigranhaffe Arbeif, und auf reinffen Wohlklang geffellf. Es freibf ihn
hier nodi nidif Wie gelegenflidi fpafer der refflofen Charakferifierung wegen die Schonheif
des Klanges zu opfern. Sdieinbar mi)3klingende Elemenfe, wie die f; .'* Note els' und
die 3 /h Nofen dis' und eis' in Takf 2 und 3 von Beifpiel I find nidifs als blaffe Triibungen
und Brediungen des Klanges, das fdieinbar harf diffonanfe f [ und f- in Takf 4 nur
miffchwingende Oberfone des fiefen B und f, gleichfam als ob man nidif genau, aus
der Feme horfe. Hier iiberall gilf es beim Vorfrag nidif das Diffonanfe zu befonen,
fondern zu mildern. Die Heraushebung des Diffonanfen wiirde den Sinn des Ganzen
verkehren und zu qualerifdi-brufalem Kampfe machen, was zarfeffe Sfimmung und
myffifche Verfunkenheif iff.
Und die Form? — Sie laj5f fidi nidif herausanalyfieren und auf ein gangbares
Schema bringen. Sie iff fiihlbar vorhanden, aber fie iff fdieinbar nur zufallig geworden:
in der Abgefonfheif feinffer Nuancen, im abgewogenen Spiel kleinffer Kraffe. So
jene feinen UJbergange zwifdien einzelnen Abfdmiffen, wo der Schluj3fakf des einen
widifige Anfriebe fur den andern in fidi birgf, wie die Adifel b' — a' im 2. Takf von
Beifpiel II zu dem Mofiv ais' — gis' im nadiffen Takf fidi umgeffalfen, oder in Beifpiel
VII die Folge cis" — his' — ais' des 2, Takfes zur Triole h' — a — q im nadiffen
wird. Dodi dies find Einzelheifen, kleine fedinifdie Kunffgriffe. Die Form als Ganzes
bleibf unausfpredibar. Sie kann nur unmiffelbar in der Hingabe an die Impreffion
erlebf werden. Denn die Impreffion iff hier Anfang und Ende. Sie bewujSf in eine
ffarre Form zu zwingen, hiej3e fie ihrer finnlidien Frifdie und myffifdien Tiefe, des
Kerns diefes Erlebniffes berauben.
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i?kJ&i-£$£i&&&'&w?- '-- ■-<-- •-'■■
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tt^fiMHi
Das Verhalfnis zum Text
Von Arnold Schonberg
Es gibf relafiv wenig Menfchen, die imffande find, rein mufikalifch zu verffehen,
was Mufik zu fagen hat. Die Annahme, ein Tonffiick miiffe Vorflellungen irgendwelcher
Arf erwecken, und wenn folche ausbleiben, fei das Tonffiick nichf verffanden worden
oder es fauge nichfs, iff fo weif verbreifef, wie nur das Falfche und Banale verbreifef
fein kann. Von keiner Kunff verlangf man ahnliches, fondern begniigf fich mif den
Wirkungen ihres Materials, wobei allerdings in den anderen Kiinffen das Sfoffliche,
der dargeffellfe Gegenffand, dem befdirankfen Auffaffungsvermogen des geiffigen
Miffelffandes von felbff enfgegenkommf. Da der Mufik als folcher ein unmiffelbar er-
kennbares Sfoffliches fehlf, fudien die einen hinfer ihren Wirkungen rein formale
Schonheif, die anderen poefifche Vorgange. Selbff Sdiopenhauer, der erff durch den
wundervollen Gedanken: „Der Komponiff offenbarf das innerffe Wefen der Welf und
fprichf die fiefffe Weisheif aus, in einer Sprache, die feine Vernunff nichf verffehf; wie
eine magnefifche Sonnambule Auffdiliiffe gibf fiber Dinge, von denen fie wachend
keinen Begriff haf", wirklich erjchopfendes fiber das Wefen der Mufik fagf, verlierf fich
fpafer, indem er verfudif, Einzelheifen diefer Spradie, die die Vernunff nichf verffehf,
in unfere Begriffe zu liberfefjen. Obwohl ihm dabei klar fein mu)3, dag bei diefer
Oberfe^ung in die Begriffe, in die Spradie der Menfchen, welche Abffrakfion, Redukfion
aufs Erkennbare iff, das Wefenfliche, die Spradie der Welf, die vielleichf unverffandlich
bleiben und nur fiihlbar fein foil, verloren gehf. Aber immerhin iff er beredifigf zu
foldiem Vorgehen, da es ja fein Zweck als Philofoph iff, das Wefen der Welf, den un-
iiberblickbaren Reichfum, darzuffellen durdi die Begriffe, durch die nur allzuleichf zu
durdifdiauende Armuf. Und audi Wagner, wenn er dem Durdifdiniffmenfdien einen
miffelbaren Begriff von dem geben wollfe, was er als Mufiker unmiffelbar erfchauf haffe,
fuf redif, wenn er Beefhovenfchen Symphonien Programme unferlegfe.
Verhangnisvoll wird foldi ein Vorgang, wenn er Allgemeinbrauch wird. Dann
verkehrf fidi fein Sinn ins Gegenfeil: man fudif in der Mufik Vorgange und Gefiihle,
zu erkennen, fo als ob fie drin fein mu]3fen. Wahrend es fidi bei Wagner in Wirklich-
keif fo verhalf: der durch die Mufik empfangene Eindruck w vom Wefen der Welf" wird
in ihm produkfiv und regf eine Nachdichfung im Maferial einer anderen Kunff an.
Aber die Vorgange und Gefiihle, die in diefer Dichfung vorkommen, waren nichf in
der Mufik enfhalfen, fondern find bloj3 das Baumaferial, deffen fich der Didifer nur
darum bedienf, Weil der nodi ans Sfoffliche gebundenen Dichfkunff eine fo unmiffelbare,
durch nichfs gefriibfe, reine Ausfprache verfagf iff.
Iff nun fchon diefe Fahigkeif des reinen Schauens auj5erff felfen, und nur bei hoch-
ffehenden Menfchen anzufreffen, fo begreiff man, wie einige den Weg zum Mufikge-
nuj3 verfperrende zufallige Sdiwierigkeifen diejenigen, welche unfer alien Kunfffreunden
den niedrigffen Sfandpunkf einnehmen, in eine iible Sifuafion bringen. Daj3 namlich
unfere Parfifuren immer fchwerer lesbar werden, die relafiv felfenen Auffuhrungen
aber fo rafch vorbeigehen, da£ off felbff der Senfifivffe und Reinffe nur fliichfige Eindriicfee
empfangen karn, machf es dem Krifiker, der beridifen und beurfeilen mufr dem aber
462
meiff die Fahigkeif fehlf, Jidi eine Parfifur lebendig vorzuffellen. unmoglidi audi nur
mif jener Ehrlichkeif fein Ami zu verfehen, zu der er fidi vielleidif wenigffens dann
enffdiloffe, wenn fie ihm nidif Jchadef. In abfolufer Hilflofigkeif ffehf er der rein
mufikalifdien Wirkung gegeniiber, und deshalb fdireibf er lieber iiber Mufik, die fidi
irgendwie auf Text beziehf: iiber Programmmufik, Lieder, Opern efc. Man konnfe ihm
das faff verzeihen, wenn man beobachfef, da)5 Theaferkapellmeiffer, von denen man
efwas iiber die Mufik einer neuen Oper erfahren mochfe, faff ausfdilie)31idi vom Texf-
budi, von der Theaferwirkung und von den Darffellern fdiwafjen. Es gibf ja wirklidi.
Jeif dem die Mufiker gebildef find und meinen, das beweifen zu miiffen, indem fie fidi
vor dem Fadifimpel hiifen, kaum mehr Mufiker, mif denen man iiber Mufik red en
kann! Aber Wagner, auf den man fidi fehr gerne beruff, haf enorm viel iiber rein
Mufikalifdies gefdirieben; und idi bin fidier, er wiirde diefe Folgen feiner mi)3verffandenen
Beffrebungen unbedingf desavouieren.
Nichfs als ein bequemer Ausweg aus diefem Dilemma iff es daher, wenn ein
Mufikkrifiker iiber einen Aufor fdireibf, feine Kompofifion werde den Worfen des
Didifers nidif geredif. Der „Rahmen des Blaffes", in welchem es immer gerade an
Raum mangelf, wenn nofwendige Beweife zu erbringen waren, kommf ffefs bereif-
willigff dem Mangel an Ideen zu Hilfe und der Kiinffler wird eigenflidi wegen „Mangel
an Beweifen" fdiuldig gefprodien. Die Beweife fur foldie Behaupfungen aber, wenn
fie einmal erbradif werden, find vielmehr Zeugen fiirs Gegenfeil, da fie nur ausfagen,
wie einer Mufik machen wiirde, der kerne madien kann, wie die Mufik alfo keinesfalls
ausfehen diirfe, wenn fie von einem Kiinffler fein foil. Das frifff fogar in dem Fall zu,
wo ein Komponiff Krifiken fdireibf. Selbff wenn's ein gufer iff. Denn im Moment, wo
er Krifiken fdireibf, iff er nidif Komponiff: nidif mufikalifdi infpirierf. Ware er
infpirierf fo befdiriebe er nidif, wie das Sfiich zu komponieren isf, fondern kompo-
nierfe es. Das gehf fur den der's kann, fogar fdineller und bequemer und iff
iiberzeugender.
In Wirklidikeif kommen foldie Urfeile von der allerbanalffen Vorffellung, von einem
konvenfionellen Schema, wonadi beffimmfen Vorgangen in der Didifung eine gew.ffe
Tonffarke und Sdmelligkeif in der Mufik bei abfolufem Para llelgehen enffpredien
miif e Abaefehen davon, da? felbff diefes Parallelgehen, ,a ein nodi v.el fieferes,
al dann f a£den kann, wenn fidi au^erlidi fdieinbar das Gegenfeil davon zeigf,
lit X ein zarfer Gedanke beifpielsweife durdi ein fdinelles und heffiges Thema
wtederaegeben wird, well eine darauffolgende Heffigkeif fidi orgamfdier heraus enf-
w *el t abXhen davon, iff ein fokhes Sdiema fdion deshalb verwerfhdi, weil es
wickelf, abgeienen aav , . der k eine Spradie zu ma(hen)
£TK^^^ er 9eUe stel,en komponierf
haffe, wenn Wagner ihm "™— ^
Idi war vor em paa ^^^W^ haffe, was in dem zugrundeliegenden
bekannfenSdiuberfliederngarkeneAnnung ^ ^ ^
Gedidif eigenflidi vorgehe Alsuh ab er dan ^^ ^ ^^
midi heraus, daj3 ich dadurch ur da J Ver £ a t ^ meine Au?fa ffung des mu-
haffe, da ich nidif im ?S^ fa 2^^ zeigfe fidi mir, da£ ich, ohne das
fikalifchen Vorfrags zu i wdern. Im Gege ^^ ^ ^.^ ^ ^ ^
Gedichf zu kennen, ^n I^hah, den Worfgedanken haffen geblieben ware,
als wenn idi an der Obafladw der e^ ^ ^ ^ ^ ^^
Noch enffdieidender als diefes Erleoms wa
463
- oafa - ; ^
Lieder, beraufdif von dem Anfangsklang der erffen Texfworfe, ohne midi audi nur Im
geringffen urn den weiferen Verlauf der poefifdien Vorgange zu kiimmern, ja ohne
diefe im Taumel des Komponierens audi nur im geringffen zu erfaffen, zu Ende ge-
fdirieben und erff nadi Tagen darauf karri, nadizufehen, was denn eigenflidi der
poefifdre Inhalf meines Liedes fei. Wobei fidi dann zu meinem groj3fen Erffaunen
herausffellfe, daj3 idi niemals dem Didifer voller geredif geworden bin, als vvenn idi,
gefiihrf von der erffen unmiffelbaren Beriihrung mif dem Anfangsklang, alles errief,
was diefem Anfangsklang eben offenbar mif Nofwendigkeif folgen mu)5fe.
Mir 4 war daraus klar, daj3 es fidi mif dem Kunffwerk Jo verhalfe, wie mif jedem
vollkommenen Organismus. Es iff fo homogen in feiner Zufammenfefjung, daj3 es in
jeder Kleinigkeif fein wahrffes, innerffes Wefen enfhullf. Wenn man an irgend einer
Sfelle des menfdilidien Korpers hineinffidif, kommf immer dasfelbe, immer Bluf heraus.
Wenn man einen Vers von einem Gedichf, einen Takf von einem Tonffiick horf, iff man
imffande, das Ganze zu erfaffen. Genau fo wie ein Worf, ein Blick, eine Geffe, den
Gang, ja fogar die Haarfarbe geniigen, um das Wefen eines Menfchen zu erkennen-
So haffe idi die Sdiuberflieder famf der Didifung bloJ3 aus der Mufik, Sfefan Georges
Gediciife blo)3 aus dem Klang heraus vollffandig vernommen. Mif einer Vollkommen-
heif, die durdi Analyfe und Synfhefe kaum erreichf, jedenfalls nidif iiberfroffen
worden ware.
Kein Menfch zweifelf daran, daj3 ein Didifer, der einen hifforifchen Sfoff bearbeifef,
fidi mif der grogfen Freiheif bewegen darf, und dag, wenn ein Maler heufe nodi
Hifforienbilder malen wollfe, er nidif genofigf ware, mif einem Gefdiidifsprofeffor zu
konkurieren. Weil man fidi an das zu half en haf, was das Kunffwerk geben will, und
nidif an das, was fein au)3erer Anlaj3 iff. Weil alio audi bei alien Kompofifionen nadi
Didifungen die Genauigkeif der Wiedergabe der Vorgange fur den Kunffwerf ebenfo
irreleranf iff, wie fur das Porfraf die Ahnlidikeif mif dem Vorbild, wo dodi nach hunderf
Jahren keiner diefe Ahnlidikeif konfrollieren kann, wahrend nodi immer die Kunff-
Wirkung beffehen bleibf. Und nidif deshalb beffehf, Weil, wie vielleidit die Impreffioniften
meinen, ein wirklidier Menfdi, namlidi der fdieinbar dargeffellfe, fondern der Kunftler
uns anfpridif, der fidi hier ausgedrii&f haf, der, dem in einer hoheren Wirklidikeif
das Porfraf ahnlidi zu fehen haf. Haf man das eingefehen, fo iff es audi leidif zu
begreifen, dag die augerlidie IDbereinffimmung zwifdien Mufik und Texf, wie fie fidi in
Deklamafion, Tempo und Tonffarke zeigf, nur wenig zu fun haf mif der innern und
auf derfelben Sfufe primifiver -Nafurnadiahmung ffehf, wie das Abmalen eines Vor-
bildes. Und das fdieinbare Divergieren an der Oberfladie nofig fein kann wegen eines
Parallelgehens auf einer hoheren Ebene. Dag alfo die Beurfeilung nadi dem Texf
ebenfo verlaglidi iff wie die Beurfeilung der Eiweigffoffe nadi den Eigenfdiaffen des
Kohlenffoffs.
*
i!
!.
Hans Pfi^ner als Lehrer und als Perfonlichkeif
Von Oskar Guttmann
Als ich das erjte Mai zu Hans Pfifzner kam (im Jahre 1906) als junger Student,
der Jurifterei frifdi entlaufen, wohnfe er irgendwo im Weften Berlins in Wilmersdorf
in einer ziemlich finfteren Gartenwohnung. Er betraditete die Sdiiiler, wekhe das
Sternfdie Konfervatorium zu ihm fdiichfe audi feinerfeifs als eine Art Kuriofitaf immer
mif einem etwas mitleidsvollen Adifelzucken (zugunffen des Sdiiilers, in dubio pro reo.
Pfi^ner galf damals nodi, befonders in Berlin, als „verrudtter M Komponilt). Und im
Gropen und Ganzen hat er fidi wohl heimlidi oft genug, nidit mit allzuviel Unredit,
iiber alle moquiert. Viele kamen nach der erften „Sfunde" garnidit mehr wieder; lie
hatten einen Jyjtematifdi vorgehenden" Lehrer, urn ein harteres aber treffenderes
Wort des fogenannten Anftands wegen zu vermeiden, vorzufinden erwartet - keinen
Kiinjtler Sie behaupteten, man konne bei ihm nidits lernen. Dies aber war durdiaus
falfdi, Abgefehen davon, dnjS Pfifmer fogar oftmals ernffhaft den Anlauf nahm, einen
mit zwei- und dreiteiliger Liedform zu plagen und fidi auf das Jdiliipfnge Gebiet
mufikalifdier Hermeneutik begab, war das Erlernbare bei ihm ganz anderer Art Aus
gelegentlidien Bemerkungen und Hinweifen, aus Unterhaltungen, aus den meift Jdiroffen
und (mit Redit) ablehnenden Kritiken der vorgelegten Arbeiten konnte man fenr viel
Nufcen Ziehen. Vor allem aber aus feinen Bosheiten und Grimmigkeiten, wenn er in
fiA zufammengezogen fdirag vor dem Fliigel lap und fidi ladielnd das Bo&sbartdien
o^wungvTftrS SL fchwer zu vergeffende Perfonlidikeit, die audi mit Anerkennung
niAf zurfl&Wdf und mi Sdiarfblick den Wert einer Arbeit erfah, fell* wenn man He
u u if 7 m i Im Finfier vorfuhrte. Ein Safe, ja ein Wort geniigte, urn von
Sin WeTk oS oT dnerKompoUen das Befondere das Wefentlidie, pofitiv und
neaaTiv zu umreipen und dadurdi zum Nadidenken und zur Knhk anzuregen. So
negativ, zu umreipen u sdiumannfdie Lieder, die feinem Herzen wohl
bleiben mir ma ndie bemerkungen UD * f werde icn nie mehr ein zarteres
audi am nadtfen ^ ™^™ ^^^L damals, da Otto Klemperer lie
und tieferes Darlegen der Mu ler "^der nor e . pfifener
t^^^i^^SBh£ - oeiv und eeftthl zu
Werke oft welt mehr ^"^^^f^ f einem gefcharften Intellekt, der ihn aus-
lebende oder tote em Er erkannte n ^ ^ ^^ ^^ ^ ^ ^^^
zeidinet, die Sadtgalfe in der )itfi ai p rog rammftu<ke und Wagnerepigonerei
drohte. Und in die he , !«h ja dur* 1 ifera 1 ^^ ^.^ ohne ^ k d p
gliicklich verrannt hat, und ^ warnte _ ) um dJe stagnanon> die er
er fidi dabei mufikdramanfdi ffl«««j ^ ^ ef klajmdie Form>
kommen fuhlte, zu vermeiden, .^rmuanm r Brahms ^ zukunfts .
moderne Gedanken und neuze^hdien .Qeffl verem^ 1 & Lehriafigk eit redit an-
traditig, er liberate ihn m «? 10 *; *f* ei gentlidi nidit redit verftandlich und man
»K WS£* - 3. »— p— K» B one„
465
-;***>■
ihm wirklich von Herzen kamen, ihm, der ein Romanfiker echfefter und (das Worf
pa)3f hier, die Romanfik in diefer Form iff eine deuffche Angelegenheif),
deuffcher Art war und iff. Kam er z. B, auf feinen Liebling E, Th, A, Hoffmann
zu fpredien, konnfe er ffundenlang dozieren, wie er ja iiberhaupf liferarifch aujfer-
©rdenflich infereffierf iff und wie alle Romanfiker, gern zur Feder greiff, ohne {reiiidi
audi dabei die nofige Selbffkrifik und Selbffeinfdiafjung zu befi^en. Denn, wenn ich
das hier nodi zur Kennzeichnung feiner Perfonlidikeif anfiihren darf, die Selbff-
einfchafjung Pfifcners iff nidif klein. Er half fich, nidif ganz in dem Maj3e, wie Richard
Wagner, aber doch immerhin Jchon fur einen Nafionalgipfel von befradifliche:^ Hohe.
Es iff nafiirlich nur zu begriij3en, wenn der lebende Kiinffler iiberzeugf iff von feinem
Wert, den die Mifwelf off nidif Wiirdigf und erkennt Beefhoven bleibf da ein Vorbild.
Sdiuberf und Bruckner find eine Warnung, Wagner aber iff ein Schreckbild. Doch
nur aus diefer, off ans Pafhologifche Jfreifende Selbffeinfcha^ung iff mir, der idi die
polififchen Anfichfen Pfi^ners aus einem langerem Tifchgefprach, in Miilhaufen i. E. 1918
gefiihrf, langff kannfe, audi die Wiirdelofigkeif der lefjfen Pfi^nerfchen Schriff erklarbar.
Ich halfe die Meinung fur falfch, daj3 ein Kiinffler nichf liber Polifik fpredien foil. Im
Gegenfeil. Es iff Zeif, daj5 fich mif den Auj3erungen des Sfaafslebens nichf eine berufs-
oder unberufsmaj3ig zugelaffene Kaffe von Schafskopfen befchaffigf, fondern daj3 endlich
Geiff und Klugheif in das polififche Leben einziehen. Da kann die Meinung eines
Kunfflers nie fchaden, gleich in welchem Sinne er fich audi auJ3ert Aber hier bei
Pfi^ner iff die Lage dodi fo, daj3 ihm Deuffchland eine unmundige Kinderffube und er
der, Lichfbringer iff. Es zeigf fich da diefelbe Krifiklofigkeif, die bei Pfifjner gegeniiber
feinen eigenen mufikalifchen Werken fo off zu fpiiren iff und die fie bisweilen nidif
jferfig werden, nidif zur Klarheif durchdringen laj3f. Ich bin heufe noch iiberzeugf, daj3
Pfigner auf feine Schmahfchriff immer ebenfo ffolz fein wird, wie auf feine O— uverture
zum ,/Kafhchen von Heilbronn" ....
Wenn ich an die nichf allzulange Lehrzeif bei Pfi^ner zurii&denke, ffehf er mir
fo mif alien feinen Wefensziigen vor Augen: Ein anregender Lehrer, eine romanfifche
Perfonlidikeif und ein Menfch, — nidif mif feinem Widerfprudi, fondern mif feinen
Widerfpriichen.
Salzburg
Von Oscar Bie
In Salzburg bildef fich feif einigen aahren fo efwas ahnliches, wie eine Bayreuther
Sfimmung. Verfchiedene Schrifffeller haben dorf ihren Wohnfifj aufgefdilagen. Hermann
Bahr refidierf mif der Mildenburg im erffen Sfocfc des Schloffes Arenberg. Stefan Zweig
bewohnf die einzige Villa, die man auf dem Kapuzinerberg findef. Im Sommer
kommen die Schriffffeller und Kiinffler aus Oj'ferreidi und Deuffdiland fehr gern dorf-
hin, weil fie enfweder die Liferafur anziehf, oder die Mufik, oder die Malerei, die in
letter Zeif dorf frifdies Infereffe findef. Man fifjf dann in Mirabell oder im Cafe Bazar
diskufierend zufammen, wie einff in der Eule oder in der Harmonie Bayreufher An-
gedenkens. Dodi es iff ein anderes Milieu. Nichf fo fehr Theafer und Singerei
fondern eine eigenfiimlidie Mifchung aus Tradition und Zukunff, halb hifforifch und
padagogifch, halb ideal und ufopifch. Und vor allem univerfeller. Im Zufammenffo)3
der mufikalifchen, liferarifchen und malerifchen Infereffen liegf eine Sehnfuchf nach
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einem wirklidien Gefamf kunff werk, das irgend eine lefcfe Verbindung der Kiinffe als
Ausdruck moderner Kulfureinheif bedeufef. Man fuhlf in der Unferhalfung jene Ge-
meinfdiaff und Zerlegung der Kiinffe, die in unferm Blufe liegf, die durch die Zeif gcht,
als deuflicher Sfilwille, und dodi urn das eine gro)3e Zenfrum kreiff : die Mufik. Polzig,
Hofmannsfhal, Reinhardf, Paumgarfner, die Sdiaufpieler und die Maler ffehen auf
demfelben Boden.
Das Mozarfeum iff die gegebene Grundlage fiir die mufikalifdien Beffrebungen.
Der fdione Doppelbau neben dem Theater mif dem gro)3en Konzerffaal, dem kleinen
Saal und den zahlreidien Schulzimmern, i{f Jchon zu klein geworden fiir die Zahl der
Sfudierenden, die aus aller Welf hierhin ffromen. Lili Lehmann half dort ihre Sommer-
kurfe ab und eine begeifferfe Schar von jungen und alfen Sduilern umgibf lie. Die
alfe Frau arbeifef mif einer beifpiellojen Unermiidlichkeif vor- und nadimiffags in
diefem Haufe. Der Direkfor Paumgarfner, ein junger Mann voll Zukunff in feinen An-
Jdiauungen, Werken und Lehrmeinungen, uberzeugf von der Tradifigkeif des Salz-
burger Mufiklebens, gehf aufs hodiffe. Er haf Joeben eine kleine Brofdiiire veroffenf-
lidif, befifelf „Eine mufikalifdie Hodifdiule in Salzburg", die jeder lefen mii£fe, der fidi
mlf ahnlidien Problemen befdiaffigf. Er denkf bei feinem Injfifuf nichf blop an die
praktifche Kunfflehre, fondern audi an eine organifdie Angliederung der Mufikwiffen-
fdiaff Er will eine Verbindung der Kunff und Wiffenfdiaft durdifefcen, die fidi gegen-
feifig befrudifen In einem Collegium muficum follen alfe Meifferwerke Jyffemahfdi
durch die Wiffenfchaff der lebenden Kunff wieder zugefiihrf werden. Man denkf an
die Beffrebungen der Parifer Schola canforum, die wohl fein einziges Vorbild dafur
geblieben iff. Denn alle ahnlidien Erfdieinungen. wie zum Beifpiel die Madrigaldiore
fn Berlin oder in Amfferdam, ffehen doch in einer lockeren Verbindung m.f der Sdiule
elb| Salzburg wTdiefes Gebief nodi erweifern nadi der Volksliedforfdiung und
n d der Mozarfforfchung, Mozarf, deffen gofflidies Lidif ewig uber d.efer Sfadf
n^ch der Moz a rI '° 1,ullulu ' an ,. Frridifuna einer Mozarfffilfdiule. Als vor dem
leudifef. Man^f^rato » id /^fung ^ ^^.^ dorf ^^
Kriege nodi unfei iem ^"* *°" on|mea j^f mu alles neu begonnen werden.
war man diefem Ziel fdion nahe ^geKom b ^ ^ ^ verbindung
Man konnfe das Ordieffer und den tnor o e ^ wjeder in eine re inere
mil dem Theater ? bnngen und ^ aus f emex .e^gen^ 1 ^^.^ Maferial
Spieloper hma ^f r ^ m JlZnsZanen und |o eine ffandige Beziehung von Sdiule
fiir das kommende Feftfpielhaus fenanen una , an
und Kunff herffellen. P^^MtSSi Te u die derive Ausgeffalfung des
die Angliederung ^^* W **f ol*e Ausbreif ung hofft man die fdionen Raum-
Theafers nu&bar zu madien jmd Be )OKn ^^ ^ bekommen Ware
lidikeifen und Anlagen aus f*J^ fl * ^ dem fdl6 nffen Treppenhaus der Welf,
es nidif beffer, das SdiloP Muabe^ ™ J den Verwalfungsbeamfen
neben dem Mozarfeum ^.^^ScUer Garten, die Sale des Sdiloffes Hell-
zu iiberlaffenj Das Nafarih ^™ £££ ^ die lnferieurs d D
brunn, das Sfeinerne Theater dor OD wundervoll abgefdiloffene Domplafc,
Oder der KaUegi ejJ^JJ* f ^ ^S^fauffflhrung von „aedermann« - weldie
den man
Moglidikeifen! „,,,.. wie man we i|5, die Idee eines Feftfpielhaufes.
Als Zukunff fdiwebf I uber ^^ bUdef aus aller iei Intereffenfen, der man
Es hat fidi dorf eine W*«dh^^^ b ara der grope n Welf zuzufiihren hofft.
in ruhigen Zeifen noch das no f ge Vermo i ^ ^ jm der Q
Ein praditvolles Grundffu* , mi ten mtt e ^ ^ ^ MQ(feen ^ „ d .
aetes 6 iahf ^2 M^W ^ W3S Mn ^ "^ ^^
467
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ridifiger Theaferbau ware heufe unerfdiwinglich. Augenblicklidi haf man die Idee ein
Fachwerk aufzufiihren, das fidi ja in Bayreufh fowohl akuffifch. als fechnifdi fehr be-
wahrf haf. Aber vielleichf bleibf audi diefer Plan nodi einige Zeif liegen und man
befdirankf fidi auf die Propaganda fur die Qemeinde durdi die Tat durch Auffiihrungen,
wie dies Jahr „Jedermann'\ nachffes Jahr das Calderonfche „Welffheafer" auf einem
geeignefen Pla£. Leider: es regnef in Salzburg im Sommer fehr viel. Diesmal
fiigfe fidi die Sonne bei der erffen Jedermann-Auffiihrung vorfrefflich der Regie. Beim
zweifen mal piaffe der Regen miffen hinein, vom driften mal an verhinderte er jede
freie Auffuhrung. Man kennf den alfen bijdioflidien Reifffall in Salzburg, einen Riefen-
faal und daneben eine freie Arena mif Galerien, die in den Felfen gehauen find. Ich
denke mir, daj3 die alfen equeffrifdien Auffiihrungen der Bifchofe je nadi dem Weffer
zwifchen diefen beiden Lokalifafen wechfelfen. Es iff kein Wunder, daj5 man bei den
Fefffpielen fchon an die Moglidikeif dachfe, wie einff die Pferde, Jo die Menfdien jefjf
hier fpielen zu laffen. Wer weiJ3, was nodi alles kommf,
Augenblicklidi ffehf der Plan jo, da]3 man mif dem reinffen Idealismus an die
Fefffpielhausunfernehmung herangeht Die Kunffier diefes Jahres fpielfen wie einff in
Bayreufh ohne Honorar. Man modife alles fun um ein Gegengewichf gegen die In-
duffrialifierung des Theafers in der GrojSffadf zu fchaffen. Man will audi nichf mit dem
Repertoire der Sfadf konkurieren, fondern irgend efwas fchaffen, was zeiflos und
monumenfal iff. Am liebffen efwas neues, vvorin Didifung und Mufik, ffaff in der her-
gebradifen Form der Qpei\ fidi wirkungsvoll ablofen unci ffeigern. Man kame darnif
auf die Form miffelalferlidier Myfferien zuriick, die aus dem Geiffe unferer Zeif neu
erffehen follfe. Schon diesmal beim „3edermann" verfudife Paumgarfner, der einen
Teil der Mufik dazu gefchrieben haf (fie iff meiner Anfidif nadi zu hyperfroph fur den
naiven Sfil der Didifung), gewiffe reine mufikalifdie Sdiluj3wirkungen und UJbtrgange
von Deklamafion zum Gefang, die haffen wirken konnen, wenn fie herausgenommen
waren. So follfe die Mildenburg als Glaube vom Sprechen ins Singen iibergehen.
Dann gab die Bleibfreu die Rolle und es anderfe fidi vieles. Wie es audi fei, die
Mufik wird innerhalb diefer neuen Aufgaben Bedeufendes zu fagen haben, in einem
Sfile, der das Alfe in das Neue enffcheidend himiberfuhrf, alfo in einem Salzburger
Sfile. Reinhardf, der die Seele diefer Auffuhrung iff, weig mehr als einer diefe Be-
deufung zu Jdia&en und auszubauen. Es iff faff wie ein Hafen, in den er fidi fluchfef.
Aber nodi find die Konfuren unklar, die Form mehr Sehnfuchf als Geffalf. Man ffehf wie
an den Anfangen neuer Kiinffe. Solange man rein und naiv bleibf, iff die Hoffnung groj3,
Indeffen diskufierf und fchreibf man heffig fiber das kommende Fefffpielhaus.
Paul Marfop haf foeben in einer Brofchiire w Auf dem Wege zum Salzburger Fefffpiel-
haus" feine Raffchlage und Meinungen zufammengeffellf, die fechnifch Beadifungswerfes
enfhalten. Aber foweif iff es leider nodi lange nichf. Man modife immer wiinfchen,
dag die Sadie nichf zu lauf wird. Es iff fo fchon auf kleinem Pla£e neu anzufangen!
Aber nichf die Sole von Hallein heriiberleifen, einen Welfkurorf madien, Riefenhofels
bauen und Befrieb fchaffen. Dann ware der Gewinn doppelf verfpielf.
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*M"
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'i lit wort 1 icSu-M'
diMi besonileri:'!! TVil : KriU Fridolin Windisr-.li.
Hotrefi'ondo ttinsundungpn s?ind nn obifft; Adnzsso zn nc'lifrw,
M'tlin- NicdcrsrlH'inli.-IHScTl,
Berufsreinheif im Mufikerffand
Von Frits Fri
Die Taktik des „Deutselien Musiker-Verbandes", allcs,
was nmsikahsch mit .der Offcritlicl.keit in Bcriihrung
stciit in eincm Einheitsvcrband zu ergreifen, ist gcgeii-
iiber' cler Intcressenfachsimpelci allcr bistierigcn Ver-
cinicnmcren von auBerordentllcher sozlologlsclier Be-
deutung Die Friichte dieses weitfassenden Gedankens
batten sich schon zcigeii mflssen, wenn erstens der
Verband nicht bis zum heutigen Tage immer w.eder die
Schla.nperei begehen wiirde, sich Arbeitsgebern gegen-
uber die den Verband in Anspruch nehmen, als durcli-
aus unzuverlasslg in derZulellung der Krafte zu erwesen
Das ist cine Liederlichkeit in der Verwaltimg, ab , ken.
Feh.er in der Organisation. Zwcltens wenn sic das
Unternchmertum nicht so .krupellos geberden * , z
UiPEehung der Tarife ganz minderwerhge Spiel . in
n £ nbelcher Stellung zn verpHlchten. 0.be « kcjne
des Einlieitsvcrbandes, dann wurde cue ur
durch den Druck von auflen her gezwungen sen qua
f e end die Krafte zuzuteilen. Wohlgemerkt, qua!.-
i'c™ d nd ,« d .«te..en. Die Aufnahme so,, M— vj
dann noch kerne Quahfiluition <unv t A rbeit geber,
immer Musikvorgesetztbekommi, u
dolin Windifcft.
rcifende Kritiktahigkcit tatkraftig ausiosen.
DieGesundimgausden hcstchencicti Obelstandcn kiinn
nicht durch die Abgrenximg einer l'art pour I'.irl-Kastc
crreicht werden, sondern die Bernfsrcinheit des Mnsiker-
st;rridcs (als gesellscbaftlidier Fakior eingeschatzl) nitiB
mis dein gereinigtcn [mipfinden der Masse liervorgehcn.
Von unten licrauf mnfi die Saubenmg kommen. wenn
sic nicht nur cine Schtnierkur sein sol!, die das Gcschwur
an cincr expouierlen Stelle zwar nicht mm Ausbrueh
kommen laBt, dafiir abcr den gesamten Organismus
innerlieh vcrscucht. Die Nachteile, die dem ktinstlcrischcn
Musikcrstand durch das Zusammengewurfcltscin mil un-
qiialifizierbaren Filementcn im Einheitsverband erwaehseiv
stehen in keiueni Vcrhaltnis zu den unlieilbarcn Schadcn,
die immer tiefer in die Masse des Volkcs cinschneiden,
wenn der einzige erzieherische mid kuitureile Einflufl
einer abgeschlossencn Musikergildc nur noch von exklu-
siven Opcrnhausern und Konzertsalen auf einc pekuniar-
bevorzugte Minderheit ausgeht.
Urn die Qualitatsorchester in Hirer Leistungsfahigkeit
keinen Zuiailen auszusetzen, habe ich in mcinem ietzten
Artikel „Der Kampf dcr Orchester" eine Prufungs-
kommission vorgeschlagen, die - aus je eincm Orchester-
vertreter zusammengesetzt - innerhalb des Verbandes
selbstSndig ihre Krafte in lebendiger Ftihlungnahme mit
alien Verbandsmitgliedem auswahien soli, Ich betonte,
daB dadurch ein notwendiger, fruchtbarer Ausgleich vog.
unten nacli oben stets offen gehalten wird. Andrerselts
gehort der echte Musiker, der von seiner Kuiturmission
469
*m
.'.:>***■.
durchdrungen ist, in den Verband, um sich an freien
Tagen (ich meine nicht die abgehetzten Orchesterspieler)
zur Verfiigung stellen zu konnen, — z. B. zum Engagement
in ein groBes Bierlokal, wo bisher nur die Sinne der
Masse durch roheste Militarlarmmusik verdorben worden
sind. Das ist keine Utopie. Ich bin in Miinchen in ein
gewohnliches Bierlokal geraten, wo die Menschen um
Tische saBen, ihren MaBkrug vor sich stehen batten,
rauchten und l&rmten — und plotzlich mauschenstill
wurden, als der Kapellmeister aufs Podium stieg. Auf
dern Programm, das an jedem Tisch auslag, war zu
lesen: Wagner, Berlioz, Johann StrauB
Der auserwahlte Musiker mufi mit weit hoherem
Ernst seine kulturelle Aufgabe erkennen : bis in die
untersten Schichten hinah den Musiksinn seiner Mit-
menschen zu erziehen und zu reinigen, dann wird er
schneller die Berufreinheit seines Standes erkampft haben
als durch unzahlige standesehrenhafte Verrenkungen und
ungerechtfertigte Absonderungen. Ein Volk, dessen
Musiksinn rein ist, dutdet keinen Musikerstand, der nicht
berufsrein ist.
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Auslandifche Mufikbucher
Von Erwin Lendvai.
A. Vandet-Maget.
Guide du Violoniste. — CEuvres choisies pour violon
ainsi que pour alto et musique de chambre (Lausanne-
Paris, Foetisch freres).
Das sorgfaltig geordnete Nachschlagewerk will einen
umfassenden Uberblick ttber die gesamte Violinliteratur
geben. Die einleitenden Worte sind franzosisch, englisch,
italienisch und deutsch abgefafit. Die deutsche Vorrede
spricht mehr zu einem Leserkreis, der am zeitgenossischen
Schaffen Interesse nimmt. ,Die Neuen, Debussy, Reger,
Glazonnow, Scott und Pfitzner werden hier genannt,
wShrend sie in den anderen Vorreden nicht erwahnt
werden. Stehen dem deutschen Musiker die Neuen
nSher als dem Franzosen, Engender und Italiener? —
Nicht nur die Violonisten und Bratschisten, sondern
auch Pianisten,FR)tisten, Cellisten und Organisten werden
dieses kleine und doch ausreichende Lexikon der Streicher-
literatur mit Nutzen gebrauchen konnen. Es ist nach
Gattungen (Schulen, Etiiden, Vortragsstucke etc.) einge-
teilt und diese sind wiederum in 8 Schwierigkeitsgrade
gegiiedert.
Einige wichtige Werke der Violinliteratur wurden
leider nicht genannt. So z. B. Joseph Bloch's 24 Etiiden
(Ries & Erler), — ein Studienwerk, das vor den Kreutzer-
Etiiden gespielt dem Schiiler den Weg durch Kreutzer
zu Fiozillo ungemein erleichtert. Warum wurde das
sch6nste, weil lebendigste Klavierquartett unserer Zeit,
das in A-dur von Jongen iibergangen? Statt dessen
findetman leider auch Opernpotpourris fur groBstadtisches
Cafeleben verzeichnet. Was gehen die Violinliteratur
Neubearbeitungen aus den Opern Mascagnis,Leoncavallos
und Puceinis an?
Im bibliographischen Anhang, der Spezialwerke tiber
denGeigenbau, unterGeigengeschichte verzeichnet, fanden
ausschlieBIich nur franzosische Werke Aufnahme, nicht
zum Nutzen fur das im Vorwort versprochene Interesse
Jur jeden* Violonisten. Eine gerechtere Behandlung
dieses Stoffgebiets hatte etwa 20 Druckseiten beansprucht,
denen man der Wahrheit wilien in der papierreichen
Sehweiz Rechnung hatte tragen konnen.
*
Rivista Musical e Italian a.
Anno XXVII. — Fasc. 3° Settembre 1920. (Torino,
Fratelli Bocca).
Wer jemals Einsicht in diese idealste atler Musik-
zeitschriften genommen hat, versteht nicht, warum die
so lautgepriesene deutsche Griindlichkeit mit ihr nicht
mitzutun im Stande ist. Die heute leider tote Zeitschrift
„Die Musik" wurde in den letzten Jahren zu philologisch,
wahrend die irn vorigen Jahr neuentstandene B Zeitschrift
fur Musikwisserischaft" die Wissenschaft nur aus ver-
gangenen Kulturen schopft. Die „Rivista Musicale" ver-
einigt historischc Forschung mit Pionierdicnst fiir das
Zeitgenossische. Vorliegendes Heft wtirde besonders
die Melosleser stark interessieren. Attilio Cimbro befaBt
sich im Abschnitt arte contemporanea mit derTheorie
der Dritteltonskalen. Sie geht aus von den beiden tiber
c und ;is laufenden Ganztonskalen und baut diese wie
folgt: -
C c + ] / 3 -Ton c H
D d + Va-Ton d +
E e + Va-Ton e +
Fis fis -i- Va-Ton
fis +
Gis
Ais
gis + Vs-Ton gis +
. . . ais + Vs-Ton . . .
und abwarts
C c + i/ :J -Ton . . ,
. . . . b
ais -f-
7'3-Ton
2 /3-Ton
2 /3-Ton
2 /y-Ton
2 , ; 3-Ton
2 /3-Ton
B
2 /'. i-Ton
2 /.i-Ton
'■Vs-Ton
2 / 3 -Ton
+ 2 /':j-Ton
+ 2 /3-Ton
+ Vs-Ton b +
As as H- 73-Ton as +
Ges ges + 7 3 -Ton ges +
E (!) * e + 7 3 .Ton e -f
D<!)* d + 7i-Ton d
Dann von Cis aus auf- und abwarts.
So wie er mit 7a bezw. 2 /s-Ton erhoht, erniedrigt
er auch die Tone. In der Notation erhalten die um
73-Ton erhohten Grundtone ein kleines s-, die erniedrigten
ein kleines n-Zeichen. Die um -/3 sich dehnenden oder
zusammenziehenden Grundtone werden mit ss, bezw.
durch nn gekennzeichnet.
* Irgendwo im Verlauf der Ganztonskala meldet sich
immer dasAlogische, das Musikwidrige. Denn entweder
rniifite Cimbro von His ausgehend Ais -- Gis — Fis --
E — D, oder von C ausgehend B — As — Ges — Fes
— Eses — notierenl
470
I.
c
d
II.
cis
dis
III.
c s
d»
IV.
c s*
d ss
V.
cis"
dis "
VI.
cis»u
dis""
gis
ais
a
h *)
gis s
ais s
gis«
ais ss
a«i
h«
a nn
h ""
Das Vierteltonsystem verabschiedet er, weil die
oktavspannende Skala nicht fiereichert wird, da jedes
zweite Viertel den im aiten System bereits enthaltenen
Halbton gebiert. Blieben die Additionen mit 'At und
3/ 4 Tonen, die aber nur eine einmalige Erhohung odcr
Erniedrigunggestatten wiirden. So: c — h + 2 A; c-H/4 =
h -+■ 3 A ; c + 2 /4 = cis ; c + 3 A — cis -f V4 usw.
Hingegen mit dem Va-Tonsystem entstehen sechs
Ganztonskalen aufwarts und fiinf Ganztonskalen abwarts;
flinf nur, indem die Skala I fur beide Richtungen in
Permanenz bleibt.
Alte Skalen:
e fls
f(!) g
Neue Skalen:
e» fis«
e S;i fis ss
f ( f)u gn
f(f)un gun
Vcrschwunden sind die biederen 12 Halbtonc der
Oktave. - Die Zukunft wird vor einer sechsunddreifiigfach
geteilten Oktave erwachen. Cimbro meint: „wer weilJ,
ob wir nicht eines Tages im Orchester etwas erblicken
werden, was uns heute grotesk erscheint: ein Instrument
getragen von einem Dreifufi, eingefugt in einen Tasten-
apparat und in ein System, z/B. von drei Fagotts,
welche mit einem einzigen Mundstiick intonierbar wSren;
der Fagottist halt mit einer Hand an semen Lippen das
Mundstiick, wahrerid seine andere Hand am Tastwerk
arbeitet" . . . . (Wenn der Fagottist in den sechs Skalen
nicht irregeht, so konnte er in atonaler Dreistimmigkeit
einen ganz sonderbaren Genufi bieten. Aber auch wenn
er sich in viermal 36 Tonen nicht irrt, entsteht auf
alle Falle der Wunsch des nur zweiohrigen Dingenten,
aus dem Tonirrenhaus baldmoglichst entrinnen zu konneu!)
Cimbro bleibt aber nicht allein bei physikomathe-
matischen Formeln stehen, sondern bringt auch khngende
Beispiele (a) [siehe am Schlufi].
Dieses Beispiel ist gefahrlich. Seine Zweiteilbarkeit
und die Miindung im dominantgehorten a zcigt den ein-
gewurzelten Tonalisten, der die oh und «-h garmcht
emP DafBei S piel (b) [siehe am Schlufi) ist hingegen
* bei Cimbro irrtumlich his.
(wenn auch mathematisch aufgestellt) von einnchmendercr
Art.
Cimbro scnsibilisicrt sodann unsere biirgerlichstcn
Akkordvcrbindungen (Beispiele c und d), die cine Hyper-
sensibilisienmg garnicht fordern. Auch wird mit Hilfc
der DritteltOne modtiltcrt ; ein Beispiel (e) bringt die
Modulation von (>-dur nach CI— j-dur, ein nndcrcs von
CU nach O. H
Und wohin mit dem ganzen Plunder von doppelt
und dreifachen Scnsibilitiiten? Cimbro sagt: sorpresa,
s tu pore. Also Uberraschuug, Krstaunen, Krstarrung.
Waiirend die zeitgcnOssischc Malerei nach Abstntktiou
strebt, wird die aus vollkoinmcnster, edelster Al>straktion
kommende Musik im Naturalismus der Oberempfind-
samkcil verebben. Cimbro verspricht von der Drittelton-
musik mit ihrem Hang nach sorpresa und stupore spczielle
Wohltaten fiir die dramatischc Musik. Scin Kchobcispiel
(f) geht nocli weiter und endet im Naturalismus des
physikalischcn PliSiioiiic'us.
Und nun lescn wir die Wortc Tscliuang-Tscs*. der
sic vor 2000 Jahrcn nicderschricb:
.Uberfeinerung des Sehcns fiilirl zur Ausschweifung
in Farben; Oberfeincrung des llorens fulirt zur Aus-
schweifung in Tonen; Ubcrfeinerung der Mcnsclicnlicbc
fulirt zur Verwirrung der Tugend; Ubcrfeinerung der
Gerechtigkeit fulirt zur Verkcnnung der Grundsfttze;
Ubcrfeinerung der Riten fuhrt zur Abweicliung voui
wahrcn Ziel ; Uberfeinerung der Musik fuhrt zur Loekcrung
des Geistes; Uberfeinerung des Wissens fuhrt zur Vor-
herrschaft des Wcrkzcugs; Ubcrfeinerung des Scharfsinns
fiihrt zur Ausdehnung der Tadclsncht.
Ruben die Mcnschen in den natiir lichen
Bedingungen des Daseins, dann mogeu diese
achtElementc scin oder nicht, cs rnacht nichts
aus. Ruhen aber die Mcnschen nicht in den
naturlichen Bedingungen, dann werden dicsc
acht Flementc zu Hindernisscn und zu Raub"
machtcn, und sic stiirzcn die Welt in Ver-
wirrung/
Ruhen wir in den Bedingungen der Natur, oder
berechnen wir sorpresa und stupore mit Plus und Minus
von Vs ""d 2 /:» ?
^RcdciTiind Gleichnisse des Tschuang-Tse. (Deutsche
Auswaht von Martin Buber, Leipzig, Inselverlag).
471
Ci"fol£CT:
.UsngeniCi;
t.i^dcr, Mi
IK' id >»!'!.'■ In
•-. coe r n-t.-t:
wird, will audi nodi uii-
K;:ruMer)VMKsikwcrke, Opern,
i-.'Mc;. D'^enigeti Tonsetzer,
v-v-j^.:-! oeb'^en, uuch davon
-so ;v J:t i; ^eh bei gedrnckten
M-zvvun^en we.rden
Wichfige neue Mufikalien, Biidier und Auffafze
iiber Mufik,
mitgctciit von
Professor Dr. Willi cl tn Altniaun, Bcriiu-Friedenau, Spotiliolzstr. 53-54
Diese Zusammcnstellimg, die moglichsi in jedem I left dieser Zeitsdirift
gedruckte grofiere Werke, v'or allein Symphonien, synphoiiische Dirh'ti.-i^e:;, K
Chorwerke mit Orchester einbezichen, inrt Tiaiiieiitlic.r
die derartige Werke (jedocli nicht etwa Kiavierstiicke,
in Kenntnis zu setzen, doeli bchalte idi mir die r:n:s
Werken weder durch ein Inserat noch durdi KinsewV
Rucksendung etwaiger Einscndungen wird grundsai/iirir abpe^-'r,-';.
Die Hiuzufugung des Verlags wird Best e!!:n =<-;!;■.;: ^:\r^::[\-:::: Zv •:> ■ "-vvreebencn Pro^*::'- : .:cv:im£ immer
noch der sogen. Teuerungsaufschlag seitens des Verlegcrs hinzu; er sebwankt bekanntlicb, ineist aber betragt er 200%.
Der friihere -Sortimenterzuschlag von 10% darf nicht mchr erhoben wcrden.
Pijper, W.: Sonate f. Viol. u. Kiav.; dsgl. f. Vcelio
u: Kiav- P. M. Brockmann & van Poppel, Amster-
dam je 6 M.
Rabel, Anton: op. 2 Romantische Stiicke f. Viol. u.
Pfte. Wunderhorn-Verl., Mtinchen 3 M-
Ravel, Maurice: Duo p. Viol, et Violoncelle erscheint
demnachst [bei Durand]
Schmaistich, Clemens: Sextett f. Kiav., Flote, Oboe,
Klarin., Fag. u. Horn noch ungedruckt [Urauf-
fuhrung 25. 10. Berlin]
Schmid, Heinr. Kaspar: op. 30 Paraphrase iiber ein
Thema von Liszt fiir zwei Klaviere. Part- Schotr,
Mainz 3 M.
Schmitt, Fiorent: op. 68 Sonate in franche forme p.
Viol, et Piano- Durand, Paris 12 fr.
Siegl, Otto [Leoben]: Sonate f. Geige u. Kiav. noch
ungedruckt Urauffiihrung 7. 5. Graz
Simon, James [Berlin-Grunewald]: Quintett f. Oboe
u. Streichquartett in einem Satze) noch ungedruckt
UrauffUhrung 4. 11. Berlin
Straesser, Ewald: op 42 Viertes Quartett (e) f. 2 Viol.,
Br. u. Vcell. Peters, Lpz Part. 1,50 M.; St. 5 M.
L Inffrumenfalmufik
a) Ordieffer
Biickmann, Robert [Munchen-Gladbach]: Suite noch
ungedruckt
Goossens, Eugene: The eternal rhythme. Symphonic
poeme noch ungedruckt. Urauffuhr. 19. 10. London
Heger, Robert [NOrnberg]: Symphonie Nr 1 (d) noch
ungedruckt
Herzig, Frank [Waldenburg in Schles.]: op. 22 Ein
Tannhauser, phantast Symphonie; op. 33 Stimmungs-
bilder aus Russisch-Polen; op. 37 Aus unseren
Tagen, Suite noch ungedruckt
Indy, Vincent d*: Poeme des rivages. Suite erscheint
demnachst [bei Durand]
Nielsen, Carl: op. 39 Sagentraum. (Symphon. Dichtung)
Hansen, Lpz Part. 12 M.; St. 12 M.
Siegl, Otto [Leoben]: Galante Abendmusik in 5 Satzen
noch ungedruckt. Urauffuhr. 11. 4. Graz
Suter, Hermann: op. 17 Symphonie (d). (Part. u. St.
schon fruher erschienen) Klav.-A. zu 4 Hdn Hug,
Lpz 12 M.
b) Kammermufik
B.ose, Fritz: op. 13 Duo (B) if. 2 Pfte zu 4 Hdn.
Siegel, Lpz 8 M.
Casella, Alfredo: Streichquartett in 5 Satzen noch
ungedruckt
Dtirey, Louis: Sonate p. Flute et Piano noch un-
gedruckt
Handel, G. F.: Kammersonate f. Flote (od- Oboe oder
Viol.) m. Kiav. u. Vcell ad lib. (Max Seiffert) Nr 10
(h) 4,20; Kammertrios f. 2 Viol (Fl. od. Ob.), Vcell
(6d. Fag.) u. Kiav. (M. Seiffert) Nr 12 u. 13 (g)
je 4,80 Breitkopf & Hartel
Kahn, Robert: op. 69 Suite f. Viol. u. Pfte. Bote &
Bock, 12,50 M.
Malipiero, G. Francesco: Rispetti e strambotti.
Preisgekr. Streichquartett erscheint demnachst bei
Chester, London
c) Sonffige Inffrumenfalmufik
Albeniz, J.: op. 165 Espana. Six Feuillets d'Album p
Piano. Schott, Mainz 3 M.
Bach, Joh. Seb.: Konzert (c) f. Viol. u. Oboe (oder
2. Viol.) bearb. v. Max Seiffert. Mit Kiav. Peters,
Lpz 2 M.
— : Klavierwerke (Busoni) Bd 13 (Italien- Konzert,
Partita in h). Breitkopf & Hartel 4 M.
Becker, Hugo: op. 13 Sechs Spezial-Etuden zur
F5rderung groBerer Leichtigkeit im Bewegungssystem
des Violoncellisten. Hansen, Lpz 6 M.
Bizet, Georges: Bilder vom Rhein. Sechs Lieder
ohne Worte f. Kiav. Peters, Lpz 1,50 M.
Geierhaas, Gustav: op. 5 Passacaglia (cis) f. Org.
Peters, Lpz 1,50 M.
Gohlisch, Wilh. Ferd.; op. 8 Scherzo f. Viol. m. Orch,
Gries & Schornagei, Hannover Part. 5M-, St 4M.;
mit Kiav. 3 M.
m
wsmm
Bsk&afe*'£fftv
I
Haas, Joseph: op. 53 Hausmarchen. Neun Klavier-
stucke. Wunderhorn-Verl., Munchen 2 M.
Handel, G. F.: Konzerte f. Orgel (Max Seiffert) Nr 13
(— op. 7 Nr 4, F). Breitkopf & Hartel 4 M.
Haydn, Jos.: op. 84 Sinfonie concertante f. Viol., Vcell,
Oboe u. Fag. Mit Klav. bearb. (Hans Sitt). Breit-
kopf & Hartel 6 M.
Heinze, Walter: Orchesterstudien I Oboe. Breitkopf &
Hartel 3 M.
Karg-Elert, Sigfrid: op. 58 Innere Stimmen. Acht
Charakterstiicke f. Harmon. Simon, Berlin 4 M.
Klemetti, Heikki: Historische Tanze aus Finnland.
F Pfte H. 3. Lindgren, Helsingfors 1,60 M.
Klengel, Julius: op. 57 Hymmis'f. 12 Violoncelle.
Breitkopf & Hartel Part. 8 M.; St. 6 M.
Koch, Friedtich F.: op. 44 Gethsemane. Lamenfo f.
Org. Kahnt, Lpz 2 M.
Kodaly, Zoltan: op. 3 Neun Klavierstucke Neue
revid. Ausg Albeiti-Verl., Berlin-Wilmersdorf 4 M.
Kubelik, Jan: Konzerte f. Viol. Nr 1 (c), 2 (D), 3 (E).
Mit Pfte. Stary, Prag-Smichow je 60,00 M. ['!]
Melartin, Erkki: op. 11 Skizzen. 5 Klavierstucke
2,50 M.; op 91 Licht und Schatten. 7 kleine Stucke
f Pfte 3 M. Lindgren, Hetsingfors
Merikanto, Oscar; op. 101 Klavierstucke. 5,50 M.
ders. Verl.
Miller, Karl: Hibernia. Grofte irische Fantasie f. Pfte
mit Streichquartett. Verlag Aurora, Dresden 12 M.
Palgrem, Selim: op. 63 Klavierstucke. Lindgren,
Helsingfors 12,50 M
Pesenti, Gustavo: op. 6 Suite I Pfte. Breitkopf &
Hartel 3 M.
Rabel, Anton: op. 21 Sommertage. Kleine Stimmungs-
bilder f- Pfte. Wunderhorn-Verl ., Munchen 3 M.
Sibelius, Jean: op. 94 Klavierstucke. Westerlund,
Helsingfors 14 M. .
Tapped, Wilhelm; Obungen fur die iinke Hand allein
(Klav.). Neue Ausg. (Paul Wittgenstein). Simrock,
Berlin 5 M. .
Windsperger, Lothar: 15 Improvisationenf. Viol, allein.
Schott, Mainz 6 M. .
Wiuternitz, Arnold: op. 19 Fflnf KlavierstQcke.
Bote <£ Bock je 1,80-2,00 M.
Zilcher, Hermann: op. 21 Konzertstuck (a) f. Vtell.
Mit Klav. Breitkopf <fc Hartel 3 M.
II, Gefangsmufik
a) Opern (a |on|fige fheafraliJAe Mufik)
Benda,Georg: Ariadne auf Naxos. EinDuodrama
mit musikal. Zwischensatzen. Siege Lp* 0-1,
Mat. laicise; «*-* C^-£ tt 1 HBch-
Braunfels, Walter: op. 30 Die v»„ej >. .
phantasms Spiel n»c» 'Ari.lophanea Kl.i. A.
noch ungedruckt
Lortzing, Albert: Rolands Knappen Marchenopet.
Neue Bearb. (GR Kruse), Stahl, Berlin Klav.-A.30M.
Niehr, Gusiav: Der Schelm von Bergen. Romantische
Oper. Hansa-VerL, B.-Wilmersdorf Klav, -A. (.Arthur
Dette) 15 M.
Paer, Ferd.: Diana und Endymion, Dramat. Kantate.
Stahl, Berlin Klav. -A. (Preben Nuclermann) 12 M.
Zilcher, Hermann: op. 39 Musik zu Shakespeares
Wintermarchen. Part. u. Orch.-St. Breitkopf t V-
Hartel. Preis nach Ubereinkunft
b) Sonjfige Gefangsmujik
Bach, J. S: Arien aus Kantaten. Mit Pfte i Karl
Straube, Max Schneider) (a) f. Tenor, (b) f Bali
Peters, Lpz jeder Bd 2,50 M.
— . Die [Jeder aus deui Notenbuch der Anna Magda-
lena Bach f. d. prakt. Gebrauch hrsg. (Herm. Roth).
Peters, Lpz 1,50 M.
Bach, Nicolaus: Messe (e) f. d. prakt. Gebr. hrsg.
(Victor Jung, Alex. Fareami). Part. Breitkopf \-
Hartel 15 M.
Blech, Leo: Wiegenlied (Bliithgen). Fur cine Singst.
mit Klav. -■ in: Sang u. Klang-Almanach 1921
David, K. H.: op. 21 Sechs Gesiinge f. vierst. Frauen-
chor m. Orch. Breitkopf & Hartel. Klav.-A 6 M.
Duis, Ernst: Das Rosenband. Lieder zur Laute aus
derempfindsamenZeit. Zwiftler,Wolfenbtittel 5,50 M.
Duvosel, Lieven: Sanctus fUr Knabenchor, kl. u grofV
gem. Chor, Orch. u. Org. Klav.-A. Breitkopf *
Hartel 4 M.
Fiebach, Otto: GroBe Liturgie f. 8st. Chor u. Kinder-
chor (dauert Vh St.) noch ungedruckt
Haas v loseph: op. 52 Lieder des Glucks (Sieben Gc-
dichte von W. H. Metz); op. 54 Heimliche Lieder
der Nacht. 6 Lieder. Fur erne Singst. u. Klav.
Schoit, Mainz jedes Heft 3 M.
Humperdinck, Engelbert: Altdeutsches Liebeshed. Air
eine Singst. m. Klav. - in: Sang- u. Klang-
Almanach 1921
Kluge, Karl [Plauen]: Sturmlied f. groB. Mannerchor
u. Orch. noch ungedruckt
Koch, Friedr. E, op. 43 Drei Terzette f. Sopr. u. Alt
m Pfte. Kahnt, Lpz 4,50 M.; op. 45 Heitere Ma-
drigale f. gem. Chor. Ders. Verl Part 1 1,20 M„
Nr 2-4 je 1 M.; jede Chorst. jeder Nr 0,30 M.
Koschitz, H.: Die Lieder der Ukraine. 18 Lieder fur
Mannerchor. Part. G- Brauns, Lpz II M-
Levvin Gustav: Neun moderne Kinderheder f. eine
Sin«3t. m. Klav. Stahl, Berlin je 1 M.
Merikanto, Oskar: op. 96 Drei Lieder II Singst. im
Klav Westerlund, Helsingfors je 2 M.
Pfirstinger, Felix: Kirchliclics Liederbuch Fine
Sammlung religioser Gesange f. gem. Chor Hug,
Reufi! Augtt: op. 36 Acht Lieder f. 1 Singst. m. Pfte.
ZierfuB, Munchen je 1,25-2,00 Ma
Rottenberg, Ludwig: Vier Gedichte von R M. Rtlte
I hohe Singst m. Klav. Univcr8al.fcd. " 2,5Q>
- Zwei Lieder f. hohe Singst. m.KJv. U-^ 2J0M-
^ Zwei Lieder far Bariton m. Kiav. ,y.-E 1,50 M.
475
f0 L
■'.-^V
Schreiber, Fritz: op. 13 Sechs Lieder f. 1 Singst m.
Pfte. Univers.-Ed., Wien 2,50 M.
SeidI, Stefan: op. 122 Alpengluh'n. Album bayr. Dorf-
Heder gesetzt mit Gitarre (Heinr. Albert) Halb-
reiter, Munchen 9 M.
Sibelius, Jean: op. 90 Sechs Lieder f. Singst. m. Klav-
Westerlund, Helsingfors je 3,00-3,50 M.
Wickenhausser, Richard: op. 82 Chrysanthemen. Drei
vierst Frauenchore m. Orch. nach altjapan. Poesien.
Siegel, Lpz Klav.-A. je 2,50 M ; jede Chorst. zu
jeder Nr 0,25—0,30 M-
Winter, M. Georg: op. 144 100 Volkslieder u. volks-
tiimliche Lieder als Wechselgesange mit Gitarre.
Siegel, Lpz 6,50 M.
Wolfurt, Kurt: op. 10 Fiinf, op. 11 und 13 je Vier
Lieder f. 1 Singst. m. Klav. Ausg- f. none, mittl. u.
tiefe St. Madrigal-VeH., B.-Wilmersdorf je 1,00
bis 1,40 M.
III. Biidier
und Zeiffdiriffen-Auffa^c
(alphabetisch sowohl nach Stichworten wie nach den
u crfassern geordnet Bei Zeitschriften -Aufsatzen ist
'innir/ mit Nr die des laufenden Jalirgangs gemeint)
Ansermet, Ernest — s. Stravinsky
Bartok, Bela. By Leigh Henry — in: Musical
Opinion. Oct.
Beethoven. Wie feiern wir B 's 150. Geburtstag?
Von Waiter Baer — in: Ztschr. f, kirchenmusik.
Beamte 5
Berlin. Blatter der Staatsoper . . . hrsg. v. Julius
Kapp. Berlin, Schuster & Loffler Heft 1 5 M.
Beriihmt. Wie werde ich beruhmt? Betrachturigen
von Elvira Schmuckler — in: Rhein. Musik- u
Theater-Ztg 44/5
Bewertung von Kunstleistungen. Ist eine prazise,
eindeutige B. von K. moglich u. notwendig? Von
Leonid Kreutzer — in: Sang u. Klang-
Almanach 1921
Blech, Leo: Meine „Entgleisung" in die Operette —
in: Sang- u. Klang-Almanach 1921
Blessinger, Karl — s. Impotenz
Blom, Eric — s. Flattery
Bruch. Zur Erinnerung an Max B. Von Wilh.
Nagel — in: Neue Musik-Ztg 3
— Von Arnold Ebel — in: Deutsche Tonkunstler-
Ztg Nov.
Bruch, Max f. Von Max Stein itzer — In: Ztschr.
f. Mus. 21
Carlsruhe in Oberschlesien, eine schlesische Kunst-
statte des 18. Jahrhunderts und seine Beziehungen
zu Carl Maria v. Weber. Von Martin Klose —
in: Ztschr. f. Mus. 21
Carriere, Paul — s. Farbe
Chop, Max — s. Reznicek
Cohn, Arthur Wolfgang — s. Riemann
Conze, Jorj- — s. Neue Kurs, der
Corner, David Gregor, und sein Gesangbuch. Eine
biobibliographische Skizze. Von Robert Johandl —
in: Archiv f. Musikvviss. 4
Davies, H. Walford — s. New scales
Dette, Arthur — s. Mikorey
Deutsche Musik auf geschichtlichen und nationalen
Grundlagen. Von Hermann Frhr. v. d. Pfordten
2. verb. Aufl. Quelle <fc Meyer, Lpz geb. 30 M.
Deutsche Oper im Ietzten Drittel des 18. Jahrh, — s.
Dresden
Deutscher Humanismus. Aus der Musikgeschichte
des dtsch. Hum. Von Peter Wagner— in: Ztschr.
f. Musikwiss. 1 :
Deutsches Opernschaffen der Gegenwart. Die Ent-
wicklung der deutschen Oper seit 1900. Kritische
Aufsatze. Von Julius Korngold. Leonhardt,
Wien I geb. 48 M.
Dirigent. Die Kunst des Dirigenten. Von Ernst
Kunewald in: Sang- u. Klang-Almanach 1921
Dresden und die deutsche Oper im Ietzten Drittel
des 18. Jahrhunderts. Von Richard Englander —
in: Ztschr. f. Musikwiss. 1
Einstein, Alfred — s. Spengler
Englander, Richard — s. Dresden
Erpf, Hermann — s. Schonberg
Extremists versus the rest. By Ernest Newman —
in; The musical Times. Nov.
Farbe und Ton. Von Paul Carriere -- in: ANgem.
Mus.-Ztg 45
Film und Musik. Von Leopold Schmidt — in :
Sang und Klang-Almanach 1921
Finnlandischer Musik, Von. Eine Skizze v. Ferd.
Pfohl — in: Die Musikwelt 2
Flattery and malice in music. By Eric Blom — in:
Musical Opinion. Oct.
Flesch, Carl — s. Vergilbt (Pariser Konservatorium)
Georgii, Walter — s. Reufi
Henry, Leigh — s. Bartok
Hoesslin, J. K. v. — s. Melodie
Humanismus — s. Deutsch
Impotenz. Die Oberwindung der musikal. Imp. Von
Karl Blessinger. Filser, Stuftg. 9 M.
Impressionistische Musik. Von Siegmund Pis ling —
in: Sang u. Klang-Almanach 1921
Johandl, Robert — s. Corner
Kahse, Georg Otto — s. Musik
Kapp, Julius — s. Berlin; Reznicek
Karpath, Ludwig — s. StrauB, Rich.
Klavier. Rund urn mein Klavier. Von Walter Nie-
mann — in: Die Musikwelt 2
Klaviernote. Von Konstantin Br u nek — in Neue
Musik-Ztg 3
Klose, Martin — s. Carlsruhe
Korngold, Julius — s Deutsches Opernschaffen
Kretzschmar, Hermann — s. Musikgeschichte
Kreutzer, Leonid — s. Bewertung
Kfihn, G. F. — s. Unbewuiite, das
Kunstmusik und Schulgcsang. Von Otto Stein-
hagen — in: Ztschr. f. Musikwiss. 1
474
Kunwald, Ernst — s. Dirigent
Kurs, der neue — s. Neu
Kurth, Ernst — s. Wagner
Lehmann, Lilli: Mein Weg. 2. verm. Aufl. Hirzel,
Lpz 100 M.
Listening. The psychology of 1. to music. By Roilo
H. Meyers — in; The Chesterian. 10
LSwenfeld, Hans — s. Operndammerung
Malice vgl. Flattery
Melodic, Die, als gestaitender Ausdruck seelischen
Lebens. Von H. K. v. HoeBlin - in: Archiv f.
d. gesamte Psychologie 39 H. 3/4
Mikorey, Franz- Von Arthur Dette - in: Neue
Musik-Ztg 3
Musik des 16. |ahrhunderts. Takt und Sinngliederung
(darin). Von Arnold Schering - in: Arch. f.
Musikwiss. 4
Musik, mcht Gesang in den Schuien. Von Georg
Otto Kahse - in: Der Chorleiter 21
Musikgeschichte — vgl. Spengler
- Einfuhrung in die. Von Hermann Kretzschmar.
Breitkopf & Hartel 6 M.
Myers, Rollo H. - s. Listening
Nagel, Wilibald - s. Bruch
Neue Kurs, Der, und andere Wege. Von joh.
Conze - in: AHgem. Musik-Ztg 46
New scales. Some n. sc and chords. By H. Walford
Davies - in: The musical Times Nov.
Newman, Ernest -- s Extremists
Niemann, Walter - s. Klavier
Not, unsere |d. h- der MusikerJ Von Lrnst
Schliepe - in: Allgem- Mus-Ztg 44
Opcr, deursche, im letzten Dritlel cles 18. Jahrh. -
s. Dresden ># , :
Operndammerung. Von Hans Lowenield - in.
Die Musikwelt 2 to „u o0 s
Opernschaffen der Gegenwart, Deutsches - b.
Deutsch M«ij«urn - in-
Orchestra, The. By G- Francesco Malipiero in.
The Chesterran 10
Paris. Konservatorium - s. Vergno
Pfohl, Ferd. - s. Finnland s . Deuts he
Pfordten, Hermann, Frh- v. aer
Musik . s impressionistische
Pisling, Siegmund - s - *
ReX^us, Vo„Wa 1 terpeor g ii-in:R h ei,
in: Sang- u. Klang-Almanach 1921 igche
-. SeinLeben und seine Werke. ^ K
Studie von Max Chop. ^"'^^ D i r igentenlauf-
Reznicek-Heft (Rexnlcek, An « ner D. ^ _ ^
bahn; Kapp Uber R. u. seine
Blatter der (Berliner) Staatsoper H. 1
/
von
Riemann, Hugo, als Systematikcr der Musikwissen-
schaft. Von Arthur Wolfgang Cohn in: Zeit-
schrift f. Musikwiss. 1
Rivista nazionale di musica erscheint seit Ende
Oktober wdchentlich in Rom, Via Leonardo da
Vinci 76
Sang u. Klang-Almanach 1921. Hrsg. Leop Schmidt.
Neufeld & Henius, Berlin 3,50 M.
Scales — s. New scales
Schering, Arnold s. Musik des 16. Jahrh.
Schliepe, Ernst — 8. Not
Schmid, Otto - s. Weber
Schmidt, Leopold - s. Filmmusik; Sang u. Klang-
Almanach
Schmuckler, Elvira - s- Berlin mt
Schfinfierg. Fur Arnold Sen. Von Hermann Lrpf
in: Neue Musik-Ztg 3
Schreker, Franz: Der Schatzgraber. Opcr. Thema-
tische Analyse. Einfuhrung in die Musik von
Richard Specht. Univers.-Edition 3 M-
Schubert, Franz. Fantasie op. 15. [Analyse!
Heinr. Schwartz in: Ztschr. f. Mus. 21
Schuien - s- Musik
Schulgesang - vgl. Kunstmusik
Schwartz, Heinr. — s. Schubert
Seelisches Leben - s. Melodic
Specht - s. Schreker
Spengler, Oswald, und die Musikgesch.chte
Alfred Einstein - in: Ztschr f Musikwiss. 1
Steinhagen, Otto - s. Kunstmusik
Steinitzer, Max s. Bruch
Straufl, Richard, wie ich ihn kenne. Von Lidw.«
Karpath - in: Sang u Klang-Almanach \JZ\
Stravinsky. L'histoire du soldat AusfuhrL Be-
sprechung von Ernest Anscrmct - in. I he
Chesterian 10
Ton — vgl. Farbe
Typen-Stimmbildnng, zugleich die neue Ausdrccks-
kunst fUr Biihne und Konzert. Von Ottmar Rut,
RrpitkoDf & Hartel 10 M
UnbeCte, Das, in der Musik Von O. F KUhn -
in: Neue Musik-Ztg 3 .
Vergilbte Blatter (Vom Pariser Konservatonunr. Von
Carl Flesch - in: Sang u. Klang-Almanach 1921
waaner Peter - s. Deutscher Humanismus
w«5ner* Richard. Romantische Harmonik und ihre
Se in ^gners Tristan. Von Ernst Kurth
Haupt, Bern 32 M.
«r u r Karl Maria v. — s. Carlsruhe
* eb 2r HunderJjahrfeier der FreischiUz-OuvertUre
Von Otto Schmid in: Musik-Ztg 43
Zallner, Heinrich. mit besonderer BerOck.lchl.gujjj
seiner Chorwerke (von ihm selbst, in. Der
Chorleiter 21
Von
475
-sC--
jjjgjL.
■ T^jfc,.
K O N Z, E RTE
Meisters., Bufitag, 17. Nov., 3. Jan., 2. Marz, 7V-2 U.:
3 Kammermufikabende
Therefe Pe^ko-Schuberf I. Viol., Loffe Trau
II. Viol., Anita Ricardo-Rocamora Bratsche,
Seta Trau Cello
Karten 10— 3 u. Sjeuer.
VERBAND DER KONZERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V.
Oemelnntifzlge KoiMseriatoteiluncj: Berlin W 57, mojoaentt^cilsiralie 17
Telaphon: Am* NOLLENDORF 3885 Teiegramm-Adrosse: PODIUMKUNST
Engagem«nt«vermlttlung t Arrangements von Konzerten, Vortrags- und Kunsttanzabenden fUr Benin unri alle Orte des In- jnd Auslandes
Alle Rftbatte werden den KUnstlem gutgebracht. Niedrigere Prqrisionen als bei gewerbsmaBigen Konzertagent
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indes I
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Anzci^'nprois Fiir <lio vw^sp.illwM> /.oil" Ml<- ' ■■'"■
Nr. 21
Berlin, den 16. Dez ember 1920
I. Jahrgang
INHALT
„«KTxi*^«r . Mulik und Utopie
KARL SPANNAbbL .....■•• pr j mefheus von sbrjabin
I.. SABANE3EW . . Einiaes uber lnffrumcnfalion
HEINRICH KAMINSKI ...-•• ^ ^ fahaM dcr TonKnm) ,
WALTHER HOWARD DmmQ oder Libretfo
3UL1US BITTNER • ' ' Zum Bau der Berliner Volbsoper
fTn WMELM ALTMANn'. ' ". '. Bedeu.ende Ne U er,che:„un fl e„ und ManulNnp.c
NOTENBEIUeE: Stefan Wo.pe .Adagio fur Kfavfer"
JMELOS"
in einer Luxusausgabe
eridieinf monallkh einmal irn Kun|lverla«
Frife.aurlitt,BerbnW55
Mufik und Ufopie
(Anlaj31ich Beefhovens 150 jahrigen Geburfsfages.)
Von Karl Spannagel
„Deine Musik, dafi sie hatte urn die
Welt sein diirfen, nicht um uns!"
(Rilke.)
Jedem, der unferes Glaubens iff, dammerf einmal die fchmerzliche Erkennfnis auf,
da^ mufikhaffer Raufch uns le^fen Endes eine Luge fein muj3. Einfamkeif iff unfer
fiefffes Gefe£ geworden und audi der ufopifche Glanz unferes augenblicklichen Er-
lebens hilff nidif dariiber hinweg. Keiner kann mehr darunfer leiden als der Mufiker,
der von der Nafur dazu beffimmf iff, das a priorifdie Sein aller Dinge zu erklaren.
Ihm haf die Zeif feine Welf geraubf, und was (ibrig geblieben iff, reichf zu lefjfem
Klang nidnf mehr aus. So gofflos find wir freilich fdion geworden, daj3 uns Mufik
nur nodi eine qualvolle Ridifung, eine Sehnfudif bedeufet. So freulos, dag wir
wahnen, ein neuer Goff verfriebe mif feiner Wiederkehr zugleidi die Mufik von unferer
Erde. Vergeffen haben wir alien feligen Gefang vor uns. Mozarfs Canfabile leuchfef
uns an einem fremden Himmel auf, der uns verffoj3en haf.
Was iibrig geblieben iff, iff allein die Sehnfudif, fiir die es kein a priori, alfo
audi keine Mufik gibf. Die Mufik der Sehnfudif bleibf zufallig, nur dem Einzelhen
ein Anker in der Zeif, deshalb von jedem angreifbar. Harmonie als Symbol — eine
verziickfe Vereinigung im Glauben — iff finnlos geworden. Wir wiffen, daj3 Kunff eine
Sphare iff, die fich durdi ihre eigene Exiffenz rechfferfigf. So iff uns nur geblieben
Diffonanz als Waffe gegen unfere finnlofe Urn welf. Enffaufchf wenden fich die Menfchen
von foldiem Klang, nidif ahnend, daj3 wir Mufiker mif harfeffem Fluch beladen find.
Wohl find wir uns bewu£f unferer Veranfworfung gegen ein a priorifdies Dafein.
Uns alien fdiwebf ein ferner Klang vor, in dem Symbol und Ding zufammenf alien.
Doch die Formel iff uns geraubf, und ubriggeblieben iff nur die Qual und Zerriffenheif.
Hier leudifef Beefhoven wieder auf. „Diefe unerbiffliche Selbffverdidifung forf-
wahrend ausdampfen wollender Mufik", fagf Rilke von feinem Anflifc. Zerriffenffes
Menfdienfum ruff aus feiner Tiefe. Der Gefang fdiwand mif dem Tage feiner Geburf
aus der Welf, ungeheuere Mufik fpringf aus den Fugen feiner Zerriffenheif, der Aus-
einanderjefcung mif feiner Sendung. Er gehf nidif verklarf zu Goff ein, fondern
fdieidef in harfer Qual im Bewu£ffein eines dammernden Anfangs aus dem Leben.
So ungeheuer iff zwar feine Gewalf — und das mag uns ein Troff fein — , daP uns
fein Klang umfangen will wie ein bliihendes Eden, doch wiffen wir es und bekommen
es zu fpiiren, daj5 hier ein Menfdi gewefen iff voller Sehnfudif, den Blick vifionar fiber
die Grenzen feiner Kraff gerichfe.f.
Retfung wurde ihm im Kampf die Form. Symphonifdie Form wurde fur ihn
geniale Synfhefe feines ausbrechenden Gefanges und feiner QuaL Hierin ruhf
Erlofung fiir ihn. Sie wird ihm Symbol fur feine Taf, zwar ein Symbol, das nidif
a priori vorhanden war, doch mif Keulenfdilagen formf er ein Gefa£ fiir fich deshalb
leuchfef fein Name iiber feiner Mufik. Le$te mefaphyfifche Kongruenz blieb audi
ihm verfagf. Aus feiner lefcfen Symphonie rufen Menfdiendtore, - Fludif aus der
Mufik. - Triimmer feiner lefcfen Klange find uns iiberkommen - idi denke haupf-
fadilidi an die lefjfen Sfreidiquarfeffe — deren Skin wir heufe fiihlen, aber nodi nidif
auszudrijdten vermogen, vor denen wir heufe nodi ratios ffehen, nidif-wiffend ob es
em Anfang iff oder die Folge verfagenden Qehdrsfmnes, ein Ende.
478 ' : :':;-K:\
Beefhovens Titanenkampf mif fidi und der Umwelf blieb ohne Reflexion das, was
er im fiefffen Sinne bedeufef: Die Unmoglidikeif einer le&fen Kongruenz. Nie wurde
hier Zernffenheif fidh felbff zum Objekf, nie wurde Verzweiflung Sakramenf. nie Chaos
Stoff. Heine Ufopie leudifef in feiner Mufik auf. Deswegen bliihf efwas wie Seligkeil
und Erlofung in feinem Klang. Hein Zufall, dap" Beethoven weder Form nodi Klang
revolufionierfe. Hodiffens iiberlaffef er die gegebenen Moglkhkeifen. Alles was vor
ihm fieri abfpielfe urn Sonafe und Symphonic erfdieinf als gofflidier Auffakf in feiner
Sphare. Klang und Form ergriff er und fdimolz beides in der einzigen qualvollen
Geburfsjfunde feines ganzen Lebens zum einzigarfigen Kosmos feines Sdiidtfals ein.
Im Glanz und der Infenfifaf diefes fymphonifchen Kosmos verblajSf alles nach ihm.
Dariiber hinaus fiihrf kein Weg fur uns.
Es niifjf nichfs, an der Erinnerung zu zerren. Kein Reigen feliger Geiffer will
uns mehr erklingen. Hinfer alien Verfuchen grinft uns die Einfamkeif des Menfchen
an, ein vollig mufiklofes Phanomen, und aus der Frommigkeit des Einzelnen font uns
eine graue Homophonie enfgegen, zu der die antwortenden Chore der Betenden und
Heiligen fehlen.
Es darf uns nur darauf ankommen, Herr der Verzweiflung, das heiflf unferes
Untergangs zu werden. Nur dem Mufiker wird es moglich fein, wieder unfdiuldig zu
werden, bluhende Infel im Strom der Zeif, auf der ein unbegreiflidier Gefang ertonf.
Muj3 es moglich {ein, damit er den Boden feiner gofflidien Exiffenz nidit verlierf.
Infel freilidi bleibf er.
Vergeffen wir die Ufopie unferes Dafeins! Dann bliihf durch unfere Klange Goff
Wieder auf in unferer Zeif - gegen unfere Zeif.
Prometheus von Skrjabin
Von L Sabanejew
k •« tAw-r hri der Analyfe des Skrjabinfdien Sdiaffens die einzelnen Geffalten
Es iff fdiwer , ^ °er Ana iyie r „ K unffidee" des Komponiffen zu
f^^.^^^^^^^^A^ zumErreichen eines ehffatifdien
frennen. Die K W h f*%™ 7 n hoheren Planen der Nafur. Wir finden eine logifdie
Erlebniffes dien -d em Sehenm hoheren Fiane^
Enfwiddung diefer Idee von a^^g^tate driffen die Befreiung des Geiffes
Symphonic ^^gXSS" £^U* *> * es im » Po * me **?*"'
von Keffen, die ^f$3™L die Sd iaffensekffafe. Dies alles find verfdiiedene
die Freude des freien *W*** die M £ in skrjabins Sdiaffen: die Idee eines
Enfwicklungsffadien emer und ^^ ZweA des ekmmen Auffdwunges alle
grandiofen ^^^ZbklZn" (anfangend mif Mufik bis zum Tanz - mif
Erregungsmiffel, alle f mnenl \^fS n ) ausgenufzf werCen. Wenn man fief in das
Lidhffpielen und ^^^^^S^S. wird es War, da*5 man weder Grund
Wefen der "VJflJ^^f^^S^ &!& abzugrenzen. Die myftifdi-religiofe
nodi Redif hat, diefe Kunff ausfdil^ ^ men Fahiflke ifen des Menfdien, de*
Kunff, die dent Ausdru* der J«*™*gJ^ und von je her alle Miftel zur Wirkuiig
Erreidien der Ekftafe dienf, Jraudife imm ^ ^ gegenwarfigen Goftesdlentf,
*1/^ in diefem Fall. w CTO
l,<i
;•****
audi im kleineren MajSsfabe, die Idee der Vereinigung der Kiinfte in eins nicht*korv
ferviert, >ehen wir hier nichf die - Mufik (Gefang, Glockenklange), plaffifche Bewegungen
(das Kni^n, das Ritual der priejferlichen Handlung), Spiel der Diifte (Weihrauch), Lichf-
fpiel (Keizeh, die allgemeine Beleuchfung), Malerei? — Alle Kiinffe find vereinigf zu
einem haononifchen Ganzen, zu einem Ziel ■-■ dem religiofen Auffchwung,
Dieftr Auffdiwung kommf zuffande trotz der Einfachheit der famflichen hier ge-
brauchfen Miff el: von den Kiinffen, die heufe in der Kirche gebrauchf werden, iff die
Mufik alLein zu einer groJ3en ausgefprodienen Enfwicklung gekommen; die iibrigen find
jchwach, boinahe afrophierf. Die einzelnen Zweige der Kunff haben fich feif der Zeif
der anfiki n religiofen Handlungen felbffandig gemachf uncT erreichfen gefrennf eine
verbliiffentle Vollkommenheif.
Es iff die Zeif der Wiedervereinigung diefer famflichen zerffreufen Kiinffe ge-
kommen. Diefe Idee, die unklar fchon von Wagner formulierf wurde, iff viel klarer
durch Skrjabin formulierf. Alle Kiinffe, von denen jede eine enorme Enfwicklung er-
reidif haf, miiffen, in einem Werk vereinigt die Sfimmung eines fo fifanifchen Auf-
fchwunges geben, dajS ihm unbedingf eine richfige Ekffafe, ein richfiges Sehen in
hoheren Planen folgen muJ3.
Es find aber nichf alle Kiinffe in diefer Vereinigung gleichberechfigf. Die Kiinffe,
die um liffelbar fich den Willensimpulfen unferordnende Subffanz als Material haben,
d. h. die fahig find, den Willen unmiffelbar zum Ausdruck zu bringen -- diefe Kiinffe
werd -n dominieren (Mufik, Worf, plaffifche Bewegung). Die Kiinffe aber, deren Material
von den Willensimpulfen nichf abhangf (Lichf, Duff), bleiben unfergeordnef: ihre Be
ffimmung iff Refonnanz, um den durdi die Haupfkiinffe hervorgebrachfen Eindruck zu
verffarken. Dies find die Kiinffe, die bis jefzf unenfwicfeelf blieben, was audi voll-
kommen klar iff, da, wie gefagt fie zu felbffandiger Exiffenz ohne Mifwirkung der
Haupfkiinffe nichf fahig find.
Solange aber die Idee des „Myfferiums" d. h. die Idee im ganzen, noch nichf ver-
korperf iff, ware der Verfuch einer feilweifen Vereinigung der Kiinffe (wenn auch furs
erffe von nur zwei Kiinffen) angebradif. Einen folchen Verfuch madite Skrjabin in
feinem Prometheus: er vereinigfe die Mufik mif einer der „begleifenden" Kiinffe, mif
„FarbenJpier, das dabei, wie audi zu erwarfen iff, eine fehr unfergeordnefe Sfellung
haf. Die Farbenfymphonie des Prometheus beruhf auf dem Prinzip der korrefpon-
dierenden Klange und Farben, uber welche wir fchon fruher in der ,, Mufik" gefprochen
haben *.. Jede Tonarf hat eine korrefpondierende Farbe, jeder Harmonienwedifel hat
■•) hi diescm Artikel uMusik", Moskau, Januar 1911, Nr. 9, S. 199) sagt Sahanejew: die musikaiisehen Farb-
empfinduugen Skrjabins konnen gewissermaften eine Tlieorie darstellen, die nffmabiich das Bewufitsein des Komponisten
selbst enekid. Die Tnbelle:
<*< .. Rot Fis . Blau, greli
G . Orange-rosa Des. Violett
D .. Gefb As . Purpur-violett
A . Grrn Es . \Stahiartig mit
E . Blau-weifilich B . /Metallglanz
r I . aliniich dem E F . Rot, dunkel
Bei Verteilung dieser Tone auf den Quintenkreis spring! die ■ Regelmafiigkeit ins Auge, Die Farben verteilen
sicli beinahe . voll oramen der Spektralprdnung entsprechend, indem Abweicliungen nur im Sinne der Geiubisintensitat
zu konstatieren sind u. B. E-dur- Mo-dweislich). Die Tone Es und B finden im Spektrum keinen Plate; nach Skrjabin
haben diese Tone eine unbestimmte Farbe, aber ein ausgesprochen prazises Metallkolorit. - Dieses Farbenentspreclieii
ururde- von Skrjabin in seinem .Promethetrs* gebraucht. Diejenigen, welclie den „Prometheus (< mit entspreciiendeu
Lichteffekten gehort haben, rnufiten eingesfelien, daB der musikalische Eindruck tatsaehlich vollkommcii durch die enl-
sgcechenden Beleuditungen gedeckt wurde und durch dieselben eine verdoppelte KraFt bekam und bis zur let/ten
>l r S|eigeruiig.,gebracht wurde.. Und dies trotz des sehr primitive!) Beleuchtitngsappandes, welclior die Farben nur an-
nktie r'rid ■ ! i e f e r t e . --■'•- - "
'^ytZ-ZS. .'"-'■.. '':W '■"" , .■ •■ • '-.,;: ■■}_': . ""\ . .,:,»i*.l<: ';•:...' ■"* " ■ "■■'■ ' " '-''•■■ t -^'& ; H^i^:^§''".'
einen horrefcondierenden Farbenwechfel. Dies alles ruhf auf der Farbenhlanginfuition,
uber weldie A. N. Skrjabin verfiigfe. Im Prometheus iff die Mufik von der Farben-
harmonie beinahe unfrennbar. Diefe Jonderbaren fchmeichelnden und zur felben Zeif
fief myffifdien Harmonien find in diefen Farben enfftanden. Der durdi die Mufik ver-
urfachfe Eindruck wird durch diefes Farbenfpiel unbefdireiblich verffarkf; hier wird das
Tieforganifdie diefer Skrjabinfchen „Laune" und ihre ganze affhefifche Logik klar.
Wir wollen die mufikalifche Seife des Prometheus unferfuchen. In der „Mufik"
habe ich Jchon Gelegenheif gehabf, darauf aufmerkfam zu madien, da(3 der Prometheus
eine Kriffallifafion des Skrjabinfchen Sfils der lefzfen Periode darffellt. Seit dem
erffen Kompofifionsverfudi fuchfe Skrjabin ununferbrochen nadi jenen Akkorden, nach
jenen myffifdien Klangen, welche feine Ideen verkorpern konnen, Einem Kenner feines
Schaffens fallf es nichf fchwer, die Evolution der Jpezififch Skrjabinfchen Harmonic
von dem erffen Werke bis zum Prometheus zu verfolgen. Diefe Evolution ging auf
einem rein infuifiven Weg vor fich, Erff ki feinem lefzfen Werk find die harnionifchen
Prinzipien, welche er fchon friiher unbewuj3f benufzfe, feinem Bewuj3ffein klar geworden.
Es iff unmoglich, darin die Auj3erung der verbltiffenden Eigenfchaffen der mufikalifchen
Intuition nichf zu Jehen. Iff es denn nichf wunderbar, da£> die von Skrjabin zu ver-
fchiedenen Zeifen unbewuj3f gebrauchfen Harmonien, die er ohne jede „fheorefifche"
Abfichf zu finden verffand — daj5 diefe famflichen Elemenfe plopch fich einer ffrengen
Gefe^majSigkeif unferordnefen, fich in Qrenzen einer beffimmfen Tonleifer, eines be-
ffimmfen mufikalifchen Prinzips finden liej3en? Da iff diefe Tonleifer, welche aus fechs
Klangen beffehf, und die Grundharmonie, beffehend aus den fechs Klangen diefer Ton-
leifer mif der Verfeilung derfelben nach den Quarfen.
<frj j j|j^ j i^
In diefer Harmonie und bei diefer Anordnung derfelben laflf fidi die groflfe
Mannigfalfigkeif der Infer valle beobadifen: die reinen Quarfen e-a, a-d, die uberma^igen
Quarfen c-fis, b-e, und die verminderfe fis-b. Die Tonleifer felbff c d e fis a b wird
akuffifdi gerechfferfigf. Diefe Klange find Oberfone der fogenannfen harmomfdien
Reihe der Klange, d. h. folcher, deren Sdwingungen zueinander als erne Reine fich
folgender Zahlen ffehen.
\, % 3, 4, 5, 6, 7,8, 9, 10, 11, 12 ■ ■ ■ ■
Die erwahnfe Tonleifer (c d e fis a b) beffehf aus Klangen 8, 9, 10, 11-13, 14, wo-
raus zu fdalie^en iff, das wir in diefem Falle fheorefifch nnfcf 4e jj^jen £» fiwdb
finden, die uns bekannfen fis a und b, fondern andere, d. h. fie klmgen alle fiefer als
bei der femperierfen Sfimmung.
Den erhalfenen Akkord half Skrjabin fur eine Konfonanz, und Jaffa ddkh iff« ^eine
Ausdehnung des gewohnfen Begriffes eines Konfonanzakkerdes, d, h. en.es Akkordes
Welder keine Aufidfung verlangf. ;^
I,- 1*,:,. . ■ -■■.e»w'*. ^
Unfer gewohnlidier Dreiklang iff nur ein Fall diefes Akkordes, ein Fall, weldier
durdi Auslaffen einiger Klange beffimmf wird:
— d — fis — a (dur)
(ausgelaffen c e b)
ace (moll)
(ausgelaffen b d fis)
— fis — a — c — (verminderf)
(ausgelaffen b d e)
— d — fis — b — (iibermaj3ig)
(ausgelaffen c e a)
In diefer Harmonie finden wir eine eigenarfige „myffifdie" Sfirnmung, efwas, was
an den Klang einer fiefklingenden koloffalen Glocke erinnerf und andererfeifs efwas
leuchfend Sfrahlendes, Irrifierendes, gehoben Nervofes, wenn diefe Harmonie in einer
hohen Lage verwendef wird. Sie fdiliejSf ein bedeufend gro^eres Element der Mannig-
falfigkeif in fich als der^gewohnfe Dreiklang, der felbff nur ein Fall diefer Harmonie
iff. Im Prometheus gebrauchf Skrjabin beinahe ausfdiliej51idi diefes Harmonieprinzip,
Was zu einem eigenarfigen Eindruck fiihrf. Der Zuhorer, der fich in die Welt diefer
Harrnonien verfieff hat und der ihre ,,konfonierende" Nafur fiihlf, fangf an, das ganze
Gewebe des Prometheus als efwas in hohem Grade Durdijichfiges zu fehen: es wird
Mar, daj3 Prometheus unendlich einfach iff und vollkommen „kon?onierend", fo dap hier
keine einzige Diffonanz zu finden iff. Das erklarf fich audi cladurch, daj3 infclge
einer groj3en Anzahl von Klangen in diefer Harmonie der Aufor beinahe vollkommen
die Wechjel- und durchgehenden Nofen vermeiden kann, die in der Harmonie nichf ein-
gefdiloffen find, alle melodifchen Sfimmen find auf den Klangen der begleifenden
Harmonie gebauf, alle Konfrapunkfe find demfelben Prinzip unfergeordnef.
Nur diefe Taffache gibf die Moglidikeif, — bei dem vollkommenen „Konfonieren"
und bei ausfchliejSlicher Durchfidifigkeif des Werkes — zur felben Zeif fiinf bis fechs
verfchiedene Themafa und den fhemafifchen Urfprung der Figuren zufammenzubringen.
Es iff nichf uninfereffanf, die Evolution der Skrjabinfchen Harmonie von feinen
frtiheffen Werken an zu verfolgen.
Sdion im Walzer op. \ (Verlag Jiirgenfon) gibf es die Harmonie,
as fes (as) c ges (ges c fes as)
in weldier wir ohne Schwierigkeif die Ziige des kiinffigen ekffafifchen Skrjabins erkennen.
Hier fehlen nur zwei Nofen bis zur Harmonie des Prometheus, b und es.
Nadi einer ziemlich langen Paufe erfchienen zur Zeif der zweifen Symphonie und
der driffen Sonafe diefe Harrnonien wieder, wenn audi nodi immer nichf vollffandig,
in der Form des fogenannfen Nonakkordes mif iibermaj3iger (oder vermindefer) Quinfe.
In diefer Form gehorf der Skrjabinfche Akkord in die Tonleifer der Ganzfone, wenn
audi fein organifdier Urfprung weif von der Ganzfonfkala ffehf.
Diefer Akkord fangf an in der Mufik Skrjabins zur Periode der driffen Symphonie
zu „dominieren", als im Laufe eines Sommer annahernd 40 kleine Werke komponierf
worden waren, einfchliej31idi der „fragifchen" und „fafanifdien" Poeme, der Poeme op. 32,
und der vierfen Sonafe. Hier erfcheinf die Harmonie des Prometheus zum erffenm^l
in voller Geffalf, z. B. in „Preludes op, 37 No. 2 (der fediffe Takf):
gis fis ais his cis cisis.
Diefe voile Form finden wir aber doch nichf fehr off in diefer Periode. Offer in
der le£fen Phafe (Poeme de Fexfase, fiinffe Sonafe).
Im Poeme de l'exfase erfcheinf die fynfhefifche Harmonie im Augenblick des
Kulminaficnspunkfes (Seife M der Parfifur):
:j. .?%>, es a fis c g b (es g),
KPK-^p"'-^^ ?■:*■■■■/■.■ ■■
•wi^-;.. : " ; :"•;
t-N
^v-
In der funffen Sonafe, die harmonif* dem Prometheus naher ffehf, linden wir fie im
iirS o^ber i VaQ f 6 ] Und f nd6ren MeinCn Werke " d£r >^en ZeirXi
lie Jehr off. Aber ihre konfequenfe und voile Durchfiihrung beobadifen wir nur
im Prometheus.
Damif beginnf das Promefheus-Poem des fdiopferifdien Geiffes, wel*er f*on frci
geworden, frei die Welt fdiafft Das iff feine Art fymphonif*en Konfpekfes des
Myfferiums, dur* wekhe die Mifwirkenden einff gezwungen werdcn, die ganze Evolution
des fdiopferifdien Geiffes mif zu erleben, und von wo her die Teilung in cmpfangende
paffive und in kunfffdiopfende Menfdieninferprefion ihr Ende finden wird.
*
Einiges liber Inffrumenfafion
Von Heinridi Kaminski
Wie? Inff rumenf af ion ?
Als ob heufe nodi einer kommen muj5fe, um fiber Inffrumenfafion zu predigen 1 ?!
Nidif wahr?
Hm, fehen wir uns das Ding einmal genauer an.
Was iff eigenflidi „Inffrumenfafion"?
Oder fragen wir zunadiff: Was verffehf man heufe darunfer?
Nun, einen farbigen Ordiefferfafj, die (mifunfer audi im Anfprudisvollen ffechen-
bleibende) Inanfprudinahme des Ordieffers und feiner Farben fur ordieffral (oder audi
nidif ordieffral) gedadife Mufik. Genauer: „inffrumenfieren" hei)3f heufe, die Klangfarben
der einzelnen Ordiefferinffrumenfe in moglidiff reizvoller Weife benuf3en, fei es nun zu
erhohfer Charakferifierung oder zu rein coloriffifdien Zwecken (Farbreizwirkungen).
Sdion. Und jeder wird zugeben, dap" in diefer Hinfidif heufe Erffaunlidies ge-
leiffef wird. Ja, man konnfe faff fagen, da]3 diefe, alsErgebnis einer nofwendigen
und berechfigfen Enfwicklung gewonnene Ordiefferfedinik heufe fo zu'r Bliite ge-
bradif, fo ausgebauf und eingebiirgerf iff, daj3 audi der harmlofeffe Con ferva fori urns-
zogling miihelos jedes gewiinfdife Sffidt .modern inffrumenfierf".
Idi erlebfe wenigffens derarfiges an der Hodifdiule in R„ wo damals im Unfer-
richf allerhand Klavierffucke zu „inffrumenfieren" aufgegeben wurden -was mi* ver-
anlaj3fe, den geheiligfen Raumen diefer hohen S*ule kurz enff*lo)fen den Riidten zu
kehren. Heufe mag wohl au* dorf ein anderer Geiff eingezogen jein. Hoffen wir
63 ^fem^dfefe Moali*keif der Ordiefferberiufcung (die man heufe eben unfer „In-
IfrumenSfion" verffeh ?* Ure alfo errungen, ausgebauf und fru*fbar gemadifc S*6n.
1 Sire es aber nl* fori** und ganz verkehrf diefe eine M6gli*keif der Orthfeffer-
behaTd^g (^Sf sL eines Dogmas) als die Or*efferbehandlung f*le*fhin
" C beengen — *^ ^ ^ innC '
W ° hn D e atn ^^ * das Leben mif E«g
bed "enT; JnffrumenfafionM^llt alfo eipe Moglkhkeif der Or*efferbehandlung dah
Iff aber damif Sinn und Wefen des Ordieffers erfchopff?
Oder audi nur annahernd erreichf?
Haf die „moderne Inffrumenfafion" die Orchefferbehandlung erheblidi verfieft?
Oder kommt fie nichf vielmehr einer Bereicherung der Miffel, i. e. einer Ver
breiferung der Oberflache, der Vordergriinde gleidi? (Wie gefagf ohnc das Beredifigfe
und Nofwendige diefer Enfwicklung zu verkennen).
Ergibf fidi daraus nidif das Poffulaf, nun wieder nadi der Tiefe, nadi dem Wefen
hin zu frachfen?
Und worin liegf das Wefen des Ordieffers?
Es liegf befdiloffen im ureigenffen Wefen der Mufik.
Und Wille und Wefen der Mufik iff: „Leben" zu kiinden, „Leben" zu offenbaren
w Leben" fchlechfhin. Goff.
Sicher, fie vermag audi zu ladien und zu weinen und jedweder Empfindung Aus-
druck zu verleihn. Ja, mehr als das, demiifig-willig dienf fie audi unheiligem Willen
zu rein auj3erlicher Wirkung, zu Reizwirkung, Raufdiwirkung und wozu immer fie
einer gebrauchen mag*
Aber abgefehen von Verge waif igungen le^ferer Arf erhalfen audi alle Au£erungen
eines wahrhaffen perfonlidien Empfindens nur infoweif Sinn und Berechfigung, als da-
durch (wenn audi nur unbewujSf) dem eigenflidien Ziel und Willen der Mufik (und jed-
weder wahren Kunft) in irgend einer Weife gedienf wird.
Grundfafjlich gefprodien: von perfonlidiem Empfinden und Erleben ausfagende
Mufik (Kunff) erhalf ihren primaren Werf erff durdi den darin irgendwie in Erfdieinung
frefenden Willen (oder die unbewujSfe Fahigkeif dazu), iiber das Perfonlidie hinaus
zum „Leben" felbff vorzudringen, darein zu miinden und, wenn audi nur ffammelnd,
davon zu fingen, zu fagen und zu kiinden.
Eben diefer Wille und das giganfifche Kampfen um diefes vom Idti erlofende Ziel
iff es ja audi, das Beefhoven, diefem erfdiiiffernden Sanger foldien Ringens, feine
einzigarfige Gro£e verleihf, und eben darum audi verdankf gerade ihm die Mufik
diefe unerhorfe Bereicherung und Verfiefung ihrer Spradie.
Auf unfere Frage angewandf hei)3f das: die Enfdeckung und Nufjbarmachung all
der Farbnuancen der einzelnen Orchefferinffrumenfe erhalf ihren eigenflidien Werf erff
dadurch, da£ diefe neuerworbenen Ausdrucksmoglichkeifen des Ordieffers als Be-
reicherung der Sprachmiffel eben jenem angedeufefen Ziel und Zweck der Mufik zu-
gefiihrf und dienffbar gemadif werden.
Das heij3f: die fich gerade als Selbffzweck gebardende Herrfchaff des beinahe zum
alleinjeligmachenden Dogma gewordenen w Ordiefferkolorifs" iff zu brechen, und von
der vorwiegend coloriffifchen Benufjung des Ordieffers iff forfzufdireifen zu einer
Jeinem eigenflidien Wefen wieder geredifer werdenden Schreibweife.
Eigenflidiffes Wefen des Ordieffers aber iff: ein Chor vielfalfiger Sfimmen
und eine lebendige Gemeinfdiaff zu fein, in der jedes Glied auf feine Arf
und feiner Nafur enffprediend redef und fingf und einffimmf in den Chor des Ganzen.
Nafur und Wefen diefer Glieder deuflidier gemadif, zu reicherer Enffalfung ge-
JMfa<$*f zu haben, iff zweifellos das nidif zu unferfchatende Verdienff der „modernen
to#m5ienfef ion* in ihrer bisherigen Enfwldtlung.
,./" zu lebendigen Einheifen und beredfen, wiirdigen Gliedern einer von Hohem
kundenden Qemeinfdaft weifer fich entfalfen zu laJIen, das bleibf no* zu fun
Prakfifdi gefprodien: genug der Nur-Farbigkeif!
»„« f * f "° dl f / i ^ renzierfe re, nodi raffinierfere Klangfarbenmifdmngen gilfs heute
aus dern Orche^er herauszuholen (das TAlfefSlfd. dc* hein Farbenfopf, fondern eine
TT ?f r* b ? dCr Wef6n iff!) ~ W ° rQber nodl mandies zu ' a 8 en «** befonders
audi hmjidiflidi der nofwendigen Rucfcwirkung einer foldien die Inffrumenfe nur als
Farbe frakherenden Orchefferbehandlung auf den Ordieffermufiherl*
Weffen es nun bedarf: den unbegrenzfen Reidifum der Spradie des Ordieffers
zum Bluhen zu bringen, die unerfchopflidie Fulle, die ihm die Spradimoglidiheifen
jedes emzelnen feiner Qlieder verleihen, zur Enffalfung zu bringen.
Angewandf: jedem Inffrumenf fein Redif. Jedem feine Spradiel
Und fort mif der fpradiverwirrenden Willkiir, die (urn nur einige Beifpiele zu
nennen) irgend einer aparten Farbe zuliebe efwa der Pofaune zumufef, ganz gegen
ihre Nafur und Wiirde der behenden Luffigkeif einer Klarineffe nadizueifern, oder
efwa der Trompefe foldie Tone enfpre£f, dap* man beinahe ganz vergelfen konnfe, wie
edel diefes fdione Inffrumenf zu Jpredien vermag und feiner Nafur nadi Jpredien modife.
Aber die Charakferiffik (efwa eines burlesken oder grofesken Sujefs) kann der-
nrfiges nofwendig madien?
Sicher, Aber, unfer uns gejagf, haben wir derarfige Charakferiffik nidtf nachge-
rade fdion efwas reichlich vorgefe&f bekommen?
Wer modife diefer gepfefferfen und mif alien Gewiirzen Arabiens gefpickfen
Gourmand-Delikafeffe nidtf endlidi iiberdriifjig werden?]
Zum Teufel mif den gefiillfen Wadifelmagen, den gefruffelfen Sdiweinslebern und
all dem raffinierfen Zeugsl Brof her! Wein herl
Im Ernff: mup" nidif a lie Reizwirkung fdilie£lidi ermuden und des Reizes uber-
driiffig machen ?
Und liegf nidif in der bereifs von Erffarrung und Manier bedrohfen modernen
Behandlung des Ordieffers (die eben durdi den Begriff „Inffrumenfafion" bezeidwef
wird) an fidi fdion die Tendenz zu einem immer ausfdiliepiidieren Sidigelfenmadien
der Farbreizwirkung?
Ein Ordieffer aber, in dem jedes Inffrumenf auf feine Arf redef und fingf (efwa
audi ein Thema feiner Nafur gemap- ausfprediend, d. h. umwandelnd) und in frei enffalfefer
Selbffandigkeif und dodi organifch mif den andern Sfimmen zu emem lebendigen
Ganzen verfchmelzend in der vielfalfigen Einheif mifwirkf, w, em fokhes in i ungen
redendes" Ordieffer nidif nofwendig das geeignefffe Inffrumenf fe.n, „Leben zu offen-
baren in feiner Vielfalf und Fulle?
O Mufik! Du reidiel du hohe, umfaffende!
Dein iff die Kraff und Fiille, Madif und jeglidie Gewalf.
Dei: 3^« der 0-e « d^ in Wahrheif und von ^
Herzen deinem Geiffe, deinem innerffen Wollen dienen.
:re „, nichf einfach nur als Farbf.eck (a.s farbigc O.uhbirne) funktionieren wiH !
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Zweck und Inhalf der Tonkunff
Von Walfher Howard
Die Qefe^majSigkeif der Welf iff fo komplizierf, daj3 es fchwer fallf, Wirkungen
bis auf ihfe lefjfen Urfadien zu verfolgen. Die auj5erffe, von uns erreidibare Grenze
liegf im Menfchen, deffen letter Zweck im Dunkel liegi
E$ muj5 uns gentigen, diefe lef^fen im Menfchen felbff liegenden Urfadien auf-
zudecken, und diefe als Wurzel fur alle vom Menfchen ausgehenden Wirkungen zu
befrachfen.
Fiir alle Wirkungen, die vom Menfdien zu verandern find, muffen wir ein Zuriick-
gehen auf die hodiffen geiffigen Urfadien unferes Innenlebens fordern. Ein Verzidif,
in fich felbff auf feine hochffen Kraffe zurii<h zu gehen, iff menfchen-unwiirdig. Die
enfwukelfe Fahigkeif, es weifgehendff zu fun, iff Kulfur.
' Wirkungen, die aus den fiefffen Urfadien des Menfdien geboren werden,
nennen wir Kunfi
- Die Nafur des geiffigen Lebens forderf Selbff-Enfwicklung, diefe fdiafff nofwendig
aus fidi heraus Wirkungen, Auj3erung"en, maferielle Symbolifierung ihrer felbff. (Den
Zweck diefer Symbole konnen wir nur fdiliej5end erfaffen.) Alles um uns feiende
dienf unferer Enfwicklung. Wir nehmen an, daj3 das ein Zweck der Umwelf JeL
Daraus folgf, daj3 audi die Auj3erungen der Menfdien den Dafeinszweck haben,
Urfadie fiir die Enfwicklung der Menfdien abzugeben.
Hieraus ergibf fidi ohne weiferes die Anfworf auf die Frage, was der Inhalf der
Tonkunff fei.
■ t Ihr Inhalf find alle Urfadien, die wieder Wirkungen werden, um die Tonkunff
felbff zu fdiaffen, ihre oberffe, von uns erkennbare Urfadie iff das Geiffesleben, refp.
Ausfchniffe aus dem Geiffesleben des Komponiffen.
Die lefjfe Urfadie iff audi der fiefffe Inhalf,
Da der hochffe Gewinn, den ein Menfch aus einem Kunffwerk ziehen kann, die
Bereidierung feines eigenen Geiffeslebens iff, fo erfcheinf es felbffverffandlich, anzu-
nehmen, da)3 der Zweck der kiinfflerifchen Formen die Vermifflung geiffiger Werfe iff;
ja/das befeffigf die Vermufung, daj3 der wahre Inhalf der Tonkunff geiffigen Lebens
fei bis zur Gewij3heit
Das geiffige Leben in uns iff aber nidif nur von ungeheuerer Mannigfalfigkeif, es
haf audi die verfchiedenjfen Abffufungen in fich felbff, fo daj3 es nofwendig wird, audi
dariiber einiges zu fagen, um zu einer genaueren Beffimmung des Inhalf es der Ton-
kunff zu kommen.
Nidif nur die Sinneseindriicke, fondern alles durch fie zu unferem Bewuj3ffein
dringende, alle Gedanken, Erfahrungen und Schliifje, die wir aus dem Eindruch der
Umwelf auf uns Ziehen konnen, bilden Inhalfe unferes geiffigen Lebens. Deffen Hinfer-
grand, auf dem fidi alles fpieg^lf (audi feine Wirkung auf den Geiffes Inhalf iff dabei)
iff das Ich. . : Wiryerffehen darunfer daseinzige im Menfdien unveranderliche (alfo nichf
zum Werkzeug gehorige) fein Wefen felbff.
Diefes Ich wird von den wenigffen Menfdien fcharf genug erkannf, als daj3 fie zu
einem Urfeil fiber die ZwedsmajSigkeif, (fur das Ich) der Tafigkeif ihrer Werkzeuge,
Hofrpet, Gefiihl und Infellekf befahigf waren. Diefe Tafigkeifen fpielen fich vielmehr
als Herren auf, und wahrend fie dem Wefenflidien in uns eigenflich zu Dienffen fein
follfen, ffellen fie uns Selbffzwecke dar.
"X.
Das Ich kann allerdings nie ganz ausgefdialfef werden. aber die Selbffherrlidikeit
des Gefiihls oder lntellekfs beeintrachtigt je nadi dem Grade ihrer Herrfdiaft allc
Auj3erungen des Menfchen mehr oder wcniger nadifcilig. So enfffehf verfdiieden-
arfige Kunff.
Was uns audi erfiillen moge, ob es werlvoll oder ob es wcrflos iff, es kann in
fich zu einer gewiffen Vollendung kommen, es kann fidi zu einem gefdiloffenem Ganzen
zufammenfiigen und dann drangf es zur Realisation in finnlidi faflbaren Symbolen.
oder beffer, die Symbole, die vvir innerlidi zur Einklcidung unferer feelifdicn Bewegung
verwendefen, qualen uns wie ein Fremdkorper folange, bis wir fie aus uns hcraus
projezierf haben.
Aber nichf alle Arfen von Geiffesinhalfen eignen fich zur Kunff.
Unbrauchbar find alle die, die rein infellekfueller Nafur find. Die begriifTuhe
Klarung eines Bewuj3ffeinsinhalfes entziehf ihn der Symbolificrung in Kunffwerken.
Begriffe haben zwar audi ihre Symbole in den Worfen, aber diefe find an Jidi bar
aller kiinfflerifchen Momenfe. (In der Didilkunft werden die Begriffe zu Symbolen und
die Worfe find dann, well im iiberfragenen Sinn gebraud.t, kiinfflenfdn w.rkfam )
Auf zwei Arfen konnen wir alle Bcwu<5t|einsinhalfe befrachfen. naml.di mlcllcWucll
und ge uhlsmaf5ig. Die infellekiuelie BefracWung fchafft Begriffe; we.l f,e nach der
Organisation fuchf, fa[3t lie die Form, nur diefe iff zu „begreifen (zu befallen). IX.
Tnfellekf ifi der Tafttinn in der Geiffeswelf.
We gefuhlsmapige Belrachtang aber fchajfi [eelilche Eindrud,e. Nur dem G«n.<
Un9e ,n ld vtrkennun g die!er VerhaHnille I«i 6 en lid, die Menld.cn eWeHig auf den
Infellekt Oder das Gefuhl. sinneseindrudre ror, vor-efwas-lfehen, vorllellcn
Der Infellekf verjfehf, er tellt die Sinn£«ndru<Ke , vorgelfellte hinein.
bezeichnef urlprilngli* dasjelbe. Das Qe|uh ^"'J'*^ ^ idl , in clwas
MeUeMuelleUnMarhei, - W t"h m T^ZZ^L eindrddaen. Das Re,ul,a,
Unvollkommenes kann man )icn eDen
des Eindriicfcens iff dann: Inffinkf. - -_ n Be(l ff e n der BewuPtfeinsinhalte
Bei befferer Vorffellungskraf Udarerem ^^^^ ^^^rer Be-
enfffehf die Intuition, und aus ^ ^^af^ ger Durmarmg 9 arhei( an , j(h
grifte wachff die Infpirafion. Es *J^ £*^j£^l Symbole gefunden
davon unabhangig iff, ob die oeguu^ Ausdruck denkbar, ja nadiweisbar
haben. Iff dodn audi Infpirafion ohne ^e^nl^r immer wieder geneigf fein
vorhanden. Das iff umfo m ^ e " Z ^^ u ^ en . Und dodi mut3 jene diefer
werden, unfere Vollendung an ^n Au^eiung zu meje ^ ^ mboIif|erung
voran gehen, ja es ^^^^^^^m aus der erfolgfen Vollendung
erffrebf wird, fie mug enf feher i und lentften ^ unvollkornmeneni
des inneren Bildes. Voreil ^s Symbol fteren der g n ^ ^^ unbewup(c8
Menfdienfum,zur„lnfellekualifaf im om inofen b ^ unvollho
Denken: fraumen); voreihges ^o^eren der r unbe wuf3fes Fuhlen:
e nr^ *-*" " komp,izierf ' da * ™ und Gefahl
Jidi gegenfeifig ins Auge faffen Wnnen.
#S
Doch enfffehf dadurdi das hohere Geiffesleben.
Aus der infellekfuellen Befrachfung der Sinneseindriiche (in der Vorffellung!) enf-
ffehen die konkrefen Begriffe, aus der gefiihlsmagigen Befrachfung der konkrefen
Begriffe enfffehf der Inffinkf. Aus der infellekfuellen Befrachfung der Inffinkfinhalfe
enfffehf der eigenfliche Verffand, die abffrakfen Begriffe, aus der gefiihlsmaj3igen Be-
frachfung der Verffandesinhalfe enfffehf die Infuifion, aus der infellekfuellen Befrachfung
der Infuifion enfffehf die Vernunff, aus der gefiihlsmaj3igen Befrachfung des Verniinffigen
enfffehf die Infpirafion. Aus der infellekfuellen Befrachfung des Infpirafonifchen
enfffehf das Geiffige. Aus der gefiihlsmaj3igen, infpirafonifchen Befrachfung des
Geiffes enfffehf das Goffliche, das ewig Uniiberfreffliche und Unerforfchliche. Der Geiff
kann das Unendliche wohl befrachfen, aber nichf durchdringen. Infellekf und Gefiihl,
das mannlidie und weibliche Elemenf in unferem Bewuj3ffein enganzen fich einander 1
und fchaffen durch diefe Erganzung die hochffen Bewuj3ffeinszuffande.
Zur Darffellung, Form werden Symbole verwendef (die analog den Verfchlingungen
in unferem Innenleben in die komplizierfeffen Verbindungen gebrachf werden). Die
Elemenf e der Form (alles was nichf iiber das Wefen eines fchaffenden Menfchen -
ausfagf, gehorf zur Form feiner Werke) die Konffrukfion, die Fabel, die Ideen, die
Gefiihle, die Affekfe und Sfimmungen, alles iff Miffel zu dem Zweck efwas vom ob-
jekfivierfen Teil des eigenen Ich aus fich heraus zu projezieren.
Der Inhalf der Kunffwerke iff demnach zwar qualifafiv verfchieden, aber lefjfen
Endes dodi ffefs efwas goffliches.
Nichf alle dringen beim Aufnehmen eines Kunffwerkes dahin durch, manche bleiben
bei den Sinnesreizen, im Einzelnen Jfechen, manche bei der aujSeren Form, bei .der
Konffrukfion hangen, alfo beim infellekfuell faj3baren, andere bei dem Gefiihls-Erleben,
das dem Kunffwerk zu Grunde liegf. Sinnesreizungen als den Zweck des Kunffwerkes
anzufehen, heij3f den Infellekf und das Gefiihl mij3braudien, iff ein Verzichf auf deren
bewuj3fe Vereinigung im erffen Stadium.
Derjenige, welcher die Form, die Konffrukfion des Kunffwerkes fur feinen Zweck
half, begehf denfelben Fehler dadurdi, da£ er auf dem infellekfuellen Sfandpunkf ffehen
bleibf. Im Grunde brauchf er doch das Gefiihl audi, denn Freude an efwas haben,
heij3f es gefiihlsmaj3ig befrachfen, ja der Infellekfuelle verwendef, ohne daj5 er es weijS,
die meiffens von ihm veradifefe Gefiihlswelf ffarker als der Sinnliche, denn infellekfuelle
Befrachfung fe£f wefenflidie Gefuhlsvorgange voraus, und iff nur wieder ein Befchranken
des Bewuj5ffeins auf die begriffliche Konffafierung der Form, die ohne gefuhlsmaj3iges
HJberblicken aber garnichf moglich iff. Nur das Gefiihl kann in Beziehung fefeen
Einzelheifen zu einem Ganzen verkniipfen. Der Verffand kann dann nur die gefchehene
Verkniipfung konffafieren, und begrifflich fefflegen. Den Verffand iiber das Gefiihl
fe&en, hei£f die Grundlagen der infellekfuellen Tafigkeif mij3achfen. Der das
Gefiihl verachfende Infellekfuelle fagf den Aff ab, auf dem er fi^f. Ihm iff nur bewu£f,
was er durch den Gefiihlseindruch haf, nichf da£ er es durch einen Gefiihlseindruck
hat; Was das Gefiihl nichf in fich fragf, iff vom Infellekf nichf begrifflich zu faffen.
Weldie Torheif liegf darin, aus einem Kelche alle Lebenskraff, alles eigene Dafein zu
fchliirfen und dann feinen Inhalf minder werfig zu fchelfen, Nafiirlich gibf es minder-
werfige, das heigf eigenflich richfiger gefagf; primifive Gefiihle, es gibf aber audi
primitive Begriffe,
So tut der Gefiihlsmenfch Unrechf, wenn er begriffliche Klarheif miJSachfei fie war
auf niederer Sfufe das Material fiir die Gefiihlseindriidse und wenn diefe wieder be-
fitiffli* geklarf find, werden diefe hoheren Begriffe wieder Material fiir das Gefiihl
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Nur an das Hochffe, an das Ewige darf fich unfer Wunfch und Trieb, darf fich unfer
Infellekf und Gefuhl hangen, weil eine Luff an Qedanken und an Gefiihlen feinen
Schleier vor eigenes und fremdes Wefen ziehf.
Luff an der Form urn ihrer felbff willen, Luff am Inhalf um feiner felbff willen
iff von den Gefiihlsmenfchen und den Infellekf uellen als unzulanglich langft erkannf.
Jeder iff dem Sfandpunkf des anderen gegeniiber hellfichfig gewefen. Die Form der
Kunffwerke verbirgf uns das Wefen des Kiinfflers ebenfo wie ihr Inhalf, wenn unfere
Luff an ihnen hangf, anffaff an deren Zweck, der iff: das Wefen ihres Schopfers aus-
zudriicken.
Iff einmal erkannf, dag das Wefen des Menfdien weif hinfer und hodi fiber allem
Infellekf und Gefuhl ffehf, dann ergibf fidi von felbff, das Luff an diefe Werkzeuge
des Idn nur um der Erkennfnis des Wefens, des Idi, gehangf werden darf.
Nidif der Infellekf iff zu lieben, und nidif das Gefuhl. fondern der Goff in uns,
dann wird jede Auj3erung, jedes Kunffwerk im Welfall bis zur Nafur felbff Miffel zum
Zweck der Offenbarung des Wefenflidien in uns und um uns.
Der Zwe* des Kunffwerkes iff, das zum Selbffbewugfein gekommene Id) zu
maferialifieren. Der Inhalf der Kunffwerke iff ein Komplex von Gefiihlen, die dem
zu offenbarenden Sfadium des Individuums enffpredien. Die Form enffpridif in ihrer
Konffrukfion dem den Inhalf bildenden Gefuhlserlebnis und feinen Elemenfen. Die
Elemenfe der Form enffpredien dem Zweck der ganzen Form, und alfo, den Elemenfen
des Gefiihlsorganismus, den wir als Inhalf erkennen. Diefe vielfadie Enffprediung
wachft nafurnofwendig aus dem Idi, denn das Kunffwerk enfffehf wie eine Blume aus
dem Samen, dem Zwange der Nofwendigkeif folgend. Im edifen Kunffwerk herrjdif
ied- nofwendige Kongruenz zwifchen den Teilen, weshalb derjenige dem nur der
sfnneseindrudAewugf iff, ebenfo vor dem Wefen to Sd^JfeH wie der, dem
nur die infellekfuelle oder nur die gefuhlsmaj5ige Befradifung bewugf iff.
Den Sdileier vom Wefen des Schopfers hebf aber nur der religiofe Jtfenfch. Die
o ,- *Z WiPdervereiniaung des eigenen Wefens mif dem anderer Menfdien, die
Rel T£ • ™^JtaS^ eto find, erlebf nur der, deffen Bewugffein zur lefcfen
KeV^ffi^ VoUoe in feinem Inneren vorgedrungen iff. Nur
das Genie kann das Genie verffehen.
. , ■ w «;n qfiirfc unferes Wefens, wir erkennen auper uns nur,
Das Gemale in uns iff einS fu*u nf eres w , ^ ^ ^
was wir bereifs in uns enfdeck *ggj* ™ f 9 ^ ^ ^ veredele
Wefen auger ^ M v f^ fl ^ ^"lor, hinf i r dem die Meiffer ffehen. Sdnweige,
StJ^rT*™ S^deff, *2* Nh damif du wieder reif zum Schweigen
werdeff. Benu^e Kunff, erzeuge Kunff.
*
489
£•1- - .■
Vera n t wortli cli it Sehrii'tleiler 1'ur deji besouderen Teil: Fritz Fridolm Win disc h, Berlin-Nioderschonliausen, Lindtfiistrafie 3~>
"Betrf i'iVndo Ein^endim^en sind an obige Adn.isse zu .richtt.-n.
Dichtung oder Libretto
Von Julius Biffner
Conner, denen man so hie und da in die Hand
fatlt, pflegen in dem nachsichtlich-mitleidsvollen Tone
untersuchender Psychiater zu sagen: „Sie sind audi ihr
eigener Librettist?" Obwohl nicht mehr in der ersten
Jugendbiute, werde ich dariiber noch jedesmal wild,
erwidere etwas Grobes und babe dadurch schon manche
keimende Macenatenbliite erstickt.
Der Kampf fur die Dichtung und gegen das Libretto ist
ganz einfach der Kampf urn die Eroberung bisher noch
unentdeckter Kunstprovinzen. Die Anhanger der Libretti
stehen audi meist in den Reihen derer, denen es nicht
so sehr urn Provinzen, als vielmehr urn Profite zu tun
ist. Die Dichtung will ein Kunstwerk an sich sein, das
sich mit der Musik zu einem hoheren Kunstganzen ver-
mahlt. Das Libretto ist etwas Appretiertes, etwas ge-
horsamst ftir den gutigen Gebrauch Seiner Gnaden des
Herrn Musikers submissest Vorbereitetes. Der Librettist
versteckt sich demiitig hinter dem Musiker, der Dichter
verlangt Gleichberechtigung im gemeinsamen Dienste
des Gesamtkunstwerkes. Er will vom Musiker, daB
dieser ebenfalls unentwegt das Ziel des Gesamtkunst-
werkes vor Augen habe, daB dieser es verstehe, sich,
wenn es sein mufi, den Forderungen des Dichters
unterzuordnen.
Aus einem schlcchten Drama kanri audi ein Beethoven
keinen Erfolg machen, naturlich audi kein Hebbel ein
Opernkunstwerk, wenn er an cinen minderen Musiker
gerat. Die alte Opcr hat sich in dem K.onflikte zwischen
dem absoluten Musiker, der derlei komponieren wollte,
und dem arrnen Dichter, der audi zu Worte kommen
wollte, den Notausgang der zwischen zwei Musikstucken
gesprochenen Dialogc geschaffen. . Das ftihrt naturlich
zu der rein klanglichen bosen Diskrepanz zwischen dem
schnarrenden, knarrenden Sprechton der Menschenstimme
und dem Wohllaut des Gesanges. Man schwankt
zwischen Gerausch und Ton und wird schliefilich see-
krank von dem ewigen Wechsel zwischen Meckern und
Floten. Aber audi das Rezitativ kann dem musikalischen
Dichter nicht geben, was des Dichters ist. Der musikalische
Dichter will in Melos aufgelost sein. Er will auch nicht
im sogenannten Sprechgesang vorgetragen, er will immer
und jederzeit gesungen werden. Da kam Wagner. Bei
ihm mufiten sich Wort und Metodie vennahlen, da sie
als palladische Zwillinge dem Haupte Kronion's ent-
sprungen waren. Wagner nun traf auf Sanger, die jahr-
hundertelang entwohnt waren, beim Singen audi noch
deutlich auszusprechen. Im Zeitalter der Librettos war
das Wort unbedenklich der Cantilene geopfert worden,
und ganz Wien saB bei italicnischen Operu, von denen
es kein Wort verstand, und vergniigte sich an virtuosen
490
Stimmkonzerten im Kosttkn. Denn man wircl mir docli
nicht einreden wollen, dafi jeder Mtiller oder Maier im
Karntnertohrtheater fliefiend itatieniscli gekomit hat.
Nun kam also Wagner an diese menschlichen Klarinetten
und Trompeten und verlangte von ihnen, sie sollten un-
geheure Ideen eines groflen Philosophen verstandlich
vortragen. Sie taten es naturiich nicht, kauten und ver-
knullten die Worte wie ehedem und waren auf nichts
bedacht wie auf Ansatz, Atem etc. Wagner abcr liattc
einen Bundesgenossen. Das waren die damaligen audi
wahrend des Spieles matt erliellten Opernhauscr. Icii
behaupte, dafi der Tristan nur durch diese Mauser cr-
halten wurde, in denen man das Textbuch cntziffern
konnte. Und jedermann, der sich auf etwas mehr ais
dreiflig Jalire zuruckerinnem kann, wird wissen, datf
damals jeder gebildete Opernbesucher sein Biichlein in
der Tasche hatte. Wagner hat in seiner zweifellos uber-
spannten, viel zu weit gehenden Foidcrung nach Mit-
arbeit des Pubiikums selbst das Opernliclit ausgeblasen
und jenes stichdunkte Grabgewolbe erzeugt, in welcliem
spaterhin die Dichtungen zur ewigen Ruhe bestattet
werden sollten. Auch die, die er selbst geschaffen hat.
Denn heute halt sich mehr denn je das Publikum bei
Wagner an die melodisdicn „Schlager B und klettcrt von
siebcn bis elf Uhr an den einzelnen Melocliesprossen
seine Leiter hinan. Was dazwischen liegt wird vergahnt
und verschlafen. Die mangelhafte Textaussprache der
Sanger und die Rabennacht unserer Theater sind die
I lauptfeindc des Dichters. Sie begflnstigen das Libretto
und damit Stoffe, die enlweder aus einer Verlobtmgs-
und Mariagehandlung mit cinigen dazwischen einge-
streuten, komisch sein sollenden Trotteln oder aus einer
arauslichen Moritat mit Liebesszene und darauffolgcnde
Abumrksung des Tenors bcslcheii. Also Balletpantomine
„,it Orchester- und Menschenstimmbegleitimg. Neu
dabei sind die Maler, die als Ausstattungsluinstlcr nun
auch die sittiichc Forderung erhoben haben, daB m
einem kohlschwarz verdunkelten Zuschauerraum nur
Horer und Seher, nicht aber Versteher sitzen solicn
Sie verlangen kategorisch vom Publikum, es sol c u
Hause vor der Oper zwci Stunden lang den xt
- so saaen sie namlich herablassend zur Dichtun > -
memoriercn, und dann woim'iglidi nach der Oprr stait
das Nachtmahl zu verzelircn ihr pensum rcpetieren
Was wiirdeii die Maler dazu sagen, wenn ich ihnen in
ihre t'eierlich stillen Kunstausstelhmgeu eiu Hektrisch
betriebcues Larmwerk, bcsteheml aus em paar grotien
Trommclu, mchrercn (longs um\ /elm Aiitomobil-
hupen stellteV Wetui ich den Bcsuehem, die dadurch
gestort davon liefen, sagte, sie ktmnleii sich ja Photo-
graphieu der Bilder kaui'en und sie zu llausc ansehtnV
Da die Sanger immer noch die Spradir milmamUdn,
wird also der Dichtcr durch die hinstemis dor Theater
niedergesduiem denn es isl keineut Mcnschen niciglich,
sich im Buche tiber das zu orientierem was ebon von
der Buhue aus in einer an das linlokudische crinncrrulen
Sprache zu einem mdgcregt arbeitendeu Orchester und
alieiiei zauberhafteu Uchlcffekten euuu/ierl wild. Das
man Singen und Sprcclien kann, weif,', jeiler, der Skdria
und Vogl, Winkcimanu und Urban mid eiihge lebende
weiBe Raben gehort hah Konneii muB man's h.ilt. Die
Sanger werden sich doch eutschlieBen mussen, es zu
leruen. Wahrend ihrcr l.ehrzeil werden sich die Aus-
stattungskunstler auch an I ein KomptoinilS zwischen
halbhellcn Zuschauerraum und der Buhueubeicuchtung
besinncn mussen. Sons! gcimrl. die Zukuuft den librettos,
die Dichter werden dem Operntliealer den Rueken kehren,
nnd die Besucher desselben werden rubig vuu sieben
bis zehn Uhr den Verstand zu Manse )assen koimen.
Das ganze Neuland aber, das dort liegt, wo Gedauken
wohnen, die durch Worte verstaudheh gemachl der Musik
verbuuden zu einem hoheren gemeinsamen Ausdruck
gcbracht werden koiiuen, wird uuentdeckt bleiben, wenn
nicht wieder cin Wagner korumt, der es anshalt, drelBig
lahre m hungeru, unentwegt seincm Ideal naeh/mgehen
nnd schlieBlich die Kraft crlangt, alles aus dem Tcrapel
des Opernhauscs zu treiben, was sich in dem luterrcn&um
zwisclien ihm und seincm Vorgauger Richard darin un-
KchOrV brcit gemaclit hat, als da sind Baliettregisseure.
aussdilieBliche Nnr-Musik-Kapclhiicisk-r, exklusiv starre
Buhnenbildmeister und Beleuehtungsdogmatikcr, ins
Opernhans venrrte Quarlett- und Symphonic-Kompomsten
n „d schlieBlich ja, was wuselt denn so traurig und
demiitig im Winkelchen herumV Ubrettisten.
*
Zum Bau der Berliner Volksoper
Von Bruno Taut
Wird dem Archttekten ein kl.re. Programn, ^
eine solclie kflnstlensche Lo " s c S
baues heute keine ungewOhn hch Sc ,«itr J •
sich der Ar:.hitckt bewufit „t. d»- ■ ^-
cin-Haus fiir Masscnfeste 1st und desnalb
festUcl.cn Q.arakter Haben rauB. der jeder Monumentalitlt
entacgenjjesetzt ist. Die Dimensionen entscl.eiden nie-
aPs Uber die Fragc der MonumcnWllUt. fe.er. h
»rnst «nd strcmr k.mn ein sehr klcincs Baiiwcrk seui.
J „ o, seinen InLalt criordert (Orabmal des Theoderich,.
arbi" lebendi, und in alien, ein Spiegel der v.elge-
• .n Masse -nuB ein groBes Theater sein, das d.ese
Me zur Festesfreudc Z „sa.n.ncnruft. Vcrkannt ae.
r e ndlici. ein,„a, jede sehwere Gra«,m« t ^e
sentimentale Sd.«...ers(imm..ng von c.ncn. solthen Hause,
491
unci wenn es audi tausende von Zuschanern in sich
fassen soil. Die Monumentalisis, diese absterbende
Epidemie einer verkommenen Zeit, soil endlich einmal
beseitigt werden.
Das Bauproblem liegt, von diesem Gesichtspunkt
aus betrachtet, verhflltnismafiig einfach. Der Arcliitekt
mufi erkannt haben und wissen, dafi der Ban innen and
aufien nttr dann festlicli sein kann, wenn aites an ihm
den Mafistab des einzelnen Menschen, des einzelnen
Gliedes der vielgestaltigen Masse, tragt. Das dieser
Erkenntnis nicht bios monumentale Wucht, sondern
ebenso audi das bloB rhythmische Aufreihen gicichartiger
Formelcmente in militarischcr Parade zuwiderlauft, diirfte
ebenso einleuchten.*
Sobald der Arcliitekt sich aber nicht blofi als Bau-
fachmann fiihlt, sondern den Dingen die letzte Form
geben wijl, tritt die Aufgabe in ihrer ganzen Schwere
mit schopferischen Voraussetzungen an ihn heran. In
diesem Falle wird er zum umfassenden Gestalter, der
aus der hiillenlosen Erkenntnis des Wesens seiner Auf-
gabe eben nicht hlofi die Hiille dafiir schafft, sondern
das organische Leben des Baues, seine inneren Vor-
g&nge selbst beeinflufit und in diese oder jene Richtung
lenkt.
Dieser Arcliitekt wird in Gefuhl und Wollen selbst
zu jedem einzelnen Gliede, das den grofien Organismus
fiillt, also nicht blofi zum Zuschauer, sondern auch zum
Schauspieler, Musiker, Sanger, Regisseur, technischen
Spielleiter, Beleuchtungsleiter und dergl. mehr, kurz er
mufi die gesamte Vielgliedrigkeit in sich tragen, urn zu
dem Bilde ihrer Einheit zu gelangen und dieses Bild in
seinem Bau gestalten zu konnen. Diese Fahigkeit setzt
voraus, dafi sein Verstandnis die gesamten Beziehungen
durchdringt, und hat zurFolge, dafi diese Durchdringung
im Gegensatz zum fachmannischen Handlangertum ein
Mitleben ist und ein Mitschaffen nicht blofi am Bau,
sondern am eigentlichen Theater selbst.
Ein schoner Wunsch: das Volk in grofien Massen
an den Werken des Musikdramas teilnehmen zu lassen,
das nur einer kleinen Auslese bisher vorbehalten blieb.
Aber notwendig ist bei dieser Fassung des Wunsches
die Untersuchung, ob nicht die Auslese eine Voraus-
setzung einbegreift, und ob man beim Hinweggehen
iiber diese Voraussetzung nicht eben iiber die Oper und
das Musikspiel selbst hinweggeht. Dadurch ware die
GroBe des beabsichtigten Baues selbst in Frage gestelit,
wenn man nicht mit dem Bau selbst ein kimstlerisches
Neuland eroffnen wolite, die Schopfung des riesenhaften
Musikspiels, die noch geschaffen werden mufite.
Die Wege dazu konnten vielleicht folgende sein:
den auftretenden Menschen ganz zu entmenschiichen,
ihn durch Maske abstracter Art zum „Wesen w zu machen,
ktibisch, spiralformig, komentenartig, im ungeheuerlichen
Qegensatz zwischen Zwerg und Riesenerscheinung, auf-
tauchend und sich bewegend als tanzendes Ding, Drei-
iimensional, d. h. nicht mit Gesicht und Mund nach
Mntx Richtung, verwachsen zunachst mit einer felsen-
^ijcti habe Naheres hierzu bereits im w hohenUfer ft in
:^^n0t!|^i!rag^: ? Zum neuen Theaterbau* ausgefiihrt.
artiggeiialtenen Kulisse, aus der sich die „Dinge" lier-
auslosen, ihr Sein und Leben spielen, in Wort und Laut
aus der Materie geboren und ihr Entstehen gebarend,
sich erganzen mit Gebilden, welche von unten herauf
tauchen, von oben herniederschweben, in sich gliihend,
glitzernd in Scheinwerferbeleuchtung, in reinster Farbe
bedeutungsvoll, sich vermischend mit den Elementen,
Wasser, Feuer, Licht, Finsternis, und so der unmittelbare
Trager einer Musik, welche den Raum gleichermafien
fiillt. Eine solche abstrakte Groteske wiirde das Skelett
geben, das . alien heutigen Bemtihungen urn den
tanz fehlt.
Eine andere Moglichkeit bestande im Gegensatz
dazu in einer neuen Realistik: Marchenspiele mit auf-
fahrenden goldenen Karossen, Elefanten, fliegenden
Vogeln, Fontanen undWasserkiinsten, Efektbeleuchtungen,
bunten Menschenmassen, Fabelwesen und dergl. mehr,
womit eine volkstumliche Musik mit Marschen, Tanz-
weisen mit allem instrumentalen Aufwand, wie es der
Raum braucht, sich verbinden liefie. Oder auch:
Darsteilung von Weltanschauungskatastrophen, z. B.
„Mammon und Moloch", Besitzund Macht gegen Gemein-
schaft und Gute, oder „Die Erdteufel", Europa im Zu-
sammentreffen mit Mexiko, Java, Indien, China usw.
oder M Die Maschine", Ausbeutung der Elementargeister
und ihre Rache, oder M Die Tiere", oder n Der grofie
Spafigott", relativistische Wcltclownerie und dergl. Die
Nahe des englischen oder Zirkusausstattungs-Stucks, in
welche diese Veranstaltungen riicken, soil nicht be-
unruhigen. Die Lust der Masse an solchen Dingen
,darf nicht abgelehnt werden, sondern mufi auf die
kiinstlerisch starkste Weise bejaht werden. Circenses
sind a priori nicht Kitsch, sondern der starkste Ausdruck
der Lebensfreude.
Es bleibt freilich die Frage offen, ob solche Dinge
ein Dauerdasein haben werden, weil das Grofidimensio-
nierte nicht eigentlich gemacht werden kann, sondern
sich im reihenweisen Aufstieg traditionsgemafi ergeben
mufi. Aber wenn die Erkenntnis, dafi darin allem die -
richtigen Beziehungen zwischen Raum undFuIlung liegen,
da ist, so miissen sie auch geschaifen werden. Es ware
nur die Forderung der Einzigkeit aufzustellen, damit
derartige Festdarbietungen nicht verblassen, und -deshalb
sollte man sich wohl mit dem einen Hause begniigen,
solange das kunstlerische Problem noch nicht einmal in
Angriff genommen, geschweige denn geklSrt ist.
Bei diesen Betrachtungen iiber das Massenspielhaus
ist die Frage der Raumform d. h. ob Amphitheater oder
Range, nicht beriihrt worden, weil die Dimensionen in
jedem Falle bleiben, beim Rangtheater eben nur ent-
sprechend in die Hohe gezogen gegeniiber der ausladenden
Breite des Zirkusraumes. Sie treffen deshalb fur jeden
Fall zu, wobei ich darauf hinweise, daB alle Projekte
fur die neue konigliche Oper vor dem Kriege an dem
zu weiten Abstand der oberen Range von der Bithne
litten, obgleich diese Projekte nur 4000Zuschauer zu fassen
brauchten, gegeniiber der weit groBeren Zahl der geplanten
Volksoper. Es kami wohl gesagt werden, dafi das Standard-
mafi ftir die vorhandenen Opernwerke, wenn sie nicht
leiden soUen, kaum ube r 2000 Zuschauer hinausgeht.
Iliernacli scheint sich mir die Klarung der Volks-
operuirage so zu ergeben: bleibt der Wille nach dem
Rtesentheater unumstofilich bestehen, so wiirde ihm die
Begeisterung alier Kunstler trotz der vorherigen Be-
denken gehoren miissen, da er ihre Schaffenslust in ein
Neuland treibt, das in verheiBungsvoller Feme die Er-
oberungsfreude weckt. Musiker, Dichter, Sanger, Schau-
spieler, Maler und alie anderen werden ihre Schaffens-
fretule einsctzcn und der Areliitekt hat die hcrrlichc
Aufgabe, ein Haus zu baucn, das diescr Schaffcnsfreude
keinc Grenzcn sctzt. Ein Raum, der jedc Trenmmg
zwischen den Uarbictenden und den Aiifiichmcndcn
aufhebt und sie alle m eincr Einheit verschmilzt. Krhfllt
dasProgramm fur den Neubau diese eindeutige Eassung, so
ist die Losung des Arclutckten durcliaus mAglich und
so konnte etwas sehr Schttncs cntstchen.
In einem folgendcn Aufsatz solien architektonisch weiterc Ausfuhrungen foigen.
c£
MITTEILUNG1
Unfere verehrlichen Lefer, weldie unjere
Zeiffdiriff durdi den Budihandel be-
Ziehen, biffen wir um reditzeitige
Mmm, 1. ^nngrnents bej dern Buchhandler,
damif in der Zuftellung der Zeif-
fdiriff keine Verzogerung einfrift.
VJnferen Abonnenten, weldie die
Zeitfdirift direkt vom Verlag be-
Ziehen, wird diejelbe audi nut Be-
ginn des neuen Jahrgangs zugeftellt,
L a I U_ni*I_ausdru^^
MELOS -VERLAG G.m.b.H.
r
\
I!
arrangiert undJU^Jjj^lQ^berO P*-
flbern j^!^ocR^ PrinzessJstr. 3a, Telefon 6362.
Musikalienhandlung K. ^
PREISAUSSCHREIBEN
DES
MELOSVERLAGS
Dem Melosverlag ist eine bestimmte Summe zur Verfugung ge-
stellt worden, die zur Forderung zeitgenossischer Musik verwendel
werden soil. Es ergeht hiermit die Aufforderung, dem Verlage
Klavierwerke
Kammermulik flir Blafer
mUfleren und grolieren Umfang$
einzusenden, Die Einsendung mu6 ohne Namensnennung bis
zum 16. Marz 1921 an den unterzeichneten Melosverlag erfolgl
sein. Das eingesandie Werk soil ein neuirales Erkennungszeichen
tragen, Name und Adresse des Einsenders mussen in ver-
schlossenem Brief umschiag mit gieichem Erkennungszeichen
wie fur das Werk beigefugt sein, In Betracht kommen nur un-
gedruckte Werke, uber welche den Einsender das voile
Verfugungsrecht besitzt,
Das Preisrichteramt haben ubernommen
HERMANN SCHERCHEN Prof. Dr. GEORG SCHUNEMANN
HEINZ TIESSEN
Es ist zunachst ausgesetzt eine Ehrengabe von
Mc*rK £000,—
welche fun das von den Preisrichtern b^zeichnete
Wenk durch den Verlag gezahlt wird, Soil ten
noch andere Arbeiten fun preiswurdig befunden
werden, so behalt sich den Veriag vor,
auf besondere Fursprache
der Jury
weitere Arbeiten durch Ehnengaben auszuzeichnen.
Der Verlag erhalt das Recht, die preisgekronten Werke, sowie
weitere von der Jury empfohlene Kompositionen in den Melos-
blattern zu veroffentiichen. Der Erwerb des Verlagsrechtes isi
mit der Ehrengabe nicht verbunden, doch verpfiichten sich
die Einsender vor AbschluB eines Verlagsvertrages das
Werk dem Melosverlag anzubieten.
Das Ergebnis dieses Ausschreibens wird spatestens binnen 6 Wochen nach
dem EinsendungsschluB, also zum 1. Mai 1921 andieser Stelte mitgeteilt werden.
MELOSVERLAG G. M. B. H.
M
Wichtige neue Mufikalien, Budier und Auffatze
uber Mufik,
vnitgeteilt von
Professor Dr. Wiihclm AWninnn, Beriin-Friedeuau, Sponholzstr. r>3-51
die derartigeWerke (jedoch nicl.t eiv/a Klav.erstucke l..ckr, M....ncn m- «u . . gcdrljc k»cn
5r^rr^:.ri 1 rr,rs d ri^ fc ^--. ■■—
Rucksendung etwaiger Einsendungcn wird Krnndsiii^h ^hnk :iW ^U-v,u ITHsrn I-""" immcr
110Ch d r:t=gSr^ — - - - ^ ■ -
Der ffnhere & Sort im e„tem,sch1»g von 10-A. dart nicht mcl.r crl.nhcn «rdu,.
I. Inffrumenfalmufik
a) Orchetfer
Pcier,, Guido: III. Symphonie (fis). Universal-Edition
Part. 40 M.
Zachert, Walter [Breslau]: Symphonie Nr 2 (Des) noch
ungedruckt
b) Kammermujik
Graener, Paul: op. 54 Streichquartett erachelnt dem-
nachst bei Bote & Bock
Lach, Robert [Prof. Or, Wien|: Trio f. Viola d amour,
Gambe u. Klav. [noch ungedr.]
Wewc.cr, August [DetmoldJ: Rokoko-Seren.de (b,*.
Flote Ob., 2 Klarin, 2 Horner ... 2 Fag. nod.
Jedr'ackt[Ur.uffflhr»ng24.1I.BerHn]
c) Sonffige Infirumenfalnrufik
auffUhrung 10. 11. Worms]
v~ on fifi«i 17671: Konzert (G) t. 4 \ ioi.
Telemann, G. Ph. MbB »»l Hj , ar v .
Dameck. Raabe & Plothow, Berlin 4 .w
^ ,v "S&.
II Gefangsmufik
•w Rhaosodic fur Alt, Streichinstr.
Qraencr, Paul: op. o Rhapwfl & Bock
« Klav. er.che.nt e*c fc ;
Lewy, Franz IW°™*J L ed e, ^^
n Hafislieder 6 beta at d ,J ^ yeder
3 Li eder „, idea ] -^^ elgesange f. 2 Sings,
f. l Singst. m. Kiav., J
mi t Klav. noch ungedruckt
*&
HI. Budier
und Zeiffdiriffen-Auffa^e
(;llpl , 3t ,et,sch sowoh. ^^^^tuwSnl-
^r:„ ^ r< d 1 e , des B UdeiuJe 11 "jah,ga„ 8 s fi c,ncin»
Adler, Karl - s. Volkserzlehuim
Altmann, Arthur ■ s. Haydn
Bach, I. S. Bachs Einf.uo auf die Entwick.ung de.
Geigenspie.s Von OH" Voig. .»: Evangel
Musikztg (Adliswil-Ziirich) 10
Bach. Mein Weg zu Bach. Von rn.z Jode in.
D ;>;Sn.!u'gvonBac.,Kontrap. 1 nk,ik. : Zu R .elc h
ein Beitrag der Ingendbewe^ung zur Mus.k). Von
T H Reich en bach ebendort
Bachs Verhal.nis zur Lau.e u Uu.enmusik. Von
Hans Dagobert Bruger ebendort
Beethoven. Glossen zum' ..cfctcn- ! K • Vo" ^
Scherber: Olier Hs- Klaviersonaten. Von Walter
Pe et is. letzte Quartette. Von James S.mon
Dorchester Von Paul Ertel - in: S.gna.e f. d.
nu.si ai. Welt 47
Br u E er, Hans Dagobert s. Bach
Cadenza ad libitum Von Albert Jarosy .n. A.I
meine Musik-Ztg 47
Chopin. 'Das NMxentropfe,. - Pre. „de von Chop...
Von Martin Hrey i«: /ts ' ;hr f ' MlKS "' .
Ch orp«e K e Zur Emeuerung der Chorp , K e n
Deutschland. Von Joseph M. H Zossen
Der Chorleiter 22
Daffner, Hugo «• Oante ,, 3ffn er-
Dante. Die Tonkunst bei D Von Hugo Daffner
in- Deutsches Dante-Jahrbuch 5
Ertel, Paul - s. Beethoven
KS.'St."- •£&' *.«—"«<« *
in: MusikblStter des Anbruch 17
Futuristvis, rnusikalischer. Von T. Nichciol ■- in:
Ztschr^f. Mus. 22
Haydn, Jcseph, als Reformator. Von Arthur Alt-
man n v in: Der FUhrer durch die Konzerte und
Theater Kinigsbergs 3
Hennig, R. s. Warner
Howard, Washer — s. Weg zur Musik
Jarosy, Albert — s. Cadenza
Jenner. Zum jedachtnis Gustav Jenners. Von Paul
Natorp — ii : Netie Mus.-Ztg 4
Jode, Fritz — s- Bach
Kalenter, Ossip — s. Vignette
Kontrapunkt und Polyphonic Von Reinhold Zimmer-
man — in: Neue Mus.-Ztg 4
Kranichleld — s. Merkel
Krohn, Ilmari — s. Mongolische Melodien
Kunststimme — vgl. Naturstimme
Lasso, Orlando di. Von Bertha Witt — in: Ztschr.
f. Mus- 22
Lautenmusik — vgl. Bach
Lossen, Jos. M. H. — s. Chorpflege
Mahler* Zur Mahlerfragc Von Gerhard Tischer —
in: Rhein. Musik- u. Theater-Ztg 46/7
Malerische Musik. Von Adolf WeiBmann — in:
Musikblatter des Anbruch 17
Merk?l* Johannes. Von Kranichfeld — in: Neue
Musik-Ztg 4
Mobiusj Richard — s. Musikerbriefe
Mongolische Melodien. Von Ilmari Krohn — in:
ZtsthV f. Musikwiss. 2
jVerzeichnis, bibliographisches. Von Andrij
Ru.dlnev. dsgl.
Mosikejbriefe, ihr Charakter und ihr Wert. Von
Richird Mobius — in: Neue Mus.-Ztg 4
Natorp ,| Paul — s. Jenner
Naturstimme und Kunststimme. Eine psych, -phy-
siologische Betrachtung. Von Zumsteeg — in:
Die ftimme 2
Nichciol, T. — s. Futurismus
Petzet, Walter — s. Beethoven
Piano, < Le travail au Piano. Par E. Wichmann —
in: Reuillets de pedagogie musicale 22
Polyphonic vgl. Kontrapunkt
Rattay, Kurt - s. Schwedische Musik
Reichenbach, T. H. — s. Bach
Rudnev, Andrij — s. Mongolische Melodien
Sammarfini, Giovanni Battista. Von Robert Sond-
heimer — in: Ztschr. f. Musikwiss. 2
Scherber, Ferd. s. Beethoven
Schmitz, Arnold — s. Schumann
Schmitz, Eugen — s. Wagner
Schumann, Robert. Die asthetischen Anschauungen
R. Schs. in ihren Beziehungen zur romantischen
Litteratur. Von Arnold Schmitz — in: Ztschr. f.
Musikwiss. 2
Schwedische Musik. Von Kurt Rattay — in: Der
Fiihrer durch die Konzerte und Theater Konigs-
bergs 3
Simon, James — s. Beethoven
Sondheimer, Robert -- s. Sam martini
Specht, Richard ~ s Fried
Tischer, Gerhard — s. Mahler
Vignetten^musikalische. Von Ossip Kalenter — in:
Ztschr. f. Mus. 22
Voigt, Otto — s. Bach
Volkserziehung. Gedanken zur musikal. V. Von
Karl Adler — in: Neue Mus.-Ztg 4
Wagner. Eine niederlandische Quelle fiir Ws. Lohen-
grin? Von R. Hennig — in: Ztschr. f. Mus. 22
— . Wie Tannhauser zu seinem Erfoig kam. Von
Eugen Schmitz — in: Allgem. Mus.-Ztg 47
Wege, Auf dem, zur Musik. Von Walther Howard
Bd 2 (Rhythmik, Metrik, Ton- und Stillehre)
Howard Verl., Jena (C F. Fleischer, Lpz)
WeiBmann, Adolf — s. Malerisch
Wellesz, Egon — s. Wo
Wichmann, E. — s. Piano
Witt, Bertha — s. Lasso
Wo halten wir hin? Von Egon Wellesz — in:
Musikblatter des Anbruch 17
Zimmermann, Reinhold — s. Kontrapunkt
Zumsteeg — s. Naturstimme
*
R Drift? Berlin. N. 54
* rrlllZ Brunnenstr. 25
2SI Benfch,
erschienen! 9 bekannte
Mk. 1.50 *ar 2 Violinen
od. Man dolinen
in. progress. JJeihenfolge
geordnet und teicht bearbe.it«t
Erich Wolfgang Korngold
Die tote Sfc/c/f
Oper in 3 Bi/dern
Olanzvnder, durchschlagendcr HrloU]
hei den
Urauffuhrungen in Hamburg and Koln
Einige /lusziige aus Kritiken:
Hamburger Fremdenblatt (»■!. ('hevaliey): ..... TCml-
li<-lt ubfj' ist- diesr Op^r, als Gauzes unbedingt die
., ,. 1 1 ,", j, st ^ nihl wurtvullste lil rse heinu n# _ tl e i*
IH'/irii J.'ihri' . . . audi due gllinzende Thea'ter-
,,|u-r . . ■ An ilcr Nadihitltitfkoit unci Yt-rtiefun^ dieses
i'jvniirn>n*<i'lid^es is! kauni zu zweifeln."
Hamburger Nachrichten fPml'. Ferd. Pl'ohl): *. ..J r dn
fciiiiil'-s Werk der Itonwint.ik. cin hewundeniriffs-
w ft r\i i ir «* s /.■ u ^ n i s d e r K r i\ It r e i fV . (I e r i n s p i r i h r -
l(Ml nud / ti g I e i c h wisse n d on Meisrers c h a f t .
stein das Week vor uns."
Koinische Zeitung (W.Jakobs); ... . '\7St0fr i*t
wio nur s«ltcM finer ..innsikalisch". Seme ,J ot« Stadt
Nt oine Tlii'ateroper. die zu^ieieh viele poetise 1-
m u * i k a 1 i s e h e Widens e hal't e n in sielt t ragt, die
: inch den dem Mob Tbeatralisehen abholden Hbrer an-
zioben und fesseln."
Berlins fedrsenk rier: „. . . 20 Hervomiie nadt dem
ersten SO na«.-li dem zweiteo, unzahlbare nacli ;'lem
driten Akt... Eino Fulle - ] u <■ k 1 . e h e r K 1 11 -
Ion wertvollem melodisehetn fehat
li d Konioold mono1o-isienM.de Solo-Szeuen mid Uiio e
vol! » a e k - n d m d r a m a.iseli e m P* << J'" 3 , dan 1
v -der S chon, Ivrisdin Dialog, em host l,che> hu-
is,i;„ Ensemble und interessant ^esetzte k eine
( r .ehaffen, wahrend sein im Smn von b trauH m
ill, n Au.drueksvaria.nte,, -lanzend beherrschtes Or eh ester,
„d 1 id", bei den nTachtigen Akzonten als \ isioii
"^hauler Trapk wie in seelenvolier Siimnumgsmnlem
den OnVm der Wahrhdt zn imden sdieint . - -
Berliner Tageblatt (Dr. la-op. Schmidt): „. . . Den
ersten Akt t'inde Kth meisterliul t , durdiaus »>■«-
hm^en ... das s I n d I) i n g v , d i o n 11 r e i n B *• -
rule n e r s eh re i b <, und wio klingt in diosnm Akl
das (')rchest.er, wcteho Fiille von Wolilktaiig, \v«lcho
(ieschJossenhuit bei uMem Keiehtuin der Mittel ! --;•
ZusainmHni'assend motdite itii ya^en : „I)i« toteSiadi" 1st
ein tinner Hfweis f ur das u n e r li 6 r t o K (i n n e n und
die m tt sikilr.i m a t i s e li e B e •> a b u n g Korn^olds,
ein 'Kortsrliritt. in der Sieherheit, riitt der er die Bnhne,
diu Mittid dt's-Orubtsters beherrsc'lifc und aUe Fakt-oren
zu t'iidnviilieber Wirkuno- zusajiinienzufasseii vermag . . ."
Frankfurter Zeitung \Vtiu] Hekker}: Korngold
lint i in m e r g e 1' ii I 1 i g e tn e I o d i. s c be K i n g e -
bun^en znr Hand, w e i ft sie gut aufzuhauen und
a 11c h i) v e b v s t r a 1 \v i r k n 11 jr .s v o I 1 zu bebandulu
So entstand diesn Hper. naeb deren Anhcireji man wieder
die a' u JS e r o r d e n t I i v h e M u :- i k lj e g a, b u n g des
Komponisten, die siehwre itelierrsc.hu ii£ des grolien
Apparates, dazu eine ersta.unli*di kluge Uerwhnuo" und
Kinsetzungdervers.diiedenenAVirkun^smittel konstatieren
mufi . . "
Leipziger Neueste Nachrichten ((> t .to Sehabbel):
Das /encrnis eines aus <,-enialer Fiille schoplferiden
iiii bikers, mq seiner or«-h#'str;i.'Jcn 1 Att,s*:estaltung, o nii.be r-
!> i e t b aV v o n k e i n e m M eiste-r der J o t z t z e i t."
MUnchener Neueste Nachrichten: „Komgolds Musik in
ihrer (b^anitbeit ein it b e r z e n g e n d e r deniali-
t a tdte w e i s fesselt von An fang an dutvh «fr»iS«
Stiniinuii^swerte. luiftriebfiltriiftigeB Temperament und
eine blifhende Aleiodik. Die AnfnaJtme war be-
<>■ ■ e i s t e r t . . • e -s w a r ein u n b est nttfntu-
d u re li s e h ] a. 1? e n d e r K r f o 1 ^r. v;
Vollstaml^e Orchester- Partitur, Klavierauszug
sowie zahlrekhe Einzelausgahen liegen vor
B. Schoii's Sohiw — Mainz i Leipzig
Inhalf aus le^fen Melos-Heffen:
Heff XIII
OrCUO UAS-Mailand . . -
Prof- OAKL KIT'/
HEINRKJH. KOS'/NMVK . .
GKK1IAKD STHEOKK . .
WALTHKR MOW A IU) . . .
i>r. .m;no lkioiitkxtiutt
Prof. Dp. WTLIJELM ALTMANN Hed.-utende Neueraeheimmgen
i n id Manuskripte
NOTEXHKTLOK: Krit/ Krid. Windiseb: Zwei Stiieke aus den
..Klangvisionen" : Nr. I t'iir Yioline allein, N r. 'I
I'iir Yioline und Bratsehe
Dynamismus und Atonalilat
Voi i den uatiirlieh re men
Stiurmungsverhaltnissen
KLaviertnehnik u. Welt-unst.ell.
Ncii err deut.se he a rappelbt-
Wt-rke groBen Stils
Die Ilohenlageu dec Kunst
Zur Asthetik
Heff XV
Dr. ERXST KURTH
. . . Romantisehe Tlarmoiiik n. ihre
Krise in Wagners /Frisian", 1 1.
H. HEIXZ STl r CKKNSCMM!DT Melodic
ALFRED WOLFENSTEIX . . Das Wortmusikalisehe und die
neue Dichtung
WILLIAM HOWARD .... Musikst.-nographie
Prof. Dr. WLLHELM ALTM'AXX I'iir die Yerleger
Dr. HV(H) LKICHTKMTJMTT . Buchbespreeluing
Prof. Dr.WJLHELM ALTMAXX Bodeutonde Xeucrseheinungen
und Manuskripte
NOTEXBEJLAOE: Hindemith: Xr. VI. aus JUi einr Naehf\
Traume und Erlebnisse. op. 15. Fur Klavier
Heff XVII
.Dr. ADOLF ABER
BELA BARTOK .
Dr. HRRM. STERHAXT . .
AUGI'ST LEOPOLD SASS
H. HEINZ STtTKENSCHM
Dr. HEIXRIOH KXODT-Wnm .
Prof- Dr. WfLHKLM ALTMANN
NOTENBEILAfiE:
Edna re
Senate
Wohin des Wegs?
DerEinfhdJder Vol!
die heutige Kunstn
Pariituren
Deutsche Schule im
Neue Lieder
Zur Rsychologie des
Bedeutende N'euers<
und Manuskripte
Krdmann : Zweiter Sat
itr Yioline allein
I DT
Heff XIV
HANS MERSMAXX
ERXST KLRTII .
DERM. STE'PHANI
DO RLKSER . . .
LKRED DO B.LIN - .
SCIIl'LTZK-RTTTER
Dr. WLLHELM ALTMAXX
OTENBEILAGE:
Die Untersuehung neuerer mu-
sik alisrher Kunstwerke
Romantsehe llarnionik u. ihre
Krise in Wagners ..Tristan". I.
Ton.nuathe.mat.ik -■ Tondeutung-
Das Moser-Klavier
Wider die Yerleger
Kritisehe Betradhtungen iiber
das modeme Lied m.it Beriick-
sielitigung von Liedem und (re-
siiiigen von Manfred Onrlitt
Bedeutende Neuwse helium gen
und Manuskripte
Arthur Sehnabe] : IL Satz i\i)r Senate fur
Solo- Vio.line
Heff XVI
GIULTO HAS Ein Fundamental-G-esetz der
Musik
Dr. ERNST KTJRTH Romantisehe Harmonik u ihre
Krise in Wagners ., Tristan'*, ITT.
1 1 A X S JO A C H I M M O S ER . S e n f 1 ai s A to n a li st
KATHI MEYER Das S til problem in der Musik
RID. SCITLLZ-DORXBLRG-
Boehuni . Oper und - Revolution
P ro I'. I ) r. W T LH E L M A LT M A X X B e d e u te nd^ N cue rs eh e i n nugnu
und Manuskripte
Dr.
Dr.
Heff XVIII
ksnuisik aiif
Dr. TJDO RUKSER
1 ) r. H A N S M E R S M A N X ...
nisik
Geigenspie'l
Dr. EHOX WELLESZ . . . .
Komponist.
eheinungen
ERWIX LEXDVAT
l'roi*. Dr. WILHELM ALTMAXX
['fitzuers Asthetik
Die Son ate t'iir Yioliue alio in
von Artur Sehnabel mit '6 Seiten
Xotenbeispielen
Bemerkungen zu Josef Hauers
Sehrift vom .. Wesen des Musi-
kalisdien"
Spaziergang am Dlestei'weg
B( '(lent ende Neuerscheinungen
und Manuskripte
Die Neuerldieinungen des Mufi k verlages
N. Simrock i I in Berlin W. 50
warden in zwei schmueken Verzeichnissen zusammengefaUt. wo von Nl*. 1 die in
den J ah run 1Q14— 19 ersehionenen und das so e ben i'ertiggewordene Veraeichnis
Nr.* 2. die Xeuerscheinungen von 19*iO enthalt. Beide Heftchen sind durch
jede Musikalienhandlung oder unmittelbar vom Yerlag unentgeltlicli zu beziehen.
Werf voiles f. dWeihnadifsfifdi biefef in reidier Auswahl:
Simrpck Yolksausgabe
mit Werken von Br£kl\ir»s, Bohm, Bruch, Ovoi*^lc, RubinOeln,
Sefcrc&Si&fe, Sehiutt u . A.
D*s neue vollstandige, ubersiehtlieh geordnete und samtliche
Neuauinahmen von 1919 und 19ZO
enthalt. Verzeit-hnis ersehien soeben u. ist d. j. Musikalienhandk od. unmittelbar v.
Yerlag uuentgelt). z. be/aehen. N. Simrock, O.m.b.H. Berlin u. Leipzig.
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nhalfs-Verzeichnis
1. 3ahrgang 1920
der
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Halbmonafsl'diriff fur Mufik
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ZufammengelielH
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von
. f Dr. WIIHELM AITMANN
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I. Abhandlungen und kurzere Arfikel
Aber, Adolf — - s. Operinszenierung;
Won in des Wegs?
A capella-Werke, Netiere deutsche, groBen
Stils. Von Gerhard Strecke
Aesthetik, Zur. Von Hugo Leichtentri ti
- vgl. Pfitzner
Akkorde — vgi. Hypermodern
Allgemeine deutsche Musikverein, Der —
s. Musikverein
Alte Musik — vgl. taktlos
Altmann, Wilhelm — s. Verleger
Amerikanische Musik? Von Cesar
Saerchinger
Amsterdam — s. Mahlerfest
Atonalitat — s. Dynamismus
vgl. Senfl
Bartok y Bela -- s. EinfluB der Volksmusik;
Problem der nenen Musik
Has, Giulio — s. Dynamismus; Funda-
ment algesetz
Beethoven. Wie B.'s 150. Geburistag ge-
feiertvvird. Vorgeahntes von Ludvv. Misch
Bemerkungen eiues musikalischen Laien.
Von Alfred Doblin
Berliner Opernhaus. Denkschrift Liber
Kunstprobleme. Von Fritz Stiedry
- Volksoper,Zum Bander. Von Bruno Taut
Berufsreinheit im Musikerstand. Von
Fritz Fridolin Windisch
Bie, Oskar - s. Nikisch; Operette;
Pantomime; Perspekti ven; Salzburg
Bildung — s. Musikalische Bildung
Bittner, Julius — s. Dichtung
Busoni, An. Von Wolfgang Gurlitt und
Hermann Scherchen
Busoni, Ferruccio - s. Neue Klassizitat?
Byk, Edgar -■ s. Mahler
Castelnuovo-Tedesco, Mario ~s. Pizzetti
Da-Capo, Lied, Gesumm. Von Hugo Marcus
Deutsche Musik. Von Paul v. Klenau
Debussy- Cloches a travers les feuilles.
Von H. Schultze-Ritter
. Die letzten Werke Claude D.'s. Von
Egon Wellesz
Deutsch — vgl. A capel la -Werke
Deutsche Musikverein, Der allgemeine -
8. Musikverei n
V- Schule im Geigenspiei. Von August
Leopold Saii
D^ichtung Oder Libretto. Von Jul. Bittner
Seite
297
304
90
444
95
220
491
4G9
175
19
459
m
389
490
Naturmuaik? Von
Ein, der Musik.
Dichtung, neue — s. Wortmusika-
lische, Das
Diesterweg, Adolph. Spaziergang am
Diesterweg. Einem halbthematischen Re-
zensenten -Adolf ins Stammbuch. Von
Eiwin Lendvai
Doblin, Alfred — s. Bemerkungen;
Musiker; Verleger; Wort
Draber, H. W. ■— s. Nikisch
Dynamismus und Atonalitat. Von Giulio
Bas
EinfluB der Volksmusik auf die heutige
Kunsimusik. Von Bela Bartok
Eitz, Karl — 's. Stimmungsver haltnisse
Empfangenden, Die. Von Hans Mers-
maim
Erdmann, Ediiard — s. Moderne Kiavier-
, musik; Schonberg
Expressionismus —
Ludvvig Riemann
Fundamentalgesetz,
Von Giulio B as
Geigenspiei — vgl. Deutsche Schule
Gesumm — vgl. Da-Capo
Gurlitt, Manfred. Kritische Betrachtungen
iiber das moderne Lied mit Berucksichtigung
von Liedern und Gesangen von M. Gurlitt,
Von H. Schultze-Ritter
Gurlitt, Wolfgang — s. Busoni
Guttmann, Alfred — s. Tempo
Guttmann, Oskar — s. Musikkritik;
Pfitzner
Hauer, Josef — s. Musikalische Bildung
— . Bemerkungen zu Josef Hauers Schrift
vom Wesen des Musikalischen. Von
Egon Wellesz
Harmonik, romantische — s. Romantisch
Harmonium — vgl. Reinharmonium
Heutige Kunstmusik — vgl. Volksmusik
— Musik. Die Situation. Von Udo Rukser
— vgl- Modern
Hober, Lorenz - s. Nikisch; Orchester-
musiker
Hohenlagen . der Kunst. Von Walter
Howard
Howard, Walter — s. Hohenlagen;
Musiksteno graph ie; Ton kunst;
Hypermodern e Akkorde. Das Verstehen
hyp Akk. Von Ludvvig Riemann
Jenaer Regerfest -■- s. Reger
jenseits von Temperierung — s. Tem-
perierung
Seite
421
290
384
Ml
434
354
325
419
188
301
2$>
- "-
I nay at Khan s. iiuier
Inder, Musikweisheit der. Von I nay at
Khan. Ubersetzt von Edgar Istel
Instrumentation, Liniges Liber. Von
Heinrich Kami n ski
Italienisches Tagebuch. Von Adolf
WeiBmann
Kaminski, Heinrich s. Instrumentation
Kampf der Orchester - s. Orchester
Klangkorper, moderne - - s. Umformung
Klassizitat - s. Nene Klassizitat
Klavier - vgl. Moser-Klavier
Klaviermusik vgl. Moderne Klavier-
nuisik
Klaviertechnik unci Welteinstellung. Von
Heinrich Kosnic k
Klenau, Paul v. s. Danische Musik
Knodt, Heinrich — s. Koniponist; Wiener
Konzertleben
Kurth, Ernst s. Romantische Harmonik
Ko m p o n i s t. Zur Psychologic des Kom-
ponisteu. Von Heinrich Knodt
Konzert orchester, Die Not der — s. Not;
vgl. auch Orchester
Kosnick, Heinrich s. Klaviertechnik
Kritik ~ s. Musikkritik
Ku It u rf rag Jn, musikalische. Von Hans
Mersmann
Kunst musik vgl. Volksmusik
Kunst — sHohenlagen
Leichtentritt, H ugo — s. A e s t h e t i k ;
M a h 1 e r f e s t ; Q it e 1 1 e n ; R i e m a n n ;
taktlos
Lendvai, Erwin •■- s. Di.esterweg; Reger
Libretto — s. d'ichtung
Lied — vgl. Da-Capo
Lied, Das moderne vgl. Gurlitt
Mahler, 'Der Operndirektor. Von Fritz
S t i e d r y
— 's Ekstaso, ein Vermachinis Von
Edgar By k
Mahlerfest, Das, in Amsterdam. Von Hugo
Leichtentritt
Mali pier o, S. Francesco — s. Orchester
Marcus, Hugo — s. Da-Capo
Mengelberg, Willern. Von Fritz Fridolin
W i n d i s c h
Mersmann, Hans — s. Empfangenclen,
Die; Kult.urfragen; Schnabel; Unter-
suc.hung
Melodie. VonHans Heinz Stuckenschm kit
Melos. Von Hermann Scherchen
Meyer, Kathi — s. Stilproblem
Misch, Ludwig — s. Beethoven
Moderne Klangkorper — s. Umformung
v~ Klaviermusik. Von- Eduard Erdmann
^,ied* Das vgl. Gurlitt
'sjlc Tendenzen Von Siegmund
Seite
96
483
279
296
397
42
134
149
146
148
334
1
34
\S& 182
Moderne Musikkritik — s. Musikkritik
-- vgl. heutig; hypermodern; neu
Moser, Hans Joachim -- s. Senfl
Moser-Klavier. Von Udo Rukser
Mull er-Hartmann, Robert — s. Neue Musik
Musik — vgl Stilproblem
— Fundamentalgesetz der — s. Funda-
mentalgesetz
— und Utopie. Von Karl Spannagel
Musikalisch. Vom Wesen des Musi-
kalischen — s. Hauer
Musikalische Bildung. Von Josef Hauer
— Perspektiven — s. Perspektiven
Musiker, Vom- Ein Dialog mit Kalypso.
Von Alfred Doblin
Musikerstand — s. Berufsrein heit
Musikkritik, Moderne- Von Adolf
W e i ft m a n n
— Von der. Von Oskar Guttmann
Musikstenographie. Von William Howard
Musikverein. Das Tonkiinstlerfest des
Allgemeinen deutschen Musikvereins.
Welmarer Ergebnisse. Von Heinz Tiessen
— . Die Zukunft des Allgemeinen deutschen
Musikvereins. Von Heinz Tiessen
Musikweisheit der Inder -- s. Inder
Natur musik — s. Expression ism us
Neue, Das, in der Musik — s. Quell en
Klassizitat? Von Ferruccio Busoni
und Hermann Scherchen
- Lieder. Von Hans Heinz Stuckenschmidt
Musik. Das Problem — ' s. Problem;
vgl. taktlos
— — . Das Milproblem der neuen Musik.
Von Robert Miiller-Hartmann
— Strom, Der — s. Strom
~- vgl. heutig; modern
New York — s. Preisausschreibung
Nikisch u. das Dirigieren. Von Oskar Bie
— u. das Orchester. Von Herm. Scherchen
— Die Dirigierkunst Artur Nikisch's. Von
Lorenz Hober
■- Die Jugend, die Dirigenten und Nikisch.
Von Hans Jurgen von der Wense
— Die Nikisch-Programme und der musi-
kalische Fortschritt. Von H. W. Draber
Eriunerungen a. meiner Wiener Jugendzeit
Not, Die, der Konzertorchester und die Ent-
wicklung der symphonischeu Musik. Von
Rudolf Cahn-Speyer
der Orchestermusiker ~ s. Orchester-
musiker
Oper und — Revolution. Ein Notschrei.
Von Rudolf Schuiz-Dornburg
Operette. Von Oskar Bie
Operninszenierung. Zukunftsnufgaben.
Von Adolf Aber
Orchester, Das. Von S. Francesco
Mtalipiero
Seite
320
478
458
38
136
211
34 i
218
193
242
395
204
54
59
62
68
71
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Kampfder. Zersplitterungs-
festangestellten Orchester-
n Fritz Fridolin Windisch
ker. Die Not der O
3ber
on Oskar Bie
m Hermann Stephani
musikalische. Von Oskar
11
itik. Von Udo Rukser
Lehrer und Personlichkeit
tittmann
leg zum modernen Pianisten.
eifimann
und — s. Mod erne
ando, und seine Violinsonate.
astelnuovo -Tedesco
eibung des Schumann-Clubs
s, der neuen Musik. Von
nheit, liber. Von Felix
des Komponisten — s.
Seite
448
176
254
387
87 143
402
465
15
430
259
107
450
28
282
266
83
:, des Neuen in der Musik.
eichtentritt
Nachrichten aus dem Musik-
ifilands
dritte Regerfest in Jena. Von
vai
is zur Tonaliiat. Von Fritz
n disc h
ngsverhaltnisse - s. Stim-
a 1 1 n i s s e
.iiini — s. Tonmathematik
■ - vgl. Oper
- vgl. Taktlos
-lugo Riemanns letzte Werke.
Leichtentritt
udwig — s- Expressionism us;
derne Akkorde; Tonal itiit
■le Harmonik und ihre Krise in
nstan. Von Ernst Kurth 309 330 361
Jdo s. Heutige Musik;
avier; Pfitzner; Umformung
- s Raterufciand
F L. — s. Skrjabins Pro-
n Reg. II
er, Cesar — s. Amerikanische
Von Oskar Bie
t Leopold s Deutsche Schule
, Hermann s. B u s o n i ; M e i o s ;
assizitat?; Nikisch; Pf/tzner;
erg; Temperierung; / Tona-
i n z i p
Felix s. Prograrwfc-Einheit
20
466
Schnabel. Die Sonate flir Violine allein
von Artur Schnabel. Von Hans Mersmann
Schonberg, Arnold — s. Verhaltnis
zum Text
— Von Hermann Scherchen
— Von Sen. und seinen Liedern. Von
Eduard Erdmann
Schultze-Ritter, H. — s. Debussy;
Gurlitt (Das moderne Lied)
Schulz-Dornburg, Rudolf — s. Oper
Schumann-Club— s.Preisausschreibung
Selbstherrlichkeit des Wortes — s. Wort
Senfl, Ludwig, als Atonalist? Von Hans
Joachim Moser
Skrjabins Prometheus — s. Reg. II.
Situation der heutigen Musik — s.
Heutige Musik
Spannagel, Karl — s. Musik
Stephani, Hermann — s. Partituren ,
Stiedry, Fritz — s. Berliner Oper.nhaus;
Mahler
Stilproblem, Das, in der Musik. Von
Kathi Meyer
— der neuen Musik — s. Neue Musik
Stimmungsverhaltnissen, Von den na-
tiirlich reinen. Von Karl Eitz
StrauS, Richard: Alpensymphonie — vgl.
Tonalitatsprlnzip
Strecke, Gerhard — s. A capella-Werke
Strom, Der neue. Von HeinzTiessen 5 26
Stuckenschmidt, Hans Heins — s. Me-
lodie; Neue Lieder
Symphonische Musik — vgl. Not der
Konzertorchester
Taktlos. Die taktlosen, freien Rhythmen
in der alten und neuen Musik. Von
Hugo Leichtentritt
Taut, Bruno -- s. Berliner Volksoper
Temperierung, Jenseits von, und Tonalitat.
A. M. Awraamoff (iiberselzt von Her-
mann Scherchen) 131
Tempo, Das. Musikalisch-psychologische
Studie von Alfred Guttmann
Tendenzen moderner Musik — s. Mo-
derne Musik
Text — s. Verhaltnis zum Text
Tiessen, Heinz — s. Musi kverein; Strom
Tonalitat, Zur. Von Ludwig Riemann
— vgl- Temperierung
Tonalitatsprinzip, Das, und die Alpen-
Symphonie von R. Strauft. Von Hermann
Scherchen
Tonkunstlerfest zu Weimar — s. Musik-
verein
Tonkunst, Zweck und Inhalt der. Von
Walther Howard
Tonmathematik — Tondeutung. Allerlei
Nachdenkliches vor dem Reinharmonium
Von Hermann Stephani
Seite
406
9
207
364
369
293
77 102
247
160 184
169
190
198 244
4B6
316
505
Musi k-
M u s i k -
II a ti e r
N i k i s c li
Seite
276
310
462
346
323
257
378
227
Umformung, Die, der modcrnen Klang-
korper. Von Udo Rukser
U ii te r s u c h u n g neuerer niusikalischer Kunst-
werke- Von Hans Mersrnann
Utopie s. Musik
Verhaltnis, Das, zum Text. Von Arnold
S c h o n b e r g
Verleger, Fur die. Von Willi. Altmann
, Wider die. Von Alfred Dublin
Vol ksmu sik — vgl. Kin flu fi
Volksoper — s. Merlin
W a gn e r. Tristan vgl. R o m a n t i s c h e
Harmonik
Weim are r Tonkiinstlerfest — j
v e r e i n
WeiLWnann, Adolf - s. Italien
k v i t i k ; Pianist
Weliesz, Hgon s. Debussy;
Wense, Hans Jiirgen von der, s
Welteinstellung — s Kla vier teclmik
Wiener KonzertIebe:i in di^r Gegenwart.
Von Heinricli Knodt
W i n d i s e h , Fritz Frid. - s. B e r u f s r e i n h eft;
Mengelberg; Orehester; keger
Wohin des Wegs? Von Adolf Aber
WoHenstein, Alfred — s. Wortni usika-
lische, Das
Wort Die Seibstherrlichkeit des Work's.
Von Alfred Dob 1 in
VVortmusikalische, Das, mid die neue
Diehtung. Von Alfred Wolfenstein
Z nk tin ft, Die, d^ allgemeinen deutsehen
Musikvereins — s. Mnsikverein
Zukunftsaufgaben d. Operninszenierung -
s. Operninszenierung
II. Verzeidinis der befprodienen Mujik-
werke und mujikalijdien Biicher.
A n s o r g e , Conrad : Klavier-Sonaren (Ed.
Erdmann
- Lieder (Stuckenschmidt)
ESartok, Beia: Klavierwerke(Ed. Erdmann)
Berg, Aiban: op. i Kiavier-Sonate (Ed.
Erdmann)
— Lieder (Stuckenschmidt)
B es c h , Otto ; Phantastische Ouverture
E. T. A. Hoffmann (H. Tiessen)
B us oni, Ferruccio : Klaviervverke (Ed.
Erdmann)
Debussy, Claude : Klavierwerke (Ed.
Erdmann)
— Letzte Werke: Douze Etudes; Six Epi~
graphes antiques ; Sonates (Ego i Weliesz)
— : Cloches a travers les fetiilies (H.
Schtiitze-Ritter)
Dccsey, Ernst: Bruckner (H Leichtentritt)
36
39b
37
35
395
218
37
36
166
459
119
E r d m aim, Ed. ; Symphonic (\
- Lieder (Stuckenschmidt)
Graener, Paul : Schirin und
(H. Tiessen)
G u r 1 i 1 1 , Manfred : Lieder um
(H. Schultze-Ritter) 325; (Stucke
H a a s , Joseph : op. 46 Klav,
(H. Tiessen)
Hauer, Josef : Das Wesen i\^
sclien (Weliesz)
Hausegger, Siegmund v. : He
quiem (G. Strecke)
H orwitz, Karl : Lieder (Stucke.
Krug, Walter: Die neue Musi
Guttmamr 234; (Erwin Lendvai)
Lendvai, Erwin : Lieder (Stucker
M edtner, Nikolai : Lieder (
schmidt)
M jaskowsky, N. : Lieder (
schmidt)
M o o s , Paul ; Die deutsche Astr
Gegenwart (HL Leichtentritt)
P f i t z n e r , Hans : Die neue Asth
rnusikalischen Impotenz (H. Scherc
(Udo Rukser)
op 16 Columbus (G. Strecke)
P i z z e 1 1 i , Ildebrando : Violin ■
(Castelnuovo-Tedesco)
P r o k o w jew, S. : Lieder (Stucfcens
Ravel, Maurice: Klavierwerke (Ed. Er
Reger, Max: Klavierwerke (Ed. Er
Verschiedene Werke (Erwin Lend'
— op. 110 Drei Motetlen (G. Strec'^
R i e m ami, Hugo : Beethovens ..,
sonaten und Musiklexikon 9. h
(Hugo Leichtentritt) \
R i v i s t a nutsicale Italiana VII, 3 (Le
Sachs, Kurt: Handbuch der lustrum
kunde (H. Leichtentritt)
Schattmann. Alfred : Lieder (Ties
S cher chen, Hermann : op. 1 S;
quartett (H. Tiessen)
Schnabel, Artur : Sonate fiir Viol.
(Mersrnann)'
Sch on b erg, Arnold: op. 11 u . 19 Kl.
stucke (Ed. Erdmann)
— : op. 11 Nr. 1 Klavierstuck(Stuckensch
— op. 13 Weilinachts-Motette (G- Stret
— op. 16 Kammer-Symphonie u. Orclu
stucke (Scherchen) 201; (Tiessen)
— Lieder \ Erdmann)
S e k I e s , 'Bernh. : Lieder (Stuckenscb
S k r j a b i j] t Alexander : Klavserwerki
ErdmannX s
7 Prometh^g ( L , Sabanejew) ,
s Pengler,|Oswald: Der UntergaiiU
AbendlandelLfA. Aber)
StrauB, Rkhaid: Alpen - Symph
(H. Scherchc "
506
m
Seite
Strand, Richard: Gesange kir 16 si. Choc
op.34 u Deutsche Moiene op, 62(0- Strecke) 21)8
Stravinsky, Igor: Lieeier (Stuckensch mrclt) 396
S»k, Joseph: op. 30 Eriebtes unci F.rtramntes
fiir Klavier (Ed. Erdmann > 36
S z y m a n o w s k y , Karl : Lieder (Stueken-
schmidt) 39(j
T lessen, Heinz : op. 18 Naturtriiogie
(Ed. Erdmann) 35
Vaudet-Magit, A-: Guide du Yioiinisie.
(Euvres choisies p. Violon ainsi que pour
Alto et musique de ciiambre (Lendvai) 470
V rieslander, Otto : Lieder {Stucken-
schmidt) - 395
Warner: Tristan (Ernst Knrth) 314 330
\V a Iter s li a u s e n , W. v : Musikalische
Stillehre (II. Leichte'ntritt) 340
\V e 1 1 e s z , Egon : op. 9 Klavierstiicke
(Ed. Erdmann) 35
III. Wichfige neue Mufikalien, Btieher unci
AuVfage liber Mulik
mitgeteilt von Wilhelm A 1 1 m a n n am Sclilusse
jedes Hefts
IV. Mufikbeilagen
E r d in a n n , Eduard [vgl. S. 2831 : Es gilt
last mehr (Christl. Morgensiern). Lied fiir
1 Singstimme mit Klavier Heft 1
■— II. Satz der Sonate fiir Violine allein „ 17
Gurlitt, Manfred [vgl. S. 283]: op. 14 n
Zweier Seelen Lied (Rich. Dehmeh fiir
1 Singstimme mit Klavier „ 5
Hek
Hindemith, Paul [vgl S. 28 -1|: op. 15
Nr 6 aus: ,J)u cine Nadir'. I'raume und
Erlebnisse. Fiir Klavier
Stretta (Basso ostinato) I'iir Klavier
— : op. 38 Nr 7 Du maelist micli tr urig
(Else Lasker-Sehiiler) f. 1 Singst. 111. Klav.
M a s k w s k i |vgl. S. 28^Jj : kuss. Lied
(OipPens) f. 1 Singstimme mit Klavier
S c h a 1 1 m a n n , Alfred (vgl. S. 38 I] : op. IS
Nr 4 Nun die Blatter vvelk mid braun
(A. Ostermann) f. 1 Singstimme mit Klavier
S e h e r c h e n , Hermann [vgl. S. 283]: op. 2
Nr 5 Hast Du die Lippen inir wund gc-
kiilU. Fiir 1 Singstimme mit Klavier
Schnabel, Artur: II. Satz i\cv Sonate lur
Solo-Violine Heft 11 : vgl.
Tiessen, Heinz [vgl. S. 283|; Orablied
aus Shakespeares Cymbelin f. I Singst.
mit Orchester im Klavierauszug
— : Reinigung (Ernst Stadler) fur 1 Sing-
stimme mit Klavier
Weigl, Bruno [vgl. S. 2831: op. 2!) Nr 1
Deine Haare sind braun (H. T. Wegner)
fur 1 Singstimme mit Klavier
W e use, Hans Jurgen von der [vgl S. 2S3|:
Strophe aus Bliite des Chaos (Mombert)
fur 1 Singstimmme mit Klavier
Windisch, Fritz Frid. : Zvvei Sttieke aus
den Klangvisionen, Nr 1 fiir Violine allein,
Nr 2 fiir Violine und Bratsehe
Wolpe, Stephan : Adagio fiir Klavier
V. Bilder, Fakj'imiles von Briefen
B 11 s ti i , Ferruccio Bild
1: r d m ann, Eduard Bild
M a h 1 e r , Gustav : Portrat; Biiste von
Rodin ; Brief im Faksimile
M engelber g , Will em Bild
Nikisch, Arthur als Dirigent, Bild
R e g e r , Max : Brief v. 15.3. 03 im Faksimile
15
20
10
18
11
13
21
Seite
18
jj
18
Heft
6
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NEUENDORF UND yS?H&» eE
■: i -M'Un^;-:
Be-asafe.:-,:-
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MINBHMlHnmi
N. SIMROCK^:
BBRLIN W. 30 . TAUENTZIENSTRASSE 7b
Fernfprecher: Sfeinplag 8380 Bank-Konfo: Commerz- und
Poffj'dieckkonfo: 47200 Berlin Diskonfobank, Depofifenk. N
|: 1 1 ih: ! i i niiiiiiiiiiingniiii mi ,; ; iiiiniiiiiiiiiiiiH! [iiiiiiiiiiiiiiiiunijiiii i in i«iiiiiiiih ijiiiiBmsiiiHiiniiiiiiii!:! iiiii.iiiiiii!iiiig;iii;!!iinii<!i;R;ii;i.i<i!! .iimhu'iBiiiiinii
Mufikaiiera~Orofi~Sorfimeiif
Mufik-Inffrumenfe und Saifen
8W~ Klavier-Lager ^
Fliigel . Pianinos . Harmoniums
Kunfffpiel- Pianinos
Piano -Vermieiung
Niederlage der welfberuhmfen
Gienm-Melsier -Oelg en
Brafjchen und Celli
Leiuien . Oil arren . Mandolinen
Konzerf- und Akkordzifhern /. Waldzifhern
Mund- und Hand-Harmonikas
.'. Geigen- und Cello-Bogen .'.
Geigenkasfen und Form-Etuis
Sfoffhiillen fur Laufen, Gifarren und Mandolinen
Saifen fur Sfreidi- und Zupf-Insfrumenfe
Besfandfeile fur Insfrumenfe
TAMBOURINS . TROMMELN
Verlangen Sie unsere neuesten Kafaloge iiber
Musikalien umfonil
''lllilillllllllllilllliWWliilliiil^
VERLAG FRITZ GUR Ll.TT
Mufikalifche Legende von Carl Hauptmann
Mufik von Manfred Gurlitt
Urauf ftihrung am Stadttheater Bremen
Kfavierauszug mit farBigen OriginaflitBograpBien von
Cc'jar Klein erjcheint im TeBruar in unferem Per fag
\
mana
Das Jahrbuch moderner Kunft- und modernen Lebens
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fuhrender Kunftler Preis 6 Mark
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auf Japvelin in gelchmadsvollem Einbande enthalt aufier den zwei
graphiichen Blattern eine Originalradierung von Lovis Corinth
Preis 30 Mark
Das Stundenbuch dcr Dame von Welt
Mit 24 Tafeln, zahlreichen Zeichnungen und 10 farbigen Modebildern
von Paul Scheurich Preis 7,50, geb. 10 Mark
DIE LUXUSAUSGABE
auf Buttenpapier, vornehm in Japanifche Seide gebunden
Preis 47,50 Mark
BERLIN W35 ■ POTSDAMER STRASSE 113
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