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Full text of "Melos 01.Jg. 1920"

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□r^LIEFeRCreJG: N". J'lMROCK / 6.mT>W- I U.XPZIG 



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HERMANN SCHERCHEN ...... Oeleilwoii 

:::::: AN BUSON1 — 



HEINZ TIESSEN ......... 

HERMANN SCHERCHEN . . . . . 

Prof, OSCAR BII; ........ 

Prof. ADOLF WKISSMANN . . . . 

KI!.i>\*SSt. 1-i-iMHVhi lUi^mi 

PAUL VON KLENAU ....... 

Dr. LEICHTENTRITT ....... 

HERMANN SCHERCHEN . . . . . 



IKt neue Sirom 

Arnold Schdnberu 

Mufllialilche Perfpeltfiven 

Der Wen #uin modernen Pianiftcn 

Danifchc Mufitf 
Budicrbefprcciunui 

2n Hans Pfitzners Affliefik der iiiufihalifdien 
Impolenz 

Bedeulende Neucilchciminficn u. Manufltripfc 



Prot Dr. ALTMANN ....... 

BEILAGEN: Eaksimilc ernes Reqer-Briefes 

..Das Problem", Lied von Eduard Erdmann in FaUsimile 



..MELOS" 

in einer Luxusausqabc 

erfcheinl monatlich einmal iin Kunftverlaq 

Fritz Ourlill. BeriinW3S 









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STDNW4Y* SONS 



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BERLIN W 9 

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a.usf dUiejSlith dem Geiffe der Perf onlichkeif unferliegen 1 — foda0 es 
fich fur uns nichf urn eine Theorie des Fur — oder — Wider handelf, fondern darum, ganz 
die Bedeufung der beiden Einzelfakforen zu erfaffen, die zufammengefaj5f immer erff das 
Gefamfbild „Mufikkulfur" ergeben. 

Der Sinn, den das Worf Melos fiir uns umfdilie^f, beffimmf audi die Art wie die 
Probleme erorferf werden follen. Qedes Ajiffinden „innerer GefefsmaPigkeifen'' fefjf 
neben dem Wiffen um die Taffadien eine fchopferifche Fahigkeif voraus: Konffafieren 
und Formulieren, Defshalb werden die Melosblaffer ganz auf Akfivifaf eingeffellf fein, 
iff alle Beibringung von Taffachenmaferial hier Miffel — niemals aber Ziel Deshalb 
kennen wir keine „Krifiken" — wohl aber Monographien, in denen von unem liber- 
fchauenden Geiffe aus der Fiille der konffafierfen Erfcheinungen Typifches und Wefenf- 
lidies abgeloff und in Synlhefen zu einem Idealfyp zufammengefragen wird. Bei all 
diefen Dingen werden neben den „Befrachfend"- Werfenden (Krifiker, Affhefik^r) „Aus- 
iibend"-Werfende (die Kiinffler felbff) zum Worfe kommen, bei aller Problemafik nie- 
mals der Unfergrund, das rein Mufikanfifdie vergeffen werden. Es gibf Zeifen, wo 
alles fo in Frage geffellf iff, da$ das Problem um des Problems willen widifig wird, — 
um fo behuffamer muff en alle fieferer Einfichf Fahigen in unferer enffcheidenden Wende- 
zeif an dieDinge herangehen, um nie das Band zu diefem Unfergrunde felbff zu verlieren. 

Die Melosbeilagen Werden eineReihe von unveroffenflidifenDokumenfen (Brief e ufw.) 
bedeufender Perfonlidikeifen umfaffen; die Nofenbeilagen beginnen mif einem Zyklusi 
Typea des modfernen Liedes. Im Anhang wird eine Anzeigenfafel ausgebauf, die eine 
forflaufende 13 berfichf aller wichfigeren Neuerfcheinungen ermoglichen und Manufkripf- 
anzeigen umfaffen foil. Hier wollen die Melosblaffer eine unbeeinfluj5fe, ffafiffifch-fadilidie 
Widerfpiegelung des mufikaltfdien Sdiaffens der Zeif geben. 

Hermann Sdierchen* 



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An Ferruccio Bujoni] 



In dankbarem Gedenken an die zwei Jahrzehnfe umfaffende 
kiinftlerifehe Arbeit in unferer Sfadf, und in der Uberzeugung, daj3 
die Bande nichf zu lofen find, weidie das mufikaiifche und kulturelle 
Berlin, wie Deuffdtland iiberhaupt mit Ihnen verkniipfen, bitten wir 
Sie, hochverehrter Meifter Bufoni, Ihre ideale, felbfflofe Tatigkeit in 
unferer Miffe wieder aufzunehmen. 



I. A. der Neuen Mufikgefellf chaff: I. A. der Redaktion: 

Wolfgang Gurlitf. Hermann Scherdien, 



4 



Der neue Strom 

Von Heinz T i e f f e n 

I. 

Strom, nidif Sfromung. Zukunff, nichf herablaffend gewiirdigfe Sonderbewegung. 
Dm was gehf es, urn ein Worf mif der Endung „ismus"? Gibf es in der Tonkunff das, 
was in Dichfung und biidender Kunff man Impreffionismus und Expreffionismus nennf? 
Haf redif, wer diefe Modeworfe mif tiberlegener Geffe verwerfen will? (Off, im dia- 
lekfifdieri Zwiegefedif, wahnf jemand, den anderen widerlegf zu haben, und hat nur 
feine Auj3erungsform, das unvollkommene Auskunffsmiffel „Worf", gefroffen, nichf feinen 
Gedanken felbff.) Weif mehr find diefe Ridifungsparolen, als nur Sdilagworfe fur be- 
grenzfe Kunff lergruppen: alfe, ewige, nafurnofwendige, grundlegende Eigenfdiaffen des 
Menfchengeiffes, Ihre bewuf5fe Einzelbefonung haf neuerdings Sdilagworfe daraus ge- 
jchaffen. In diefer Einzelbefonung fpiegelf fich der Charakfer zuerff der impreffioniffifdien 
Zeif, danadi der expreffioniffifchen. Wekhe kiinfflerifdien Fragen befchaffigen heufe 
die Mufikwelf? Sind es foldie der ideell-fchopferifdien Einffellung, das Prinzip des 
mufikalifdien Exprejfionismus? Im geiffigen Sinne iff diefe Frage die widifigere. Aber 
naher und vernehmbarer nodi fonf Sfimmengewirr von dem Kampfplafze, wo man iiber 
handwerkliche Miffel und Grundlagen ffreifef. Wer madif die elemenfarffenEinwendungen? 
Das Ohr. Was begegnef den elemenfarffen Widerffancieii ? Dinge des Tonmaferials: 
neue Klangelemenfe. Nach dem ideellen Sdiaffensproblem wird darin, zuvorderff, noeh 
nidif gefragf. Was die Kunff der Romanfiker an Impreffionismus enfhalf, was Beefhoven 
an Exprejfionismus, iff iiberdies (audi ohne diefe Bezeidmungen) jedem unbewu£>f ge~ 
laufig. Die Klange als foldie find das unmiffelbar Erregende in der Tonwelf der jungen 
Generation. Man fagf „Kakophonie", mif dem Sfolze deffen, der fiir das ihtn Un- 
verffandlidie ein begliickend ilberlegenes (und fehr wenig zufreffendes) Fremdworf ge- 
funclen haf. So darf ich zunadiff die maferiell - handwerklichen Elemenfarfragen ein 
wenig beleuchfen. 

Die Mufikfheorefiker unferer verheiJ3ungsreichen Werdezeif find iibel dran. In ge- 
fcheifer Beweisfuhrung verfudien fie es, aem alfen Syffem als unwefenflidie Grenz- 
moglichkeifen anzugliedern diejenigen Dinge, die fiir die fdiopferifche Empfindung von 
heufe Kern und Wefen find. Alle Zufammenklange, die nichf nach dem gefe^lidi ge- 
fchii^fen Gebrauchsmuffer 1—3—5—7 orienfierf find, feien nichfs als Gebilde aus Nachbar- 
nofen der eigenflidien rediffchaffenen Drei- oder Vierklangsfone, in die fie denn audi 
unverziiglidh fich aufzulofen die Pflichf haffen, da fie felbff keine biirgerlidien Ehren 
redife befa£>en. Als ob Nafur — die, enffprediend efwa der Farbenreihe des Sonnen- 
fpekfrums in der Opfik, dem Klangfinne die Urfaffadie des Grundfones mif feinen Ober- 
fonen als orienfierende Grundlage verliehen haf — nidif hinausgegangen ware iiber 
Terz und Sepfime; als ob Nafur nur drei Tonen die Beredifigung eigenen Dafeins ge- 
gonnf haffe; als ob fie einer kleinen bevorzugfen Oberfdiichf das alleinige Eigenfums- 
redif am mufikalifdien Grund und Boden und Kapifal und die alleinige Regierungsgewalf 
fiir alle Zeifen iiberfragen haffe. Die fogenannfen „Diffonanzen" y die lange Enfredifefen* 
haben nun zum enffcheidenden Kampf fich gefammelf. Auf die Barrikadenl Dikfafur 

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dies Proletariats! Heine Konfonanz darf mehr der Regierung angehorenl (Man ver- 
Iff eh f den Radikaiismus der in ihren Redifen nodi nichf Anerkannfen.) So fordern's die 
Diffonanzen, forderf's Sdionberg. Nadi deffen Meinung „konnen vielleidif diefe efwas 
leeren Klange (d, h. die fruheren Akkorde) nichf ffehen nehen jenen vollen, ■ iippigen, 
wahrend die ausfchlieJSiiche Verwendung der einen oder der anderen Einheiflichkeif 
und damif ridifige Wirkung fidierf". So viel iff War: ein komplizierfes Diffonanzengebilde 
kann fidi nichf in plolpdier Harmlofigkeif zu eineni. einfachen Dreiklange hinwenden; 
das Qefiihl forcierf iiberzeugende Abgeffuffheif im Sfimmengewebe, Aber „ausfchlieP* 
lidie Verwendung der einen oder der andern" — diefe Alternative, diefe Polifik des 
Klaffenhaffes vermag ich nidif ffidihalfig zu finden. Wer ware unfer uns Jiingffen auf 
die ffralilencle Elemenfarkraff des reinen C-dur-Dreiklangs zu verzichfen gewiilf? Der 
Klaffenkampf follfe bereifs hinfer uns liegen, wie audi der Klaffengegenfa^ „Konfonanz- 
Diffonanz" hinfer uns liegf. (Sonff audi fur Sdionberg; ein kleiner Widerfprudi bei ihm.) 
Das AbffufungsbewuJ3ffein hat das primitive Gegenfafjdogma abgeloff, Abgeffnff fur 
Gefuhl und Praxis waren wohl die „ Diffonanzen" -unfer fidi, ebenfo die „Konfonanzen" 
unfer fich: Okfave, Quinfe, Terz. Die Terz darin faff gleidi der Dijfonanz, da)3 fie un- 
gern verdoppelf wird, wie fie einff audi nidif fdilu$fahig war. Heufe horen, fiihlen und 
wiffen wir, daj3 audi beide Gruppen zufammengenommen ohne fdiarfe Scheidung eine 
gemeinfame grojSe Sfufenreihe bilden; da|5 mancher mild „diffonierende" Akkord einem 
„konfonierenden" ahnlicher iff als einem fdiarfer diffonierenden; und daf3 man einen 
fdiarfer diffonierenden in einen milderen hineinfuhrf niif dem Gefuhl der Anflofung. 
Die forflaufende graduelle Abffufung (Sdionberg jfoigf diefer allein bef'riedigenden Ridif- 
linie nidif ganz t obwohl er fie felbff verktindef) hat ihre legitime mafhemafifdie Konfrollier- 
barkeitSin dem forflaufenden Verhalfnis der Sdiwingungszahlen, in denen gleichfalls von 
gegenfafjlidien Gruppen kerne Rede fein kann. Weldi grofeske Komik liegf in der Vor- 
ffellung, da|3 aus der Fiille aller Tone nur drei die voile Dafehisberedifigung befifcen, 
ein vierfer nodi bedingf zugelaffen wird, alle tibrigen aber nur als abhangige Anhangfe! 
(unfelb)fandige Nadibarn der Beredifigfen) figurieren mufJtenl Was legifirnierfe uns 
dazu, fedis- oder fiebenffimmige Klange nidif in gleidier Weife zu befradifen wie den 
Vierklang? Riemann nennf als einzigen Grund dafiir, daj3 man zur Svffembildung nidif 
audi die weiferen Oberfone heranzog: das Ohrl Nun, damif iff fiir uns die Frage er- 
ledigf. Wir find anderen Shines, weil wir andere Sinne haben. 

Die Kernfrage der Toneiemenfe kriffallifierf fidi zum Problem der „Tonalifaf". Diefes 
Zenfralifierungsprinzip fuj3t auf dem Verhalfnis des erffen zum zweifen Oberfone, von 
„Tonica" und „bominanfe". Audi komplizterfeffe Harmoniefolgen und kiihnffe Modu- 
lafionen in der bisherigen Mufik find im Pnnzip zurikkfiihrbar auf diefe einf'adie Grund- 
limkfion, die wie Haken unci ©fe, wie Spannung und Lofung, wie Frage und Ant- 
wort der Inbegriff der nuifikalifchen Logik iff. Da}3 in dem Verhalfnis Dominanfe 
Tonica der Angelpunkf der Tonalifaf liegf, hat volie fachlidie Berediftgung. Aber audi 
h.ier f genau wie in der Honfonanzbeffimmung, hat man fehr bald das Rennen auf- 
gegeben. Nur eirige nadiffverwandte Klange hat man ausgewahlf und als tonalifaf- 
hIJdend zufainmengefafM, alle fonffigen Klangmoglidikeifen aber von diefem Zufammen- 
hange ausgefdiloffen. Die weiter enflegenen Tonverbindungen nannfe man atonal und 
enfreditefe fie vollffandig. 

Ein fo einengendes Tonalifafsdogma vermodifen die Sdiaffenden prakfifdi immer 
weniger in voller Sfrenge anzuerkennen, je grojSer ihr Bediirfnis nadi Bewegungsfreiheif 
und Erweiferung der Klangmoglidikeifen wurde. Seif langem wird, je nadi Tempera- 
ment mid Spannweife, bald zaghaffer, bald heffiger an dem bisher verriegelfen Tore 
gcriiffelf. Je&f find wir, fdieinfs, fo weif, daj3 Unendlidikeif ungehinderf einffromen kann, 
und wir iiber den htirgerlidien Garfenzaun hinweg freien Horizonf gewinnen. 

6 



sr«ra«j 



Die Qanzfonreihe, diefer kleine Vorffoj3 gegen die Tonalifat, iff kein gleidiwertiger 
Erfafj fiir Durfonleiter und fonale Kadenzierung, Ihr fehlt das naturgegebene Grund- 
element der reinen Quinfe fowie der Leitton, mifhin die Dominantfunkfion. Das aktiv- 
energetifdie Moment kommt dadurch zu kurz, Unfahig zu pla'tifch-kraftigen Sdiriiten, 
bietef die Ganztonreihe nur ein paffiv-fenfitives Verfdiwimmen und Sdiweben und bleibt 
ein (bei Debuffy fehr reizvoller) Einzelfall ohne griindende Allgemeinbedeutung, 

Die Tonfprache von Ridiard SfraujJ hat — foweit folche Formulierungen eben zu- 
treffen konnen — zwei Seelen: eine tonale Mufizierfeele und eine zum Atonalen hin- 
drangende, aber nidit fich vom Tonalen ablofende Ausdrucksfeele. Diefe am ftarkften 
in feinem ftarkften Werke: „Elektra". Die Tonkunft verdankt Strau^ens Genius eminente 
Bereidierungen. Durdi Vermittlung beftimmter fiofflich-poetifdier Anregungen find neue 
rhythmlfche, melodifche, harmonifche, inftrumentale Elemente fiir die mufikalifche Spradie 
gewonnen worden, die es zuvor nodi nicht gab* (Und feinem univerfellen Kiinftiergeifte 
dankt die Mufik eine erhohte Freiheit und Beweglichkeit im Ausftromen unmittelbaren 
Lebensgefiihles.) Die nachftrauj3ifdie Tonkunft fiihlt das Bediirfnis, den bei Sfrauj3 vor- 
handenen Dualismus von tonaler Mufizierfeele und zum Atonalen drangencler Ausdrucks- 
feele fozufagen durch eine einzige Ausdrud*s-Mufizier-Seele zu erfefcen, die in ihrer 
Stellungnahme zum Tonalitatsproblem unzweideutig den Kurs nach links nimmf. — Zu- 
weilen fjndet man in Kunftbetraditungen den merkwiirdigen Gedankengang, daj3 irgend- 
welche kiihnen Tonverbindungen, Sfimrnfiihrungen, Klangkombinationen der Tonkunft 
als fcldier nidit eigentlich angehoren diirffen und nur wohl einmal auf Grund befonderer 
auf5ermufikalifcher Gefichtspunkte ftaifhaft feienl! Daj5 diefes kunftkritifdie Kuriofum 
gerade ein Lieblingsfa^ der neudeutfdien Phrafeologie ift, die nichts ohne nafuraliftifdie 
Erklarung gelten laj3t, ift eine verhangnisvolle Folge der falfdien naturaliffifchen Auf- 
faffung der ProgramnvMufik: Aufgeben einer mufikalifchen Stilgeftaltung zugunffen greif- 
barer ftofflicher Verdeutlichungszwecke. 

Sdionberg machi der bisher herrfchenden Mufikfheorie den bereditigten Vorwurf, 
daj3 fie nur die erften drei Oberfune des Tones berutkfichtige und ihr Svftem durdi In- 
zudit der hieraus abgeleiteten Gefe^e griinde, anftatt weiter zu fuchen und die ubrigen 
Obertone unterzubringen. Pofitiv jedoch folgf er nicht diefer felbftgezogenen Kidiflinie, 
fondern gibt die Beziehungsmoglidikeit auf ein Zentrum vollig preis. Er meint, wer 
an Tonalitaf glaube, fiir den miiffen neue Tonreihen und Klange von vornherein aus- 
gefdiloffen fein, der durfe nur Elemente verwenden, die fich der Tonalvaf willig einfiigenJ 
wem die Klange unferer Klafliker nidit gentigen, der mtiffe ganz aaf fie verzichfen. In 
diefer Alternative gibt er den Qevvinn wieder preis, den feine kritifdie Einfidit gebradif 
hatte, und verziditet auf den Ausbau der naturgegebenen tonlidien Verwandtfchafts- 
beziehungen. Diefer Widerfpruch in ihm geht fo weit, daj5 er alien Ernftes den Ge- 
danken eines Quartenfyftems erortert, das dem Naturvorbilde ganz aus dem Wege 
geht, wahrend er das Quinf-Terz-Syftem eben deshalb ablehnt, weil es nidit weitgehend 
genug das Naturvorbild beriickfidifigtl Komponieren konnen wir Quarten, fo viel 
wir wollen; aber ein Syftem von allgemeiner griindender Bedeutung wird immer von 
Quinte und Terz ausgehen miiffen, wie die Nafur. Das gleiche gilt audi von Bufonis 
neuen Skalen, die eben kompofitorifdie Ereigniffe find, nidit fyftematifch-grundlegende. 
Nur mit einer allumfaffenden tonlidien Weltordnung auf breiteffer Grundlage kann der 
Zweck erreichf werden, nidit mit Einzelfallen. 

Die bisherige Auslegung des Begriffes „Tonalitat" als fonlicher Weltordnung war 
eine fo enge, da|3 fie heute keine Dafeinsbereditigung mehr beanfpruchen kann, Doch 
mir erfcheint es weder finnvoll nodi gewinnbringend, deshalb im Prinzip jede 
Zentralifierungsmoglidikeit iiber Bord zu werfen. Idi halte es nidit fiir richtig, wenn 
man die Tonalitat (nidit die bisherige, aber allgemein die tonlidie Weltordnung) fchlecht- 



hin fur uberwunden erklarf. Wenn im Reidie der Tone eine Sfaafsform verfagf, fo wird 
man darum doch audi in jeder zukiinffigen Verfaffung „Funkfionare" und „Befriebsrafe" 
braudhen. Und wenn wir heufe diejpafriardialifdi-monardiifdie Herrfdiaff der Dreiklangs- 
dynaffie zur Abdankung zwingen, fo find dadurdi die (den erj'fen Grundinfervallen zu- 
ffehenden) Fiihrerfunkfionen nichf aus der Welf gefdiafff. Die neue zenfralifierende 
Verfaffung des neuen fonlidien Einheifsffaafes mu)3 in einer fo weifausgreifenden Weife 
aufgebauf werden, daj3 alle, aber audi wirklich alle Klangmoglidikeifen darin „refflos 
erfaj3f" werden konnen. Nichf die konfonanfe „Oberfdiichf", fondern die „ganze Maffe 
des werkfafigen Volkes" bilde den Geiff diefer Verfaffung] Die Exiffenz eines Klang- 
zenfrums, um das fidi die Klange in finnvoller Schaffierung gruppieren, wurzelf in einer 
Nafurfaffache, gegen die wir uns fo wenig auflehnen konnen, wie efwa die Opfik gegen 
die Elemenfargefetze von Lichf und Farbe. Ganz im Sinne diefer Nafurfaffadie liegf 
es aber audi, den Radius des Tonreiches unbehinderf verlangern zu konnen, da die 
Peripherie des Kreifes im Unendlidien liegf. 

Die an fidi grundlegend widnfige Frage der Beibehalfung oder Ausfchalfung des 
femperierfen Syffems, ohne das unfere bisherige Tonkunff in ihrer Form eine Un- 
moglichkeif gewefen ware, iff vorlaufig fiir diefe allgemeine Richflinie nodi nichf enf- 
fcheidend. Enffdieidend iff zunadiff hier vor allem, daj5 das fheorefifche O^tr mif den 
„Diffonanzen" auf denfelben verfraufen Fu$ kommf, auf dem es bisher nur mif dem 
Drei- undVierklarige ffand. Einmal fpielfelch einem geiffigund kiinfflerifdi weifblickenden, 
dodi nichf fpezififch mufikalifdien Menfdien folgenden Akkord vor: C c g c' e' g' b' d" fis" a", 
und fragfe ihn: „H6ren Sie das als Konfonanz oder als Diffonanz?" Er erwiderfe fponfan: 
„Als Konfonanz/' (Anderes, Scharferes empfand er ais diffonanf.) Man fiehf: der nidif 
durdi die fheorefifdien Doqmen der Dreiklangsfchule eingefdiniirfe Sinn vermag mehr 
und ridifiger aufzufaffenl Diefer mif ffarker Anlehnung an die Oberfonreihe an- 
gefdilagene Akkord haf eben aus der Nafur der Akuffik heraus in fidi diefe Einheif 
und Zufammengehorigkeif, die — ebenfo nafiirlidi — fidi foforf veranderf, wenn wir 
efwa das fiefffe C forflaffen. Tonalifaf als Prinzip der Beziehungen iff nidif iiberwunden. 
Nur muj3 ihr wahrer, kernhaffer Sinn von feiner bisherigen nur hifforifdi-genefifdi*) ge- 
redifferfigfen, fadilich nidif mehr ffichhalfigen Ausdeufung gefrennf werden. Was mir 
unfer einer Tonalifaf der Zukunff ungefahr vorfdiwebf (die geringfiigige Ausdehnung, 
die man heufe unfer dem nodi ganz ffarren UJbergangskompromi£> der „erweiferfen" 
Tonalifaf verffehf, zahlf im Prinzip gar nichf), iff eine radikale Arf von gefamfer fon- 
lidier Welfordnung, von der nidifs, aber audi nidifs durdi ein Giffer ausgefperrf bleiben 
kann, die vielmehr Alles, jede Infervallverbindung von beliebiger Mehrffimmigkeif in 
abgeffuffen Beziehungen in fich zu begreifen vermag. Eine fonlidie Welfordnung miijjfe 
das fein, die den Sfreif fiir und wider die Tonalifaf wefenlos madif, weil fie fowohl fiir 
die Ausdrucksmiffel gelfen wiirde, die in der engffen Umgebung des Zenfrums liegen, 
wie audi fiir diejenigen, die in die au)5erffen Grenzbezirke zu phanfaffifdien Klang- 
bildern mif vielffimmigen Tonkomplexen enffdiweben, um fpafer, wie an einem heim- 
lidien Ariadnefaden, wieder den Weg aus dem Labyrinth zum Ausgange zuriickzufinden, 
fobald ein Bediirfnis dazu vorliegf. Lange Zeif war die Mufik, in der das Ohr badefe, 
vergleichbar einem ficheren Baffin fiir Nichffchwimmer, man blieb an der Leine, konnfe 
fidi vom feffen Lande nidif enffernen. Der Sdiwimmer aber darf fich dem offenen Waffer an- 
verfrauen, er darf, nein er mu)3 fidi in das (fo gern mefaphorifdi verponfe) „Uferlofe" wagen. 

DieAufgabe, Theorefifches auszubauen, fallf jedodi dem Wiffenfchaffler zu. DerKiinffler 
kann nurRidiflinien erfiihlen. Darum fpridif es audi eher fiir als gegen den genialenSdiopfer 
der „Kammer-Sinfonie", wenn er als Theorefiker nur anregend, nichf geffalfend wirki 
- — — — (Forffe^ung folgf) 

*) (mithin nuf der jcweiligcn mcnschlichen Auffassungsgabc basierenden) 



Arnold Schonberg 

Von Hermann Scherchen 

Bei Werfungen von kiinffletifdien Erfcheinungen find zwei Frageffellungen e 
fcheidend: 1, Wie ffark iff die Refeffenheif cles Kiinfflers von der Maferie feiner Ku: 
und 2. Weldier Art iff die menfchliche Pofenz, die als Ton, Worf, Farbe fprichf. 

fein: Was er empfindef, w 
irfer Kriippel, nur Ohr, n 
<(( y^/Jf jU-z " 7eifen des Menfdien, wird er 

er Kiinfflerfum — : der Mer 
fwendiger Ausdruck ift Ds 
ienfein" in Melodie und Fo 
snherzens, find wir das W 




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befeffen gewefen wie Arni 

o elemenfar, da$3 fein Schaf 

Lofung neue Kraf'fe enfbin 

„Pelleas und Melifande", 
agnerfche Kunffwerk, die Y 
Richard StrauP'. Wahre:id i 
ungenf chaff en des Wagner fd 
aid das „Prcgramrn" bent 
igen neue Gefchmeidigkeit 
enketfe in„DonQuijhoffe"uj 
lie gegebenen Kraffe in ne 

,/Pelleas und Melifande" < 
i Maferialfriebkraffen. 

Orchefferklang diefes Wer 
und daftir liegf darir, daP 
ribergs und Regers Wege 

— bis auf Ausnahmen — 
sfolgen zu Grunde behalf 

„Pelleas und Melifande" 

Akkordanordnung hinaus 

frofz der beginnenden Se 

-gungen von Akkordbeffan< 






Sdionbergs irn gegenwarfi 
berhaupf. 

e ; die riefenhaf'fen Sdiopfur 
ihres verdammernden Ta 

lalifaf, iff ausgefchopft, gew 
zufammenfaffenden Meiffern wie btraup noon ein icizieb (elffames Ergluhen der Elem< 
enfbindef fie zuglekh aber audi. So erleben eigenjdiopferifdie Menfdien vom Maf< 






A-^fet-* /i<w*r~ 






tiberwunden erklarf, Wenn im Reidie der Tone eine Sfaafsform verfagf, fo wird 
irurn doch auch in jeder zukiinffigen Verfaffung „Funkfionare" und „Befriebsrafe" 
m. Und wenn wir heufe diejpafriarchalifdi-monardiifdie Herrfchaff der Dreiklangs- 
; zur Abdankung zwingen, fo find dadurch die (den erffen Qrundinfervallen zu- 
en) Fiihrerfunkfionen nidif aus der Welf gefchafff. Die neue zenfralifierende 
tig des neuen fonlichen Einheifsffaafes muj3 in einer fo weifausgreifenden Weife 
mf werden, daj3 alle, aber auch wirklidh alle Klangmoglichkeifen darin „refflos 
werden konnen. Nichf 
rkfafigen Volkes" bilde 
is, urn das fidi die Klan 
ffache, gegen die wir ur 
mentargefetze von Lichf 
* audi, den Radius des 
:rie des Kreifes im Une 
e an fidi grundlegend 
erf en Syf ferns, ohne d, 
keif gewefen ware, iff 
id, Enffdieidend iff zur 
mzen" auf denfelben vs 
id Vierklaiige Jfand. Eini 
3if fpezififdi mufikalifdier 
3fe ihn: w H6ren Sie das s 
mfonanz." (Anderes, Sc 
iie fheorefifdien Dogme 
hfiger aufzufaffenl Di 
jene Akkord haf eben 
fammengehorigkeif, die 
is fiefffe C forflaffen. Toi 
i)3 ihr wahrer, kernhaffe 
figfen, fadilidi nidif me] 
iner Tonalifaf der Zuku 
n heufe unfer dem noc 
if verffehf, zahlf im Pri 
'elfordnung, von der nic 
ie vielmehr Alles, jede 
ffen Beziehungen in fidi 
1, die den Sfreif fur unc 
idrucksmiffel gelfen wiir 
ch fur diejenigen, die 
mif vielffimmigen Tonk 
riadnefaden, wieder dei 
ein Bediirfnis dazu vor" 
hbar einem ficheren Ba 
i feffen Lande nidif enffer; 
sn, erdarf, nein er mu)3 ] 
t Aufgabe, Theoi efifdies <. 
rRichflinien erfiihlen. Da 
mimer-Sinfonie", wenn 



^^¥ pC^ dy^Op^ XA^a^t/^. Jl&f*<**r S&u 
*^/n*<Us wife (& A-^^^y^^^^^ V- s&<*£***y& 



(Forffe^ung folgf) 



mithin auf der jeweiligcn mcnschlichcn Auffassungsgabe basierenden) 



Arnold Schonberg 

Von Hermann Scherchen 

Bei Werfungen von kiinfflerifdien Erfcheinungen find zwei Frageffellunf 
fdieidend: i Wie ffark iff die Befeffenheif des Kiinfflers von der Maferie feinc 
und 2. Welcher Art iff die menfchlidie Pofenz, die als Ton, Worf, Farbe fpridii 

fern: Was er empfmd 
irfer Kriippel, nur C) 
zeifen des Menfchen, w 







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er Kiinfflerfum — : dei 
fwendiger Ausdruck ifl 
fenfein" in Melodie ur 
mherzens, find wir d; 



: befeffen gewefen wie 
o elemenfar, da£ fein 
Lofung neue Kraffe e 

„Pelleas und Melifam 
agnerfche Kunffwerk, < 
Richard Sfrauj3'. Wahr 
rungenfdiaffen des Wag 
und das „Programm" 
ngen neue Gefchmeidij 
lenkeffe in„DonQuichol 
die gegebenen Kraffe i 
i „Pelleas und Melifam 
n Maferialfriebkraffen. 
• Orchefferklang diefes 
.^und dafiir Uegf darin, 
mbergs und Regers W 
i — bis auf Ausnahmei 
isfolgen zu Grunde be] 
i „Pelleas und Melifan 

Akkordanordnung hiti 

frofz der beginnendei 

'egungen von Akkordbe 



/Hto*s 



*C ^4h 




q Schonbergs im gegen^ 
liberhaupf. 

le ; die riefenhaffen Sdic 
i ihres verdammerndei 
>nalifaf, iff ausgefchopff, 
zufammenfaffenden Meiffern wie fetraup nocn on ituzLt^ [elffames Ergluhen der E 
enfbindef fie zugleidi aber audi. So erleben eigenfdiopferifche Menfchen vom 






'■$-■*■• u i •-■ t ;; iiivl v ; : ' ;;i -^''^^ ^Cf; ^^i i .-::^.^;: .. - r^y.; .,--.l.,.:- :■ 



her Einwirkungeh von unerhorfer Kraff, deren Faffungen im Werk dem AujSenffehendeh 
zunadiff nur Zerfe^ung bedeufen konnen. 

Wie nennf dodi Zarafhuffra den Schaffenden: den ^Bredier, Zerbrecher" beffehender 
Werfe. Und leidif wandelf fich das Wort zum driffen, „Verbredier", wenn der Be- 
frachfende, der neues Pofifives nie begreiff, eben nur „Zerfforung" findef, fein Ge- 
wohnfes geloff, in neuer, unerhorfer Perfpekfive fchauf. 

Keiner iff fo elend wie der Vorauslebende, der Vorweggeffalfende zukiinffiger 
Werfe. Iff er vom Damon feiner Maferie befeffen wie Schonberg, da|5 ihre Triebkraffe 
ihn rafflos freiben und in der kurzen Spanne e i n e s Schaff ens ganz auswirken wollen, 
fo wachff feine Schopfereinfamkeif ins Unermej31iche. 

<$> 

Von der oben gezeigfen Lockerung zwifchen Konfrapunkfmelodie und Harmonie- 
geriiff fiihrf Sdionbergs Weg in den Quarfeffen und der Kammerfymphonie zur vollen 
Ausbildung des linear -konfrapunkfifchen Sfils, in Werken, wo Linie- Individuality 
felbffherrlidi gegen Linie lauff, das Harmonifche zum Sekundaren wird. 

Das machf ein neues Hohren nofig, zu dem der Pelleas-Sfil nur den Ubergang 
bildef: das Horen in die Lange, in den Verlauf von Melodie und Einzelsfimme; Baj5, 
als Harmonie grund, gibf es nidif mehr, und die wirkenden Kraffe gelangen zu vdllem 
Ausdrudk nur, wenn die Darffellung das Nebeneinander von Melodie-Individualifafen 
in der Zeif bewuj3f widergibf, 

Waren Harmonie und Harmonie-Melodie in jener Bindung des Tonalen zu Sklaven 
geworden, das eine vom anderen abhangig und beider Eigenarf in diefer Arf Sfilifierung 
gefchwachf, fo bedeufef Sdionbergs Sdiaffen zunadiff die Befreiung jener Elemenfe; 
dann aber bliihf aus feiner Kunff eine neue Eigenfdiaff des Materials hervor und kommf 
als driffes Element zu den bisherigen beiden hinzu: das Element des auf fich geffellfen 
Klanges. Der Klang als foldier gebierf Formen, wird fchopferifdie Kraff; nichf mehr nur 
als Erfcheinung a n Harmonie und Melodie — als primares, von fich aus zu Qeffalfung 
fiihrendes Element friff er hinzu und reijSf die Vorherrfchaff an fich. So enfffehenSdiopfungen 
wie das 5. der Orchefferffiicke op. 15 und die 21 Lieder des „Pierrof lunaire", 

<$> 

Den Naheffehenden blendef die Nahe, Zerfefzen und Umgeffalfen fdieinf Zer- 
fforung; unfer Pofifives wurzelf in Bekannf-Gewohnfern — wie konnfen wir anders als 
mipverffehen, als uns und unfere Schwerfalligkeif verfeidigen, unfer Beharren in der 
Zeif gegen den Einfam-Zeiflofen, 

Den Einfam-Zeiflofen, den Burger von Sdiopenhauers ,,Republik* der die Jahr- 
hunderfe iiberleuchfenden Einzelnen. Wie fie, gluhf feine Seele von Wirklidikeifen ferner 
Menfdiheif, wie fie hat er keinEcho in der Zeif, fprichf feine Hohe nur anderen Hohen, 

Was ihn einzig madif, audi hier noch fcheidef von den Briidern, iff fein hohes, 
gliihendes Ethos, feine verzehrende Begeifferung. 

„Reinffer der Reinen" — fo fprechen die Tone, friff der Menfch Arnold Schonberg 
hinfer dem Mufiker hervor. Ein Nofwendiger, Enffcheidender, in Zukiinffe Weifender — 
feiner Kunft dienen iff der Mufik felber dienen, fein Formen und Geffalfen faff en, die 
Mufik felbff belaufchen. 

Wir kehren zu unfer er Ausgangsfrageffellung zuriidk und bejahen: 

Schonberg iff von feiner Maferie befeffen wie wenige, iff fo ganz Mufiker, 

dag die Bewegungen feiner Maferie wie in diefer felbff in ihm wirken, 
Und iff von hochffer Menfdiheifspofenz; fein reines Gliihen verbrennf den 

Unrein-Nahenden, wandelf alles ihm Nahekommende zu fich hinauf. 

10 



r 



Mufikalifdie Perfpekfiven 

Von Oscar Bie 

L Oper 

In diefer Zeiffchriff, die nidif eine Sammlung zufalliger Auffa^e fein foil, fondern 
beffrebf iff, auf eine gewiffe fyffemafifdie Art und vor einem fehr weifen Horizon! 
unferer Kunff neue Wege zu eroffnen, wird unfer den mufikalifdien Angelegenheifen 
in einer befonderen und periodifdien Weife von jenen Gaffungen zu reden fein, die 
iiber den abfolufen Ton hinaus die Beziehung zum Wort und zum bewegfen Korper 
pflegen. Es handelf fidi urn die Mifchgaffungen, die fcheinbar eine Vereinigung mehrerer 
Kiinffe bedeufen, in Wirklidikeif aber nur ihren Sfreif darffellen, Es iff klar, da{5 diefe 
Gaffungen beweglicher und proMemafifdier find, als das abfolufe Kunffwerk. Sie find 
einem dauernden Weffkampf ihrer Elemenfe unferworfen. der ihr Schwergewichf ffefig 
veranderf, und find auf>erdem durch die Briicke des Worfes und Korpers zur Umwelf 
einer ffandigen Beeinfluffung hingegeben, die von der Kunff und Kulfur, von der Mode 
und dem Sfil drauj3en auf fie ausgeiibf wird. An ihnen iff das kulfurelle Leben der 
Mufik befonders deuflich abzulefen, und die Probleme der Zukunff frefen in einer sehr 
lebendigen Deuflidikeif und Durchfidifigkeif vor unferen Geiff. 

Die Oper iff von diefen Mifdigaffungen die verwickelfffe, So wenig fie ein Gefamf- 
kunffwerk iff, wie Wagner philofophierfe und moralifierfe, fo fehr iff fie ein Schlachffeld 
famflidier in ihr zufammengefpannfen Kiinffe, Worf, Ton, Mimik, Gefang, Ordieffer, 
Biihnenmufik, Dekorafion, Archifekfur, Gefellfdiaff, Wir befinden uns feif langer Zeif 
in einer Trefmiihle diefer Gaffung, Sie giif als efwas felbffverffandliches. Paffende Texfe 
werden gedidifef, paffende Mufik wird dariiber gebreifef, Hunderfe folcher Zwiffer- 
gefdiopfe werden durdi die Jahre fabrizierf, beffer oder fchlechfer, genialer oder 
trad if lonelier, aber niemand ffehf einen Augenblid* ffill und liberlegf fidi, ob der Lohn 
der Miihe wiirdig iff. Bisweilen verffehf man den Inhalf tiberhaupf nidif, die Worfe 
faff nie und in der ungeheuren Anhaufung von Nofen gehf das wahre mufikalifdie 
Infereffe unfer. Die Sanger unfer fich und im Kampf mif dem Orcheffer ringen mif- 
leidslos um den Triumph. Sie find gliicklich, wenn ein Effekf fie reffef. Fur den Reff 
bleibf eine kleine mufikalifdie Gemeinde, die den kiinfflerifchen Werf beurfeill Der 
Erfolg beim Volk beruhf fchliejSlich immer auf irgend einem Mij3verffandnis. Es foil 
nidif geleugnef werden, da)3 es eine gro|3e mufikdramafifdie Kunff gibf, fehr eigener 
Nafur, die aus der Verbindung von Handlung, Worf und Ton ihre Wirkungen erzielf, 
aber von dem Werk, das der Komponiff in die Parfifur gefdirieben haf, gelangf nur 
efwa ein Zehnfel zum Versfandnis. Hier muj3 irgend ein Manko liegen. Hier arbeifef 
eine UJberlieferung, die fidi nichf mehr h on^ollierf. In Wahrheif: der gro^e Reiz, der 
in der Unlosbarkeit des Problems liegf, verwid^elf es immer mehr, und ffaff daj3 die 



Schwierigkeif hemmf und zur Befinnung bringf, wird fie aus Angff vor einem Mangel 
an Kraff und Phanfafie gehauff. Ich glaube, da£ ich weniger den Komponiffen von 
heuf, als den Horern und Beurfeilern aus dem Herzen rede* Bisweilen, wenn idi in 
einer folchen dicken modernen Oper fi£e, fallf plo^lidi die Zunff von mir ab und idi 
fehe midi vor einem Organismus, der krampfhaff urn Schonheifen fich bemiihf, die er 
felbff wieder erffid^en muj3, Dann fdhlage idi die Hande zufammen und fdireie nach 
einer Erlofung. 

Wir wollen einen Blick zuriickwerfen. Es gab Zeifen, in denen die Oper nichf fo 
war, in denen die Paradoxie ihres Wefens duidi die Paradoxie ihrer Aufmadiung 
iiberwunden wurde. Roffini iff der Golf diefes Reiches. Idi fpreche nidif von der Er- 
findung, fondern von der Gaffung, Mozarf fraf nahe an das Problem heran. Wagner 
fraf miffen hinein, Aber Roffini fchrieb fiir die Freiheif des Gefanges auf der Grand- 
lage einer leidifen Handlung. Die Herrfchaff des Gefanges und die Herrfchaff des 
Orcheffers, das Bekennfnis zum Sfil und das Bekennfnis zur Logik wedifeln einander 
ab, hier wie in jeder Kunff, Ganz rein war cler Sdmiff niemals. Roffini fdireibf nodi 
ein Drama mif Mufik, und Wagner fdireibf eine Mufik mif Drama.. Wagner fdireibf 
Symphonien, an denen die Biihne befeiligf iff. Er ffeigerf das Beefhovenfdie Thema 
zum mufikdramafifdien Leifmofiv. Es war die Reakfion auf Ifalien. Ifalien und Deuffdi- 
land pendeln. Dorf fuhrf der Gefang, hier das Orcheffer. Die Folgen find merkwiirdig. 
Auf der einen Seife enfziehf Debuffy fowohl dem Gefang, wie dem Grdieffer das Bluf; 
oben pfalmodierf er, unfen illuffrierf er. Auf der anderen Seife beginnf Ifalien den 
EinflujS cler deuffdien Mufik aufzunehmen und befdiwerf den Gefang, ohne ihin ganz 
die Fltigel zu fchneiden, und befdiwerf das Ordieffer, ohne es zur Symphonie zu madien, 
Es friff ein Chaos ein. Die moderne Oper befindef fidi in einem unleidlichen Zuffande 
der Unenffdiiedenheif. Sie haf die Welfanfdiauung verloren. Die alfe Buffo-Gper, die 
Opera comique, die deuffdie Romanfik, Wagner, alle haffen einen fesfen Kreis von 
Mufikkulfur und Opernfyffem. Heuf gehf alles durcheinander und findef fidi alles neben- 
einander, Mandie ffreben den Gefang an, ohne es zu konnen. Andere wollen die 
Melodie pflegen, ohne dabei efwas anderes zu jchaffen, als Epigonenfum. Pfi^ner folgf 
den Spuren der Romanfik, D'Alberf freibf ifalienifdies Theafer, Sdireker verfuchf den 
Klang zu maferialifieren und Sfraup in der „ Ariadne" fammelf eine Galerie famflidier 
bisher dagewesener Opernformen. Fragf man die Komponiffen aufs Gewiffen, wonadi 
ihre Sehnfudif ffehf, fo wird der kleinere Teil anfworfen: nadi dem fymphonifdien Klang; 
der grojSere wird anfworfen: nach der Erneuerung des Gefanges. Wir befinden uns 
auf dem Punkfe der Abkehr von der Symphonie, der Reakfion in der Kehle des 
Sangers, der Abkehr fowohl vom Wagnerfdien Realismus, als von der Debuffyfchen 
Logik, tiberhaupf von jeder Infellekfualifaf zur Expreffion des Menfdien in der Maferie, 
das iff hier im reinen, unbefchwerfen, Jelbffherrlichen Gefang. 

Idi modife einmal wagen, den Pendel ganz nach einer Seife zu fchieben. Nidif 
ein bisdien Gefang, der im Orcheffer unferfauchf, nidif ein bisdien Ordieffer, das den 
Gefang begleifef, fondern nach der Zukunffsfeife, alfo nadi der Gefangsfeife, eine vollige 
Befreiung. Was idi hier fage, iff nodi nidif auszufuhren, aber es iff guf, fidi einmal 
ein radikales Ideal aufzuffellen, nadi dem man hinffrebi Idi fraume mir eine Handlung 
aus Gefang, Wie weif eine wirklidie Handlung dazu nofig iff, weip idi nidif; ich wei]3 
audi nidif, ob man Texf dazu brauchf. Idi will midi einmal blo)5 an den Gefang halfen 
und ihn bis zum lefzfen Exfrem durchdenken. Je^f hore ich eine mannlidie und eine 
weiblidie Sfimme ein Dueff aufflihren, das Liebe bedeufef. Idi hore die Liebe aus den 
Linien und Rhyfhmen der Sfimmen. Sie find nidif gebunden an Worfe, fie haben fidi 
nidif mif den Problemen der Deklamafion zu befaffen, fie find vollkommen frei und 
konnen fidi gefanglich ergehen, wie es die Enfwid^lung ihrer Leidenfdiaff erforderf. Idi 

12 



hore ein andermal einen Sfrelf dreier Sfimmen oder ein gemeinfames Verfinken in eiri 
gleidies Schidsfal. Ich hore dm raufchenden Triumph eines Solos und idi hore Chore, 
die zuffimmend oder warnend, fich nur mufikaiifch aufbauen. Idi fiihre mir dies 
abfolufe Gefangsbild bis in feine kuhnffen Moglichkeifen durch, und wenn idi weifer- 
gehe, verbinde idi es mif einer Inffrumenfalmufik, die es hebf, fowie fie von ihm ge- 
hoben wird. Begleifung, wo es Begleifung iff, Symphonie, wo es Symphonie iff. Poly- 
phonie mif der Sfimme, wo es mufikaiifch fich ergibf. Das reine fonlidie Bild ffehf liber 
allem. Es half die Mandlungen in fidi felbff und iiberfragf fie auf das Auge durch eine 
rhyfhmifche .Geffalfung desKoffiimes, der Bewegung und des Lidifes, wie fie die modernffe 
Technik und Phanfafie ausgebildef hat Eine gefungene Pantomime das zu nennen, 
ware zu wenig. Idi nenne es Gefangsbild, Das Mufikalifdie und befonders das Sfimm- 
Jidie bedingf den Charakfer und die Gaffung, Idi konnfe mir denken, da)5 eine Auf- 
fiihrung mif diefen Miffeln einen refflofen Emdruck hinferlajSf, Weil hier endlich die 
Emanzipafion des Gefanges ohne jeden Widersfand erreichf iff und weil der Gefang 
dodi wieder nichf als losgeloffe Maferie in der Luff Jdiwebf, fondern an einen finnlidien 
Vorgang und an eine fidifbare Darffellung durdi feine Trager gebunden ift Wie im 
expreffioniffifdien Drama die begriffliche Enffalfung einer Idee nidif mehr durdi eine 
realijfifche Handlung vermiffelf Wird, fondern wir fie an der Erfcheinung des Korpers 
und dem Rhyfhmus der Gruppe, die die Trager der Idee find, ablefen, fo horen wir hier 
Empfindung und Wandlung an einem fidifbar gewordenen Gefang ab. Konnfe man je 
diefen Verfudi inadien und fanden wir ein Genie, das ihn erfiillf, fo wiirde die alfe Oper 
von uns abfallen, als haffen wir einen Sdireckensfraum gehabt In Paris wurde einmal 
Rimsky-Korfakoffs „Goldener Hahn" fo gegeben, daj5 das ruffifdie Balleff das Sfiick 
mimfe, wahrencl ringsherum die fi^enden Sanger es fangen. Das War fdilie)31idi nur 
eine Pantomime mif Gefangsbegleifung. Idi aber modife den Sangern ihre foridifen 
und fdiaufpielerifchen Worfe aus dem Munde nehmen und fie in die Leiber der Tanzer 
ffecken. Dann v^are es ungefahr erreichf. Es iff nichf wahr, daj3 idi hier ffaff der alfen 
Opernkombinafionen eine neue mache, zwifchen Tanz und Gefang. Idi will das Worf, 
die Realifaf, die Bindung an den Texf loswerden. Idi will dem Gefang alles geben. 
Sogar die Darftollung. Man frage dies Ideal eine Zeiflang in fich, es wird helfen und 
klar machen, Es wird zcigen, da)5 es aus dem gefamfen Geiff der modernen Kunff ge- 
wonnen iff. Idi konnfe ja fagen, fie follen lafeinijch fingen; jioch nie haf Mufik dgjdurdi 
verloren. da)5 deuffdier Texf nidif verffanden wird. Schreckf vor nidifs zuriick, erfindef 
Vokale und Konfonanfen, die dem Mund efwas zu fun geben, wahrend er fingf. Eine 
Sprache, rein aus Lauf und Klang gebildef. Und Lauf und Klang konnen gefungen die 
Seele vielleidif eher zum Ausdruck bringen, als unfere gedankenbefchwerfen Worfe. 
Heiahei, hojofoho — Wagner haf es geahnf. Der Triffanfexf iff faff auf dem Wege 
dazu. Unfere lefzfe Dichfung machf es fdion leichfer. Es gehf, es gehfl 

Bevor unfere Oper wurde, ehe derRealismus und der Individualismus der ifalienifchen 
Renaiffance fie fdiuf (denn fie iff erff dreihunderf Jahre alf), gab es andere Moglidi- 
keifen, die unferbrochen wurden. Vor allem die Madrigaloper. Im „AmfiparnafJo" des 
Orazio Vecchi fingen fiinfffimmige Chore eine Handlung mif Szenen von Liebe und 
Eiferfudif, Szenen zwifchen Herr und Diener, Herr und Kurfifane, Klagen der Liebenden, 
Parodien, Dialekfe, Szenen von Judert, die den Sabbafh feiern in fehr merkwiirdiger 
Spradie — was haffe daraus werden konnen I Ubrigens Wurde diefe Oper damals 
ebenfo panfomimifch (gefanglich begleifef) gegeben, wie der Coq d'or. Die Handlung 
iff von ihrem Realismus befreif, fie ffilifierf fich in Chanfdns, die nodi zufammengefe£}f 
werden. Einen Schriff weifer und man iiberfragf fie ganz in eine abfolufe GefangsWelf, 
nodi einen Schriff weifer und man brauchf kaum mehr die Worfe. Moderne Mufiker, 
denen ich das erzahle, find einen Augenblick Jfarr. In ihnen keimf der Gedanke neuer 

13 



Wege, die dodi halb die alfen find. Und jo fehr ich wei& daj5 f oldie Plane noch nidtf 
prakfifch find, fo fehr fehe ich dodi in der Gefchichfe Vorbereifungen zu diefer Befreiung, 
die \vir allmahlich erff wieder verffanden haben. Die Kolorafur iff die Muffer meiner 
Wiinfdie. Sie wuchs aus der Bedrangnis des Realismus, wie eine Blume hervor und 
fchwelgfe im Sonnenfchein ihrer gefanglichen Erlofung. Genau wie eine friihere Zeif 
fie als F.eindin der Logik verachfefe, bete ich fie als Refferin der Sfimme an. Horf, wie 
fie fich vom Worfe losloff, frei in die Liiffe fdiwebf und nur den Gefe&en ihrer be- 
fliigelfen Schonheif folgf, aie felbff in der Tedinik Poefie wird. Wieviel Kolorafur horen 
wir in alfen Opern, audi wo Icheinbar das Worf nodi herunferziehf. Denkf Eudi das 
Quarfeff aus dem Fidelio ohne feine kiffchigen Worfe. Die Sfimmen folgen ihrer Form 
und ihrer Nafur. Die Wehmuf eines hangenden Sdiickfals fenkf fidi hernieder. Das 
iff alles, und alles iff Mufik, und Mufik menfchlicher Xippen, Ich mochfe Eudi Sfiicke 
aus dem Triffan vorfiihren ohne Worfe* wie idi den Triffan fpielen mochfe, ohne Biihne. 
Er wird nodi reiner fein. Es genugf nichf die Kolorafur und den Gefang an fich, als 
Inffrumenf oder als Sfilmiffel zu benufjen. Rigoleffos Sfurmgeiffer oder die Sirenen 
Debuffys benufjen den Chor als Inffrumenf. Zerbineffa benufjf die Kolorafur als Sfil- 
miffel, aber dodi fdion mehr als Ausdruck ihrer fchweifenden Perfonlichkeif. Nodi wenden 
fidi moderne Kolorafurfiguren konzerfmaj3ig an das Publikum. Sie enffchuldigen ihre 
Exfravaganz mif einem Sfilknicks, aber wir wollen den abfolufen Gefang nichf von der 
Biihne ins Konzerf hiniiberfpielen und vom Konzerf auf die Biihne hiniibergeffaffen, 
fondern wir wollen ihm auf der Biihne innerhalb der Biihnengefe^e fein groj5es Rechf 
wiedergeben. Urn ein Redif zu erreichen, mu)5 man eine Revolution predigen. Wir 
wollen daran arbeifen. Hier iff eine erffe Skizze. 



U 



Der Weg zum modemen Pianifferi. 

Von Adolf Wei Bm ann. 

Virtuofitat ift die groBe Lebensfpenderin der Mufik. Ohne die Luft an der ^ertigkeit, die 
Tich der Freude am Klang paart, verdorrt fie. 

Die moderne Mufik, die nach letzter Zufammenpreffung des Ausdrucks ftrebt, haBt die 
Kunft als Spiel: fie wendet fich alfo von rechts wegen gegen die Virtuofitat. Und in Schonbergs 
KlavierftUcken op. 11 fpricht fie ihre Ablehnung alles Spielerischen fo aus, daB das Inftrument 
verachtet und fOr eine Abftraktion benutzt wird. 

Gehen wir auf diefem Wege weiter, fo wiirde dies das Ende des Klavierfpiels Uberhaupt 
bedeuten. Ohnedies darf man wohl von einer Krife im Leben des Klaviers fprechen, filr das es 
immer wieder nur eine Rettung geben kann — : schSpferische Virtuofitat. 

Man bedenke: jene auBerordentliche Entfaltung des Inftruments, die mit Mozart begann, 
muBte nolwendig fehr bald zu einem Krafteverbrauch ftihren. In dem kaum erft ins Dafein ge- 
tretenen Konzert hat verftihrerifche Einftimmigkeit der Geige, die Melodie und Ornament vollendet 
und im Wettbewerb mit der menfchlichen Stimme ausfpricht, die Herrfchaft Uber alle Orchefter- 
inffrumente, die jetzt Technik und Klang wunderbar entwickeln. Der Virtuofe Mozart fUhlt feine 
Finger von der leichten Spielaft der neuen Wiener FItigel befchwingt, iibertragt die Singkoloratur 
auf die Taften und wird der BegrUnder der Klavierpaffage groBen Stils. 

Welche Erfolgsmoglichkeiten find nun da? GdwiB nicht nur die der Elegan? des Klavier- 
fpiels. Denn zu gleicher Zeit hat die Kunft, auf dem Klavier zu fingen, einen Schritt vorwarts 
getan. Mozarts Adagiofpiel ift das Entziicken feiner Zeitgenoffen. Aber der Gefang des Klaviers 
fcheitert an feinem Wefen. Er bedarf unbedingt des harmonifchen Unterbaus, um akuftifche 
Taufchung zu werden. Aber gerade der Kampf mit dem Mechanismus, der den mahlig an- 
fchwellenden Ton verfagt, reizt von jeher den fchopferifchen Mufiker. In der Kreuzung von 
Mehrftimmigkeit, die dem Wefen des Kfaviers verkntipft ift und Grundlage der Sonatenarchitektur 
ift, mit dem Gefang, der nicht zur volligen Tat werden kann, liegen die ftarkften Anreize ftir 
die fchOpferifche Phantafie. Freilich audi in der Bewaltigung der technifchen Schwierigkeit, die 
eine Luft am Technifchen erzeugt. 

Ich fpreche nicht von den Klavierpadagogen wie Czerny und Clementi, die dem Werk der 
fchopferifchen Naturen den Antrieb zum Ordnen entnehmen, fondern von den Meiftern, die 
Antriebe geben. 

Da fahrt Beethoven und feine Sonate in die Pianiftik hinein. Sie tiberrennt die Ent- 
wicklung des Klavierbaus. Zum erften Mai wird ein Kampf zwifchen einer tiefleidenfchaftlichen, 
damonifchen Natur und dem Mechanismus eines Inftrumentes ausgefochten, der fchlieBlich mit 
der Niederlage des Klaviers endet. Der Schaffende Beethoven erlebt alle Reize, die das Taften- 
inflrument dem fchopferifchen Menfchen bietet; nur erlebt er fie viel intehfiver. Man weiB und 
kann es an feinen Klavierwerken nachprtifen, wie ftark ihn das rein Spielerifche lockte. Die 
Kadenz, die es zur Entfaltung bringt, liegt ihm am Herzen. Aber fein Eigenwefen, in dem 
Brutalitat und Innigkeit fich mifchten, erbittert die Kampfe zwifchen Mehrftimmigkeit und Gefang. 
Das Klavier ift feiner Kraft nicht gewachfen. Seinem fchtirfenden Inrtern fetzt der Ton 
heftige Widerftande entgegen. Sein Rhythmus gibt Akzente, die der gleichmaBigen SchcJnheit des 
landlaufigen Klavierfpiels zuwider find. Seine Mehrftimmigkeit wtihlt in den tiefen^ dickeii Lagen 
des Klaviers. Alles drangt zum orcheftralen Spiel. Aber feine Zeit ift noch nicht gekommen. 
So wird Beethoven das Orchefter Befreiung von dem Albdruck, den fein fchSpferiicher Klangfinn 
am Klavier erlebt. Die groBe Fuge der Hammerklavierfonate etwa zeigt, zu welchen Krifeij der 

15 



Klavierftil gelangen kann. Man gebe nicht der Taubheit Beethovens Schuld daran. Denn der 
Variationenteil des op. Ill zeigt uns eine Luft am harfenartigen Wohlklang und eine Freude an 
der Koloratur, die dem letzten Beethoven zu widerfprechen fcheint. 

Beethovens mittlere und letzte Sonaten, jenfeits der HeerftraBe entftanden, harren eines 
anderen Inftruments und eines neuen Klavierlpiels. 

Indes regt Mozarts Paffage die Finger an. Die Singkoloratur treibt unfchopferifche Spieler, 
die den Kampf der Innerlichkeit mit dem Mechanismus des Inftruments nicht kennen, immer 
weiter. In Hummel wird die Paffage fchopferifch. 

Der groBe Augenblick ift da, wo jemand die Seele des Klaviers fucht, um es zur Vollendung 
zu fUhren. Selbftbefchrankung einer fchwarmerifchen Natur, urterhorte Einfeitigkeit nur kann es 
vollbringen. Ein Menfch, der die Stimme belaufcht und doch in Fernen fehweift, die ihr un- 
reichbar find, fingt und traumt an den Taften. Seine phyfifche Schwache weift ihn auf das Klavier, 
das nur Klavier bleiben will. Er kann nicht brutal fein, nicht Grenzen Uberfchreiten. Im Kampf 
zwifchen Mehrftimmigkeit und Gefang entfcheidet das klangfchopferifche Ohr. Polyphonic, die 
des Wohlklangs nicht aehtet,' darf es nicht geben. Der Timbre der verfchiedenen Lagen wird 
erhorcht. Die Polyphonie hat fich den Ergebniffen zu ftlgen. Sie ift accordlich gerichtet, erhalt 
aber ihr Eigenwefen darch den traumenden Schaffenden. In ihm ift Luft an der Koloratur, von 
Hummel befruchtet,.aber Raffe,Volkstum lenken dasOhr, das die Finger leitet, eine neueTechnik bildet 
ein neues Fingergeftihl, das nun wieder auf das Ohr zurtickwirkt und neue Klangwunder hervorruft. 

Wir ftehen am Wendepunkt des Klavierfpiels. Chopins Spiel ift Kammerrnufik der Romantik. 
Der Konzertvirtuofe hat es ungefahrdet dem groBen Raum zu gewinnen. 

Was ift feitdem gefchehen? Die Anpaffung diefer romantifchen Klavieriftik an den groBen 
Raum vollzieht Lifzt, der erftc moderne Pianilt. Mit gutem Bedacht habe ich den Umweg zu 
ihm gemacht. Denn hier faBt ja ein fchopferifcher Menfch alle vergangenen Eroberungen des 
Klavierfpiels zufammen, um die bisher ftarkfte Wirkung zu erzielen. Ein Romantiker will 
dramatifch wirken. Was Beethoven fUr das Virtuosentum geahnt, aber als anders gerichteter, 
innerlich zerriffener Schaffender nicht durchgeftihrt hat, wird Vollendung: das Klavier gibt den 
Abdruck des Orchefters. Beethoven, dem Bach'fche Mehrftimmigkeit im Blut liegt, war zu tief 
gedrungen, um fich durch Rtickfichten auf den Klang hemmen zu laffen. Die zauberhafte Ein- 
feitigkeit Chopins erft hat dem Titanenhaften, dem wahrhaft orcheftralen Spiel den Weg gebahnt. 
Im Romantiker Lifzt bleibt im Streitfall Homophonie Siegerin gegen die Polyphonie. Aber wie 
die Dynamik alle Starkegrade durchlauft, fteigert fich die Spannweite der Hand. Mozart, Hummel, 
Chopin fummieren fich in der Koloratur, die von dem damonifchen Paganini rilckfichtslofe 
KUhnheit nimmt. Die beiden Hande arbeiten fur und gegeneinander im Dienfte des Vollklangs. 
Farbenfinn und Rhythmus des Zigeuners und des Romantikers werden fchopferifch. 

Von der Hohe des dramatifchen Romantikers wird alle frtihere Mufik beleuchtet und die 
Partitur dem Klavier fo gewonnen, daB ihre Uebertragung Eigenleben hat. Denn was in den 
Taften aufgefangen wird, erhalt von einem klangfchopferifchen, dem Auge verbtindeten Ohr ab- 
geftufte, charaktervolle Spiegelung. Die Paraphrafe groBen Stils, die alles Zugkraftige und vieles 
Unbekannte, aber Wertvolle in den Bereich des Tafteninftruments fpannt, gibt ihm noch ftarkeres 
SefbftbewuBtfein. Die Etude, durch Chopin zum Charakterstuck geworden, faBt die neue Technik 
des Malerifchen groBartig zufammen. Und von ihr ftihrt ein grader Weg zu den Werken, die 
das Erlebnis des Auges, die Szenerie der Landfchaft fttr den Ausdruck des Klaviers erobern. 

Elm Gipfel ift erreicbt. Lifzt hat dem Klavier die ftarkfte Ausgleichung feiner natUrlichen 
Schwache als Konzertinftrument gegeben. Aber es droht Gefahr: die Ailnaherurig des Klaviers 
an das Orchester in einer Zeit, wo diefes fich immer mehr fteigert und eine neue Farbigkeit 
gewinnt, erzeugt eine Hochftfpannung feiner Kraft, mit der der Klavierbau eben noch Schritt 
halten kann. Und der. Augenblick fcheint nahe, wo das Klavier in diefem Wettlauf erliegen und 

16 



eine urn fo tiefere Demlitigung erleben muB. Dann: die neue Technik ift anfpruchsvoll; fie 
fordert ein Studium, das gerade dem fchopferifchen Menfchen Opfer an Zeit und Tatkraft auf- 
erlegt, und fie kann nur erhalten werden durch eine Zahigkeit, die gerade in der Reife nicht leieht 
aufzubringen ift. So gefchieht es, daB der grcBe, fchOpferifche Klavierfpieler als Vierzigjahriger 
einer Krife verfallt: er fetzt die eigetie Schaffenskraft gegen die AusdrucksmSglichkeiten des 
Inftruments und wird ihm leieht abfrtlnnig. 

Diefe Krife zeigt fich ja in Lifzt felbft, dem erften modernen Konzertpianiften. Und fie wird 
verfcharft durch eine Zeit, die der rein finnlichen Wirkung des Virtuofen Hemmungen bereitet. 
Das Romantilche verfltichtigt fich, und in Deutfchland, das dem Virtuofen niemals Heimat, fondern 
immer nur Echo war, erftarkt allmahlich im Konzertwefen die Enfemblemufik fo, daB der Solo- 
fpieler leieht alsFremdkOrper der deutfehen Mufik verdachtig wird. Bei alledem aber wachst der 
unfehopferifehe Techniker im Virtuofen und wird durch die moderne Konzertinduftrie kapitalifiert. 

Die nachlifztfche Periode des Klavierfpiels ift eine Zeit der Verwertung. Der Mufiker im 
Pianiften, der Techniker im Pianiften find beide an ihr beteiligt. 

Mufiker im Pianiften: Lifzfs Rivale Rubinftein, nach rtickwarfs gerichtet, eine tiefinnerliche> 
lyrifche Natur gibt der Romantik Chopins und Schumanns beraufchende Wirkung, fucht fchopferifch 
vorwartszufchreiten, faBt aber nur zufammen. D'Albert, eine brutale Eroberernatur, durch Lifzt 
hindurchgegangen, aber in der Mehrftimmigkeit wurzelnd, entfaltet nochmals in der Zufammen- 
faffung des Vorhandenen eine ganz einzige Kraft. 

Der vorlaufig letzte, jUngfte Auslaufer diefes Typus ift Artur Schnabel. Hier erlebt man, 
wie ein pianiftifch Hochbegabter im Berliner Klima alles Virtuofifche abftreift und zum Verklinder 
einer deutfehen Mufik wird, die in der Verwertungsperiode den ftarkften Erfolg hat: Schnabel wird 
am Klavier der Prophet eben jenes Brahms, der auch in der Sinfonie das Sonatengeriist in feiner 
Weife ausbaut. Was bedeutet uns Brahms als Klavierkomponist? GewiB keine Weiterentwicklung 
im pianiftifchen Sinne, denn in ihm findet der ZufammenftoB zwifchen Kontrapunkt und Klavieriftik 
keine befriedigende Enlfcheidung durch den Klangfinn. Nur Dammerftimmungen, wie fie im 
Intermezzo Ausdruck werden, haben ihren pianiftifchen Eigenklang, wie fie auch in feiner Sinfonie 
fein Ohr befruchten. Und nur in einer Zeit, wo das eigentliche Klavierstiick zurttekgeht, ift ihm 
dank feinen inneren Werten die Wirkung auf deutfche Konzertbefucher gegOnnt. 

Was natiirlicher, als daB der Pianift Schnabel als typifcher Vertreter des belehrenden nord- 
deutfehen, nicht internationalen Klavierfpiels bei der Kammermufik landet und hierzur fchopferifchen 
Kraft wird? DaB auch er fchlieBlich feine Krife erlebt? 

Techniker im Pianiften: Aus der Unzahl der Spieler hebt fich Leopold Godowsky heraus, 
der in der vorbildlichen, gleichmaBigen Entwicklung beider Hande den Weg zur Bereicherung 
des Spielmechanismus findet. Noch einmal wird, mit dem ganz neuen Fingergeftihl eines un- 
dramatifchen Pianiften, der Bearbeitung, der Paraphrafe ein Schein des Lebens geliehen. 

Man denkt, mit neuen Erfahrungen ausgerUftet, uber die Technik nach, Breithaupt begrtindet fie 
pfyfiologifch und zeigt die Carreno-Art, mit geringftem Kraftaufwand die hochften Ergebniffe zu erzielen. 

Das alles dient der Verwertung. 

Denn nur abfeits von der HeerftraBe gefchieht das Wunder einer neuen, wahrhaft fchopferifchen 
Klavieriftik. Es muB einer kommen, der die Forderungen der Zeit hort, aber als echter Virtuofe 
Faden zur Vergangenheit knupft. 

Wir find bei Busoni, dem Typus des modernften Pianiften. Icfvhabe in meinem Buch „Der 
Virtuofe" fein Profil gezeichnet. In diefem Gedankengang fcheint mir wefentlich zu fagen, daB 
Bufoni noch einmal Technik und Mufik im Klavierfpiel einander in groBem Stil befruchten laBt. 
Eine Zweiheit ift in ihm: er ruht f eft in der deutfehen Mehrftimmigkeit, ftlhit aber mit ftarker 
Erregung den Reiz der Farbe, Ahnlich wie in Lifzt, deffen wahrer Erbe er ift, kreuzen fich in ihm 

M 




akuftifche und optifche Vorftellungen. Er laufcht dem 
neuen Klang, der aus Frankreich kommt. Aber anders 
als Debuffy, der die kleine franzOfifche Form in im- 
preffioniftifcher Gleittechnik auf den Taften ins Dafein 
zurtlckruft, anders als Cyrill Scott, der das rein Im- 
preffioniftifche in grofiem Stil ftir das Klavier fchopferifch 
macht, gibt Bufoni eine einzigartige Durchdringung von 
Gotik und Impreffionismus. Das neue klavieriftifche 
Wunder vollzieht fich freilich am ficherlten und iiber- 
zeugendften da, wo er Interpret feines eigenen Werkes 
ift: etwa in feinem Concerto und in feiner Fantafia 
contrappuntiftica, Spricht er in fremder H iche, fo kann 
fein Spiel problematifch wirken. Denn auch er formt 
und knetet alle Muttk von der Hohe feiner Eigenart. Da 
geht es ohne Gewaltfamkeiten nicht ab. Es entftehen 
Schichtungen, die dem Wefen des Werkes widerfprechen 
Aber wer kann fich dem Eindruck dieler Deutung enl- 
ziehen, die auf einer eigenen, erzenen, eigenwillig, krampf- 
haft gebauten Technik ruht, das fehlende Legato durch 
prachtvoll abgeftufte, mit dem Pedal verfchleierte Farbe^ 
erfetzt und uns immer zu Zeugen einer unermtldlich 
Bufoni fchaffenden Phantafie macht! Hier ift Gewiffen und mehr 

Befonnenheit, als fie Lifzt zeigt. Klavierrafereien find ihm fremd. Aber diefer Mann darf es wagen 

felbft die alte Paraphrafe aus der Rumpelkammer zu Ziehen. Erhalt fie nicht die fchOne Unbefonnen- 

heit, die*Lifzt ihr gab, fo geht fie doch aus der Werkstatt eines Halbltalieners — denn Italien 

ift im Grunde klavierfeindlich — neu belichtet hervor. 

jUngft horte ich Eduard Erdmann die Fantafia contrap- 
puntiftica fpielen. Wie merkwUrdig, einen, der noch zu jung 

ift, urn Bufoni's SchOler zu fein, auf ureigenftem Gebiet des 

Meifters nachfchaffen zu horen. ^j^ x mufikantifcher Menfch, 

der nur den HeiBhunger nach moderner Mufik hat; einer, 

der, zum Gllick noch ohne Routine, das ubliche Pianiften- 

programm, den Pianiftentrick und den leichten Publikum- 

erfolg noch nicht kennt, fturzt fich auf diefes Werk, das unter 

ganz anderen Vorausfetzungen als der einer fpielerifchen 

Einfatt in die Welt trat. 
Was wird, wenn er heranreift, aus ihm werden? Berliner 

Luft ift gefahrlich. Das AuBerordentliche foil jetzt, fcheint es, 

mehr und mehr verdachtig, das Brave ttbermachtig werden. 
Man h5rt Erdmann Schonberg, der den Klavierftil 

fchrumpfen laBt, und auch Scrjabine, der feinefrn begabten 

Chopinepigonentum plotzlich einen Ruck gab, mit ahn- 

lichem Feuereifer fpielen. 

Virtuofitat ift die groBe Lebensfpenderin der Mufik. Ohne 
die Luft an der Fertigkeit, die fich der Freude am Klang 
paart, verdorrt fie. Aber wirwttnlchen dem Klavier in feiner 

trotz Bufoni kritifchen Lage Rettung durch die Liebe zum Inftrument, die IchOpferifch macht 
Kunst als Ausdruck und Kunst als Spiel umfchlingen, entfalten fich neu — dies dieRettung 
des Klaviers. 




Eduard Erdmann 



18 




Danifche Mufik 

Von Paul von Klcnau 



Allcin in dcr Literatur habcn danischc Kunstlcr tiber 
die Grcnzen ihrcs Landes hiiaus bcfruchtend gewirkt : 
Namen wic H. C. Andersen, Jacobscn, Kirkegaard, Bang, 
Peder Nansen legen Zeugnis ab von der europaischen 
Bedcutung danischen Geistes. Malerei und Skulptur 
dagcgcn blieben mehr an die Heimat gebnndcn; auch 
die Arciiitektur, die einc iiohe Stufc crrcichte, wahrcnd 
danischc Musik auBerhaib dcr Landesgrcnzen iiberhaupt 
nicht gekannt vvird. 

Und dcnnoch niufi das danischc Volk als von Natur 
aus musikalisch bezcichnct werdcn! Spielt doch das 
Volkslied einc so groBc Rolle, dafi allein dadurch schon 
dcr natiirliclie Boden fur einc eigcuc Musikliteralur gc- 
gcben scheint Wcnn es dcnnoch nicht zu cincm wirk- 
lich bedcutcnden Einsatz in dasgrofic, volkerumspannendc 
Musikleben kommcn konnte, so mag dcr Grund vor 
aiicm in dem Mangel einer Icbcndigen Verbindung mit 
dcm Auslande gesucht wcrden. 

Wahrcnd die Literatur dtirch Georg Brandes gcniale 
Hinweise auf die Weltiiteratur ungeheuer befruchtet 
wurde, hielt Niels W. Gade alles fern, was nicht zu 
seinem nordischen Mcndelssohn-Klassizisinus paBtc. Eine 
gewisse Neigung der Danen zu unproblematischen glatten 
Formen (siehe auch Thorwaldsen) kani ihm entgegen. 
So fand der differenzierte Individualismus, der durch die 
Kleinheit des Landes leicht aufbluhte, in der Musik 



kcinenAusdruck, wcil hier die entsprcchcndenAusdrucks- 
moglichkeiteu fehltcn. Es herrschten ja die Dogmcn des 
Formalismus vor, welchc niemand zu durchbrechen ver- 
mochtc, und man lebte seine personlichen Geftihle in 
dcr klcinen Liedform aus — fein und zart — , ohne zu 
wagen, das Architcktonische, Konstruktive der grofieren 
Formen umzugestalten. DaB es 'moglich war, solchen 
formalistischen Terrorismus in der Musik auszuitben, 
wird nur verstandlich, wenn man bedenkt, wie klein 
dieses Land ist; Cliquen der Opposition waren nie groB 
genug, urn ein Publikum auszumachen. So fanden die 
Krafte und Taiente, die viclleicht hcitten Neues bringen 
kCnncn, nirgendwo cine Stlitze. Erzogen im Formalismus, 
konnte die Jugend keincn Bodcn gewinnen, wenn sie 
wagte, andcrc und ncttc Wege zu suchen. 

Die danischc Musik ist bisher an dicscm Widcr- 
spruch zwischen historischem Formalismus und diffe- 
renzicrtem, individualistischcm Seelenlebcn gescheitert; 
untcr grofien Gesichtspunkten hctrachtet, haben nicht 
einmal die Leistungen dcr Bestcn wirkliche Bcdcutung 
gewinnen konnen. 

So ist dies Land ohne eigenc Widcrspiegelung der 
Entwicklung geblieben, die sich im europaischen Musik- 
leben vollzieht, ruht seine Mi.sik bis heute wie in einer 
DornrGschenstarre, aus der erst der Giuthauch neuen 
Geistes sie wird erwecken kOnnen. 



19 



Hugo Riemanns le^fe Werke. 



I iugo Riemann's Tod im letzten Sommer bcraubtc die 
Musikvvclt ciner unersetztichen und einzigartigen Per- 
sonlichkeit, deren Leistungen in ihrer Bedeutsamkeit erst 
langsam in weitcren Kreisen gebiihrend gewiirdigt werden 
konnen. Seine beiden letzten grofien Arbciten, deren 
Druck er nicht mehr erlebt hat, liegen jetzt vor. Von 
seinem Wcrk iiber die Beethovenschen Klavier- 
sonaten (Verlag Max'ilesse, Berlin) ist der ab- 
schliefiende dritte Band erschienen. Was Ricmann hier 
bietet, war bishcr noch nicht versuclit worden: cr will 
das metrisclie Gefiige, den rhythmischen und harnionischen 
Sinn dieser Meisterstucke bis in die letzten Feinheiten 
hinein klarlegen. Und dies gelingt ihm in crstaunlicher 
Weise dank der Einsicht, die seine tiefgreifenden Studien 
iiber Rhythmik und Metrik ihm iiber diese, den meisten 
Musikern noch jetzt reichlich unklaren Fundamentc ihrer 
Kunst gebracht haben. Der gauze sonatenmaBige Auf- 
bau ist nach Riemann weiter nichts als eine 1 angere 
Reihe von Perioden und Kadenzen. Verlangerungcn, 
Verkiirzungen, Varianten in der Periodenbildung maclien 
das an sich etnformige Theiua rnannigfaltig und be- 
fahigen es, cine gcwaltige Fiillc von Abstufungen dem 
Gefiihlsausdruck zu ermoglichen. Untrennbar von der 
Periodenbildung ist die, sei es wirklich klingende, sci 
es latcnte Harmonik, die wiederum auf die Kadenzformel 
zurtickgefiihrt wird und in den Varianten dieser Formcl 
fur alle Feinheiten der ornarnentalen Harmonisicrung, 
der Ausweichrmg und Modulation ihre thcoretische Be- 
grundung findet. Freilich maclit Riemann es dem Leser 
nicht gerade leicht, ihm in alle Verwicklungen dieser 
an sich erstaunlich einfachen Grundansichten zu folgcu. 
Er setzt eine volikommene Vertrautheit mit seinem System 
der Rythhmik, Metrik, Harmonik voraus. Da den meisten 
Benutzern diese Spezialkcnntnis aller technischen Aus- 
driicke, abkurzenden Zeichen fehlt, so musscn sich diese 
Leser erst muhsam durch ein Gestriipp ihnen nur haib 
verstandlicherErklarungen durcharbeiten. Wenn Riemann's 
bewundernswerte Arbeit wirklich Friiclite tragen soil, 
dann halte ich es fiir uneriaBlich, durch eine kurze Ein- 
fiihrung die Grundbegriffe der Riemann'schen Lehrc klar 
zu erlautern. Von kundiger Hand geschrieben, wiirde 
eine solche in wenigen Druckseiten zu erledigen-de Ein- 
leitung den Gebrauchswert jeder ncuen Auflage be- 

Zu Hans Pfifzners „Asfhefik 

von Hermann 
Ein Buch des Protestes, des leidenschaftlichsten Un- 
mutes; ein Buch, gegen das ein Jeder Protest er- 
heben mufi, dem es Ernst urn Dinge der Kunst ist. 
DaB ein Kiinstler von Pfitzners Range heut wagen 
kann, auf 155Seiten urn das Wesentliche herum- 
zureden, daB er Paul Becker nennt und Mahler, 
Busoni, Schreker, Schonberg meint, den Kampf 
gegen diese Kiinstler versteckt unter dem Deck- 
mantel einer asthetischen Auseinandersetzung fuhrt 
— das sind Symptome eines Niederganges, gegen 
den nicht scharfgenug Front gemacht werden kann. 



dcutend crhohen. Es liegt im Wesen der Riemann'schen 
Betrachtungsweise, daB seine metrischc und harmonische 
Analyse hauptsachlich den Zusammenhang der einzclncn 
Glieder, ihrVerhaltnis zu einander klarlegt, jedoch weniger 
befriedigt, wenn man nach den Konstruktionsidcen 
schwierig vcrstandlicher Sttickc fragt, die nicht von dem 
iiblichen Formenschcma gcdeckt werden. So wertvoll 
z. B. Riemann's Bemerkungen iiber den Aufbau der pro- 
blematischen Fuge aus op. 106 im einzelnen sind, so 
geniigen sie doch nicht, urn dtn Konstruktionsgcdanken 
im groBen klarzulegen. Riemann erklart das ganzc Gc- 
baude gleichsam von innen, einen Teii nach dem audercn 
priifend. Zur Erganzung ware aber des ofteren eine Be- 
trachtung von auBen erwiinscht, die dcirVanzen Aufbau 
mit einem Blick umfaBt und von diesem lundruck auf 
den GrundriB des Ganzen schlieBt. Mit dieser Eiu- 
schrankung darf man Riemanns Beethovenwerk als cine 
unersetzliche und katun genug liochznschatzendc Ucisttmg 
ansehen. ■-■ ^ 

In ncucr, .H:unter Auflage liegt auch Riemann's be- 
riihmtes M Musikl exikon " in einer trotz den Noten der 
Zeit wahrhaft vorziigiiciien Ausstattung vor (Verlag 
Max Hesse, Berlin), Dr. Alfred Einstein aus 
Miinchcn zcichnet als Hcrausgeber. Er spricht sich in 
seinem Vorwort iiber die Haltung aus, die er Riemann's 
Anlage gegemiber einzunehmen gedenkt. Schr zu billigen 
ist, daB'er sich nicht von falschcr Pictat will leiten iassen, 
sondcrn glaubt in Riemann's Sinne am besten zu wirken, 
wenn er den immer fortschreitenden rirkenntnissen einer 
ncuen Zeit Rechnung tragt. So wird dies wcrtvolle 
Buch iebendig blciben und sich die unvergleichlichc 
Stellung siclicrn, die es in der gesamten Weltmusik- 
literatur einnimmt. Wohl gibt es englischc unci fran- 
zosische lexikalische Werke (Grove und Fetis), die viel 
umfangreicher sind, sich aber mit dem vie! handlicheren 
Riemann an Zuverlassigkeit, Vollstandigkeit, wissenschaft- 
iicher Griindlichkeit nicht entfernt messcn konnen. Die 
neue Auflage ist gegen die vorhergegangene wiederum 
betrachtiich vermehrt und ist wiederum eine imerschopf" 
liche Fundgrubc alles Wissenswcrten auf dem Gebiele 
der Biographic, dcrTheorie, der formalcn und asthetischen 
Problemc, der Entwickelungsgcsclnchtc. 

Dr. Hugo Leichtentritt. 

der mufikalifchen Impofenz** 

Scherchen. 

Hier kann es keineMeinungsverschicdenheiten geben! 
— Versuche, Untcrscheidtuigen aufzustellen, wie „jiidiseh- 
intcrnationa!" und ..national-pfitznerisch" (das letzterc ist 
nicht gesagt, schrcit aber formlich aus dem Buch), urn cia- 
durch Lebensangclegenhciten der Kunst zti cnt- 
scheiden, sind so unwiirdig, daB sie mit Scham fiir 
Pfitzner erfullen. 

Dies Buch ist nur abzulehnen. 

Ober die sachlichen Problemc desselben wird an 
anderer Stellc 2u rcden scin. 



20 



Wichfige neue Mufikalien, Biicher und Auffafze 

iiber Mufik, 

mitgeteilt von 1 
Professor Dr. Wilhelm Altrnann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54. 

Diese Zusammenstellung, die moglichst in jedem Heft dieser Zeitschrift erfolgen wird, will auch noch un- 
gedruckte groGere Werke, vor allem Symphonien, symphonlsche DIchtungen, Konzerte, Kammerrhusikwerke, Opern, 
Chorwerke mit Orchester einbeziehen, urn namentlich Dirigenten darauf aufmerksam zu machen.^DiejenigenTonsetzer, 
die derartige Werke (jedoch nicht etwa Klavierstiicke, Lieder, Mannerchore) fertig haben, werden gebeten, mich davon 
in Kenntnis zu setzen, doch behalte ich mir die Entscheidung iiber die Aufnahme vor. Diese kann auch bei gedruckten 
Werken weder durch ein Inserat noch durch Einsendung der betreffenden Musikstiicke oder Biicher erzwungen werden. 
Rucksendung etwaiger Einsendungen wird grundsatzlich abgelehnt. 

Die Hinzufiigung des Veriags wird etwaige Bestellungen crleichtern. Zu den angegebenen Preisen kommt 
immer noch der sogen. Kriegsaufschlag fur den Verleger und auch den Sortimenter hinzu; er schwankt bekanntlich, 
. meist hber bctragt er 50% + 10%. 



I. Mufikalien 

a) Orcheffermufik 

Beilschmidt, Curt: op. 33 Serenade (B) f, kl. Orch, 
Heinrichshofen Part. 3,50; St. 7,50 M. 

Duvosel, Lieven: Der Morgen. Symph. Gedicht. Breit- 
kopf & Hartel Part. 9M.; St. 32 M. 

Hegar, Friedrich: op. 44 Konzert (c) f. Vc. Sim rock 
Part. 20 M. St. 30 M.; m. Kiav. 12 M. 

Jarnefelt, B.: Suite. Part. Hansen 14 M. 

KoefMer, Hans (Ansbach); Symphonic Nr, 2 (C), noch 
ungedruckt. 

Kopsch, Julius (Berlin): Symphonic b-rnoll, noch un- 
gedruckt. 

Liszt, Franz: Totentanz. Phantasie f. Pfte mit Orch. 

Erste Fassung, z. 1. Male hrsg. v. Ferruccio Biisoni. 

Breitkopf & Hartel Part. 20 M. 
Marteau, Henry: op. 18 Concerto p.Violon. Steingraber 

Attsg. m. Klav. 10 M. 
Reznfcek, E. N. v.: Symphonie F-rnoll, Part. u. St. 

Simroc : Preis nach Vereinbar. 

Straesser, Ewald (Koln): Symphonie Nr. 3 (A), noch un- 
gedruckt. 

Tschaikowsky. Peter: op. 71a Nufiknacker-Suite. Kleine 

Part. Euienburg 2 M. 
Zilcher, Hermann: op. 24 Nacht und Morgen f. 2 Pfte, 

Streichorch. u. Pauken. Breitkopf & Hartel Part. 20 M. 

Klav.-Part 10 M., jede Orch .-St. 1,50 M. 

b) Kammermufik 

Andreae, Volkmar: op. 29 Trio (d) f. V., Br. u. Vc. Hug 

Part. 2,40; St. 5 M. 
Blumer,Theodor: op. 40 Suite f.Flote u. Pfte. Simrock 6M. 
Haas, Joseph: op. 50 Quartett (a) f. 2 V., Br. u. Vc. 

Wunderhorn-Verl. Kl. Part. 2,50; St. 14 M. 
Klengel, Julius: op. 52 Dritte Suite (D) f. Vcello u. 

Pfte Breitkopf & Hartel 5 M. 



Klose, Friedrich: Streichquafrtett Esdur Kl. Part. Euien- 
burg 0,70>t. 

Knudsen, Niels: op. 8 Sonate (c) f. Vc. u. Pfte. Hansen 
15 M. 

Mendelssohn, Arnold: of). 67 Streichquartett (D) Kl. 
Part. Euienburg 1 M. 

Moser, Franz: op. 23 Sextett (F) f. 2 V., 2 Br. u. 2 Vcelli. 
Universal-Edition kl. Part. 1,50; St. 10 M. 

Reger, Max: op. 141a Serenade (G) f. Flote, V. it. Br. 
Kl. Part.: Euienburg 0,70 M. 

— , — : op. 141b Trio (d) f. V M Br. u. Vc. desgl. 

Reufi, August: op. 31 Quartett (Edur). Fruhlingsquartett 
f. 2 V„ 'Br. u. Vc. Euienburg Kl. Part. 1 M.; St. 6 M. 

Roters, Ernst: op. 5 Nachtstuck (F) f. 2 V., Br. u. Vc. 
Simrock KL Part. 2, St. 3 M. 

Stohr, Richard: op. 49 Sonate (a) f. Vcello u. Pfte. 
Dobiinger 10 M. 

Weingartner, Felix: op. 62 Streichquartett Nr: 4 (Ddur) 
Universal-Edition Kl. Part. I ; St. 6 M. * 

Wolf, Bodo: op. 16 Streichquartett (Edur). Bergstraesser, 
Darmstadt Kl. Part. 2,50; St. 10 M. 

c) Sonffige Inftrumenfalwerke 

Brahms, Joh.:ZweiSarabanden.f. Klav. Nachgelass.Werkm. 
einem Vorwort v. Max Friediander und der Wieder- 
gabe der Urschrift. Simrock 3 M. 

Caland, Elisabet: PraktischerLehrgang des ktinstlerischen 
Klavierspiels mit zahlreichen Erlauterungen 2 Bde. 
Heinrichshofen 20 M. 

Frankenberg und Ludwigsdorf, Anna v.: Sonate (c) f. 

Pfte. Herder, Karlsruhe 4,20 M. 
Fuchs, Robert: op. 109 Sonate Nr. 3 (Des) f. Klav. 

(Robitschek) .6 M. 

Halm, August: Klaviertibung. Ein Lehrgang des Klavier- 
spiels nach neuen Grundsatzen, zugleich erste Ein- 
fiihrung in die Musik. 1. Bd. Zumsteeg 20 M. 



. 2i 



Halm, Aug. : Violintiburig. Ein Lehrgang des Violinspiels 

Heft 1. Zumsteeg 5 M. > 

Nierfiann, Walter: op. 60 Sonate (a) f. Pfte. Kahnt 4M. 
— , — : op. 63 Alt-China. Suite f. Klav. Peters 1,50 M. 

Pfitzner, Hans; Palestrina. Musikal.legende. Vorepiele 
bearb. f. Klav. 4h. (Otto Singer). Fiirstner 6 M 

Riidinger, Gottfried: op. 28 Sonate (G) f. Klav. Wunder- 
horn-Verlag 4 M. 

Schwarz-Reiflingen, Erwin: Technik der Guitarremusik. 
Eine Auswahl aus den Meisterwerken alter Guitarre- 
musik Heft 1. Zwifiler 3 M. 

Zuschneid, Karl: op. 83 Die Technik des polyphonen 
Spiels in Vorubungen tnit ausgefiihrten Beispielen f. 
Pfte. od. Harm. Vieweg 5 M. 

IL Vokalmufik 

a) Opera*) 

Albert, Etigen d' : Revolutionshochzeit. Klav.-A. (Otto 

Singer). Drei - Masken - V. 20 M. 
Bittner, Julius: Der Bergsee. Klav.-A. (Otto Lindernann). 

Universal-Edition 15 M. 

Delius, Frederick: Fennimore und Gerda. Zwei Epi- 
soden aus dem Leben Niels Lyhnes. Klav.-A. (Otto 
Lindernann). Universal-Edition 8 M. 

Foerster, Jos. B.: op. 100 Nepreniozeni. Klav.-A. in. 
bOhm. Text Universal-Edition 10 M. 

Gal, Hans: op. 4 Der Arzt der Sobeide. Kom. Oper. 
Klav.-A. Universal -Edition 15 M. 

Humperdinck, Engelbert: Gaudeamus. Szenen aus dem 
deutschen Studentenleben. Klav.-A. (Otto Singer). 
Fiirstner 16 M. 

Montemezzi, Italo: Die Liebe dreier Konige. Klav.-A. 
(deutsch). Ricordi 12 M. 

Schoeck, Othmar: Don Ranudo. Kom. Ooer. Klav.-A. 
(Otto Singer). Breitkopf & Hartel 20 M. 

Schuster, Bernhard: Der Jungbrunnen. Romant. Oper. 
Klav.-A. (F. H. Schneider). Universal-Edition 20 M. 

Sidhr, Richard : Use. Fantast. Oper. Klav.-A. Universal- 
Edition 12 M. 

Straufi, Richard: op. 65 Die Frau ohne Schatten. Klav.-A. 
' (Otto Singer), Fiirstner 24 M. 

Waltershausen, Hermann Wolfgang v. : Die Rauensteiner 
Hochzeit. Klav.-A. (Hans Scholz). Drei-Masken-V. 15M. 

Weingartner, Felix : op. 65 Musik zu Shakespeares „Der 
Sturm". Klav.-A. (Alois Haba). Universal-Edition 10M. . 

— 9 _ : p^ 66 Meister Andrea. Komische Oper. Klav.-A. 
(mit Dialog) Universal-Edition 12 M. 

Wolf, Hugo: Der Corregidor. Klav.-A. Peters 7,50 M 

b) Sonffige Vokalwerke 

Andreae* Volkmar : op. 28 Magentalied („In Bohmen 
liegt ein Stadtchen") f. Mannerchor m. Orch. Hug 
Part. 4AI.; Orch.-St. 8 M. 

*) Opern-Partituren pflegen meist nur zu vorher 
zu werden. 



Keufilef, Gerhard v, : Die Mutter. Ein Marien-Oratorium. 
Klav.-A. Rahter 10 M, 

Koch, Friedrich E.: op. 42 Die Weissagung des Jesaias.* 
EineKammerkantate. Leuckart Part. 5M.;Orgel-A.2,50M. 

Langgaard, Rud* Immanuel: Spharenmusik f. Soli, Chor 
u. Orch. Hansen Part. 30 M. 



Ill, Biidier 
und Zeindiriffen^Auffa^e 

(alphabctisch sowohl „ nach Stichworten wie nach den 
Verfassern geordnet) 

Abert, Hermann — s, Mozart. 

Altmann, W-ilh. — s. Meyerbeer ; Orchester - Literatur- 

Katalog; Preufiische Staatsbibliothek (musikal. Auto- 

graphen). 
Astorga, Emanuel d\ von Hans Voikmann. Bd. 2 : 

Die Werke des Tondichters. Breitkopf & Hartel 10 M. 

Autographen in der Musikabteilung der Preufi. Staats- 
bibliothek — s. Preufiische Staatsbibliothek. 

Bachs Ddur-Praiudium u. Fuge f. Orgel von Reinhard 
Oppel — in: Zeitschrift f. Musikwissenschaft II, 3. 

Beethoven und die musikalischc Zeitschrift Cacilia — in 
Mailer-Renter, Th.: Bilder u. KUinge des Friedens. 

— als Pianist und Dirigent von Konrad Huschke. 
Schuster & LOffter, Berlin 2,50 M. 

— . Die rhythmische Bedeutung der Hauptmotive im 
1. Satze der 5. Symphonie von B. in M tiller-Re liter, 
Th.: Bilder u. Kl^nge des Friedens. 

— . Warum diirfen wir die neunte Symphonie audi 
heute spieien? Von Felix Weingartner — in: 
Sang- u. Klang-Almanach 1920. 

Berg, Alban — s. SchCnberg, Arnold op. 9. 

Biehle, Joh. — s. Rauni und Ton. 

Brahms, Joh.: Briefwechsei Bd. 11 u. 12 = Briefe an Fritz 
Simrock Bd.3 u. 4 (Max Kalberg). Deutsche Brahms- 
Gesellschaft, Berlin 8 M, 

Biicken, Ernst — s. Reich a. 

Cahn-Speyer, Rudolf: Handbuch des Dirigierens. Breit- 
kopf & Hartel 15 M. 

Calatid, Elisabet — s. Klavier. 

Chopin, Frederic. Von Bernard Scharlitt. Breitkopf 
& Hartel 12 M. 

Chrysander, Friedr. — s. Handel. 

Dirigieren — s. Cahn-Speyer. * 

Einstein, Alfred — s. Musiklexlkon. 

Frieden. Bilder und Kiange des Friedens — s. Miiller- 
Reuter. 

Geschichte der Oper — s. Kretzschmar, 
vereinbartqn Preisen von der Verlagsfirma direkt abgegeben 



22 



H&ndel, Georg Friedr. Von Friedrich Chrysander. 2. un- 
ventnderte Aufl. Breitkopf & Hartel, Leipzig 30 M. 

Harmonik — s. Merkel. 

HeuB, Alfred — s. Kammernuis'ik. . 

Huschke, Konrad — s. Beethoven. 

Jahn/Otto — s. Mozart 

Italien. Ober ein handschriftlichcs Sammclwerk von 
Gesihigen itatienischerEruhmonodie von Paul Nettl 
— in: Zeitschrift f. Musikwissenschaft II, 2. 

Jtingste Musik — - s. Pis ling, Sigmund. 

Kammermusikabende. *Auf welche Weise kann Kammer- 
musik dem Volke gebotcn werden? Erlauterungen 
von Werkcn der Kammcrmusik. Von Alfred HeuB. 
Breitkopf & Hartel 4,50 M. 

Kinsky, Georg — s. Klavier (kurze Oktaven). 

Klavier. Anhaltspunktc zur Kontrollc zweckrnaBiger 
Annbcwegungen beini ktinstlerischen Klavierspicl. Von 
Elisabeth Caiand. Heinrichshofcn 7,50 M. 

-— . Kurze Oktaven auf besaitetcn Tasteninstru'mcnien. 
Ein Beitrag zur Oeschichte dcs Klaviers von Georg 
Kinsky — in: Zeitschrift f. Musikwissenschaft II, 2. 

- : - s. Sch a rwenka. 

Kretzschmar, Hermann: Oeschichte der Oper. Breitkopf 
& Hartel, Leipzig 14 M. 

Kritlk, Die. Zeitschrift tind Sammclwerk fiir Thcater- 
Interessenten. Ausgabe B: Oper, Operette, Tanz. 
Kritik-Verlag, Giistrow i. Meckl., vicrteljahrlich 15 M. 

Liszt, Franz: Briefwechsel rnit Wagner --- s. Wagner. 

Mahler, Gustav, und Schuch, von Dr. Fritz Stiedry in: 
Sang- und Klang-Almanach 1920. 

Merkel, Joh. : KurzgefaBtcs Lelirbuch der Harmonik. 
2. verb. -ti. crweit. Aufl. Breitkopf & Hart 1 4 M. 

Meyerbeer itn Dienste des preuBischcn Konigshauscs 
von With. Altmann -- in: Zeitschrift f. Musik- 
wrssenschaft II, 2. 

Mozart, W. A. Von Hermann Abert 5. vollst. neu- 
bearbjitete u. erweitcrte Ausgabe von Otto Jahns 
Mozart. Toil 1. Breitkopf & Hartel 35 M. 

Mtiller-Reuter, Thecdor: Bilder und Ktangc des Friedens 
[Vcrmischte Aufsatze]. W. Hartung, Leipzig 12 M. 

Muslkbiatter des Anbruct.s. Halbmonatsschrift f. modcrnc 
Musik. Universal-Edition jahrl: 16 M. 

Musikgeschichte, Handbuch der — s. Riemann. 

Musiklexikon, Hugo Riemanns. 9., vom Verf. noch 
vollstandig umgearbeitetc Auflage, nach seincrn Tode 
fertiggestclit v. Alfred Einstein. Max Hesse gut 
geb. 65 M. 

Nettl, Paul — s. Italien. 

Niklsch, Arthur: Erinnerungen aus meiner Wiener Jugend- 

zeit — iit: Sang- und Klang-Almanach 1920. 
Notationskunde — s. Wolf, Joh. 

Oktaven, Kurze, auf besaiteten Tasteninstrumenten — 
s. Klavier. 

Oktoechos — s. Serbischer. i 



Oper, — s. Kritik, Die. Zeitscliritt. 

— , Geschichte der — s. Kretzschmar. 

Qppel, Reinhard — s. Bach. 

Orchester-Literatur-Katalog. Verzeichnis vonseit 1850 
erschienenen Orchesterwerken (Symphonlen, Suiten 
. . . Konzerten . . .) nebst Angabe der hauptsachlichsten 
Bearbeitungen v.Wiih. Altmann. Lenckart, Leipzig 5M. 

Pisling, Siegmund: Jttngste Musik — in: Jang- und 
Klang-Almanach 1920. 

PreuBische Staatsbibliothek. Der Zuwachs an Auto- 
graphen in der Musikabteilung der PreuB. Staatsbibi. 
in der Zeit vom 1. April 1914 bis 30. Juni 1919 von 
Willi. Altmann — in: Zeitschrift f. Musikwisscn- 
schaft II, 3. 

Rarnn und Ton. Eine akustische Studie von Joh.Biehle 
— in: Zeitschrift f. Musikwissenschaft II, 3. 

Reicha, Anton, a!s Theoretiker, von Ernst Buck en — 
in: Zeitschrift f. Musikwissenschaft II, 3. 

Riemann, Hugo: Handbuch der Musikgeschichte. I, 1; 
Die Musik des Aitertums. 2. Aufl Brcttkopf&Hartel 10M. 

■— , -: ■- s. Musiklexikon. 

Sang- und Klang-Almanach 1920. Hrsg. Adolf Wcifi- 

mann. Neufeld & Henius 3,25 M. 
Scharlitt, Bernard — s. Chopin. 
Scharwenka, Xaver: Methodik des Klavierspiels. 3 Aufl. 

Breitkopf & Hartel. 4 M. 
SchOnberg, Arnold. Kammersymphonic op. 9 Thematische 

Analyse v. Alban Berg. Universal -Edition 0,35 M. 
Schueh, Ernst, von Dr. Eritz Stiedry — s. unter Mahler. 
Schumann, Clara — in; Muller-Reuter, Th.: Bilder 

u..Klange des Friedens. 
Sciling, Max — s. Wagner. 
Serbischer Oktoechos. [Kirchengcsimgc nach 8 Tonen]. 

Seine Struktur von Egon Wellesz — in: Zeitschrift 

f. Musikwissenschaft II, 3. 
Simrock, Eritz — s. Brahms, Briefe an Eritz Simrock. 
Specht, Rich. — s. StrauB, Rich., DieFrau ohneSchatten. 
Stiedry, Eritz -— s. Mahler und Schuch. 
StrauB, Richard: op. 65 Die Fran ohne Schatten. The- 
matische Einfuhrung v. Rich. Specht. Fiirstner 2,50M. 
Volkmann, Hans — s. Astorga. 
Wagner, Rich.: Briefwechsel zwischen W. und Liszt 

4. Aufl. Breitkopf & Hartel 14 M. 
— . Die Musik im Kunstwerk R. Wagners, von Max 

Selling. Hans Sachs -Verlag, Munchen 4,50 M. 
Weingartner, Felix — s. Beethoven. 
Weifirtiann, Adolf — s. Sang- und Klang-Almanach. 
Wellesz, Egon — s. Serbischer Oktoechos. 
Wieck* Friedrich, in seinen letzten Lebensjahrcn — - in 

Muller-Reuter, Th.: Bilder u. Klfinge des Friedens. 

Wien — s. Niklsch, Arthur. 

Wolf, Johannes: Handbuch der Notationskunde. II. Tell: 

Tonschriften derNeuzeit, Tabulaturen, Partitur, General- 

bafl u. Reformversuche 25 JVL 



23 



I Breitkopf & Hartel - Berlin w. 9 1 

<§ Pofsdamer Sfraj3e 21 (parterre und j. Efage) »J 

I Raabe & Plofhow - Mufikalienhandlung J 

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S Abfeilung fiir famfliche Mufik- I 

§ Inffrumenle und Beffandfeile I 

!« f« 

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1 Fliigel /. Pianos /. Harmoniums 1 

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|| :: HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. ADOLF WEISSMANN :: §| 

=H Mit Originalbeitrdgen von Generalmusikdirektor Felix Weingartner I Prof. Arthur H| 

=1 Nikisch I Prof. Oscar Pie Prof E. Humperdinck I Prof Adolf Weissmann fj| 

HI Dr. Stiedry Siegrnuud Pisling usw., sowle mit zahlreichen ganzseitigen. =| 

= Bildertafeln in Tonfarbendruck und einer Notenbeilage, ||| 

H Klein-Oktav, hochelegant gebunden, Ladenpreis nur Mark 3.25 J} 

JH Ein kleines SchmuckstOck f ur die Bibliothek =j. 

=j eines jeaen Buch- und Musikfreundes. iH^ 

=H Der 1. Kapellmeister am Deutschen Opernhaus zu Berlin, Herr Eduard Morike, schreibt uber Up 

fH den Almanach; „lch hegluckwunsche Sie und den Herausgeber zu der ganz famosen Arbeit, §|§ 

' == die durch ihre wertvolien Beitrage fraglos daslnteresse allerKreise erregen wird. Ich freue mlch, == t 

~= daB endlich einrnal wirklich et was Gutes auf dem musikalischen Markt erschienen 1st und ||^ 

JH wunsche Ihrem jungen Unternehmen nur das allerbeste." JU 

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§j BERLIN SW. H :: QROSSBEERENSTR. 94a p 




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gmg^fr^^ . : 



Copyrigbi 1920 by Neuendorff & Moll Berlin-Wel$en|ee 
Nofenbeilage zu „Me)os" 1. Hefi Februar 1920. 



m^M*^v? 




Erscbeint am 1. und 16. jedeu Monafcs. Zu beziehon durch die Postanstalten, Buch- u, Musikalienhandlungon, sowie direkt vom Verlag. 
Reda-ktion: Borlin W. 10, Kouigin Augustasfcr. 34, JFernrui': Lilfczow 3-123. — Verlag: Berlin- Weissensee, Berliner Allee 71, Fernruf: Ws. 126. 
Preis des EinzelheXtes Mk. 2.40, im Viertelj.-Abonn. Mk, 12.—, bei Kreuzbandbezug vierteljahrlicb Mk. 13.—. — Naehdruck vorbohalton. 



Nr. 2 



Berlin, den 16. Februar 1920 



L Jahrgang 



INHALT 



HEINZ TIESSEN . . Der neue Sfrom, II. 

Dr. HUGO LEICHTENTRITT ..... Die Quellen des Neuen in der Mufik 

EDUARD ERDMANN Moderne Klaviermufik 

ALFRED DOBLIN Vom Mufiker (Ein Dialog mif Kalypfo) 

Dr. HANS MERSMANN Mufikalifdie Kulturfragen 

FRITZ FRID. WINDISCH Mufikphyfiologie . 

SIEGMUND PISLING . Paul Bekkers „Neue Mufik" 

Prof. Dr. ALTMANN Bedeufende Neuerfcheinungen und Manufkripfe 

BEILAGE: „Grablied", Lied von Heinz Tieffen in Fakfimile 

(aus Shakespeares „Cymbelin"; ubersetzt von Ludwig Berger) 



„MELOS" 

in einer Luxusausgape 

erfcheinf monaflidi einmal im Kunffverlag 

Fri&Gurliff, Berlin W 35 



Der neue Strom 



Von Heinz Tieffen. 

II. 

Kami man Mufik mif Polifik in Zufammenhang bringen? Dafiir zeugflder ehr- 
Wiirdigffe Gewahrsmann: kern Geringerer als Plafo hielf die Auswiichfe der Mufik — 
oder was ihm Jo erfchien — geradezu fiir ffaafsgefahrlichi Grillparzer nennf Webers 
Euryanfhe eine polizeiwidrig fcheuj31iche Mufik, die Unmenfchen heranziidifen miij3fe, 
und bedauerf, daj5 man dergleidien nichf, wie in den gufen Zeifen Griechenlands, mif 
Sfrafe von feifen des Sfaafes belegen kann. Vogeler-Worpswede vergleichf die deuffdie 
Polifik, die zum Kriege gefiihrf haf, vielfach mif dem Wefen des auf Eindruck hin- 
zielenden Impreffionismus in den Kiinffen. Wohl libf Gedruckfes, - Gefilmfes off eine 
das menfchliche Gemeirwefen gefahrdende Wirkung auf fafendurffige Knaben (von der 
gelegenflich ffaafs- und minifjergefahrdenden Machf der Preffe zu fchweigen); dennodi 
kann man im allgemeinen, wenn man die verfdiiedenen Gebiefe geiffiger Befafigung 
auf ihre gegenfeifige Einwirkung hin priiff, nidif grundfa&lich die Ereigniffe auf einer 
Seife fiir die Urfache erklaren und die anderen fiir die Folge. Vielleichf kamen uns fonff 
nodi gar die konfervafiven Mufiker mif dem Anfrag, den Arnold Schonberg als Haupf- 
fchuldigen des polififdien Zufammenbrudis vor den offerreichifchen Sfaafsgeridifshof zu 
ffellenl Sein Verfeidiger aber wiirde ihn im Gegenfeil als Vorfiihler eines neuen 
Aufbaus riihmen. Plafos Gedanke und griechifcher Braudi find alfo fiir uns juriffifdi 
dodi nichf ganz unanfechfbar durchzufiihren, da nur riickblickende Gefdiidife voile 
Beweiskraff haben kann, und eine „Schuld" nichf erweislich iff. Denn eine gemeinfame 
Wurzelverwandf Jchaff verbindef die geiffigen Regungen, die aus den Grundbedingungen 
desfelben menfchheiflichen Enfwickelungsffadiums fidi enffalfen. — Heufe ffehf die 
polififdie Taffadie im Vordergrund, dajS eflidie Inhalfe der Kunff (am handgreiflichffen: 
Konvenfionelle Familieri-Probleme in der Liferafur) im fpezififch Biirgerlidien befchrankf 
find und dem Prolefarier nichfs bedeufen konnen. Das kann fiir die Kunff eine neue 
Kraffquelle des Rein-Menfchlidien und Wefenflichen werden. Und es iff kein Zufall, 
daj3 gerade in den le^fen Jahren heffiger Gegenwind gegen das Nur-GefchmacMerifche 
eingefe^f hat Wie Polififdies, Soziales die auj3ere und innere Gefamfhalfung der 
Kiinffe regulafiv beeinflu|5f haf, erweiff ihr ganzer gefdiidiflicher Werdeprozej3. In 
unferer Zeif haf man mif verffarkfem Nachdruck darauf hingewiefen. (Idi nenne Paul 
Bekker.) Die Einfidif in die Bedeuffamkeif foldier heferogenen Einfliiffe konnfe aber 
auch leichf zu deren IDberfdia^ung fiihren; darum darf man niemals vergeffen y da)5 es 
eine aufonome und aufodifhone Kraff iff, die dem fchopferifdien Menfchen innewohnf 
und mif ihrer Eigengefe&lichkeif der griindende Ur-Boden feiner Leiffung bleibf. 

Einen anderen, engeren, auj3erlidieren Sinn haffe es, wenn idi (im vorausgehenden 
Kapifel) Wendungen aus dem Worffcha&e der Polifik vergleichsweife auf die mufikalifche 
Umwalzung anwandfe. Nichf ohne gewiffe Abfichf,' nichf als aujSeren Schnorkel fiigfe ich 
meinen (vor zwei Jahren im Konigsberger Goefhebund vorgefragenen) mufikalifdien 
Gedankengangen diefe fozialiffifdien Mefaphern ein. Man kann namlich heufzufage 
an alien Enden das Worf „Bolfchewismus in der Mufik" lefen und horen, worunfer 

26 9 /., ', .''" 



man fich (mij5-)klanggewordenen „Biirgerfchreck", „ Chaos", „Anarchie" vorzuffellen haffe. 
Entgegen diefer unfinnigen Begriffsbildung zeigfe ich, wie und wo eine Neuordnung 
der Tonelemenfe mif einer Neuordnung des mepfdilichen Gemeinfchaffslebens einen 
verfaffungsmaj3igen aujSeren Vergleichspunkf biefef. — * 

Wer heufe unfer Tonfyffem bemangelf, hat wohl nichf das purifanifche Bediirfnis, 
die reine Sfimmung nur urn ihrer felbff willen wiederherzuffellen, fondern vielmehr den 
Wunfch, die Klangmoglidikeif en zu verfeinern und anff elle der zwolf Halbfone unferes 
Syffems den reichen Farbenraufdi eines unendlichen Meeres von Tonen einzufaufchen, 
IDberall regf fich feif langem das Bediirfnis nadi feineren, weicheren Verfdiiebungen der 
bisherigen fonlidien Grenzen. Der paffive Impreffioniff fand verfchwebende Zwifchen- 
fone, Klangkomplexe, duffige oder lippige Sfimmungs-Hinfergriinde. Und darauf fein 
Widerparf, der akfive Expreffioniff, drangf heufe fein Lebensgefiihl in abfolufe Konfuren 
von neuer, kiihner Linienfiihrung. 

Das gleiche Bediirfnis, Welches das Tonmalerial aufzuruffeln und mif neuen Keimen 
zu verjiingen frachfefe, fudife audi die Ton for men gleidi abgeernfefem, ffarrem Boden 
aufzulockern und zu neuer Gefchmeidigkeif zu beleben und fchopferifch zu durchdringen, 
Bejonders fchon und eindringlich find die Wprfe, mif denen Bufoni in feinem „Enfwurf 
einer neuen Aeffhefik der Tonkunff" (an der der Tifel das fchwachffe iff), die Voraus- 
fe^ungslofigkeif des Sckaffens und die Souveranifaf des Schaffenden der kunffhand- 
werklidien Paragraphenfammlung gegeniiberffellf: „Die Roufine wandelf den Tempel 
der Kunff um in eine Fabrik. Sie zerfforf das Schaffen, Denn Schaffen heij3f: aus 
Nichfs erzeugen. Die Roufine aber gedeihf irn Nachbilden." — Freilidi iff es nichf ciamif 
gefan, daJ5 man den Schaffenden (Niefjfches „aus fich rollendes Rad") auf die eine 
Seife und alles irgendwie aus Gefe&en Beffehende auf die andere Seife ffellf, wie Bufoni 
es fuf, wenn er zarafhuffrifdi ausruff: „Die Aufgabe des Sdiaffenden beffehf darin, 
Gefe&e aufzuffellen, und nichf, Gefefjen zu folgen. Wer gegebenen Gefe&en folgf, horf 
auf, ein Schaffender zu fein/' Ein fo einfa drier Hieb fcheinf mir den gordifdien Knofen 
des fdiopferifdien Problems denn doch nichf zerfeilen zu konnen. Ich glaube, daJ5 
alle wahre Kunff ewigen Gefe^en unbewujSf gehorcht Diefes Ewige darf 
man nur nichf dorf fuchen, wo es nie und nimmer liegen kann: in fechnifchen 
Sfileigenfiimlichkeifen irgendwelcher bedeufender hifforifcher^Perioden, Und doch haben 
unaufhorlich zahllofe Manner des Faches Zeif vergeudef mif der liberfliiffigen, ja fchad- 
lichen Verrichfung, Gefe^e peinlich feffzulegen, die nur im nladeren, befchrankferen Sinne 
Gefefje find: Gefe^e, die aus den jeweiligen hifforifdi bedingfen Erfcheinungsformeji der 
Kunff und dem jeweiligen finnlichen und geiffigen Enfwickelungszuffande der Bewohner 
unferer miffeleuropaifchen Lande fich herleifefen und mif diefen Bedingungen fich felbff 
verandern und vergehen mu)3fen und miiffen; im Prinzip vergehen, auch wenn her- 
vorragende Werke dank ihrer fdiopferifdien Geiffeskraff jenen Dauerwerf gewinnen, 
welcher der hifforifchen Begrenzung fpoffef. (Denn das Kunffwerk als foldies iff und 
gilf, unabhangig von Enfwickelungsfragen — wahrend in den Wiffenfdhaffen jedes 
neue Refulfaf die alferen auj5er Kurs fe£>t Kiinfflerifch Vollkommenes darf wohl das 
Affribuf „klaffifch" fragen; jedoch darf man nichf vergeffen, daj3 jeder Verfuch, Voll- 
kommenes als fradifionelles Muffer feffzulegen, dem Wefen des Schaffens zuwiderlauff 
und es deklaffierf.) „Gefe^e" genannfer Arf, die als Harmonie — , Konfrapunk( — und 
Formenlehre jedem Schiiler aufs neue als Grundwerfe der Tonkunff eingeimpff werden, 
fo)¥j^n von vornherein unfer ffandiger Beriickfidifigung des Hifforifdi-Genefifchen 
|lf/Not|j er ifiiiifi^en Gefamfvorausfe^ungen behandelf werden; als Relafiva, nichf als 
F u ' \fa; als Lehre des Sfilgefiihls, welches fagf; die Gefamfhalfung eines Sfiles muj5fe 
m\ e \ Tonfolgen gls ihm vollig unaffimili§rbar ausfcheiden, Wahrend diefelben Ton- 

27 



folgen dem Sfile einer anderen Periode nichf einmal als befondere Freiheifen er- 
Jcheinen konnten. 

Ewige Gefefje konnen nur in s einem anderen hoheren Sinne waif en: Goff ftillf 
nidif den Loffel, audi nichf den Teller, fondern die Schiiffell Ewige Gefefie miiffen im 
gemeinfamen Wefen alles kiinfflerifdien Schaffens felbff verankerf fein und in ihm 
jederzeif unwillktirlich fidn auswirken, wie audi immer die jeweiligen hifforifdien 
Erfcheinungsformen des Schaffens gearfef fein mogen, und von wie „revolufionaren" 
Abfidifen der Schaffende audi immer geleifef fein mag. Das Ewige der Kunff kann 
nur in dem inneren Sinne der fchopferifchen Funkfion felbff gefudif werden, d. h. in 
in dem Triebe und Vermogen des fchopferifchen Geiffes, aus einem feelifch-geiffigen 
Keime heraus mif den reinen Miffeln einer Kunff einen felbffgenugfamen Organismus 
zu geffalfen. Erffrebenswerfes Ziel iff. folche „ewigen Gefef3e" zu finden; oder, be- 
fcheidener, nur: in richfiger Fahrfe zu fuchenl Denn der ProzeJS des menfchlichen 
Geiffeslebens iff unendlich, jedes vermeinflidie Refulfaf aber kann nur ein endlidies 
fein. Unendlich, wie das Ganze, iff audi jedes Einzelnen kiinfflerifches Schaffen felbff, 
ewig neues Weiferfchreifen, „Sfirb und Werdel" Der Kiinffler, der ferfig iff, iff — 
„ferfig". Sehr bequem fur den Kiinffler (und fehr gleichgulfig gegen den Inhalf) ffellen 
fidi diejenigen die „Form" vor, die in ihr ein Gegebenes vermufen, einen Behalfer, 
in den man feine Tone nur fo hineinzuf chuff en brauchf, wie Niiffe in einen Sack. Doch 
auch keine Vorausbeffimmung der Form durch den Inhalf iff nun die Lofungl 
Das Schaffen erff fchafff die Form. Form ffehf nichf am Anfang, fondern am Ende 
der Arbeif. 

Wie Ewig-Bindendes, Unabanderliches audi im Material von derNafur gegeben 
iff, habe idi im erffen Kapifelberiickfichfigf. Die jefif beriihrfe Frage des kiinfflerifchen 
Geffalfens fiihrf hinein in die verfchiedenen Arfen fchopferifdier Einffellung, wie fie 
gerade zu unferer Zeif nach zwei auj5erffen Gegenfaf^en hin fidi prazifierf und zum 
Gegenffand lebhaffeffen Richfungsffreifes gemachf haben. Diefes bleibe einem Schluj3- 
kapifel vorbehalfen. 

(Schlu^ folgf.) 



* 



Die Quellen des Neuen in der Mufik. 

Von Dr. Hugo Leichtentritt. 

Bei alien Neuerungen in der Kunft muB man unterfcheiden zwifchen den groBen fchopferifchen 
Ideen felbft, der Entdeckung neuer Kontinente fozufagen und der Ausarbeitung diefer Ideen im 
Einzelnen, vergleichbar der Urbarmachung, Kolonifation eines der Wirtfchaft neu zugefllhrten 
Gebiets, 

Dabei ergibt fich fUr die Mufik, daB die groBen Ideen fehr gering an Zahl find und^nift 
erft in langeren Zeitraumen einander folgen. Oberblickt man die etwa 2000 Jahre der ^ e \fik- 
gefchichte, fo wSren an folchen groBen Ideen, die einen Weridepunkt der Kunft bedeute| er Ay/a 
die folgenden zu nennen: / / 

28 



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Copyright 1920 by Neuendorf f & Moll Berlin-WeiBensee 
Notenbeilago zu n Melos 1 * 4. Heft April 1920. 



1. Die Entdeckung der Tonalitat und der Tonarten durch die griechifchen Mufiker. 

2. Die Entdeckung der Mehrftimmigkeit, des Kontrapunkts im Mittelalter. 
Die freien, taktlofen Rhythmen. Die Architektur der Mufik, Fuge, Kanon. 

3. Die Klaviatur, ihre Anwendung auf Orgel und Klavier. 

4. Die akkordilche Begleitung, der GeneralbaB im 17. Jahrhundert, der Takt. 

5. Das Mufikdrama, der Sprachgefang, die Monodie mit Begleitung. 

6. Dur und Moll, die temperierte Skala, die Formulierung der Harmonik durch Rameau. 

7. Die Sonatenform, die thematifche Durchftthrung. 

8. Eindringen der romantifchen malerifchen Vorftellungen, der Chromatik, Klangfarbenkunft 
des neuen Orchefters. # 

9. EinflUffe der orientalifchen Mufik, neue Skalen. 

10. Beginnende AuflOfung der Tonalitat, Vorbereitung eines neuen Tonfyftems durch Drittel- 
und VierteltOne. 

Fragt man nach den Entdeckern diefer wahrhaft epochemachenden UmwSlzungen, fo ergibt 
fich, daB die groBen Meifter der Tonkunft nur zum kleinften Teil hier zu nennen find. Weder 
Paleftrina, noch Orlando di Laffc, Heinrich Schlltz, Handel, Bach, Gluck, Mozart, Beethoven, 
* Weber, Schubert, Mendelsfohn, Brahms kommen hier in Betracht. Was fie Neues brachten, fteht 
auf einem anderen Blatt, es ift ihre gewaltige PerfOnlichkeit, der Ausdruck ihres inneren Erlebens, 
das Subjektive, Individuelle, Unnachahmliche. Die feelifcheft, geiftigen Werte, urn die es fich 
hier handelt, find die Blute der Kunft, wahrerid die genannten neuen Ideen der Wurzel zu ver- 
gleichen waren. Das Grundlegende, Stoffliche, Sachliche, Gemeinfame kommt in ihnen zum 
Ausdruck, dasjenige, was fahig und geeignet ift, Schule zu machen, wahrend die groBen Einfamen, 
die Meifter eigentlich unnachahmlich find, und wenn fie Schule machten, zum Epigonentum 
ftihren. In Einzelheiten der Technik, Dingen minder grundlegender Art haben auch die groBen 
Meifter viel Neues gebracht, im Wefentlichen aber haben fie mit der Entwicklung und Vollendung 
der Zeitideen zu tun. Ihr h5chftes Ziel ift: das Zeitliche, aus beftimmten Vorausfetzungen, in 
beftimmter Umgebung entftandene zeitlos zu machen, es gleichfam umzumtlnzen in einen Wert, 
der immer und iiberall gilt. Sie vergeiftigen die Materie, die ihnen durch die neuen Ideen der 
Spekulation mehr oder weniger roh zugefilhrt wird. 

Es fei in Kurze auf die oben angefUhrten Grundgedanken der mufikalifchen Entwicklung 
eingegangen, mit der Tendenz die Quellen jeder diefer Neuerungen aufzuweifen. 

Die Mufik wird zu einer wirklichen Kunft erft, indem fie aber das primitive, inftinktmSBige * 
Mufizieren hinaus eine Theorie, eine fefte Regel, ein Syftem fich fchafft. Dem philofophifch fo 
reich veranlagten griechifchen Geift war diefe Leiftung vorbehalten. Sie wurde die unentbehrliche 
Grundlage, ohne die auch die Mufik des 20. Jahrhunderts nicht denkbar ift Der Begriff der 
Tonalitat, der Tonleiter, Tonart, der Intervalle wurde hier aufgeftellt, Damit kam man taufend 
Jahre hindurch aus. 

Die folgenfchwerfte Neuerung der ganzen Mufikentwicklung kam zuftande, als zum erften 
Male ein ungenannter Monch des Mittelalters mit dem Gedanken fpielte, daB man mit zwei oder 
drei Stimmen nicht nur unifcno fingen kOnnte, fondern auch in Zufammenkiangen verfchiedener 
TGne. Die Mehrftimmigkeit war geboren, und mit ihr kam die endgiltige Trennung der europaifchen 
von der orientalifchen Mufik, der harmonifchen Kunft von der ausfchlieBlich rhythmifch-melodifch 
einftimmigen Mufik des Oftens, die bis zur Gegenwart noch an ihrer Eigenart fefthait. 

Vom Quintenorganurn des MOnches Hucbald Uber Joh. Seb. Bach (etwa achthundert Jahre 
f pater), bis in unfere Tage hinein fUhrt der Entwicklungsweg der Idee: Mehrftimmigkeit. Die 
einzelnen Stationen diefes Weges laffen deutlich erlcennen, wie eine Neuerung aus der anderen 
abgeleitet ift, wie die Grundidee fich fpaltet und veraftelt. Das rohe crganum: ¥erdopplung 

29 



elner Melodic in der Quarte oder Quinte hat nach etwa zweihundert Jahren feine Kraft erfchopft. 
Man ift der unabanderlichen Parallelquinten- und -quartengange tiberdriiffig geworden. Irgend 
ein ungenannter Mufiker probiert, ob man nicht auch die Gegenbewegung verwenden konne. 
Der Kontrapunkt ift gefunden, die Moglichkeit, einer" Stimme anders gefilhrte Gegenftimmen 
gegeniiberzuftellen. Nun kann zwar ein kUnftliches Geflecht von Stimmen hergeftellt werden, 
aber noch weiB man nicht, die verfchiedenen Stimmen zur hoheren Einheit zufammen zu 
fiihren. Das Zeitalter der Scholaftik, der gotifchen Baukunft findet auch hierfiir die neue Technik: 
Irgend jemand erfindet das Prinzip der „Nachahmung" (es wird neuerdings dem aiten Ockenheim 
zugefchrieben). Wieder eroffnen fich neue Moglichkeiten fiir die Kunft, Ein Motiv wird durch 
die Stimmen geftihrt, fie fpielen mit ihm, ahmen einander nach, unterhalten fich iiber ein gemein- 
fames Thema: Die JLogik des mehrftimmigen Gefuges ift gefunden. Die Mufik ift nun 
intellektuell mtlndig geworden. Auf diefer Bafis entftehen Kanon, Fuge mit ihren Abarten. Mehr 
als das: die architektonifchen ldeen der Zeit konnen nun auf die Mufik ubergreifen. Die 
Konftruktion wird ein wichtiger, unerlaBlicher Beftandteil der Kompofition. Maji baut in Tonen 
Geflige von machtiger GroBe, zwingendem Zufammenhalt, aber auch von zierHchem Spiel der 
Konturen. Auch die Idee des Profils, der Ze^hnung, des Spiels der Linien gegen- und mit- 
einander, der Arabesken wird fiir die Mufik fruchtbar. Die Mittel find gegeben urn aus der 
gegenfeitigen Beziehung von Wort zu Ton neue Worte des Klang'es und des Ausdrucks zu Ziehen. 
Die Torimalerei, erft erne Spielerei, wird in den Motetten, Liedern, Madrigalen des 16. Jahr- 
hunderts zu einem legitimen Kunftmittel. Das Erwachen der italienifchen Literatur in der 
Renaiffancezeit geht an den Mufikern nicht eindrupkslos vorbei. 

Die mittelalterliche Architektonik hat zwifchen 1500—1600 ihren Hohepunkt in der Mufik 
Uberfchritten. Die groBen niederlandifehen Meifterftucke der Polyphonie, bei Josquin des Pres 
und Orlando di Laffo, die italienifchen Gegenftucke bei Paleftrina, den Gabrieli in Venedig waren 
nicht mehr zu ilberbieten. Die architektonifche Idee hat fich erfUllt, nun drangt der literarifche 
Renaiffancegeift fich mit Macht nach oben, es entfteht die artiftifche Literaturfchopfung der 

Oper. Dies illegitime Kind der Renaiffanceliebe zur Antike, von der Prachtliebe italienifcher 
Furftenhofe verhatfchelt, hatte nicht auf die Dauer gedeihen konnen, wenn es fich nicht fpaterhin 
mit dem Singeinftinkt des italienifchen Volks vermahlt hatte. In diefer Ehe zwifchen Drama und 
Gefang waren nur zeiiweilig beide Teile gleichberechtigt; nicht immer war der Gefang die fchonere 
Halfte, auch die beffere, das Drama, wurde fpater von ihm vergewaltigt, bis Gluck mit machtigem 
Griff die Uberhebung des Gefangs in die gehorigen Grenzen zurtickverwies. Dem fiir das Drama 
neu zurechtgefchnittenen Gefang, der Monodie gebiihrte eine befonders geartete Begleitung, deren 
Idee grundlegend wurde ftir die gefamte Mufik von anderthalb Jahrhunderten. 

Die akko/difche Begleitung iiber dem bezifferten GeneralbaB beherrfcht die ganze Mufik 
faft ausnahmslos von etwa 1600 bis zu Bach und fpater noch. Auch diefe bedeutfame Neuerung 
jft nicht mit dem Namen eines der groBen Meifter verkniipft; ihr eigentlicher Erfintder ift un- 
bekannt, zum erften Male erfcheint fie fyftematifch ausgebaut in Viadana's „Concerti ecclefiaftici" 
vom Jahre 1602, Aber alle groBen Meifter der Tonkunft von Monteverdi an, iiber Cariffimi, 
Scarlatti, Haffe, Schiitz ufw. bis zu Handel und Bach tibten ihren Witz am GeneralbaB und 
machten aus ihm fchlieBlich das gefchmeidigfte, willigfte, brauchbarfte Werkzeug der Tonfetzkunft. 
Befonders reizvoll die Verbindung des neuen Akkordgefiiges mit der Erbfchaft der alten groBen 
kontrapunktifchen Kunft im fogenannten konzertierenden Stil, wo iiber einem GeneralbaB fich die 
obligaten Stimmen der Soloinftrumente in reizvolleii Linien iiberfehneiden, durchqueren und in 
den mannigfaltigften rhythmifchen Verhaltniffen vermifchen, wie uns dies fo manche wundervolle 
Kantatenarie bei Bach in der vollendetften Weife zeigt. Wahrend in Italien die Prunkliebe, das 
bis zum Prahlerifchen GroBztigige der Barockzeit auch die Mufik auf neue Bahnen leitete (in der 
Oper und in den vielchorigen, effektvollen GlanzftUcken der fpateren romifchen ScHule, die in 
Orazio Benevoli's gewaltiger Feftmeffe mit ihren zweiundfunfzig Partiturzeilen gipfelte), wurden 
der Mufik in Deutfchland durch die harte Not der Zeit andere Wege gewiefen. Die Verwilderung 

30 



und Verarmung, das dauerhaftefte Eroftllck des 30jahrigen Krieges zwangen zum Verzicht auf 
Luxus und GroBe. Die gequalte Menfchheit flUchtete fich in die Kirche, man wurde glSubig. 
Nur diefem Umftand ift zu danken, daB die Mufiic, kleinblirgerlich hefcheiden zwar, aber echt im 
Geftfhl, fich durch die fchlimmften Zeiten hindurch rettete. Die kleinen proteftantifchen Kantoren, 
die Choraldichtungen des 17. Jahrhunderts legen den Grund zu der gewaltigen Kunft eines Bach. 
Kann der Gefang des proteftantifchen Nordens fich nicht mit der glanzenden Kunftfertigkeit 
Italiens meffen, to wachft hier daftlr die tiefgrtlndige Inftrumentalkunft, zumal das Orgelfpiel, in 
dem der erbeingefeffene polyphone Geift der Niederlander verjtingt wieder auflebte. Es fei bei- 
laufig hier nachgetragen, daB auch die Erfindung der Tafte, der Klaviatur urn das 13. Jahrhundert 
durch einen unbekannten Mufiker eine der folgenfchwerften Neuerungen war, indern fie, was bei 
den frilheren Seiteninftrumenten mit Bogen unmOglich war, alle zehn Finger beider Hande zum 
gleichzeitigen Spielen frei macht: der mehrftimmige Gefang eines ganzen Chors wurde hier einem 
einzelnen Spieler buchstablich in die Hand gegeben. 

Wiederum eine ErfchlieBung gewaltiger neuer Moglichkeiten bewirkt die Erfindung eines 
fimplen Organiften Andreas Werckmeifter, dem es gelingt, durch die temperierte Stimmung 
der Tafteninftrumente alle Schwierigkeiten zu befeitigen, die fich aus akuftifchen Grllnden bis 
dahin beim Ubergehen aus einer Tonart in die andere ergaben. Dur und Moll, die unter dem 
EinfluB des Volksgefangs fich im 17. Jahrhundert aus den alten, immer etwas volksfremd ge- 
bliebenen Kirchentonarten abgefondert hatten, konnten erft jetzt zur vollen Auswirkung kommen, 
Seb. Bach.zog aus diefer Erfindung fofort geniale Konfequenzen, nicht nur im „Wohltemperierten 
Klavier", fondernin feiner reichen, biegfamen Harmonik Uberhaupt, die fchon das neue Kunft- 
mittel der Modulation mit groBer Virtuofitat handhabt. Allgemein gtiltig formulierte Rameau das 
Syftem der neuen Tonartenbeziehungen. Er legte dadurch den Grund zur neuen Harmonik, der 
Kunft der Kadenzen und Modulationen, die in ihrem Kern eigenilich noch bis in's 20. jahrhundert 
Gultigkeit behalten hat. Der Begriff des Dreiklangs, des Akkords wurde gefchaffen und dadurch 
erhielt der einzelne Ton eine neue Bedeutung gegentiber feiner frliheren Stellung als Beftandteil 
einer kontrapunktifchen „Stimme". Die Folge war ein neues Aufbliihen der Homophonie, ein 
frifcher Zug zum volkstumlich Melodifchen hin, das durch den GeneralbaB und die vorwiegend 
polyphonifche Behandlung der frliheren Epoche feine eigentOmlichen Reize nicht recht entfalten 
konnte. Zudem war wieder ein unliberbietbarer Gipfelpunkt mit Bach erftiegen. Eine groBe 
Kunftperiode war vollendet, und noch vor ihrem AbfchluB waren fchon die Krafte am Werk, die 
einen neuen Stil vorbereiteten, der die notwendige Folge der ganzen Lage der Dinge war. Zu 
der neuen akkordifchen Harmonik, der voiksttlmlichen Melodie mit ihrem fingbaren und tanz- 
freudigen Einfchlag gefellte fich eine neue formale Konftruktionsidee, die wiederum in hOchft 
glOcklicher Weife den BedUrfniffen des Tages entfprach und doch dehnbar genug war, urn 
Generationen von Schaffenden zu dienen. 

Die Sonatenform entfteht, irgendwo in Wien oder Mannheim, von talentvollen Mufikanten 
zweiten Ranges inftinktmaBig in ihren Umriffen geftaltet. Ein genialer KUnftler greift die neue 
Idee auf: Jofef Haydn verdankt ihr feine Quartette und Simfonien, aber auch die Sonatenform 
verdankt Haydn ihre bewundernswerte Biegfamkeit und faft unerfchopfliche Variationsfahigkeit. 
Der Gegenfatz der Tonika und Dominate in zwpi gegenfatzlichen Themen, die finnvolte 
Gruppierung der nah verwandten und entfernteren Tonarten, die intereffante Verwicklung vermittels 
der „Thematifchen Arbeit" im DurchfUhrungsteil, die neuartige Verbindung von Homophonem, 
Schlichtmelodifchem mit Polyphonem, find die Pointen der neuen Form. Sie bot Beethoven's 
Genie die Moglichkeit der ihm entfprechenden Auswirkung, hat doch Beethoven's unerhorte 
geiftige und feelifche Kraft fich in ihr ebenfo naturgemaB betatigen konnen, wie Bach in der Uber- 
kommenen Fuge. Selbft da in feinen letzten Quartetten, wo Beethoven die Form zu zerbrechen 
feheint, zehrt er noch von ihrern Geifte, indem er das organifch Gewachfene, jhren wefentlichften 
Beftandteil, gleichfam potenziert, wie man an op. 106 ? 130, 131 z. B. fehen kann, wena man fich 

5j 



die MUhe gibt, bis in die kleinften Einzelheiten hin die Geftaltungskraft der Grundmotive hier 
zu verfolgen. 

Das 19. Jahrhundert hat weniger fchulfahige, epochemachende Ideen aufzuweifen. Es zehrt 
an der Sonatenform. Ihm eigenttimlich ift eigentlich nur eine neue Idee, die der romantifchen 
Phantafie, der geiftigen Verfaffung der Zeit von etwa 1800—1848 entftammt. Man verwifcht die 
Grenzen der Kiinfte, die Vorftellung Wagner's vom Gefamtkunftwerk wurzelt ficherlich ir. diefer 
romantifchen Sehnfucht der Poefie nach Mufik; der Mufik naeh Malerei und Poefie, un<± fo fort 
in mancherlei Abwandlungen. So kommt die poetifierende und malerifch orientierte Mufik eines 
Schumann, Chopin auf. Waren diefe Beftrebungen dem Formideal der Mufik (mit feiner natUr- 
lichen Verwandtfchaft zum Architektonifchen im GroBen und zum Plaftifchen im Kleinen) venig 
zutraglich, fo hat doch der Klang an Schonheit, Intimitat, fuggeftiver Eindringlichkeit neue, frOher 
ungeahnte Reize gewonnen. Das Ohr wurde feinhoriger, man fuchte und fand feinere Obergaige, 
farbigere, zarte, leuchtende Klange, entdeckte ein .zauberhaftes Haibdunkel, wogende Schafren, 
flimmernde Lichter: die chromatifche Harmonik eines Schubert, befonders aber eines Chopin und 
u'fzt ift der wefentfichfte Gewinn der romantifchen Kunftperiode. Damit hangt eng zufammen die 
Ausbildung der neuen Orcheftertechnik eines Berlioz, Lifzt, Wagner, die in dem reizbareren 
Gehor der Ktinftler diefer Zeit wurzelt. Was man dagegen lange Zeit als eine gewaltige 
Neuerung von unvergleichlicher Klihnheit angefehen hat, der Wagner'fche Sprachgefang mit feiner 
fymphonifchen Begleitung, die Leitmotivtechnik, seine chromatifche Harmonik und blendende 
Orchefterbehandlung (ganz zu fchweigen vom eigentlich Dramatifchen) — , erweift fich nach der 
Erfahrungvon faftcinemhalben Jahrhundert imSinne dergegenwartigenBetrachtungals ein trUgerifches 
Vorbild fiir die Ji'mgeren. Von der, wie die fpatere Erfahrung gezeigt hat, nicht ganz zutreffenden 
Meinung ausgehend, daB die Sonatenform durch Beethoven erfchopft fei, kam Lifzt zu einem 
Formtypus, der fymphonifchen Tondichtung, der programmatifchen Mufik, der feiner glanzenden 
Begabung und der blendenden Richard StrauB'fchen Kunft einige eindrucksvolle Partituren er- 
moglichte. Eine fruchtbare Idee von groBer Tragweite fcheint die Programmmufik aber nicht zu 
fein. Im Gefolge der romantifchen Differenzierungsneigung hebt fich im 19. Jahrhundert aller 
Orten die nationale Mufik. Chopin entdeckt die ktinftlerifche Bedeutung der polnifchen Volks- 
mufik fOr die ganze Welt. Er erfchlieBt fo den Often. Es folgt die ruffifche nationale Kunft, 
die fkandinavifche, finnlandifche, die bohmifche, neuerdings auch die fpanifche Mufik. Die 
Tendenz, dem Stamm der gemeinfamen, internationalen groBen europaifchen Kunft ein nationales 
Reis aufzupfropfen, hat im einzelnen zu vielen reizvollen Neuerungen gefllhrt und viele frifche 
unverdorbene Safte aus dem naiven Volkstum der Mufik zugeftihrt. GroBe neue Ideen find 
jedoch da/aus nicht entftanden. Ahnlich verhalt es fich mit Verbefferungen im Inftrumentenbau, 
der Konftruktion des Hammerklaviers, der Ventile fur die Blechblasirvtrumente. Sie hatten eine 
erhebliche Weiterbildung und Vollendung der Klavier- und Orcheftertechnik zur Folge, nicht aber 
eine AuJfchlieBung neuer groBer Moglichkeiten. 

Eine folche jedoch fcheint fich gerade in nnferen Tagen vorzubereiten. Aus der Welt des 
fernen Oftens find durch Vermittlung der ruffifchen Mufik Einfltiffe der uralten und uns doch fo 
neuen orientalifchen Mufik in den Weften gelangt. Auch die noch junge Wiffenfchaft der ver- 
gleichenden Mufikgefchichte belehrt uns Uber die Mufik der exotifchen und primitiven Voiker- 
fchaften. Wir lernen fo eine Mufik kennen r die auf ganz anderen Vorausfetzungen beruht als 
die unfrige. Sie kennt keine Harmonik, keinen regelmaBigen Takt, kein Dur und Moll, hat ganz 
andere Skalen, andere Intervalle, andere formale Konftruktionsideen als unfere Mufik; fie Ubertrifft 
unfere Mufik an rhythmifcher Feinheit und Mannigfaltigkeit. Durch Moufforgshy, Debuffy und 
deren Anhang find orientalifche ZUge unferer Mufik angepaBt worden. Es kann fich nicht darum 
handeln, den Orient als fenfationelles Reizmittel zu kopieren, fondem nur bei der gegenwartigen 
inneren'Notwendigkeit einer Neuorientierung der Mufik die neuen Ideen zuzuftihren, die fie 
braucht, zu denen uns der Orient anregen kann. Das Streben der Zeit geht nach Erweiterung, 
fogar allmahlicher AuflOfung des Tonalitatsbegriffes. Konfonanz und Diffonanz haben eine neue 

32 



Bedeutung bekommen. Alles drangt auf ein neues Tonfyftem, das theoretifch wohl fchon voir- 
ftellbar ift, aber praktifch nicht verwirklicht. Wir brauchen einen erfinderifchen Inftrumentenbauer, 
der uns handgreifiidh beweift, wie man uber die (fchon ziemlich ertchopfte) chromatifche 
Halbtonfkala hinaus in Drifted und Vierteltonen bequem mufizieren kann. Den Kunftlern mag 
man es ruhig uberlaffen, wie fie fich mit folchen neuen, heute noch fantaftifch anmutenden 
Moglichkeiten abfinden. Schon das, viel zu wenig gekannte und gewiirdigte Johannes Mofer- 
Klavier wirft die alten Konfonanz- und Diffonanzbegriffe Uber den Haufen, gewahrt die Ftilie 
neuer, intereffanter Klangkombinationen, ohne die Grenzen des temperierten Halbton's zu tiber- 
fchreiten. Ein Bufoni, Schonberg und einige andere wagen den VorftoB in die unbekannten 
Regionen, aber mehr taftend, inftinktiv, als in voller Klarheit auf ein ficheres Tonfyftem geftiitzt. 
MUBig, dariiber zu fpekulieren, ob der klihnfte Schritt, das Aufgeben der Tonalitat fich als ein 
Irrweg erweifen wird oder v nicht. Meine Erwartung, gefttltzt auf die nahere Kenntnis der ge- 
fchichtlichen, durchaus organifchen Entwicklung geht dahin, daB die Tonalitat nicht von der 
Mufik zu trennen ift, daB man aber erwarten darf, neue Skalen und Intervalle werden auch ein 
neues TonalitatsbewuBtfein erzeugen. 

Immer kommt es nur auf klares Erkennen, auf Einficht in die unfachlichen Zufammenhange 
an. Was dem Unwiffenden als atonal erfcheint, mag der Wiffende fehr wohl als tonal begreifen 
und empfinden. Dem neuen Tonfyftem wird die neue Praxis, die neue Theorie folgen, auch diefe 
alle wiederum nur als ein Glied in der groBen Kette der organifchen Entwicklung wieder zu 
neuem filhrend. Man hUte fich jedoch vor dem FehlfchluB, daB „neu" auch „beffer" oder fogar 
nur „gut u bedeuten miiffe. Die feelifchen und geiftigen Werte der Kunft ftir die Menfchheit find 
abhangig von den groBen Individuen. Die ftlhrenden Ktlnftler wiederum find abhangig von den 
Ideen der Zeit. Diefe auszufchopfen, zu vollenden, reftlos rein zu geftalten ift ihr Lebenswerk, 
daneben noch neue Ideen vorzuahnen, vorzubereiten, deren Vollendung anderen Individuen 
beftimmt ift. Noch lange nicht ift der groBte Neuerer notwendig auch der groBte Kunftier. Die 
Welt verehrt fogar die groBen Vollender unvergleichlich inbrllnftiger, als die erfinderifchen 
Entdecker und Anreger. Sicher aber ift, daB die Kunft den immerwahrenden Kreislauf alles 
Lebens durchmachen muB, aus frifchen Keimen hervor bis zur Vollendung wachfen muB und 
daB mit der Entdeckung der notwendigen neuen Ideen und deren Geftaltung bis zur. Vollendung 
das ganze Leben der Kunft reftlos umfchrieben ift. So ift das Neue unentbehrlich, aber nicht 
als der afthetifch gewichtigfte Ted der Kunft anzufehen. Das eine Neue wird von dem folgenden 
Neuen Uberwunden (der Neuerer wird ftets als Feind des Beftehenden empfunden), nicht jedoch 
wird eine Vollendung von einer anderen Vollendung ausgelofcht. Die groBen Kunftwerke ftehen 
in voller Eintracht neben einander, trotz groBter Verfchiedenheit. Wie problematifch die Wirkung 
des Neuen gemeinhin ift, ware auch darzutun aus der Tatfache, daB die Entwicklung durch das 
ftandig wieder entftehende Neue meiftens nicht geradlinig verlauft, londern, was viel zu wenig 
in der Mufik bekannt ift, fogar mit Vorliebe rticklaufige Bewegungen macht, fo daB Ideen der 
langft verfchollenen mittelalterlichen Renaiffancemufik, felbft der noch viel alteren primitiyen 
Kunft nach langen Zeitlaufen als funkelnagelneu wieder auftauchen und auch meiftens gelten, 
Diefen feltfamen Beziehungen von Reform und Reaktion in der Mufik gebUhrt jedoch eine 
befondere Studie, wie auch einer Reihe anderer Fragen, die fich aus dem Problem des Neuey 
ablofen: Wie find Tradition und Revolution, Schule und Individualismus gegen einander ab- 
zugrenzen? 1st Konvention durchaus oder nur in gewiffen Grenzen zu verwerfen, ift das kuhne 
Experiment der planvollen ausgereiften Leiftung Uberlegen, kommt es mehr auf Evolution oder 
Revolution an, find nicht alle nur mOglichen Neuerungen nur Variationen von wenigen den 
Naturgefetzen ahnlichen, unwandelbaren Grundwahrheiten? Dies alles zufammen genommen 
wOrde erft zu einer zulanglichen Behandlung des Problems ftthren. 



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Moderne Klaviermufik 

Von Eduard Erdmann 

Prinzipiell lassen sich in der modernen Klaviermusik zwei einander entgegengesetzte Grund- 
tendenzen unterscheiden. Auf der einen Seite sehen wir ein Kultivieren der Sonderindividualitat 
des Klaviers als Instrument, ein bestandiges Streben nach Verfeinerung, Differenzierung seiner 
koloristischen Moglichkeiten, ein starkes Interesse ftlr die preziose und suggestive Erscheinungsform 
des Kunstwerkes. Den Kompontsten dieser Richtung ist das Klavier dasjenige Soloinstrument, 
welches am meisten fahig ist, mit der farbenfreudigen Entwicklung des Orchesters Schritt zu 
halten und im Klangfarbenraffinement mit diesem zu wetteifern. Die Musik ist hier vorvviegend 
aufs Akkordliche — gewissermaBen Vertikale — gestellt und wurzelt ursprtinglich in der glanzenden 
virtuosen Klavierkunst der vorigen Generation. Ich mOchte diese Richtung, die das klavierklang- 
liche Material aufs auBerste ausnutzt, scharft, verfeinert, als artistisch-koloristisch bezeichnen. Am 
Ende dieser Entwicklung ware etwa Debussy zu nennen. 

Diametral entgegengesetzt zu jener Richtung beobachten wir eine andere, Diese hat fiir das 
typisch KlaviermaBige wenig besonderes Interesse. Sie wendet sich an das Klavier von einem ganz 
anderen Gesichtspunkte aus. Das Klavier ist hiernur Notbehelf, ein wnvollkommener Phonograph 
minutiosen seelischen Erklingens. Hier sehen wir das Klavier im wesentlichen urn seiner technischen 
Vollstandigkeit willen benutzt — im Sinne der moglichen Kombinierung von Akkordlichem und 
Linearem auf einem Instrument. Es wird zum Material fur den Rhapsoden und dient dazu, 
seelisch-klangliche Vorstellungen auf der Schneide ihrer Materialisierung festzuhalten und zu bannen. 
Das Klavier, als das Gebrauchsinstrument des Improvisators, wird hier — bloB in hOherem Sinne, 
im Sinne aktiven Schaffens — erweitert und umgewandelt. Das Intime einer Nur-Ausdrucks- 
betonung kommt hier zu seiner reinstmoglichen I osung, durch das Solistische des Instruments 
unterstrichen und durch die nachschaffende Identifizierung des Interpreten mit dem Komponisten 
gewahrleiftet. Hier sehen wir die Kunst in groBtmogliehern Verzicht auf ihre Pose, da der Roh- 
zustand der tonlichen Verkorperung inneren.Erlebens moglichst betont bleibt und rnanchmal bei- 
nahe zu der Einseitigkeit des bloBen Daseins und Wertes ftlr den schaffenden Urheber ftihrt. 
(Tagebuch!) Auf diese Poselosigkeit, dieses Festhalten am ersten Ergebnis des Schopferwillens zielt 
letzten Endes die aus dem Schonbergkreise so hartnackig und riicksichtslos ausgesprochene Forde- 
rung der kilnstlerischen Ehrlichkeit. Die Beschrankung auf das Soloinstrument kommt dieser An- 
forderung viel harmonischer entgegen als das Orchester, das schon durch die Pose seiner Masse, 
seiner vielgestaltigen Erscheinung etwas auch innemalb der KunstauBerung selbst herausfordert, was 
nach Podium und Redeschmuck schmeckt. Am Ende dieser Richtung, welcher, im Gegensatz zur 
erst erwahnten, die klangliche auBere Erscheinung gewissermaBen nur KompromiB mit der AuBen- 
welt und nicht ein Selbstzweck ist, sehen wir Schonberg und seinen Kreis. Dieten zwei entgegen- 
gesetzten Tendenzen (die auf Wirkung gestellte arfistisch-koloristische gegentiber der im engeren 
Sinne expressioni^tischen) entsprechen auch die an den Interpreten zu stellenden Anforderungen. 
Die erste appelliert an den anpassungsfahigen, kultivierten, mehr passiven — seiner Einstellung 
dem Kunstwerk nach — Virtuosen, wahrend die andere im Wesentlichen einen selbft gestaltenden,, 
aktiven und schopferischen Interpreten verlangt. Schonbergs Klavierwerke restlos wiedergeben 
kann letzten Endes doch nur ein Schaffender, der beim Spielen der StUcke, gewissermaBen von 
Neuem gestaltend, sie zum zweiten Male komponiert. Zwischen diesen beiden Polen, in be- 
standigem Schwanken, Hinneigen bald mehr zum einen oder andern, bewegt sich die Musik unserer 
Generation. Dazu kommen naturgemaB noch Ziige, die eine Unselbstandigkeit gegentiber der 
Slteren Musik, namentlich derjenigen der vorigen Generation, bekunden, und das Reden uber 
unsere Musik aueh bei den Reprasentanten so sehr komplizieren, die wir als unsere scharfst- 
profiliertesten ansprechen. — 

Als neue Errungenschaften in der Klavierbehandlung ware vor alien Dingen die immense 
Verfeineruug der Pedalbehandlung durch Debussy und Skrjabin zu nennen: das standige Rechnen 

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mit halben Pedalhebungen, wobei die T5ne der eben verlassenen Harmonie in den weiter£ri 
Verlauf des StUckes hineinklingen, das Nachtonen der tonlos angeschlagenen Wiederholung 
eines Akkordes durchs Pedal, die gesteigerte Verwendung von una corda-Wirkungen — kurz, 
eine unendliche Reihe neuer Farben. Dazu die erhOhten AnsprUche an die ModulationsfShigkeit 
des Anschlages. IndeB altere, technische Manieren, wie gebrochene OktavengSnge, Tremoli, 
Tonleitergange immer mehr und mehr zurticktraten, kamen mehr linear empfundene Passagen 
ohne die Ubliche Dreiklangsbasis, Man braucht bloB einen Blick in Busonis gewaltiges Concerto 
zu tun, um von modernen Klavierm5glichkeiten einen Begriff zu bekommen. Eine anders 
geartete Klavierbehandlung kam mit Reger auf, vvelche in ihrem massiven Satz hMufig Orgel- 
wirkungen anstrebt. Dieser dicke, akkordpolternde Klaviersatz spukt in verschiedenen Nuancen 
und Abarten heute bei Szymanowski und vieleo Regerschtllern nach. Wieder Neues brachte dann 
der Schonbergkreis. Hier ist es die lineare Polyphonic, die die Klaviertechnik bereichert. Das 
Dureheinander- und Ineinanderweben der verschiedenen Linien erOffnet neue Perspektiven, verlangt 
eine vollig anders geartete Einstellung vom Interpreter Als Errungenschaften der Sch5nberg- 
schen Klavierbehandlung ervvahne ich noch das Klavierflageolett, die Akkordmelodien, endlich die 
so charakteristische GegenUberstellung dynamisch scharf konstatierter Gedankenkomplexe — das 
Entsetzen aller „Rechtdenkenden". 

Bei den folgenden Hinweisen auf mir bedeutend erscheinende Komponisten und Klavier- 
werke verzichte ich von vornherein auf jegliche Gefilhlsdeutung von Musikstdcken. Eine 
solche muB, entsprechend dem verschiedenen Material (Ton und Wort) immer StUckwerk 
bleiben, ebenso wie der Ausdruck eines Bildes sich letzten Endes auch nicht mit Worten 
fassen laBt. Zuerst will ich von Schonberg reden. Ich halte SchSnberg ftlr den 
schopferischsten Menschen unsrer jUngsten Musik. Wenige Klavierwerke hat er bssher veroffentlicht, 
aber um fo gewichtigere. Aus SchOnbergs Nur-Ausdrucksbetonung resultiert seine eigentUmliche 
Schreibweise, in der alles Formalvermittelnde, Abglattende, Verwassernde fast vollkommen verdammt 
wird. So kommt eine Musik zustande, die beinahe ausschlieBlich aus Gefilhlsextrakten ohne alle 
entspannenden Zwischenflachen — im Sinne der alteren Musik — besteht. Berechtigung erhSlt 
dieser Stil durch die Kiirze der Schonbergschen Stiicke, denn auf die Dauer mUBte diese ununter- 
brochene seelische Hochspannung unertraglich ermilden. Die ersten beiden Sttlcke aus op. 11 bieten 
in ihrem formalen Bau, ihrer moirvischen Durcharbeitung noch manches Gewohnte. Im zweiten 
KlavierstUck z. B. konnte man unschwer die Liedform erkennen. Neu ist der tief-visionSre Inhalt, 
der in der eigenartigen Klangwelt seine Ausdrucksmittel findet, sowie die ungeheure Geftlhlsinten- 
sitat. Ganz revolutionar ist Schonberg in Nr. 3, einer seiner kUhnsti? und gewaltigsten Visionen. 
Fabelhaft die Sicherheit des Instinkts, welche ihn bei der Auswahl und AbwSgung der neuent- 
deckten Harmonien leitet. Eine atemraubende seelische Eruption-Damonie, die grotesk wird. Ganz 
anders die Welt in op. 19. Hier alles intim und differenziert. Skizzenhaft in der andeutenden 
KUrze, gilt doch jedes StOck ein ganzes. Es herrscht eine Freiheit der Melodie, eine Entstoff- 
lichung des Rhythmus, die Meisterschaft zeigt. Nirgends Erstarrung, nirgends Gebundenheit, nir- 
gends Brahms! 0, lange wird es dauern, bis Schonberg Allgemeingut wird! — Aus dem Schfinberg- 
kreis haben wir vor allem eine prachtige Sonate von Alban Berg, ein Werk, das in seiner linearen 
stilistischen Reinheit musterhaft ist. Formal ein Qblicher Sonatensatz, aber modern in der seelischen 
Durchdringung, der Okonomie, Ein KlavierparallelstUck zu SchOnbergs Kammersymphonie, nur 
etwas zu musterhaft, ohne den Phantasieschwung Sch5nbergs. Wellesz Klavierstticke sind im 
Werte ungleich. und namentlich die letzten Werke von ihm enttMuschten. Sein bestes gab er 
wohl im zweiten und dritten Stuck von op. 9. Weitere Werke aus dem engeren SchOnbergkreise 
sind mit bisher nicht in die Hande gekommen. Ich will hier aber noch eines Komponisten er- 
wahnen, der stilistisch auf SchOnberg fuBt, wenngleich er nicht zu dessen Kreis gehOrt: Hans-jUrgen 
von der Wense. Ein Gltihender, machtig durch seine extatische Begeisterung den Zuh5rer zu 
sich zu zwingen. Man hat fUr seine Schreibweise Schlagworte, wie „TeIegrammstil a , ^GebSrden- 
musik** geprSgt, ohne damit das Tiefste, Gesunde zu packen. Diese KunstSuBerungen sind es 

35 



gerade, die mir neue Hoffnung geben; denn-der Verfall hat nie auf knappe Pragung des 
Ausdrucks Qewicht gelegt: seine Merkmale waren stets Routine, technische Ueberladung, Erstarren 
von Oberkommenem in Manier. — Zu dieser radikalen musikalischen Linken tendieren auch 
einige Komponisten, die die Beziehung zur „Mehrheits a -Musikentwicklung nicht eigenwillig 
abgeschnitten haben. Hier steht Heinz Tiess en. Auf StrauB fuBend, hat er sich allmahlich mehr 
und mehr von ihrn freigemacht. Seiner Veranlagung nach' von erstaunlicher Vielseitigkeit, 
reprasentiert er eine ungewohnlich glllckliche Mischung von Lyriker und Symphoniker. Sein 
Klavierwerk „Eine Naturtrilogie" ift hochbedeutend und gibt in ihrem ersten Teil Tiefstes. Hier 
in der „Einsamkeit" herrscht angespannteste Ausdrucksintensitat und -konzentration, wahrend 
in clen beiden anderen Teilen koloristische und Symphoniker-StrauB-Elemente vorwiegen. 
Mufikantentum steht neben Tonmalerel und Mystik: Dem Baumeister gelingt dennoch ein Ganzes. 
Ich erwarte gespannt und voll Hoffnung Weiteres von Tiessen. GroBes gab unserer deutschen 
Klavierliteratur R^ger mit seinen „Bachvariationen" op. 81. Gegenllber diesem Wunderbau mit 
seinem gottesdienstlichen Inhalt, seiner gigantischen Fuge kommen die bourgeoise intime 
Hausmusik seiner kleinen StUcke, die konzerfante Oberflachlichkeit seiner Telemannvariationen 
kauin in Betracht, allenfalls das Klavierkonzert: trotz seiner mUrrischen Unangeregtheit in 
einzelnen Teilen ein achtunggebietendes Werk, von einem ernsten Musikhandwerker geschaffen. — 
Die andern Meister unserer eben in der Ablosung begriffenen Zeit: Mahler, Pfitzner, StrauB sind 
mit Klaviervverken nicht vertreten. So will ich denn Deutschland mit dem Hinweis auf einen 
Einsamen verlassen, der, „unserer Welt abhandengekommen", abseits steht Nicht eine schOpferisch 
sprudelnde Musikernatur sondern ein verschlossener tiefernster Mensch, oft von rtihrender 
Zartheit, spricht aus den Werken Conrad Ansorges, von denen man die Sonaten (namentlich 
Nr. 2 und 3) und nicht die epigonenhafte Jugendballade im Konzertsaal kultivieren sollte. Im 
besten Sinn „modern" ist hier der ungetrtlbte, unbeirrte Blick, der ihn seine modeferne Tonsprache 
schaffen lieB. Bei den Bohmen, die der deutschen Musik immer naher gestanden haben, als die 
anderen V5lker, hat sich von Alters her eine gute musikantische Tradition erhalten, die auch 
das ErfreuMche an den Werken unserer Generation ist. Joseph Suk's Sttlcke „Erlebtes und 
Ertraumtes* (op. 30) haben mich unter den tschechischen Klavierkompositionen am meisten 
tiberzeugt. Hier finden wir neben dem Musikantischen — welches nach Deutschland weist, wenn 
es auch an sich bohmischen Typ zeigt — eine artistische Pragung, die dem gegentiber das 
Merkmal romanisch-slavischer Musikallianz ist. Farbnuancen von feinem Reiz wirken wie 
Exotismen — lineare beinahe quartettmaBige Schreibweise bertlhrt sympatisch. Novak, Kricka, 
Stepan sind weitere beachtenswerte Namen. 

Alexander Skrjabin begann S la Chopin — frtih ward allerdings schon eine persOnliche Note 
deutlich (die prachtige Polonaise) — steigerte sich dann zu aktivstem, eigenwilligem Schaffen — 
in seiner 5. Sonate (sowie Orchesterwerken zwischen op. 50 und 60) — nud vereb^te in Neu- 
rasthenic. Skrjabins Spatzeit ist charakterisiert durch zunehmendeAbstumpfung gegen immer wieder- 
kehrende uppige Farben, die den Rausch zuletzt zur Qual machen. Regiebemerkungen, wie w mit 
schmerzhafter Wollust" zeigen eine abwegige Psyche. Das Schwelgen schlieBt den Konflikt, die 
Tat allmahlich ganz aus — es entsteht ein planloses Hindammern. HOhepunkt bleibt Skrjabins 
mittlere Periode mit ihrer extatischen Phantastik; die spatere rein koloristische Entwicklung wird 
Verfall, das Geniale verkrampft. — In Frankreich nimmt die Entwicklung einen Shnlichen dem 
Kolorismus zuneigenden Verlauf wie in RuBland. Die musikalische Jugend Frankreichs reprSsen- 
sentieren auch im Auslande ~~ Debussy und Ravel. Debussy ist die hOchste BHlte des 
artistisch-kolorististischen Prinzips. Eine typisch franz5sische Erscheinung, deren Schaffen in 
einem dem Deutschtum viMlig heterogenen Boden wurzelt; Asthet bis in die Fingerspitzen. 
Musikantische Ztlge fehlen vollstandig; diese setzen Aktivitat des Schaffens voraus, Debussy ist 
aber ganz passiv, der artistisch-dekadente StimmungskUnstler. Er wird — seine Werke lehren uns 
dieses Wunder — zum Impressionisten innerhalb der ganz expressionistischen Kunst Musik. Er 
zaubert intimsle AuBeneincirtlcke aus dem Klavier hervor, erfllllt vom ersten bis zum letzten Ton 

36 



fnit Debussy's franz6sischen Nerven. Er schaltet alles an Formlogik, Harmonik, Melodik aus, wag 
ihm nicht in den Kram paBt, macht die Musik prezios und arm, damit sie seiner Einseitigkeit 
dienen kann. Seinen Lehrsatzr „la musique doit etre sugguestive" tibersetzt er in die Praxis 
seiner Stimmungsmalerei; und die Stimmung, die Grundstimmung aller Stimmungen bei Debussy 
ist: — eine mtide Sinnlichkeit, differenzierte, parfumierte Langeweile. Nervenkunst . . . dafllr 
aber fein, verfeinert, UberfeinerL — Eine Unzahl von KlavierstUcke hat Debussy geschrieben: 
von der bezaubernden, noch ganz regelrecht gebauten Suite bergamasque — unter bestSndiger 
Lockerung der Form — bis zum Pointillismus, der Tupfenmalerei seiner letzten rein impressionistischen 
„Preludes". Duftigste Gebilde sind darunter — Gebilde, die mich periodisch immer wieder 
zum Sklaven Debussy's machen; denn zum Sklaven werde ich immer, wenn ich Debussy spiele: 
ich gebe meinen Willen auf, welcher „Nein" sagen wtirde! — Ich empfehle ftlr den Konzert- 
gebrauch vor alien Dingen „Coins des enfants" und beide Hefte (namentlich das zweite) 
„Preludes". Ravel ist aktiver, ursprttnglicher und ist vvohl der einzige an Debussytis leidende 
Komponist, der auBer Meister Claude ertraglich ist. — Etwas von einem ungarischen Debussy — ' 
was das Artistisch-Koloristische betrifft — hat Bela Bartok; aber einen ganz andercn Menschen 
zeigen seine Stticke. Er wurzelt bodenstandig im Nationalen, bevorzugt nationale Rhythmen und 
hat eine stark ausgepragte groteske Ader. Nichts von Debussys Weichheit, alles ist mannlich- 
herbe. Sein Stil ist von ganz individueller Pragung und weist, meiner Ansicht nach, in die 
Zukunft. Op. 6, die Rumanischen Tanze und op. 14 schejnen mir besonders hochbedeutend. — 
Zum SchtuB Busoni. Er vertritt gewissermaBen den international^!! Ktlnstlertypus. In unserer 
Zeit ist er der geistvollste Komponist — im abgrenzenden Sinne des Wortes. Nicht in der 
schOpferischen Erfindungskraft liegt bei ihm der Schwerpunkt aber in seiner schaffenden 
Intelligenz, seinem psychischen Sonderleben, seiner klangkombinatorischen Phantasie. 
Sein Starkstes gibt Busoni in katholischer Myslik, spukhafter Phantastik, resignierender Stilik. 
Er schenkte uns das wohl bedeutendste Werk der modernen Klavierliteratur: die Fantasia 
contrappuntistica. Dieses Werk muB man kennen. Busonis groBes Concerto erwahnte ich schon. 
Wichtig sind sonst noch sein „Indianisches Tagebuch", sowie drei Sonatinen, von denen mir die 
erste am nachsten steht. Wichtig endlich noch seine vielen Bearbeitungen und Phantasien 
Uber Bach'sche Werke. In Busoni verbindet sich die artistisch-koloristische mit der im engeren 
Sinne expressionistischen Richtung zu einem neuen, lebendigen Ganzen. 



* 



37 



Vom Mufikef. 

Em Dialog rnif Kalypso. 

Von Alfred DOblin. 

Muliker: Teh foil dir von den Menfchen fprechen, denen die Mufik etwas bedeutet, und 
was He ihnen bedeutet. — Seh ich rafch tiber unfere Freunde hin, fo erblicke ich den Herrichter 
der Mufik, die VorfUhrer und Horer. 

LaB mich dir vom Vorfiihrer fprechen. Es fteht urn feine Fahigkeit und ihre Beziehung 
zur Perfon ebenfo wie bei jedem andern KUnftler. — Der VorfUhrer ift ein Doppelwefen; erft 
einmal KUnftler, darin, daB er begabt ift mit einer feltenen Stimme und dergleichen; diefe Stimme 
aber allein ift leer; fie muB fingen, und das Lied des Herrichters ift die Darftellungsmoglichkeit 
der Stimme; fo ift der VorfUhrer das andere Mai Horer. Doch fagt dies, daB nicht die Dar- 
ftellung des Liedes der Zweck der Stimmtatigkeit ift, fondern vielmehr, daG zunachft die Dar- 
ftellung der Stimmtatigkeit der Zweck des Liedes ift. Denn die Aufgabe des VorfUhrungskUnftlers 
kann nur die fein, feine KUnftlerfchaft zu zeigen, nicht aber etwas anderes. FUr den VorfUhrer 
ift das Lied ebenfo Stoff, wie dem Herrichter manche Ordnungen und Zufammenhange Stoff fUr 
das Lied waren; und fo wenig darf der Herrichter von bloBer Wiedergabe feines Werkes reden, 
■ wie der Naturfchopfer, der Donnergott von Wiedergabe feines Gewitters, feines Waldesraufchens 
in den Tonfolgen. Und fo kennt auch der VorfUhrer ein Sicheinleben in das Werk, das ein, 
wenn auch nur leifer, Hauch belebt von der wUtenden Kraft und Zufammenraffung, von der 
Hingeriffenheit der Geburtswehen, aus denen fich der Herrichter blaB erhebt, fprechend: 
„da fteht es!" 

Wenn man den Maler preift, weil er das gelbliche Fleifch eines badenden Knaben aus 

dunkelfarbenen, blaulich flimmernden Wellen auffteigen laBt, wenn man fich an meergrUnen 

Kiffen beraufcht, die auf einem Bett, von falbem und halbem Lichte betaftet liegen, warum tadelt 

man den VorfUhrer, der Gleiches tut? Viele Beftimmtheiten, Werte und Ordnungen, wirken in 

\ jedem Kunftwerk zufammen; weniges und einiges nur von dem Schatz kann der VorfUhrer heben, 

. jmanches hinzutun. Er gleicht auch einem wechfelnd farbigen Lichte, einer Laterne/ die Uber 

/das Land leuchtet; feine Stimme ift die Laterne, das Lied das Land, das unter dem Licht aufwacht. 

/ Binden das Kunftwerk des VorfUhfers, den Gefang, das Spiel wenige und dUnne Ordnungs- 

/ weifen, Eigenfchaften, Fahigkeiten, tont faft nur feine Stimme, fpielt faft nur feine Mimik, fo 

\verarmtaber das Kunftwerk; und der KUnftler, der nur einzelnes ausbildet, der BruchftUckkUnftler 

wfcheint, der unter die Seiltanzer und Radfpringer gehort. Wo die Luft etwa an der Meifterung 

dfes Handwerks, an der Gefchicklichkeit fich breit macht, wo das Erftaijnen und die kalte Be- 

wunderung die HSnue zum Klatfchen bringen, weitet fich der Raum zum Zirkus. 

Kalypfo: So rede ich wohl in deinem Sinn: du trennft nicht Formen und Inhalle noch 
fonft derart Ich denke mir aber cine Kunft und kenne fie, welche gegenUber fteht aller Kunft, 
fich abhebt von ihr, trotzdem aber Kunft ift. — Ich meine jene, die, wahrend fie fpielt, Stores Spiels 
lacht, die mit ihrer Kraft Kraft verhohnt, — die ironifche Kunft, die fich felbft zerftOrt, indem 
fie fich aufbaut Sie hat den Gedanken „Kunft" felbft als Ordnungsweife aufgenommen, eine 
AbtrUnnige, eine Gegenkunft, — ein fehr reifes, feltenes Weib, mit dem Meffer in der Bruft 
noch hohnend. 

, M u f i k e r : Dies alfo ware der dreifach merkwUrdige Geifterfchritt der Kunft, den du zu 
Ende gingft: die ganze Kunft, die Zirkuskunft, die ironifche Kunft. — Wir fprachen von dem 
VorfUhrer; — laB uns genug von ihm geredet haben. 

Kalypfo: Gern will ich aber dir von dem H5rer erzahlen. Jedes Werk ftellt an den 
HOrer Aufgaben. Du nannteft die Mufik eine Zeichenfprache, eine Hyroglyphenfchrift; aber viel- 

38 



deutig, iiberbeftimmt, unbeftimmt find ihre 2eichen. Keine Sprachbildung, — fchillernde Irf- 
lichter, die hintanzen. Und eben dies fchafft dem Horer groBe Machines fetzi fo vieles in feine 
Willktir. Man kann bei jeder Kunft fragen, wie viel fie aufdrSngt, dem wir nicht entrinnen 
kOnnen, — und wie viel fie uns liberlaBt. Ich denke an den Henkel, den fie gibt, und die 
BlUtenvafe, die fie meint. Aber eben dies verleiht dem HOrer eine Luft der Freiheit und Un- 
gebundenheit, — Luft, welche wachft aus dem Fehlen des Zwanges zu jenei Anerkennung, aber 
fpater auch aus der Moglichkeit felbftherrlichen Waltens. 

Seh ich auf die Vafe, die der Herrichter meint, und vergleiche fie dem Werk des Horers, 
fo darf ich freilich nur leife zu dir fprechen. Oh fchlechter, glaub ich, pfllicken wir diefen StrauB 
der Mufik, als eine Kuh Gras rupft. Rafch find wir felbftherrlich mit unferem Wunfche, Erlebnis 
und Erinnerung zur Stelle. Oh welche Macht hat liber uns das Ruhende, die Vergangenheit — 
in der Gewohnheit. Ohne Oberlegung greifen wir zu, vergreifen wir uns, — fetzen wir an, was 
du Ordniingsweifen nennft. — In unfere Willktir ift fo vieles gegeben. Es bleibt ganz.bei uns, 
ob die Tonfolgen uns Mufik werden, welche und wie tiefe Mufik fie werden; ob das Ganze 
ttberhaupt zum Kunftwerk wird, zum Bild eines von uns erlebbaren Wbhls oder Wehes. Wie 
klein feid Ihr, Ktinftler vor mir und vor uns! Schafft einer -*eine Waffe, fo kann er mich damit 
fchlagen, einen Seffel, ein Bett, — ich muB es anerkennen; es wird fich zeigen, was es ift, mag 
ich wollen oder nicht: du kannft aus aller Kiinfte Wohlgefchmack und Erlefenheit dein Werk 
bltlhen laffen, ich brauch nur den Kopf abwenden, — una alles war umfonft. Das Kunftwerk 
ift etwas zwifchen dir und mir, — bin ich nicht, fo ift es auch nicht. Es ift von dir, zwar nicht 
fUr mich, aber doch durch mich — und auch von mir. Es niitzt nicht, daB du fagft, es hatte 
fich aus dir und deinem Leben losgeriffen, und fo fei es fait und genug: fo war es wohl dein 
Werk, aber feine Werte wachfen erft aus Vergleich und Urteil, zeigen fiber fich und dich hinaus, 
auf Vergangenheit, Vorwelt, Umwelt. Das Perf5nliche, Beziehungslofe, hat keinen Eingang in 
eine Kunft, zum wenigftens in die Mufik: fo hohne ich dir! — Es wachft das Werk mit Werten 
aus den Werten, und darum wachft ^das Kunftwerk — aus mir — fOr mich. Ich bin dein Boden, 
und bin dein Richter; du bift mein Vater^ und bift mein Kind. Du bift rettungslos in meine 
Hand gegeben, — du liegft rettungslos an meiner Bruft. 

Muf iker: Aus deinem Munde klingt mir kein Hohn mehr. Wohl Bitteres, o Kalypfo, liegt 
in manchem, .worauf du deuteft. Ich mag nicht denken an den H5rer, — wie eine Mutter nicht 
an die Fremde denken mag, in die ihr Kind ziehen muB. Ich will nur fchweigen von ihm. — 
Heimlicher wird mir bei den Herrichtern. 

Die Mufik ift fo eng mit ihnen verbunden, fo zu ihften gehorig, wie ihr — SchweiB, ihre 
Haare. Es ift abgefchmackt, fie zu fragen, warum fie mufizieren. Bisweilen fieht man die 
Armen, deren Geift erkrank'e, fich bewegen wider ihren Willen, Worte ausftoBen, ohne daB ties 
hindern konnen: die Zunge fpricht und der FuB hllpft von felbft; es ift nicht ihre Zunge, nicht 
ihr FuB. So freiwillig unfreiwillig mufizieren der Herrichter. 

Wenn ich dir wie ein Anatom oder Phyfiolog deuten foil, fo will ich fagen: in der Rinde 
des Schlafenlappens unferes Gehirnes findet fich eine kleine befondere Stelle; in diefe ftrahlt der 
Gehornerv aus, und hier follen die Gehorempfindungen erfolgen, fagt man mir; genauer lehren 
die Phyfiologen, daB an diefer Stelle fich das Wunder der Umfetzung einer Nervenerregung in 
eine Gehorsempfindung vollzieht. Die Nervenfafern diefer Sphare enden aber nicht hier, fondern 
weitere Fafern und BUndel ftellen Leitungsbahnen zu anderen Rindenfpharen dar, welche dem 
,Geficht dienen, den Erinnerungsbildern der Worte, den fonftigen Empfindungen, den zahlreichen 
Bew r egungsvorftellungen. An eine auftauchende Gehorsempfindung kniipfen fich unmittelbar 
Maffen von andersartigen Empfindungen; eine mufikalirche Vorftellung ift nie allein Gehors- 
vorftellung. Die Ausbildung der Leitungs- und Verbindungsbahnen kann aber bei den ver- 
fchiedenen Menfchen verfchieden fein; das OberftrOmen der Nervenerregung kann rafch und leicht 
in diefe Bahn hinein, fchwerer in jene hinein erfolgen. Auf die Bildung einer Gehorsempfindung 
zu einer mufikalifchen Vorftellung und auf ihre Fortftihrung wirken hier mehr Erinnerungsbilder 

. 59 



von Worteii, dort mehr Bewegungsvorftellungen verlchiedener Muskelgruppen, dort mehr Gefichts- 
und fonftige Empfindungen: dies hangt von Anlage und Erleben ab. Diefem Mufiker diktieren 
feine und eigenartige Bewegungserinnerungsbilder, ftammend aus Arm, Bein, Rumpf, feine 
Rhythmen, jener fchreibt rhetofifche Mufik. Du fiehft ubrigens, daB audi die anatomifche Ober- 
legung diejenigen widerlegt, welche glauben, die Mufik allein und fUr fich betrachten zu konnen, 
ohne die Wirklichkeit und den Menfchen. Es verbindet fich die Gehorfphare doch mehr oder 
weniger mittelbar auch mit den Gehirngebieten, welche die Weite der BlutgefaBe fteuern und 
die Empfindungen der inneren Organe vermitteln, und fo tritt das Gefuhlsleben, und was wir fo 
nennen, in Verbindung mit dem mufikalifchen Vorftellungsleben. 

GewiB ift fehr lehrreich, Kalypfo, daB die Horfphare doch naher und enger, als mit fonft 
einem Bezirk, mit denen der Sprache und der Korperbewegungen verbunden ift, daB die Mufik 
auf das Geftthl nur wirkt vermittelft jener Nerven und Muskeln. Wie mannigfach aber, bei 
wechfelnder Bildung und Benutzung der Bahnen vermogen fich die Mufiker zu entwickeln! 
Einige Bahnen lieben und bevorzugen fie immer wieder; im Laufe haufiger Obung erlangen 
bevorzugte das (Tbergewicht, wachfen auf Koften der anderen, So bemachtigen fich einige wenige 
Affekte immer entfchjedener der mufikalifchen Schatze; fie allein mufizieren noch und fetzen das 
Werk in Betrieb, wahrend anderes verkriippelt und verlahmt. Da bildet fich der mufikalifche 
Charakter heraus, — der aber zunachst umfchrankt, nichts oder wenig oder noch wenig mit dem 
Ubrigen, dem Perfonliehkeitscharakter zu tun hat, Doch kann er mit ihm in enge Verbindung 
treten; das was ich mufikalifcher Charakter nannte, kann auf eine fehr umgeftaltende Art in den 
andern hineinwachfen, mit ihm geradezu urn Luft und Boden kampfen. Je leichter und rafcher 
und mehr Erregungen und Spannungen, die der Tag im Menfchen erzeugt, auf das Mufikalifche 
uberfpringen, urn fo gefahrlicher wird es ftir den Perfonliehkeitscharakter. Zu viel Kraft, 
Erregung und Aufmerkfamkeit nimmt die Mufik dem Leben, Wie in einen Ofen ftopft der Ktinftler 
in fich hinein. 

Es kommt zu keinem reftlos glatten Ablauf der Erregungswellen, zu keiner Erledigung ; das 
Erlebnis erzieht die Ktinftler nicht. Vielmehr macht es fie krank und kranker; du weiBt nicht, 
wie ungezahmt, zum Schamen ungezahmt fie find, wie alles in ihrer Seele ihnen davonlauft, wie 
vieles fich ziellos durchkreuzt und ihrer bemachtigt, wie fie ratios urn fich felbft in Angft oder 
Trauer verfallen, die fie zu irgend einer Religiofi drangt oder einer Spielerei, oder zum Vieh 
finken laBt, — haltlofe Menfchen, den Frauen verwandt und doch fehr drangend zu deren 
hoffnungsfpendenden Lippen. Viel mtiffen fie dulden unter dem Nachwirken und Wiederaufleben 
des Unerledigten, das fie verwUftet; fie leiden an unterirdifchen Erinnerungskrampfen, die fie 
aufzehren, fchwer und tatlos machen, wiihlen fich glQcklich ein in eine kleine ficher weifende 
Tagesarbeit — Du fragteft mich, Kalypfo, wie viel vom Ich fich die Kunft bindet. 

Ich will dir erzahlen von denen, die ihr Ich hineinlegen in die Kunft, weil fie nur darin 
ihre Kraft und GroBe fehen, Uberall fie felbft zu fein. Sie glauben an fich, fie dachten nie iiber 
fich nach. Ich heiBe lie Ichmufiker. Wir dtirfen uns nicht verlieren, fagen fie mit jedem 
Atemzug. Hier ift der Boden der Bekennerkunft. Sie fingen ihre Liebe und ihren HaB aus, 
erringen in ihr Siege, kampfen, morden, predigen mit Gefchrei, wtlten und waten in Blut, un- 
erhorte Opfer dampfen zu ihnen; immer bebt der Boden unter ihnen. Was andern ein Fauftfchlag 
oder DolchftoB ift, ift ihnen eine harmonifche Wendung. Kalypfo, du horteft, daB ich N diefe 
Ktinftler nicht liebe. Sie ift mir zu gut zu dem, wozu fie fie gebratfehen, — 

Da lob ich mir die Stolzen, die fehr Feinen, die Barbaren jene nennen, und daftir h5ren, 
fie konnten nichts als — mufizieren. — 

Kalypfo: Ins Blaue alfo, ins Himmelblaue hinein? 

Muliker: Wohl, es ift zum Spotten iiber die feindlichen Briider. Diefe Kunftmufiker 
wollen nicht mehr und nicht weniger als Mufik, aber fich wollen fie aus dem Spiel laffen, 
Ich nenne fie Esmufiker, die fachlichen, Sie dienen der Kunft, wo die anderen die Kunft dienen 

40 



laffen. Hier wird nicht gefprochen von Echtheit der Stimmung, Ti6fe der Empfindung/ packendertt 
Ausdruck, fondern von der Schonheit, Eigenart des Einfalls, der Gewahltheit, dem Reichtum der 
Erfindung, der bliihenden DurchfUhrung. Sie halten fich zurUck von der Mufik, fie wafchen ihre 
Wafche zu Haufe. Sie find fo fcheu und fiirchten fich, daB fie fich gern maskieren, ganz mit 
den auBeren Zeichen ihrer Kunft behangen. 

Aber du fiehft, Kalypfo, Einfeitiges lehrt man und will man Uberall; gut nur, daB die 
Werke nicht fo viel von dem Wollen bertlhrt werden, wenngleich immerhin mehr, als die zugeben, 
welche nur aus einem Konnen die Kunft entftehen laffen. — Sie wollen urn jeden Preis — 
ZirkuskUnftler fein, die Stolzen, die Esmufiker, — zum Teil aus Reinlichkeit, urn nicht mit den 
andern verwechfelt zu werden, die fich wie brunftiges Vieh in der Kunft walzen. 

Naiv und blindes Naturfpiel mogen fie heiBen, — die Ichmufiker; wenn einer, fpielen lie 
und poltern wie fUBe fchmutzige Kinder, kennen nicht die Scheu, den Hohn und die Ehrfurcht, — 
wenn jemand, find jene Kenner fentimental voll Widens und fchwarnterifcher Zucht. Die Ktinftler 
follerjt aber alle mehr oder weniger fertig, das ift, genial fein, denn dies macht fie zu Ktinftlern, — 
Ich will eine letzte Gruppe an dir voriiber Ziehen laffen; du muBt nicht wegfehen, wenn fie 
blaken, die Zunge ausftrecken und Kobolz fchieBen. Diefe Gruppe kennt weder Ehrlichk6it, 
noch Unehrlichkeit, weder Schonheit, noch HaBlichkeit, noch Eigenart, will weder fich noch die 
Kunft, fondern — den Zuhorer. Sie kennt gut nur deinen einen Satz: Kunft ift etwas zwifchen 
dir und mir. Dies find die Dumufiker. Auf den zerwiihlten, rtickfichtslofen Ernft, die brutale 
blinde Losgelaffenheit der einen, auf die ganze zartliche Zurtickhaltung der andern folgt hier 
grobes brtillendes Gelaghter. Etwas von einem Arzt haftet ihnen an; ihre Mufik ift Apotheker- 
ware. Diefe Giftmifcher wollen den Horer aufbeben fehen von feinem Sitz, fie wollen ihn zittern 
machen, fchluchzen; das ZeitmaB feiner Atmung beftimmen; wollen feinen Puis ftocken und 
wieder ftromen laffen, eine Spannung liber feine Kniee und Kehle werfen, feine FUBe im Takt- 
fchritt locken. Diefe Menfchen, o Kalypfo, liebe ich fehr, — auch, weil fie mich Kalte und 
Abgrtinde ahnen laffen. Was ift ihnen die Mufik? Wie Rauber fpringen fie mit ihr urn, ver- 
gewaltigen fie. Sie ift ihnen ein GenuB, eine Waffe, ein Gewand, viele Gewander, eine Peitfche, 
"eine Narrenklingel, die fie anderen auffetzen, ein koftbarer SpaB. — Ich will dich fchonen, will 
nicht zu viel fprechen von ihm, dem Herrichter. Du laBt den Menfchen, fagft du, nur in der 
Mufik herankommen; aber halte dir auch den fern, der folch Gebrau bereitete, halte dir ihn 
befonders fern. (Kalypfo lachelt, fieht ihn an; der Mufiker nickt traurig: Ja, oh ja. — 



<8> 



4i 




Mufikalifche Kulfurfragen. 



Von Dr. Hans Mersirann, 



Zwischen Kunst und Kultur besteht ein tiefer 
Zusammenhang. Seine Erkenntnis ist Allgemeingut ge- 
worden. Das Kunsiwerk ist das feinste Organ fiir 
die Schwingungen seiner Zeit, Resonanz ihrer leisesten 
Sprache. In der Musik ist dieser Zusammenhang &m 
schwersten zu spiiren. DaB er da ist, leugnet heute 
niemand mehr. DaB eine Kulturgeschichte der letzten 
Jahrhunderte ohne die Musik geschrieben und gelehrt 
wurde, ist ein Verlust fiir sie. Fiir manche Strecken 
der Entwicklung sogar ein schwerer, der das Gesamt- 
bild entstellt. 

Konnte die Frage nach dem Zusammenhang 
zwischen Kultur und Musik je dringender sein, als 
heute? Die redenden und bildenden KUnste eilten 
der Zeit voraus. Ihr Zusammenbruch lag in einer 
Zeit, da die Weit noch von sattem Behagen strahlte, 
Durch sie halite der Schrei nach Erneuerung schon, 
als man urn sie herum noch plauderte und , Genre 1 
malte. Und als nun der gteiche Schrei viel tausend 
Kehien sich entrang und die FUhrer fehlten, die sie 
befeuernd einten, da haben schaffende Ktinstler neue 
Fahnen gehiBt und neue Alt&re gebaut. Sie traten 
der Zeit nicht als F^rtige gegenttber. Sie waren noch 
ISngst nicht vollendet. Sie sahen wohl Wege und 
Ziele, aber die waren noch in weitfer Feme. Doch 
sie rangen. KSmpften in den ersten Reihen nach 
gleichen Zielen. FQhlten sich eins mit ihrer Gegen- 
wart, getragen, vide auch verschlungen von den 
reiBenden StrOmen der lebendigen Entwicklung. 



Und die Musik? Staod sie nicht fernab von 
diesem lebendigen Strom? Ging sie nicht eigene, 
stiilere Wege? Sie war die aristokratische der KUnste. 
Sie lebte ein eigenes, innerliches Leben und hatte 
eigene Probleme, die sie gaiiz zu erfillhn schienen, 
Sie rang v/^hl auch, aber nicht urn Ethos unci 
Menschentum, sondern urn den Sieg uber Tonalit&t und 
konstruktive Formen. Nein, doch auch urn mehr; urn 
eine neue Spiache. Wie aber konnte diese neue 
Sprache Ausdruck ihrer Gegenwart sei ( n? 

Etwa vor zwei Jahrhunderten war die Musik eine 
Sprache, die alle verstanden. lnhalt und Stil einer 
Kirchenkantate waren allgemeii es Besitztum. Die 
Organisten, die sie sehrieben, waren gewissermaBen 
Beauftragte des Volkes. Noch iange blieb den Musikern 
diese Beamtenstellung. Sie komponierten im Auf- 
trage ihres I arsten, ihres Gesellschaftskreises, ihrer 
Qetneinde. Aber UL f er der OberflMche regte sich 
langst der Keiin des persdnlichen Ausdrucks, verhlillter 
Wille, eingeschmolzene Klage, ja bereits frilhroman- 
tische Sentimentalist Bis Beethoven alle Schranken 
durchbrach, alies iOnen lieB, was an Frende und Jubel, 
an Schmerz und ZusatnnienLi uch jemais ktlnstlerischen 
Ausdruck fand. Aber schon, die ihn zu T :rstehen 
meinten, tauschten sich. Waren sie noch fahig, seine 
,klassische* Zeit zu filhlen, so wandten sie sich von 
ihm, wo er am grOBten wurde; wo er vom Mensch- 
lichen ins Kosmische hineinragte. Von Beethoven an 
war der Ausdruck des musikalischen' Kunstvverks 



42 



personlich. Durch die Romantiker wurde er subjektiv. 
Seit Beethoven ist die wahrhaft verstehende Qemeinde 
des schaffenden Musikers zunehmend kieiner geworden. 
Und nie war sie kieiner als in tinseren Tagen. Ich 
fasse den Begriff des Kunstwerks, das ein Ausdruck 
unserer Zeit ist K eng. Ich lehne es ab, mich mit 
musifeaJischen Reisetagebiichern zu beschaftigen, mil 
Quetle:i, Mondscheinnachten, wie sie dutzendfach auf 
den Markt geworfen werujn, mit nachempfundenen 
klassizistischen Formen, wie sie mit und ohne Programm 
aus den Kompositionswerkstatten als gangbare MQnze 
in den Konzertsaal wandern. Ich suche das Kunst- 
werk unserer Zeit da, wo es (gleichviel in welchen 
Formen und in welchem Stii) um Erneuerung ringt. 
Um die pleiche Erneuerung, nach der die Kunst der 
letzten Jahrzehnte inbriinstig suchte. Hier klafft ein 
Widerspruch. Weniges bleibt. Und noch geringer ist 
die Zahl derer, die den neuen Ausdruck verstehen, 
auch nurverstehenwollen. Oderauchverstehenkonnen? 

Wohl gibt es ein Gemeinsames in der Kunst 
unserer Tage. Sie streift das Beiwerk, die Zutaten 
ab, stellt Wesentliches in groBen Linien heraus. Nicht 
mit gefaliiger Selbstempfehlujg wendet sie sich an 
den Empfangenden, sondern mit strenger Forderung. 
Alles dies ist auch im musikJischen Kunstwerk er- ' 
fiillt. Es verschwinden anmutige Be^ieitungen, be- 
queme Oberieituugen, wohlgerundete Teilformen. Es 
werden Formen geschaffen, die alien ihr Inhalt ge- 
bietet, ' die erprobten Gesetze jahrhundertealter 
Architektonik treten zuriick. Es handelt sich hier 
nicht um ErftHlungen und um Werturteiie. Es geniigt, 
daB dies ziles da. ist, auch wenn es noch im Zustande 
ersten Werdens sein solUe. Nur das eine muB hier 
iestgestelit werden: der neue Ausdruck in der Musik 
dieser Zeit ist Bcsitztum und Wille einer verschwindend 
kleinen Minderheit. 

Und das ist nicht nur darin begriindet, daB die 
Musik von jeher den andern Kunsten in einem Abstand 
folgte, der zwar verschieden groB, aber immer vor- 
handen war, sondern es iiegt auch in ihrem Wesen. 
Denn diese musikalische Sprache ist in ihrer gegen- 
wartigen Formung noch immer hochste Verfeinerung. 
Sie steht dem Versuch nach Verbreitung schroff ent- 
gegen, ^pottet jeder Verailgemeinerung, ist ein Suchen 
ihrer Schopfer, so eigenpersonlich wie es niemals 
zuvor gewesen ist. Ihr fehlt die eindeutige Starke der 
Malerei, die heute nicht zufallig an primitive Kunst 
ankniipft, aber ihr fehlt auch der ekstatische Ausdrucks- 
zwang der Dichtung. 

Dieser Widerspruch soil hier nur aufgestellt 
werden. Er scheint mir notwendiger Ausgangspunkt 
jeder Frage nach den Beziehungen zwischen der 
Musik unserer Tage und ihrer Kultur. Aus ihm heraus 
wachsen die Kulturfragen unserer musikalischen Gegen- 
wart. Diese Kulturfragen miissen gestellt werden, 



auch wenn es nicht mOglich ist, sie richtig oder er- 
schopfend zu beantworten. Es handelt sich darum: 
die Wurzeln dessen zu erkennen, was als junger Trieb 
durch unsere Hand gleiiet. Es handelt sich darum: 
das Kunstwerk unserer Gegenwart als eine Not- 
vvendigkeit verstehen zu lernen, Spekulation und Ex- 
periment zu trennen von vorw&rts weisendem Willen. 
Aber es handelt sich auch darurii: den Boden um- 
zupiJUgen, auf dem die Scheinkultur unseres Musik- 
leben^ ihr Schattendasein ftihrt, auszuroden, was an 
Verlogenheit, Bequemlichkeit und GtschUft sich breit 
macht in Feuilletons und Musikiesten, an Unfahigkeit, 
Reklame und Erstarrung in den Konzertsalen. Tiefe 
Furchen sollten gezogen v/erden auf frischer Erde, in 
clenen der Same des groBen Kunstwerks unserer Zeit 
wachsen und reifen kann. 

Hier solien nur Hinweise gegeben werden. Neben 
der asthetischen Begrundung des modernen Kunst- 
werks als formale und inhaltliche Notwendigkeit 
gehen diese Blatter ihre Aufgabe auch in der Be- 
griindung unserer heutigen Musik aus ihrer Zeit und 
aus der Gemeinsamkeit und BerUhrung aller KUnste. 
Bisher war nur vom Kunstwerk die Rede. Jetzt aber 
sind die Fragen zu, erweitern: ist die Eigenart und 
Entwicklung unseres gesamten Musiklebens zu sehen 
in engster innerer Verbindung mit der Kultur- und 
Gesellschaftsschichtung der Gegenwart. Und handelte 
es sich bei der Stellung zum Kunstwerk allein um 
Erkenntnisse, so handelt es sich hier um Forderungen. 
Denn die nur erkennende Bewertung unserer mu- 
sikalischen Kultur bleibt unfruchtbar und ihr Ergebnis 
starkste Verneinung. 

Die Trager aber unserer musikalischen Kultur sind 
auBer dem Kunstwerk der KUnstler in weitesten] 
Slnne und die Gesamtheit der Empfangenden: das 
konzertgewohnte Publikum ebenso wie die, welche 
immer mehr zu Tragern werden solien: das Volk als 
Kulturgemeinschaft. Auf sie alle erstreckt sich der 
Kreis lebenswichtiger Fragen. Die kulturbedingte und 
soziale Stellung des KUnstiers und des Musikers 
tiberhaupt, die Einrichtung unseres Musiklebens, 
Moglichkeiten und Notwenciigkeiten ihrer Umge- 
staltung, Liebhaber- und Fachunterricht, Erziehung 
des falsch geleiteten Durchschniitpublikums und der 
kunstfremden Masse des Volkes, ~~ alle diese Fragen 
sind alt und oft gestellt. Aber nicht sie zu wieder- 
holen kann der Sinn neuer Arbeit sein, sondern nur: 
sie in neuem Geiste ^u steilen. So soil der Kampf 
aufgenommen werden gegen das, was hohl ist und 
verbraucht soli eingerissen werden, was als rauchende 
Triimmer einer zerstOrten Vergangenheit noch stehen 
blieb, soil gestiitzt werden, was aus eigener, echter 
Lebehskraft zum Lichte will. Auch die weltabge- 
wandteste der KUnste stelle sich in die Reihe derer, 
die nach Erneuerung suchen. 



cfc 



43 



Mufikphysiologie 

Von Fritz Frid. Windisch. 



In der deutschen Musikerzeitung No. 51, 50. Jahr- 
gang, findet sich in dem Aufsatz „Die rheinisch- 
westfalischen Uniernehmer und ihre Helfershelfer" 
iolgende kunstsoziologisch bedeutsame Stelle: 

„Hier [in Dtisseldorf] besteht neben dem 
stadtischen Orchester ein philharmonisches 
Orchester aus 34 Berufskollegen. Diese sind 
in letzter Zeit fast vollstandig zur Untatigkeit 
verdammt und in ihrer Existenz bedroht. Am 
hiesigen Stadttheater aber wird Aushilfe von 
einem Beamtenorchester gestellt unter Leitung 
eines bei der Provinzialverwaltung angestellten 
Landessekretars, welcher auBerdem auch noch 
ein gutgehendes Zigarrengeschaft betreibt Die- 
selben VerhSItnisse liegen hier beim Schauspiel- 
haus vor, wo atisschlieDlich Beamte Musik 
stellen." 
Ein deutliches Anzeichen — aus einer groBen 
Zahl gleicher Falle herausgegriffen — , daB unser 
Musikleben sich in einer degenerativen Umgestaltung 
befindet! Die ernsten Berufskooperationen im 
Musikerstand sind infolge rein wirtschaftl'cher Ein- 
flilsse von schnelierer oder langsamerer Zersetzung 
bedroht. Damit andert sich das ganze Musikbetatigungs- 
bild: das wirtschaftliche Moment, das bisher eine 
vvenig beachtete Rolle gespielt hat, greift jetzt be- 
stimmend in das Musikgetriebe ein. 

Solange ein Korper gesund ist, vollziehen sich 
seine untergeordneten Funktionen unbewuBt; erkrankt 



aber ein Organteil, so tritt dessen funktionare Be- 

deutung fUr den Gesamtorganismus ins BewuBisein. 

In dem augenbiicklichen Zustand der wirtschdtlichen 

Krisen wird — durch die entsprechende Wirkung auf 

den Kunstorganismus — die soziologische Funktion 

in den grell-bewuBten Vordergrund geruekt, und es er- 

ciifnen sich der Erkenntnis ganz neue Perspektiven und 

Zusammenhange Ein vollkommen neuer Wissenschafts- 

zweig hat sich erschlossen, als dessen spiritus rector 

Paul Bekker mit seinem grundiegenden Werk „Das 

deutsche Musikleben" anzuerkennen ist. Ich mochte 

dieses Wissenschaftsgebiet Kunstphysiologie be- 

nennen, und in unserem Spezialfall Musikphy- 

siologie. Physiologie der Kunst im Gegensatz zur 

Psychologie der Kunst, urn in dieser Begrifflichkeit 

auch zugieich das Aktionsfeid des neuen Wissenschafts- 

zweiges festzuiegen. Dieses neue Forschungsgebiet 

der Kunstphysiologie ist aber nicht nur wissenschaft- 

lich berechtigt, sondern sogar kunst„hygenisch" (zur 

Gesunderhaltung des gesamten Kunstorganismus) not- 

wendig. Materie dieses Wissenschaftszweiges wird 

die Erfassung der Kunst in ihrer soziologischen Be- 

ziehung und ihrem wirtschaftlichen Abhangigkeits- 

verhaltnis sein; die Nutzanwendung der Forschungs- 

ergebnisse stellt sich als wirtschaftlich bestmogliche, 

physiologische Basis des Kunstmechanismus dar, und 

zwar sind alle sczialen Bestrebungen des Musiker- 

standes als Berufsstand in diese Disziplin mit ein- 

begriffen. 



Paul Bekkers „Neue Mufik". 



) 



'Das schmale Biichlein gleicht einem liauschen, aus 
dessen Fenstern man eine weitc Rundsicht genicBt. Sie 
umfafit die Hauptproblemc der musikalischen Moderne, 
die mit sicherer Hand ausgewahlt, mit iessingscher 
Klarheit behandelt sind. Ich bewundere den Stil 
Bekkers, obwohl er mir, wie der Lessings, wesenfremd 
ist. Novalis fand Lessings Blick zu durchdringend, seine 
Prosa ohne „hieroglyphischen Zusatz" flir die Magie des 
unendlichen Ganzen. So geht es mir, im kleinen, mit 
Bekker. Im vorliegenden Fall ist Mangel Tugend. Das 
Schriftchen eignet sich, wie nichts anderes, zur Ein- 
fiihrung in die neue Musik. Sein propadeutischer Nutzen 
kann nicht hoch genug angeschiagen werden. 

Zunachst stoBt Bekker die Fenster weijt auf und laBt 
die Stickluft heraus, die sich ansammelt, wenn Agenten, 
ausubende und schaffende Kinistler, Fach- und Tages- 
presse, sei es bewuBt oder unbewuBt, im Dienste einer 
kapitalistischen Musikindustrie fur die Verewigung des 

:i: ) „Neue Musik". Von Paul Bekker. In „Tri 
Herausgegeben v6n Kasimir Edschmid. Berlin, Erich 



Alten arbeiicn. „Das Wort der Wahrheit lautet schlicht 
und ungeschminkt." Wie in seinem „Detitschen Musik- 
leben", deckt Bekker das Treiben der heiligen Ailianz 
mit einer Riicksichtslosigkeit auf, daB man sich or/lentlich 
feige vorkommt. W.iirde matt doch lieber die eigenc 
Zunge verschlingen, als den Herrschaften ins Gesicht 
speien, was alle Welt fiihlt, aber kein Mensch ausscr 
Bekker offentlich auszusprechen wagt. 

Der deutsche Kunstschreiber, von dem sich mit Fug 
und Recht behaupten laBt, daB ihm Charakter zttm 
Multiplikator seiner Falngkeiten geworden — Paul Bekker 
spricht es aus. Wesen, Gang, Ziele der neuen Bewegung 
werden mit der hochsten begrifflichen Klarheit auf- 
gezeigt. Pfitzners v Futuristengefahr", ein echt Nicolai- 
sches Produkt, wird mit dem schiagenden Hinweis 
abgetan, daB es eine Futuristengefahr fiir die Musik 
uberhaupt nicht gibt, was ich, mit Bekker, innig bedauere. 

biine der Kunst und Zeit". Eine Schriftensammlung 
ReiiJ Verlag 1919, 



u 



(Mittlerweile hat Bekkcr iiber Herrn Pfitzner, der die 
Philosophie seines Schicksals mit bourgeoiser Riick- 
standigkeit unci schlcchten Manieren verbindet, fiirchter- 
liche Musterung gchalten.) Gerade der Lcscr d i Cs c r 
Zeitschrift erwartet nicht, daB icli ihm das Buchlein in 
mcin eigenes Dcutsch iibersetze. Er wird es besitzen 
wollen. Es wird ihm maiichcs sagen, was die Freunde 
der Modcrne wuBten. Es wird den Wissenden 
Klarheit bringcn. Es ist zu bedaucm, daB sich Bekkcr 
iiber den parallclcn Stiiwilien in moderner Literatur und 
bildender Kunst keine geniigende Rcchcnscliaft gibt 
Seine unromantische Natur scheint sich gegen 
die gefiihlsmaBigc Zusammenschau der Kiinste 
zu strauben. Nur sic fuhrt ins Innerste der 
musikalischcn Modcrne. Ich habe der moderncn 



Architektonlk, mit ihrer Auflosung jedweder Stabilitat in 
Melodik, Harmonik, Rhythmik und Form, mit den 
Kategorienpaarcii aus Wolfflins „Kunstgeschichtlichen 
Gmndbegriffen" beizukommen versucht und wiirde mich 
freucn, Bekker auf diesem Wege folgen zu sehen. Es tut 
vvuhl, SchOnberg „die geistig starkste, innerlich selbsi- 
standigste, weitest blickende, aliLungsreichste" von alien 
schopferischen Kraften der musikalischen Gegenwart 
nennen zu horen, und wenn der Verfasscr an dem 
Vater des musikalischen Expressionismus „klangsinnliche 
Ausdruckskraft" vermiBt, so bin ich iiberzeugt, daB er 
ihn, der das Sopransolo im Fis-moIl-Quartett schuf, ba d 
audi von dieser Seite bewundern lernen wird. 

S i e g in it n d P i s 1 i n g. 



<$> 



Wichfige neue Mufikalien, Biicher und Auffafze 

iiber Mufik, 

mitgeteilt von 
Professor Dr. Wilhcim Aitmann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54. 

Diesc Zusammenstellung, die moglichst in jedem I left dieser Zeitschrift crfolgen wird, will audi noch un- 
gedrnckte groflerc Werke, vor allcm Symphonien, symphonische DIchtungen, Konzerte, Kammermusikwerke, Opern, 
Chorwerke mit Orchester cinbeziehen, urn namcntlich Dirigenten darauf aufmcrksam zu machcn.3 Diejenigcn Tonsetzer, 
die dcrartige Werke (jedoch nicht ctwa Klavicrstiickc, Lieder, Mannerchore) fertig haben, werden gebetcn, mich davon 
in Kenntnis zu setzen, doch behalte ini mir die Entscheidung iiber die Aufnahme vor. Diese kann auch bci gedruckten 
Wcrken weder durch cin Inscrat noch durch Einsendung der betreffenden Musikstiickc oder Biicher erzwungen werden. 
Rticksendung ctwaigcr Einscndungcn wird grundsatzlich abgelehnt. 

Die Hinzufugung des Vcrlags wird Bestellungen erleichtern. Zu den angegebenen Preisen kommt immer 
noch der sogen. Teuerungsaufschlag seitens des Verlegers und auch des Sortimenters hinzu; er schwankt bekanntlich; 
mcist abcr bctragt er 50° o + 10%. 



L Inffrumenfalmufik 

a) Orcheffermufik 

Kahn, Robert: KonzertstUck (es) f. Kiavier m. Orch. noch 
ungedruckt [Urauffiihrung Berlin 25. 1.] 

Koch, Friedr. E.: Wandervogel. Deutsche Suite noch 
ungedruckt [Urauffiihrung Berlin 25. 1.] 

Kuyper, Elisabeth [Nowawes bei Potsdam]: Symphonie 
(E) noch ungedruckt. 

Sinding, Christian: Konzert f. Viol. Nr. 3 noch un- 
gedruckt 

b) Kammermufik 

Brauer. Max: Suite (D) f. Pfte u. Viol. Breitkopf & 

Hartel 4 Jl 
Butting, Max: op. 8 Streichquartett (A) Wunderhorn- 

Verlag. Part. 3; St. 12 J( 
-,— : op. 18 Streichquartett (f) Wunderhorn-Verlag. 

P. 3,50; St. 14 Jt 
Hartzer-Stibbe, Margarete: Trio f. Klav., V. u. Vcello 

(cis)noch ungedruckt [Urauffuhr. Berlin 16. 12. 19.] 
Hindemith, Paul: op. 10 (Streich)-Quartett (f). Schott 

kl. Part. 2; St. 8 Jt>. 
Hfiber, Lorenz : Streich-Quartett (d) noch ungedruckt 

[Urauffiihrung Berlin 3. 2.] 



Kahn, Robert: Suite f. VioL.u. Kiavier (d) noch un- 
gedruckt [UrauffUhrung Berlin 9. 12. 19.] 

Kroyer, Theodor: Zwischenspiel f. 10 Blasinstr. noch 
ungedruckt [Urauffiihrung Biickeburg 19. 6. 19.] 

Probost, Hans: op. 17 Sonate im alten Stil f. Flote und 
Pfte. Zimmermann 2 J& 

Schleemuller, Hugo: op. 30 Auf Orlaub. Suite fur 
Vcello mit Pfte. Zimmerman 8 Jt 

Schnabel, Artur: Streichquartett (d) noch ungedruckt 
[Urauffuhrung Berlin 10. 12. 19.] 

Straesser, Ewald (Koln): Quintett f. Klarin., 2 V., Er. 
u. Vcello noch ungedruckt 

Tartini, Gius.; Sonate „H trillo di diavolo" (g) f. Viol, 
m. Pfte. (H. Marteau). Steingr&ber 1,50 .// 

Urack, Otto [Berlin]: op. 21 Quintett f. Flote, Ob., 
Viol., Br. u. Vcello (A) noch ungedruckt [Urauf- 
fUhrung Berlin 28. 1.] 

Windsberger, Lothar: Trio f. Klav., Viol. u. Vcello. 
(h) Schott. 

c) Sonffige Inftrumenfalwerke 

Buchal, Hermann: op. 19 Sonate f. Kiavier (c) 
Hainauer 8 Jt> 



45 



Bttsoni, FerAccio: Kadenzen zu W. A. Mozarts Klavier- 

konzertet/ Breitkopf & H.: zu Nr 26 (A, Kochel 

Nr 488)/l ^; zu 24 (c, Kochel Nr 491) 2 .# 
Hofman# Rich.: Universal-Technik des Vioiinspieis 
~***fcttf grundlichen Ausbildung der Finger- u. Bogen- 

technik. Nebst Erganzungsheften. Zimmermann 

19 Hefte je 4 ..<# 
Koessler, Hans: Canticum f. Viol. m. Orch. Ausgabe 

mit Klav. Simrock 3 ..# 
Krause, Paul: op. 26 Choral-Meditationen zum Konzert 

und gottesdienstl. Qebrauch f. Org. Kahnt 9 .// 
Kuyper, Elisabeth: op. 11 Ballade (g) f. Vcello m. Orch. 

Simrock St. 6 .M 
Landowska, Wanda: Kadenzen zu klass. Pfte-Konzerten. 

Breitkopf & H. Nr 1 zu Haydn, Jos. op. 21 (D) 2. 

Satz; Nr 2 zu Mozart Nr 20 (d), ,letzter Satz 

je 1,20 J( 
Coreti, A. H.: Neue Schule f. Gitarre oder Laute. 

Vollstand. Lehrgang f. d. Begleitungsspiel. Ein- 

fUhrung in das Solospiel. Holzmann % Jf 
Marteau, Henri: op. 23 Drei Kompositionen f. Org. 

Nr 1 Praludium u. Passacaglia (e), Nr 2 Praludium 

und Fuge (c), Nr 3 Introduction et Fugue meditative 

Steingraber je 2 Jf 
Mtiller-Hartmann, Robert: op. 8 Drei KlavierstUcke 

(Intermezzo, Elegie, Capriccio). Rahter 2,50 ,// 
Schering, Arnold; Sonate f. Viol, allein noch un- 

gedruckt [Urauffuhrung BQckeburg 19. 6. 19.] 
Schleemulter, Hugo: op. 28 Der Daumenaufsalz. 

Eine Schule f. das Studium des Daumenaufsatzes 

beim Vcello. Zimmermann 8 ./? 
Windsberger, Lothar: Ode (c) f. Viola sdo. Schott 2./( 



IL Vokalmufik 



a) Opern 

Kaun, Hugo: Der Fremde. Phantast. Oper. Klavier- 
Ausz. Zimmermann 18 .// 

b) Sonjfige Vokalwerke 

Fiebach, Otto: Weihnachtskantate f. Chor, Soil, Streich- 

orchcster m. Orgel noch ungedruckt [Urauffilhrung 

Konigsberg i. Pr. 14. 11. 19.] 
Klemperer, Otto: Missa sacra lC). Schott Part. 20 J(\ 

Klav.-A. (W, Rudolf) 8 ,/f 
StrauB, Rich.: op. 69 FUnf kleine Lieder Nr 1 Der 

Stern, Nr 2 Der Pokal, Nr 3 Einerlei, Nr 4 Waides- 

fahrt, Nr 5 Schlechtes Wetter. Hoch u. tief . Ftirstner 

Nr 1 u. 2 je 2,40, Nr 3-5 je 3 ' J£ 
Vollerthum, Georg: op. 16 Liederkreis von Agnes 

Miegel. Zimmermann 4 .M 
Winternitz, A.: op. 10 Liebes-Lieder f. die Kicnen; 

op. 11 Sechs Lieder f. GroB u. Klein; op. 12 Ja- 

panischer Fruhling. Liebes-Lieder. Benjamin. Jedes 

Werk 2,50 Ji 
— ,— : op. 12 Drei Lieder f. 1 Singst. m, Pfte u. oblig. 

Viol. Benjamin je 1,50 >M 
Wolfurt, Kurt v.: op. 1 [17] Gedichte von Goethe. 

Hofmeister 10 M.; einzeln je 1 — 1,80 M 



IIL Biicher 
und Zeiffdiriffen-Aufsa^e 

(alphabetisch sowohl nach Stichworten wie nach den 
Verfassern geordnet) 

Absolute Tonhohen — 8. Tonhohe. 
Acappella-Frage, zur. Von Th. Kroyer — in: Archiv 

f. Musikwiss. 2, 1. 
Agypter, Die Tonkunst der alten. A. von Curt Sachs — 

in: Archiv f. Musikwiss II, 1. 
Altmann, Wilhelm — s. Impotenz; Koennecke. 
Andro, L. — s. Mann, Thomas. 
Anton, Karl — s. Loewe. 
Aufftihrungspraxis — s. Kammermusik. 
Bach, joh. S. u. Graupner, Christoph: Meitf Herze 

schwimmt in Blut. Von Friedr. Noack — in: Archiv 

{. Musikwiss. 2, 1. 
Balladengesang, Lehre vorn - s. Loewe. 

Band 9 Erich: Theaterkultur, Theaterreform, Theater- 

kunst. Ein Versuch Ober die deutsche Opernbtthne. 

2. Aufl. Suize & Gailer 0,60 .# * 

Bildzeichen, ein neues, in der Notenschrift. Von 

Julius Kopsch — in: Allgem. Musikztg. Nr 4 
Berliner Liederbuch [des 15. Jahrh.], Die Herkunft 

des B. L. von A. Freitag — in: Archiv f. Musik- 

wissenschaft 2, 1. 
Brahms. Herders Edvard- Ballade bei Joh. Brahms 

von Paul Mies — in: Zeitschr. f. Musikwiss. Ii, 4. 
Breitkopfs — s. Hiller. 
Btlckeburg. Bericht liber die erste Vollversammlung 

der 1 Mitglieder des Fiirstl. I nstituts f. musik- 

wissenschaftl. Forschung Biickeburg. Von Max 

Schneider — in: Archiv f. Musikwiss. 2, 1. 
Byzantinisch - orientalische Musik. Zur Erforschung 

der . . . Von Egon Wellesz — in: Zeitschr. f. 

Musikwiss. II, 4. 
Camerloher, Placidus v. [1718 — 82] Jes altbayrischen ' 

Komponisten Leben und Werke. Diss. d.-Univers. 

MUnchen von Behno Ziegier. Druck v. Datterer, 

Freising. 
Dahms, Walter — s. Mendelssohn. 
Deutsche Opern von Julius Hagemann — in: Musik- 

zeitung Nr. 1 ff. 
— Opernbuhne — s. Band, Erich. 
Deutschland — s. Kammermusik. 
Diesterweg, Adolf — s. Futurismus; Steuer. 
Ductia — s. Stantipes. 
Eichberg, Rich. J. t — in: Deutsche Tonkiinstler- 

Zeitung Nr. 348. 
Einstein, Alfred — s. Villanella. 
Frauenorchester. Zur Frage des F. Von Walter 

Kommoll — in: Allgem. Musikztg. Nr. 1. 
Freischiitz, der, ein Versuch Qber die Grundlagen der 

musikal. Romantik von Herm. W. v. Walters- 

hausen = Stiliehre, musikal. Bd. 3. 
Freitag, A> — s. Berliner Liederbuch. 
Futurismus oder Selbstbesinnung. Von Adolf Diester- 
weg — in: Allgem. Musikztg. Nr. & 



46 



Graupner, Christoph: Mein Herze schwimmt in Blut — 

s.. Bach. 
Hagemann, Julius — s. Deutsche Opern. 
Hase, Hermann v. — s. H i i I er» Joh. Ad. u. Breiikopfs. 
Hiller, Johann Adam u. Breitkopfs von Hermann 

v. Hase. Breitkopf & H. 1,50 Ji 
Jachimecki, Zd. — s. Polnische Orgeltabulatur. 
Impotenz, Die neue Asthetik der musikalischen 

Impotenz. Von Hans Ptitzner. Verlag Suddeutsche 

Monatshcfte 4 Ji- Besprechung von Wilhelm Alt- 
man n — in: Musikztg Nr 3. 
Kammermusik. Beitrage zur Auffiihrungspraxis der 

vorklassischen Kammermusik in Deutschland. Von 

Hans Mersmann — in: Archiv f. Musikwiss. 2, 1, 
Kapelle — s. Papstliche Kapelle. 
Klavier. Kiaviermusik und Klavierspie! von Eugen 

Schmitz. Quelle & Meyer 2,50 .M 
Klavierspiel. Drei Handschriften aus der Fruhzeit des 

Klavierspiels von Wilh. Merian — in: Archiv fQ r 

Musikwiss. 2, 1. 
Kobald, Karl — s. Wien. 
Kobe It, Joh. — s. To nh 3 hen. 
Kdnnecke, Fritz, ein eigenartiger deutscher Tonsetzer. 

Von Wilh. Altmann - in: Der Fiihrer durch die 

Konzerte u. Theater von Konigsberg Nr 7. 
KommoII, Walter — s. Frauenorchester. 
Konta, Robert — s. Musiker. 
Kopsch, Julius -- s. Bildzeichen. 
Krebs, Karl — s. Taktstock. 
Kritik — s. Vokalmusik. 
Liederbuch — s. Berliner. 
Loewe. Aus Karl Loewes noch unveroffentlichter 

Lehre des Balladengesanges von Karl Anton -— in: 

Zeitschr. f. Musikwiss. II, 4. 
Mann, Thomas. Die Musik in Th. M. Von L. Andro — 

in: Der Merker 11,1. 
Meister des Taktstocks — s. Taktstock. 
Mendelssohn v. Walter D a h m s. Schuster & Loffler 6 - // 
Merian, Wilh. — s. Klavierspiel. 
Mersmann, Hans — s. Kammermusik. 
Mies, Paul — s. Brahms. 

Moser, Hans Joachim — s. Stantipes u. Ductia. 
Mozart — s. Zauberffote. 
.Musiker, der junge. Von Robert Konta — in: Der 

Merker 11, 1. 
Musikkritik — s. Vokalmusik. 
Musikwissenschaft. Gntndrift der M. Von Hugo 

Riemann. 3. Aufl. Quelle & Meyer 2,50 J( 
Musikwissenschaftliche, Forschung, institut fur — s. 

Buckeburg. 
Noack, Friedr. — s. Bach u. Graupner. 
Notenschrift — s. Bildzeichen. 
Oper — s. Deutsche Opern u. Opernbuhnen. 
Orgeltabulatur -— s. Polnische. 
PMpstliche Kapelle unter Paul IV, die. Von Karl 

' Weinmann — in: Archiv f. Musikwiss. 3, 1. 
Parodie — s Vi 1 1 an ell a. 
Paul IV, Papst — 3. Papstliche Kapelle. 



Pfitzner, Hans — s. Impotenz. 

Polger, Alfred — s. Wagner, Lohengrin 

Polnische Orgeltabulatur a. d. Jahre 1548. Von Ed. 

Jachimecki — - in: ZeitschriftJ. Musiker. If, 4. 
Primadonna, die.* Von Adolf WeiBmann. Paul 

Cassirer 36 J6 
PythagorSische Terz — s. Terz. 
Richard, Aug. — s. Schillings. 
Riemann, Hugo — s. Musikwissenschaft. 
Sachs, Kurt — s. Agypter. 
Schillings, Max v. Von Aug. Richard — in: Musik- 

zeitung Nr. 1. 
Schmitz, Eugen — s. Klavier. 
Schneider, Max — s. Buckeburg. 
Schwers, Paul — s. Weingartner. 
Seiffert, Max — s. Strunck. 
Siegfriedidyll oder die Ruckkehr zur Natur. Von 

Herm. W. v. Waltershausen = Stillehre, musikal. 

Bd. 2, 
Stantipes [frei rhythmisierte Konzertmusik des M. A] 

u. Ductia [TanzJ von Hans Joachim Moser — in: 

Zeitschrift f. Musikwiss. II, 4. 
Steuer auf Kunst; Von Adolf Diesterweg — in: 

Allgem. Musikztg. Nr. 4. 
Stillehre, mnsikalische, in Einzeldarstellungen von 

Herm. W. v. Waltershausen Hugo Bruckmann 

Mtinchen Bd. 1—3 je 5 J6 
Strunck, Delphin. Zur Biographie D. Str.'s .» Von 

Max Seiffert — in: Archiv f. Musikwiss. 2, 1. 
Taktstock, Meister desT. Von Karl Krebs. Schuster* 

Loffler 4 J( 
Terz, die pythagoraische. Von Albert Thierf elder — 

in: Zeitschr. f. Musikwiss. II, 4. 
Theaterkultur - s. Band, Erich. 
Thierfelder, Albert — s. Terz, pythagor. 
TonhOhen. Das Dauer-Gedachtnis fur absolute Ton- 
hohen. Von Joh. Kobelt — in: Archiv f. Musik- 
wissenschaft 2, 1. 
Villanella. Die Parodie in der V. Von Alfred Ein- 
stein in: Zeitschr. f. Musikwiss. II, 4. 
Vokalmusik als Objekt cier Musikkritik. Von Eber- 

hard Waechter — in: Der Merker \l t 2. 
Wagner. Lohengrin, Szenisches zum. Von Alfred 

Polgar — in: Der Merker 11, 2. 
Wagner — s. Siegfriedidyll. 
Waltershausen, Hermann W. v. — s. Freischiitz; 

Siegfriedidyll; Stillehre; Zauberfiote 
Weber, Karl M. v. — s. FreischUtz. 
Weingartner, Der Fall — in: Musikzeitung Nr. 1. 
y von Paul Schwers in: Allgem. Musikztg. Nr. 2. 
Weinmann, Karl — s. Papstliche Kapelle. 
WeiBmann, Adolf — s. Primadonna. 
Wellesz, Egon — s. By::antinisch-oriental. Musik. 
Wien. Alt-Wiener Musikstatten. Von Karl Kobald. 

Amalthea-V., Zurich. 
ZauberflSte, die, eine operndramaturgische Studie von 
*4erm. W. v. Waltershausen — Stillehre, musik. Bd.l 
Ziegler, Benno — s. Camerloher. 



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47 




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s§ den Aimanach; Jch begluckwunsche Sie und den Herausgeber, zu der ganz famosen Arbeit, Hi 

= die durch ihre wertvollen Beitrage fraglos das intaresse allerKreise erregen wird. Ich freue mich, Wk 

JH daf3 endlich einmal wir klich etwas Gutes auf derm musikalischen Markt erschienen ist und = 

e= wunsche Ihrem jungen Unternehmen nur das allerbeste/ |i£ 

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1 Otto Jahns klassisches Mozartwerk erschien soeben in funfter Auflage als 1 

i W. A. MOZART | 

von Hermann Abert 

| * Herausgegeben als funfte, vollstandig neu- ' § 

| bearbeitete und erweiterte Ausgabe von 1 

— Otto Jahns Mozart — 

| Erster Teii (1756—1782). XXV, 1035 Seiten 8°, Mit 9 Bildnissen und 4 Faksimiles f 
| Geheftet 35 Mark, gebunden 40 Mark, T.-Z. 40%. . | 

Jahns Mozartbiographie, das Mozartbuch schlechthin, hat leider geraume Zeit im Handel fehlen mQssen. 1 

Jetzt iiegt es nun in einer Form vor, die sich nicht mit Zusatzen und Aenderungen biographischer Art | 

| hegnugt, wie das die fruheren Auflagen getan haben, sondern ein auf der bedeutend erweiterten geschiehtlichen 1 

| Erkenntnis unserer Zeit aufgebautes neues Buch bedeutet. Alio die Vo^zuge. die dem Jahnschen Buche | 

| seine alles uberragende Steliung in der Mozart I iteratur verliehen und durch zwei Menschenalter hindurch 1 

I sicherten, hat Hermann Abert, soweit sie "aucft heute noch als splche fur ein Mozartbuch geiten konnen, fur das 1 

I neus Buch zu nutzen gewuBt, sonst aber ist es von dem Standpunkte aus er?standen, daB jede Zeit die 1 

I Pflicht hat, ihre geistige Selbstandigkeit auch gegenuber den GroBmeistern der Kunst zu wahren. 1 

I So ist ein neues Mozartbuch entstanden, wurdig des alten, das in ihm weiterleben soil. 1 

HimmiimHiiMniiuiiiiimHHiimmiiiiHiiiiiimhHHimimiiiiimiiimiMm 

Hermann Kretzschmar 

jGeschichte derOper) 

J VI, 286 Seiten 8°. Geheftet 14 Mark, gebunden 18 Mark, T.-Z. 40 %, § 

| |V/|it Kretzschmars „Geschichte der Oper" wind eines den hervorragendsten Bucher der 1 

| ' v, Musikgeschichte der neueren und neuesten Zeit veroffentlicht, das, seit Jahren sehn- 1 

| suchtig erwartet, nun zum ersten Male im Zusammenhange Kretzschmars Forscherarbeit 1 

| auf dem Gebiete der Oper bringt, auf dem die Musikgeschichte in ganz besonderem MaBe i 

1 lebendige Forderung von ihm erfuhr. Es ist ein echtes Kretzschmarsches Buch, 1 

1 ohne jede Weitschweifigkeit meistert es in der aus Kretzschmars Werken 1 

| her bekannten lebendigen, treffenden Darstellung den Stoff in | 

1 einer Art, die jedem Gebildeten verstandlich ist und das % | 

1- Studium seines Buches aus dem Nicht- | 

1 historiker zu einem Genusse macht, | 

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J veriag BREITKOPF & H ARTEL - LEIPZIG Benin I 

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Copyright 1920 by Neuendorff & Moll Berlin-WeilSensee 
Notenbeilage zu „Melos" 2. Heft Februar 1920. 



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Bemerkung: Es kam darauf an, ein absolutes Jiedartiges MusikstLick zu geben, weder untermalende Begleitung noch 
melodramatiscries IneinandergreiEen nocli genau ants einzelne Wort komponiert. Denn, wegen muglicher Kontaktschwiertgkeiten, 
sollen die Augenblicke des Einsetzens, Ablusens, Aufhurens der Schauspieler nicht durchaus festliegen. Notwendig ist nur 
ems: die einfach-kraftvollc, doch nicht starre rhytlimische Stetigkeit im Zusammengehen von Ton und Wort; die Schauspieler 
bringen dtu Hebungen genau auf die Viertel der Musik. Bei der Auffuhrung in Deutschen Theater unter Regie von Dr. Ludwig 
Berger (z. \, Male am 10. Oktober 1919) hattc sic'n das hier notierte Zusammengehen ergeben. Gegen SchluB hin gingen 
die Schauspieler allmahlich und unmerklich in die ffxierte Tonhcihc iiber, der sie sich auch zuvor bereits bin und wieder 
genShert hatten. Heinz T i e s s e n. 




ErsuhoiiU. Jim 1, u ri'l It), jt-di'ii Moimt.s. Zti liw.iuhcn f.1mv!i <l!n ]\isiJiiist:ill.i*ti. Uneh- n. Miisik«.lionh:itir]Iimg«n, (towio dirckt vom Vorbtj; 
Uedaktion: Uwlin \V. IU. K«".ni^iti An(iiist.»*ir. '.'A. 1-Vmrui': Li'lzow :U2-',. - Vi>rl« W : Bcrlin-Woissotison, Bm-liupr AUtxwI. Fonirtil': Ws. 1 '.!■;. 
i'1-..is dos Kin/.idhcrtcs Mk, :'..10, i'm ViVrLd/.-Abonn. Mk, ll'. - , bvi K.»(-iizl>,indl)ftzuf; vicrtcljiihrlicli Mk. 13.-. — Xni-.liilruek vorl>,<ha1tcn. 



Nr. 3 



Berlin, den \. Marz 1920 



I. Jahrgang 



INHALT 

OSKAR BIE Nibifch und das Dirigieren 

HERMANN SCHERCHEN Nikifdi und das Ordtejfer 

LORENZ HOBER Die Dirigierkunff Arthur Nikifch's 

J13RGEN VON DER WENSE .... Die augend, die Dirigenfen und Nikifch 

H. W. DRABER Die Nikifdi -Programme und der mufikalifdie 

Forffdirift 

ARTHUR NIKISCH Erinnerungen aus meiner. Wiener Jugendzeif 

Prof. Dr. ALTMANN Bedeufende Neuerldieinungen u. Manufkripfe 

PORTRAIT: ARTUR NIKISCH 

Aus der Luxusausgubc „Im Konzcrt" von Oscar Bie mit Stcinzcichmingeu von Ehrch Spiro, 
Verlag Julius Bard, Berlin 

„MELOS" 

in einer Luxusausgabe 

erfcheinf monaflich einmal im Kunff verlag 

Fri£ Gurliff, Berlin W 55 



Nikifch und das Dirigieren - 

Von Oscar Bie. 

Dirigieren fdieinf unfer den Kunffleiffungen die abffrakfeffe. Das Werk des 
fchaffenden Kiinfflers iff irgendwie greifbar, zu fehen, zu horen, zu lefen, durdi irgend 
eine Vermiftlung wahrzunehmen. Reproduzierende Kiinffler fchaffen nach, indem fie 
Sichfbares oder riorbares durch das Inffrumenf ihrer tiand, ihres Mundes, ihres Korpers 
finnlidi wahrnelimbar madien. Unfer ihnen nimmf der Dirigenf eine befondere Sfellung 
ein. Das Werkzeug feiner Tafigkeif iff ein korperliches, iff das Angeben des Takfes 
und des Ausdruchs durch die Geffe. Was ware, wenn die Geffe nichf da ware? Ein 
Okfeff fpielf ohne Dirigenfen nach gegenfeifiger Einffudierung. Audi das Orcheffer 
kann ohne Dirigenfen fpielen. Der Dirigenf fchafft nichf im Augenblick feiner Leiffung, 
was wir horen, wie der Pianiff und Sanger, fondern er leifef es nur. Nur] Er ffehf 
auf dem verfchwenderifchffen Poffen der Kunff. Seine Aufgabe fdieinf abffrakfer, als 
die irgend eines andern Kiinfflers. Das iff der erjfe Blick auf inn. 

Das Problem des Dirigierens erklarf fich aus diefer Merkwiirdigkeit Inr Dirigenfer 
fammelf fich die auffaffung des Tonffiickes, die maJ3gebend wird. Diefe Auffaffung 
konnfe audi im Geheimen wirken. Je fcharfer fie aber hervorfriff und je nuanzierfer 
fidi mif der Zeif die Vorfragsmoglichkeifen ergeben haben, deffo infenfiver verdichfef 
fich die Auffaffung und Leifung in einer einzelnen Perfon, die am Pulfe ffehf. Der 
Dirigenf iff zugleich das Produkf einer forffchreifenden geiffigen Variability und iff 
andererfeifs zugleich ein Eakfor derfelben Bewegung. Durch die ungeheure Fiille der 
reproduktiven Aufgaben, die fich feif hunderf Jahren in der Mufik gefammelf haben, 
wir^ die Perfonlichkeif der Auffaffung gereizf, die im Dirigenfen Geffalf gewinnf. Und 
durch diefelbe Enfwicklung wird die Virfuofifaf eben diefes Dirigenfen wiederum Jo 
angeffachelt, daj5 die Verfiihrung beffehf, die nafiirliche Subjekfivifaf zu einer willkiir- 
lidien werden zu laffen. Diefe Anfinomie iff das Weferi des Dirigenfenfums. Je weniger 
er ein handgreifliches Maferial unfer fich hat, je mehr . er nur als geiffiger und 
rhyfhmifcher Ausdrrck figurierf, deffo fcharfer iff er alien Leiden ausgefetjf, deren Reihe 
zwifchen Amf und Temperament ablauff. 

Ich wollfe diefen Rahmen zeichnen, um die zenfrale Sfellung von Nikifch mofivieren 
zu diirfen. Ich will fagen, was Nikifch iff. Er iff der geborene Parfifurenkiinffler, ohne 
Hemmung fliejDf ihm der Klrmg der Parfifur ins Ohr. Der Verkehr mif ihrem Gebilde 
iff ihm nafiirlich und felbffverffandlich. Er iff geboren, Seele der gefchriebenen Mufik 
zu werden, Einheif der auseinandergelegfen Parfifur. Dies iff ausgefprochene Anlage 
und Gnade, ihm auf den Lebensweg mifgegeben. Es iff ein Gliick und zugleich eine 
Weifung und auch eine Million. Die Miffion offenbarf fich in einer fo vielfeifigen, iippigen 
und unbefchrankfen Dirigenfenfafigkeif. daj3 es niemanden heufe gibf, deffen Wefen fich 
fo unge-tdrf mif diefer Funkfion verbande. Die Weifung liegf in der Art, wie ihm 
beffimmf iff, fich zur Mufik zu ffellen. Er iff kein Lehrer, kein Dokfrinar, kein Kampfer, 
kein Revolufionar, fondern er gehf in der yanzen Weife und Breife feines Wefens in 
der ganzen Weife und Breife der Mufik auf. Er-gibf fich der Mu'ik hin, wie einer 
Geliebfen. Er koffef ihre Reize faglich neu aus und fiinlf den Raufch ihrer Schonheif 
in bewuj3fem Genuf5. Spielf er die Pafhefique von Tfchaikowsky, glaubf man fein 
Zenfrum gefunden zu haben, Spielf er Brahms oder Bruckner, verklaren fich die 

54 



Unferfdiiede der kriffallifierfen und der improvifierenden Kunff in einer hoheren ro- 
manfifdien Einheif. Spielf er Wagner oder Beethoven, vereinigen fidi Weifen in der 
Synfhetik des Klanges. Man kann feinen Liebling nidif konffruieren, da er nidif die 
beffimmfe Forderung an ein fubjekfives Erlebnis ffellf. Er liebf das Erne iiber dem 
Andern, er liebt Mufik, wegen der Mufik. Man hat das gufe Worf mufikanfifdi daffir. 
Piefe Mufiker uben ihre Kunff, nidif um eines Symboles oder eines Dokumenfes willen, 
fondern wegen ihrer unverganglidten Maferie, wegen diefer ewig wiederhplfen Sdion- 
heifen der Melodie und Polyphonic, der Akzenfe, des Aufbaues und der Chemie aller 
Akkorde. Nikifdi verfinkf in die Fluf der Tone. Er badef fich in feinem Ordieffer, Er 
entzudtf fidi an dem felbffgefdiaffenen Kiang und an alien Reizen ewig wedifelnder 
inftrumenfaler Farben. Nidifs rlerrifches gehf von ihm aus, gegen die Mufi;?, die ihm 
anverfrauf iff, Er faugf die Parfifur ein und wie durdi einen Zauber gewinnf fie in 
ihm Ma£, Geffalf, Dispofifion und Sinnlidikeii Er iff fo gludslich nidifs zu fun zu 
brauchen, als die Hingabe an diefen Zauber zu verauj3ern. Warme Afmofphare liegf 
um fein Werk. Gemiif, Empfindung, Innerlichkeif, reinffe Ergebung an die ruhrende 
Gewalf diefer Kunff ffromen in ihm und von ihm, Es iff das eine Worf: er iff die 
Perfonifikafion der Parfifur. Dies iff das Zenfrale, dies iff das Mufikalifdie, dies ,?* 
das Bleibende im Flu£ der Zeifen. 

Es iff nofwendig, diefe Definition der befonderen Arf von Nikifch zu geben, Weil 
fie innerhalb der verfdiiedenen Dirigenfengaffungen eine mufikalifdie Reinkulfur be- 
deufef, die fur die Erlialfung des ganzen Sfandes wichfig iff. Efwas davon wird in 
jedem Dirigenfen fein muffen, damif das Bluf der Mufik v/arm lau^'f. Es wird in ihm 
fein muffen, gleichviel welche Einffellung feine Kunff zur Umwelf, zur Kuifur und zu 
den Lebensanfchauungen der Zeif befi&f. Mufik iff ja, als Funkfion im Menfdien 
befrachfef, eine abfonderlidie Erfdieinung; fo akfiv fie iff, fie ffeckf irgendwo als fidierer 
Befi$ heimlidi in der inneren Verfaffung des Kiinfflers. Der Mufiker iff kein Sdiwarmer- 
Von der Liebe zu Jeiner Kunff fpridif er nichf viel. Sie machf ihn nidif ekffafifdi oder 
empfindfam, wie den Dileffanfen. Sie arbeifef irgendwie in dem Bereich feiner Er- 
finduug und Seele, gefaffigf mif den Erfahrungen von CTahrhunderfen und eingefenkf 
in die Ilefe einer unwUlkurlich f chaff enden Phanfafie. Die Freude am Spiel, der Genuj3 
des Klanges und der Polyphonie, diefes ganze eigenfiimliche Vergniigen an der Geffalf 
und Form der " mufikalifdien Sprache fi^f in ihm, wie ein Erbe feiner Ahnen, wie eine 
lange vorbereifefe Auc.'romung feiner myffifchen Nafur. Solches Mufikanfenwefen darf 
ihn nichf verlaffen, mif welchen Idealen audi, nif weldien Forderungen er an die Welf 
heranfriff. Denn das iff Unfergrund feines Wefens, die ffefe Frudifbarkeif feines Schaffens. 
Es gibf keinen Typ des Dirigenfen, der diefe Verwandffchaff mif dem Kiinffler enfbehren 
konnfe. Niir darin erreidif er die Tiefe und den Grund, den Friihling und das Weffer, 
die die Kunff befrudifen. Es gibf Dirigenfennaturen, die fiber die reine Mufikalifaf, 
enfweder aus ganz ffarker Subjekfivifaf oder ganz ffarker Objekfivifaf£hinausgehen. 
Der Werf ihrer leiffungen wird immer darin begriindef fein, wie weif die urfpriingliche 
mufikalifdie Beriihrung nodi miffpridif. Bei Nikifdi iff di6 Mufikalifaf, dies reine Auf- 
gehen in der Subffanz und im Klang fo vollendef, daj5 fie nidif mehr einen Teil feiner 
Leiffung darffellf, fondern fie ganz umfaj3t Alle Grope bei ihm erklarf fidi aus der 
Ifolierung diefer Funkfion, und feine wunderbarffen Abende find diejenigen, an denen 
durch ihn die Mufik an fidi, in ihrer abfolufen Bedeufung, Kraft .und Schonheif fidi 
darffellf. Hier iff, was anderen Bluf zufiihrf, Thefe und Charakfer geworden. So fehr, 
da£ man faff von einer Richfung fprechen kann, die feine Arf bedeufef. Hingabe iff 
Romanfik. Herrf chaff der Subffanz iff Impreffionismus. Unfer den Dirigenfen iff er in 
diefem Sinne Romanfiker und Impreffioniff. 

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Der dozierende Dirigenf befonf die Folgerichfigkeif der Enfwicklung vonjjMofiv 
und Bau im Werke. Er analyfierf, er will iiberzeugen, er zifelierf das Detail und 
monfierf das Ganze. Die Zeichnung iff ail fein Sfreben. Klang Iff Nebenfache. Klarheif 
iff alles. Kem fofer Punkf ffehf in der Dynamik. Das war Biilow. 

Die Mahlerfchule geht auf Plajlik. Rund, mif den Handen faffen, in den Flachen 
abzufaffen, korperlich in Raum und Zeif, ffehf die Mufik vor uns. Ein efhifcher Wille, 
nichf objekfiv erzieherifch, wie bei Biilow, fondern- fubjekfiv begeifferf, mif dem Theater, 
den Kunfiiern, dem Orcheffer als Adreffe> leuchfef aus dem Korper diefer Mufik. 
Erziehung lahmt Schaffensfreiheifen. Ethik erhohf fie. Das Mufikanfifche, nichf durch 
Bildungsang]ft befchaffef, fondern durdi Bildungswillen' erhellt, raufchf auf. Es iff eine 
fchone Gegend des Mufizierens. Aber noch dienf die Perfon der Aufgabe. 

Als Lob der gehobenen Subjekfivifaf befinge man Richard Sfrauj3. Seine Cmoll 
Symphonie iff der Wiederfchein feiner Kraft Er verfinkf nichf in dem Werk, als in 
einer Maferie und er gibf fich ihm nichf hin, als einer klanglichen Subffanz. Sondern 
er ffellf fich dar. fein Tempo, feine Leidenfchaff, feine Geberde. Es gabe eine 
Subjekfivifaf, die fich nichf darauf befchrankf, eigene Spiegelungen darzuffellen, nichf 
einmal die eigene Durchdringung des Werkes, fondern die die Uberwindung der 
Maferie durch den Geiff erffrebf. Geiff gehf iiber Mufik hinaus. Er wahrf den 
Zufammenhang der Zeif. Er benu&f die Mufik zur Darffellung eines inneren Erlebniffes. 
das fich im Tone fymbolifierf. Es wird Dirigenfen geben, die nach diefer Richfung ihre 
Sendung erfullen. Sind die reinen Mufiker Romanfiker, find die Lehrer und Zeidrner 
Klaffiziffen, fo find diefe Geiffigen nichf mif Unrechf Expreffioniffen zu nennen. Die 
Wandlung iff diefelbe, wie in aller Kunlf. Aus dem Manne, der Takf fchlagf, urn das 
Orcheffer aujSerlich zufammenzuhalien, wird der Vermiffier afthefifcher Pofenzen, die 
das Mechanifche vergeiffigen und das Berufliche verallgemeinern. Da ffehr der Im- 
preffioniff am Pulf, deffen Quelle in der Materia Jiegf, und der den Reflex des Klanges 
zur Lofung feiner Kunff empfangt Da ffcM der Expreffionift der feine eigene 
Vorffellungswelf zur Forderung machf, deren Gefe^e er dem reproduzierfen Werk enf- 
windet Eine Art von Akfivismus, ein Wille, durch feine Kunff geiftig zu wirken, nichf 
zur Mufik, nichf in Mufik, fondern mif Mufik zu erziehen, nichf zu geniegen, fondern 
zu erhohen, wird aus ihm fprechen. Von Nachfchaffen ein Neufchaffen. Der Dirigenf, 
der aus diefer inneren geiffigen Nofwendigkeif fchafft wird der Typ der Zukunff fein. 
Er wird die Miffe gejfunden haben, zwifchen dem Subjekf und dem Objekf, zwifchen 
dem Geiff und dem Klang. Er wird den Mufikanfen in fich aufnehmen und liebevoll 
pflegen. Denn diefer iff der Blufzufiihrer, er iff die Nafur, zu der die Kunff zuriick- 
kehrf, wenn fie fich am Geiffe erkalfef haf. Gibf es IDberwindung? Richfungen wechfeln. 
Jede Zeif fchaft't ihren Typus. Aber Mufik bleibf. 



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Nikifdi und das Orcheffer 

von Hermann Sdierdien. 

Wird vcm Dirigieren gefprodien, fo glaubf man das Thema gewohnlich mil der 
Erorferung der zur Technik dienenden Ausdrucksmiffel des Dirigenfen erfchopft Die 
Taffache aber, da£ das Inffrumenf des Dirigenfen, das Orcheffer, als felbjfandiger 
Organismus fich aus verfchiedenarfigen Individualifafen zufammenfefst ohne deren 
richfige Behandlung die vollendefffe Dirigierfedmik nidif das Lef>fe erreichf, iff nur felfen 
in ihrer Bedeufung erkannf worden, fro^dem hierin ein grundlegender Unferfdiied ge- 
geben iff zwifchen dem Dirigenfen iiberhaupf und alien anderen reproduzierenden 
Mufikern. 

Der Pianift der Violinvirfuofe, hat fein Inffrumenf, deffen Giife kaum irgend welchen 
Sdiwankungen unferliegf; was nodi hinzukommf, iff — neben dem fechnifchen Ver- 
mogen — nur die perfonliche Kraft Das Inffrumenf des Orchefferdirigenfen aber iff 
ein ganzes Heer von Virtuofen, alle mif verfchiedener Tedmik, mif verfchiedener 
feelifcher Kraft begabf Es folgf hieraus mif Nofwendigkeif, dap das Verhalfnis des 
Dirigenfen zu feinem Inffrumenf ein weif wichfigeres iff, dap hier alle Moglichkeifen 
unbeftfmmfer und zugleich lebensvoiier find. 

Nehmen wir an, die fechnijche Begabung eines Dirigenfen fei voll enfwickelt jeine 
Rhyfhmus und Geffalf vermiffehide' manuelle Gefchiddichkeif ebenfo ausgebildef wie 
das Mimifche. Dirigierf er eine Orchefferauffuhrung, fo iff bei gufer Qualifaf des 
Ordieffers ein beffimmfer Grad der Giife der Auft'iihrung garanfierf, und doch wird 
Wefenflidiffes nidif erreichf werden, verffehf er nidif innerhalb feiner Regie des Werkes 
die individuellen Kraffe der einzelnen Mufiker aufklingen zu laj'j'en. 

Das le^fere iff von )'o groj5er Bedeufung, daj3 von hier aus ganz allgemein zwei 
Richtungen in der Einffellung der Dirigenfen unferfdiieden werden konnen: 

Der einen gehoren jene Dirigenfen an, die, ganz erfiilK von einem beftimmfen 

Klangbild vor das Orchejfer frefen und mif rudtfidifsiofer Kraft den Mufiker 

zu zwingen fuchen, das innerlich Gehorfe in jeder Kurve nachzubilden. Wie 

glanzvoll und „einheiuicrr' folche Auffiihrungen 1'ein mogen, die begliickende 

Warme hemmungslos verjfrornfen inneren Lebens wird dennoch fehlen. 

Derandere Typ des Dirigenfen iff nur in Nikifch rein verfrefen. uener Dirigenf, 

der in jedem einzelnen Mufiker die Muj'ik felbi'f zu wecken fudif, der iiber 

das Orcheffer den breifen umfaffenden Afem feines mufikalifdien Fiihlens 

hinffromf und in diefem warmen Hauch alle aufbliihenden, individuellen 

Eigenkraffe liebevoll umfangt 

Nie habe ich das Wunder des Organismus Orcheffer jo Ifark empfunden, als bei 

Nikifdi: die ruhevolle Kraft die von feiner Perfonlichkeif ausgehf. erftreckf fich auf 

jeden Einzelnen, regelf den unruhvollen widerfpredienden Gang der vielen Pulfe fojforf 

in ein Alle umfaffendes, gemeinfames groj3es Sdiwingen. Man mag fagen, da]5 die jahr- 

zehnfelange Vernvmfheif zwifchen Orcheffer und Dirigenf (ich fpreche naftirlidi immer 

nur von Nikifdi, dem Dirigenfen des Berliner Philharmonifchen Ordieffers) die nidif 

wegzudenkende Vorausfe^ung fur folche Wirkungsmoglichkeif fei, mag an die jedes 

neue Orcheffer-mifglied fogieidi wie eine geheime Afmosphare untflufende Nikifchfradifion 

erirmern — : das alles find nur die Vorausfe&ungen jener Idealforderung, die hier in 

dem Verhalfnis von Ordieffer und Dirigenf einmal ganze Verwirklichung gefunden hat. 

59 



Nikifch vergij3f me, daJ3 die Taften der Klaviafur femes Inftrumenfs Perfonlichkeiten 
find, lebend'e Menfchen, zu denen feine Energien ffrornen miiffen, deren Krafte umge- 
kehrf auf ihn zuriickftrahlen. Wohl kaum ein anderer Dirigenf mufizierf [omit dem 
Orchefter, nimmt ffandig Anregungen von ihm enfgegen. 

Der Oboift blaft ein Xhema mif bejonderer Befeelung, rundet die Linie ausdrucks- 
voller als fonff; begliicfct horcht Nikifch, nickt leife, und geftaltef den ganzen weiferen 
Verlauf bereichert um jene Eigenregung des Mufikers, angepaj3f an das perfonliche 
Moment, das aus dem Orchefter aufleuditete. Die Pofaunen haben ein melodifch be- 
deutfames Mofiv; folange fie es der rhythniifchen Gliederung angepa|5t blafen, wie die 
Partitur fie zeigf und der Streichkorper fie in Klang umfetjt, bleibf ihre Bewegung 
ftarr, ungefchickt, milifarjnufikartig. Der Charakfer diefes Instruments bedingt -eben 
eine Ausfiihrung, die nur dann die SteUe widergibt, wie der Komponift fie gehorf hat, 
wenn das ganze iibrige Orchefterbild hier den Pofaunen angepajof wird, Da fangt 
Nikifch an, unmerklich im Tempo zu riicken, den Pofaunen in dem rhyfhmifchen Verlauf 
gewifjerma^en „Raum" zu fchaffen, und plotjlich „klingf" ihr Solo, fcheiuf alles Ge- 
zwungene, Miihevolle hinweggenommen. 

Soldier Beifpiele laffen fich endlos viel anfiihren; was fie aiie beweifen, ift, da£ 
Nikifch einer der feinften Kenner des Inftruments Orchefter ift, daJ5 er mit einziger 
Meifteffchaff alle Hemmungen beherrfchf, die von ihm herkommen und alle Krafte zu 
lofen verfteht, die latent darin enthalten find. 

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Diefes Verhaltnis Nikifch's zum Orchefter ift aber richt nur fur den Wert feiner 
Auffiihrungen von Bedeutung; es ift darin zugleich ein ftarkes erzieherifches Moment 
enthalten, das' auf die Qualifaf des von ihm geleiteten Klangkorpers zuriickwirkt. 
Dadurch, daj3 Arthur Nikifch die kunftlerifche Perfonlichkeit jedes einzelnen Ordiefter- 
mitgliedes achtet, da£ feine reiche Individualist alle anderen im Orchefter gebundenen 
wohl umfchlie£f, zugleich aber auch fich entfHfen la|5t, wird die kunftlerifche Bedeutung 
des einzelnen Mufikers ungemein geftarkt. Der Klang feines Inftrumentes wird aus- 
gepragfer, die Empfindung warmer, und das ganze Orchefter erfcheint plo^lich wie ein 
finnberaufchendes Aufgliihen vieler, deutlich voneinander unterfchiedener Lichter, deren 
verwirrender, einander widerfprechender Glanz durch die Perfonlichkeit Nikifch's wie 
in einem Spiegel aufgefangen und— wie auf einen Grundton— auf fein Gefiihl abgeftimmt 
wird. Hier ift das Geheimnis der Sinnlichkeit des Nikifchorchefters, feines betorenden, 
umfchmeichelnden Klanges; hier ift auch das Eigenturnliche feiner Begabung, in dem 
kein Dirigent ihm gleichkommf. 

Aber nicht nur des erzieherifchen Faktors in Nikifch's Verhaltnis zum Orchefter ift 
zu gedenken, fondern auch der Riickwirkung auf den Stand des Orcheffermufikers, die 
fich aus Nikifch's Art des Mufizierens ergibt Der einzelne Kiinftler innerhalb des 
Orchefters gewinnt an SelbftbewuJ3tfein t da Nikifch feine Perfonlichkeit refpektiert; der 
Hornift, der Pauker geiien mit erhohtem Verantworflichkeitsgefuhl an ihre Aufgabe, da 
Nikifch fich an ihrer felbftandigen Lofung freut. Und diefe beiden Eigenfchaften, 
SelbftbewujStfein und Verantwortlichkeitsoefuhl, begriindet auf felbftandigen, unge- 
wohnlichen Leiftungen, werden allmahlich mif zur Gewahr, daj5 der Orcheffermufiker 
feinen Infereffenkreis und feine Bildung '^ erweitert, wie fie dem Range enffprechen, 
der ihm aiif Grund feines Konnens und feiner Leiftungen langft im Kunftleben gebiihrt. 
Der gute morieme Ortheftermufiker mu)5 in feiner Mufikalitat derarfig elaftifch, irt feiner 
Tedmik derartig leift-ngsfahig fein, wie wir beides in Virtuofenkreifen kaum finden. 
Rechnef man dazu noch die Fiille der mufikalifchen Erfahrung, das enorme Wiffen um 
alfe wie um neufte Liferafur, fo kann man nur wunfcheri, daj3 die Anregungen, die hier 
indirekt von Nikifch aus^ehen. allmahlich immermehr zu Bewuptfein gebracht werden, 



urn jo an dem Enfffehen eines neuen Typs des Orcheffermufikers mif zu helfen, der, 
bei klaren, hohen Forderungen an Jich felbff eine feinen wirklidien Leiffungen enf- 
fprechende Sfellung in der Mufikerfamilie einnimmf. 

Ein Grundzug von Nikifch's Perfonlichkeif iff die aus feinem Slavenfum herriihrende 
reine Kraft des Gefiihls. Ohne Umwege tiber Geiffiges friff er damif nah an die Dinge 
heran, fchopff hieraus das Myffifch-Schvvarmeril'che, das feinem Wefen eigen iff. In diefer 
umfpannenden Weife des Gefuhls iff ihm auch fein befonderes Vermogen gegeben, das 
Orchej'fer zu wecken: als einen Organismus voller Eigenbewegungen von hochffem 
Reiz, die dennodi von feiner Gefiihlsfphare gefaffigf in feinem Gefamffchauen verfinken. 

Diefes Verhalfnis des Dirigenfen Nikifch zum Ordieffer erfdiien mir wichfig, diefes 
Verhalfnis fuchfe idi mif moglichffer Eindringlidikeif nachzuzeichnen weil hier durch 
Nikifch Spannungsverhalfniffe zufage frefen, die fur jede weifere Dirigenfengenerafion 
ebenfo, wie fiir die Weiferenfwicklung des Orchefferwefens von hochffer Bedeufung find. 



Breitkopf & Hartel ■- 

* Zentralste 

Flugel 



Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe 21 

e fiir in- und ausiandische Musik 

Pianos . Harmoniums 



61 



Die Dirigierkunsf Arfur Nikifdi s 

Von torenz Hober. 

Die Vollkommenheif jeder reproduzierenden Leiffung in der Kunff fefjf Virfuofifaf 
in der Beherrfchung der Technik voraus: der Inffrumenfalkiinffler, der ein Werk zu 
hochffer Infenjifaf erweckf, mup der Herr aller Geheimniffe femes Inffrumenfes fein; 
ebenj'o der Orchej'ferleifer, der ias Klangleben einer Parfifur erffehen laffen will. 

Diefe Virfuofifaf in der Dirigierkunff iff bei Arfur Nikifdi aufs Hochffe enfwicfcelf 
und haf in feiner Tedinik zu nur jhm e ; genfumlichen Erfcheinungen gefiihrf. Nikifch's 
Arf zu dirigieren, zeigf felfen jene Klarheif und Eindeufigkeif der Bewegung, die 
Weingartner kennzeidinef. Im Gegenfeil, Nikifdi liebf Bewegungen, die der auj5eren 
Pragnanz off ganzlich enfbehren, 'daftir aber bis ins feinffe die Ausdruckskraffe der 
Mufik widerjfpiegeln. Hierin geht er bis an die Grenze des Moglidien, verfolgf aber 
audi dann nodi beffimmfe Ziele, die eben nur Jo erreidibar find. 

Von aujSerordenflicher Bedeufung iff die rahevolle Kraft die von feinem Wefen 
ausffromf. Er nimmi Jem Mufiker j'egliche Nervofifaf und fuchf durdi die Art femes 
Probierers ncch den grojSfen fedinifdien Schwierigkeifen gegeniiber ein {jefiihl 
der Sicherheif zu fchaffen. Deshalb konffrafieren Proben- und Auffiihrungsfempi bei 
ihm off fo fcharf. Die Probe foil in den Ausfuhrenden die GewijSheif Jdiafjfen, daj5 fie 
das Technifche refflos beherrfchen. Dies zu erreichen, fdieuf Nikifdi nichf zuriick, 
Preffifjimofempi in der Probe zu verlangfamen ; bei der Auffiihrung ffehf dann mif 
einem Mai das wirkliche Tempo da, werden die Sdiwierigkeifen nunmehr fro£ der Be- 
fdileunigung mif dem durch die Proben erworbeuen Oefiihl der Sidierheif ausgefiihrf. 

Ulberhaupf Nikifch's Arf zu probieren! Hierin unferfdieidef er fich von alien 
anderen, verfolgf ein aufs engffe mif feiner Perfonlidikeif verkniipffes Ziel. Es haf bei 
ihm Auffuhrungen gegeben, bei denen neben einem dem Ordiej'fer genau bekannfen 
kiaffifchen Werk irgend eine neuere Kompofifj'on auf dem Programm ffand. Sfaff nun 
das neue Werk zu probieren, verbrauehf Nikifdi die Haupfzeif feiner Proben mif dem 
Sfudium jener langjf bekannfen Kompofifion. Aber nichf Nachlaffigkeif oder mangelndes 
Infereffe fur die Novifaf beffimmen ihn dazu; jondern es iff als ob er die ganze Zeif 
nur verfuche, an jener langff bekannfen Kompofifion mif dem Ordieffer den innigen 
Konfakf zu finden, in dem fidi die Leiffungsfahigkeif aller Ausfiihrenden aufs Hochffe 
ffeigerf. Iff diejes Moment eingefrefen, fo greiff er auf das neue Werk' zuriick, ffucHerf 
die fedinifdiert Sdiwierigkeifen und erzielf eine iiberrafdiend gufe Auffuhrung am Abend. 
Es iff naturlich Jchwer zu fagen, wie weif fclche Vorgange bei ihm bewu£f find; 
Taffadie ift jedenfalls, dap fur ihn — im Gegenfa£ zu den fanafikern der Genauigkeif, 
die innerhalb des Sfudiums das Werk fchon feff umriffen fidierffellen wo lien — die Proben 
immer cfwas von der Art eines gegenfeifiger. Ausprobierens von Ordieffer und 
Dirigent haben, ein Taffen nadi letter Anpaffung find, einem Auflockern der Kraffe 
vergleichbar, die bei der Aujffiihrung felbff erff voll dem Ordieffer enfffromen. 

Auch dazu dienf ihm das langfame Zeifmap, dap er off in den Proben anwendef; 
ein tedtnifdi komplizierfes Gebilde, deffen Durchfichfigke^ durch das vorgefdiriebene 
fdmelle Allegro bedrohf \% wird bei dem ruhigen fedinifdien Sfudium zugleich wie in 
eineL* Ver grower t< ig ien Mufikern nahegefuhrf, daj5 fie mif dem Sfudium feine 
Zufammenfe^ung erfajjen. 

Nikifch's Arf, mif dem Ordieffer zu ffudieren, iff auperdem durch das Eigenfumliche 
feiner rnufikalifchen Perfonlichkeif bedingf. Seine Sinnlidikeif bindef ihn fo eng an den 
materieUen Klang, daj5 er vor dem Ordieffer ffehend demfelben forfwahrend An- 
regungen er:'::immf. Nikifch's erffaimfes Aufhordien, 'mitten im Spiel, plo^lidies Ab- 

62 



brechen und dann fein: „Aber, meine Herren, das iff ja wunderbar, fpielen Sie das fo 
und fo", enffpringen ganz dem Phanomen feiner mufikalifchen Nafur, die inn beffandig 
den Klang wie in neuem Zufammenhang horen und geffalfen la£f. Er reagierf audi 
mif feinffen Nerven auf das Orcheffer und bereicherf feine Phanfafie an ihm, enfdeckf 
durch leife Verfchiebungen in der Anordnung der zufammen einen Akkord farbenden 
Inffrumenfe ffandig neue Klangwunder. 

Nikifdi iff dem Orcheffermufiker naher als die anderen Dirigenfen, weil er infim 
mif ihm mufizierf, mif ihm das Werk geffalfef und hort Off haf man bei Nikifch das 
Gefuhl. da§ er nidif mif vorgefaj3fem, genau feffgelegfem Klangbild zur Probe kommf, 
fondern daj3 diefes, lebendig und fchmiegfam wie nur ein Organismus, mif der Probe 
felbff fur ihn enfffehf und Geffalf gewinnf. Dies iff nafurlich nur moglich dank der 
einzigarfigen Mufikalifaf feines Wefens, diefem unerhorfen Klangfinn, der ffandig 
empfangend und geffalfend iff. 



Nikifch's Dirigieren iff auf ein Mindefunaj5 der Bewegung befdirankf: er gebraudif 
faff nur die rechfe Hand; kommf die linke hinzu, fo bedeufef das immer efwas Un- 
gewohnliches, eine befondere Ausdrucksnuance, ein Unferffreichen und .Abdampfen. 
Der Korper felbff iff. in volliger Rune; nur die Augen geben direkferen Konfakf, 
wenden fidi unmiffelbar an einzelne Mufiker oder Gruppen des Ordieffers. Ganz 
felfen ffrafff fich fein Korper und wachff empor: in jenen Sfeigerungen, wo audi feine 
iinke Hand ihre beredeffe Sprache fiihrf, und er breif ausladend alle Energien zu 
wudifigen Schluj3akkorden zufammenballf. 

Wie wenige Dirigenfen liebf Arfur Nikifdi das Ausfchlagen von Unferfeilen des 
Rhyfhmus: er bewirkf dadurch Dehnungen fowie Verklirzungen der durdi die Parfifur 
fixierfen Nofenwerfe, individualifierf fie gewiffermaj3en, bereicherf ihren Ausdruck. Als 
Beifpiel nennen wir Mozart's Es-Dur Symphonie (Nr. j5 der kleinen Parfifurausgabe 
von Ernff Eulenburg). Die ar/varfsgehenden Sedizehnfel in Braffchen, Celli und Baffen 
(in Takf 2, 4 und 6 auf Seite 3) erhalfen durdi fein Ausfakfieren einen Zeifwerf, der 
zwifchen Sedizehnfel und Zweiunddreif5igj"fel fchwankf. Nikifdi ffraubf fidi bei folchen 
Sfellen gegen die „fpieJ3biirgerlich-brave" Arf ihrer rhyfhmifdien Wiedergabe. Was er 
verlangf, iff gewifferma^en „empfundener" Rhyfhmus, das Leben der einzelnen Nofe 
in voller Auswirkung. 

Uberrafchend iff off, wie er Paffagenffellen der Sfreicher (z. B. die auf Seife 40 der 
kleinen Parfifur der Eroika-Symphonie beginnende) auj3erlich unklar, faff verfdiwommen 
dirigierf. Wahrend andere Dirigenfen hier befonfe rhyfhmifche Scharfe zu Hilfe nehmen, 
verwifchf er diefe fcheinbar mif merkwiirdigen Auf- und Abwarfsbewegungen des Takf- 
ffockes. Der Rhyfhmus iff fa gegeben, lauff fcharf in den Sfaccafoachfeln der Blafer; 
da iff es wie wenn Nikifdi in einer Arf „Konfurenzeidmung" die Sfreicher auffange, 
begleife und fiihre. Tro& des Verzidifes auf befonfe rhyfhmifche Bewegung, klingf die 
Paffage Joliffifch-virmos, wie von einem einzigen Inffrumenf. Wo iff hier der Zauber? 
Es iff, wenigffens in diefem Maaj5e eine nur ihm eigene und au#erordenfliche Begabung, 
rhyfhmifche < und Klang- Vqrffellungen dem Mufiker durch zeidinerifche Bewegungen 
darzuffellen. Dann das Scherzo der Eroika; unfer weffen Direkfion war fein Anfang 
je fo ganz nur Erbeben rhyfhmifcher Energien, in geheimnisvoll beunruhigender Haff 
und Deuflichkeif auffpriihend, als unfer Nikifch's gerade hier weichen, „verfchwommenen w 
Bewegungen? Es gibf alJo*noch andere Vermifflungen zwifchen Dirigenf und Orcheffer 
als nur die harfe Deuflichkeif der Zeidiengabe; vielleichf, da$ ihr Geheimnis in jenem 
Krajffelockern und ffandigem Suchen nach vollkommener Anpaffung in feinen Pro- 
ben beruhf? 

63 



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Die Auffakfbewegungen der Sfreicher nadi der groj3en Fermafe im Andante der 
5. Symphonie] (ab le^fen Takf vonSeife 62 der kleinen Parfifurausgabe). Hier wird 
Nikifdi faff doppelf fo langfam, als das Haupffempo des Sa^es iff, half die Achfel zu- 
riick, fchwer, wie voller Unheil laffend. Wie er dann aber von diefer Tempobreife mif 
den einzelnen Einfa^en von Klarineffe und Fagoff bis zu den laufenden Terzen der 
Flofen-Oboen und Klarineffen in eine leidife Bewegung zurii<kgelangf, bewirkf er auf 
'eine Weife, die keine fichtbare Verdeutlichung in feinem Sfab findef. Anfcheinende Un- 
klarheif, Undeuflichkeif und dabei hochff befreiies, faff foliffifdies Mufizieren aller mif- 
einander; das iff Nikifdi, enfffehf bei feinen beffen Auffiihrungen als Fruchf feiner 
Art des Probierens, durch die der etnzelne Mufiker am Abend vorbereifef iff, die 
Gewichfsverhalfniffe der einzelnen Forinenfeile, Verlangfamungen und Befdileunigung 
mif ihm und wie er felbff zu empfinden. 

Bei Bruckner geldiiehf mandimal, daj5 Nikifdi fidi an dem Klang eines raufchenden 
Sfreidierfremolo^ enfziindef und in der unmiffelbaren Freude am Klang einen foldnen 
Takf faff um das Doppelfe dehnt Nidif durch ein Sfillffehen femes Takfffockes: in 
einem leifen Auf und Ab dehnf er den Augenblick, la£f gewiffermaj3en das innere 
Leben des Akkordes Form gewinnen. In all dem iff es immer die grope Kraff Jeinesf 
reinen Gefiihls, die inn fo uber die Unvollkommenheif, die leifen Endes jeder Deuf- 
lidikeif anhaffen bleibf, hebf, und im Augenblick das ganze Orcheffer eins werden 
laj5t mif ihm , . . 

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Nikifdi iff nidif nur infim verfrauf mif der Leiffungsfahigkeit der Inffrumenfe, er 
fuhlf und kennf audi die Charakfere der Mufiker, welche die verfdiiedenen Inffrumenfe 
fpielen. Vor einigen Jahren iff ein Auffafs von ihm erfdiienen, in dem er von den 
Inffrumenfen und den fie handhabenden Mufikern fpridif. Hier verraf fidi efwa's von 
feinem Wefen, wie er eines Teils infiufiv fiihlend fein Inffrumenf Ordieffer beherrfdif, 
andererfeifs aber mif einer faff bis ins Raffinemenf gehenden Feinfiihligkeif lnfimifafen 
und Geheimniffe diefes Organismus kennf. Er unferfcheidef zwifdien dem Cboer, der 
wie eine Geliebfe zarf angefaj5f werden miiffe, und den Spielern der Baj3inffrumenfe, 
die zur Enffalfung der vollen Leiffungsfahigkeif eines ihrer „Wurde" enffprechendes 
Pathos bediirfen. Nikifch's Klugheif gehf aber nodi dariiber hinaus: er weij5, dajS 
jedes Inffrumenf gewiffe Schwierigkeifeu haf, die leifen Endes nur der Spieler felbff 
kennf. Daj3 man inn hier nur ffii^en miiffe, ihm helfen, frei von aller Nervofifaf audi 
damif ferfig zu werden. 

Hierher gehorf zum Teilder Einfa£ des i. Horns am Anfang der IV, Symphonie 
von Bruckner. Diefen Einfa^ „dirigierf" Nikifdi dem Homiffen faff nie, fondern laj5f ihn 
felbffandig einfefjen, ]*e nachdem, wie nadi der Vorbereifung des Anfaoes der Ton fidi 
fruher oder fpater bildef. Ahnlidies iff mandimal in dem vorherbeginnenden, wehenden 
Tremolo der Sfreicher. Kein fcharfes Niederfchlagen, ein Verffandigen mif dem Auge 
nur, ein leidifer unmerklidier Wink, und der Akkord hangf, fchwebf gewiffermaj5en 
in der Luff. 

Um die foliffifche Kraff der einzelnen Blafer ganz zur Enffalfung zu bringen, f.icuf 
Nikifdi nichfs: bei folchen Sf ellen, (Flof e, Oboe iiber ruhenden Akkorden bei Brudr er, 
Oboe im Andante der „Benvenufo Cellini" Ouverfiire, FLofe, Pofaunen im IV. Sa& ocr 
E-moll Symphonie von Brahms) „pinfelt" er off nur nocr* abfichflich, daj3 der Mufiker 
fidi aus feinem Takfieren „keinen Vers" mehr madien kann, ob er will oder nidif die 
ganze Initiative an fidi reij3en, und fidi von Nikifdi mif der hochffen Veranfworflichkeif 
belaffen Iaffen mu£. 



Der Virfuofe in dem Dirigenfen Nikifch kqmmt ungehemmf zur Enffalfung, wo er 
Zigeuner fein kann, fo z. B. bei der Interpretation der 1. Rapfodie von Lifzf. Hier 
machf er das Orchefter zu feinem Inftrument, da£ es willfahrig, wie nur ein Klavier 
oder eine Geige jede Nuance wiedergibf, die er empfindef. Es gibt da plo&liche 
Tempoverfchiebungen, eine Freiheit der Phrafierung und einen hinreij3enden Schwung; 
wie fie nur hochffen Virfuofenleiffungen eigen find. Hier bewirkf fein Zauberffab, daj3 
das Orchefter klingf, als wenn es wie ein Klavier „befpielf" wiirde. Die i. Rapfodie, 
ein „inffrumenfierfes" Klavierffuck; Nikifch's Auffiihrung, das Orchefter eine Riefenkla- 
viatur. Bei diefem Werk wird Nikifch zum Zigeuner : die kleinjfe Phrafe iff voll kiihner 
Freiheit, voller rhyfhmifcher Verfchiebungen; Paffagen raufchen, wogen hin und her, 
Blechblaferakkorde bleiben wie in der Luff hangen und ffiirmen dann wieder vorWarfs— 
der Rhyfhinus im iiblichen Sirme, als ffreng beffimmfe, abgemeffene Zeifverhalfniffe 
ift aufgehoben. Es ift, der Rhythmus des Zigeunerprimas mif d e m N : k i f ch 
hier geffalfef, Beraufchen am Klang, Nachgeben jedem Impuls gegeniiber, ein 
IDberfchaumen feines Temperamentes. Und diefe Virtuofenleiffung bringt Nikifch zuftande 
mit wenigen kleinen Takfierbewegungen, durdi die er das ganze Orchefter zu tem- 
peramenfvollfter, freiefter Improvifafion hinreijSf. 

Das Erffaunliche ift daJS folche Improvifationen, eben weil fie aus dem Moment 
herauswachfen, in den Proben nie geiibt werden. Da8 diefe immer wieder nur zur 
Orientierung, zur Bewalfigung des Technifchen dienen, und Nikifch frofjdem bei der 
Auffiihrung riickfichfslos jedem Impuls nachgeben kann. So wechfelf audi das Bild der 
Auftuhrungen: immer find Unferfchiede vorhanden, ftehen Tempoveranderungen neben 
dynamifchen Neuerungen, ohne daj3 aber die technifche Qualifaf der Auffiihrung felbff 
Unferfchiede erlifte. 

Hat alfo die Vollkommenheit jeder reproduzierenden Leiffung in der Kunff Virtuofitaf 
in der Beherrfchung der Technik zur Vorausfe^ung, . fo ift gerade diefe Forderung bei 
Arfur Nikifch in unvergleichlicher Weife erfiillt. Aber daneben ift feine gefuhlsffarke 
Mufiziernafur )'o grojS, da£ die hochffe Virtuofitaf der Leiffung und die myffifch-dunklen 
Griinde feiner Perfonlidikeit fich beriihren; da£ rein fechnifch unerreichhare Dinge 
moglich werden durch jenes Zauberband, das fein grojSes Fiihlen urn das Orchefter fpannf. 

Arthur Nikifch 's Dirigenfenbegabung iff ganz einzig art ig; unfer 
feinem Einflu]5 fingf und blunt das Orchefter, wie nur je ein voll- 
kommenes Inftrument unfer goffbegnadefen Hand en. 



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Die Ougend, die Dirigenfen und Nikifch 

Von Hans Jiirgen von der Wenfe. 

Revolution der Mufik? Abbruch aller Realien? Sforung jedes zenfrifchen Bezugs 
. in Melos, in Vifion? — was kummerfs uns; wir geben uns hin in dem Unwilikurlichen, 
das in uns wird, und es iff fchon, wie jede erffe Bewegung fchon iff. Wenn wir uns 
felbft begriffen, wiirden wir uns felbff zerbrechen. Einzig widifig nur iff unfere Einfe^ung 
in die Maffe der uns umiaufenden Ideen, iene Wechfelwirkung aus Gegenwarf zu uns 
her, die zule&f docn Gefichf und Empfangnis jeder Regung in unferem Gemiif beffimmf. 
Im Sfaub des Umffurzes, jener zeifweijen fchweren und verworrenen Goffiofigkeif 
unferer Empfindungen erkennen wir an das Zugrundegehen aller Anfdiauungen, denen 
die Mufik nidifs war, als eine nadifwandlerifche Genialifaf des Herzens, Wir finden 
ein anderes Gejefs in uns, das uns ruff: ein neues Erfchauen iff es der innerffen Phanomene 
mufikalifcher Lineafur, die Forderung der Melodie nidif als Bewegung fchledifhin denn 
als ffromender Kraft, die Lehre oder dodi das ungelehrfe und hodiff lebendige Wiffen 
urn den dynamifchen Logos der Linie. Keine Ergriibelung umffandehalber Affheffik: 
infuifo infellekfualis iff es unmiffelbar. Unmerkliche Paffion im Sdiajffenden findef fie 
im Dirigenfen erff den Miffelsmann ihrer apodikfifehen Sidifbarwerdung. 

Nichf mehr iff wiebisher „die perfonlidie Auffaffung" des Dirigenfen das aufdringlidi 
Gegebene; gegen den exerzierenden Kapellmeister, der feine nur gerade ihm vereignefen 
Leidenjchaffen riickfichfslos in die Maffe des mufikalifchen Apparafes wirff, gegen die 
Jinnliche Hierardiie efwa Wagners, die fanatifche Skepfis Biiiows, die ' exorziftifche 
Konfeffion des Mahler jchen Sfabes — gegen ali diefe Schrankenlofen, die mil ihrem 
Namen das Werk veranfworten, ffellf fidi heufe ein neuer Schlag, der gleidigulfig gegen 
jeden Kulfus feiner Person ganz einfalfig zunachff nur miffen in das Eigenffe des 
Werkes einfritf, die Geheimkraffe femes Gejuges auffchliej5f, die lafenfen Spannungs- 
zuffande jeder melodifchen Kurve auffpiirf, ihre Sdiwer- und Leichfpunkfe, die Gej'e^e 
ihres Auffriebs, die Mamemafik ihres Gefanges geiftig erfiihlf, die Laaerungen der 
Einzelgebilde harf abgrenzf und auf die formulierfe Angelegfheif des Ganzen logifch 
beziehf und nun fidi des Orcheffers zu nidifs bedienf, als dies neue, vielorganige Ganze 
fidifbar zu erformen, namlidi zu erleben. Wir horen dann nidif fo ausfdilieJ51idi eine 
„infereffanfe Interpretation*'.- wir horen vor aliem endlidi die Mufik felbff, die da iff. 
Dorf der auj3erfte hinreijSenctyfe Eindruck fchwindelnder Sinnlichkeif und auf'gewiegelfer 
Affebfe — er dampff fidi hier vor dem Ergriffenfein von jener Eberfinmgkeif, die das 
zarteffe Aroma nidif enfwirkf und es einbeziehf in die zenfrlj'ugale Kraff, die das Ganze 
vom Zu-Irdifdien abhebf in eine folche Erklarrheil daj5 der Makrokosmos hier in emem 
mikrofkopifdien Bilde zufammenfrift, und dafiir das Nachffe und Geringffe in ein 
13niverfum auseinandergeht Alle hervorragenden. Dirigenfen der vergangenen, fagen 
wir fubjekfiven Epodie, audi noch Furiwangler: fie malen jede Mufik zufammen in ein 
dramafifches Gemalde, wo Lidif und Schaffen unermiidef fich im Kampfe verfuchen; das 
Werk iff ihnen ein Gefaj5. dem fie ihre perfonlichffe Polifik eindrangen, ganz unbe- 
kummerf, ob es diefe Expanfion nidif enlffelle. Material isf ihnen die Mufik, das man 
handhabf, nidif aus fidi felbff heraus fidi erleben lafSf. Sfcckwerk fchiebf man zu 
Sfockwerk auf dem konffanien Fundament der Akkordik, von der aus zu denken man 
gewohnf iff. So wird die Energie des Dargeffellfen eine kiinfflidie, angefchafffe, felfen 
eine eingeborene und nofwendige. Sie iff ftefs moforifch und faff nie kinefifdi. Die 
Mufik der Zeif kam folchem Darffellungswillen enfgegen: Wagner, Lifzf, Strang, das 
war eine vom Gegenffand, vom Angreif baren_erregf e Kunff und jedem fremden Wilien 
ein unferfaniger Sfoff. Wie aber konnfe eine fo wahrhaff polyphone, namlidi aus der 
Unruhe ineinanderdringender Energien lebende Mufik wie die Anton Brudmers oder 

66 



~-.n : 



Schonbergs auf fokhe Arf w gedeufef" werden. Die Fiille ihrer ureigenen Krajff unfer- 
warf fidi keinem egoiffifd'.en Erklarer, ohne das Jich nidif die Armafur ihrer Teilcher 
locherfe, das geordnefe Chaos ihrer Vifion fich in eine verdunkelfe Trunkenheif zu^ 
fammengor. . IJie Gro£e diefer Mufik blieb mij3braudif, folange fich nichf em gewiffes 
Draufgangerfum endgiilfig von ihr abhob, und fie wird erff erfcheinen, wenn Menfchen 
fie in ihre Seele zu nehmen verffehen, die nichfs von ihr verlangen als fie felbff in 
ihrer felbffverffandlichen Erffandung. 

Wir Jungffen haben diefen Akf der Klarifikafion, diefe Sfeigerung vom ffrebenden 
Willen zum habenden in keiner Art der alferen Dirigenfen als Gewiffen vorgefunden. 
Nur in Einem fiihlfen wir eine unbewuj3fe Erregung auf dies Ziel hin: unfer Arfur Nikifch's 
Sfabe fraf Jchon off iene geheimnisvoile Mefamorphofe ein, jene Zuriicfcnahrung an 
ein verborgenes Zenfrum iiberall inmiffen des Dargeffellfen felber, ein grower Jchwe- 
bender Zuffand der Mufik ohne die pafhefifcheu Erfchtifferungen fahriger Leidenfchaffen, 
die zum Zifaf werden, wenn man fie ausfchwa&f und ihre Kraft zu Muskulafur, wenn 
man fie nidif an einei\ Punkf aiijSer uns anffrengf. So fehr fchien uns bei Nikifch fdion 
off die Mufik fich felber wieder iiberlaffen, daj3 fie fo ffrahlend aus fich herausbrache 
wie aus einei groj3en Befreiung. Ohne Anffrengung und fo aus fidi felbff hob fidh 
dann der Afem der Mufik hoch und jfiel gerade fo wieder in fein Maj5 zuriick wie aus 
einern nofwendigen Vermogen feiner Nafur. Aber es iff fokhes dodi bei Nikifch nodt 
keineswegs ein prinzipielles Erfchauen der kinefifchen Energies im Melos oder efwa 
der Form als einer Querfumme auf den Raum bezogener Bewegungsempfindungen — 
es iff vielmehr das Ereignis einer unerhorf reinen Befeelungskraff, einer ganz unge- 
brochenen Exiffenz des Gemiifes, ohne die BifferkeK iiberall einen Widerffand zu finden 
und als foldie daher der firmlichen Vielfalf der Schilderung naher als efwa den Reibungen 
der Konfraffe. Nikifch gibf nie wie meiff iiblich die Biographie des Mufikwerkes allein: 
er verfieff fie zu einer oft hochff infimen PfVchographie und kommf eben darin zuweilen 
fehr nahe unferem Darffellungsideal, das wir Logographie nennen kc: ueh, als dem 
bewu£fen Ausarbeifen eines fidh fo erff zu kosmifchen Einklang erganzenden Gefpiels 
unferfchiedlidier Infenfifafen. Bei ihm ffrebf alles zu dem weifen Umfchwang des Klang- 
biides, der fonenden Landfchafflichkeit, der gefaffigfen T.uhe einer Temperaiur, welche 
fich jedes Temperamenfes, des erhabenen wie des murrifchen bedienf und fie alle in 
die lebendigffe Empfindungsqueile zuruckkonzenfrierf. Aber iff nichf audi diefe Arf 
im erffen Grunde noch Egoismus? Nichf aus dem Material felbff wird dodi hier das 
Leben erlebf, es wird dodi immer nodi zuviel Perfon hineingefragar., wenn auch wie 
wir fag--n mehr Seele als Charakter, rnehr Transzendenz als Empirie; immer nodi 
wird zuriel veranlaj5f und begehrt vcdurch die Balance erzwungen wird. Die Mufik 
wei]3 immer nodi zuviel von ihixm Bemeifferer, fo richfef fie fich nie ohne ein verbor- 
genes Hindernis ganz an ihm aus. Mehr fcheinf fie mif alien fechnifchen Fineffen auf- 
gezogen wie ein Geraf, als da]3 fie den geiffigen Sfoff empfangf, durch den allein fie 
ihren eigenen Korper erleben kann. So wird das Werk nie ganz wiedergeboren in 
der urjachlichen Beffimmung femes Schdpfers, es wird derer ein Sinnbild, aber es 
erreichf nie die Urfprurvichkeif ihres erffen Gefichfes. Es wird immer mehr eine 
„Wiedergabe", ein Opjer, ein beffimmfes Gefchopf als die Schopfung felbff. Am fichf- 
barJfen offenbarf fich uns diefe Verlegenheif in feiner Darffellung Bruchners. Wiederum— 
welche auffallige Beriihrung zwifchen Nikifch i;nd uns in diefer Liebe zu 3ruckner und 
wiederum welche Scheidung auf Grund ganz anders fundierter Vorffehuiigen. Uns 
fcheinf das Gefiige vieler aufeinander einwirkender Melismen, das eine Brucknerfche 
Parfifur ausmachf, auf eine gemeinfchafflidie organifche Maxime nur gebradif werden 
zu konnen durch forgfame Erziehung jedes Gliedes zu auf5erffer Auspragfamkeif 
feiner Bewegung, durch die harfe Abkanfung feiner Kurve, durch feinffe gegenfeifige 



67 



m 



Abfeilung aller Kraffeverhalfniffe und Spannungsbeziige; und da jedes kleinffe diefer 
Glieder ein gleich wichfiges Afmungsorgan iff, fo ergibf erff ihre gemeinfame Welle 
gegen einander diefen grandiofen Zufammenhang, der iiber die fchemafifche „gerade 
Halfung w der klaffifchen Form langff hinaus eine mefamufikalifche Erformung gewinnt 
Audi eine vom empfindfamffen Klanggeift geleifefe Wiedergabe wie die Nikifch's kann 
das Wefen diefer Mufik nur zufallig, opfifch freffen. Mag er Melodifches zu groj3fer 
Infenfifaf abrunden und nach den Himmelsleifern der Sfeigerungen unfern Blich in 
Raumen von beruhigter Helle fidi verlieren lafferi: es bleibf eine Sfimmungsmagie, die 
wohl die themafifche Formel aufloff, aber das Raffel der Einmuf in der Form nichf 
off net Denn diefe Mufik (und das ift audi der Schluffel zu Schonberg) — fie lebf nur 
dem, der Tich ihr fo hingibf, daj3 er fidi felber ganz verlaf3f und in ihrer Miffe friff und 
fie bedienf. Unferm Verlangen nach dem Primaf aller innen-mufikalifchen Kraffwellen 
kommf Nikifch dem auJ5eren Eindruch nadi Weif naher in feiner Art Tfchaikowfky, 
Wagner, Strauj5 anzufaffen. Die melodifdie Lineafur lebf hier ein viel geringeres 
Eigenleben; abhangig von rhyfhmifchem und harmonifchem Gefchehen verausgabf fie 
an diefe Sfufjpunkfe zuviel Kraft urn eine audi ohne foldie Hilfslinien noch freie 
Exiffenz und gedrangfe Taffacbe zu fein. Solche Mufik iff jedem eigenwilligen Geffalfer 
willfahriger als efwa Bruckner oder gar Schonberg. Sie haf keinen Sfolz, weil fie 
keine rechfe innere Groj5e haf. Sie verfragf nichf nur, fie verlangf Ausbeufung. Gewalf. 
Nikifch bannf fie in die Gewalf femes vielumfr'affenden Gemufes, er heilf fie von den 
liferarifchen Wurmffichen, an denen ihre melodifche Expanfion krankf — und dann iff 
der Gefang diefer Mufiken eine Flamme, die svir Jiingffen umfo heffiger ehren als uns 
fchon ein anderer Sinn gegeben iff, der fie fo nichf mehr begreiff. 

Denn anders — ffrenger fchauen Wir Mufik, anders — fdilichfer den Berujf des 
Dirigenfen. Unfere Empfindungswelf, geboren zwifchen karnpfenden Volkern und ge- 
reiff in der kampfenden rleimaf: fie iff feurig aber barf. Darum meidef fie das Bunfe 
und das Geffimmfe, verjfluchf das Ebert'luffige und verachfef kleinliche Erregungen, die 
nur das eigene Leben umwerfen. Weniger Will He den Genuj5 als die Abgefchiedenheif. 
Sie liebf audi die Ekffafe nur joweif, als fie das Ergebnis der Konzenfrafion iff. Wenn 
fie heffig iff, fo iff fie es gegen fidi felbff zuerff; fo fehr liebf fie die Selbffbezwingung. 
Sie haf nichf mehr die Fiille der Vorigen, aber fie haf fchon die Zuchf der Kommenden. 
In die Urfprunge frefen wir zuriick. Wir finden fie iiberall. Wir heben fie alle auf, 
wenden fie alle an. Denn wir fuchen dies fanffe Gefe£, das uns regierf. 

Die Nikildi-Programme und der mufikalifche 

Forffchriff, 

Von H. W. Draber. 

Vor fait zehn Jahren habe ich einmal Nikifch in einem „Offenen Briefe" in der „B. Z. am 
Mittag" fehr heftig wegen der Obergehung der fortEchrittlichen Komponiften in feinen Pro- 
grammen der Berliaer Philharmonifchen Konzerte angegriffen. Unter Fortfchrittlern verftand ich 
damals fchon nicht fo fehr Bruckner, Mahler, StrauB und Reger, als SchOnberg, Buroni, Bartok, 
Debuffy, Ravel, Skrjabin, Strawinsky ufw. Wenn ich mich heute abermals zu diefem Programm- 
Thema auSere, To tue ich dies nun nicht ohne ein leifes Lacheln uber meinen damaligen Zorn, 
der [eine Urfache in meiner ehrlichen, temperamentvollen Begeifterung filr die genannten Fort- 
fchrittler hatle, und in der Ueberzeugung, daB Nikifch fie geringfchatzig verachte. 

Urn aber die Nikifch-Programme richtig einfchatzen zu konnen, muB man Nikifch feibft und 
die Sleliung der Berliner Philharmonifchen Konzerte bctrachten. Vom Diiigtnten Nikifch kann 

68 



il. 



man nur fagen, daB er eine ganz einzigariige Errcheinung ift, technich von bochfter VoUendung, 
von widerftandslofer Wirkung auf Orchefter und Publikum. Aber nicht der Dirigent, fur deffen 
Technik es keine Probleme oder Schwierigkeiten gibt, macht die Programme, fondern der Mufiker 
Nikifch. Und diefer ift, ganz abgefehen von feiner naturlichen romantirchen Veranlagung, durch- 
aus ein Kind feiner Entwicklungsjahre gewefen und geblieben. Er hat nie verrucht ttber die 
Grenzen feines Mufikfinns hinauszugehn, was bei einer fo feTt und klar umriffenen PerfOnlichkeit, 
wie Nikifch fie beh'tzt, allein richtig ift. Diefer MufikHnn wurzelt vollkommen im Tonalitats- 
prinzip, wie es bis zu StrauB und Reger gegolten hat. Ein Mufiker aber, und wenn er in feiner 
Art noch fo bedeutend ift, kann einem Werk, das tiber den Rahmen der bisher giiltig gewerenen 
„allein richtigen" Tonalitat hinausgreift, niemals eine Uberzeugende Darftellung zuteil werden 
laffen, folange er nicht die klare Empfindung fur die feinen neuartig gerponnenen und verwobenen 
Harmoniefaden beHtzt, aus denen heraus ihm der Empfindungsgehalt des Werkes zu perfonlichem 
Befitz wird. Nikifch hat fich ohne Frage bis an die auBerften Grenzen feiner Mufikalitat ent- 
wickelt, genau fo wie ein StrauB iiber eine gewiffe, durch ihn wohl bis zur ietzten Mdglichkeit 
getriebene Ausnutzung 1 des tonalen Harmonie- und Rontrapunktfyftems nicht mehr hinausgehn 
wird. Das find Grenzen, die dem Muh'ker von der Natur gezogen werden. Ueberfchreitet er 
fie lediglich aus Furchr, fur einen zum Stillftand gekommenen Mann gehalter zu werden, fo kann 
nur Unglaubwiirdiges das Ergebnis fein. 

Innerhalb feiner Grenzen aber hat Nikifch in feinen Programmen ein fehr betrachtliches 
Silick Mufikgefchichte an uns voriiberziehen laffen. Er begann vor fUnfundzwanzig Jahren, feiner 
Neigung zur Romantik entfprechend, mit den damals die Aufmerkfamkeit erregenden Neu-Rurfen, 
vor allem mit der bedeutendften Erfcheinung dierer Gruppe: Tfchaikowfky. Dann kam der 
Impreffionift Richard StrauB. Beide, der Deutfche wie der Ruffe, waren noch nicht anerkannt und 
muBten beim Publikum durchgefetzt werden. Das dauerte jahre. Spater kam Reger hinzu. Das 
find nur die hauptsachlicMten Namen. Eine ganze Reihe Epigonen, die ein Dirigent in jenen 
Jahren beachten zu miiffen glaubte, liegen dazwifchen. Vergeffen wir auch nicht, daB Liszt und 
Brahms durchaus noch nicht „ durchgefetzt" waren, und jede ihrer Sinfonien im Programm groBer 
Konzerte, wenn auch nicht mehr eine laute Oppolition, fo doch ein gewiffes MiBbehagen des 
auf GenuB atisgehenden Burgers hervorriefen. 

Hier muB zunachft einmal die Stellung der von Nikifch geleiteten Berliner Philharmonii'chen 
Konzerte in Betracht gezogen werden. Unter Hans von Billow waren Tie zur Grilndungsftatte 
einer neuen, inzwifchen zur Tradition erhobenen Klaffikerauffaffung geworden. Nikifch hatie 
letztere zunachft endgtiltig zu befeftigen und tat dies in feiner hdchft perffinlichen Weife. Das 
Publikum, das nun einmal zur Aufrechterhaltung regelmaBiger bedeutender Konzerte unentbehrlich 
ift, verlangt eine folide Zuverlaffigkeit hinfichtlich der Darbietungen, lowohl was das Programm 
wie die Qualitat anbelangt. Die Maffe des Publikums ift in kfinrtlerirch'en Dingen konfervativ, 
und das umfomehr, als die politifchen und geTellfchaftlictien Verhaltniffe fich konfolidieren. Der 
Fortfchritt braucht bis zu feiner Anerkennung immer mehr oder weniger Zeit. Man kann nicht 
verlangen, daB der Mufikliebhaber im Aufgreifen des Neuen ein gleiches Tempo zeigt wie der 
Musiker felbft; der Urheber, geborener oder wohlvorbereiteter VerftSndiger ift. GroBe, ftandige 
Konzerte miiffen notgedrungen in ihren Programmen hauptfSchlich den Niederrchlag aus der - 
garenden, fprudelnden Maffe des Neuen enthalten, und zwar in abgeklarter Darrtellung: Nicht 
nur fur die Zuhorer, denen nur durch dauernden Erfolg abgeftempelte Kunftwerke wverftandlich" 
find, fondern noch viel mehr fur den jungen Mufikernachwuchs, der bis zur Erlangung einer 
felbftftantjigen Auffaffung fich an der Gediegenheit und Vollkommenheit der Meirterwerke bilden 
muB. Fur den ungeftiim vorwarts drangenden Fortfchritt konnen folche Konzerte nur dann in 
Frage kommen, wenn ihr Dirigent kraft feiner perfonlichen Veranlagung imftande ift, den grtfBeren 
Teil der ZuhOrerfchaft von dem pofitiven Gehalt der Kompolitionen, fUr die er fich einfetzt zu 
Uberzeugen. Die Grenzen, die Arthur Nikifch gezogen find, haben die Einbeziehung der neueften 
Entwicklung der Mufik (etwa von SchOnberg und Bufoni an) in die Philharmonifchen Konzerte 



'II 



' 69 



SHE 



verhindert; aber nicht nur Nikifch, fondern alien anderen groBen Dirigenten feiner Epoche eben- 
falls. Ich kann mir z. B. nicht vorftellen, daB Mahler fUr Schonberg oder Buroni eingetreten 
rein wurde, hatte ein gUtiges Schickfal inn uns langer erhalten. .Auch Richard StrauB hat dies' 
noch nicht getan. Bei beiden ift der Grund ebenfalls die Begrenzung, 

lnfoige all dierer Verkettung der Verhaltniffe ift eine betracht!ic!;e Menge neuerer und 
neuefter Mufik niemals in den Philharmonifchen Konzerten gehort vt-.ruon. Sie ift in ihrem 
krSftigen Sturmfchritt, mit dem fie vorwarts drangt, an ihnen vorbei und aber He hinaus ge- 
gangen. Verwunderlicher, und mir nicht fo klar zu begreifen, ift hingegen die Tatrache, daB 
felbft Mahler und Bruckner, die beide Nikifch nahe ftehen, — feine AuffUhrungen haben es 
bewiefen — nur vereinzelt und in viel zu groBen Abftanden aufgefiihrt worden find. Er hat 
jedes Mai, wenn er ihnen einen Platz im Programm einraumte, einen deutlichen Erfolg mit den 
Werken gehabt. Warum alfo die Zurltckfetzung? Wir waren zweifellos heute fchon ein be- 
tr&chtliches Sttlck weiter mit- der Anerkennung diefer zwei gewaltigen Sinfoniker, wenn fie in 
den Philharmonifchen Konzerten etwas mehr, etwas demonftrativer in den Vordergmnd gefetzt 
worden fein wtirden, und zwar auch mit anderen Sinfonien als den am Ieichteften einganglichen. 
Buroni, der bis zu Teinem groBen „Concerto" fur Klavier und Chor fich noch ganz im Rahmen 
jener Mufikalitat bewegt, die auch Nikifch vollkommen zuganglich ift, hat noch keine einzige 
Auffuhrung eines feiner Werke an diefer Stelle erlebt, Seine Kompofitionen find in Berlin immer 
nur, und mit zunehmendem Verftandnis und Erfolg, auBerhalb des Philharmonifchen Orchefters 
zu Gehor gelangt. Sicherlich hatten fie auf das Publikum belebender und anregender gewirkt 
als manche furchtbar brave Profefforenarbeit, bei der man rich Tchlafen legen und wieder er- 
wachen konnte, ohne etwas getraumt zu haben. Die Entw.Lklung ift. nun aber uber die 
Programm -Tendenz der Nikifch -Konzerte hinausgegangen. Wir haben Schonberg und den 
atonalen Bufoni kennengelernt; man verlangt nach beiden heute. Skrjabine, der gegenwartig in 
London fogar das zweifelhafte VergnUgen genieBt, „populSr" zu fein, ift nicht mehr langer zu 
iibergehen. Bartoks Name v/ird beftandig mehr genannt. Debuffy, der in anderen tandern mit 
alien feinen Werken bekannt ift, durfte bald wtlrdiger bei uns vertreten werden als bisher- 
Delius hatte fchon vor neun Jahren Erfolge in Berlin. Ravel und Strawinsky sind uns mit 
Arbeiten vorgefetzt worden, die Appetit auf mehr hinierlatfen haben. Sie alle und noch andere 
find die Komponiften, die in den Programmen der Philharmonifchen Konzerte noch garnicht 
oder nicht mit einem Hauptwerk geftaiiden haben, Ihre Dafeinskraft hat fie nun dicfen Konzerten 
vorausgetrieben. Sie gehoren einer neuen Dirigenten- und Publikumsgeneraiion, einer neuen 
Zeit, deren Menfchen aus neuen Empfindungsqueltefi fchopfen, und darum werden die Werke 
diefer unaufhaltfam vorwarts fchreitenden Zeitgenoffen baid ihre eigene Gemeinde haben, die 
h'cherlich nicht auf die groBen, crhabenen und die klcineren, zarteren Kompofitionen der Meifter 
fruherer Jahrhunderte zu vtrzichten gedenkt. Aber die neue Gemeinde wird verlangen, daB der 
Zeitgeift zu feinem Recht kommt, und zwar genau To in der Darftelltfng der Klattiker wie im 
Schaffen der Gegenwart und Zukunft — bis auch diefe Gemeinde wieder von den fpateren 
Neuen, die, dem EntwicklungsprozeB folgend, kommen werden, Uberholt worden ift. 

Arthur Nikifch und feine Programme find ein ziemlich getreuer Spiegel detfen, was die un- 
ausfterbliche Schicht der Burger, die von der Mufik in erfter Linie die Tolide, alte Bekanntfchaft 
erwarten, in diefen funfundzwanzig jahren horen woliten. Diefe Burger verlangen GenuB im 
hoheren Sim e und Befriedigung. Das die Mufik auch eine Anregung una eine Erfegerin noch 
unbekannter rimphndur.gen und GemQtsbewegungen fein kann, irt ihnen unwichtig. S : ie kennen 
nicht den Reiz des Experiments; nach dem man unter Umftanden auch mit Ieerem Hefzen nach 
haufe gehen muB. Nikifch hat fie infolge feiner Veranlagung vor diefer Erfahrung bew.ahrt. Er 
■konnte nicht anders; aber er hat es in einer Weife getan, daB auch diejenigen, die gem' gefehn 
haben wtirden wenn die Philharmonifchen Konzerte ganz mit der Zeit fortgefchritten warc?n, ihm 
dankbar bleiben werden. 



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Erinnerungen aus meiner Wiener Jugendzeif 



Von Arthur Nikisch. 



Wir sdiriebcn das ,l;ilir 1872. Dcr Friihling war ins 
Laud gezogcu in nil seiner Prnclil. mit ;illeni Zauber, der 
einem wolil kauiii in irgend eincr andereu groLieu Sladt 
so ;ille Siuue gefangen nimmi wic in Wicn! Icli wnr 
riucii Sdiiiler des Kfluservaturiums. Durdi f lellmes- 
bergers Prolektion [dnrftc icli bereils in Hrkranktings- 
fiillen irgend chics Mitgliecles des Hufoneriiordieslers In 
dcr Oper unci in -den Piiilliarmnnischen Koiizerten ills 
Geigcr ^SLibsHtiiici un'- ! Ich war sdir begliickt, dadurcli 
auf bequemerc Art die groL'cn Mcislerwerke kenneii zu 
lerneu als vorber, da icli illicit uocb mil ?> Uhr nadi- 
mittags nn dcr Opcr anstclltc, inn eiiieri miiglidisL guleu 
Plalz in dcr vicrten Galerie zu erliaschen. Wemi icb von 
den erst en ubcrwattigcudeu liindriickcn absclic, weldie 
die ..Fidclio" • - mid „Don .:uan"-Aufnihruiigcn im alien 
Kiirntncrtor-Tlicatcr mit dcr Dustmann, mit Berk unci 
Gustav Walter in den Ilauptrollcn am mich zwulfjahrigen 
Knaben machtcu, welcbe nun nicin lnncrstes mit 
elcnicntarer Gcwall aufrtitlelten. Nadt Vcranlaguiig mid 
durcb strcngc hiiuslichn Znclil bis dabiii melir dein 
Konscrvatismus in dor Musik hinneigend, bat Warners 
Musik inui einen rcvolufionicrenden HintluB auf mich 
ausgeiibt. Wic oft saB icb die lialben Niichte king beiin 
spiirlichmi Kcrzcnlicht iiber den Klavir.raiLszi.igen (die 
Partituren warcn mir nattirlich unziigiiiiglicli), die nnbc- 
grciflichen Wundcr dicscr Musik cinsangend, bis meinc 
brennenden, schmerzenden Angcn den Dicnst vcrsagten; 



die gliiokiicbsten Stundeu bereitetc icli mir, vvenn icli 
nad unit lags glcteh nach dem Miltagcsscn in meiner 
Stnbc mir durcb Xtizichcn siimtlicher Vorlningc cine 
kfmstlidie Danmicrung scluif mid z. B. den B Tristian" 
von Anfang bis Endc diirchspielle. Plotzlich ging cs 
wie ein Lanffetier third i die Stadt: Richard Wagner 
komml nadi Wien, uiti ein grofks Werk zu dirigicrcn! 
In ficberhafler Frregurig fiber die Aussiclit, den Meistcr 
in Person sclicn, am Endc gar untcr seiner Lcitung 
spielcn zu diirfen, besprach ich soglcich mil cinigen 
gleiebgesimiten Kameradcn den Plan, untcr den Scltiilcrn 
des Kunscrvatoriums cine Sammhing zu veranstalteu, inn 
Wagner cine Ehrcngabc zu iiberrciciien. Bald batten 
wir sovie! beisamnien, urn cincn hiibsclier. silberntn 
Pokal ersteben .;u ktinnen, wclchcr dem Einzigen, Grotlcn 
ein besebcidenes Zeichen dcr grcnzcnlosen Bcwunderung 
unci Ycrehrung dcr musikalischcn Jugcnd Wiens scin 
solite. Wagner stieg bci seinein Freunde, dem damaiigen 
Prim lira rzt- des Ailgen.cineri Kraukcuhauscs Dr. Josef 
Standtbardtner ah; durch die giitige Vcrtnitthmg des 
Ietzlcrcn crkliirtc sich der Meistcr bercit, tins an Vormittag 
vor dem Konzcrt, welches urn halb 1 Uhr im N rosscn 
Musikvereinssaal stattiand, (cs war Sonntng, dcr 12. Mai 
1872), zn cuipfaugen. Die Sdiiiler-Dcputation, wcldicr 
aulkr mir nodi Felix Mo til, Emil Paur mid Josef Pottjc 
angchortcn, wahlte mich als Sprechcr! Das Ilerz klopftc 
mir zum Berstcn, als wir im Salon Dr. Standthardtners 



' i !>' 






(Ladonproia M. 3,2'tj. 



von AiloH V.-Ulinnnn im Vflrinff von KVmCdd & Ilvmut 



msgopuboiion „S.ing mid Klaug" Almaaaiih 1020 



1\ 






"SEPC 



'st.inilcti dcu FJntritt Winners erwartend. Hndlich 

• iffnete sidi die Tiir, tmtl er tnit cin! Unbcschreiblich 
dcr Sturm dcr Gefiilile, denderBlirk seines fasziuierenden 
Alices auf mein jugendlichcs Genuit ausubte! Von dem, 
was icli mir cigeutlich vorgenouimcn hatte zu sagen, 
wuBte idi natiirlicli kein Sterbenswbrtdicn mclu. Nach 
eminent fiir mich qualvollcH Sckundcn, fand icli abcr 
mcinc Fassmig vvicder, mid icli redetc, vv.is mir gerade 
cinfiel, so reclit voin Hcrzcii weg. Die .SjcIic scliicn 
dem Mcister zu gefallen, cr iwlnn unsere Gahe freund- 
licit cutgegen, dankte mis in sehr lierzlidier Weise mid 
spraeh die fiir tins b<:souders hcclcutini^svollcn Wurle: 
cs sei ihiii urn die Zuktu.ft seines Werkes nidit hangc, 
wenn er sehe, dal.l die Jiisjcncl fiir ilm sui! 

Mittajj;s I'anci claim das Konzert stall. Gliicklichcr- 
webe (!) w.ir vvicder cincr der crsten Geigcr erkrnnkt, 
liiid ieh durt'tc aKSubslitul mitspicleu. Warner dirigicrtc 
■Siicrst Beethovens ..I-.roiKa" urid danri im zweiten Teil 
das I'iir Paris nadikomponicrtc Bacchanak: aus dein 
„Tannlniiiscr" mid Watans Absdiied iind Feuerzauber 
Ans dcr „Walkure". W.'ihrctid des Konzcites (am Vur- 
mittag war cs dnickend sclnvnl) bracli cin furchtbares 
Gewittei- mit Blitz mid Doimer los. Am SchiuB des 
Kouzertcs (das Ge witter hatte sich iiiAvisdicn wieder 
verzogen) befand sidi das Puiilikum fiirrnlidi in cinem 
Tannic I der Begcisterung. Nadidem Wagner durch eitic 
cntsprcclicride Mandhe-wcyuiig _ /it vastehen gab, tints er 
^nrcchen wollc, trat pkitzlidi ToteustiMe tin. Mit vor 
inncrei Errcgung bebemlen I.ipp«rii (seiu Gesidit weift 
wie -in Tisditticlt) sagk- cr: ..Die alreu Griechert be- 
tracliteteu es ais ein gules Zcidieu von nbun, vvenu bci 
cincr ilirer U ilcrnehmTigcn djr Minind ein G.-wiUcr 



sandte. So wollc audi er dieses Gewittcr als gliick- 
verhciflend fiir die Frfiillung seiner Lebcnsatifgabc, des 
Werkcs von Bayrcntli bctraditcn". Zwci Wochen spiiter, 
am 22. Mai, seinem Gchurtstagc, fand in Bayrcitth zur 
f ; eier der Grmidstcinlcguug des Fcstspielhauscs im alien 
MiarkL'Tiiflidien Opernliause jene denkwurdigc, alien 
Teiliicbmern imvcrgctflidie Auffiihriir.g dcr Neuntcn 
Symphonic statt. Das Ordicstcr war zusanuneTi^cstcllt 
.'ins den hervorragendsten deutschen Ordiestcrn, mid 
wieder dnrfte idi durdi die Fmpfehhmg 1 lellineshergcrs 
als 21. initgehcn; idi spielte damals bci den zweiten 
Geigeti mil. Was idi '-i den vier Probcn, wcldic 
Wagner mit nns abhielt, lernte, ist fur meinen ganzen 
kiinstlerischeip Werd-.-^an^ von ungeiieureni Kinflnl.) gt- 
wescii. Idi kaim sa^eu, dal.i Wagners ..Froika" in Wieu 
mid dnun die „Neimte" in Bavreutii fiir mcinc ganze 
Bcetlioven-Aiifl'assung. ja, fur meine Orcliestcr-inler- 
prctatiou liberhaupt enlsdieidend gewurden ist, Wagner 
war RewiB nidit, was man eincn ..ruutinicrtcii Kapell- 
meister" neunt: abcr seine „Gestc" alleiu war sdinn 
Musik. Nitclist Wagner waren der geniale .loiiann 
! Icrbeck mid mciri gelicbter l.^hrer Otto Dessoff die- 
jeuigen. weldien idi als Diligent am meisten nadi/.u- 
eifern traciitete. Der bedeutendste Mnsikei Wiens jeuer 
Zeit war aher unstreitig Juscf 1 Icllmcsbcirger d. A. Un- 
crsdiopflidi waren die Aiiregun^en, die man von diesem 
^ottbcgnadeten Kiinsiler umpfing. Nad i dan icli das 
Wiener Konscrva tori um verlic!.t, trat icli am ]. .lauuar 1S7-1 
als engagiertes Mitglied in das Ordicstcr des K. K. 1 fof- 
Opcrutiicatcrs ein. In dieser Stellung vcrblieb icli vier 
.laltrc lung, bis Angela Neumann auf Umpfchluag Dessoffs 
mich als Kapellmeister an die Leipdger Oper bericf. 



Witiifige neue Mufikalien, Butiier und Auffatze 

uber Mufik, 

"' mit^ct'JU von 

Professor Dr. Williclm Altmann, Bcrlin-Fricdenan, Sponliolzslr. 53-54. 

Diesc ZLisaiuuienstelliuig, die rnuylidisl in jedem Heft dicker Zeitschrift crfolgcn wird, will iudi nodi un- 
scdrucktc gr61icrc Wcrke, vor allem Syinplionicn, symphonische Dlchtungcn, Konzcrtc, Kammcrmusikwerke. Onern, 
Cborwcrke mit Ordicstcr cinbczielicn, wn nanientlieh Dingeuten darauf aufmerksmn zu machen. Diejcnigcn Tcmsctzcr. 
die derartige Wcrki: (fcdoeb .lidit etwa Kl. vicrstiicke. I.icdcr, Maiincrcliiirc; fcrtig li.ibcn, werden gebetcn, mich davou 
in Kcnntni-s zn setzen, doch behaltc icli mir die Hntsdicidung fiber die Aufnalunc vor. Dicse kann'anch bei gedruckten 
Wcrken wedcr durch ^in Inscrat nod drndi F.ii:-endnn b der betrefienden Mnsiksliickc odcr Biicher crzwungcii werden. 
Riicksendung etwaigct Finsendimgeu wild gmndsatzlidi abgck'hui. 

Die Ilinzufiigung des Vcrlngs wird Bcstciltmgcn crlcichtern. Zii den angegebenen Preisen ko'nmt immcr 
nodi der sogem Tcucriuigsanfsdilag «citcns des Vcrlegers mid audi des Sortimenters liinzu; cr scliwanki hckauntlich; 
mcist abcr bctragl cr 5!J «'.'(. + 10°/o. 

Debussy, Claude: Berceuse heroique. Durand. Part, 

4 fr.; St. 12 fr. 
Faure, Gabriel: op. 112 Masques et Bergamasqnes. 

Suite. Durand. Part. 2!j fr.; St. 25 fr. 
Moriiz, Edvard fBerlinl: Symphonic 1 (c) noch un- 

gedruckt [bevorstehende Urauff. 10.4. Dusseldo :]. 

■') Die bcruhmtc Parir,er Vcrlagsfirma A. Durand el F i ! s, dcrcn ucueste V^otfcntliclu-ugcn bisher !;; 
Dcutschland ganz unbekannt gcblicbcn siad, crlicht zu den angegebenen N'cttnprciscn audi noch 5t)"' f Teitnmgs- 
zusdilag und vcrlangt Bezabhtng der Francs nacii dem Kurswcrt. 

72 



L InJfrumentalmufiK 

a) Ordieffermufife (ohne Soloinftr.) 

Habanera. Durand.*) Part 40 fr.; 



Aubert, Louis 
St. 30 fr. 



mam 



Roger- Ducasse: Nocturne de printemps. Durand. 
Part. 12 fr. 

— Evocation au dieu Hymen et la Course au Flam- 
beau. Durand. Part. 30 fr.; St. 50 fr. 

— Suite. Durand. Part. 9 fr.; St. 20 fr. 

Rcpartz. J. Guy: Divertissement. Durand. Part. 20 fr.; 

St. 25 fr. 
— : Soir sur les Chaumes. Durand. Part. 20 [■-.; 

St. 30 fr. 
Schmilt, Florent: op. 44 Musique de plein air. Suite. 

Durand. Part. 30 fr.; St. 50 fr. 
— : Roves. Durand. Part. 15 fr.; St. 30 fr. 
Simun, James (Berlin]: Laudliche Suite (Es) r.och 

ltngedruckt 

b) Kammermufik 
Blair-Fairchald: op. 43 Sonate p. Piano et Viol. (e). 

Durand S fr. 
Bruch, Max |B.-Friedenauj: 2 Quintette f. 2 V., 2 Br. 

u. Vc. fa, Es) nodi ungedruckt. 

— Oktett f. 4 V., 2 Br., Vc. u. KB (B) noch un- 
gedruckt. 

Chapuis, Alfr.: Sonate p. Piano etVcelle. Di rand. 10fr. 
Cras, J.: Trio p. Piano, Viol, et Vcelle(C). Durand lOfr. 
Debussy. Claude: Sonate p. Piano et Viol. (g). 
Durand. 7 fr. 

— Sonate p. Piano et Violoncelle (d). Durand. 6 fr. 

— Sonate p. Flute, Alto et Harpe. Durand. ID fr. 
Faltis. Evelyne[Berlin[: Sonate f. Klav. u. V. (d) noch 

ungedruckt [Urauffuhrung Berlin 4. 2\ 
Fnure, G.: 2" Sonata p. Piano et Viol. (e). Durand. 8 fr. 

: Sonate p. Piano et Vcelle. Durand. 8 fr. 
Gauhert, Ph.: Sonate p. Piano et Fiiite, Durand. 7 fr. 
Jarnach, Ph.: Sonate p. Piarrj et Viol. (E). Durand. 8 fr. 
Juon t Paul: op. 69 Sonate f. Klav. u. Viol. (F> noch 

ungedruckt [Urauffuhrung 14. 2. Berlin] 
Maleingreaii, P. d<>: Sonate p. Piano et Vcelle, 

Durand. 8 fr. 
Mifhaud, Darius: Sonate p.2Vio!et Piano. Durand 8fr. 

— Quatuor p. 2 Viol., Alto et Vcelle. Durand. 
Part. 3 fr.; St. 8 fr. 

— : 2 Sonates p. Piano et Viol. Dur:uu.. je 8 IV 
Ravel. M.: Trio p. Piano, Viol et Vcelle (a). 

Durand. 10 fr. 
Roparfe,J.Guy: 2- Sonate p. Piano et Viol. fe». Durand. 

Pa:is 10 fr. 

— 2" Sonate p. Piano et Vcelle. Durand. 8 fr. 

-: Trio p. Piano, Viol, et Vcelle (a). Durand. 12 fr. 
Saint-Saens, Camille: op. 153 2" Quatuor p. 2 Viol., 
Alto et Vcelle. Durand. Part. 3 ir.; St JO fr. 

c) Sonffige Inffrumenfalwerke 
Bachelet, Alfred: Ballad- p. Viol, avec Orch. Durand. 

Part. 20 Fr., St. 30 fr.; mit Klav. 7 fr. .,. 
Barnes, Edvard Shippen: op. 23 Petite Suite p. Orgue. 

Du.and. 6 fr. 
Delwssy, Claude: 12 Etudes p. Piano. Durand. I? fr. 

— £n bianc et noir. 3 Morceaux p. 2 Pianos a 4 ms. 
Durand. 10 fr. 



Debussy, Claude: Six epigraphes antiques. Piano alms 

(auch ersch. eln 2 lid. Arrang des Komp. . Durand. Gfr. 
— : Rapsodie p. Saxophone et Orch. Durand Part 

20 fr.; St. 30 fr,; mit Klav. 4 fr. 
Fairre, G.: op. 11 1 Fantaisie p. Piano avec Orcli. Durand 

Part. 25 fr., St. 20 fr.; f. 2 Kfav. 4h. 12 fr. 
Maleingreaii, P. de: Suite p. Orgue. Durand. 6 fr. 
Roger-Ducasse: Etudes p. Piano a 4 ms. Durand. 12 fr. 
Saint-Satlns, Camille; op. 154 Mcrceau de Concert p. 

Harpe et Orch. Durand. Part. 20 fr ; St. 25 fr. 
— : Cypres et Lauriers p. Orgue et Orch. Durand. 

Pait. 15 fr.; St. 30 fr. 
— : op. 150 Sept Improvisations; op. 157 3« Fantaisie 

p- Orgue. Durand. 8, bew. 3,50 fr. 

II. Vokalmufik 

Aubert, Louis: La Lettre. Chant avec accoinp. d'Orch. 
Durand. Part. u. St. 5 fr. 

— Crepuscules d'automue. P. voix moyenne avec Piano. 
Durand. 6 fr. 

— : 6 Poemes arabes p. Chant et Piano. Durand. 6 fr. 
Bardac, R.: Simone. Poeme champetre p, Chant et 

Piano. Durand. 5 fr. 
Debussy, Claude: Noel des enfants qui n'ont pas de 

maisons a 2 voix svec Piano. Durand. 2,50 fr. 
Emmanuel, N.; Chansons Bourguignonnes, 28 chansons 

du pays de Beaune avec Piano. Durand. 12 fr. 
Ravel, Maurice: Trois poemes p. Chant avec accomp. 

d'Orch. Durand. Part. G fr.; St, 6 fr. 
— : 3 Choeurs p. 4 voix mixtes. Durand. Part. 3 fr. 
Saiul-Saens, Camille: La cendre rouge. 10 Chants avec 

I'accomp. de Piano. Durand. 8 fr. 
— : Hymne au travail p. 4 voix d'homme. Durand. 2,50 fr. 
Schmilt, Florent: op 47 Danses des Devadasis p. Solo, 

Choeur et Orch. Durand. Part. 15 fr,; St. 25 fr. 

- : op. 63 Chant de guerre. Choeurs, Tenorsolo, voix 
d'hommes et Orch. Part. 10 fr. 

Simon, James [BerlinJ: Urworte (Goethe). Kantate f. 
2 Solos t, Chor, Orch. u. Org. noch ungedruckt. 

III. Biicher 
und Zeiffdiriffen-Auffa$e 

(alpljabctisch sowolil nacli Stichworten wie nnch den 

Vcrfasscrn geordnctj 
Altroann, Wilh. — s. Bruckner. 
Beethoven. Der SchluBsafz der Heldensymphonie und 

Beethovens Darstellung des rein Menschlichen. Von 

Artur Prufer — in: Allg. Musikztg Nr G, 
Bekker, Paul - s. Kritik. 
Bonnerot, Jean — s. Saint-Saens. 
Bruckner. 1st Bruckners sogen. Chorrlthema seine 

eigene Erfindung? Von Wilh. Altmann - in: 

All gem. Musikitg Nr 6. 
Chop, Max — s, Eingriffe. 
Deutsche Schule im G^genspiel — s. Geige. 
Eckstein — s, Musikpflege. 



73 



Eingriffe in das Recht freier Ur'eils-A'jsubung Von 

Max Chop — in: Signale f. d. musikal. Welt Nr 6. 

Faure\ Gabrie' Sa vie et son -jeuvre p. Louis 

Vaillemin. Durand. 2 fr. 
Freie Urteils-Ausubung — s. Eingriffe- 
2 ige, Deutsche Schule im Geigenspiel. Von Ar T 

Leop. SaB — in: Musikpadag Blatter Nr 1,2. 
Gotiier, Georg — s. Zukunftssorgen 
Hermene utile, zur musikalischen. 'on Hans Mers- 

mann — in: Mu~ikpadag. Blatter Nr 1;2. 
Heumann, Hugo ~ s. Violoncello. 
Klavierpadagogen, beruhmte. Von Moritz Voge! -- 

in: Deutsche TonkCnstler-Ztg Nr 349. 
Kiavierspielen, das, mit dem Gehirn. Bruchstiicke 
einer nenen Methode. Von Wilhelm TrenKler — 
in: Der Merker, Heft ?. 
Kri*<k und PersSnlichkeit «'on Paul Bekker — in : 

Ber'iner Konzert-Kritiken Heft 5. 
Kritiker. Der, auf dem Parkettsessel. Von Paul 
Marsop — in: Deutsche Tonkunst!er-Ztg Nr 349- 
Krug, Walter — 3. Neue Musik. 
Laienrecht, Das, in der Kunst Von Karl Storck — 

in; Allgem. Musikztg Nr 7. 
Marsop, Paul — s. Kritiker. 
Merseiurger, Max — s Violoncello. 
Mersmanr, Hans — s Hermeneutik. 
Mnsik, die neue — s Neue 
Musikpflege, Musikunterricht und Notopfergesetz. Von 

Eckstein — in: Allgem. Musikztg Nr 7. 
Nationalen, Vom, im Opernwesen — s Oper 



Neal. Heinr. — s. Selbsiverlag. 

Neue Musik, Die. Vo Walther Krug. Eug. Bentscli, 

Mimchen. 5 Mk 
Noiopftrgesetz — s. Mupikpflege. 
Oper. Vom Nationalen im Op£rnu*esen und musik- 

rtramat Schaffen.Von Hans Som.ner. Musikztg Nroff. 
Prufer, Artur — 's. Beethoven. 
Saial-Saens, Camille. Sa vie et son eeuvre par Jean 

Sonnerot. Durand. 2 fr. 
SaG, Aug. Leop. — s. Geige. 
Selbstverlag, Der. V-;n Heinr. Neal — in: Musik- 

ze'tung Nr 6. 
Simons. Rainer — s. Staatsiheater. 
Sommer. Hans — s. Oper. 
Staatsiheater. Reformen der Staatstheater? Von Rainer 

Simons — in: Musikal. Kuner (Wient Nr 6- 
Storck. Karl — s. Laien;echt. 
Trenkl^r, Wilhelm — s. Kiavierspielen 
Vad.ding, M. — s Violoncello- 
Violoncello. Das, und seine Literatur I. £t:t\vicklung, 

Form u. Bauart . . . von M. Vadding. II. Die 

Violoncello - Literatur von Max Merseburgcr. 

Merseburger, Lpz 10 M. 
Violoncello-Spiel. Anleitung zu sicherem Gieifen und 

Sicnerer Bogenfuhrung. Eine padagogisch-techn ; scht: 

Siuciie von Hugo Heumann. Merseburger, Lpz. 3 M. 
Vogel. Moritz — s. Klavierpadagogen- 
Vuiliemin, Louis — s. Faure. 
Zukunftssorgec, musikaiische. Von Georg Gohier — 

in: Musikzeiiung Nr 6. 



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% rtach fe6er>..%rt TDfy&tpgrapfjfcrv A 




§ rtach f&fer>..%rt TDfyotograpfifcrv | 

I ^tridimciractr $ 

6 <falocmog,^reofypien.7)$otogpapdt/<f)e 6 

% 3tufhafaen.7tetu/&jen..<£htt&u/fe fy 



74 



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LAUTEN- 



auf das Jahr 




ALMANACH 



% Ein Jahr- und Handbuch fur alie Lauten- und Gitarrefpieler, Freunde guter Hausmufik i 

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willk.-.'r.-r.-ii i-t. K- ■ Uirlr* in k-Mr..>ni H-.us- f«r!..n. = 



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Mcnccraphie von Hermann Sommer 



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].i(i^»'rw art t-iit \\Vri; dw bekaunvn Jfti*ikschri ft* toilers = 

Au> s ta , :ii::^ ■■r>fli-i!ii'ii. ;':»■ L:r-;r:<:if ir^m!" Arbeit ;"ibcr jit- I,am«? *>rh;iit ib.ren ninzi'iariigcn S 

Hi!(J.-!i. , l::iiut'k. I»as .-i::s^> ■/.< .< h::fif W.-rk i.'t b.>soacifr> zu GosclR'skz-.vevken ci-oipoet." s 

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75 



I Otto Jahns klassisches Mozartwerk erschien soeben in funfter Auflage als 1 

W. A. MOZART | 

von Hermann Abert 

Herausgegeben ais funfle, vollstandig neu- 1 

boarbeitete und erweiterte Ausgabe von 1 

— Otto Jahns Mozart — 

Erster Teil [1756—1782), XXV, 1035 Seiten 8°. Mit 9 Bildnissen und 4 Faksimiles \ 
Geheftet 35 Ma, k, gebunden 40 Mark, T-Z. 40%. ■ J 

Jahns Mczartbiographie, das Mozartbuch schlachthin. lint leider geraume Z*?it im Handel fohlen musscn. 1 

OJeu' liegt es nun in einer Form vor, die sich nicht mit Zusatzen und Aendorungen biographischer Art 1 

begnugt, wie das die fruheren Auflagen getan haoen, sondern sin auf der bedeutend erwuiterten geschichtlichen | 

Erkenntnis unserer Zelt aufgebau l ?s <eues Buch bedeutet. Alia die Vorziige. die dam Jahnschen Buche 1 

seine alles Qberragende Stcllung in der l/ozartliteratur verliehen und durch zwei Menschenaller hindurch f 

sicherton, hat Hermann Abert, sow&it sie auch heute r.^ch als solche fur ein Mozartbuch getten ktinnen, Fur das | 

neue Buch zu nulzen gewuBi, sonst aber ist es von dem Standpunkte aus erstandcn, daB jede Zelt die 1 

PHicht hat, ihre geistige Selbstandigkeit auch gegenuber den GroBmeistern der Kunst zu wahren. | 

.^o Is* ein neues Mozartbuch entstandtn, wurdig des alten, das in ihm weiterleben soli. I 

Hermann Kretzschmar 

Geschichte derOper| 

VI, 286 Seiten 8 U . Geheftet 14 Mark, gebunden 18 Mark, T.-Z. 40 °/c I 

IV /l IE Kretzschmars „Geschichie der Oper" wird eines der hervorragendsten Bucher der I 

vl Musikgeschichte der neueren und neuesten Zeit veroffentlicht, das, seit Jahren sehn- | 

suchtig erwartet, nun zum ersten Male im Zusammenhange Kretzschmars Forscherarbeit I 

auf dem Gebiete der Oper bringt, auf dem die Musikgeschichte in ganz besonderern Ma6e § 

lebtndige Forderung von ihm erfuhr, Es 1st ein echtes Krttzschmarsches Buch, i 

ohne jede Weitschweifigkeit meistert es in der aus Kretzschmars Werken f 

her bekannten lebendigen, treffenden Darstellung den Stoff in j 

einer Art, die jedem Gebildeten verstardliqh ist und das j 

Studium seines Buches aus dem Nicht- j 

historiker zu einem Genusse macht, I 



Verlag BREITKOPF & HARTEL - LEIPZIG Berll, 



76 



. 




l SriE 


i'iV- ■ n\ -\ l ""i j!^ "-"'io ' 'ii .". ' "\- 


''.'','' I^.M. 1 ;,',^ '','"' i- 1 '"' hi Kr" 


^((li.-ii, llui-li- ii. MiisiltiilimiliiMiillmi;, 
.. - Vi-rhij:: H.'r]hi-\\'..i>s..ii-*cc. ISitIi 
i/i.;iii.|li.-/.u:r vi.'i-t.-lj;ilii'lti-]i Mk. i::. 


.■ii, Miwiu .lirr-kl i-oin Vi.rlrn: 

u-r AIImcwI. i-Vrurnf: \V>. I-' 1 ' 

- Njicliilrii.-k vnHi.-li.-ilfn. 


Nr. 4 




Berlin, den 1 


. April 1920 


I. Jahrgang 



INHALT 

HlilNZ TIESSEN- Der ncue Sfrom, III. 

rkiTZ FR1D. WIND1SCH Roger's Verhalfnis zur Tonalitat 

OSCAR B1E Mufifcalifdie Perfpekfiven, II. 

CESAR SAERCHINGER Amerikanifdie Mufik 

Dr. ALFRED DOBLIN Bemerkungen eines mufikalifdien Laien 

1NAYAT KHAN Mufikweisheif der Inder 

Prof. Dr. ALTMANN Bedeufende Neuerfdieinungen u. Manufkripfe' 

BEILAGE: Alfred Momberf: ,.Blufe des Chaos", Hans Jurgen von der Wenfe 



I i ! ! 



„MELOS" 

in einer Luxusausgabe 

er)'dieinf monaflidn einmal im Kunftverlag 

Frif> Gurlitf, Berlin W 35 



Der neue Strom 

Von Heinz Tie Hen. 



III. Impreffionismus In der Mufik. 

Die bedeuffame Enffalfung der Nafurwiffenfchaffen hatte in der zweifen Halfte des 
neunzehnfcn Clahrhunderts mit ihrer Wirkung auf alle geiftigen Regungen der Zeif 
iibergegriffen. Scharfjte Wirklichkeits-Erkenntnis, fieffte Nafurwahrheif wurde Zweck und 
Ziel audi in den Kiinften. Einficht in die Gebundenheifen des menfdilidien Willens 
jfellte (im nafuraliftifchen Drama) iiber individuelle Willenskraff die Madif des Milieus 
und der naturgegebenen au$5eren und inneren Vorausfe^ungen und f chuff den leidenden 
Helden anftelle des handelnden. Das Interefje des Kiinftlers wurde ffark vom Stoff- 
lichen, von der Wirklichkeit beanfprucht. Wiffen um die Dingc, gerechfe Sadilidikeif, 
[oziale Intereffen, Aufdecken von Urfadilichkeifen, minutiofe Seelenanalyfe 1'chien Wefen 
der Kunft zu werden. 

Diefem Boden entwuchs als Kunft der Jahrhundertwende der Impreffionismus, die 
femfiihlige, artiffifche, afthetifierfe Tochfer des Naturalismus. Impreffionismus iff 
fchopferifch werdende Paffivifaf; die Kunft empfanglicher Hingabe an Eindriicke und 
fubfilen unmiffelbaren Reagierens. Das durch den Naturalismus genahrfe Abhangigkeifs- 
gefiihl des menfdilidien Willens la|5f des Kiinftlers Selbffgefiihl anderswo Genugfuung 
fuchen: im Ehrgeiz, feinffes, wahrnehmtmgsfahigffes Aufnahmeorgan zu werden, Innigffes 
ffoffliches Erf af[en von Eindrucken, fin^falligpfes (daher das Wachsfum der fednnifchen 
Ausdrucksmiffel beforderndes) ErzeugerH erlebfer Eindriicke, das werden die kiinff- 
lerifchen Haupfeigenjchaffen. Der Menfchengeiff ffreichf die Segel vor der Welt der 
Erfcheinungen, die in herrlicher, ungemeffener Fulle Inhalt der Kunft wird ; lef>fen Endes 
ohne Werfunferfdieidung, mehr Feffffellung als Sfellungnahme, ohne eigenwilliges 
Hervorheben von Ideell-Wefenflidiem, ohne Ethos. UNichfs i)'t mir zu klein, und ich 
lieb es frotjdem / und mal es auf Goldgrund mid groj5", fagf Rilke). Denn aus der 
Schule der Erkennfnis von Nafur und Mafchinerie des Lebens Kommenden erjcheint 
Kraft unfein, Pathos verlogen oder forichf ; Jem Element bleiben die vielfalfig-gebrochenen, 
feingefpi^fen Gefiihlsabffufungen. Nidif der Eigen-Charakfer des Subjekts, fondern 
deffen Auffaffungsvermogen und Feinftihligkeif gegen die Objekte wird fchopferifch. 
Gleich dem relafiv gewordenen Willen lofen die zielbewujSfen Konfuren fich auf, ver- 
flie£en zu weichen Hlbergangen; Kernhaifes verfdiwimmt in Afmofphare, Gefiihlskraft 
in Nervenffimmung; Sfimmung fdiafff Form-Einheit in Anwachfen und Abklingen. 
Atmofphare — im dichferifchen, malerifdi-fichfbaren, mufikalifch-horbaren Sinne — wird 
Wefen des Kunftwerks und findet eine reichflutende Oberflachenbelebung. Was 
Bedingtheit und Gebundenheit von Wille und Charakfer, oft mit letter Konfequenz in 
muden Verzichf miindend, dem Kiinffler an Eigenkraff .und Eigenbewegung nehmen, 
das erfe^f ihm, neben der Einfiihlungsmeifferfchaff, audi die Selbffzufriedenheif des 
Artiftentums. Kunft wird allmahlich mit der Entwicklung des Imprefl'ionismus mehr 
gefchmacklerifche als feelifche Angelegenheit; Vorbehalf einer engbegrenzten Bildungs- 
gruppe; „Odi profanum vulgus el arceo". Man legt fchliejSlich mehr Wert auf fedinifdi 
arfiftifche Vorziige, als auf inneren Gehalt. „Alle Tchlechfe Kunft ftammt aus echtem 
Gefiihl", fa at Oscar Wilde — was buehftablich vollkommen richtig iff, da der Schaffens- 



tt 



wmmffl mmssmm 



i 



anfrieb jedes Unzulanglidien oder nidnf fpezififch kunfflerifch Infereffierfen ohne edited 
Gefiihl j'diwer denkbar iff. Dei' zufiefj'f kunfffeindlidie Wahnfinn diefes Sa^es liegf nur 
in feiner Tendenz, das echfe Gefiihl als belanglos hinzuffellen und aus der Kunff ein 
fonend Erz und eine klingende Schelle zu madien. 

Ohne Sonderung in Einzelkunffe, galfen diefe Ausfiihrungen allgemein der 
fchopferifdien Einffellung, aus welcher dann erff jede Kunff nach den verfdiiedenen i 

Bedingungen ihrer Maferialien eigene fchopferifche Arbeit verrichfef. Nidif jeder Zug 
diefes Profrafs, das t'ich vom Nafuralismus bis zu seinem Gegenfa£>e, zur l'arf pour 
l'arf enfwickelf, paj3f auf jeden impreffioniffifchen Kiinjfler; Menjchen find nichf wandelnde 
Prinzipien, felbff dann nichf, wenn fie den bedenklidien Ehrgeiz haben, es zu fein. Der 
Kern des impreffioniffifchen lebens- und Kunffgefiihls iff nidif an eine Zeif gebunden, 
fondern ein zeiflofer nafurlicher Beffandfeil des Menfchengeiffes; dennodi kann man 
von einer impreffioniffifchen Zeif fprechen* in der diefe Elemenfe bewuj3f zu einer 
Anfchauungseinheif fith konzenfrierfen und verabfolufierfen. Und: Lebensgefiihl wie 
Sdiaft'ensfrieb find das alien Kiinffen Gemeinfame, alle mifeinander innerlich Verbindende. 
Mif dem Material erff und den aus ihm fidi ergebenden Folgen kommf die Trennung. 
Wer aber die urfpriingliche finhejflichkeif der fchopferifchen Einffellungsarf, die in alien ; 

Kiinffen gleichen Beziehungen zur Emp'findungswelf, zur erlebfer: Wirklichkeif nidif zu j 

Jpiiren vermag und jeweils feine eigene Kunff als einzigarfig und unvergleichbar hin- ! 

jfellen will, kommf zu ganz ungeredifen Folgerungen. Speziell Mufiker lieben es, zu \ 

behaupfen (unlangff Pfifjner), daj3 der bilderde Kunffler weif weniger ^'chaffe" als der 
Mufiker, denn diefer bringe nur feine Gefuhle mif und miifj'e die Tone felbffj'diopferifch ; 

geffalten, wahrend jenem alle feine Objekte von der Nafur „gegeben" feienl Auf fo \ 

naive Au]5erungen iiber bildende Kunff (die, wenn wertvoli, ebenfo Zeugung iff wie j 

MuJ'ik, und nidif Wiedergabe), brauchf man nidif ernffhaff zu erwidern. Iff es dodi 
vielmehr fog./.r eine Bevorzugung des Tondichfers, daj5 er unmiffelbar den Weg zum 
Innern findef, wozu die anderen Kiinfte erff den nofwendigen Umweg der Enfffoff- 
lidiung zuriicklegen miiffen. — Selbff die fdieinbar reprodukfive Kunff des Sdiaufpielers 
:ff nidif Wiedergabe, fondern Zeugung und Geffalfung aus einem inneren lebensgefuhls- 
keime; die Geffalf wachff im Sdiaufpieler zu eigenem orgamfdiem Leben, wie der 
Baum aus der WurzeL Kein wirkliaier Sdiaufpieler fiberfragf feine Budiroile in eine 
Biihnengeffalf efwa wie jemand, der efwas in eine andere Spradie tiberjetsf, d- h. aus 
bloj5er Kennfnis, Ferfigkeif und tiberlegung. Im infuifiven Erfiihlen und durchlebten 
Geffalfen eines organifdien Prozeffes muJ3 der Wahre Sdiaufpieler ebenfo fdiopferifch i j 

wirken wie jeder „Schaffende". Ebendarin liegf audi der Punkl, wo der wahre Dirigent j 

oder fonffige mufikalifdie Interpret vom falfdien fidi unferfdieidef. \ \ 

Der Kunffler empjfpgf feine Ifofflichen, geif tiger, gefiihlsmaj3igen Impulfe von der j, j 

(auj5eren oder inneren) Natur und Wirklidikeif im weifeffen Sinne; fein fdiopferifches j j 

Wirken hingegen vollziehf fidi in einem anderen, in fidi fouveranen Reidie: Diefe I 

doppelfe Verankerung des Kiinfflers und der Kunfi': bringf es mif fich, daf5 die Aus- j ''\ 

balancierung eben jener beiden Gewidife, das Verhalfnis von Gehatt und Geffalf, im j h 

Vordergrunde aller kiinfflerifdien Fragen ffehf. Der Hifforiker kann zur Beffafigung ! . j. 

Beifpiele in unbegrenzfer Fiille anfuhren: Neigung zu ffarkerer Sfilifierung und innigere | ^; 

Annahernng an die Nafur 16) en einander ab in imm^r erneufem Wechfel. Wenn wir — ! J ; 

urn je£f auf die Tonkunft zu kommen — nur efwa an die einzelne Frage der Sprach- 
behandlung in Lied und Mufikdrama denken: rezifafivifch-nafuraliffifche und melodifch- 
ffilifierfe Formung biefen fidi hierin als die Gegenpole dar, zwifchen denen jede Zeif, 
jeder Kiinftler, jedes Werk feinen Weg und ?eine Sfcllung fuchf. Sobald ein Sfil auf- 
hcrf, innerlidi wahrer Ausdruck zu fein, und anfangf, Konvenfion zu werden, drangf 
der Geiff aufomafifch zu neuer Befruchfunn durdi die Nafur. 

79 



I 



Widerfpruch dere.*% die eines neuen Lebcns voll waren. gegen akadernifche' Er- 
ftarrung: das gab, wie in der Malerei, fo audi in der deaffchen Tonkunft des lefjien 
Jahrhunderfs den Anjfoj3 zur Entfalfung der (i.-« weiteffen Sinne) impreffioniftifdien 
Empfindunge- jid Geftaltungsweife. Wagner, der grope Romantiker, iff grundlegend 
fur viele imprrffioniffifche Stileigenfchaf'ten, fypifch im Anbahnen der (fidi bei Beethoven 
vorbereitenden) Formbildung durch Sfimmung, in der Kunft der Atmofphare. in der 
fubfilen poefifchen Einfuhlung; jedoch, durch Pathos, Idee und feelifche Kraft, nodi 
entf'ernt von jenem kunftlerifchen Charakferbilde des impreffioniften. das ich vorhin in 
(einen fich allmanlich entwickelnden Koni'equenzen aulfi'tellfe. Das nafuraliftifch- 
pfychologifche, infellekfuell-analyfifdie Moment, das fpafer bei StraujS j'eine Gipfckmg 
fand, bekam durdi Wagner lebhaffe Anregung. 

In der infimeren Gattung des Liedes konnfe einfuhlende Wiedergabe emp'jangcner 
Stimmungs-Eindriicke befonders nachdriickiich ihre poefis'dien Fahigkeifen erweil'en. 
Der impreffioniffi'iche Liederkomponift verhalf fich paffiv gegeniiber join em ffoftlich- 
poetifchen Anreger, bleibf zarmervig hingebender Wiederftrahler. Mif Robert Schumann 
}e£f gelegenflidi bereifs die Neigung ein, den Sdiwerpunkt des Liedes in der hin- 
gebender, Einfiihlung zu fudien. In der neuen liedliteratur gehf die Neigung, nur 
fubfil zu reagieren, haufig fo weit, daj5 die Mufik auf eigene GeffaHung verzichicf and 
lediglidi der Poefie als diskrefe, ftumm verftandnisvolle Vertraute dierrf. ohne den 
rechffchaft'enen Ehrgeiz zu zeigen, aus ihren Mitteln und Funkticnen den feelifcuen 
Gehalf eigenkraftig neu zu erzeugen und zu geffalten. Paffivlfaf ffaff Akiivitiii". 
Mufikalifcher Mond der liferarifchen Sonne. Abglanz Iff aft Eigcnlicht 

Die neuere deuffche Mufik um Wagner. Lifzf, Sirauj3 gab fich gem den Bei name it 
„Ausdrucksrciufik". In dem Meinungsftreif, den die Neudeuffcheti gegen Liber der 
"akademifch-formalifiifchen Ridhfung auszuj'editen haften, wurde der Sdiwerpunkt ge- 
legentlich auf vollig nebenfachliche Fragen verlegf, die mit* der ungerediffcrfigten Aii\- 
baufchung des Fur und Wider (z. B. in der Fragc der ..Programm-Mufik" unci mrer 
Bereditigung) einen Sturm im Wafferglafe erzeugfen. Es gibt kaum zwei ungluefclichere 
Worte in der Mufik als „Programm-Mujik" und ..absolute Mufik*". Entweder ifr das 
Mufikftiick gut und ein Gebilde von organifchem ieben: dann ift es fiir die Bcwerfung 
gleichgiiltig, ob der Komponift einen poetifdi ausgedrikkfen Hinvveis au'f feinen 
Empfindungsgehalt gibt oder nicht. Oder das Mufikwerk ift fchiechf: dann hilfl ihm 
weder das eine nodi das andere Prinzip. Der Sinn des Programms ift ein pfycho- 
logifdier: cine jfarkere Annaherung des Geniejocnden an die Emp'/indungswelt des 
Sdiaffenden zu ermoglichen. Ihre Adullesferfe zeigt die Progi-amni-Mufik, wenn fie 
nur eine ffofflich-gedanklich konftruierte, nicht audi eine mufikorganifdie cinheit darffelll; 
fchlechte „abfolute" Mufik bietet demgegeniibej* nur ein auj5eres Formbild, keine 
zwingende gefiihlsrnaj3ig durchlebte Einheit. Im Ailgemeinen hatte die Program m- 
Mufik mehr Anfprudi aujf den Namen ..Eindrucks-Mufik" anftafi ..Ausclrucks-Mufik", 
wegen ihrer Verwandffchaff mit der naturaliftifch-impreffioniftifdien Kunjianfchauung. 

Der gropte Programm-Mufiker, Strang ift fur die deuffche Mufik der Hauptfrager 
des impreffioniffifchen Kunffgefiihles, Er vereinigt ziemlidi a He Eigcnfchaffen c\er im- 
preffioniftifchen Kunft, doch ift audi er nur ein rela liver Impreffionift, der fidn von den 
formal-architektonifchen Gefidifspunkten der klafi'ii'dien Mufik nodi nicht ganziich im 
Sinne eines abfolufen Impreffionismus losfagf. Bei Straujp f'fndel man. die fdiarje Er- 
'faffung lebendig-wirklicher Eindriicke. die Fahigkeit fubtilftens Wahrnehmens und 
I?eagierens, die Neigung mehr zu feinnervigen Gefiihlszufpi^unger;, als zu erhabencr 
Gujiihlsgrojoe, die liebevolle Behandlung unwiditiger Einzelhcitcn. die ItoVfiidic Sinn- 
failiykeii, die reidie Fiille der Objekie ohne befonfe Stcliungnahme. das lilberwicgcn 
des Artiftifdnen iibcr das Efhifdic und Tiber die i decile Kiiudtiebun<j ;c*iiii:s innere.i 



3J 



Menjfdienfunis. In feinen zwei tfcnialen Mufikdramen „ Salome" und „Elekfra" erziclf 
cr die auperfte Anna her ung vor a Hem an die fpradilich-deklamaforifchen Erfdieinungs- 
formen der enffpredienden wirklichen Situation. Ein Plus an Einfiihlung wurde bereiis 
in aller zum Impreffioniffifdien neigendcn Vokalmufik, mif einem Zuriidtfrefen der 
akfiven Liniengeffalfung erkauff. Im Liede, im Mufikdrama fraf die Melodie zuriick, 
zunadiff aus der Singffimme; Herr der Situation wurde die , Begleiiung", wie das 
„ Milieu" im nafuraliffifdien Drama. Cledoch iff Sfrauj3 zu univerfell, um fidi als ,,Im- 
preffionifr erfdiopfen zu la Hen. In feinen ftarkffen Werken findef fich audi reinffer 
Expreffionisinus fiber impreffioniffifche oder audi arfiffifche Komponiervirfuofifaf ge- 
waltig emporwadifend. 

Bezeichnend fin; die neudeuffdie Tonfpradie iff die Vorliebe fur rein harmonifdie 
Wirkungen, fiir warrae. klangfchone Zufallsakkorde, die miffels Durchgangsnofen, 
ploglidi hier und da diefe und j; ne harmonifdie Bezeidinung zu enflegeneren Ton- 
arfen anklingen. (Man kennf Mozarfs langfamen Guarfefffat) in Asdur, ''' -, der das 
Triffan-Vorfpiel vorausahnf.) Der harmonifdie Gefamfbau gewinnf eine reichere, fiefere 
Perfpjkiive, der Klang eine geffeigerte vVarme, die Linie eine infenfivere (freilich nidif 
als Linie felbffverdienfe) Empfindungswirhung. Vielfadi fcheinf das Gefuhl des Kom- 
poniffen zuerff die Harmonik ergriffen zu haben, und erff um ihrefwillen danadi die 
Stimmfiihrung. In der Verfolqung diel'er Neigung zu eindringlidierer Durdiempfindung 
der Harmoniefolgen iff in der neueren Mufik die blope Harmonie vielfadi iiberhaupf 
zur alleinigen Tragerin des Au:»drucks geworden. Wie in der Liferafur das nafura- 
liftifdie und neuromanflfdie Drama Willenskraff und Handeln durdi Abhangigkeifs- 
nadiweil'e von Milieu und Stimmung erfetjfe, fo tritt in der ihm hifforifdi verwandfen 
Mufik die akfive Linie, das aus fidi felbff heraus fchreifende und vorwarfsfiihrende 
Element zuriidt, Die Linie felbff gewinnt off ffimmungbildenden Begleifungscharakfer 
durdi jforfgej'efcfe Mofivwiederholung; die Sequenz wird aus einem archifekfonifchen zu 
einem ffimmungbildenden Miffel. Paffivifaf ffaff aus fidi wadifender Gefuhlsakfivifaf. 
Moiiv-Wiederholung kann einfchlafernd wirken: Feuerzauber; Sequenz leidenfdiafflich 
bcraufdiend: Ifoldes Liebesfod. Durdi die'fes Sdiweben der Linie wird der Harmonik 
eine um ]'o ffarkere Wirkungsmoglichkeif zugefchanzf. Off iff eine Harmonie, eine 
einzige vertikale Tonverbindung an und fiir fich allein enffdieidend und wefenflidh, 
wahrend das daruber liegende Mclos gleidigiiltig bleibf und z. B. weif eher eine 
Anderung feiner Einzelfone verfriigc als der Akkord. (Z. B. der diarakferiffifdie 
Elekfra-Akkord.) 

Gegenuber dem relativcn Impreffionismus der deuffdien Tonmeiffer ffehf der 
abfolufe Impreffionismus. dor am ffarkffen durdi zwei bedeufende Namen auslandifchen 
Klangs verfreten und s'erfodifen iff: Debuffy und Bufoni. In Debuffys konfequenfem 
Impreffionismus iff die Mufik keine Seelenfpradie mehr, fondern aparf-gcfch mack voiles 
Malen auperer Stimmungen, feiner Afmofpharenohne Kern, reizvoller feinfchmeckerifdier 
Hintergrunde. aus denen kein Menfchenantlig fchauf, (Dem Menfchenantlitj im Profraf 
aber gleidif der melcdifdie Gefang. der aus der menfdilidien Bruft quillf.) Debuffy will 
nur malend Eindriid*e wiedergeben. Er unferdriickf die melodifdie Zeichnung zu- 
gunffen eines diarakteriffifdien, farbig-bewegfen Klangkomplexes, zugunffen einer 
Afmofphare. Und wo dennodi Melodie-Anfa^e auffrefen, find fie nicht das auf- 
bauende, freibende akfive Moment, fondern fie felbff werden gleichfam getrieben und 
gefragen wie ein Blaffdien auf dem Waffer. fie fdiwimmen paffiv auf der in fidi be- 
wcgten Oberfladie ohne eigene organifierende Triebkraff. Von der gleichen 1'diwebenden 
Paffivitaf iff die Rolle des Rhyihmus, der mehr als Zierraf wirkf. Alles iff paffive 
Hingabe an den Eindruck, alles zielf auf feinnervige, preziofc Gcfdimad^ineffe. 
Wagners leidenfdiafilidies Pathos, das von Sfeigerung zu Sfeigerung fdireifet und j., 



81 



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gegengewichfslos jeden Ton, iedes Wort jedes Ding mif voller Erlebnisfchwere faffigf, 
wollfe Debuffy durdi feinen Sfil einer amiifanf-blalfierten, gefchmadAVoll-laffigen Eleganz 
iiberwinden. Der Salonmenfdi den rlohenmenfchen. Seine kiinftlerifchen Abfidiien 
bewirken eine Verarmung der Miffel; denn imprefl'ioniytifch malen la£f fichs am beffen 
mif geraufchhaff eingeffellfen Klangkomplexen, nichf mif akfiv-melodifchen Linien. Die 
Ausfchalfung alles deffen, was Mufik zur Seelenfprache und zum Menfchlidikeifswerf 
machf, gibf feiner Tonfprache den Charakfer des Auj5erften an l'arf pour l'arf, was die 
Tonkunff iiberhaupf aufzuweifen hat. Gleich Oscar Wilde konnfe Debuffy gefprochen 
haben: „AUe fchleehfe Kunj'f kommf aus edifem Gefiihr. Man fagf, er habe Beethoven 
fur den Gipfel der Gefchmacklol'igkeit erklarf. Kunff iff in feinen Bezirken nichts als 
Gefchmacksangelegenheif. Und als folche in ihren Grcnzen von fafzinierendem Reiz. 
Fin bej'irkkender GefeHfchaffer; nur wird man nichf lange mif ihm in einer l;ckc fif^en 
und fiber ernffere Dinge red en wollen. 

Bufoni iff eine ungleich ftarkere und umfajfendcre Perfonlidikeif. Da uns in diejem 
Zufammerhange nur das lmpreffioniffil'die an ihm angchf, \o iff neben feinem klang- 
fchopferifdien Klavier-Impreffionismus (Klavierkonzerf. Elegien) insbefondcre audi fein 
„Enfwurf einer neuen Affhefik der Tonkunff" von Widifigkeif. Gefchrieben iff diefes 
geiffvolle Biid-Llein mif der Front gcgen Akademifches und Neudeuffches; cs bildef ein 
Bekenntnis zum Lmabgegrenzfenlneinanderflief5cn r zur Atmofphare, zum impreffioniftifch- 
Schwebenden, Offenbleibenden, Afymmefrifchen, Fragenden. Verfdiwimmenden, zu 
myffifcher Paffivitat. Vieles darin ift wohl ffark und bleibend an Einzelbemerkungeii 
iiber das Wefen von Kunff und kiinftlerifdiem Schaffen; im Ganzen jedoch ift es eher 
ein qereinigfes testes Ergebnis der impreffioniffifdien Kunffanfchauung, nichf cin Zukunffs- 
zeidien f'fir die anbrechende, die fidi heufe ,.Expreffionismus" nennf. Bezeidinend iff: 
der Impreffioniff Bufoni bearbeifet ein Klavi erf fuck Sdionbergs derart daj5 er cs, Teil 
fur Teil ausfpinnend, in eine Klang-Afmofphare erweiferf. Dief'e ,.konzerfma£ige 
Interpretation" fdiien mir vor Jahren das Stuck erff geniej5bar zu madien, wahrend idi 
mich heufe durchaus nur an das gar nichf zu verbeffernde Original halte: meine ge- 
wandelfe Sfellungnahme in diefem Einzelfa'Je fdteinf mir audi bezeidinend zu fein fur 
den allgemeinen Wandel der Zeit und des Kunffsefiihles. 

(SchlujS folgt.) 



Reger' s Verhalfnis zur Tonalifaf 

Von F r i f> F r i d. W i n d i )' ch. 

Die merkwiirdige Beriihrung von neuen Kunffepodien mif jahrhunderfeweif zuriidv- 
liegenden hat fich off als ein Kraffausholen zu ungeahnfen Enfwicklungsvorf£6j5en 
offenbarf (Zeifalfer der Renaiffance). Ein Stuck Renaiffance iff im FluJ3 aller Dingo 
enfhalfen; es la£f fich aus jeder rorffdiriffserfcheinung herauskriffallifieren. Selbff der 
radikalffe rorffdiriff bringf nicht abfoluf Neues, fondern Umgewerfefes, Weifergeffalfefes. 
Trefe:i aber bei einer neuen Kunffridifung fdieinbar uberholfe Geffalfungsrnomenfe 
faf5bar in Wirkjamkeif. )'o iff der Konfervafismus fchnell bei der Hand, feine belie!-fe 
Diagnol'e auf Degeneration und Verjfall zu ffellen. Er begreifi nichf, daj5 Kind und 
Greis anfhropologifdi unfer ganz verfdiiedenen Vorausfe^ungen zu befrachfen find* 
obwohl beide fidi in verwandfen Ausdruchsformen auJ5ern. » 

Der augenblickliche Garungsprozep in der Mufik, das Zerfprengen der Tonalifaf 
zur Aufonomie der Afonalifaf, das Tangieren von jefjfzeiflichen Akkordproblemen mif 
vorbadt'fdien Klangelemenfen ; 'veranfchaulichf eine folche Reakfion. Und zwar iff der 
Begriff ..Reakfion" gejchidiflidi und nafurwiffenfchafflidi zu faff en. Gefchichflich — als 
fpiralkreifende Beriihrung mif fruheren EnKvicklungsepochen; nafurwiffenfchafclich als 
Aufeinanderwirkung (Reagens) zweier Klangelemenfe (des lin'earen und der verfikalen). 
dcren Verbindung erff zu dem driften Neuen fiihrf: der emanzipiex*enden Loslojung von 
der Sdiemafik der harmonifdvfonalen Akkordfolge. Es ware unmoglich, die urn- 
ge'/falfenden Kraffe fdion jef^f in ihren Zwifdienffadien zu erkennen, wenn fidi diefer 
Entwid\lungsprozef5 nur expiofiv wie in Arnold Schonberg, Bela Barfok u. a. und nichf 
audi reformatorij'ch fruchfbar wie in Reger vollzcgen hafte. 

UJbergang vom Harmonifdien zum Disharmonifchen — keine endgulfige Begrifflidi- 
keif! aber vorlaufig iff der Sprung vom Tonalen ins Afonale darin feffgelegf und das 
Forffchriffliche des fdieinbar Riickfchnfflichen ausgedriickt. Denn bei den vorbachfdien 
Meiftern friff die Disharmonie nur als eine Folge — und off unangenehme Nebener- 
fdneinung der haupfgewichfefen Horizonfalfuhrung der einzelnen Sfimmen auf, wahrend 
in der fonalbefreifen Mufik die Disharmonie zugleidi bewujof zu beffimmfen Klangfarben, 
Stimmungswirkungen und Expreffionen angewandf wird, wobei die Afonalifaf — bedingf 
als Begleifumffand - von neuem in Erfcheinung friff. 

Wie (ich in Scbaftian Badi inffinkfiv, aber mif erffaunlidier Logik die Enfwiddung 
zum harmonifdi-modulaforifdien Prinzip vollzog und wie diefes Prinzip dann fheorefifch 
von Rameau in feinem ..Traife de l'harmonie" (1722) zur gebarenden Norm ffafuieii 
wurde, (da)3 die einzelnen Tone im Sinne von Akkorden zu verffehen find, und da)5 
fich die Akkorde wieder aus ihren Beziehungen zu Grundfonen begreifen laffen), fo 
findef diefe iiberreiffe Schemafik des Schaffens in Reger ihre geiffreidiffe Gipflung und 
wird gleichzeifig in ihrer fheorefifchen Uberfpannung zum Sprengmiffel des klaffifchen 
Akkordbegriffes. 

In diefer Bedeufung liegt iiberhaupf das Monumenfale und Charakferiffifche in der 
Perfonlichkeif Regers; da)3 in ihm die gewalfige Epodie der tonalen Dogmafik ihren 
meifferlidien AbfchIiiJ5 findef und andererfeifs reifprodukfiv zu den unbegrenzfen Mog- 
lidikeifen der afonalen Klangenfwicklung durchbrochen wird. 



83 



Hugo Riemann bezeidmefc Brahms aid das ..Komplhneni der hiflorlfdnen Be- 
ffrebungen der in den le^ten Dezennien aufgebluhten Mufikwiffcnichafr und jtiep* mif 
dieferAuffaffimg bei Reger aut'fdiai'fUen Profeff. Ebenfo muj5 jefct die lebendige Forfchung 
gegen die graue Theorie auftreten, die am Werk iff, Reger in die Akten der fancta 
academia einzuregiffrieren. ,.Zwifdnen Theorie und dem gewalfig vo r warts - 
drangenden Zug in unferer Mufik jeif Wagner und Lifzf", warf Reger den Lehr- 
ftiihlen enfgegen, ..befteht ein haarfcharlfer, grower Unterfdiiedl" 

Wie auftern fidi die vorwartsdriingenden Krafte in Regers Mufik? 

Ein ftarkcs Anzeidien find die felbffandig bewegfen, o'it diffon anion Baffe bei Reger, 
die fchon in feinen Friihwerkcn (z. B. der Violoncello-Souate F-moll op. 5) dcntlich fiihl- 
bar hervortreten und die den fpatcren Reger in ihrer markanten Auspragung unver- 
kennbar diarakferifieren. Diefe revolufionare Bewegung der Bajfc, die mit der 
Akkordillujirafion desBaffo confinno in der antiken Mufik nidifs gemeinfam hat. i|'t das 
fypifdie Symptom der modernen, afonalen Mufikentwirklung: das emanzipicrfc. linear- 
melodifdie Fortfchrciten der einzelnen horizontalen Stimincn ohne die fdicmatifche 
Gebundenheit an die vertikale, harmonifdi-tonale Akkordfolge. Da bei mup" idi nodi 
einmal hervorheben, daJ5 die Entwitklung nidif aulf die Auswikhfe unenhvirrbar medci - 
landifcher Polyphonie hinauslauff, 1'ondern dap" fie einem pfydiologifdien Wechfelver- 
halfnis zwifdien horizonfaler unbefdirankter Entfalfung und einer gefiihlsmapigen 
verfikalen Akkordverpfliditung (die durchaus diffonant fein kann) zufirebt. Bine radikaic 
Akkordanardnie, die fich in dem Sdiaffen der Al'crjungften anbahni. iff dem Geifte 
Regers geradezu enfgegengefetjt. 

Ein weiteres Argument fur den Vorwartsdrang in Regers Sdiaffen. i'jt der aus- 
giebige Gebrauch der Variafionenform una vor alien Dingen die befondcre Art ihrer 
Anwendung. Die Variation birgt an und t'iir fidi fchon cincn reformatorijehen Trieb in 
fidi, einen alten Inhalt neuzeitlidi auszugefiaJien und ihn in neuer Gewandung 
zu zeigen. Bei Reger wird das ubernommene Thema in phantafieweiteffer Forfge- 
ftaltung in die manigf'altigften (neumodulaforifdien) Perfpektiven geriickt und in inte- 
reffanfeften Farbungen und vollkommcn ncuen Kombinationsmoglidikeifen beleuchtet. 
Die Variation bedeutet bei ihm in fruchtbarfter Meifterung die Neuwertung und erkenn- 
barfte Weitergeftaltung des Vorhandenen. Reger zerfprengt in ihr am unmittelbarften 
una oflfenfidiflidnfien die Sdiaffensgefe^lichkeit der klaffifdien Befdirankung. 

Auf dem Wege der indirekten Erkenntnis erfdilie£f fich am iibcrzeugendfien der 
Berechfigungsgrund, Reger unter die zeitvorgreifenden Eigenen reihen zu durfen. Die 
Knift'eleien und vergeblichen Anftrengungen der Theoretiker. Reger auf irgend eine 
Weife in das tonale Sdiema zu zwangen, zeigen am einwandfreiften, wie weif er fchon 
iiber diefes Syffem hinausgewachfen iff. 

Ludwig Riemann (Effen) hat ein Tcnnef> konftruiert, fujSend auf dem Tonkreis: 
Tonika, Dominanfe, Subdominante, durch deffen Gewebe fich famtlidie Reger'fchen 
Akkorde tonal fieben la f fen (felbff die C-dur Violinfonafe [A - F - F - E und S (es) -A - F -E]» 
die fis-moll Violinfonate und das fis-moll Quartett, gegen deren tonale Auffaffung nadi 
fraditionellen Grundfaf>en fich jeder Gehorfinn auflchnf). Ludwig Riemann kniipjr'f in 
diefer theoretifchen Konftruktion zum Teil direkf an Hugo Riernanns erweitertes Syffem 
an: dap* konfonanfe /Akkorde die Harmoniebedeutung diffonanter Akkorde haben konnen, 
wenn fie nicht als Vertreter des Klanges gefaj3f werden. den fie da. -f tell en. (Wenn man 
z. B, c e o nadi h e gis aufloff, wobei g als Vorhaltton zu gis angenommen werden 
mi;p\ ift c 2 g nur eine Nebenharmonie). Zum Teil bauf er uber das Hugo RfemaimTcne 
Syftem hinaus, indem er nach Thuille die GrofSierzverwandffdiaft. die Medianfe nach 
oben und unten in fein Nefz mit einbeziehf. 



Das Unfinnigc und Gegenfeilbezeugende der Riemann'fchen Mufikmafhemafik 
liegt in dcr Grur.dbcdir.&unQ, oafj jeder jogenannfc Farbklang (d. h, jeder Diffonanz- 
und Afonal-Akkord) in feinen Urklang zuruckgedeufef werden mu^ damif die Reger- 
Akkordik tonal fiebbar wird. Und zwar haf man fich vor dem Experiment dariiber 
kJar zu fein. ob der Farbklang ah Toniha, Dominanfe, Subdominante oder Mediante 
aufzufaffen iff, und danach iff die Entfarbung (die Enffernung des difj'onanten Verj'e£ungs- 
zeidicns) vorzunehmen. 

lch fuhre hier a Is Beifpiel die Umdeufung einiger nodi verhalfnisiiiaj3ig fonalifafs- 
vcrwandfer Takte aus dem fis-moll Quarfeff nadi Riemannfchem Rezept aus. Die 
Parfifurffimmen habe i£h dabei als vierlfimmigen Saf5 gefchrieben.*) Der Laie erkennt 
aus die]'er Gegemiberffellung. dap der urfpriingiiche Reger mi( dem tonal verge waliigfen 
Roger keinen Zug mehr gem ein fa m hat. daj5 das Urbild in feiner fonalen Umdeufung 
ein nidif mehr wiederzuerkennendes Zerrbild geworden iff, ahnlich den Farben, die 
man von einem Vecdiio cder Ticiano Vicellio abkra^f, um die Kunff diefer Meiffer 
aus den ubrigbleibenden, zerfchabfen Konfuren zu erfaffen. 

Die Ludwig Riemann'fche Theorefik bezeugt alfo gerade das Enfgegengefefjfe von 
dem, was fie ervvei)'en will: daj5 dem fieferen Verftandnis Regers mil fonalen Voraus- 
fef5ungen allein nidif beizukommen i)'t. Dabei foil ein nebenlaufiger Werf diej'es 
Theorefiyierens nidif uneingej'cha^t bieiben. Aujf Grund der Umdeufungen iff es moglich, 
nichf nur gejuhlsmaf5ig, I'ondern auf wi)jeni<haftlicher Bafis fej'fzuffellen, daj3 die Haupf- 
eigenarfen (um nidif akademifch zu fagen: Haupfnadifeile) des Reger'fchen Schaffens 
zu crblicfcen find 1. in den Akkordfarben (afonalc Verl'e^ungszeidien), 2. in der An- 
haufung ungeloj'fer Diffonanzen, 5. in der ffockenden, unbeffimmten Tonalifaf (die 
klanglidi off vollkommen afonal wirkf). 

Una nun Reger 's Modulafionslehre! 

In der infoleranfen Tendenz, fidi um jeden Preis der haimionifch-mcdulaforifchen 
Tradition unferzuordnen, haf diefes Biichlein bei fadilidien Mufikbeurfeilern (and das 
find leider unfer den „Fachleu£en" i miner nodi die meiften) nichf zum geringffen dazu 
beigefragen, daj5 man Reger einfach als akademifdien Problemafiker abzufun verfudit 
haf. Allen groJ5en Harmonikern (Wagner. Lifzf ufsv.) war die Harmonik nur ein Miffel, 
um das fiefere Verftandnis in die Verborgenheiten ihrer Schopfungen zu erfchliej3en. 
Reger's Modulafionslehre erzielt in ihrer fa lichen Deufung das Gegenfeil: )'ie verfdilie)3f 
das fiefere Verftandnis feiner Werke. 

Greiff man einmal zwei der infereffanteften Beij'pieie heraus**), |'o will es einem 
erfcheinen, als beruhe Reger's ganze frappanfe Harmonik auf einigen fheoretifchen 
Kniffen. Reger nennf die enharmcifdie Verwechflung in der Modulation dileffaniifch 
und reifet dabei felbff ein ganz analoges Steckenpferd zu Tode : die Umdeufung eints 
Akkordes in die Neapolifartifrfce Sexfe. Was iff die Umdeufung in die Neapolifanifche 
Sexfe anders als eine Begriffsunifdinlfung? Fine Begrif/sumfchalfung allerdings. die 
fheorefifch einwandfrei die kuhnffen afonalen Wendungen geftaffef. Iff ein eigenes 
Kunftfdiaffen auf Grund einiger theorefifdier Tricks uberhaupf denkbar? Leider I Idi 
mochfe empfehlen, einmaJ zu unterfudien. wieviel an Infereffanfem von den d'Alberf 
Opern verloren geht wenn man aus ihrer Harmonik die Neapolifanifche Sexf-Urn- 
deufung herausffreidif. Andererfeifs kann man von Reger's Harmonik fagen, dap fie 
in all I'einen grojSen Werken unmiffelbar und unermeSlidi neufchopfcrifdi iff. Seine 
Modulafionolehre fteht nur in einem verfdiwindenden Verhalfnis zu der Unmiffelbarkeif 
i'eines monumentalen Schaffens. Kein Menfch konnfe auffrefen und die Werke Reger's 
als die Quinfeffenz diefer Modulafionslehre erklarcn. Viel widitiger iff fur unfere 



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m-\ A ;ii]i Si-l!tiil.i des AnikHs 



XnioiU-ispkl II ;ini Si-lilnl". i!i-s Arlila'ls. 



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Unferfuchung aber die Erkennmis, da£ dort, wo das Auge auf Grund fheorefifcher 
Weiferungen nodi tonale Zufammenhange enfdeckf, das Ohr fich fchon vollkommen 
afonal einftellen mu]p, um zu einem unmiifelbaren Eindruck zu gelangen. Wollte man 
Reger modulaforifch-harmonifch genieJ5en, fo miijSfe man (nach der Auszahlung von 
Ludwig Riemann) in 12 Doppelfakfen, die aus den ..Tagebuch-Klavierffiicken** op. 82 
No. 2 herausgegriffen find, die Auflofung der Dijfonanzreihen 18 mal hinzudenken ! 
Es erfdneinf mir, da)5 die fanatijfch fonale Einffellung, mit der man immer 
wieder Reger von auj3en beizukommen fuchf, und die bei feiner Formffrenge und auf 
Grund feiner fradifionellen Modulationslehre )'o verlockend nahe liegt am meiffen 
dazu beitragt, da6 weiteffe Kreife der wahren inneren Einfcka^ung und Wiirdigung 
Regerfdier Mufik noch fern ffehen. 




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■■!!: 




Mufikalifdie Perfpekfiven 

Von Oscar B i e 

2, Opernfexfe 

Ich habe das vorige Mai verfucht das bloBe Gefangsbild einer textlofen Oper zu entwickeln 
als auBerfte Lofting der vokalen Reinhcit auf tier Bfllme. Heut muchte ich diefe Phantafie" 
auBerhalb laffen tind micli auf den Standpunkt der gegcnwartigen Oper ftellen. Und mochte 
Jragen wcnn fchon die Oper einen Text unci eine Handlung hat: in welcher Weife das Buch fo 
zu gertalten fei, dab es den Anforderungen der Oattung am beften genUgt. Man ift rich dariiber 
me recht klar geworden. Man hat den Text entweder Uberfchatzt oder unterfchatzt. Manche 
haben behauptet, daB die Mufik dienen miiffe, ar:dere wieder verlangen, daB fie herrfchen Toll 
tmige bedienen fich der Literatur als Grundlage, andere ftecken Philofophien in den Text Der 
ivxt war immer abhangig von der Laune oder dem Ehrgeiz des Komponiften, doch folgte er der 
Ze.t tromung in der dichterifchen Anfchauung. Eine Norm, nach der er fich zu richten hatte 
wurc.e nicht gefunden. Es feheint mir aber, daB die Bevorzugung ftiiifierender Elemente in der 
nuuigen Dicfnkunft von folcher Bedeutung fur die Faffung des Operntextes geworden ift da8 
von hier aus endhch einmal eine iefte Grundlage zu gewinnen ware, vom Dichter aus nicht 
menr w,e es bisher Qblich war, von der Mufik/her. Sokhe Verfuche treten jetzt fchon ofter 
am. Wir wollen zum SchluB auf eine bdtimpte Anregung eines modernen Dichters zurtlck- 
kommen, die m.r fehr beachtenswerl erfeheint. Vorher aber wird es gut fein, den gefchichtlichen 
Verlaui zu betrachten. das Verhalmis des Komponiften zum Librettiften. 

Es gab einmal eine Epoche, in der die literarifche Hallung des Textes eine beftimmte 
Opernku.tur verbtirgte. Das war die Zeit Metaftafios. Die Texte diefes Dichters find ein Be- 
Itandte,! der oh,zieiIen klafMchen Diehtung, die nach dem Mufter der Hoftragodie in gehobenem 
Pathos ihre Handlungen formte, Liebesgefchichten, Szenen der Eiferfucht und jegliche Art von 
imngen, die dazu gehoren. Es war ein beftimmter Kreis von Vorgangen, der fich immer wieder- 
ho te und dem Komponiften die bewahrten Nummern lieferte. Da auch die Kultur der Kom- 
pofn.on in d.efer Zeit naeh gleichen Gefetzen verlief, fo gab es eine Obereinrtimmung in der 
upera ler.a, die menials vor Problemen zu fchaudern brauehte. Die Texte Metaftafios, dichterifch 
vuii emer eigenen Scliunheit der erhabenen Spraehe, bedeuteten einen fo unabanderiichen Befitz 
aubiie haung v.m den verfchiedenften Komponiften vertont worden find und daB fich ein 
wahrer Wettbewerb entwickelte, fie immer wieder in neue Mufik zu fetzen und fie der Zeit zu 
ernalten. Dies war ein beneidenswerter Fall. 

Ich fpreche jetzt von dem Fall, daB der Komponift fich den Text felbft herftellt. Der Grund 
dazu , ft, fobald die Fertigkeit vorhanden, zwiefacher Art. Entweder ift es einfach Routine, die 
die doppeite Arbeit gleich felbf: bdurgt, fo war es bei Lortzing. Oder es ift im Gegenteil die 
hOchfte Not urn die Einheit feines Werkes, die den Komponiften dazu treibt, fich felbft vorzu- 

"l n .'. D ?? l \ d Z Fa " bCJ Wagncr Umi aildl bei Pfitzners Pal ^ina. In diefem Falle treten 
tgelmaBig Verfeh.ebungen auf. Der Komponift, befeelt, von der GruBe feiner Aufgabe, halt nicht 
tin be. der b.oBen Schriftftellerei eines Textes, der ihm dann beim Komponieren genehm fein 
wird, fondern ,m BewuBtfein feiner Miffion ladt er nach der dichterifchen Seite liber das Mal3 
aus und milt feme Arbeit mit gedanklichen Problemen oder ftofflichen Exzeffen, die ausflieBen 
Wagner hat im Tnftan, im Ring und fogar in den Mcifterfingern fich felbft damit Schwierigkeiten 
bere.tet, die die geniale Art, in der er far jede Oper eine cigene Textfprache und fogar Reimart 
ertand, vieltach hefchatten. Pfitzner hat im zweiten Akt Paleftrina fich fo in feinen gefchichtlichen 
„ , y." ore "' daB ^ r die Dramaturgic des StUckes entgegen feiner eigenen Abficht aus der 
Hand heb. Was m folchen Fallen entfteht, ift das oft fehr bedeutende, aber immer ganz fubjek- 
tive Werk ernes Kiinftlers, aus dem fich die Kultur nicht entfalten kann. Die Verfuche werden 

87 






MS 






4 



irnmer wiederkehren und werden doch zur Diskuffinn des Problems wichtig fc-in. Das neuefte 
Werk, das Richard Strauft unter der Feder hat, bringl eine von ihai felbft gediehtete realiftifche 
Szenerie, die feincrzeit Staunen erregen und die Geifter fehr befduutigcn wird. 

Der dritte Fall bedeutet die Kompofition fertiger Dichtungen. Flier t i ei^t beim Kumponiften 
der l'tarke Eindruck eines bereits vorhandenen Schaufpieles vor, das ihn nieht nur in feiner 
dichterifehen Qualitat reizt, fondern fofort Quellen feiner mufikalifchcn F.rtiiulung fpringen lal't. 
So komponierte Dagomyrfchki den „Steine:nen Gaft" von Pufehkin, um daraus feine geuiale 
moderne Don Juan-Oper zu geftalten. Debuffy kumponierte Maeterlincks „ Pel leas und Melifande". 
StrauU die „Salome" von Wilde und die ,,Elektra" von Hofmannsdial, mit geringen Andernngeu 
des Originals. Bei Debuffy blieb es cine impreffioniftifche llluftratiou der pfalmodifch v^rge- 
tragenen Diehtung. Bei StrauB wurde es fymphonifehe Op or tippigfter Faktur. Es rnhen in der 
Literatur noch manche Texte, die faft unverandert auf iliren Komponifkn warier:. Die ..Mitfehuldigeiv 
von Goethe find ein ausgezeichneter Text fur eine Buffouper. Ich weilJ nieht. <tb die Kf»mp"fiiiun 
der Mary Wurm die andern Mufiker der Miihe iiberhoben hat. Ein Text, glatt zum K.mipimieren* 
find auch die „Romaritifchetr' von Roftand, aber der Dichter weigcrte I'ich fiandhni't, vertum zu 
werden. In jedem Falle find auch d : es nur Gelegenheiten. die den guten Gelchmaek der Mufiker 
be?eugen, aber eine Norm fUr die Operndiehtung niclit abgeben knnncii. Eine D'chlung, iMn 
entweder zagedeckt oder illuftriert wird, ift keiu Gel'etz. 

Die beftimmte Vorliebe einzelner Konipnniften ftir Texkiichkr il't der merkwiirdigUe Fall 
von Zufammenarbeit. Er ergibt fich mei ft aus der praktil'ehen Erwagung. ciaLi die gegeufeiiige 
Ein ftel lung vorhanden ift. So bevorzugte Lulli i\\ii\ Quiiuiult. Gluek den Calfabigi, Mnzari den 
Daponte, Meyerbeer den Scribe. Die Anregungen gehen in diel'en Fallen liin und iier. Bald 
kommen fie vom Komponiften, bald vom Dichter. DiV StoiTe felbft find dabei Nebeufaehe. Sic 
werden aus all den Bereichen gewonnen, die Liblich find: Mythologie, Gefchichte, Ronianlueratur. 
beftehende Dramen oder freie Erfindung. Unter den Ehen der Komponiften und LibrdnTien ift 
in neuerer Zeit die von StraulS und Hnfmannsthal befunders meikwurdig gevvorden Vv'ir be- 
obachten beim Dichter den Widen, den Kompunifteu zu neuen Dingen zu reizen, n (.■;:-.■ Wei [en 
ihm zu erdfmen, auch wo er felbft von der mui'ikalifchen Praxis wenig Ahnung hat, und anderer- 
feits beim Komponiften den Reiz, geracie diefe Widerfuinde zu breehen, das fcheinbar Unkom- 
ponierbare in den Ton zu uberfetzen und weder durch Rjalismus. noch durch Symbulik fich in 
der Kraft und Ausdauer feiner Phantafie ftoren zu laffen. Was fie beide vereinigt, ift das Beftreben, 
auf einem Gipfel der Kunft Hch zu treffen, Niveau zu halten und neue Dinge zu erproben. Aber 
ein bodenftandiges Gefetz, von dem fie beide ausgehen, ein Ziel, das fie beide eTreiehen wnllen, 
gibt es niclit. Es ift eine Arbeit von Fall zu Fall. Jedneh bedeutet es das Hoehfte an geiftiger 
Verwandtfchaft, was im Verhaltnis des Tondichters zuui Textdichter bisher erreieht wurden ift. 
Die Atmosphare ift da, es handelt fich nun um den Stil. 

Wir find heut foweit zu wifl'en, daft der Stil nieht b!ol.> die Praxis der dramatilehen Situation 
und die Ausfchlachtung guter Stofie fein kann, fondern datt er fich in ganz beftimmten Forderungen 
und in klaren Formen zu aulkrn hat. Es liegt I'oviel Arbeit hinier uns und fuviel Choas um lius, 
dali wir deutlich fagen mUffen: alles hat Unterbau zu fein fur die Mufik, 1'zenifehe Eini'achheit, 
das Wort nur ein Ausdruck der Gefnhle, ohne viel Gefchehen, uhne Sentenzen und Realilaten, 
eine Selbfiverftandlichkeit, die fich der Empfindung fofort mitttilt, klar im Biide. das fich dem 
Auge bietet, a Is Untervor ftel lung der Mufik, die auf die fern Grunde ill re letzte Spannung erreiclien 
kann und foil. Alfo die Mufik foil herrfchen, nieht dienen. Aber das Ubrige foil nieht zuiailig 
fein und nieht fekundar, fondern eben aus diefer Stellung zur Mufik feineu eigenen Stil gewinnen, 
ohne Oberfchiiffe, Exzeffe und Verfchiebungen. Das Gefamtkunftwerk ift unmoglich. Das 
Kunftwerk muB im Triumph der Mufik jiegen, die alles andere unter fich und naeh fich gliedert. 
Indeffen verfuchen die Dichter entgegeir zu kommen. Rolf Lauekner hat eine Diehtung „Frau 
im Stein" erfcheinen laffen, als Probe des neuen Operntextes, und gibt ein Nachwort liber das 
Problem. Er erkennt das Wefentliche ohne viel Reformphilofophie. Er hofit ficli vor allem Klar- 



licit des Bildes, malerifdie Unterftiitzung, Deutlichkeit des Gefichts. Jn dieter Projektion deS 
Seelifehen ins Bildhafte iiegt der bedeutungsvollfte Unterfchied von Wort- und Operndichtung. 
Mehr nnch: in ihr iiegt das Wefen der Operndichtung felbrt und die notwendigfte Vorausfetzung 
.iir die Lofung des Problems. Es gibt ein Bild des Schmerzes und ein Bild der Freude, eine 
Farbe der Tugend und eine Linie des Lafters, die alle jeweils in den ihnen beftimmten Rahmen 
zureeht und mit dor andaclitig fehaffenden Empfindung des KUnf tiers eingeftellt, zi; fprechen, 
^ kiinftlerifch zu leberi begiunen und uindeutig Wefenart, Seeie, Gefchehen widerfpielen. Es gibt 
eme Gefte des Zweifels unci ein Licht der Zuverfieht, eine Farbe der Schuld und einen Flecken 
der Neugier, die alle im Opernkunftwerk RoIIen tragen, voll Leben find und eigner Wirkfamkeit." 
Am das Bildhafte, in dem Wort und Erfcheinung als Unterbau der Mufik von einem modernen 
fcharfen Stilgefuhl her eingegliedert find, ift die „Frau im Stein" fehr empfehlenswert entworfen. 
Es lincl ftarke, kiirze, zum Ton auflordernde Szenen von elementarer Inhaltskraft. Xhefeus von 
Ariadne ins Labyrinth geiuhrt, der Klang ihrer lockenden Stimme, feines liebenden Begehrens, 
die waliende Wandlung des HOhtenafpektes, Tod des Minotauros im dunklen Zenfrum, drauBen 
ihr feliges Wiederfindcn — alfo rhythmifch, bildhaft, dynamifch geordnet, die Worte nur Erf nil- 
ung der Situation. Dann ai:f dem Schiff Thefeus zwifehen der fchwarzen, nachdenklichen, 
nielnnehoiifehen, fchon in den Stein fich hineintraumenden Ariadne und der blonden, heiterenj 
leliensvolkMi, Iaunigen, verlockenden Schwefter Phadra- in Szenen und Stellungen, die das 
Liebesfpid und die Gegenftrebungen an fich ausdriicken, von Worten leicht behangt Dann auf 
Naxus Spiele der Phadra mit den Madchen, Sonnigkeit, Lebensluft, Fang des Thel'eus und 
Ariadnes Alleinbleiben, Tempelgang zum Pofeidonpriefter, Klage, Ahnung und Erkenntnis der 
Verlal'feiiheit. Dann, vielleicht uberfliiBig, Fortfetzung von Ariadnes Klage vor dem Priefier, fchon 
felfige Szenerie. Endlich ihr Steinwerden im Felfen unter letztem Verhauchen der Worte. Lauckner 
I a lit fie nicht von Dionyfos befreien, wie Hofmannsthal in feiner Ariadne. Er fiihrt den Bogen 
herunter und fchlielit im Niobeton. Man vergleiche des Kaifers Steinwerden in Hofmannsthals 
March en „Frau ohne Schatten". Hier im March en eine dichterifen tiefe phantaftirche Vorfteliung 
fchwebender, geheimnisvolier Ereigniffe, die die Gauge des Gehirns allmahlich weithin, immer 
weiier trau mend einfehlafen laffen. Beim Operndichter fcharf umriffene Situation. Die Tatfachen 
des Stils find gegeben. 

Aber warum Mythologies Diefe Figuren bleiben Symbole. Wir nahern uns ihnen nicht 
von Herz zu Herz. Es bieibt ein Poem. Wichtiger noch wi:d rein, die Operntextmogiichkeit 
aus alien andern, atis den uachft liegenden Bereichen zu gewinnen, nach MaBgabe diefes Srils. 
Wagner ftellte das Allgemein-Menfehliehe als Bedingung auf, er befolgte es nicht immer, dufci? 
Inhaltskonftruktionen und Philofophieabftraktiunen geftort, wenn auch Waldweben Oder Drachcn- 
fpiel beileibe nicht lo Jiterarifch ■■ find, als Lauckner glaubt. Aber heut find wir fo weit, diefen 
wall re n Mylhos in all em Lebendigen zu fell en, das uns umgibt Findet den Stil, dies zu faff en, 
als Unterbau der Mufik, die liberal! klingt, wo wir fie horen wollen. Reinigt daraufhin das 
Reale. die Statlt, den Markt, das Zimmer, den Larm, die Gemeinheit und die Religion, den Ehr- 
geiz und das foziale Gewiffen. Da habt Ihr es! Bis hinuber zur Groteske modernften Spiels, 
in der unfere Leic'.enlehaften Kopf ftehen. In der Literatur ift es fchon gegeben, jetzt wendet 
es wirklich an und erloft es in unferer Mufik. 



89 



Amerikanifche Mufik? 

Von Cefar Saerchinger 

((■Correspondent des Music.il Courier) 



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In dem grauen Zeifalter vor dem Kriege — es iff wohl fedis Jahre her und fcheinf 
wie fechzig — faj3 idi einmal im Arbeifszimmer Profeffor Chadwicks, des Leiters des 
New England Konfervaforiums in Bofton. Man karn auf amerikanifche Mufik zu fprechen, 
bis der wiirdevolle Herr Direktor fragfe: „3a, was iff denn das eigenflidi, — amerika- 
nifche Mufik?" Hierauf verlegenes Sdiweigen; denn jeder wuf5fe: von Amerikanern 
komponierfe Mufik gab es in rliille und Fiille, aber .... 

Das war noch die Bliifezeif des damals hodhverehrfen Dr. Muck als Dirigenf des 
Boffon Symphony Orcheffers. Diefer „ungekronfe Konig von Bo]"fon" (es gab deren 
zwei: den Dirigenfen des Orcheffers und den Prafidenten der Harvard Univerfifaf) 
haffe kurz vorher dem groj5en Kunftgonner Higginfon den Vorfdilag gemachf, mif dem 
prachfvollen Boffoner Symphonie-Ordneffer eine europaifche Tournee zu unfernehmen; 
Higginfon aber haffe abgelehnf „fich lacherlidi zu machen". Warum ladierlich? weil die 
Berliner, die Parifer und die Wiener fich ficherlich iiber eirt ,.amerikani)'dies" Orcheffer, 
in dem nur alfe Landsleufe von ihnen fajSen, armifierf haffen. 

Was namlich der gemiifliche Herr Chadwick und der koniglich-preufrifche Kapell- 
meifter Muck — die beiden Schulkameraden vom Leipziger Konfervaforium - nicht 
Wuf3fen oder wiffen wollten, war, da£ fchon fei( zwanzlg 3ahren ein neuer Sfamm von 
Mufikern heranwuehs, der zwar nicftfs der Leipziger Tradition gemaj5es leiftefe, und 
deswegen audi nichf zu Worfe kam, dennoch aber fchon von wirklicher Bedeufung war. 
Eine Parfifur des Urwiichfigffen diefer Neufch&'flfer wurde denn audi von Muck mif der 
lakonifchen Krifik „nigger mufic" zuriiikgewie,'en. 

Nafurlich war es „nigger mufic", genau wie man einen Teil von Grieg's oder 
Dvorak's Kompofifionen „8auernmufik" nennen konnfe. (Darin aber lag ihr Werf fur 
Amerika). Dvorak felbff haffe fchon vor dreiJ5ig Jahren diefer „nigger mufic" Ver- 
ffandnis enfgegengebrachf, und nodi heafe fchaffen feine Sdiiiler in Amerika — auf 
feine Anregung hin — amerikanifche Mufik. Von Grieg wiederum kam ein Einflufr 
der fro& aller Einwande nodi lange feine Wirkung haben wird: der Einfluft des 
Rhyttiinifch-Malerifchen, mif volksfiimlichen Elementen verbundenen, deffen Haupfverfrefer 
der geborene Amerikaner MacDowell war. 

Dvorak wirkfe eine kurze, dafiir aber umfo bedeufjamere Zeif am National Kon- 
fervaforium in New York; MacDowell hingegen wurde Mufikprofeffor an der dorfigen 
Columbia Univerfifaf. Hier opferfe fich diefer halbkranke Mann ganz feiner Sache, 
gab unzahligen Schiilern fagelang llarmonieffunden, Tagen, an denen er haffe kom- 
ponieren follen. Er felbff war aus Deuffchland, wo er hohes Anfehen geno£, von Lifzf 
und Raff zuriickgekehrf, um fich ganz feinen minderbegabten Landsleufen zu widmen. 
3edes Jahr, wenn das europaifche Sfudienffipendium, das „Mofenmal Fellowfhip" zur 
Ausgabe gelangfe, nahm er dem Sfipendiafen das Geliibde ab, zuriickzukehren, um 
in feiner Heimaf weiferzuwirken — als am erikanifcher Komponiff. Mif Recht haf 
man das Heim diefes Mannes, in den jfchonen Bergen von New Hampshire, zu einer 
Arbeifsjfaffe junger Komponiffen, Didifer und Kiinffler gemachf. Hier, inmitten eines 
gro)5en Tannenwaldes, in Sfudierhiitfen (log cabin ffudios) arbeifen fie unbehelligf den 
Sommer hindurch, und werden in gradezu idealer Weije durch die MacDowell-Stiffung 
verforgf. Die Wifwe des Komponiffen ffehf felbff an der Spi£e der Gefellfchaff. 
S5e haf MacDowell's Landguf der Stiffung vermachf und reiff alljahrlich im Lande 
herum, um durch Vorfrage weifere Unferffii^ungen zu erwerben. Das Ideal, jedem 



90 



V4 l ); 



fchaffenden Kunffler eine Arbeifsffaffe inmiffen der Nafur, auf hifforifchem Boden zu geben,, 
iff fur Amerika von befonderem efhifchen und affhefifchen Wert uitd es iff radii aus- 
gefdiloffen, da)5 eine eigenarfige Sfilenfwicklung die Folge der Beem?]up\ing durch 
Nafurffimmung und Volksefhos fein wird. Die allfommerlicheii Mufikfejfe im Freien 
(auf einer Nafurbiihne, von der aus man den Blick iiber unendliche Tannemralder bis 
hinauf zu dem blau-umnebelfen Mount Monadnock erhebf), bei denen Chore und 
Crchefferffiicke einheimifcher Komponiffen, nafionale Tanze und die Raffe fymbclifierende 
Urnziiye aufgefuhrt werden, geben immer neue Anregungen zu charakferiffifch- 
nationalem Mufikfchaffen. 

Es find denn audi in erffer Linie die Komponiffen der „naficnalijfifchen Schule", 
weldie fidi der Bewegung angefchloffen haben. Diefe Schule gehf aus von den Verfuchen 
der friiheffen amerikanifchen Komponiffen (z, B. des 1829 in New Orleans geborenen 
Kreolen Louis Moreau Gofffchaik), den Negern abgelaufchfe Fragmenfe mufikaljfch zu 
verwerfen. Gofffchalk's „Bannanier" von 1845 war wohl der erffe diefer Verfuche. 
Spafer kamen die ahnlichen Beftrebungen ausJandifdier Komponil'fen (Dvorak efc.) hinzu 
und in neuerer Zeif die wiffenf chaff lichen Forfchungen der Volkskunfffarnmler wie Burton, 
Farwell, Brockway und Sharp, zu denen audi der deuffche Alberf Friedenfhal gehcrf. 

Diefe Forfchungen haben fiefe Quellen urwiichfigen Materials erfchloffen, fowohl 
bei den Schwarzen und Kreolen des Sudens, wie bei don fpanifdien Volksiiberreflen 
der Weffkiiffe, den ffark keif if ch durchfefjien Cowboys des Weffens, und I'ogar bei den auf 
Refervafiouen zufammengedrangfen indianifchen Sfammen. Audi [ind bei der Gebirgs- 
bevolkerung von Kentucky und Virginia, diefen von der Kuifur faff ganz abgefchloffenen 
Menjcheninfeln, wo jahrhunderfelang die aus England mifgebrachfen Siffen und Brauche 
zwar -bewahrf, z. X. aber audi ganz eigenarfig abgeanderf und bereicherf wurden, 
fdione, eigenarfige VolksJi^der und Tanze enfffanden. Diefe hat der junge Komponi£f 
Brockway mif durdiaus modernen, dem Charakfer der Melodien angepap*fen Harmonien 
verfehen und unfer dem Tifei ,Xonjefome Tunes" (Einfame Weifen) herausgegeben. 

Obwohl off darauf hingewiefen wurde, da]5 weder Negerlieder nodi Indianer- 
melodien eigenfiiche ..amerikanifche" Volkslieder feien, iff doch nidif zu leugnen f da)3 
diefe exofifchen Sfamme jefsf ein fejfer Beffandfeil unferer Bevolkerung geworden find, 
und unfer dem, Einflup' derfelben bodenffandigen Eigenarf des Landes ffehen, wie wir. 
Ferner iff eine bedeufende Raffenmifchung eingefrefen, die in den phyfiog- 
nomifchen und mehr nodi den rhyfhmifchen Charakfereigenfchaffen des Volkes fchon 
ihren Ausdruck gefunden haf. Jedenfalls iff durdi das Negerlied mif feinem eigenarfigen 
fynkopifdien Profil unfere Volksmufik ffark beeinfluJSf worden, haben ausjchliej31ich 
amerikanifche Komponiffen dasfelbe ffilgemap' zu verarbeifen vermochf, fo da)3 es heuf 
zum eigenflichen Volkshed Amerikas geworden und einem grojSen Teil der Bevolkerung 
fchon von der Wiege her bekannf iff. 

Die „nafionalen" Komponiffen fi^ien den Negern ihre fief-melandiolifchen, ekffafifch- 
religiofen, von herber Erinnerung an eine barbarifche Vergangenheif durchfe£ten 
Melodien abzulaufchen, urn fie zufamrnen mif den „Rag-fime"-Rhyfhmen in moderner, 
aber Jpezififch amerikanifcher Farbung wiederzugeben. Ebenfo wollen fie indianijche 
Fragmenfe verarbeifen und die vielen anderen volkifdien Anklange, fowie das eigenf- 
iiche Volkslied ausnufjen, das, (ro& feilweifer Negereinfliiffe, einen fo ausgepragfcn 
nationalen Charakfer haf. Stephen Foffer. der amerikanifche Silcher, iff das Genie 
diefer Gaffung. Und nodi unlangff genugfe es, da)3 einer der bekannfeffen Verfrefer 
der nationalen Schule eine fypifche Volksmelodie in feiner Parfifur einfach als „alla 
fofferamenfe" kennzeichnefe, um den Sfreichern den Ausdruck zu foufflieren. 

Es iff nun manchem der iiingeren Komponiffen gelungen, auf diefem Gebiefe 
eigenarfiges zu fdiaffen; aber gerade diefe Eigenarf haf ihnen im Wege geffanden, 



9i 



ill 






1 






wenn lie von deuffchcn und neuerdings franzdiifchen Dirigenfen und Akademikern An- 
erkennung juchten. Arthur Farwell, der Griinder cines ausjt'dilie)51idi amerikanifdicn 
Verlages, ,.Wa-Wan Prefp genannt, hat in dem erl'ten Dezennium des Jahrhunderfs 
eine Reihe , f nafionaler" Werke herausgegeben, welche durch die zu diel'em Zweck ge- 
griindefe Neue Mufikgefellfchaft in New York und anderswo aufgefiihrt wurden. Es 
ift bezeichnend fur den Umfchwung der lefjfen Jahre. da|5 der ganze Verlag. dellen 
Beffande fruher grund Jag lien von den gel'chaffsfiichtigen Verlegern zuriickgewiefen 
wurden, und der fidi auch faffachlich nidit rentierte, nunmehr von den bedeutendften 
Haufern aufgekauff worden ift 

Farwell VelbVt gab Bearbeitungen indianifcher Gefange und Kriegsianze, fowie 
Volkslieder des Siidens und Weftens heraus; andere wie Harvey Worthingfon Loomis. 
Henry F. Gilbert, Frederick Converge und Charles Wakefield Cadman benu^ten teilweil'e 
fpezififch amerikanifche Themen, die von einfachen Negerliedern bis zu der rhapfodifchen 
wild-vollblufigen Dichfkunft Walt Whitmans reichen. Unter den Jiingffen find wohl der 
Pianift lohn Powell (Komponiff einer ..Sonate Virginianesque") und der Neger Harry 
Burleigh, ein Clunger Dvorak's, der die fchonen Volkslieder feiner Raffe ftimmungsvoll 
und ffilgefreu bearbeitef hat, die bedeutendffen. 

Der typifche Vertreter diefer Gruppe aber ift Henry F. Gilbert. Schon fein Lebens- 
lauf war echt amerikanifdn und bedingte vollkommen kiinfflerifche Selbftandigkeit. In 
Somerville bei Boffon als Sohn eines armen Schulmeifters geboren. lernte er das 
Mufizieren fozufagen aus der Luff. Von Anfang an auf fidi felbft angewiefen, fing er 
an, Handwerker und zwarNotendrucker in feines Onkels Druckerei zu werden. wurde 
aber durch feine abcnteuerfudiende, freiheitiidie Veranlagung von diefer ..redlichen" 
Laufbahn abgebracht. Die Welt kennen zu lernen. fchlug er fidi in ihr herum, in 
Dorfern zum Tanze fiedelnd, in Florida Schmetterlinge fangend (feine lepidoptera 
Sammlung ift in der Havard-UniverfitafX auf der Chicacoer Welfausftellung als 
Gafthausgehilfe Torten fchneidend. Als er hier, in feiner befcheidenen Sfellung ein en 
ruffifchen Fiirften unter den Befuchern entdeckte. ftiirzfe er foforf mif Fragen 
iiber ruffifche Komponiften iiber ihn her, und der erftaunte Fu'rft erfuhr bald, 
da£ der Mann in der '- j eiJ5en Schiirze Rimlky-Korl'fakoffs Parfituren beinahe aus- 
wendig kannfe. Dar war 1S93 3 

So kam er audi nach rZuropa, wo er in Paris Charpentier's ..Louife" zum erften 
Male horfe, und fich jo an diefem Werk begeifterfe. da£ er endgiiltig den Enffchluft 
faj3fe, f fich ganz der Mufik zu widmen, urn etwas diefem Werk entfprechendes auf 
heimifchem Boden zu fchaffen. In feiner Hiitte im Walde, faff ohne Mittel. fing er an 
zu arbeifen. Fur den eben zuriickgekehrfen MacDowell kopierte er Sfimmen und 
fammelte inJianifches „Maferiar, als Enfgelf fiir den Unterricht Hier komponierfe er 
feine zwei „Epifoden" fiir Orcheffer, in denen er Negermufik verwandte. und druckfe 
fie dann eigenhandig; denn wer haffe dafur Geld hergegeben! 

All das enfbehrfe jedes Anklanges an deutfche Klaffik, die allgemein noch als un- 
enfbehrliche Grundlage gait. Gilbert felbft verehrf fie, ohne ein naheres Verhalmis zu 
ihr zu haben, er vergofterf Wagner, wahrend ihm Brahm's unausftehlich iff. Doch 
infereffierf der Rhymmus der Strafe, das „Rag-fime", der verwegene, freche, un- 
gebildefe, amerikanifche Volkscharakfer ihn mehr als alle europaifche Mufik. 
Ein fcharffinniger, auslandifcher Komponiff, der Gilbert's Mufik horfe, rief fcfort aus: 
„Ah, der amerikanifche Chabrier!" Ganz richtig: feine Luftfpielouverture, die einer 
Oper iiber Joel Chandler Harris' pu^ige Volksmarchen vorangehen follte. feine 
„Americanesque'\ die die Zirkusffimmung der fogenannfen „negro minftrels" — jener 
gefchwarzfen Komodianfen, die Sfadf und Land mif ihren dummfchlauen Wifjen und 
ihren Pfeudc-Neger-Schlagern frohlich machen — verewigf, feine Neger-Rhapfodie, in 



92 



der er die religios-barbarifcbe Ekftafe des Siidffaaten-Schwarzen ffiiifiert, und endlich 
fein ..Tanz im Place Congo", eine fymphonifche Dichtung in der er die Sklaven-Tragik 
zu kraffvoll-pathetifchem Ausdruck erweckf - all diefe Werke find ethnographifche 
Dokumenfe impreflioniftifchcr Wirkung wie efwa Chabrier's „Efpana". 

Bedeutet die nafionale Sdiule eine gewiffe Emanzipafion von der deuffchen 
Schablonenromantik, fo 1'iihrte die Frankreidi folgende impreffioniftifche Sfromung zu 
volliger Befrciung von der deutfrhen Technik, insbejondere vom Wagnerfum, das 
nafiirlich audi das fiache Land der anerikanifdien Geiffeswelf iiberflutef haffe. Diefe 
Richfung geht hauptfachlieh von dern Elfaffer Charles Martin Loeffler aus. der trot? 
feinesfrankophilen Bekcnnfniffes viel lndividuelles geleiffef hat. Werke wie„La Villanelle 
du Diable", «A Pagan Poem" und ..The Myftic Hour" bedeuten die hochfte fechnifche 
Stufe, die in Amcrika erreicht wordert ijt. Loeffler iff feif feinem dreiundzwanzigffen 
3ahre in Amerika, alio |chon ~S1 Jahrc. 

Hier ware noch John Alder; Carpenter (Chicago), Blair Fairchied (New York), 
Edward Burlingame Hill (Boston). Charles T. Griffes (New York) und Leo Sowerby 
(JS95 in Michigan geboren) zu nennen. Bejonders der erffe hat mif Klavierftiicken, 
Liedern (farbig-klangvolle Vertonung der ..Ghitanjali" von Rabindranafh Tagore), einer 
Jaunig-reirvollen Ordiefter-Suite ..Abenfeuer in einem Kinderwagen", und kiirzlich mif 
einer groj5en Symphonic viel Anklang gefunden. Vom franzofifchen Impreffionismus 
ausgehend. find feine plaffifdien und kraffvollen Werke mif volkifdien Elemenfen durch- 
fc(jf. Hill und Griffes haben eine verbliiffende Tedinik auf dem Gebiete der atmo - 
fpharifchen Tonmalerei : erfterer ftehf neu-rujfilchen Einfliiffen nichf fern, und lefjferer ver- 
arbeifef fapanifche und chinefifdie Anklange mif feinem Gefchmack Sowerby gehf 
Idion ins expreffioniffifche der Richfung Stravinsky. 

Die modernen Ruffen haben natiirlich einen bedeufenden Einflup" auf Amerika 
ausgeubf. Schon durch das Ruffifche Orchefter in New York, das von Modeft Alffchuler 
geleifef und lange von der aken Zarenrcgierung unterffiifcf wurde, find die Amerikaner 
mif der ruffifchen Tonkunff bekannf gewcrden. Die ruffifch-judifdie Einwanderung hat 
audi das dazugehdrigc grope Publikum gefchaf'fen. Tfthaikowsky, Glazounoff, Moufforgsky 
(deffen .Boris Godounofi" ems der Haupf-Reperfoireffiidse der Oper iff), Borodine, 
Balakireff, fchlicplidi ScrJabin und Stravinsky, die beide Amerika befudif haben, werd^n 
viel aufgefuhrt. und nie war ein Pianiff popularer, als je^f Rachmaninoff, der nodi 
immer unfer Konzertpublikum begeifterf. Nun haben wir auch Serge Prokofieff, den 
fabelhaften Pianiften und expreffioniftifchen Komponiffen kennen gelernf, deffen Mufik 
aujSerordentlich gefallf. Eine Oper von ihm wird jetjf in Chicago aufgefiihrf. 

Unfer den jiingften Amerikanern geben Komponiffen wie Leo Ornffein, ein noch 
in Siidrupland geborener Jude, die gropte Anregung. Ornffein fraf im erffen Kriegsjahr 
zum erffen Mai an die Offenflichkeit mif Klavierkompofifionen fo ungewohnlicher Art, 
dap* man ihn fur einen Geifteskranken oder Charlatan hielf. Dodi erwies er fich als 
ein fehr falentierfer Mufiker von ffarker Individuality. Bei ihm iff wohl auch der 
Einflup' Schonberg's zu fptiren, defjen Klavierfttid^e Ornffein vorfrug, und deffen Hammer- 
und Orchefferwerke mehrfach aufgefiihrf wurden. Audi unfer den vielen Amerikanern 
der d'Indy's Schule, wie Chalmers Cliffon, John Beach u. a. gewinnf die ulframoderne 
Richfung immer mehr an Boden. 

Der Krieg hat die Sfudienreifen vorlaufig unmoglich gemachf, fo dap" viele an- 
gehende Komponiffen fich mif in Amerika anfaffigen Lehrern begniigen miiffen. Die 
alferen Komponiffen, wie Edgar Sfillman-Kelley, Arthur Eoofe, der kiirzlich verfforbene 
Parker, fein Nachfolger David Stanley Smith und auch jiingere wie Daniel Gregory 
Mafon an der Columbia Univerfitaf, Arne Oldberg an der Norfhweffern Univerfitaf, 
Eric Delmarfer in Chicago, Farwell, Hill etc. haben alle grope Schiilerkreife urn fieri 

93 






gebildef Waluend des Krieges haben lich nun audi Kunffler erjfen Ranges w.e der 
SenmeiE Auer endgiiltig in Amerika niedergelaffen. So audi der Stfiwe.zer 
KomS Ernetf Bloch, der driiben [einen erjfen gropen Erfolg geteiert, feme beffen 
Werke voUende! und verleg. hat. und a.lgemein als einer ^der wirkhchen _M«l«r an- 
gefehen wird. Weder franzofifche nod, deuffdne Zuge uberwiegen m feme. MuUfc. 
und als amerikanifdier Sfaafsburger will er auch als Kiinftler Amenkaner fern. Sen 
EinfiuS wird tidier fief gehen und weiihin Wellen fdilagen. 

f Der gleione Nafuralifierungsprozep if. wahrend des Krieges von vielen hunfton 
vollzogen word en : haupffachlich von Dirigenten und den M.tgl.edern .hrer O nhelter. 
Bekannfe Virtuofen, wie Qabrilowifch. Bauer, Carufo. Grainger bekennen .A ate 
Ame'kaner. und mehr und mehr verlangt man die Anerkennung der e-heuu.fdnen 
Se fo if denn audi ein groper Teil des Opernperjonals ,e&t amenkanilch. Dil 
Ster weifen einen immer groperen Prozentfa 5 geborener Amenkaner auj und 
voralem die Programme zeigen immer mehr am.erikanitdie Ti.el. Fait ke.n L.eder- 
fanger friff auf, ohne einheimifchen Komponifien einen Plag e.nzi.raumen. 

Esijf alio anders geworden in den fechs Jahren. die zuri ickkegen Em ame, - 
kanilches Orchejter kann. und wird jeCjt nach Europa reifen. ohne ),«h Jacherhdi ,u 
machen" Amerikanifdie Kunffler werden auf fremden Buhnen auUreten. mchi als 
fVahetund ba.d werden amerikanifd.e Homponif.en auch auf curopa.Jd.en P^— 
fehen Vielleidnt wird es fogar gerade die bewupic ..nigger mufic Jem, die <.u«W 
herankoinmf; denn wenn wir a ■* noch am Eklehfianus leiden. fo mup mar. dod, em- 
geffehen daf5 hier wirkiidi amerikanifdie Mufik vorhancien i)t. 

An der deuftchen Romantik find wir herangewadiic. a., der jn.nzoWd.en Ton- 
male^e! haf fid- der Gefchmack verfeinerf, an der ruffifdien Modernen haben w.r un, 
S geSrW . ■ - an dem unviidifigen Amerikanismus allein fanden w,r unjer 

Glei Was W aber iff Amerikanismus? Man kann nor fagen, was er nich. iff Zuir ■ Beifplcl 
iff er nkhf Anglozismus. Denn obgleidi svir englifch fprecher, ^ audi das - nur 
feilweife - wiirdc jemand behaupten. dap Walt Whitman uno Maik 
Twain Englander waren oder cs fein bonnfenf 



94 




Bemerkungen eines mufikaiifchen Laien 



.Mired Dublin. 



h's wird T;]<4 inul Nadu -i-c^ui, :;e!rnnken. ye 
imhI s,, wdtcr. Dam-ben ;indi ^■•nn^'ii. uddimpcrt 
^•Iil;is L -n. ki.iiip«»iiiiTi. Man wt-iti nicht livnait. wcldiui 
/week das l.ebcit hat: wir wmIK-ii da- I>^n mid friiil-Leii 
aid sidi bernhen l.-isst-ii. htwasM. m T:mi[.:te man schun 
si-in dandier, was diii^e TiUUdicilcn iuucrhalb des Ubetts 
M-lhsi be/weckeu. Weim cin Schneider Ldiiflli.se niacin, 
<>dcr eiuen Rudi, so wdlj er und idi und altv, die sidi 
drum kmriinern, woraul dieses Sdmeideni hinausi.'.ehi : 
ciiier bratidit die Muse und den Ruck, der Schneider 
branch: das field. Den Ruck branch! drier, veil man 
nicht in 1 lenulsanneln Iaufen karm. Wenn einer nun 
sin.ut Oder klimpcrt uder knmponiert: was denkl er sich 
dabei, was denl^n sich die andern dabei, die das ent- 
liL^cnudiiiK'ii. U:.lcr I'mstauden bekumuit dcr .Musikam 
fur seine Tali-kcit etwas be/ahlt mid su lint die Tiititdant 
ja uirien Zweck: er kaim es dabei bernhen lasscn. 
Schlielitieh wird cr sich aber audi eimual dabei erwisciien, 
dan er sacd, IIuscii nuicheu hat doch mchr Hand mid 
I-11O als Musud *en. Jeden Tajj sind in Berlin an den 
Anschl.-iKsfiiilcn Plakatc von Konzerten, sie iian^eii an 
den Huchbahnhtifen. mit Inseraten werden Spalkn dcr 
ZcituiiKCii jicfiilll. Die Konzertsalu sind daraufhin in der 
Tat vull; Keschaftlich liillt sich also «cyeii die Sadie 
niclits cinwenden, Aber was wollcu imr ernsthaft diesi: 
Leuic in den schumin Toiletten, die Ilerren mit cinem 



Kuii/ei'tproyranun und dem Butterbrot in der Tascbc. 
Man wird einfach feststdleu. daB nocli zwei AbendstiMden 
nin/iibrin^eii sind; also wcrden sic utnyebradit. Kcin 
.Meusdi erhirmt sidi diescr zwei Stundcn; es ist cine 
ViTsdiwuriniri des I'tibliktims und dcr jMusikanten gcfien 
die zwei Stundcn mid da;; Attentat gclingt. Abgcschcn 
von der restlosen Vernichtung und Ausloscluirig dicscr 
/ettspannc hat die j^anzc ^erauschvollc Prozccinr kcirien 
erkenntlichen fiffekt, Ich bemcrke wentgstens nicht, 
da 1.1 die I.cntc, die ins Kunzert ^angcii sind, sich durch 
irucml. etwas nntcrsclieidcn von dcncn, die nicht ins 
Kunzert yeyanyen sind. elwa die koine Billets bekommen 
haben. lis ist audi jeder iibcrzcutjt davon, dad es so 
ist; denn keiner trifft Dispositionen fur seine Hxistenz 
nadi dem Konzcrt, vidmdir ist jedcr dcr Meiming: 
alles bleihl bdm a I ten. his madit da jjjh keincn Untcr- 
schied. oh es sich urn dncn Walzerahcnd uder urn cin 
Badischcs Oratorimn handelt; in jedem Kail wird schori 
an der Garderobc gedriin^elt, schon aaf dcr Klcktrisclicn 
Kcscliimpft. Ich habe nodi nicht gcliiM, da8 Lcutc nach 
Anhurcit von einigen Konzertcn ctwa zit einer andcrcn 
poiitischen Parlci tibcrgeganqen seien Licit bin iiberzeugt, 
dafi Untersuchungui tibcr helangvollc also andauernde 
scelisdie Ven'inderimgen nach dem Auhoren von Patiisl- 
rina oder Beethoven ergebnislos sein werden; man wird 
ganz ausuahmswdse, ganz ganz ausualimsweisc etwas 



95 



Huli-H /u dicscm -nnderbnicn ICr-cluiiN wciden Abend 
i,u A.Hiiu Dill ■■.-ikIl- Vhii (iardcrubeiliiaucn . nl<a,cbotcU, 
mvHifiiif Kulik'iima-M.'ii werdcii aus ii.-ist-n.-n knappcn 
V,.n:it-n vencnc.l: Ucil'.c K«»pfi: mid Scclcu. die -id. 
(uri-ttt-.-is li.iltt.-ii, sitzcn dafnr jahrekm- in ihrcii Kamnicrn 
it'Kl brin-en m!t Qi.al u.id Iiibrimsl ctwas licrvnr. b» 
L-jbl due An/.ahl Mtusdien. Oil: meisl km J,c I k'me tm-cn. 
die sicli SMi-jir verpfliditet fuliU'ii nbcr solehc miudiek 
er U chnblnscn /ni-.iinmeiikmiUe eimn wcitcrcn .Mcii-e /u 
bciidilcn; diesc Kritikcr wissen in der He-el mmmt s " 
weiiie, was tins daii.'e tm cincii /week hai, wic sic 
wisM-n, wanmi sic ihru I laare latin wadt-en las-en. In 
der Tat, man tut es -cwolmlieilsmat.liL; . es win! alV-itk; 
ab mciiseliliehe Tati^kdt au^e-chcn mid s- ■ v;i I "-- 
wulil eine sun. W.'.s \v;ircn wir, wcnn wir mi^rc (ic- 
wolmlteiti'll iiiclit li;ittcii. Sic stcllen m.m-cls vim- 
Cjcliirns eineti vnllkmmncneii Deiikersalz dar. Zn ciicr 
vr.lli^cn Klarkcil kmnmt man, warn man ik-n aniuen 
,MiiMkbclricb von der Stite ciner Gewulmheit iiimnit. 
die allc lieu-ilyicii : jluidim;ini« liabcii. Man i-t im 
kiitsdieii imd man rutselil. Die Kritikcr wollcn knli- 
sieren, die Siiuiicr wollcn sin-en mul fur die /wei 
Stmiden musseii [-crliyprmhikti-. tmiende babrikalc v..i- 
liandrn sun; aile- wild 11.-11.-I1 dem tihlidien Marktsat/e 
bczahlt. Kuiilcktimi, Industrie, das ist des Pndcls Kan. 
Wir shut mis cini-. Die G lrdcrubenlnu wird inir 
redd hcIkii, die Sanmjrin wild prn-len nnd der K.mi- 
piuiist nodi melir; dem !.anpnia]ini'a.eii werden in hnr- 
leskcr Art sidi die I laarc slr.inben. hs wird iimc.i nidil- 
mat/em Dn bist crkanut niciii kiebcr. 



Der Komponisl tut mir kid. idi nicinc der. der 
dies mm Must . . Abcr c- hillt niehls. Yer-lcidicn k urn 
idi iim mit cincm Kodi. <ier je n;.di i ; ;'i]ii-j.kcit p:kmte 
anreuciuie crimideiide Speisen vcrla'U. Das lmi!.:t. idi 
[ne ilnn dainit xuvict Khrc an, dem Kmnpembk-n. Demi 
cine Speise kann mid: erheblidi verandern. sk kann 
midi nidik.il ver-ifkn. [);is kann einc Spei^e mil ab-u" 
lutL-r Sidierheit, wenn der Km-h cs will. Alter del 
Kuiiiptiiiist kann lilascii iasscit. inimindii, sin-en. kann 
iteie ToiialitiiiL'ii eriindeii: nadiher bleib ieli di.di wie 
ich war; idi madi midi :ins dem Stanb; an der (laidembe 
hat alius trill 1'iide; ob es mm sdu.n war uder nidit 
scli'in war, «b man ^ekiatseiit hat ndcr ^e^ahnt bat, es 
Nt aus mid bleibt ans, idi babe cs ^em.ssen, hcrzli-'lien 
Dank, es war mir ein Ver-nu^en, zwei Vei^iin^eii inui 
HiiiisiiKcnfiills slL'ht es nocbmal -edruekt :mf I'apier mid 
bekomint dadurdi audi keine andere Wirkmr; 



l);,s d.Hi mir lied.i- die Wad it am Wicin. di.- 
.M.^-ciliai-c. eui leMc Im.i^M mi-ei C..U. Almin' Ai.nm' 
Dli. im-iii .Inii-fken, lawi-bl. dn hi-l -emcinl. D-iv^ii 
li-nilV di; tlidi nidn . :il dem l,..di>t-ii l-.inM.lls-cM liei 
|)i, W.-irscillaisf. die ie-U- Ibu- sdsmelleit dil in die 
C,;u-der. .kilt dn vmi wridiMen l.^-npial/ aull.ibiM 
Da n.erkl man die amlt-n- Vmla^in,-. |-. M ein ander- 
Vi-a-vi^ /.::■ >\;;dk. \\\ mul a;iv mil der !wm-l. d. i 
Kritiker bum den iaa-eu Hb-Miil e,n^ed,ea. da Jbi 
,, „idHs ,„ .d::eibe„. Wem, li.m die 1 I m.l da n.dd 
/m-kt hat er /.i >diw»-ken. imd wmi Me mm /nn-i. 
>,, wird er -dm.-i na-ht M-iireibmi. Da iM iiielM- da- 
^taiii : eii. bidilen snr.l (knie.tcn v..r dein -idi binbr. i- 
t,:,,!,,, Kurper uin-r dehkatea ...lev leme,; .,ler Duvaim- 
li^hen SdmnlK-it: kern 1-Abi''iii«'iiis:ir.> vi.r ^ .'i"'" 
Me:i-die:i. Da bi-t dn eef 'Men. mi Ken:, an^ebebel! 
S.anrt Minn es ki> Hint; we, :;,m.a!en iM, wml'. an.-.: 
W ic er '.ieb bei de- nadi-len Wall! /n bei.elmvn n it. 
\V:'ie'H er iiber i:i iy.- 1 a- i= n. a.---. \.--^---d- '. ■ 
r ni l,, k -i mit/nn,K-ilen. Dmkbedei. O e,lep d.,s ,sl mn 
VtM.di Dei !\nlel ...II die -,-t.iideE.- Mim, Imb-li. >amt 
,,n,m b.e-f.-arnt. den N-KeiNe,:! m,.i axie.c:. 
lt„rde:u. Idi bin mr d:e wiikbebe Nabma-. :mu- imd 
die imverblnmtc b.ibllkplem D:e 1 1 - . == i - n ■ i bi-'-i 

mill; bevui man niebl d;e .'dn^'-en an^le,. -.!. a . •-. m. 
ilbLtiinnpl lliei:! klar >elieii. w.,- die-i-: -.,■■/■■- i...a.a:in.- 
KuilMbetlieh war and w-:anl <■- ei-.enlnei: ,n\ .mint 

Vur Lani-er Zeil li-iie tell A.^ Weil;. i.ieiil-.ia'a'ri.m: 
v.-ii i;;idi. in der (iaiiiis-eikirdie. da- iM kerne Neb.-m 
^aebe. Wir sai.len. erne bete.uie iVimiiib D^ ..' 
tn;1 !te liiUi iW< Ileiknub ia-m iin-cbe-ur binMi an de. 
Wand. Neben mis die m^^e-diinl/le, i,.- = c„ .1- 
Kai.ers .K- iluistaals; im I iniler,;, nnd tanbleme v a: 
Krieu nnd Sicm Die I..-: war leer. D.^ M.rdi.barv 
Cie.idit des Krie^ war in, W.,ui.i : ^ wa; >.. dealbdi, 
;,;> drm-kte esMdl-.n.-ml'.enpkn an d:e li-iieii dmndeii 
Sdieiben hemn mid iiell -cim- I'.lieke uber nn- nli^na. 
S,,[dateu. Olb/iere s.dien in IVI/cii licrmii. -diwar/^e- 
kieidete imnieii mil Kindern. Wa^ser ImpiU- vu den 
ins-en Si-iliniicii mil' die Idiel.leii. <'bcn -an- man ^>u 
den liiiiimiisebeu iMeimn-en. i.ei-e besve-le >id. alb- 
/ami Sebbi-se binan,. Da^km/e i.atle e.ne tutc \\ a;;r- 
l,eit mid ererilt. .!a tide Walubeil Nndi eiinnal . lieu 
Wainbeit. Dies isl das We.enilieiie. 
<>> 
Tiele Wahrhcil? Was veriaihwu Sic mr ■>>>> .V,. 
viiwdilit'i.'.!id: KartciMcncr> 



Mulikweisheif der Inder 

Von Inayat Khan. (GroBmcister des Sufi-Ordens.*) Autnrisiertc Cbersctzun, von Dr. 1-d.ar 1st 
in philosopher Hinsicht 1st kein Untemchied obwohl S ie sicl. nad- uan, ent^en^ctzteni. 

zwischen ostlichcr u »d westlicher Musik : beide slnd entwic^c ^ ^^ 

betrachtct sind beidc der arlschen Kassc entsprunyen, bat.on vnhu \on 



el. 
litun^en 



e Zivili- 
dc ein 



96 



Jiinjiliin: von emem Greis. Die Ju^cml befa!d:;t dem 
Ji'ni'jliiu'. das bebmi m;i- /n Ivireihcn. walircm! der 
Greis Hijsruhr uml nachdenkl. So verhaiten sich 
audi rnndernc nnd a 1 1 l' Miisik. Walimid d.e wcsl- 
liche Miisik rasch v<>ran<;eschritren is!, ist die 
unserc iricdlich an! ilircn dcielum niun Kissen 
lie^ci] uebikben 

A ik versdnedenmi Giiinden ;st inj-^-ri- Mnsdc dem 
W'>i(i! unbuk.-iiinr. I'nsrrc Musiker vc: i;is>uri nidi I 
ilir !.:unl, nnd dann hahen wir weder Svsiem nodi 
Organisation Die Lmnpaisdien Musiker interessiereii 
sich imr fi-r t!iu 'I lienrie nnscrer Miisik iittd beachten 
nich: U it- vie! wietiti-erc Prams: tind danu ist sic 
hirer Seltsamkeil we s ' n von den mnsikaliscltcn 
Ant'.ritaten Ul'S Westerns m.di ,,idil anerkannt. 

Die flint Sinne readcrcn ruir im Vcrnaltnis zn 
hirer l-niwickliin^ nnd Ucr tiewnliimni,', timl sie 
i-nnric:cn :ili<.'s hietmk, solan^c sic rnit dim nodi 
mdil vcrliant siiiJ Dicker Kindrnck dcr Fremd- 
amd-eit ist mil anderen Worien nidus als die l'n- 
kenntnK mi! Grand dercn V."i»d i:m | midcre Tiere 
■ u ' l] hdmnpien, be-vor sic sich niiteinander vertraut 
;;cmadit kabeii Die "k'iche Tcndcnz ist nucli hci 
dcr immsckhdicn Passe die Prsache aider Phel von 
.■■,n;ai:/ an his jet/! -euesen, obwnld cin internationaies 
Imiliehs^enild sich entwickeit ha', das tmliuillich 
citu's Ta-cs die -ame Welt lianii<niisdi in dcr Mnsik 
vcivini-cn u-iid 

i-.s isl -any. nattirlieh, dah miscrc Miisik west- 
lichen Oiircn tumid klin-t. tta sic ;ms femcren THiicn 
iSlinu:>) -ehnmil ist mid bcs<n.dcre Rliythmtn hat 
nil! ahs.dnt veisd'iedencm Ansdi u .k. Olireti, die an 
AM ,,rdc ;ms melirmen deidnmilk' annesclda-enen 
N-teii m:w.mnt siad. [hide:: nnsere Mckidieii at:s 
• iir.-.bu-n \-mm imhanmmiscl:. In deicner Weise 
-i-l.l es i:a;,ir.:e!: ^nv. .hiiiieitsm.-fr.m nnmckehit dnn 
■•rkiilalDdieii * 'Sir mit dcr . -J^hh ntalen Mn^k Ich 
selbst, nlnvMhi -ei).ruier Musi-.ur, kuinite nid.nnj... de 
eisinp.-n.^-ii... .Musi!; isiVht leuien. bis id: dure': riling 
micii dalitii cnlwickdr liattc, sic mi !k-bvn 

"•■•■ Hemdhei! liill.lnl mi.. im-eo- ;1 ;■„,;,,;, 
V.t.iiuiM*- ,m vin! -,-,] :ir-| u'!h; ;i In! ,| : J | ,.'„. ;„',,,. 

■'■'■ ; '-' : •■■ ''■■<•'■ A.i-i.i-r- h. hi> ^;, s.-hitri;::.-:; / , !-,. 

i''i:.li:K l^mmvi,. da : l -,c : r damn! ,:;,■],,;, t,,,^,,. „ ;i; 
i--^-' :.-h<-t^.-:., : ; v..!U- M d n i. ha. Xid nih !-■:■ M,,m., 
"■"■■' J - ,, -- : ' /' V,-:;. t :: : ,u.i:n;.a;!. ; . waliinul d-T VA-i. a .ich 
!i:n l], ' l! "-■"■'lidh :i l-..;i-c;,:-i!> r-ifri- bnnalil !ial. Waln-.-nd 
''■" ■■'■-Ih'!"''] !>":i![""!is;c;i Akkt-nlc ;i> /a':l. ririuai 

■ N ' ,!l,t l-'-tllbhtir-t;, ., jju.I das I)..|,rst,T -dllr Ill-!rilllU-|]Ii' 

'■'■'^■■h.u-. i,:.! ,-nii d,r ^iilVM,,,,, , :;| wirUt-ii. s.-hlu-vn 
■ Vl ' •'■■" '-^:^ni.., .-i/irn Wr... t-iji. ind^n «■„■ ,,,1^.,^ 

ii '■'■i- ■■■■ t ';[iiitidcM..-n. iadnti wir intmer 
na-,!V .Mel.:die,t an, dl.A-llU-M NuU,! 
"in :m.r,-, 'IViiden/ /i:r ..lanluif /u 
/ar V,,li,:,d,m., d,;' (IdMi-U-ii. 



-'■■ d"-!- 



I :t hi; die Slim 

Id Moduli, Id! 



■ wi-ii-li. 



Dcr west! ichc S.in-cr bildvt seine St it; urn- tiir tin 
-nd'es Upeiiiiian-, mid da>. ( mvIu-sUt Nam; vinen i,;iu/ei: 
Park erinllen; desiiaili braitcheii sic i lannonie mid Nil 
tatinitssy^iem. wahrvnd wir im> aid' den Ciei^l dcr iiitmiivcti 
iiispiiatinii verl.isscn. 

his -ibi cine in ladicn er/.ddtc l.cyendc, die das 
/id uriserer .Miisik deittlidi ansdnickt: 

Akbat. C'irn|.iiit(i.i;iil von Imlieii. lrat;te dues Tayes 
seine:: I inlsJiii^er Tailsen. wie dessi-n l.i'hrer sinyc. T.tnsen 
crwiderte: ..(ian/ aiilJcr^wiilirrticli. dudi kein Wcltmaim 
kaim ihn imrcn. dem: er ist ein Asket mid lebl in einer 
WaldiiolHe." Akbar wurde sdir iieii.c,ien^ mid ai.'idite 
.idi ;mt in dvti Wald, hei,ieitel vim Tan sen. 

Als sie /.\i dent Askclen -ekonimen waien, >j>ividl 
diescr; .,( Jbwuhl da ein a|> Sidave vcrninmmter I k-rrsrher 
Inst, -elalit mir d'dne liescheidenheit, mid dcshalli darfst 
dn mcinein ("icsatiy 'anscheii," 

AN cr l>ci;atin. scliien /unaciist die ijan/e Welt in 
seinein tiesaiiM y.u versinken. nnd sdilictilidi warcn 
Akhar nnd Taiiscii scihst in hkstase vcrsintlieii, 

Nach ihrci knekkehr vmi dcr ! ioliic vcrkm-te Akhar 
immcr wieder nacli jencr .Mnsik, mid er helahl Taiisen. 
-ie /.n sin-en. Dicser lat es, nber cr kmmtc nicht 
dit'sr I.kstase hei vorrnhm. 

Akbar ira-le: .W'arum wirkt dcin (icsan^ nidit su 
wie tier deities Meislers^ Tan-en anlwurtcte: .Weil 
er li'tr Cluit mii-I, irli aher tar ilich!" 

Die indische Mnsiktlieorie i.-t ant i^imz nalmliclie 
Itasis lu^nnidei. Dcr KUm K (smmd) wird in {ianztimc. 
Ilalliit'iu- itml Alikniiuite imirrutoiu's. Vierteittme) eini^e- 
teilt. Der Taki wird an Lie r in die n id id; en seeks Teilmt^et] 
Mfdi iii seel is ieineie Teile -e teilt. ,lede NoLc hat i,ach 
dem ■In.imystidmnis ih,e |-;irlic, einen i'laiieten tind 
i m [dement. 

1 'nscre .Mnsik i>i ani da, I'rinzij) der ka-a iTonluitcmi 
Imsieit. Ahstdeh siud sie den Simnlen mid .lahres/dtcii 
n -- 1 : i- 1 1 r r i . nnd jVde Skaia hat cine hesunderc Wirkmi:; 
•mi die Nph.ne. |',, L .|i>cii weiden die Hayas als Rasas' 
..M.imicrt, ka.-inis ddaiiem. I'ntras iSidmet mid Kl.aija- 
( Ixdm-ii |iersMiiitiziert n:id idealisicrl, 

.MathcinaliM-h Itaben sie sidi voir eitiem eind^en 

/ " ' ;illli -^'" l^'UJis vermehrl, die Ua^ad'raslara -enaiml 

■.veiden. KmMlerbch sind sic aus der Imi-.rovisadon 
V'.rsdiiedenei .Mnsiker eiiMatiden, mid wisseiisclialllk'li 
elites fmif Arien: ka^isv,m siehen Nuten. sedis Nuicn, 
Innt Ni.ten, m^k-iclien \oten mid tinre^einiaLli^en Nolcn. 
Audi miserc Itylhnum hahen vier versdncdene 
Aiisdnicksmo^lidikeiten. 

Die miisikalische Kmisl Indkms ist itesonders hin- 
siditiieh der vokaicn Scliuimiu lumierkenswerl, die j ah re- 
duces Stiuiimn vcrlannt, t ,ni einen M iUcn Sanger y.u 
erdeleii. Die luslnimciital.iiii.sik iiinmit erst den /\veilen 
Kjiiij: ein. Veeiia .ein. Art von vcrvollkomnnietcr Citarrel 
Ni '.la- allcsle .Miisikiiistriinmiit der Weltcesdiichle, uml 
das di]/iM L ., das die indische .Miisik riclitic wifdcrijihl. 

Imserc T;iii/i- UA^vn den oteichen Prind]iiei? wie 
ilii' \'okah mid Instrmiieiitahnnsik. 

Imsere Knnsller zeicluien sich durch Scluiiilu-il der 
l't-;m.iliun in der ]iii|irnvisatinn ans: deshalli sind ;mel, 



] \n- 



97 



unserc K.nmpo.mteii dir vie! wenigcr bekam.t, weil 
ilire Werke von don einzehien Kiinstlcni gnnz vcrschic- 
den wicdergegeben werden; nur die Grmidl.-i^e uiid 
die Wortc bleibcn. 

Ihiscre Kiinstlcr miissen selbst Komponisten su:.. 
bevor sin sicti Kiinstkr nenncii diirfen, und jeder be- 
weist es bei der Ansfuhrtiug. 

Der t>lcicl:c Gesang, zelinmat gesungen, wird jedes- 
mal vi-rsd.iedeu sein: dcshalli ist audi das Notntions- 
sysdem in Indicn nidit ial!gcmcin gebrliuchlidi. und erst 
ueuerdiugs bekaiint geworden, scit de:i Zcitcn des 
Moula Bux (des OroKvaters Khans!), jenes grutkn Kom- 
ponisten, der cine Notensdirift fur Anfiingcr erfand i-nd 
tine Si'lmle nacli niodernen Prmzipie.i begrnud'Mi' mi 
Sta-Ui' des Maltaradschn Gaikwar von Baruda. 



-,n. 


s Wo 


t SuM 


,l.tr S^iU'ts. 


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s-li- 


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,!,.„ hxiY'ii K ..» M ,wiirlii: iii Knr»]Ki ].rnp.i-i-rt. 
ihi.i in Ann-rilia vi.-l- A"l.iu«K-r v,r>.!ialTt... !ai 



•J. Si-h m-inal- Jur.-li l'rii.zipi-" unt-rj... m-i. la.v...n. 

::. liii- ln->t ■ Mural i-t I.i-t>-, mi. I pi.-i.-wiiiili- i-l -li- 

S,.-h,",rih,]t- 
■I. J-'n-i von it-'-.u'iinl.TM-lii.-lfi. uii'l Str-'K mil .I-m ,Kin-"" 

/at >vwl.m ■!/.■» 
.-.. \V..|,li t -it. let -li- iv; t |ii-.. U-li-inn. 
•I. il.-.niioni- li.-Kt in -l-r < i-n-. ■Ini^l.-ll. ii.-r.-l.tink.il in 

fi -rtsioitiurkt-ii. 

7. Hi, Musik i*t ill- Niihrimir -l-r *--l- '""' 'I'- 'J 11 " 11 " ,l '"" 

V«-Il-(..iu(ic. 
;,. '/,i..1c .1.-* Hni-Jis sin.i: 
I. Kin- ni-usi-lili-li.' V-rl.,ni.i-rm,[_' /u -Nfi-n -In- 1 M-r- 

M-l.i...! .I.t K;isi... .I.s iil:ml-ti-. 't-r l,ii-s-. Niili-i. ...l-r 

iirw.-Ii.-N nil-* 1 n-I.hU ii. .I»r W.-11. 
" Au-wiLr-it-n ■!!<■ W-i-ii-ii <1'T ^nlU. .Ii- I.I>li-i- .'in 
'"' v-rl,nr--.,T S,ha.:- «:..-. aU Ki--„! nm -l-r M.-...-.-I, ■ 

|,„:l, ,|i,. ,,i-!it -ir,-r 1,-M itnn.t-i. II:. s- l-r H-li-i"" 

:; Wiu.' V..II.'i..liuiK zn -rj-.-l.-li l-i -l«'i- MystK-i-m.^ U'.n 

ri,.li.-iniiiM n-lT l.l-il.r. .ni.l 'ii- 'l-r« AI-i^luiil.i-Hi.'i. 

v in , r n,,,,,,,,!,..;! ..i.-i .1- a.ii.i" i.-.v..,. i.i.i.iiit 

,1,.,. lil-iMMT.-i /»..,. *',,!,, -,.» rail.-.. 
,| im nn.t U'.-t ilur-h Mu-ik I'.'r '^'l' '"' v-r-i"^-"- 

,|i, rniv.-r-nls,.,-:..-!.- ilur-1, Au-tt...-!. 1 Wi.-l.-rn-l.-iM. 

;, |,i, S„!ilit-ra..,r /. l-nl-rn. .ii- '.-.-.■II- 1. --) in i-.l-r 

Mi-M-i.—iiartii-ii-M Ki-i^i-iii i-iirivi.i, ;»i. 



Widifige neue Mujikalien, Biidier und Au?fafze 

iiber Mujik, 

mitgeteilt von 
Prufessur Dr. Willielin Altinann, Berliii-I-'riedeiian. Sponliolzstr. W-ol. 
Dicsc Znsammenstelhn,,. die ni« K licl.st in jcdc.« I left diese, ZdLsd.rifi crful K ,-n wird, wili and. „nd, in.- 
Pcdn.cktc K rutt«rc Werke, v„r allem Symphonic... syinpiu.nisd.e Dic!,;n;,^n. K<mzertc, Ka.nnuT.nus.kwerke. Opan, 
n.orwrrk- ,nit Ord.ester dnhe/iehen. um namentlid: Diri^nten dnrmif an:'iiierUsain zu n.adien. Dicjcmj-eti iun^l/cr, 
,i c r rti« Werk, (jednd. nid.t ct^va Klavierstucke, l.ieder. Manncrchr-rc ferti, l.ahen, werden ,ebe t en ,n.c, davun 
K i n s.l.e docli l-itaUe Wi mlr die Kntsd.eidnn, nber die Anfnah.n, vup. Di,sc k.i..n and, be, ,edn.cK en 

WeTku, weder d.nd, ein Inserat t.och dnrd, liinscnduns der betreffenden Musiksldckc nder Bnd.er er.wnn,-,. w.rden 
Riit-ksciidiuiF eKvaiiicr liinsei idling n wird ^ntndsatzuch abyelelini. 

Di" :ii,u.dn"„n, des Verla^s wird Hcstcllm,«cn erlcid.tern. Zu d,n an^ebenen I'rusen ku.n.n 
„och der so S en.Tc«cnin«s;uifsch1.-i« seitens des Vergers und and, des Surlimcntcrs liinzi.: er scl.w.-mla bek.u.utlKl. 

Taubert. Ernst Eduard; Symphonisches Vorspid zn 
Ernst Hardts „Tantris der Narr" noch ungedruckt 
[Urauffuhrung Berlin 4- 3 1 

Tiessen, Heinz: Liebesuesang und Hondo. Zwei mn- 
dichtun^en noch un Red ruck t lUrauffuhr. 3. 3- Berlin) 



incist aber betriiRt er 50".. -r 10 n . 

L Inffrumenfalmufik 

a) Ordiel'fermufik (ohne Soloinffr.) 

Andreae, Volkmar: op. 30 Notturnou. Scherzo- Leuckart, 
Auffflhrungsmat. Preis nacli ObereinkunSt. 

Ebert, Han& [Dusseldoif): op. 23 Sinfonische Suite noch 
ungedruckt (Uraufiuhriin" 15. 11. 19 Dusseldorf]. 

Kallenberg, Siegfried [Munchenj: Symphonien Nr 1 
(e), 2 (d) noch ungedruckt. 

— : Musik zu einem Marchen von L. Tieck (Fis) roch 

ungedruckt. 
Kiessig, Georg [Quesnig bei Leipzigl: Ahasver, symphon. 

Dicht'ing noch ungedruckt. 
— : Totentanz, Tondichtnng dsgl- 
Locatelti, Pietro: op. 1 Concerto grosso (f) mit Pastorale, 

f. d. prakt. Gebrauch bearb. v. Arnold Schering. 

Kahnt. Part 3 M-, jedc St. f 80 M. 
Maiden, Felix: Nocturne (Eine Sommernacht am 

Flusse) noch ungedruckt (Urauffuhr. 2. 3. Berlin]. 



b) Kammermu[ik 

Ebert, Hans [Dusseldorf]: op. 20 Sextett i. Klav. « 
Blasinstr. noch ungedruckt. 

— : op. 24 Trio I V., Br. u. Vcell dsgl. 

Kallenberg, Siegfried [Munchenj: Qnintett f. 2 Viol, 
Br., Vcell u. Kontrab- (a) noch ungedruckt 

— : Streichquartett (a) noch ungedruckt. 

— : Sonate f- Viol u. Klav. ih> noch ungedruckt. 

Schramm, Paul: Sonate f. Klav. u. Vcell to noch un- 
gedruckt lUrauffiihmug 1- 3. Berlin! 

Zschorlich, Paul [Berliii-SchonebergJ-.^Streichquartett 
(a) noch ungedruckt. 



9S 



■"iv 



c) Scnffige Inftrumenfalwerfce 

Feuillard. L. R : Tagliche Obtingen f. Vcello. Schotl- 

2,50 .VS. 
Htiber. Hans: Die Schulungder linkcn HancMtir Klavim 

in sieben Kapiteln zusammengestellt Hug. 3,60 \\. 
KallenbcrK, Siegfried [MiincheiiJ: Sonaten f. Klav. (a, 

D) noch ungedruckt. 
Karg-Elcr/, Sigfrid: op. -17 Triisturigen. Religiose 

Stimnuingshilder f. Harmonium Simon. 4,")0 M. 

: op- 57 Renaissance. Siikke im alien Stil f. Kunst- 

liann Simitu 3 \1, 
Kraiisc, Raul: op 2f 2M aicral-lmjiressiuneii f. Orycl 

x Kmizcrt- i; . Gntiesdii-nsl-Gebraiieh. l.LMicka t. 4 At. 
Mclartin, [■rkki::.Mi.K-| I Sunalsnes p Piano Hansen. 4 Al. 
Sindiiij;, Clir.: ui., I2.'i Suite f. Vi..|. solo Norsk 

AUisikforlag. 4,50 M 
Wtndspcr^r, Lothar: Sonatc -A] f. Viol. solo. Sdwtr 4M. 



IL Gefangsmufik 

a) Op em 

(iurlili. Manfred: Die E It-ili^e. Musikalische Legend c 

<DicIitung von Carl Hanpimanni Klav. -A. m. T. 

Fiitz Cntrlirt 20 M. 
Kalltnberp. Siegfried: San Liar. (Diclilung vmi Paul 

Fuhrmann). Klav. -A. m. T. erscheint demnachst in 

der Universal- Edition, 
Das guldens Tor (in 3 Akten) nnch ungedruckt. 
Piitzncr, Hans: Palestrina, Musikal. Legende. Fiir 
^ Klav hearh. (Carl lies!] Piirstner in M. 
Schmalstich. Clemens: op. 43 Peterchens .Mondfahrt 

Kin Alarchenspiel. Kla\ -A m T. liirnhadi 5 M. 
-: np. 57 Rj ps t | er pjj z AWirchenspitd. dsgl. ;t M. 
Stiebcr. Hans [Halle): Der Sonnenstiirmer [cine Pro- 

metheus-TragOdiej nodi ungedruckt. 



Weflesz. Fgon; Die Prinzessiu Girnara. Weltspiel und 
Legende. Text v. Jacob Wassermann (au.s dem 
SchluBkapitel seines ..Christian Wahnschaffe". Noch 
ungedruckt. 

b) Sonftige Gefangswerke 

Alpenliedcr aus Deutsch-Osterreich. 110 Lieder unci 

60 eel ile Vclksranze aits Karnten, Steiermark u. Tirol 

f. Ges. m. Pfte hrsg. v. Willi. Kienz! n. Victor 

Zack l.yra-V., Wien. 18 M. 

Buck. Rudolf: op. 24 Seclis Liedcr f. 1 Singst. m. Pfte. 

Verl. Droililien, Halensee. je 1,50-2,25 M. 
ChoinaniLs, Siegfr.; op. 3 Fiinf Lieder f. I Singst. in. 

Pfte. BiHim & Soli, Augsburg, je l,ln M. 
flottiicb. linger: i-li Gesange f. 1 Singst. m Orgcl. 

Chattier, je 2 \\. 
Grabcrr, Martin: op. 49 Sieben Lieder f. 1 Singst. m 

Pfte. Simrock. 3 M. 
Kahn, Robert: op. GG 24 letehte zweist Kanons, einzeln 
oder im Chor mit Oder ohne Pfte zu singen. Lenckart. 
3,50 M. 
Kallenberj;, Siegfried f MiinchenJ : Germania an ilire 
Kinder f. Solo, Chor u. Orch. : Requiem (Hebbel) 
f. Chor u. Orch.: Hymne nach Worten aus dem 
!>> Psalm f achtst. Chor li. Orgel J noch ungedr] 
Liszt, Franz: AUssen (3 Messe f. Mannerciior; Missa 
chora lis f. gem. Chor: Requiem f. Mannerchor). 
Part. Breitkopf & Hartel 20 M. 
Maycrhoff. Franz; op. 44 Lieder der Sehnsucht. 4 Ge- 
sange f. 1 Singst. m. Pfte. Klcmm. je 1,50 1,80 M. 
Pfitzner, Hans: Lieder, revid. Ausg. zusammengestellt 

nach Stimmlagen. Brockhaus. 6 Hefte je 5 M. 
SchultheB, Walter: op. 4 Sechs Lieder f. 1 Singst. m. 

Pfte. Hug. je I 1,50 M. 
Wiirz. Rich : (15) Lieder filr I Singst. in. Pfte, hoch u. 

tief. Lenckart. je 1 M. 
Zilcher, Hermann: op. 28 Holderlin. Symphon. Cyklus 
I I Singst. m. Orch. Breitkopf & Hartel. Klavier- 
Ausgabe 4 M. 



■;.:tr 



Breitkcpf & Hartel - 

Zentralstel! 
Fiugel 



Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe 21 

i fur in- und auslandische Musik 

Pianos . Harmoniums 



99 



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i-ufc.- W- .,,*.,., 



Instrumente bei 



If 111 1 (E 1 i jL I 




Frankfurter /J I lee 337 

lickc Tilsitcr Str. Alex. 41 sa 



Frankfurter Jilee L J o7 

uiti A V /;-/></ //>;//«/. Mex. -It*" 



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Haupt- Strabxv 9 



\Iu >ik ai i en, In^ttummfv. Pit/tins. Harmonium^, l.aul'.n 
hi j cdff I'rc/s/'.j^r. 



* 



iiiiiiiieis : $^" : - ■ 

RICHARD D EH MEL t 

Vertommyi-n seiner 1 >iditun<jen fur cine Sinc^timme unci Klcivicr 
Vorsehicuje fur Verti:i\t.iltimt|cn ztun Oedaelitnis dv\ Didders 



M Alfred Bortz, np. 12 Nr. 2 WelU-ntHiizlied ^ 

| Camillo HHdchrand, cms np. 15 , 16 ^banscr Brus^ ^ l^^^"^, g 

lg Die stille Stadt Die feme Laute — Biick i-_> 

^ in's Licht Da tin — Vergil.'.nieii:iik!U _____ 

jj Hans Joachim Moser, aus op. 2 u. 3 Die Srimme des Abends Sdmeeilocken - j| 

■ Vitezslav Novak, op. 39 Nr. 5 .... Helie Nacht - jg 

_■ Oskar C. Posa, op. 4 ...... . Menschentorheit Sehnsuclit Narcissen ^ 

= ' Beschwichtigung f§| 

1 James Simon, op. 4 Nr. 5 ..... . Maiwunder ' jj 

| Bogumil Zepler, op. 76 Nr. 5 .... Nicht doch! jj 



i MOSIKVERLRG N. S1MROCK G.M. B. H BERLIN-LEIPZ.G 



■liiSliiililiiiilil 

100 



iiiissdlM 



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Kr^h«>;nt .i:ti I, und 16. jodeii Moria*:-. Y.:i ii^iolii'ii .lurch dii< Postjin jtalti'ti, Bueh- u. M.usi](:ili(m!i»ntIliiT>Kt>n, sow to ilirolu vorn Vorlaji. 
I{-.i;iktioti: B-rlin W'.IO, K-im-iri Auj;i»:*i:is!r. :». F.-rnruf: Llitzov :J-IL'3, ~ Wrlaj;; Li..rHn-\Vaissons,'.\ Ucrli.nrr AlW 71. Fnnini.f: U's. I'M. 
I'r-W 4-s Kin/t»]ln>rt.-s Mk. 'J A*), im Vi.-rri'lj.-Abonn. Mk. 12.-, bui Kn-HKbandbi-stiiff vicryl jahrlich Ilk. 1".-. — Xiu-lidruck vorltchiiltnii. 



Nr. 5 



Berlin, den 16. April 1920 



I. CTahrgang 



INHALT 

HEINZ TIESSEN . . Der neue Strom, IV. 

BELA BARTOK Das Problem der neuen Mufik 

Dr. HANS MERSMANN '. . Die Empfangenden 

RUDOLF CAHN-SPEVER . Die Nof der Konzerfordiejfer und die Enf- 

widdung der fymphonifdien Mufik 

Dr. HUGO LEICHT5NTRITT Biidierbefpredmng 

Prof. Dr. ALTMANN Bedeutende Neiierfchemtuigen u. Manufkripfe 

BEILAGE: Richard Dehmel: „Zweier Seelen Lied", Manfred Gurlift 



„MELOS" 

in einer Luxusausgabe 

erfcheinf mcnafiich einmal im Kur.Jtverlag 

Fri^Gurliff, Berlin W 35 



Der neue Strom 

Von Heinz Tieffen. 

IV. E#prefJionismus. 

Der Impreffionismus rief, wie es in der Nafur der Dinge und Generafionsfolgen 
Uegf, JchliejSlich aufomafifch das Bediirfnis nach Erganzung und Gegenwirkung hervor* 
Was zu kurz gekommen war, meldef fidi nun um fo dringender zu Wort Haffe die 
nafuraliffifche Welf- und Kunffanfchauung, auf deren Boden der Impreffionismus er- 
wadijen war, den menfdilichen Geiff und Willen in feiner Abhangigkeif von der groj3en 
nafurgefefslicheh Mafchinerie gezeigf, fo feierf der Expreffionismus eine Wiedergeburf 
des freien Menfchengeiffes. Die Allgewalf der ffofflichen Wirklichkeif wird wieder 
zuriickgedrangf; Erzeugung von Nafurwahrheifs-Illufionen wird ebenfo verfchmahf, wie 
irgendweldie nafuraliffifch-rau^naliffifchen Erwagungen iiberhaupf. Alles Inhalflich- 
Sfofflidie verliert gewijfjerma^en feinen Modellwert und.wandelf fidi in Brennffoff, der 
die inneren Gefiihlskraffe des Kunfflers zur Enfziindung und explofiven Auswirkung 
bringf. Expreffionismus iff nidif feffffellende, fondern ffellungnehmende, nidif arfiffifdv 
gefchmacklerifdie, fondern feelifdi werfende Kunff. Der Expreffioniff lehnf jene 
fchopferifche Paffivifaf ab, in welcher der Impreffioniff zu einem fubfil reagierenden 
Wahrnehmungs-Apparaf geworden war. Seelifches, in der namraliffifdi-impreffioniffifchen 
Zeif vom dichfenden, komponierenden, bildenden Kiinjfler gem zergliederf, wirkf fidi 
unmiffelbar aus. Akfivifaf der eigenkraffigen Ausffrahlung und le&fe Infehfifaf der 
feeli]fdien Ausdruckskraff find die Tugenden des Kunfflers, vor denen nur nodi Wefenc- 
lidies beffehen kann. Fur unwefenfliche Einzelheifen bleibf kein Raum, kein Infereffe. 
Alles fallf forf, was nidif inneren Kern zum Ausdruck bringf. Per Expreffioniff gehf 
geradeswegs zu feinem gefuhlsmajSigen Ziele, ohne die Triebkraff femes inneren 
Sfrbmens abfchwachen zu laffen durch' auperjeelifche Beweggninde von fradifionell- 
formaliffifcher oder infellekfualiffifcher Herkunff Oder Riickfichf auf Naturvorbilder Oder 
Kaufalifafsbegriffe aus der Welf der Wirklichkeif. 

Was idh hier zur. Skizzierung des Expreffionismus fage, gilf wiederum der 
fchopferifchen Einffellung im Allgemeinen und befrifff das Gemeinfame, was alle Kiinffe 
als grundlegende Lebens- und Schaffens-Anfchauung mifeinander verbindef, — fo unfer- 
fchiedlich fidi dann audi in den Einzelkunjfen — auf Grund der verfdiiedenen Materialmen 
und ihrer Bedingungen — die prakfifdien Schaffensvorgange und ihre Ergebniffe dar- 
ffellen. Jenes aller expreffioniffifdien Kunff innerlich Gemeinfame nun deckf fidi ins- 
befondere in dem Verhalmis der ffofflichen Wirklichkeif zur inneren Gefiihlsdynamik 
des Kunfflers fo ffark mif dem immanenfen Wefen der Mufik, da£ man z : B. auf ex- 
prejjiomi'fifche Malerei gelegenflich den Ausdr ick „Augenmufik" gepragf hat. (Umgekebrf 
fprichf man bei mancher nafuraliffifdi-imprejfioniffifdien Mufik von „Tonmalerei".) Die 
der Mufik eigene Eahigkeif unmiffelbarer Expreffion haffe Simmel im Auge, wenn er 
gefprachsweife den refignierfen Ausfprudi faf, „gegeniiber der Mufik feien alle anderen 
Kiinffe nur Verfudie mif unfauglidien Miffeln". Die expreffioniffifdie Malerei konnfe 
ihren Kampf gegen Nafuralismus und Impreffionismus zu einer erregfen Prinzipien- 
frage madien. Aber die Mufik? Sie kennf fur ihre Tonverbindungen als folche ohnehin 
kein direkfes Wirklidikeifsvorbild in gleidiem Sinne. Als Seelenfpradie fdieinf fie an 

102 



E^JPTV'™ 



fieri bereifs den Expreffionismcts in fich zu fragen, fo daJ3 man vielleidif meinen koimfe, 
eine befondere expreffioniffifd.e Richfung ware hier nichf mehr moglich. Gleichwohl 
haben auf die biegfamffe und dehnbarffe* allcr Kiinffe beide, Impreffionismus wie Ex- 
preffionismus, als" Zeifcharakter abtarbead gewirkf; vielleidif nichf als fo fundamenfale, 
faff brufale Gegenfa&e wie in der N'^enden Kunff, fondern mehr als Verfdiiebungen 
des Schwerpunktes in Empfindurjsweife und Sfilgeffalfung. Gegeniiber dem (im 
vorigen Kapifel erorferfen) Inmeffioniffen, feiner feinfiihligen Aufnahmebereiffchsff, 
feiner feelifchen wie ffiliffifchen .?affivifaf und Hingabe an Objekf Oder Sfimmung. Jfehf 
die Akfivifat des Expreffloniff ai mit feiner ganz aus fich felbff fchopf enden, ' enfffofnichfen, 
feelifch-geiffig konzenfrierte^ Kernhaffigkeif und Gefiihlsinfenfifaf. 

Langff drangf [idi h'er dem Mufiker der Name Beethoven formlich auf; Freilich 
Ware es abfurd. die gro^ten Erfdieinungen unfer den f chaff enden Mufiker n fur Verfrefer 
einen beffimmfen Ismrs ausgeben zu wollen. Schon fiir die Program m-Mufik hat man 
Beethoven (mif Rechf* herangezogen. Und man kann eine groJ5e SchopfrerperfonlichkeJf 
mif Leiditigkeit fiir riles Mdgliche beweiskraffig ins Treffen fiihren. wie es in der Lifera'ur 
gern. und ffefs zureffend mit Goethe gefchiehf. Der wirkliche Kunftler ffeht in femer 
inneren Beweglidkeif iiber alien Prinzipien; und follte er zufallig doch zu einem kixrijf- 
lerifchen Dogma fidi bekennen, fo wird es ihn dennoch nidif erfchopfen. Dafiir forgen 
die unbewuj3fer Kraffe, die in ihm tafig find. Audi der infellekfuellffe Kunftler fchafff 
wefentlidi unbcwuj5fer, als er felbft annimmf. In dem unausme^baren Reiche der Kunff 
und ihrer hardwerklichen, gefuhlsmaJSig-menfchlidien, geiffig-fchopferifchen Fragen gibf 
es vieles, was er weip und wagf und mif bewuJ5fer und feinfpiirender Denkfafigkeif 
blojSzulegen fiieinf;. — aber das Eigenfliche, das le£fe fdiopferifdi Krafffpendende bleibf 
auJSerhalb femes Bewupffeins und wirkf in gofflich unerforfchlicher Welfe, ohne fich zur 
Rechenfchaff Ziehen zu laffen. Ebenfo wie wir, wenn wir wirklich lieben, nichf wiffen, 
warum, und brachfen wir hunderf bewupfe Grtinde bei: jede andere Frau mif den 
gleichen hunderf Eigenfchaffen wiirde uns kalf laffen, und kein Gegengrund vermag 
uns zu beeinfluffen, eher verwandelf 'die Liebe ihn in einen Grund. Wir konnfen — der 
Gedanke iff alf und abgegriffen — nichf f chaff en und nichf lieben, wenn wir ganz genau 
ins Raderwerk fdiaufen wie in eine Skeletfuhr. Aus diefer mefaphyfifchen Verwandffchaff 
beider, wie auch aus ihrer unbiirgerlidien Unbegrenzfheif nach alien Richfungen und 
Schidifungen des Lebensgefiihles, iff Scnaffen fo felfen wie Liebe. Alle (zumal in der 
Farf pour l'arf) zur Schau gefragen? Bewuj3fhelf, alles vermeinfliche Zu-Ende-Denken 
vermaa doch nichf die alfe Wa'irheif des verfchleierfen Bildes zu Sai's zu zerfforen, die 
unfere Klaffiker zu wiederholen nichf miide werden. Darum beffehf (gofffeidank) off 
Widerfpruch zwifchen dem, was ein Kiinffler fchafff, und dem, was er fagf, — Es ware 
ein billiger Spafr feffzuffellen, dap alle gropen Mufiker auch irgendwie Expreffioriiffen 
waren. In Beefhoven aber kommf fo kafegorifch wie bei keinem zuvor der Drang zur 
Gelfung, den inneren Menfchen und fein feelifches Ausdrucksbedurfnis als freibende * 
Kraft in den Miffelpunkf aller kunftlerifchen Auj5erungen zu ffellen. Vor dem Geiffig- 
Wefenflichen friff Spielerifch-Arfiffifches immer mehr zurtick. Der ' enffcheidende Einfluj3 
des Ideellen auf Inhalf und Form kommf zum Durchbruch; nichf in befchreibendem 
Sinne, wie in der meiffen fpaferen Programm-Mufik, fondern im Sinne unmiffelbarer 
Auswirkung; in einer Weife, die uns das Formgebilde als ein feelifch-gefuhlsma£ig enf- 
wickielfes Erlebnis zu empfinden nofigf und den Zuhorer aus der affhefifchen in die 
efhtf'che Sphare, d. h. aus paffivem GeniefSerfum in feelifche Abfivifaf emporzwingt — 
Zur Erganzung deffen, was ich im vorigen Kapifel fiber Programm-Mufik fagfe, ware 
himsuzufugen, dap auch in der nafuraliffifch-impreffioniffifch orienfierfen Programm-Mufik 
unferer Meiffer nichf das ausfcheidef, deffen Reinkulfur Expreffionismus bedeufef. 
Hei:;rfchf diefes bei Beefhoven durdiaus, fo empfangen wir bei Berlioz, U]zt, Sfrau)5 






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103 



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doch Wiedergabe und Gabe zugleich. Immerliin: in der Ab^endung von der oftentativen 
Programm- Mufik im naturahftifdi-imprefjioitfjtifchen Sinrp, alfo von der Natur-Vprlage, 
vom Modell, liegf em Symptom des expreflicniftifchen ^unftgefiihles. 

Dem heuiigen Bediirfnis nadi einer Wiedererftarkung des (vom fkepfifchen Im- 
preffionisrnus verdachtigten) Pathos und Ethos ktmsien in der Tonkunft unferer Tage 
Mahler und Sdionberg wohl am ftarkffen enfgegei. Wahrend aber Mahler in feiner 
breiten Mufizierfeligkeit nodi aus einer anderen Generation zu uns fpridtf, kommt in 
Sdionberg fcharf profiliert zum Ausdruck, was idi je&t ils Expreffionismus im engercn 
Sinne bezeidmen modite. Anfanglich, audi in feiner Harnonielehre, auj3ert er fich viel- 
fach nodi geradezu als extremer Impreffionift; aber feine Eufwichlung bewegt fich in un- 
zweideufiger Riditung. Seine Abwendung vom Impreffionismcs, von aller hingebenden 
Aufnahmebereiffchaft fprach fidi oftentativ in einem Auffa£ iicer Liedkompofifion aus, 
den er im w Blauen Reiter" veroffentlichfe: er verlangte dort nidit mehr und nidit 
weniger als vollige Ablofung vom Texfverlauf und eine rein aus eigenem Gefiihlsdrange 
gefpeiffc mufikalifche Enfladung auf Grund eines einzigen, emmaligen, wefentlichen 
Empfindungskonfaktes. (Darin eine gewiffe Ahnlichkeit mit dem ^.fen Sfrophenlied 
zeigend.) Die innere Echtheit, Reinheit, akfive Intenfifot f eines Empfindungs- 
ausdrucks Jetjt Sdionberg zunachft in auffalligen Gegenfat; zu den neiften anderen 
Neufonern der auf Sfrau£- Mahler -Reger mufikhiftorifch folgenden Generation. Ein fo 
edles und konzenfriertes Werk wie feine Kammerfinfonie ift eine kunfflerifche Groj3taf, 
auf die unfere Zeit ftolz fein kann. Dann aber verdeuflichf Jich in Sthonbergs Ent- 
wicklung aufs Sdilagendfte die fpezififch-exprejfioniftifche Neigung, das geiffig-geftihls- 
majSige Ziel auf dem kiirzeften Wege zu erreichen, alles zu ftreichen, was nur der 
formalen oder kojizerfanten Glatfung dient and nidit den Ausdruck ffarkf. 

Symmetric und periodifdie Viertaktigkeit war fchcn in der neudeuifchen Mufik 
durdibrodien zugunften freierer Geberde und fliej3ender Stimmung. Sie gerief dafiir 
in Sequenz-Sucht "und in die fypifche Arbeifsweife mit einem fur fich leblos beharrenden 
Motiv in rein dynamifch und harmonifch fortfchreifender, nidit melodifch fruchtbar weiter- 
Wachfender Enfwichlung. Gegeniiber der. Paffivifat des Irnpreffionismus, deffen mu- 
fikalifcher Stil gern die Jtimmungbildcnde., harmonifdi fundierte Klangmaffe als das 
Primare empfand, verlangt heute ein irgendwie unabweisliches Bediirfnis primare 
Akfivifat der linie, Diktanir des Melos als felbfttaiiger moforijcher Kraft Freilidi kehrt 
fidi das Verhaltnis nidit ins Exfrem: die Harmonik wird nidit zum blo£en Ergebnis 
der Linien herabgedriicht dieje werden nidit nur aus fich felbft heraus geffaltet, wie die 
iiberfreibende Kiirze der heute oft gehorfen Formel laufet Audi wenn der Stil eines 
Komponiffen iiberzeugend auf der linearen Aktivifat beruht, muJS dennoch feine 
charakferifufch ausgepragte Harmonik audi nofwendig einem ganz beftimmten im- 
manenfen Harmonie-Gefiihle entffammen. Diejes ift es, was ihn zwingt die zweife und 
driffe Stimme gerade in diefem beftimmten Abffande zur erffen zu fiihren. An vollige 
Relativierung eines Elementes wie der Harmonik zu glauben, ware extreme unlebendige 
Abftraktion. Das leitende Grundgefiihl aber frifft den Kern: es widerftrebt uns heute, 
immer wieder vom Jicheren Port einer geiftig koffenlos angeftimmten Grundtonart und 
Harmonik auszugeben und auf diefer bequemen Grundlage dann die Melodie zu 
prafenfieren wie der Juwelier den Brillanfen auf der Samfunterlage.' Nidit Luxus- 
gegenffand in gefalliger Aufmachung ftir den Genie^er ift uns das Melos, foncleni 
Leijtung aus innerer Nofigung: von ihm gehen wir aus, vom Kernhaffen, vom kebim- 
fahigen Triebe. Die Melodie ift das fchopferifdi aktivfte, vom Stofflichen gereinigtefte, 
feelenhafteffe Element der Mufik, der Drang aus Innen, das „MuJ5" des Kiinftlers. Pas 
Melos will alle Stimmen aus harmonikaler Lefhargie riitteln, nidit zule^t audi den l£aj5 
aus feiner patriardialifchen Fundamenfs-Rolle zu freier Eigenbewegung aufiockern. '. 



104 



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Wie der expreffioniffijdie Maler feiner Linienfiihrung nidif phofographifche (oder 
dodi von Wu'klidikeifsvorffellungen geleifefe) Nafurfreue als opfifches Erlebnis zugrunde 
legt fondern feinen geijfig-feeiifchen Ausdruckswillen, — Jo wended fich die linienfiihrung 
des Mufikers ab von der Dikfafur der erffen Nafurfone, dem Dreiklang und Jeiner 
Skala, ' die bisher Grundlage der Melodiebildung waren, und fchafff (mif ahnlidier 
„Verzerrung" ^der „Nafurhnie w ) Konfuren von einer unferem Empfinden naher 
kommenden Ausdrucksinfenfifaf. Fand der Impreffionismus die paffiven Werfe fein- 
gefonfer rlinfergriinde und fchwebender Zwifchenfone, fo fpielf der Expreffionismus 
gem die akfiven Kernmomenf e in geffeigerfer Konfraffwirkung gegen einander aus. i 

Man fuchf und'verehrf, jenfeifs der fradifionellen Bildungs-Kiinffe einer iippigen Auf- .■:;': .■ 7 

machung, die Urkraffe einer neuen Primifivifaf; man gibf nichf Vieles, fondern mif 
Wenigem Viel. Das Theater, vergleichsweife, brir.gf die , Zufpifjung der SnTbiihne zur 
Andeufungsbiihne, nach der Zeif nafuraliffifch-impreffioniffifcher Illufions-Orgiea ji 

Zum infenfiveren Ausdruchswerf im expreffioniffifdien Sinne wird der mujikalifche * 

Gedanke, wenn er, alien weiflaufigen Mujiziergeliiffen enffagend, bereifs in feiner Urform 
bernhaffe Konzentrafion bleibf und auf fymmefrifche Periodizifaf fidi nichf mehr einlaj3f, 
die nur glaffef, nidif infenfifizierf. Symmefrie und Periodizifaf find archifekfonifche 
Elemsnfe, die audi dem Tanze im weifeffen Sinne angehoren. ,Schon dadurch iff die 
fymmefrijch-periodifche Arf der rhyfhmifchen Gefamfgliederung, mehr nom als efwa mi* 
der Dichfung, mif der Mufik unleugbar nahe verbunden; jedoch nidif kongruenf tm 
Sinne der alfen Formenlehre, die nur fymmefrijch-periodifche Bauarf kennf. Symmefrie 
und Periodizifaf werfef fich fur uns nur als eine Arf der mufikalifchenAusdrucks- 
mdglichkeifen; ahnlich, wie dem Mujiker heufe audi die Riickkehr zur Ausgangsfonarf, 
der Schlu|5 in fonaler Kadenzierung, nur eine Ausdrucbsmoglichkeiif bedeufet die 
gleichfam einer le&fen inneren Beruhigung, einem vollen Ausgleidi der Empfindungen, 
einem Sich-in-den-Schwanz-Beij5en als ausdriichliche Wirkung harmonifcher Gefchloffenheif 
enffprichf. Je eindeufiger man in Symmefrie und Tonalifaf nur diefen gefchlojfenen 
Gefiihlsgehalf und -ablauf empfir^ef, urn fo mehr iff es Bedurfnis, in den noch unaus- 
-gefchopffen Goldfeldern des Afynimefrifchen und Afonalen zu verWeilen, Wenn der 
offene, rafflofe Strom der Lebensgefiihle flufef — Jei's als Jubel oder VerzWeiflung, als 
Wolluff oder Marfer, als tfberkraff oder Verzagttieif, auf alien Wegen der Phanfafie — 
oder. gar, wo er in Exfafen gipfelt Wenn erffer Ulbereifer audi einfeifige Grundfafje 
zeifigf, (zur Zeif der erffen freien Rhyfhmen in der liferafur glaubfe man ja audi, mif 
gefdiloffenem Vers- und Sfrophenbau lei es fiir immer vorbei), fchadef das nidifs; das 
Stadium iff wahrfcheinlidi nofig, um Reife und Erfiillung hervorzubringen. Kunff la^f 
fidi auf die Dauer nidif Verengern. Wer Werfe bringf, haf ein (fubjekfives) Redif, eine 
Zeif lang einfeifig zu fein. 

In der zumeiff iippigen Sinnenfreudigkeif und Siruifalligkeif der impreffioniffijchen 
Zeif war zule^f vielfad: in alien Kunff en, audi in der Mufik, die Menfdienfeele zu kurz 
gekommen. Der Expreffionismus, der alles dem geiffigen Ausdruck Enfbehrlidie ffreichf, 
kommf, in der Mujik, eher in Gefahr, da^ eine Unferernahrung des Tonkorper^, ein 
^mufikalifdier t'leifdimangel einwurzelf. Und wenn der Exprejfionijf feine Kraffe eXplofiv 
in der Ridifung auf einen einzigen Gefuhlsausdrud? infenfiv konzenfriert fo konnen in 
folchem primifiv-geradlinigen Aufs-Ziel-los-Gehen zugleidi audi die kunjflerifchen Grenzen 
des Expreffionismus kennfiidi werden; jene Grenzen, wie fie immer hervorfrefen und 
als Verarmung wirken, Jobald die Auswirkung i eines Prinzips fidi uberfdiraubt In der 
heufigen Tonkunff, foweif He mir bekannf -iff, fdieinf diefes Stadium nodi nidif weif- 
gehender eingefrefen zu fein; vielleichf bereifef unfer Jungeren es fidi vor. 'Sdionberg 
felbff iff heufe durdiaus kein fo begrenzfer Vertrefer eines ifolierfen und exfremen Ex- 
preffionismus, wie es efwa Debuffy fur den Impreffionis nus war: Sdionberg iff Voll- 



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kiinffler als Expreffionift Impreffionismus und Expreffionismus aber verkorpern zwei 
ewige, nofwendige, einander erganzende Funkfionen des menfdilichen Geiffes. In der 
Tonkunff unferer Zeif find fie nidif fo offentafive Ridifungsprinzipien geworden* wie in 
den anderen Kiinffen; Fragen der handwerklidien Elemenfar-Grundlagen frefen hier 
auffalliger hervor als die der geiffig-fchopferifchen Einffellung. Jedoch haf audi *auf die 
Mujik der Geiff der Zeif als unverkennbarer Einflu£ ffark abfarbend gewirkt und das 
Sdiwergewichf der inneren Neigungen und ihrer ffiliffifchen Auswirkung zuerff mehr m 
die eine, dann in die andere Gegend verfchoben. Diefe Gefichfspunkfe einander gegen- 
iiberzuffellen, war meine Abfidif in diefen Kapifeln. Als Gejichtspmikfe, nidif efwa als 
glaff fchemafifierende Auffeilung der Mufikwerke in impreffioniffifche und expreffioniffifche. 
Werfe zu wiirdigen, war meine Abfichf, nidif, prinzipielle Richfungspropaganda oder 
Richfungsoppofifion zu freiben. Der Ridifungsmenfch fdiiiffef unweigerlich das Kind mif 
dem Bade aus und wird ungerechf audi gegen die univerfellffen Meiffer, wenn fie ihm 
zur Zeif nidif in den Kram paffen. Die heufige Mode gegen Sfrau£ iff eine foldie 
Richfungsmarotfe. Tragf Sfrauj5 audi in feiner Gefamfhalfung die Ziige eines Kindes 
der impreffioniffifchen Zeit fo fdiopff er dennodh au]5erlich und innerlidi aus dem Voilen 
und fpoffef der Schemafifierung. Seine mozartifche Univerfalifaf wird Redif behalfen 
gegen die, weldie heufe gegen inn fidi kehren und vergeffen, da£ gerade er den neueffen 
Wegen widifigffe Vorbedingungen fdiuf. Wohl haben bisweilen audi einfeitig profilierfe 
kunffler Pragnanfes und Werfvolles geleiffef. Mir perfonlich aber widerffrebf jede Art 
kiinfflerifdier Fefflegung fo fehr, da£ idi bereifs in der fdirifflichen offenflichen Nieder- 
legung von Gedanken iiber Kunff eine fur jedem Kunffler peinlidie und vielleidif un- 
ausfiihrbare Aufgabe erblicke, (Ausgenommen fiir den der als Ridifungsmenfch pro 
domo reden will.) Sidi in einfeifiger 13berfpannung auf eine ifolierfe Dokfrin feffzu- 
legen, widerfpridif dodi dem Beffen, was der Sdiaffende, was jeder Kunffler iiberhaupf 
befifzen kann: der Urfprunglichkeif, der inneren Beweglichkeif, der vielfeifigen Umftell- 
barkeif, der Luff, Kraffe von hier und dorf zu ziehen, der jederzeif aufs Neue erreg- 
baren Intuition, dem unbegrenzfen Enfwicklungsfriel'c' 

Daf5 es aber gerade die hochffen fchopferifchen t nd fiefffen menfdilidien Werfe find, 
die der „ Expreffionismus" verkundef, und urn derenfwillen alle groj3e Kunff — nidif 
expreffioniffifch, aber — Expreffion war und iff, darin liegf nadi meiner 13berzeugung 
die kiinfuerifche Bedeufung und die befondere geiffige Miffion unferer Zeit 

(Unfer Zugrundelegung eines am 21. Juni 1918 im Goefhebund zu Konigsberg i.Pr. 
vom Verfaffer gehalfenen Vorfrages.) 



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Das Problem der neuen Mufik 



Von Bela Barf ok. 



Die Mufik unferer Tage ffrebf enffdiieden dem Afonalen zu. Dennodi fcheinf es 
nichf richfig zu jein; svenn das for*ale Prinzip als abfolufer Gegenfafj des afonalen 
Prinzips aufgefajSf wird. Das lefjfere iff vielmehr die Konfequenz einer allmahlich aus 
dem Tonalen enfffandenen Enfwickkmg, weldie durchaus graduell vor fich gehf und 
fceinerlei Liicken oder gewalffame Spriinge aufweiff. 

Schonberg fagf in feiner „Harmonielehre", daJ5 die M Durchfuhrung" der Sonafen- 
Form in gewiffer Hinfichf als Keim des Afonalen aufzufaffen fei. Das iff fo zu ver- 
Jfehen: die „Durchfulirung" fchalfef die ausfchlief51iche Vorherrfchaff zweier Tonarfen 
(wie in der „Expofifion M ) oder einer (in der „Reprife") aus, an deren Sfelle fie eine 
gewiffermajaen freier gewahlfe Aufeinanderfclge verfchiedener Tonarfen Je£f, von denen 
iede einzelne — fei es audi nodi fo vcriibergehend — immer genau nodi als Tonarf 
empfunden wird. Mif anderen Worfen: in der ^Durchfiihrung" herrfchf eine Art 
G 1 e i di beredifigung der 12 Tonarfen. 

Die Haufung alferierfer Akkorde in der Nach-Beefhoven'fchen Zeif (Wagner, Lifzf), 
dann die t immer freiere Verwendung der Wechfel- und Durdtgangsnofen (Sfrauj3, 
Debuffy) iiber meiffens allerdings nodi fonal wirkenden Akkorden, find zwei wichfige 
I3bergangs-Efappen vom Tonalen zum Afonalen. Schon bei Sfrauj3, nodi mehr aber 
in Nach-Sfrauj5'Jcher Mufik findef man in Werken von fonal em Charakfer einzelne 
Parfien (z. B. die „Widerfacher" aus dem Heldenleben), in denen die Tonalifaf bereifs 
enffdiieden aufgehoben iff. Den vorlefjfen Schriff zum Afonalen hin zeigen jene Werke, 
die, abgefehen von ihrem fonalen Ausgangspunkf und ihrem ebendahin zuriichkehrenden 
Schlu£ (womif fie — nadi alfem Muffer — eine einheifliche Wirkung erzielen, einen 
feffen Rahmen fchaffen wollen) afonal wirken. 

Die enfjcheidende Wendung zum Afonalen hin begann aber erff — nadi den hier 
gefdiilderfen Vorbereifungs-Phafen — als man anfing, die Nofwendigkeif der Gleich- 
beredifigung der einzelnen zwolf Tone unferes Zwolffonfyffems zu empfinden: als man 
verjuchfe, die zwolf Tone nidif nadi gewiffen Skalen-Syffemen zu ordnen und diefem 
Ordnen gemajS den einzelnen Tonen gro^eres oder kleineres Gewichf beizulegen, 
fondern die einzelnen Tone in jeder beliebigen, nidif auf Skalen-Syffeme zuriick- 
fuhrbaren, fowohl horizonfalen als audi verfikalen Zufammenffellung zu gebrauchen. 
Bei diefem Verfahren erhalfen zwar gewiffe Tone in der Zufammenlfellung ebenfalls 
ein relatives VJbergewichf; dodi diefe Verfdiiedenheif an Gewichf bafierf nunmehr nichf 
auf diefem oder jenem Skalen-Schema, fondern iff eine Folge der jeweiligen Zufammen- 
ffellung. Ebenfo haben in Gruppen von Zufammenffellungen deren einzelne Glieder 
im Verhalmis zueinander verfdiiedenen Werf und verjchiedene Infenfifaf. Die Ausdrucks- 
mocjlichkeifen werden durch die freie und gleiche Behandlung der einzelnen zwolf 
Tone in einffweilen unuberfehbar gro]3em Ma£e- vermehrf. 

Vorher wurden hochffens Vierklange, und audi die nur in beffimmfen, zulaffigen 
Zufammenffellungen gebildef; jefcf lajSf man fogar alle zwolf Tone zu gleicher Zeif in 
den verfchiedenffen Kombinafionen erklingen. Von der eigenarfigen Leere eines Drei- 
klanges wie in Beifpiel A*) ffehf uns einerfeifs bis zur vollklingenden Zarfheif eines 

*) Siche am Schlufi des Artikels. 

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Mehrklanges wie in Beifpiel B*) und andererfeifs bis zur fcfcrillen Wuchf eines Mehr- 
klangs wie in Beifpiel C*) ein nie geahnfer Reichfum an 13bergangs-Nuancen zur Ver- 
fiigung. Die engffen Lagen von drei und mehreren benachbarfen Tonen wirken je 
nach der Tiefe, bezw. Hone der Lage als mehr oder minder didif klingendes, 

' Jfilifiertes" Geraufch. Die. in fieferen Regiffern angewandfe weniger enge Lage wie in' 
Beifpiel D*) naherf fich im Klang diefer geraufcharfigen Wirkung; um zwei Okfaven 
hoher gefefjf veranderf Jich aber ihr Charakfer und wird afherifcher: die Wirkung 
naherf fidi dann der des Akkordbeifpieies B. 

Bei homophoner Mufik arbeifef man fozufagen mif gleidizeifig, oder in mehr oder 
minder rafchem Nadieinander erklingenden Tonmajfen, mif dichfer'en oder luffigeren, 
maffiveren oder diinneren Tonflecken, welche Qualifafen durdi die Zahl der angewandfen 
Tone, durch die abfelufe Lage und die relative (d. h. weifere oder engere Lage) ujw. 
bedingf find. Durch diefe Tonflecken, denen — je nach der Art ihrer Zufammen- 

. ffellung — verjchieden graduierfe Infenjifaf inneWohnf und deren einzelne Tone — je 
nach ihrer Rolle in der fenkrediten Tongruppe — verfchiedene Bedeufung haben, wird 
in der afonalen Mufik in Folge eben diefer Verfchiedenheifen der Enfwurf der „Linie w 
ermoglichf. Inwieweif die Erhebungen und Senkungen diefer Linie dann ein harmonifches 
Ganzes darffellen oder nichf, davon allein, hangf die Formvollendung des befreffenden 
Werkes ab. 

Die Wuchf des durch Worfe fchwer prazifierbaren Inhalfes, die Frifche der — um 
Schonberg's Worf zu gebrauchen — „erffen Eingebung", die Harmonie der Linien- 
Juhrung: diefe drei Fakforen ergeben das Kunffwerk, Aber waren diefe Fakforen 
bei den alferen Kunffwerken der Mufik denn nichf ebenfo vorhanden? Die Haupf- 
erforderniffe haben Jich durchaus nichf veranderf, eine Anderung liegf nur in der Art 
des Gebrauchs der Miffel: in der Vergangenheif arbeifef e man mif befcbrankferen, jef>f 
mif ausgedehnferen Moglichkeifen. Die Zukunff wii 3 uns dariiber zu belehren haben, 
ob das freie Walfen iiber reichere Moglichkeifen zu ebenfo grofien Kunffwerken fuhrf, 
als von den Mufikern der Vergangenheif gefchaffen worden find. 



Bei der Befrachhr-g afonaler Mufik verwirrf fehr, daj5 man fur das Feffffellen des 
Befriedigenden, des K. .jmomjohen in der Linienfuhrung, keinen in Worfe auspragbaren 
Anhalfspunkf, keine „. :egeln" befi£f. In defer Hinjichf find fowohl die Komponiffen 
als audi die Zuhorer ur auf ihren Inffmkf angewiefen. Die ZeH zur Feffjfellung eines 
Syffems in unferer afonalen Mufik iff iiber haupf noch nichf da (in Schonberg's Harmonie- 
lehre — S. 49,. — finden Jich einige inferejjanfe, wenn audi fchiichfeme Verfuche dazu). 
Diefe neueffe Periode der MufikenfwicMung hat ja kaum begonnen, und es liegen nodi 
viel zu wenig Werke diefer Art vor, um bereifs eine Theorie aufbauen zu konnen. 
Wenn diefe mif der Zeif enfffehen wird, kann fie fur die Nachwelf doch nur diefelbe 
Bedeufung haben, wie feinerzeif jede der alferen Theorien: fie wird hochffens eine 
Grundlage fein, auf der man erweifernd forfbauen kann, um fchliejslich wieder zu irgend 
efwas ganzlich Neuem zu gelangen, das dann feinerfeifs wiederum zur Aufffellung 
einer neuen Theorie anregf. 

Bezuglich der homophonen und polyphonen Richfung wurde ich meinerfeifs fur 
die Mifchung, beider Arfen ffimmen, alfo fiir ein Verfahren, welches mehr Mannigfalfig- 
keif gewahrf als die ausfchliej51iche Befchrankung auf eine der beiden Arfen. Aus 
ahnlichen Grunden, und da es fich ja nichf um zwei ganz und gar einander enfgegen- 

*) Siehc am SchluC des Artikcls. 



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gefefjfe Prinzipien handelf, fcheinf inir eine wohlerwogene (nichf allzu haufige) An- 
wendung von Akkorden alferer, fonaier Phrafeologie innerhalb afonaler Mujik nidif 
ffilwJdrig zu Jein. Ein vereinzelfer Dreiklang der diafonifchen Skala, eine Terz, einc 
reine Quinf oder Okfave inmiffen afonaler Mehrklange — allerdings nur an ganz 
befonderen, dazu geeignefen Sfellen — erwecken nodi keine Empfindung der Tonalifaf ; 
ferner erhalfen diefe durch langen Gebraudi und Mi£brauch bereifs welkgewordenen 
Miffel in folcher ganzlich neuen Untgebung eine frifche, befondere Wirkungskraff, die 
eben durch den Gegenfafj enfffehf. Ja, man wiirde fogar ganze Eolgen derarfiger 
Dreiklange und Infervalle — falls diefelben nichf fonal wirken — als durchaus ffilgema£ 
empfinden. Die unbedingfe Ausfchalfung diefer alferen Klange wurde den*Verzichf auf 
einen — nidif unbedeufenden — Teil der Miffel unferer Kunff bedeufen; das Endziel 
unferer Beffrebungen iff jedoch die unbefchrankfe und vollffandige Ausnufjung des 
ganzen vorhandenen, moglichen Tonmaferials. SelbjfverffandUch aber find geWiffe Ver- 
bindungen derarfiger Klange, namenflich an den Tonika-Dominanf Wechfel mahnende 
Akkordfolgen, der heufigen Mufik ganz und gar zu wider. (Man begegnef lefjfere 
wohlvermummf unfer einem prunkvollen Diffonanzen-Gewand in mandien Werken, 
die au£erff beffrebf find, modern zu fein; folche Werke haben jedodi innerlich eigenflich 
wenig mif den neuen Beffrebungen zu fdiaffen). 



Die Beftirchfung, daJ3 afonale Mufikwerke infolge des Aufgebens des auf das 
fonale Syffem gegriindefen fymmefrifchen Aufbaues eine formlofe Maffe darffellen ■ 
wurden, iff nidif berechfigf. Erffens iff ein archifekfonifcher, oder dem ahnlicher Aufbau 
nidif unbedingf nofwendig; es wiirde der durch die den aneinandergereihfen Ton- 
gruppen innewohnenden differenzierfen Infenfifafsgrade enfffandene Linienbau voll- 
ffandig geniigen. (Diefe Art der Formbildung zeigf eine enffernfe Analogue zur Eorin- 
bildung der in ungebundener Rede abgefajafen Werke.) Zweifens aber fchliej5f die 
afonale Mufik gewiffeauj3ere Miffel der Gliederung, gewiffe Wiederholungen (in anderer 
Lage; mif Veranderungen ufw.) von bereifs Gefagfem, Sequenzfolge, refrain-arfige 
Wiederkehr mancher Gedanken, oder das Zuriichkehren beim Schlu|5 auf den Ausgangs- 
punkf, nichf aus. All diefes Verfahren erinnerf ' allerdings weniger an das Archifekfonifdi- 
Symmefrifdie, als an den Versbau der gebundenen Rede. 

Das Wefen der afonalen Mufik auf dem Syffem der Oberfone zu begriinden, 
erfcheinf mir niiif zweckmaj3ig. Wohl kann die Verfchiedenheif im Charakfer und in 
der Wirkung der Infervalle durch das Phanomen der Oberfone erklarf werden, doch 
gibf diefes in der Erage der freien Anwendung der zwolf Tone einen nur wenig 
befriedigenden Aufjchlufr 



Der EntwicklungsprozeJ3 zum Afonalen hin Ware vielleichf folgendermapen auf- 
zufaffen: das mogliche Maferial der Mufik beffebf aus einer unendlichen Anzahl von 
Tonen verfchiedener Hohe. vom fir^fen aufwarfs bis zum hochffen vernehmbaren Tone. 
(Hier wollen wir Rhyfhmus, Klangfarbe und Dynamik — als bei der Erorferung der 
Erage nidif ausfchlaggebende Elemenfe — riberiichfichfigf laffen.) Unfer ideales Ziel iff 
nun: immer mehr Beffandfeile diefes -Materials in Kunff werken els Miffel zu verwerfen. 
Urfpriinglich wurden auf Grund des Oberfonfyffems eine kleur Zahl von Tonen aus 
jener unendlichen Reihe als allein braudtbar ausgewahlf: es wurde die diafonifche 
Tcnreihe gebildef, auf Grund des Oberfonfyffems in zwolf verfchiedene Hohen frans- 
ponierf und fomif das ganze diafonifche Syffem gebildef. Bald ffellfe $<h beim Drang 
nach Weiferenfwicklung (nach freieren Modulafionen) das Unzulangliche diefes Syftems 



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heraus; man griff zur Gewalf und vergewaltigfe die Nafur durdi die Zwolffellung der 
Okfave: jo enfffand das kunffliche, femperierfe Zwolf-Tonfyffem, deffen Fiirfprecher und 
Verbreifer die Taffeninjfrumenfe mif kiinfflicher Intonation waren. Doch das mufikalifche 
Denken bewegte fich frofj diefer gewalfigen Enffernung von der Natur nodi jahr- 
hunderfelang auf diafonifchem Boden, bis endlidi, nach dem oben befchriebenen Enf- 
wickhingsprozejS der mufikalifche Sinn fur die gleiche Behandlung der einander gleidien 
12 Hibfone wach wurde. Diefes neue Verfahren birgt unermej31iche neue Moglichkeifen 
in fich, fo daj5 Bufoni's Wunfch nadi einem Driffel- Oder Vierfel-Tonfyffem als vorzeifig 
erfcheinf. (Die . feif dem Erfcheinen femes „Enfwurf einer neuen Affhefik'* enfffandenen 
Werke Schonberg's und Stravinsky's beweifen, da$ das Halbfonfyffem nodi nichf fein 
testes Worf gefprochen hat). Die Zeit der Weiterteilung des halben Tons (vielleichf ins 
Unendliche?) wird jedenfalls kommen, wenn audi nichf in unferen Tagen, fondern in 
Jahrzehnten und Jahrhunderfen. Dodi wird fie ungeheure fechnifche Schwierigkeifen, 
wie z. B. eine Neugeffalfung des Bans der Taften- und der Klappeninffrumenfe zu 
iiberwinden haben, ganz abgefehen von den Infonationsfchwierigke^fen fur die menfch- 
liche Sfimme und all iene Inffrumenfe, bei denen die Tone zum Teil durdi Finger- 
auffatj fixierf werden; diefer Umffand wird das Leben des Halbfonfyffems hochff wahr- 
fdieinlidi mehr, als kiinfflerifch nofwendig iff, in die Lange ziehen. 

Zum Schlu£ fei nodi ein Wort iiber unfere Nofenfdirift gefagf. Sie enfffand auf 
Grund des diafonifdien Syffems und iff eben deshalb zur fchriftlichen Wiedergabe 
afonaler Mufik eigenflich ein ganz ungeeignefes Werkzeug. Die Verfefjungs- 
zeidien z. B. bedeufen eine Alferierung der diafonifdien Sfufen. Nun handelf es fidi 
aber hier nidif urn alferierfe oder nirhfalferierfe diafonifche Sfufen, fondern um zwolf 
gleidiwerfige halbe Tone. Au£erdem iff es recht fchwierig, Konfequenz in der Schreib- 
weife beizuDehalfen; off iff man z. B. dariiber in Zweifel, ob man auf die leidifere 
Leferlidikeif in verfikaler oder horizonfaler Riditung zu adifen habe. 

Es Ware wiinfchenswert eine Nofenfdirift mif 12 gleidien Zeichen zur Verfugung 
zu haben in weldier jeder der 12 Tone fein den anderen gleidiwerfiges Zeidien haffe, 
fo daj5 nidif mehr mandie Tone ausfchlieJJlich als Alferierungen anderer notierf werden 
miiflen. Diefe Erfindung jedoch harrf einffweilen nodi des Erfinders. 



Beifpiele: 




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Die Empfangenden 

Von Dr. Hans Mersmann. 

Es foil hier von den Empfangenden die Rede fein. Wenn es Hen darurn handelt, deri 
Ausdruckswilien einer klinftlerifchen Gegenwart zu begrtlnden, Geretze zu fuchen fflr werdende 
oder eben gefchaffene Stil- und. Formenwerte, To find die Aufnehmenden ebenfo intereffiert wie 
die fchaffenden oder nachfehaffenden KQnftler. Und 1'ollen folche Geretze nicht nur taftende 
Selbfterkenntnis oder Rechtfertigung des Schaffenden bleiben, follen He BrUcken fchlagen, 
vorwarts filhren, Verftehen wecken, fo handeli es fich ja bei all dem um die Empfangenden. 
Denn gibt es ein Werk, das nicht mit ganzer Seele der Menfchen "wartet, die feine JSprache 
verrtehen, mag es noch fo fehr um feiner felbft willen gefchaffen Fein? 

Die Empfangenden, gehen den weiteren und fchwereren Weg. Was im Ktlnftler in langen 
Zeitraumen organiTch wuchs, wird als ein Fertiges vor fie geftellt. Und was noch fchlimmer ift- 
fie werden zwifchen extremften Gegenfatzen hin und hergeworfen, man bettet die „Novitaten" 
forgfam und fchonend zwifchen Haydn und Mozart und -wunderi Hen, wenn He dann auch bei 
denen die Wirkung verfehlen, weiche fie fuchen. 

Denn es gibt unter den Empfangenden auch folche, die fuchen. Ihnen muB der Weg 
bereitet werden, nicht nur dem fchaffenden KQnrtler. Diefer ift in dauerndem Wachstum be- 
griffen, allem Neuen mit gerpannien Sinnen entgegenhorchend, weite und feme Ziele vor sich. 
Sie aber gehen, ruhend in Tradition und Oewohnheit, die meiften auch in Bequemlichkeit. Wie 
fie felbft verfchieden find, fo ftehen fie allem Neuen in der Kunft verfchieden gegentiber: in 
heftiger Ablehnung, in unduldramer enttaulchter Erwartung, in ftumpfer Gleichgiltigkeit, die 
wenigrten in fuchehdem BedOrfnis. Eine Gruppe aber habe ich nicht genannt und das lind die 
fchlimmften: die das Neue aus Senfationsbedurfnis ergreifen und Unfahigkeit mit geheucheltem 
Verftehen zudecken. Und nur diefen kann nicht geholfen werden. Jene andern al!e kann man 
aufklaren und berchwichtigen und wecken. Man kann ihnen das Neue in der Kunft als einen 
dreifachen Zwang zeigen: als ethifche, als mufikaiirche und als hiftorifche Notwendigkeit 

Im erften Falle handelt es rich um eine innere Einftellung. Es ift der Sinn der Entwicklung: 
da8 der Tchaffende Kilnftler, urfprtinglich einfam, vorausgeht. Wenige Verftehen de folgen ihm. 
In weitem Abltand kommt die Menge. Und gefchUtzt in ihrer Mitte eilen die Gaukler und 
Handwcrker, weiche nach bewShrten Schablonen gangbare Ware verfertigen. Das alles ift ganz 
natilrlich, kann garnicht anders fein. Wie follte man es den HOrenden veriibeln, wc:;n He die 
wenigen, die unter den Neuen eine eigene Sprache reden, mit verftSndnislofem Verncinen oder 
feindlichem Zifchen begrUBen? Haben doch ihre V3ter bei Wagner genau fo gezifcht, deren 
Vater Schumann _verhOhnt, deren Vater Beethoven, und fo fort bis zu den unerhGrt neuen und 
ftilfprengenden j'ubilationen des gregorianifchen Chorals zurtick. Es ift eine natUrlrche 2nt- 
wicklung, diefes ZurilckbleiBen der Empfangenden, fo daB gefragt werden muB, ob es denn 
Uberhaupt anders fein follte. Wer wagte, da ja zu fagen? Aus dem Selbfterhaltungstrieb heraus 
erkiart fich die heftige, oft leidenfchaftliche Ablehnung. 

Was hier fiir die Entwicklung der Gelamtheit ausgerprochen wurde, gilt fllr jeden einzelnen 
als Individuum. Nur erwahlte Menfchen find fahig, auch rezeptiv eine Entwicklung zurilck- 
zulegen, die ein gegebenes MaB uberfchreitet. Wenn einer den Kampf um Wagner und Brahms, 
die Probleme der Programmufik bewuBt und mit eigener Stellungnahme mitgekampft hat, dann 

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hat er ein ehriiches Stack Arbeit geleiftet. Man kann vort ihm billig nicht verlangen, daB er 
Schiinberg lieben und verftehen folic Und die Jiingeren, die auf feinen Schultern ruhen, die 
mttfren erft durch Wagner und Brahms hindurchgehen. Haltlos und unnaturlich ware ilire 
Stellung zur gegenwSrtigen Kunft, wenn fie nicht die Entwicklung der ietzten Jahrzehnte 
konzentriert aber doch in alien Tiefen nacherlebt hatten. 

Wer aber weder zu alt noch zu jung ift, fich einzuftellen, fUr den ift es Pflicht gegeu I'ich 
felbft, zu fuchen. Und i Tt Verfiindigung, wenn er in der Menge ftehen bleibt und fich treiben 
laSt, ftatt mit Willen und BewuBtheit nach vorn zu treten. Beitfes ift notwendig. Die Ent- 
wicklung bis zu den Ietzten Jahrzehnte n gei.t ohne feinen Will en in ihm vor fich, er wird von 
ihr getragen, muB fie durchleben. Mit dem Eintritt in den Ausdruckswillen feiner Gegenwart 
hort diefer Naturvorgang auf, die Gegenwart forclert feinen Willen und feine Kraft. Und hat ein 
Recht, fie zu fordern. 

Man beftreitet ihr diefes Recht oft. M-.»: i i in,, daft fie fich erft durch groBe Leiitungen 
legitimieren miiffe, ehe fie Teilnahme fordern durfe. Wie fchief ift das! Als ob man den 
Organismus einer Pflanze erst huten und hegen wollte, nachdem fie fich durch Mire Fruchte 
diefer Sorge wert gezeigt hat. Die Forderung aber wird auch oft fallen gefaBt. Sie heifit nicht: 
finden, noch weniger: fchun finden, fondern fie heiBt allein: fuchen! Es handelt fich in erffer 
Linie garment um abfolute Kunltwerte, fondern urn Entwicklungswerte. Das darf nicht ver- 
wechfelt werden. Die' noch immer vertretene Anficht, daB beides mit ein^nder identifch fei, ift 
falfch. Jeder uberragende KUnftler runt auf den Schultern feiner Vorganger, und im befonderen 
auf den Schultern dercr, die gerade feine Ausdrucksmittel entwickelt, feine Wege gebahnt, feine 
Waffen gefcharft haben. Erft durch fie und nur durch fie wurde er moglich. Ober der Gemein- 
famkeit diefes Ineinanderarbeitens liegt die Notwendigkeit eines Naturgefetzes. Sie beide: der 
Wegbereiter und der im hochften Sinne fchopferifche Kunftler find Trager einer Entwicklung, 
Medien einer Kraft. 

So gilt unfer Suchen garnicht dem Kiinftlcr fo fehr wie dem Wsg. MuB ich noch fageo, 
warum diefer Weg gefucht werden muB? Wir ftehen in einer lebendigen Entwicklung. Seit 
langem waren die Wertbegriffe des Kunftwerks nicht fo fchwankend wie jetzt. Und es gibt fur 
den denkenden Menfchen nur die eine MGglichkeit: die Entwicklung bewuBt und fuchend mit- 
zuerleben. Er wird es ablehnen,. Tich treiben zu laffen und dadurch feiner eigenen Stellung- 
nahme und Mitbeftimmung beraubt zu werden. Es wird ihm nur eine Entfcheidung tibrig bleiben: 
Uber den Grad der Zuftimmung oder Ablehnung. Beide find uneingefchrankt gleich gefahrlich 
und gednnkenios: die kritiklofen Anbeter alles N^uen ebenfo fehr wie die fich mit dem bewahrten 
Alten brttftenden Hfiter der heillgen Tradition. Vor allem: die Entwicklung bedarf felbft der 
Stellungnahme aller Aufrichtigen und Nachdenklicben. Sie bedarf der befruchtenden Kritik und 
der taufchenden Wechfelwirkung zwifchen Schaffenden i\rt6 Empfangenden. Auch diefe haben 
einen Teil an ihr: ihr Geben und Nehmen erft bewirkt den lebendigen Kreislauf flieBender Krafte. 
. Es wird nach den Tragern der Entwicklung gefragt. Auch unter ihnen gibt es GroBere 
und Kleinere. Ob es jetzt tenon einer; ganz Orottcn gibt, :ft garnicht wichtig. Sondern eher 
dies: daB auch Ehrliche und Unaufrichtige unter ihnen iir-a. Wir Heutigen rniUfen fie beide 
nehmen, Uber die Unehrlichen richtet die Zeit; fie find noch immer nach wenigen Jahrzehnten 
klanglos in den Schatten zuriickgefunken. Una es j ft ioricht, einer Gegenwart zum Vorwurf zu 
machen, daB fie auch von Unbedeutenden, auch von folchen goeragen wird, die blenden wollen 
ftatt leuchten. Als ob Beethoven nicht umringt gewefen ware von ihnen: nicht nur von Mufikern 
zweiten Grades wie Clementi oder Pleyel oder Gyrowetz fondern auch von Dutzenden murikalifcher 
Lakaiennaturen, deren Namen niemand mehr kennt, die fich mit feinem Pathos blahten, die feine 
Sprache unverftanden und Ikrupellos nachftammelten. Sie find in alle Windc zerftoben und nur 
der" Zufall wirft einen oder den andern von ihnen, deffen Machwerk durch auBere Umftande er- 
halten blieb, ans Ucht, fpielend wie mit einem vertrockneten Blatt Aber wie es gelegentlich 
gefchieht: die heute in vorderfter Reihe Schaffenden in Baufch und Bogcn mit einer gering- 



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Fchatzigen Handbewegung abzutun, ihre Werke als ausgekltlgelte Experimente btoBzuftellen', 
das if: zwar bequem aber im hochFten MaSe gedankenlos-und wenig mulig, 

Manche unter den Empfangenden teilen diefe Meinung. Wi8t ihr nicht, wieviel (eichter es 
fiir jene geweFen ware, auf gepflafterten StraBen zu gehen und durch 'vertraute Formeln euren 
Beifall zu erringen? Nein, die in Wahrheit Unehrlichen find die, welche euch fchmeicheln, die . 
euch zuliebe — und nu r euch zuliebc die Sprache reden, die euch genehm ift, die auf euer 
Klatfchen horchen und euer Tufcheln, die euch am Geficht ablefen, was ihr Jiebt und was euch 
miBfallt, damit fie dies in in rem nachFten „Werk w nur ja -verm ei den. Und wieviel „KtlnFtler a 
diefer Art treten nicht taglich vor euch! Da gilt mir doch -taufendnui mehr. der bewuBt neue 
Wege betritt, auch wenn es nicht Feine eigenen find und auch v.-_'nn er nicht ftark genug ift, einen 
perfonlich gepragten und bind^nden Ausdruck zu finden. Allein die Tatfache: daB er nach vorn 
fchaut Ftatt auf euch, Tteiit in»: hoch Dbcr jene. 

Es muB zugegeben werden: unfer MuFikleben macht es den Empfangenden nicht eben Ieicht. 
Je mehr es zum Warenhaus wurde, in dem Urauffuhrungen verhandeit und Mitwirkungen verkauft 
werden, urn fo weniger Raum bleibt ftlr die Entwicklung. Neue Wege find ein fchlechtes 
Gefchaft. Wenn unbekannte zeitgenOffifche Kammermurik gefpielt wird, kann man nicht mit 
vollen Salen rechnen. Und auch wenn nachfehaffende Kiinftler nicht gerade zu jenen gehOren, 
die dem Publikum feine Wunfche von den Augen ablefen, Fo nehmen Fie doch RllckFichten. Denn 
fie werden ietzten Endes allein durch die Gunft der Empfangenden getragen und durch ihr Fern- 
bleiben verbannt. Und es gibt nicht viele, die fich dies letzte auBerlich und innerlich leiften 
kttnnen. 

So ift ein wichtiger Teil der Entwicklung den Empfangenden felbft in die Hand gelegt. 
Ihr Verantwortlichkeitsgefuhl allein follte Fie zwingen, den nachfehaffenden KlInTtler zu ermutigen, 
der ihnen Neues zeigt, wie den Schafjenden, der Tie weiter ftthren will. Es handelt rich ja 
Ietzten Endes garnicht urn Mufik. Es handelt fich um die Frage: ob der Einzclne als toter 
Gegenftand von dem flieBenden, Strome mitgefchwemmt wird oder als lebendig wirkende Kraft 
fich eins fflhlt mit der elementaren Kraft des organifchen Wachstums. Darum ift die Entfcheidung 
hieruber eine ethirdieNotwendigkeit. 

Ihr gegeniiber Find die mufikalirchen Momente fa ft von untergeordneter Bedeutung. Wahrend 
die Gefichtspunkte, die ich unter dem Sammelbegriff des Ethifchen zufammenfaBte, meirt fUr 
felbftverftandlich gehalten oder unbeachtet gelafren werden, Tchenkt man dem rein Mufikalifchen 
grofite Aufmerkfamkeit. Es mehren Fich die Verfuche, die Stilwandlungen in der neuen Mufik 
aus dem groBen FluFfe der Erfcheinungen a^zulofen und zu erkl&ren. Ein folcher VerFuch foil 
hier nicht noch einmal unternommen werden. Aber die folgenden Zeilen, welche fich vomehmlich 
an die Empfangenden wenden, Follen auch keine blofie Zufammenftellung bekannter Gefichts- 
punkte geben, fondern wollen verfuchen, die wichtigften Merkmale der- gegenwSrtigen Mufilc auf 
ihre innere Wurzel zurUckzufuhren, unter der fie verttanden werden kOnnen. 

Was den Horenden zunachft ftutzen laBt, ift die verSnderte Atiswirkung der Elemente. 
Sie ift im Harmonifchen am ftarkften fpUrbar. Hier fehlt zweierlei: die logiiche Bildung der 
Einzelklange aneinander nach den bekannten Gefetzen der Anziehung und AbftoBung und auBer- 
dem der relative Konronanzcharakter des Einzelkiangs, der auch die Diffonanz noch in gewiifer 
Weife als wohlklingend empfinden lieB. Der Konfonanzbegriff (von jeher ein afthetifcher und 
niemals ein technircher Begriff) hat Hch in alien Zeiten dem Aufnahme- und Reizvermogen Feiner 
Gegenwart angepaBt. Wenn vor Jahrhunderten die Terz und Sexte wegen ihrer allzu ftarken 
harmonifchen Reizwirkung als DiFFonanzen galten (und felbftverftandlich verboten wurden), Fo irt 
es genau fo natUrlich, daB der Wagner'fche Nonenklang uns heute zu einer faft unertragli chert 
Konfonanz^geworden ift, die nur eine Harmonlelehre hinwegdispi tieren kann. Die harmonifche 
Tragkraft des einzelnen Klanges irt ungeheuer gewachfen. A' an hat dafQr den Ausdruck 
„Kakophonie w gepragt und immer wieder gebraucht, ohne fich der Gedankenlofigkeit diefer 

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Bezeichnung bewuBt zu werden. Hie^ genugt die Tatfache einer neuen harmonifehen Belaftung 
des einzelnen Klanges, ohne ihrer Gefetzmafiigkeit weiter nachzugehen. Damit muffen die lo- 
gifchen Bindungen der Kadenz von felbft bis zu einem gewiffen Grade fallen. Verbindungen von 
neuer Logik werden gefunden. Einrtweilen noch genau [o inltinktiv, wie man vor vierhundert 
Jahren Klange miieinander verband, ehe Zariino die GefetzmaGigkeit von Dur und Moll verktfn- 
dete. Eben fcheinen neue Gefetze der Kiangverbindung aufzudammern. Sie liegen nach meinem 
Empfinden einmal in der melodifchen Siutzung der Kiangverbindung. Das heiBt: je freier und 
fcheinbar unlogilcher der harm on rich e Vorgang wird, um To einfacher werden feine melodifchen 
StOtzen. Dann aber muB neben die Logik der Kiangverbindung ein Begriii treten, der lich langft 
ein Heimatrecht, wenrt auch nicht in Harmonielehren fo doch in unferm Empfinden erworben hat: 
die Farbe. Die Gefetze der Farben verbindungen zwifchen den einzelnen Klangen, etwa teit 
Beethoven, dann zunehmend in der Romantik von den Schaffenden aufgefpilrt, Find in der neuen 
Mufik von ausfchlaggebender Bedeutung geworden. Auch in ihnen ift Logik, eine Logik freilich, 
die mit der der Kadenz nichts zu tun hat. Man konnte hier auch von der Rolle der Obertone 
reden, doeh find lie nicht Jo fehr Gefetz wie nachtragliche Begrundung. 

Das Meiodifche hcingt mit dem Stiliftifchen faft untrennbar zufammen. Es geht von dem 
Begriff der Tonalitat aus. Der Logik des Dreikiangs Eteht die Logik der diatonifchen Tonleiter 
als entfprechendes Gefetz gegenilber. Auch lie wire! durchbrochen, Dabei handelt es h'ch zu- 
nacMt garment um Drittel- und VierieltSne, wie die Kunftrichter alten Syfterns in lacherlicher 
Konfequenz immer von neu"em behaupten (diefe liegen einftweilen noch voHig auf dem Gebiete 
de*s theoretifchen Experiments), fondern nur um eine Lofung von der Bindung der Tonleiter. Die 
SchOnberg'fchen Quarten, deren waehfende Bedeutung lich durch einen Blick auf etwas altere 
Mufik, z. B. auf Mahler als ganz orgarrifch darftellt, find lediglich eine Reaktion auf die allzu 
etnleitige Auspreffung der Sekunde und Terz. 

Jeder Verfuch, Gefetze der Linie zu finden, fuhri zunachft zu der Erkenntnis ihrer immer 
grGBeren Reinheit. Diefe Erkenntnis beginnt nun AHgemeingut.zu werden: daB unfer melodifches 
AusdrucksbedOrfnis zur Horizontal, zur reinen, d. h. nicht mehr durch harmonifche Bindungen 
befchwerten Linie hindrangt. Das bedingt eine vOllige Umftellung des*Ohrs, die genau To all- 
mahlich eintreten wird, wie fie frflher einmal allmShlich verloren ging. Denn das Aufnehmen 
eines linearen ftatt eines klanglichen Vorgangs war fruheren Jahrhunderten eine Selbftverftand- 
lichkeit Der Gegenfatz von Linie und Farbe fahrt durch lich felbft zu der Parallele mit der 
Malerei. Wie dort ttt das Wiedererltarken der Linie und das Suchen nach der groBen ein- 
heitlichen ausd rucks ftar ken Linie eine nbtwendige Gegenwirkung gegen die Auf lofung des Ge- 
dankens in reine Farbwerte. Auch in der Mufik gibt es die Obergangsform, welch e die Malerei 
Pointillismus nennt: es ift der Verfuch, diefe Farbwerte zunachft in kleinen mofaikartig anein- 
andergefflgten Kraftzentren zu faffen, wie er eine weiter zuruckliegende Schahensperiode SchCn- 
bergs charakterifiert Hier wie dort ein Obergang und natQrlicher Umweg. 

Nur weniges noch uber Gedanken und Form. Auch auf fie greift die AuflGtung ilber. 
Wie die Bindung der Tonleiter aufgehoben werden muBte, fo muBte auch die architekronifehe. 
Bindung der Periode und des Tnemas fallen oder doch mehr und mehr zurUcktreten. Es hangt 
dies zutiefft mit dem veranderten Wefen des mufikalifchen Gedankens zufammen. Da wo er 
noch erkennbar vorhanden ift, ifi er weit hinausgewachfen Uber Architektonik;, gefflgte Form, ge- 
ftalteten Affekt: er wird allein zur elementaren Kraft, die fich ohne Bindungen nach eigenem 
Gefetz entwickelt. Die Umfpannung des Ablaufs ift wohl die fchwerfte Forderung, welrfie neue 
MuHk an die Ernpfangenden ftellt". Die Pfeilei und Bogen der periodifchen Foige Und ebenfo 
verlchwunden wie' das Betongerippe der thematilchen Entwicklung mit feinen greifbaren Be- 
ziehungen und Gegenfatzen. Die forraale Auswirkung der gezeichneten Stilwandlungen fucht 
neue Sehwingungsbahnen, die fich aucti hier von ubernommenen Gefetzen befreien. Sie fucht 
eine Linie die gewiffermaBen von einem Kraftzentrum in den freien Raum hinausfchwingt und in 
groBen Kurven zur Grundlinie zurtickkehrt oder fre: fich auflofend in den Raum h.ineingleiiet. 



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immer wieder fcheint mir dieres ihr flangit nicht immer erreichtes) ZieL Auch hier ift der ichein- 
bare Gegenfatz: die Auflofung der Form in kleinTte Einheiten vlelleicht nur ein Umweg. Unter 
diefem Gefichtspunkt vera nd em fich auch die zyklifchen Form en. Sie ftrebten von ihrer Ent- 
ftehung an immer mehr nach innerer und auBerer Einheit. Der thematifche Zufammenhang 
zwifchen den Einzelfatzen, der fchon bei Haydn und Mozart, oft ungreifbar fein aber eindeutig, 
erkennbar ift, wird immer enger. Die Sinfonifche Dichtung, langft kein Problem mehr, wurde 
zur Obergangsform. Streifte man von ihr die Kriicke des Programms, To kam man zu den neuen 
Beziehungen zwifchen formaler Architektur und inhaltlichcr Entwicklung/ welche am Anfang der 
ietzten Stilperiode ftehen. 

Es konnten hier nur wenige wefentliche Momente herausgehoben werden. Das Programm 
fiihrt noch zu der vcranderten Beziehung von Wort und Ton. Auch hier tritt eine LoTung ein. 
Der anregende, befruchtende Charakter des Wortes wachft, der bindende Ichwindet. Nicht mehr 
Worte und Gedaitken werden vertont fondern Inhalte. Mit der AblOfung vom Wort wachft die 
elemer.tar mufikalifche Kraft der vokalen Melodie. Ihre Konfequenz, die bis zur Vernichtung des 
Wortes fuhren kann, wurde in diefen Blattern bereits durchgefuhrt. 

Es iTt noch nOtig zu fagen, dafi die Heraushebung aller diefer Einzelheiten nicht nur unvoll- 
ftaodig fondern auch bewuBt einfeitig bleiben muBte. Wir Ttehen in einer organifchen Entwick- 
!ung. Diefe kenrit keine Warferfcheiden zwifchen ah und neu. Wo fie in der Kunft auftreten, 
find fie konftruiert aber nicht gewachfen. Und fo ift ailes was hier als neu bezeichnet wurde. 
unauiloslich mit aiteren Entwicklungswerten verbunden. Was diefe leugnet, bleibt Experiment. 
Das Kunftwerk "aber pragt fich feibft durch die perfonliche Art des Ausgieichs. Je mehr fuchende* 
Krafte in ihm find, defto extremer im Sinne der Entwicklung wird es fein. Je ficherer feiner 
feibft es ift, um fo eher wird es den Ausgleich finden. Der ganz GroBe, der die Entwicklung 
emmal zufammenfaBt, wird nach meinem Empfinden nicht vom ftehen, fondern zunachft eher 
unmodern erfcheinen, verglichen mit denen, die leine Waften fchmieden. Wenn er freilich nicht 
von der andern Art jener Wenigen ift, deren titanifch aufgereckter Arm eine Entwicklung um 
ein jahrhundert emporreiBt. 

Ich muBte mit diefen Gedanken bereits das meifte von dem dritten leitenden Geu'chtspunkt 
vorwegnehmen: die Gegenwart als eine hiftorifche Notwendigkeit zu verftehen. Zweierlei 
fcharft den Blick hierillr: die Beziehung auf die Vergangenheit und die parallelen Entwicklungen 
in den ubrigen Arten des kunftlerifchen Geftaltens. Bcides IaBt die unverftandigen Angriffe, denen 
ailes Neue von jeher ausgefetzt war, um fo leichter abweifen und erhOht das GefOhl fQr die or- 
ganifche von innen heraus wachfende Natur der Entwicklung. Schon bei der BegrUndung der 
wefentlichen Merkmale muBte immer wieder auf die Entwicklung zurDckgegriffen werden. Sie 
alle waren vorbereitet und find Ietzte Glieder einer uniosbaren Kette. Die zunehmende Bedeutung 
des Farbbegriffs, die Auflofung der architektonifchen Bindungen, der elementaren Grundformen, 
der harmonifchen Logik, ailes das ift in feinem Prinzip gradliniges Erbe der Romantik. Im Ver- 
gleich mit der Entwicklung der andern KQnfte wtlrde man diefe Merkmale impreffioniftifch 
nennen konnen. Die Einheit der Form aber, die Beziehung auf die reine und groBe Linie, die 
Umftellung auf die Horizontal, diefe .Momente, welche in einer aiteren Vergangenheit wurzeln, 
find expreftioniftifch. Beides falk far die gegenwartige Mufik (deren Sfthetifche Ziele man ganz 
in der zweiten Richtung fuchen muS) zufammen. Das liegt in ihrem Wefen: fie erlebt umgekehrt 
dasfelbe wie vor dreihundert Jahren, wo zugleich mit der eritehenden einftimmigen reinen 
Renaiffanceiinie deren barocke AuilOfung einfetzte. Nimmt man nur den Gefichtskreis groB genug. 
To ift auch das Experimentieren mit Vierreltonen von innen heraus begrtlndet: es ift eine grad- 
linige Fortfetzung der Entwickluag, welche das diatonirche Prinzip um das chromatifche bereichexte 
(denn von einem Erfetzen ift ja gamicht die Rede). 

Die Verbindung der Gegenwart mit der Vergangenheit ift k^ne hiftorifche Spekulation fondern 
IaBt eine hiftorifche Notwendigkeit erkennen. Sie macht den Buck auf ailes Garende;, Wachfende, 
fcheinbar verwirrend Experimentierende im Grunde doch ficher und froh. Lafit im Gegenfatz zu 

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,. ,i i , i ii . i n 1 11111111 WHWfflrwJW* Mm 



den Beftirchtungen der Zweifler eher wilnfchen, daB noch viel mehr an Neuem, Suchendem in 
der Mufik unterer Tage ans Licht trate. Der Verfuch: den groBen Organismus der Entwicklung 
zu einer Einheit zufammenzufalfen, TchUeBt urn die Vielgeftaltigkeit der Erfcheinungen ein einendes 
Band. Er 12Bt in den feinlten hichenden Regungen modernen Geftaltungswillens den letzten 
AuslSufer einer von innen wirkenden Kraft erkennen, den zarten im Winde Ipielenden Trieb. 
Und wie lacherlich es ware, von ihm die Kraft des Stammes zu fordern, fo darf man ihm auch die 
Berechtigung teltEamfter Formen zugeftehen. Das heute entftehende Kijnftwerk ift, wenn es auf- 
richtig ift, in dieter Entwicklung verwurzelt und von ihren Kraften gerpeirt. Daher ift es un- 
zerltftrbar wie diere felbft. / 

Die letzten Gedanken fiihrten mich von den Empfangenden fort zum Kunftwerk. Zu ihnen 
aber kehre ich noch einmal zurQck. War die Stellungnahme zu der Kunft unferer Zeit eine 
innere Notwendigkeit fur fie, fo follten ihnen die Andeutungen uber das Kunltwerk Eelbft und 
feine entwicklungsgelchichtliche Notwendigkeit den Weg leichter mach'en konnen: ihn zu gehen, 
erfordert einzig ein unbefangenes Ohr und einen luchenden Willen. 



Breitkopf & Hartel - Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe 

Zentralstelle fur in- Jnd auslandische Musik 
Flugel . Pianos . Harmoniums 



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Die Not der Konzerforcheffer und 
die Enfwicklung der fymphonifdien Mufik 



Von RudQlf Cahn-Speyer 



Unscrc triibc allgcmcinc Lagc und ihrc Riickwirkung 
aiif die wirtschaftlichc Existcuz nnsercr Musikcr ist schon 
wiederholt publizistisch bchandelt worden, sowoli! vom 
Staiidpunkt des Orchcstcrm.usikcrs, als nuch von dem 
des solistisdi wirkenden konzertierenden Kiinstlcrs und 
des Komponistcn. lis ist cingchend crurtcrt worden, 
wclchcn Einflufi dicsc VerhaUnisse auf die wirtschaftlichc 
Enhvickhmg unseres Kimstbetricbcs haben werden; cs 
ist abcr mcines Wissens noch nicht vcrsucht worden, 
Klarhcit iibcr die Folgen zu gewinnen, die sich 
a us uitseren tratirigcn matericllen Zustandcn fiir die 
bleibeudcn Wcrtc der Kunst, iur die Kunstwcrke sclbst 
fiir die Zukunft vorausschen lasscn. 

Es muB damit gcrechnct warden, daB unscrc Konzcrt- 
orch ester iibcr kurzodcr king aufliorcn werden zu bestehen. 
Vor dem Kricgc bewegtc sicli das Anfangscinkommcn 
cincs Musikcrs in unseren gutcn stildiischcn Orchcstcrn 
in Stiidtcn mittlcrcr Grofic zwischen 2000 und 2300 Mk. 
im Jahr, steigend bis zu 3000—3500 Mk. Es bedarf 
kcuics Nachwcises, dafl ein solches Einkommen hcutc 
nicht mchr diskutabei ist. Die organisiertcn Orchestcr- 
musikcr haben denn audi iibcrall im Wege der Tarif- 
festsctzung von organ isatjonswegen cine bctrachtliche 
ErhOhung dieser Gagen herbcigefiihrt. Die derzeitigc 
Hohc der Gagcn rcicht jedoch angesichts der imm.:r 



steigenden Kosten der Lcbcnshaltung nicht mchr ira 
Emferntestcn aits, und ncuc Stcigeruugcn sind unaiis- 
bleiblich. 

gj Der Punkt diirftc erreichi scin, an wclchem die 
Stiidtc oder die Vcreinc, von denen die fest angcstclitcn 
Orchcstcr unterhaitcn werden, diese .Kostcn" nicht mchr 
tragen, bczw. den Stcuerzahlern nicht mchr auf burden 
kunnen, und die AtiflOsung der Qrchcter wird die Fotgc 
sein. Nur klcinerc Ensembles warden noch die Mog- 
licukctt wirtschaftlichcn Fortbestchcns haben. 

Imrnerlrin ware es denkbar, dafl die Stadte Mittel 
und Wege fiinden, die Crchcster iibcr die Zeit unseres 
sciilimmstcn wirtschaftlichcn Tiefstandes, der doch cinmal 
ein Ende nehtnen mufi, hiniiberzurctten. Trostlos abcr 
ist die Lagc derjenigen Orchcstcr, die nicht von SlSdtcn 
und Vcrcincn erhaltcn werden, sondcrn sich sclbstandig 
aus eigencn Einnahmen erhaltcn mussen. Ich denkc in 
erster Linic an unscre betden groflcn Berliner K6rpcr- 
schaftcn, das Philharmonischc und das Bliithner- 
Orchestcr. Diese SSulen unseres Berliner Musiklebens 
sind auf das schwerste bedroht. Um fiir das einzelnc 
Mitglied annahernd das gleiche Einkommen zu erreichen, 
wie es dem Verbandstarif entspricht, bezw. um die zur 
Vcrstarkung notwendigen Erganzungsmusikerangemesscn 
-bczahten zu konnen, mussen sie das Honorar fiir eincn 

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Konzertabcnd hnmer wieder bctrflchtlich erheheri. Nimmt 
man die Stcigerung der Saalmietc, dcr Inscraten- und 
Plakatierungskosten hinzu, so kommt man zu dem Er^ 
gebnis, daB es liir einen Kiinsttcr, der cin Konzert niit 
Orchestcr geben will, unmoglich ist, audi nur annahcrnd 
auf seine Kosten zu kommen, selbst wenn cr ubcr einen 
zugkraftigen Nam en verfiigt. Die Orchestcr stehen also 
vor der Wahl, entweder fur Hungcrlohnc zu arbeiten — 
was der Musikerverband mit vollem Rccht nicht duldet — 
oder Honorare zu nehmen, bci denen sic zwar leben 
kOnnten, wenn sic sie bckamen, bei denen sie aber 
ebenfalls verbungern, wcil niemand in der Lagc ist, diese 
Honorare zu bczahlen. 

Aber nicht von der schon so oft, an anderer Stelie 
audi schon von.mir besprochenen Notiage der Musikcr 
selbst will ich hier rcden, sondern von den Folgccr- 
scheinungen, die sich fur den Komponistcn crgeben, 
also fur die Entwicklung dessen, was bleibend ist in 
unserer Kunst. Es liegt in der mensch lichen Natur, daB 
niemand Arbeit an etwas Aussichtsloses verscliwenden 
mag. Das Ziel des Komponisten ist nicht das vollendcte 
Werk, sondern die erklingendc Atifffihrung. Nichts ist 
natarlichcr, als daB der Komponist nur solchc Wcrkc 
schaffe, die untcr den jeweils gegebenen Vcrhaitnissen 
aufgefuhrt werden kOnnen. Es lieGe sich an zahlrcichcn 
Bcispielen dartun, wie abhflngig selbst unsere groBtcn 
Meister in ihrcm Schaffcn von den Auffuhrungsmogticb- 
kcitcn waren, die ihnen zu Gebote standen. Man 
konnte hierubcr eine ganze Abhandlung schreiben. 

Wenden wir diese allgcmeine Betrachtung auf unseren 
Fall an, so miissen wir damit rechncn, daB unscrc zeit- 
genossischen Komponistcn aufhOren, Orch ester werk e zu 
schreiben, aus dem cinfachen Grunde, weil sie nirgends 
aufgefQhrt werden konnen. Sie werden sich Werken 
mit kleincrer Bcsetzung zuwenden. Nun kfinntc immcr- 
hin jemand einwenden, das ware kein besondcres Ungliick, 
und die GroGe der Orchesterbesetzung sci kein MaBstab 
fur die kiinstlerischc Bcdeutung eines Werkcs. Ein 
solchcr Einwand wurdc die ganze Linie der Musikent- 
wicklung im lctzten Jahrhundcrt auBer acht lasscn und 
den untosbarcn Ziisammenhang zwischen dcr Erschci- 
nungsform und den sie bedingenden Triebkraften in 
unseren Werken der Musik verkennen. Die Fiille der 
angewandtcn Mittel ist stetig gewachsen, und^ zwar nicht 
deswegen, wet! etwa das Vermogcn zur kiinstlcrischcn 
Kundgcbung mit kleinen Mitteln verloren gegangen 
ware — spielt doch die Kammermusik bis zum heutigen 
Tagc bei den Vertretern allcr kunstleriscken Richtungcn 
cine groBe Rolle — sondern weil der Ktinstkr in vielen 
Fallen mit den Mitteln der Vergangenhcit nicht mehr 
sagen konnte, was cr zu sagen hatte. Wir mussen auch 
bedenken, dafi die Art unseres Ohrcs, auf Starkegradc 
zu reagiercn, allmShlicb cine ganz andere geworden ist. 
Genau so, wie etwa der verminderte Septimenakkoid, 
der bei Gluck das stSrkste Mittel dramatischen Ausdrucks 
bildet, fur uns Heutige etwas durchaus Harmloses ist, 
genau so kann die Wirkung, die das Orchester von 
StrauB und Mahler hcrvorruft, nicht ersctzt werden durch 
cin Mozart-Orch ester. GewiB sind es immer dieselbcn 

us 



Gefuhle, die den Inhalt der Musik bilden; aber so 
wenig die Lyrik Walthers von dcr Vogclweidc dicselbe 
ist wie die Goethcs oder'Stefan Georges, so wenig kann 
der Humor des „TitI Eugenspicgcl" mit dem Orchestcr 
von Bcethovens VIII. Symphonic wiedcrgegeben werden, 
oder die Mystik des .Faiisf-Tcilcs in dcr VIII. Symphonic 
von Mahler mit den Mittcln der Faust-Szcuen von Schumann. 
Wir wollcn nicht dahin kommen, daB die Beschrankung, 
in der dcr Kunstler Meister sein soil, ihm aufgezwungen 
wird und nicht mehr scinem freien kiinstlcrischcn Willen 
entspringt. 

Wir stehen also vor einer gcradezu lebensgefahrlichen 
Bcdrohnng unscrcr Kunstcntwicklung. Man darf das 
nicht leicht nehmen und sagen, es handle sich nur urn 
cine Ucbcrgangsfeit, es werde schon allcs fruher oder 
spatcr seincn normalen Weg wieder nehmen. Ist cinm.il 
unsere Orchcstcrkultur verloren gegangen, so wird sie 
nicht so leicht wieder hcrzustellen sein. DicgrofieZahl 
dcr guten Orchester, ubcr. die wir verffigcn, ist das 
Ergebnis einer Tradition, die an viclcn Kunststatten (z. B. 
Dresden, Stuttgart, Miinchen, Mannheim, nicht zuletzt 
Berlin) 150 bis 200 Jahre alt ist. Wir sehen" daB im 
Auslandc — mit Ausnahmc von Paris und cinigen Ortcu 
Belgiens und Hollands, die ebenfalls cine alte Tradition 
besitzen — die guten Orchester sparlich sind und zum 
wesentlichcn Teil aus Duutsdicn (Ocsterrcichcrn, Bohmcn) 
bestehen. Wir wurjen entweder langer Zeit bedurfcn, 
um unsere Orchester-Kullur wieder aufznbauen, oder 
aber wir wtirden auf das Ausland angewiesen sein. Und 
wie sollte wohl cine Generation von Komponistcn, die 
ohne Kontakt mit dem Orchestcr aufgewachscn ist, auf 
cinmal wieder ftir Orchester zu schreiben verstehen? 
• Wollte man aber alles dieses nicht gcltcn lasscn. 
so bliebc docli bestehen, daB wir mit einer Auflosung 
unserer Orchestcr die Moglichkeit verlieren, die grofie'n 
Wcrke unserer Meister, die bereits geschaffen sind, auf- 
zufiihren. Es hat kaum cine Zeit gegeben, in dcr man 
inchr von „Kunst fflrs Volk" gesprochen hatte, als geradc 
jetzt. Mbgen die Meinungen dariibcr gcteilt sein, ob cs 
am Platzc ist, einem nicht vorgebiideten Publikum Werkc 
atonater Faktur oder auch nur moderne komplizicrte 
Wcrke, die immerhin noch auf dem Boden der Tonalitat 
stehen, vorzufiihren: daruber sind wohl die Meinungeu 
nicht geteilt, daG unsere groBen Symphoniker von Mozart 
bis Brahms, unsere Chonverkc von Bach und Handel 
bis zu Draescke und Taubmann den Boden bilden, auf 
dem die breiten Volksschichten im AnschluB an die 
historische Entwicklung des Gcwordenen zukiinstlcrischcm 
GenuB und Versta'ndnis crzogen werden miissen. Ohne 
Orchestcr ist cin wcrtvollstcr Teil unseres kiinstlcrischcn 
Bcsitzes zum stummen Schlaf in Bibliothekcn verurtcilt 
ohne Hoffnung, in abschbarer Zeit wieder erweckt werden' 
zu kOnnen. 

Wir haben jetzt ein Ministerium 'fur Wissenscfcaft, 
Kunst und Volksbildung*. Es verlautet nichts davon, 
daB es sich dicser brennenden Frage der Kunst und dcr 
Volksbildung angenommen habe. Noch ehcr wurdc 
viclleicht die Stadt Berlin die Vcrpflichtung haben, zu 
Gunsten unserer gefahrdeten Orchestcr in die Taschc 



*h 



zu greifcn. Frcilich hat wohl keine Stadt im ganzen 
Rcichc fiir ihr Musiklcbcn bishcr so wenig getan wic 
Berlin. Idi will gar nicht von idealen Gcsichtspunkten 
sprcchcn, die, sobald cs sich urn Kunst handelt, an dcr 
Sfcllc, nn wclchc diesc Wortc sich wend en, docli kcin 
Gchor finden wiirden. Wiihrcnd abcr andcrc StUdtc die 
profit en Aufwcndungcn rnachen, um den Frerndcnverkchr 
zu licbcn, ist die Stadt Berlin im Bcgriff, den cinzigen 
wertvollen Faktor des Fremdenverkehrs, das Musiklcbcn, 
achtlos zugruudc gehen zu lasscn, j.i, ihm dui'cb unvcr- 
standigc Stcucm selbst den Rest zu geben. Es is! traurig 
genug, daB Frcmdenindustrie mit Kunstfragcn v^rquickt 
werden muB, um auf dem Umwcge iiber Verdi enstrntig- 
liehkcitcn Liebc zur Kunst zn erwecken.,- 

Die Stadt Berlin hat sich bis vor wenigen Jahrcn 
um ihr Musiklcben iibcrhaupt nidit bekiimmcrt. Dann 



hat sic sich enfechlossen, dem Philharmonischen Orchester 
cine Subvention zu gcwShrcn, damit es n\cht mehr 
ntitig liabc, im Somtncr seine Existcnz im Auslandc zu 
sucIicn, und hat audi das Bluthncrorch ester mit eincr 
Klcinigkeit bedacht. Diesc H Subvcntioncn" sind wahrend 
des Kricgcs nicht crhOht worden, unbeschadet dcr immer 
wachsenden Preissteigcrung, die iiberall ~ nur nicht bei 
den Orchcstern — zu zahllosen Teuerungszulagen Anlafl 
gegeben hat. Es ist den Herrcn, die fiir alle mOglichen 
stadtischen Angestellten und Hilfspersonalc stets fabef- 
haftc Summcn auszuwerfen bcreit sind, nicht eingefallen, 
daB ein Orchestermusiker von Rang mindestens ebensovicl 
vcrdienen muB, wie ein ungclernter Arbeitcr. Die Stadt 
ist im Bcgriff, durch diesc verstandnislose Passivitat 
mehr zu verderben, ais sie jc zu sdiaffcn im:tande ist. 
Sie hilft die Kunst der VcrgangenHeiti der Gegenwart 
und der Zukunft vernichtcn. 



Biicherbefprechimgen 



Bruckner von Ernst Decsey. Verlag von Schuster & 
Lufflcr. Berlin und Leipzig. 
Dieses neuc Btich des Hugo Wolf-Biographcn ver- 
melirt die Bruckner-Literatur um ein gewichtiges Werk, 
das neuc Einsichten verrnittett. Die zugtfngliche 
Wiirdigung "eines jeden groBen Kiinstlers hiingt in der 
Hauptsachc davon ab, dafi man den SchHissel zu seiner 
Empfindungs- und Gcdankenwelt findet, daB man Vor- 
aussetzungen, ' Zicle und Mittel seiner Ocstaltungsweisc 
riditig gegeneinander abwSgt. Moistens ist es leichtcr, 
zu schiefen a!s zu treffenden Urteilen zu gclangcn, wie 
die Gcschichte der groBen Kunstbewcgungen zur.Geniige 
bewcist. Auch Anton Bruckner ist ein klasslschcs 
Bcispicl fiir diesen Erfahrungssatz. Zwar ist die Zcit 
vorbei, in der ein Hanslick und der hochmutige Brahms- 
Anharig cinen Bruckner mit geringschiitzigem Achsel- 
zucken glaubten abtun zu konnen, ais eincn wonl 
talentvollcn, sogar bescssencn Musikanten, dem aber ■ 
jede ticferc Geistcsbildung, ■ jedes wahrc Kunstlerttim 
abging. Brud;ner's Mcsscu und Symphonien gewinnen 
stiindig an Boden. haben sich ihren fasten Platz im 
Musiklcbcn unsercr Zeit erobcrt. Aber wic wenigc 
HOrcr haben dicscm. Meister gcgeniiber die richtigc 
Einstcilung! Es ist das groBe Verdienst Decsey's, daB 
er zum ersten Male mit dem Schlagwort von der vcr- 
operten, vcrwagnerten Symphonic Bruckner's griindlich 
aufrtfumt, daB er darlcgt, wie Bruckner nur von der 
katholischcn Kirchc her zu verstehen ist: daB seine 
GroBraumigkeit, ■ das Fiiichcnhafte, dcr Pomp und 
qucllende Klang seiner Musik, seine Ekstasen der 
Kathcdrale entstammen, der Mystik und Fcicrlichkeit, 
dem Prunk des kathotischen Hochamts. Abcr in diesern 
gldubigsten, rtihrend demutigen Christen stccktc ncch 
ein Rest von Heidentum, uralte Instinkte des wilden 
Baucrn aus dem Alpcnland. Kernigstes, urwuchsigstcs 
Osterreichertum kommt ais dritte Wurzel der Bruckner- 
schen Person lrchkeit hinzu. In seiner seltsamen Miscliung 
von Kindlichkeit und,, Trotz, von Konservativem und 
Revolutionarem, von ktihncm Vordringen und Sngst- 
lichcm Zuruckhalten, von weitem Blick und Bcschrankt- 



hcit wird uns hicr von Decscy Meister Bruckner wahr- 
haft uberzeugend geschUdert. In solchcn Erkenntnisscn 
scheint mir dcr Hnuptwcrt von Decsey's Buch zu liegen. 
Was cs sonst noch an fleiBig zusammengetragenem 
biographisdien Material enthalt, an einsichtiger Wertung 
dcr cinzchien Werkc ist wertvolle und witikommene 
Beigabe. Den Bruckncr'schcn Partiturcn bis in's 
Einzclne nachzuspuren, ihren Stil, ihrc Technik, ihrc 
iisthetisdie Bedcutung des Naheren aufzuweisen, ware 
allcrdings ein Thema fiir, ein eigencs, umfassendes, noch 
zu schreibendes Werk. ♦ 

<*> 
Kurt Sachs. Handbuch der Instrumentcnkundc. 
Leipzig 1920. Breitkopf & Hflrtct. 
Ais zwOlfter Band der von Hermann Kretzschmar 
herausgegebenen B Handbiicher der Musikgeschichte nach 
Gattungcn" erschcint das vorliegende Buch .von Kurt 
Sachs. Durch sein mit einer erstaunlichen Gelebrsamkcit 
nbgefaBtes .Reattexikon dcr Musikinstrumente" (Berlin 
1913) hat sich Sachs a!s bester Kenner des Gegenstandcs 
crwiescn. Seiner bewahrtcn Ftihrung darf sich der Lescr 
unbedingt anvcrtrauen. Er findet in dem vorliegendcn 
gewichtigen Bande'von 400 .Seiten alles vereinigt, was 
gcgenwartig bckannt ist iiber die Entwicklungsgcschichtc, 
den Bau, die klanglichen Eigentumlichkeiten der curo- 
paischen Instrumente in alien ihren vielfachen Ab- 
wandlungcn vom Mittelaltcr bis zur Gegenwart. Die 
vcrglekhendc 5prachwissenschaft, die Geschichtc der 
bildenden Kiinstc, die iiterarischen DenkmSlcr, die 
praktischc Instrumentcnkundc eriJffncn in ihrcr Zusammen- 
fassung hier Einblicke in das Thema, wic sie kcin 
andcres Werk annaherrrd bietet. So darf also dies wert- 
volle Studien- und Nach schlage werk alien ernsthaften 
Musikern ebenso sehr wie den Musikgelehrten empfohlen 
werden. DaB In Einzelheiteri abweicliende Ansichtcn 
hier und da kOnnten verfochtcn werden, ist selbst- 
verstandlich bei einem Werk, das eine so auBcrordentlich 
reiche Fiille von Stoff verarbeitet. Die zahlrdchcn Ab- 
bildungen erhohen die praktischc Brauchbarkeit des 
Buchcs ungemein. Dr. Hugo Leichtentritt 



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Wkhfige neue Mufikalien, Budier und Auffafze 

uber Mufik, 

mitgcteiH von 
Professor Dr. Wiihelm Altmann, Bcrlin-Fricdenau, Sponholzstr. 53-54. 

Dicse Zusarhmenstellung; die moglichst in jedcm I left dicscr Zeitschrift erfolgen wird, will audi nodi uu- 
gedruckte grtfBcre Wcrke, vor allem Symphonicn, symplionische Dichtungen, Konzcrtc, Kammcrmusikwcrkc, Opcrn, 
Chorwerke mit Orch ester einbeziehen, um namcntlich Dirigcntcn darauf aufmerksam zu maclicn. Dicjcnlgen Tonsctzer, 
die derartigc Wcrke (jedoch niclit etwa Klavicrstiicke, Licdcr, Manncrchorc) fertig hnben, wcrden gebeten, micli davon 
in Kenntnis zu sctzen, doch behalte idi niir die Entschcidung iiber die Aufnahmc' vor. Dicse kann audi bci gcdruckten 
Werken wedcr'durdi cin Inserat nocli durch Ein sen dung der bctrclffendcn Musikstiicke odcr B tidier crzwungen werden. 
Rticksendung etwaiger Einsendungen wird grundsiitzlidi abgelehtit 

Die Hinzufiigiing de's Verlags wird Bcstellungen erleiditern. Zu den angegebenen Preiscn kommt i miner 
nodi der sogen. Teucrungsaufsclilag seitens des 'Vcrlcgers und audi des Snrtimenters hinzu; er sdiwankt bckanntlicli 
meist aber betrSgt er 50 Vo + 10%. 

, L Inffrumenfalmufik 

a) Orchejferoiufik ohne Soloinftr. 

HocBlin, Franz v.: Drei Kammerstucke noch uu- 

gedruckt [Urauff. 26. 3. Essen] 
Holenia, Hans: Burleske OuvertQfe noch ungedruckt 

[UrauIfOhrung 24. 2. Wien] 

b) Kammermujik 
Crane, Helen [Berlin]: op. 61 Sonate (F) f. Klav. u. Vioi. 

noch ungedruckt [Urauffuhr. 9. 3. Berlin] 
Ertel, Paul [Berlin]: op- 50 Sonate f. Klav. u. Viol, (c) 

noch ungedruckt [UrauffQhr. 9. 3. Berlin] 
Hollaender, Alexis [Berlin]: Variationen liber ein eigenes 
, Thema fOr 2 Klav. noch ungedruckt [UrauffQhrung 

10. 3. Berlin] 
Lissauer, Fritz [Berlin-Grunewald]: op. 88 Septett fur 

Streichquartett,Flote,Klarin. u.Fagott;Sonaten f. Flote 

u. Klav. op. 75 (d) u. op. 82 (h) noch ungedruckt 
Sandberger, Adolf [Milnchen]: op. 20 Trio f. Klavier, 

Viol. a. Vcell (a) noch ungedruckt [UrauffQhrung. 

12. 3. BQckeburg] 

c) Sonffige Inffrmnenfalwerke 
Leichteotritt, Hugo [Berlin]: op. 12 Suite f. Vcell allem 

noch ungedruckt [Urauffflhr. 10. 3. Berlin] 
Schralteoholz, Leo [Berlin]: Konzert f. Violoncell (d) 

noch ungedruckt [Urauffflhr. 26. 3. Berlin] 
Taubert, Ernst Ed. [Berlin]; Klavierkonzert (Es) noch 

ungedruckt [Urauffuhr. 12. 3. Berlin] 

IL Vokalmufik 

Lissauer, Fritz [Berlin]: Ein deutscher Psalm (nach 

Angelus Silesius) f Chor u. Orch. noch ungedruckt 
Schuster, Bernhard [Berlin]: Der Dieb. Ein Liebes- 

spiel in 3 Akten noch ungedruckt [UrauffQhrung 

voraussichtlich in Leipzig] 
Schwers, Paul [Berlin]: Andreas. Hofer. Musikdrama 

in 3 Akten (auch Dichtung von P. S-) noch ungedruckt 
Wnlfurt, Kurt v. [Berlin]: Klagode fKlopstock) far gem. 

Chor, Orch. u. Org. noch ungedruckt 

120 



III. Biidier 
und ZeiU<hriffen-Auff3^e 

(alphabctisch powohl nach Stichworten wic nach den 
Verfassem geordnct. (Bci Zcitscliriftcn-Aufsatzcn 1st 
inimer mit Nr die des laufcnden Jahrgangs gemcint). 

Asthetik der musika). Impotenz — s. Impotenz 
AlBgemeine deutsche Musikverein, der, hat noch cine 
Zukunft. Von Julius Kopsch — in: Allgemeine 
Musikztg Nr 12,3 
Altmann, Wilh. — s. Berger, Wiihelm 
Anders, Erich. Autobiogr. Skizze — \jn: Rlieinische 

Musik- u. Theater-Ztg Nr 12 
Auswanderung berflhmter Geigen — s. Geige 
Bartofc, Bela — s. Musikfolklore 
Befeker, Paul — s. Impotenz; Leier; Schreker 
Berger, Wiihelm. Eine WQrdigung. Von With, Alt- 
mann — in: Musikztg Nr II 
Berlin. Die Berliner Philharm. Konzerte 1895-1920 - 

s. NikiBch 
Blumml, EmTl.Karl: Lautenmacher in Wien — s.Wieu 
Broesicke-Schon, M. ~ s. Pro'benbesuch 
Bruckner. VeAuch eines Lebens. Von Ernst Dccsey. 

Schuster '& Ltiffier 9 M. 
Brugmann, Walter — s. Opernspieler 
Buch der Oper — s. Oper 
Buchstaller, G. F. — s. Soziale Reform' -5ec '■■tusik- 

lelirberufs 
Caiand. Einiges uber die Calandschen Armbewegungen 

beim Klavierspiel mit eingefugten Bemerkungen uber 

das Gewichtspiel. Von Anna Mann — in: Musik- 

padag. Blatter Nr 5,6 " 
Casella, Alfredo. Von Guido M. Gatti — in: Musik- 

blatter des Anbruch Nr 5 
China. Vom Geist der chinesischen Musik. Von Egon 

Wellesz — in: Musikblatter des Anbruch 1, 2 
Chorproblcme. Von R. v, Mojsisovics — in: Dej 

Chorleiter Nr 4 
Christ-Iselirr, W. — s. Cremona 
Chvala, Emil — s. Tschechisch 
Cremona. Zur Frage des Cremoneser Geigenlackes. 

Eine Hypothese von W. Christ-Iselin. Frobenius, 

Basel 2 fr. ' 



_ 



r«s~~a?~™ir: 



Dec«ey, Ernst — s. Bruckner 

Delius, Frederick. Von Joseph Marx — in: Musik- 
blatter des Anbruch 1, 2 
Dlesterweg, Adolf — s. Tonalitat 
Diltmar, Franz — s. Oper 

Erziehung, musikalische, u. musikalische Volksbildung, 
Von Joseph M. H Lossen — in: Neue Musik- 
Ztg Heft 11 
Expressionismus. 1st der musikalische Expr. eine Er- 
rungenschaft unserer Zeit? Von R.v. Mojsisovics — 
in: Schweizer. Musik-Ztg Nr 8 
Foerster, J. B. Von Zdenek Nejedly — in: Musik- 
blatter des Anbruch Nr 3 
Form. Zum Problem der musikalischen F- Von Hugo 

Kauder — in: Musikblatter des Anbruch 1, 2 
Formwirkong, musikalische. Von Erwin Stein — in: 

Musikblatter des Anbruch Nr 4 
Franke, Kurt Magnus — s. Oper 
Galti, Guido M. — s. Casella 

Geige. Die Gefahr der Auswanderung berlihmter 
Geigen aus Deutschland. Von Rehbein — in; 
Signale Nr 8 
Geigenlack — s Cremona 
Gewichtspiel — s. Cala.id 
Gohler, Georg — s. Riemann 
Handschrittenzeitalter, ZurQck ins. Von Roderich v. 

Mojsisovics — in: Allgem. Musik-Ztg Nr 12 
Hausmiisik. Von E. Kolbe — in: Musikztg Nr 10 
Heinifz, Wilh. ~ s. Somali 
Hoffmann, R. St. - 8 . Dirigent; Kinomusik; 

Wiener Voiksoper 
Huni, Musik-Jahrbuch — s. Schweiz 
Japans Musikleben. Von Haijiro Iwaki - in: Musik- 
blatter des Anbruch Nr 4 
Jemnitz, Alex : Kunst u. Nationalitatenfrage — s. 

Kunst 
Impotenz. Die neue Asthetik der musikal. Impotenz 
(im AnschluB an Pfitzner). Von W. Nagel — in: 
Neue Musik-Ztg Heft 10 
Impotenz oder — Potenz. Von Paul Bekker -- in- 

Musikblatter des Anbruch Nr 4 
Indications pour une musique moderne — s. Mu- 

sique moderne 
Instrumentenkunde — s. Musikinstrumentenkunde 
Istel, Edgar — s. Oper 
Iwaki, Haijiro — s. Japan 
Kauder, Hugo — s. Form; Kulturgeschichte 
Keufller, Gerhard v. — s. Mozart 
Kiliao, Eugen — s. Mozart 
Kinomusik. Von R. S. Hoffmann - in: Musikal. 

Kurier Nr 10 
Klarinette, Die, als kilnstlerisches Hausinstrument. 
Von Max Steinitzer - in: Zejtsclirift f. Musik. 
1. Marzheft 
Klavierschulen der Konservatorien u. Musikakademien. 
Eine Besprechung von August Stradal — in- Neue 
Musik-Ztg Heft II 
Klavierspiel — s. Caland 
Kolbe, E. — Hausmusik 



Konzertierend. Die Not des konzertierenden KflnstlerS. 

Von Bruno Sturmer — in: Musikztg Nr 12' 
Kopsch, Julius — s. A 1 1 ge m e i n e deutsche Mnsikverein 
Knlturgescbichte der Musik, zur. Von Hugo Kauder — 

in: Musikblatter des Anbruch Nr 5 
Kunst und Nationalitatenfrage. Ein Wink gegen Osten. 
Von Alex. Jemnitx - in: Rheinische Musik- und 
Theater-Ztg Nr 8 
Lautenmacher in Wien — s. Wien 
Leier und Schwert. Ein Appeli; an Hans Pfitzner 
und Paul Bekker. Von Herm. Unger - in: Rhein 
Musik- u. Theater-Ztg Nr 8 
Lossen, Jos. M. H. — s. Erziehung 
Mahler-Fest in Holland. Von E. R. Mengelberg - 

in: Musikblatter des Anbruch I, 3/4 
Maliniak, Jerzy — s. Schreker 
Mann, Anna — s. Caland 
Marx, Joseph — s. Delius 
Mengelberg, E. R. — s. Mahler 
Mojsisovics, Rodrich v. - s. Chorprobleme; Ex- 
pressionism us; Handschriftenzeitalter' 
Mozart und das heutige Theater. Von Eugen Kilian — 
in: Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus- 
Gemeinde 3, 2 
Mozarts Requiem ohne SUBmayer. Von Gerhard v. 

KeuBler — in: Der Chorleiter Nr 4 
Musikalische VOIkerversohnung - s. VcJIker- 

s u h n u ng 
Musikfolklore. Von Bela Bartok — in: Mus'kbiatter 

de§ Anbruch 1, 3/4 
Musik-Jahrbuch der Schweiz — s. Schweiz 
Musikinstrumentenkunde, Handbuch der. Von Curt 
Sachs. (Kleine HandbUcher der Musikgesch XII) 
Breitkopf & H3rtel 20 M. 
Musiklehrberuf — s. Soziale Reform 
Musikverein — s. Allgemeine deutsche 
Musique moderne. Sur les litres et sur les indications 
pour une musique moderne. Par Paul Varel — 
in: Feuillets de pedagogie musicale Nr 5 
Nagel, W. — s. Impotenz 
Nationalitatenfrage — s. Kunst 
Nejedly, Zdenek — s. Foerster 
Neitzel, Otto t- Von Gerhard Tischer - in: Rhein 

Musik- u. Theater-Ztg Nr 11 
NIklscb, Arthur. Von Aladar Szendrei - in: Musik- 
blatter des Anbruch Nr 4 
Ntkisch, Arthur, und die Berliner Philharraonischen 
Konzerte 1895-1920. Ein RUckblick von Adolf 
W e i B m a n n. Konzertdirektion H. Wolff & J. Sachs 
3,50 M. 
Noelte, A. Albert: Aus dem Leben eines modernen 
Musikers. Eine Selbstschilderung - in: Neue 
Musik-Ztg Heft II 
Not des konzertierend. Kunstlers — s. konzertierend 
Novak, Vitesiav — s. Tschechisch 
Oper. OpernfUhrer. Ein unentbehrlicher Ratgeber f. 
d. Besuch der Oper. Von Franz Dittmar. Erganzt 
von Kurt Magnus Franke. Hachmeister & Thai, 
Lpzg 2 M. 



121 






Opernspieler, Die. Von Walter BrOgmann — in: 

Musikbiatter des Anbruch Nr 4 
Orleotalische Musik. Vom Wesen der or. M. Von 

EgonWellesz —in: Musikbiatter des Anbruch Nr 3 
Potenz — s- lmpotenz 
Probenbesuch. Von M. Broesicke-Schtfn — in: 

Musikbiatter des Anbruch Nr 5 » 

Reform des Musiklehrberufs — s. Soziale Reform 
Rehbein — s. Geige 
Riemano, Hugo: Tagebuch, aus seinem — in: Musik- 

Zeitung Nr 10 
— , als musikal. Volksbildner. Von Georg Gohler ■- 

in: Musikztg Nr 10 
Sachs, Kurt — s. Musikinstrumentenkunde 
Schellenberg, Ernst Ludwig — s. Wetz 
Scherchen, Hermann — s. Tonalitatsprinzip 
Schneider, Otto — s. Schreker 
Schreker, Fianz. Sonderheft fiber ihn. Musikbiatter 

des Anbruch 2, 1/2 (Beitrage von Paul Bekker. 

Otto Schneider, Paul Stefan u. s. w.) 
— als Lehrer. Von Jerzy Maliniak — in: Musikal. 

Kurier Nr 9 
Schweiz. Huni's Musik-Jahrbuch der Schweiz. Ausg. 

1918/20 bearb. v. Eduard Trapp. HUni, Zurich 7,50 Fr. 
Somali. Ober die Musik der Somali. Von Wilh. 

Heinitz — in: Zeitschr f. Musikwiss. 2, 5 
Soziale Reform des Musiklehrberufs. Von G. F.Bu'ch- 

staller — in: Musikztg Nr 11 
Specht, Richard — s. StrauB, Rich. 
Stefan, Paul — a. Schreker 
Stein, Erwin'— s. Formwirkung 
Steinitzer, Max — s. Klarinette 
Stradal, August — s. Klavierschulen 
StrauB, Richard, als Dirigent. Von Rich. Specht — 

in: Musikbiatter des Anbruch Nr 5 
Stubenrauch, Aug. K. — s. Wagner 
Stunner, Bruno — s. konzertierender Kunstler; 

Volksmusikplege 



SHBmayer -- s. Mozart 

Szendrei, Aladar — s. Nikisch 

Tischer, Gerhard — s. Neitzel 

Titles pour une musique moderne — s. Musique 

moderne 
Tonalitat, Von der verdammernden. Von Adolf 

Diesterweg — in: Allg Musik-Ztg Nr 9 
Tonalitatsprinzip, Das. Von Hermann Scherchen ~ 

in: Musikbiatter des Anbruch I, 34 
Tonvorstellungsvermogen. Ratschlage zur Pflege des T. 

Von Hermann Wetzel — in: Musikpadag. 

Blatter Nr 5/6 
Trapp, Eduard: Musik-jahrbuch — s. Schweiz 
Tschechische Musik. Von Emil Chvala — in: Musik- 

biaiter des Anbruch I, 2/4 
— Jiingste tschechische Musik. Von Vit. Novak — 

ebendort 1, 3/4 
linger, Hermann — s. Volkerversohnung, musikal- 
Varel, Paul ■■■ s. Musique moderne 
Volkerversohnung, musikaiische. Von Hermann 

Unger — in: Rhein. Musik- u. Theater-Ztg Nr 11 
Volksbildung, musikaiische — s. Erziehung 
Volksmusik pflege. Von B. Sturmer — in: Musik- 

Zeitung Nr 11 
Wagners Oberwindm:g des Theatralischen. Von Aug. 

K. Stubenrauch — in: Neue Musik-Ztg Heft 10 
WeiBmann, Adolf — s. Nikisch 
Wellesz, Egon — s. China 
Wetz, Richard. Von E. I. Schellenberg — in: 

Musikverlag u. Musikleben (Kistner, Lpx) Nr 13 
Wetzel, Hermann — s. Tonvorstellungsvermogen 
Wien. Beitrage z- Gescli. der Lautenmacher in Wien. 

Von Emil Karl BlUmml — in: Zeitschr. f. Musik- 

wissenschaft 2, 5 
Wiener Volksoper, Die- Von R- St. Hoffmann — 

in: Musikbiatter des Anbruch 1, 3/4 
Zuruck ins Handschriftenzeitalter — s. Hand- 

schriftenzeitalter 



Mif Nummer 5 iff das Februar/April-Abonnemenf abgelaufen und erfolgf Weifer- 
zuffellung, falls nidif bis zum i. Mai 1920 abbeffellf wird. 

Verlag „Melos". 



VERBAND DER KONZERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V. 

GemelnnUtzige KonzertabteUung: BerlinW57, Blumenlhedstrafie 17 

Telnphon: Ami NOLLENUOHF 3S85 Telegramm-Adrt-sao; PODRJMKUNST 

Engagementwermmiung, Arrangements von Konzerten, Vortraas- und Kunsttanzabenden lUr Berlin und site Orta des In- und Auslandes- 
Aile Rabatte werden den XUnstlern gutgebracht. NiiwlrijiBre Provisions ids bei gowerbsmilBlKHn KonzortaRont.cn. 




99 



pAM JL'* Dr. Bordiardf & Wohlauer 

~^^ "^^ FKJtTICiSTKLLUNCr ALLEJ1 MUSIK- AUFTRAOK ' 



Kom position . Instrumuntftlion . Carrupotitiorj . TranHposiition . Aursehrriban £»»gobnni.'r Molodiun 

NOTENSCHRBIBE N 

Chnrlottflnbiirg 4, Wiclnnfintr, 40 Furnsprcdior: Stmnplatz 9r>15 



^-^.^^^y^ 



p*5» 



BORDELL 



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IlllllllllllllllillllllllllllllllllllllllllllllJililllllllllllllllllillllllllllllll 



Ein infernalifcher Roman 

in fiinf Sprungen von 
CURT CORRINTH 

Buchausffatfung nach Entwiirfen von 
C£Jar Klein 

Brofduerf 12 M. / Gebunden 15 M. 

Der kommende gro^e Roman- 
erfolg unferer Epoche! 



MANURED CJEOKG in dor .Vossischcn Zottinie*: 

oijic vOrk«inn Mu£lichi;»iton /.urur-ksc'hrot'.ki'ridfl 

(*li(!«-so|:xiiH ff dor Kntlft-Kbinjr'schoii „ Psycho pat hi « - 

Stsxiialis" jns Esprcs.sioniatisuliit. 

Ein Work, daU huninplliocli ii b**r dim iiljliclion 

fjiistiTdlittitrti Ki>wiss«r nirh mit mornlitichen Aliitzchen 

dcjfkitniioii Fainilion-Bomaiii! steht." 



|ATMO-VERU<J /* E> E> R U I >J WJ-Q 



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Berlin OU 

Frankfurter Jlllec 337 

licke Titsitcr Str. Alex. 41 SO 



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' Berlin- Uchtenberg 

Frankfurter JIUee 267 

am Ringbahnhof. Alex. 4180 



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123 




Berlin-Sch oneberg 

Haupt-Strasse 9 



Musikalien, Instruments, Pianos, Harmoniums, Lauten and Gitarren, Mandolinen 
in jeder Preislage. 



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l DIE NEUE MUSIKQESELLSCHAFf E.V. X 

X KONSTLERISCHE LEITUNG: HERMANN SCHERCHE.4 A 

>i ' Diensfag, den 27. April ,1920, abends 7 x k Uhr j 

§ Beefhovensaal , f 

j VL KammermusikAferanstalfung J 

der Neuen Musikgesellschaff E. V. y 
Carl Flefcti — Arthur Schnabei 

ij PROGRAMM: Max Reger: Sonate in C-molI op. 139 ?) 

V W. A. Mozart: Sonate in Es-dur . -/ 
{= Kochel Verz. op. 481 -} 

V Erich Wolfgg. Korngold: Sonate in E-dur op. 6 y 

V Karten zum Preise von Mk. 10.—, 8. — , 6.—, 4.— und 2.— und Steuer sind erhaltlich bei "= 

V Bote & Bock, Wertheim und an der Abendkasse. 7 

I. Arrangement der Konzertdirektion Leonard. ?. 

1 RICHARD OEHMEL t I 

^ Vertonungen seiner Dichtungen fur eine Singstimme und Klavier g§§ 

== Vorschlage fur Veranstaltungen zum Gedachtnis_ des Dichters ^§ 

B Alfred Bortz, op. 12 "Nr. 2 Wellentanzlied H 

= Cam ill o Hildebrand, aus op. 15 u. 16 Aus banger Brust — Zweier Seelen Leid — jj§ 

=1 MSrzlied — GruB — Stimme im Dunkeln — g| 

Ws Die stille Stadt — Die feme Laute — Blick g 

jjj in's Licht — Dann — VergiBmeinnicht — ^ 

jj| Hans Joachim Moser, aus op. 2 u. 3 Die Stimme des Abends — Schneeflocken — ^ 

1= , Vitezslev Novak,- op. 39 Nr. 5 .... Helle Nacht — U 

H Oskar C. Posa, op. 4 Menschentorheit — Sehnsucht — Narcissen §5 

'p| Beschwichtigung — S 

U Janies Simon, op. 4 Nr. 5 Maiwunder — gj 

H Bogumil Kepler, op. 76 Nr. 5 .... Nicht doch! — j§ 

I MUSIKYERLAG N. SIMROGK G. M. B. H. berun-ueipzig Jj 

ffi'iinili!:!':!;',:!!,;-::: : ;i!! : :;-i- 'Lv:;^^: ': ; ; '; : : ': , : . V - - ^' :'■ . :- .: : .- . : . :: . ■- : : ' ' ! "■ 

124 ♦ 



Zweier SeetenLied* 



£ in/ac/i /77? Ivrtrcztf. 



Richard BehmeL. 



Za-n\TtdqMlitt i Of.i*- s • 



t™ ha *"*■ 



un-t! ff/'ei e/'fr^. 




0$ der Tb& fteqivvt oh die Ttar/b/- de-pmnf f/ntff/ eu-*yjSM#r'?r /n wrfZ&e&n af& £?'* $? 




£/£/ U7t# Pap f£r Fay et.?? f ,rer'?z $rf eft? frty ta Pfartf tins' err? 




foiivridit It'-" t' v Xt'tit'NU'-'i ■'■£ MpII H<Tlin-\VciJ,!i'::si 
XotJ-iilTeilUK.. zu'.MiJoa- 3. JJ-R April 1!L»0. 




Krwh-mt ,irti 1. uml Hi. jViltm Moa.Hs, Zit liozii>iit'd dur.-h dii> I'ost.insmlten, Hudi- u. Musilf.alionliandluoffen, soivio dinnkt vom VWIns. 
|{.-.i ; .k'.ior>: II.tI'ifi \V. lu. Ku tJ '.-iii A.i^.iM.i.,tr. -J. J-'.-r.-iruf: Liitzinv :i-tl':j. - Yorlaj,': B.-HIii-Wfi.-ssiiso.., li.Tlin.-r A I loo 71, Furnnif: W>. 1^. 
IV-i^ ■!.■.- Kinw'r]Ii..i-(v:i Mk. -VIU, im Vi.-n.-lj.-Aljurm. Mk. 12.-. \»>\ Kn'tizbiindli.-zuj,' viorteljf.hrlich Mk. 13.-. — Nmrliiiruek vortiHialii'ii. 

Nr. 6 Berlin, den 1. Mai 1920 I. Jahrgang 

INHALT 

Prof. Dr. ADOLF WEISSMANN .... Moderne Mujikkrifik 

A. M. AWRAAMOFF Jenjeifs von Temperierung und Tonalifa* 

Dr. FRITZ STIEDRy Der Operndirekfor Mahler 

EDGAR BYK Mahlers Ehffefe ein Vermachfnis 

Prof. Dr. OSKAR BIE . . ' MujUalifdie Perfpektiven, III. Das Oraforium 

Dr. HUGO LEICHTENTRITT Das Mahler-Feff in Amtferdam 

FRITZ-FRID. WINDISCK -Willem Mengelberg 

Prof. Dr. WILHELM ALTMANN .... BedeufendeNeuerfcheinungen u. Manufkripte 

BEILAGEN: Bildnis Guffav Mahlers aus dem Satire 1895 

i.ius ilem Priv.-itbesitz des Mcrrn Dr. Berliner, Berlin) 

Rodin's Mahlerbiiffe 

Portrait Willem Mengelberg's 

Unveroffentliditer Brief Guffav Mahler's In Fakfimile 

(Diescr Brief, wic dor Regerbrief nus No. I ist uns von dcrn derzeitigen Bcsitzcr, I term 
Dr. Werner Woiffheim, Bcrlin-Gnr.icwald guti^st zur VcroffeniKchung ubcrlasscu wordcit.) 

„MELOS" 

in einer Luxusausgabe 

erfcheinf monaflich einmal im Kunlrverlag 

Fri§ Guriitf, Berlin W 35 



,'S[. 



Moderne Mufikkrifik 

Von Adolf WeiBmann. 



Es gibt eine Krife der Kri.ik. Und es vvird notig lei., darker Klarheit zu Ichaiien. Ge- 

auch dieles Erftens und Zvveitens venaulchen. Im Anfa^ »~j£ s *r « 

^ te I ^^? I .r^l.^,"dS , i«SiS K^ XSr'ie « Hob gebozen g.aub, 

'^S^SSeCt-n ich zun.cb, [u biek ti v und pzo dome f ec be. Es vvizd Hch 
zei J daB Ls von objektivem Wen und fflr das Endergebnis hochl, w.ch.g m. 

Aber grenzen wir doch erlt einmal Mulikkritik gegen ,hze Sch»-estern ab. lh.c U.ge , t 

des Erlebten nicht welentlich Ichwlehen. Dean iehon am Erleoms ».r»t der \e.!tand .eu 5 ena 

Und SuKkkritiker abez ha, e* .it den, CniaSbazen gekanap*. Er bat ^^^S 

ve-ww durch eine befondere Intentidt des Geffihls. denn es ftrwnt .hm von e ™«m Jenfc u»en 

•, d auf ihn eindringt und rich rarcb vez:1ucb:,g, Wie kann ^^^J'™^ 

kritifehen Technik warden? Es vrfucht, rich dem ^"^.^^^TtosKo- 

Eiklang zu bringer, oder erfolgreich gegen ^^^' Erkenmnis der K »n!:emwicklung 



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26 



die Rede ift, meldet rich die technifche Schwierigkeit. Freilich fflr den phantafievollen Kritiker 
ift He nur ein Reiz mehr: Reibungen zwifchen dem FaBbaren und dem UnfaBbaren geben Funken 
und entzQnden den nachfchaffenden Geift. Imnier vorausgefetzt, daB der Kontrapunkt im 
fchreibenden Menfchen die Befruchtung ries Siils durch die Phantafie, durch den befeelten 
Klang nicht hinder:. 

Doch gemach: es meld en fich noch andere Sehwierigkeiten, verurfacht durch den Mufik- 
betrieb. Der Betrieb will marktmaBige Verwertung der Alufik. Auch das Theater kenm fie. 
Aber nur die Muffkkritik hat lich daran gewiihnt. die marktmaBige Verwertung der Kunf: a's/fOr 
iich richtunggebend zu betrachten, ihr bis in die letzten Auslaufer zu folgen. Das Idea! der 
Mufikverwcrtung wird durch die ebenio fordernde wie hemmende, jedenfalls aber unentbenr'iche 
Macht des Konzertfaals, durch die Frau veriochten. Ihre rein gefiihlsmaBige Autfaffung der Muf:k 
fchafft ein Gewohnheitsrecht auf alles, was dem Geift entgegenkommt. und macht He fcharf gegen 
das. was ein Getiihl erft aur Umwegen vorbereitet: auf die neue Mufik. Di^ MuOkverwertung gruiJeii 
und immer groBeren Stils haftet an einer Unzahl ausfflhrender Perfonlichkeiten oder U'npert'"r.iich- 
keiten. Ihre Eitelkeit und ihr Intereffe forden die Kritik. Und diefe muB fich nun felbf: erniedri^en. 
Denn die Beurteilung von Unperfonlienkeiten wird Schablone und Zen fur. Die vie!gelchmahte 
Zensur aber, die alle Schattierungen des Uriel Is befitzt, fetzt fich in Rekiame oder das Gegemei! 
urn. So deute: der Gedanke, daB a!!e Musikverwertung letzten Endes auf Kritik zielt, die musik- 
kritifche Technik im Laufe von Jahrzehnien des Betriebes herab. Aber nicht nur lie. Denn die 
fchabionenhahe Verwertung fflhrt bei den Beobachtenden und Urteiienden eine Erftarrung der 
Afthetik herbei. Aus ihr wird auch derMafiftab fur die Beurteilung des neuen Werkes hergeleitet. 

Ermuglicht wird dies durch die Zeitung. Wie weit der Weg von der Kritik der Roulfeau, 
Diderot und Grimm uber E. T. A. Hoffmann. Robert Schumann Rellftab bis zu der Form der 
heutigen Zeitungskritik.. 

„Mufik, iiber die man nichr fchreib;. hat ihren Zweck verfehlt." Diefer Wahn wird genahrt 
durch die von dem fchunen Ungeheuer Zeitung genahrte Suggefrion. Die allgegemvartige Zeitung, 
die Augenblickswerte in fchimmerndes Gold ummilnzen moeh:e, foil im Kreife vielfaltiger Intereifen 
auch den Mufiker beherbergen. Aber Mufik und Zeitung wideriprechen fich. wie fich ebeis ro- 
mantifche Ertraumtheit und rafchefte Allgegenwartigkeit widerfprechen m Often: doch in einer Art, 
daB der Widerfpruch auch hier den Reiz erhuhen und im phantafievollen Beobachter feltfame 
Entladungen hervorrnferi kann. Hier bie-.et fich d^m im Mufikkritiker lebenden Doppelwefen AnlaB. 
zwifchen allerlei Fahrniflen Eigenar; zu eniwickeln. 

Immerhin: die Zeitungskritik. venuhreriich fiir den Wirkungswillen, kanit nur einer Auslefe 
von Menfchen geeigncte Piauiorm iein. ihre Perfonlichkeit durchzufetzen. Macht lollte nur das 
Verantwortungsgeiilhl fteigern. X:rge:-;is wuhi wie in der Atufikkririk durchdringen Iich inhalt und 
Form: eben wie in der Mufik lelbft. Se::: fchr:ftf;e!Ierifches Eigenwefen, ohne auf Witz und Humor 
zu verzichten, coch im vuliigen Einkiang mi: i ein em Verantwortungsgefuhl ge'tend zu macheu: 
dies if: der Triumph der PeriOnlichkei:. ries Kunitlers, der dem Journaliften, dem Schriftftelier die 
Feder fQhrt. 

Und es muB gefagt werden: Die Anlp ruche an Zeitungsmufikkritik waeMen. Gefchicktes 
Feuillettonifteln, das Verlegenhei: und Flachheit decken foil, ha: den Kredit verioren. Wie das 
Lefebedurtnis fich im allgemeinen verieinert hat und dem Effay a is Grundrorm auch des befferer. 
Zeitungsbeiirages zuwendet. .io wird auch in der Mufikkritik. dem am wenigften entwickei'en 
Zweige der Kunftkritik,, das Kunftlerifche fiegreich. 

Aber der Wille zur Form, eine Frucht erregter Sachlichkeit, kann fich im wdemlichen nur 
verwirklichen gegeniiber einem anderen Objekt. als es ein fchablonenhafter Mufikbetrieb. eine 
marktmaBige Mufikverwertung if*. Das neue Werk fordert die einfiihlende, kennzeichende. 
geftaltende kritiTche Perfonlichkeit. 

Der Verwertungsbetrieb. der Ermudungserfcheinungen hervorrufr, hat langft die Gegenftrumung 
gezeugt: Heftigkeit, Haftigkeit im Herausf:e!ien des Neuen. Die vermehrten Auffilhrungsm<"giich- 

127 



keiten begttnftigen das. Der Kritiker treibt, die KUnftler mit dem Ziel 'der Kritik laffen lich 
treiben. In der Malerei hat das zur Flutwelle der bekannten Ismen gefllhrt, die in einer Unzahl 
Ausftellungen rcharenweile auftreten. In der Mufik, die immer etwas nachhinkt, haben lich diefe 
lsmen noch nicht vcMlig kriftallifieren konnen. Sicher ift, daB in der Malerei auch filr das 
Icheinbar UnzugSngliche ungeahnte Verwertungsmoglichkeiten geboren find, wahrend in der MuHk 
der paffive Widerftand einer groBen und enUcheidenden Menge alle Brticken zu der Mufik der 
Wenigen (und Jungen) abbrach. Sie ift nicht gewillt, rich gegen die TonalitSt zu bekennen. 

Ich (telle hier nur feft. Und fUge hinzu, daB in den beiden Schwefterkunften, deren An- 
gehOrige lich freundlich grilBen, ftarke Gruppenbildungen nicht zum wenigften durch dasTreiben 
der Kritik gerchaffen find. Filr die Mufik, in der das Forrftprcblem entfcheidend i[t, hat lich aus 
der Oberhitzung und Oberhaftung eintweder eine durchgehende Halbfertigkeit oder, als Expreflionis- 
mus, eine Formfchrumpfung als Ausdruck letzter Gedrangtheit ergeben. 

In der Kritik der bildenden Kunrt tritt nun, urn die bloBUellenden Wirkungen der Ober- 
treibungen zu befchwOren, eine Art Gegenrevolution auf: Gegenrevolution gerade auf Seiten der 
unzweifelhaft Fortfchrittlichen. Der EinfluB der nun mit dem Ausland lich neu ankniipfenden 
Beziehungen fpricht mit. 

Auch der forUchrittlich gefinnte Mufikkritiker konnte rich vielleicht zu gleicher Gegenrevolution 
veranlaBt ftihlen. Aber ich glaube, bremfen geniigt fchon. 

Der Wille zum Pofitiven in cler modemen Mufikkritik ift langft als Furcht vor der durch 
Wagner geprangertenBeckmerierei erkannt. Er HieBt aber als felbfiverftandlich aus innerem Kiinftler- 
tum des Kritikers. Diefes ift gerade im Mufiker mit dem weiblichen Einfchlag ftark verknUpft. 
Hindert es aber die MSnnlichkeit fich kraftvoll zu auBern, zu wahlen und zu Tondern? Ein 
KQnftler wird nie Beckmeffer werden. Darum aber werde er nicht willenlos. 

Der Ktinftler will, urn pofitiv und kiinftlerifch zu bleiben, i m prelf i on i Ttifch werden. Die im- 
preffioniftifche Maltechnik, auf die Literatur iibergegangen, ift Gelte geworden. Ware fie nicht als 
Syltem vieux jeu, fo bedeutet fie mindeftens eine Flucht vor der Verantwortlichkeit. Ihre Farbig- 
keit ift unentbehrlich, aber-iis^darf nie Selbftzweck oder Verfchleierungsmittel werden. Sie hiUt 
die Stimmung gerade ernes mufikalifchen Werkes Ipiegeln, aber fie fiihrt zu bewuBten oder un- 
bewuBten Taufchungen. 

Wer fich aus Hochachtung vor dem Produktiven gegeniiber dem neuen Werk jeder Willens- 
regung begeben will, verkennt dies: die innere Verwandtfchaft des heutigen Schaffenden mit dem 
heutigen Kritiker. ..Weltanfchauung als Quelle der Kunft", dies ift eine durch alle Kiinfte, durch 
alle Kttnftler gehende Oberzeugung. DaB in jeder Kunft am Ende ein Stuck Weltanfchauung 
Iteckt, ift unbettreitbar. Aber das BewuBUein diefer Weltanfchcuung verruckt den Sehwinkel des 
Schaffenden und riihrt an feine Naivitat. In ihm Iteckt etwas Literarifches, etwas Kritifches. Er 
ift von dem Kritiker n&Wt mehr artverfchieden. Im Durchfchnitt darum vom KritikerTiochft beeinfluBbar. 

Nichts ift fruchtba;er als Revolution. Und es ware toricht, das Vorwartsfchreiten der Kunft 
mit einem kritifchen Wort hemmen zu wollen: Aber ebenfo toricht, auf die Willensregung zu 
verzichten. Der kritifche Wille zum Pofitiver wird alles Geniale, auch wo es ftammelnd auftritt, 
bejahen, aber die Wertfchatzung der Form zu erzwingen fuchen. Er wird in einer Zeit der Er- 
hebung des vierten Standes die Briicke zwifchen Volks- und Huhenkunft bauen wollen. Wird 
den taufenden von Talenten auch ohne unterfchiedslofen Begeifterungstaumel helfen konnen. 
Wird auf den notwendigen Zulammenhang zwifchon Weltanfchauungsmufik und dem Muh'kantirchen 
hinzuweifen haben. 

Dies, fcheint mir, ware die belte Art, das Neue und Wertvolle zu fordern. Aber Hut ab, ihr 
Herren, vor dem relbftkritffchen Genie. Wenn es da ift. Noch aber ift man dabei, Programme 
zu Iprechen, Grundpfeiler zu bauen. Wir warten auf das geniale Werk, das Schonberg und 
Vergangenes organifch bindet. 



* 



128 



Jenfeifs von Temperierung und Tonalifaf 

Von A. M. Awraamoff 
(Auforifierfe tfberfe&ung aus dem Rujftfchen von Hermann Scherchen) 

I. 
Ein Verfuch zur Befrehmg von der femperlerfen Stimmung. 

Die 12 Taften unleres „wohl"-temperierten Klaviers find vollig gentlgend, urn eine ganze 
Reihe auBerft intereHanter Neufiimmungen vorzunehmen, durch die zum Teil die Zukunftstonleiter 
der natfirlichen TOne ihre Verwirklichung fande; auBerdem findet lien ein 12 Tafteninftrument 
(fei das ein Flttgel, ein Kaftenklavier Oder ein Harmonium) im Befitze faft eines jeden Mufikers, 
fo daB jeder fur fich ohne beionderen Koften- oder Energieaufwand dem immer dringender 
werdenden Bedtirfnis nachkommen kOnnte, rich durch praktifche Erfahrung mit den neuen Klang- 
fpharen vertraut zu machen.*) Denn alles, was zu jener Umftimmung notig ift, find nur — der 
Stimmfchliiriel und Geduld. 

Zunachft luchen wir mit Hiife des Kammertons c auf; nachdem wir dann allefeine Oktaven fo 
umgeltimmt haben, daB jede beliebige Oktave, gleich in welchem Register, einen abfolut ruhigen Zu- 
fammenklang ergibt, beginnen wir damit, den c-Dur Grunddreiklang von der Temperierung zu befreien. 

Unfere wich f igfte Aufgabe -ilt nun, das naturliche e in voller Reinheit wieder herzuftellen, 
da die grofien Terzen in der wohltemperierten Stimmung betrachtlich erweitert tind und beinahe 
der pythagoraifchen Terz gleichen. , 

Am offenh'chtlichftcn ilt die tiberwiegende GroBe der temperierten Terz e in der I. Oktave, 
mit deren Umftimmung wir auch beginnen. Wenn wir das naturliche e 1 zufammen mit den beiden 
angrenzenden c (c l und c-) zum Erklingen bringen, fo erhalten wir den c-Dur-Akkord in abfoluter 
Ruhe und Feierlichkeit, wobei fein Grundton in der groBen Oktave -4ind die beiden Quinten g 1 
und g- klar vernehmbar find. Halten wir jedoch die mathematifche Genauigkeit der Stimmung nicht 
vdllig ein, fo verandert fich fofort der Charakter des Zufammenklangs, indem alles zu vibrieren 
anfangt, das zu Grunde liegende c nur men* fchwach vorhanden ift und mit rythmifchen StoBen 
hervortritt, g vollig verfchwindet und das Gefamtklanggebilde leer und unruhig wird. Wenn wir 
alle diefe Anzeichen beachten, fo iTt es fUr ein fcharfes GehOr eine leichte Aufgabe, die Grenze 
fur die Erniedrigung des temperierten e l zu fixieren, und wir haben weiterhin nur notig e durch 
alle Oktaven hindurch bis zu volliger Reinheit des Verhaltniffes 1 : 2 herabzuftimmen. 

Die temperierte Quinte ift bei gut geftimmten Inftrumenter. meift kaum merklich zu tief, und 
wir erzielen ihre reine Klanghohe, indern wir fie im Zutammenklang mit den DreiklangtGnen 
(c 1 e 1 ) oder mit c- erhOhen. (Im zweiten Falle hbren wir in dem Moment, da die vollige Reinheit 
der Stimmung erreicht ift, deutlich und klar den Kombinationston c erklingen [in der kleinen Oktave]). 

Bei der Umrtimmung von g durch alle Oktaven hindurch empfiehlt es fich mit Benutzung des 
rechten Pedals Arpeggien zu fpielen; dabei kUnden fich fofort m5gliche Ungenauigkeiten in der 
Stimmung durch ftarke Schwebungen der nicht ganz fauber ftimmenden oder Ichon wieder herunter- 
gegangenen Saiten an. Nur durfen wir dabei nicht vergeffen, daB Schwebungen auch durch Ober- 
tOne hervorgerufen werden, und mtilfen deshalb die Urfache nicht ausfchlieBlich in der Tonhohe 
der betreffenden Saite fuchen, fondern auch durch NachprUfen der tieferen Oktave, Duo- und 
Septdezime. 

Wenn wir endlich fUr den ganzen Umfang der Klaviatur abfolute Ruhe. des Klanges erreicht 
haben, fo vergleichen wir den umgeftimmten c-Durdreiklang mit Arpeggien auf den TOnen as, f, 

*) Wir miissen jedoch den Leser warnen, die Umstimmung an Flilgdn mit doppelten, urn Wirbel gewundenen 
Saiten vorzunehmen, da diese sich flberaus leicht verstimtnen und bei der Umstimmung fortwatirend reifien. Sehr 
ist das Harmonium zu empfehlen, an dem sogar mehrere Stimmungen in verschiedenen Registern mSglich sind 
und dessen Ton auBerdem viel bestandiger, und bei ungenauer Fixierung empfindsamtr ist. Hier haben wir zur 
ErhOhung des Tones die Zunge an dem vibrierenden Ende, und zur Erniedrigung an der Basis abzufeilen. Da 
das Klavier leichter und schneller umzustimmen ist, empfiehlt es sich, das Harmonium nur im Falle 
systematischer und anhaltender Studien der neuen Klangreihen voizuziehen. 



els, d, fis, b und h, und es erfcheint faft unbegreiflich, wie unfer Ohr Jahre Jang diele falfchen 

Stimmungen hinnehmen konnte Die Falfchheit der Dreiklange auf den TOnen es, e, g 

und a ift jedoch fchon nicht erweislich, da wir deren Beitandteile zum Teil mit dem c-Durdrej- 
klang umgeftimmt haben. 

Nunmehr gehen wir an die WiederherEtelhing des reinen f-Durdreiklanges; hierbei nehmen 
wir die Umftimmung in umgekehrter Reihenfolge vor: anfanglich ftellen wir die Quinte von c- 
abwSrts feft (indem wir das temperierte Intervall erniedrigen!) und fuchen von dem fo erhaltenen 
f 1 dann die grofie Terz nach oben auf. . 

Nachdem wir diefe Operation nach der obigen Schablone ausgefuhrt haben, mtiffen wir jedoch 
die hierbei entftandeue Quart-Quinten-Reihe e — a — e einer Priifung unterziehen, unci zwar 
indem wir den a-Molldreiklang in Arpeggien fpielen und zugleich durch alle Oktaven hindurch 
den Wohikiang des Nonenakkords mit ausgelaffener Septime prtlfen: 

f — a — c — g. 

Als ficheres und beftandiges Anzeichen der erreichten Reinheit in der Stimmung wird l'elbft- 
verltandlich die vollige Ruhe und Feierlichkeit des Zufammenklanges dienen, in fcharfem Kontrafte 
zu den analogen Harmonien, die aus noch nicht umgeftimmten Tonen zufammengefetzt find. 

An dieler Stelle wenden wir uns vorubergehend von unrrer eigentlichen Aufgabe ab. Nach- 
dem wir auch die Quinten g — d und e — h von der Temperierung befreit haben (indem wir d 
erhfcihen und h erniedrigen), haben wir voiles natOrliches c-Dur vor uns. Wie groli nun auch 
die Verfuchung fein mag, wenigrtens einmal im Leben ein unverfaifchtes „Dur" zu horen, mUffen 
wir uns jedoch (dem vorgefetzten Plan unferer Arbeit zu Liebe) begciigen, d und h nur durch 2 
oder 3 Oktaven hindurch umzuftimmen, da wir diere TOne fo wie fo bald von neuem verandern 
mUffen. 

Nachdem wir uns gentlgend der idealen Aufeinanderfolge der Dreiklange auf beiden Do- 
minanten und Medianten erfreut haben, machen wir netenbei einige intereffante Einbiicke in die 
Unvollkommenheit der klafHfchen Tonreihe, indem wir in einer Sequenz oder Kadenz die II. Stufe 
bertihren; fogleich fUhlen wir die unertragliche Falfchheit des auf ihr errichteten Dreiklangs, in 
welchem die Terz d — f und befonders die Quint d — a unertrSglich Und. Diefer ganze Drei- 
klang fordert unabweislich feine Umftimmung, wahrend gleichzeitig die Veranderung irgend eines 
[einer T5ne (z. B. die Erniedrigung des d urn das fyntonifche Komma 80 : 81, oder die Er- 
h&hungen des f und a urn die gleicbe GrbBe) uns urn eine der Dominanten berauben wOrde.' Un- 
zweifelhaft ftehen wir hier vor einem wichtigen Probleme, deffen LoTung eine Menge von Spezial- 
ftudien der in der Epoche vor Bach in den Kirchentonen gefchriebenen a-capella Chorwerke er- 
fordert, Towie Unterruchungen der Volksgetange und eine Durchficht der Schrifien aller bedeutender 
Theoretiker Uber Harmonielehre und Kontrapunkt. 

Es handelt fich darum, daB der Dreiklang auf der II. Stufe in Dur einfach falfch ift; trotz- 
dem wurde er in der der Temperierung vorangehenden Epoche gebraucht, d. h. zu der Zeit, als 
feine Falfchheit offenfichtlich und jede Verwechslung mit dem kleinen Dreiklang auf der III. oder 
VI. Stufe unm&glich war. Ferner finden wir ihn im Volksgefange, der feit jahrhunderten von 
der Temperierung unberilhrc blieb. (So z. B. in der charakterirtirchen Wendung des Kofaken- 
liedes: (Beifpiel I). 

Daraus folgt: daB entweder in all dieten Fallen der Ton d erniedrigt wurde — das hatte 
danh der Modulation nach a-Moll oder f-Dur entfprochen (oder — in der Epoche des ftrengen 
. Stils — der Mutation in die entfprechenden KircheritOne) — ; oder aber, daB die beiden anderen 
TOne des Akkordes (in welchen Fallen jedoch?) erhOht wurden, daB fernerhin der Dreiklang als 
fiir die Tonreihe charaktertftiiche Ditfonanz gebraucht wurde; oder aber, daB man endlich a bis 
zur reinen Quinte des d erhOhte, und f gleichzeitig bis zur natiirlichen Septime von der Dominant 
aus erniedrigte, und fo den Dreiklang als oberen Teil des natiirlichen Noneakkordes der Verhaitnis- 
zahlen 4.5.6.7.9 auffaBte", als welcher er in der Kadenz nun nicht mehr die Stelle des 
Subdominants-, fondern des Dominantakkordes einnahm. In alien Fallen rnuB die Stimmfiihrung 

132 



in Hinficht auf die Verwandtfchaft der aufeinander folgenden Tone in jeder einzelnen Stimme 
geprilft werden; zum SchluB ware noch fehr wertvoll, die theoretirchen Vorrchriften aller VerfafFer 
von Lehrbuchern des Harmoniegebrauchs und Kontrapunkts Uber die Anwendung diefer Harmonie 
zu klaffifizieren. Dabei eroffnen Hen weitgehendlte Ausfichten: vielleicht gelingt es,das wirklicbe 
Wefen.der Kirchentone aufzudecken, entgegen der Behauptung, daB die Tonika auf jede beliebige 
Stufe der Tonreihe ubertragen werden konnte; zweifellos wird es moglich fein aile FSlIe feftzu- 
rtellen, wenn Komponiften oder Theoretiker diefen Dreiklang mechanifch = falfch betrachteten 
und gebrauchten, ohne feine wirkliche BedeuUing und Teinen tatlachlichen Klang zu beachten — 
fo Tehe ich z. B. voraus, wie fehr der Ruf des. groBen Werkes C. J. Tanejews „Der verretzbare 
Kontrapunkt" leiden wird, wenn fich bei jener UnterUichung ergibt, da8 die mechanirchen An- 
wendungen der Imitation zu falfchenTerzen unci Quinten fUhren . . . . denn der Hinweis auf die 
Temperierung i ft in diefem Falle ohne alle Bedeutung, da Tanejews Unterfuchungen den ^Strengcn 
Stil" belreffen, der Temperierung weder kennt noch zuiafit 

Kehren wir jedoch zu unferer Aufgabe zurilck. Nachdem wir unfer Ohr an. dem idcalen 
e-Dur erouickt und uns von dem Fiktiven in der II. Stufe tlberzeugt haben, die fich in der Praxis 
Felbft auihebt und die Harmonie Uber die Grenzen der Tonreihe hinausfUhrt, wollen wir die Ubrig- 
gebliebenen Taften flir andere Ziele ve,rwenden. 

Die neue Tonreihe, zu der wir hinftreben, ift eine einfachlte Vereinigung von Tonen, welche in 
einfachften mathematilchen Verhaltnitfen zu einander ftehen; entfprechend den 12Taften des In- 
ftruments ift fie auf die ihnen entfprechende Anzahl befchrankt, und fUhrt vorlaufig nur eine neue 
Verhaitniszahl ein — 7 : 1, mit der wir die Grenzen des klaffifchen Dur-Moll Uberfchreiben. 
Wenn wir namlich 2 Paar natilrlicher Septimenakkorde emcliten, die gegenfeitig zu einander in 
Dominantverwandlfchaft ftehen, fo filllen wir damit alle 12 Taften aus. 

Der Septakkord der Verhaitniszahlen 

4:5:6:7 
gibt, auf c errichtet, folgende Tone-: 

c : e : g : ;i u*rioi-iii*-to 

Seine Umkehrung gibt, auf demielben Ton c errichtet, die Tone: 
i-ri^iiL^ii) a : f : as : C 
der Verhaitniszahlen 

V: : -!i : 4 /r, : I. 

Wenn wir die entfprechende Tonreihe auf f ernchten, To erhalten wir: 
fori ed i i seh) ?:b:des:f:a:c:E (firioiihisdij 
4 /t ~k 4 / 5 1 s / 4 3 /a 7 A 

Die Zufammenltellung diefer Reihe mit der auf c errichteten ergibt: 
A : f : as : c : e : g : p 
7 : b : des : f : a : c : E 

Da 2 der 14 Tone (f, c) zweimai vorkommen,* To bleiben uns genau 12 Tone zur Verteilung 
auf die Taiten. V 

Nachdem wir in der oben gezeigten Art as von c aus (erniedrigend) gefunden haben, des 
von as aus und b von f (indem wir fUr b die Tafte h benutzen), beginnen wir mit der Fixierung 
der natUrlichen Septimen fi, E , A und -,-. 

FUr die natUrliche Septime von c aufwarts (p) benutzen wir die Tafte b, indem wir ihre 
Tonhohe betrachtlich erniedrigen, bis ihr Klang gemeinfam mit den TOnen c— e—g ira Septakkord 
c_e— g— ^ zu einem Zufammenklang von abroluter Konfonanz verfchmilzt, deffen Kiange — paar- 
weile genommen zufammen mit der natUrlichen Septime — fich in der Tiefe durcb Kombinationstone 
erganzen, die mit den AkkordtOnen zufammenfallen. (BeiTpiel II.) 

Dementfprechend rtimmen wir den Ton der Tafte es zu E urn und prUfen die Reinheit der 
Stimmung an dem Zufammenklang mit fJ, der einer reinen Quinte (refp. Quart) entfpricht. 

Die Tone a und ■; nehmen wir von c und f abwSrts a'ls deren natUrliche Septimen: dabei 



■ !. 



mflflerTwir die Tone der Tarten d und ges betrachtlich erhOhen, fo, daB die auf der Talte ges 
errichtete natOrliche Septime urn das kleine Intervall 63 : 64 hOher als g wird. Dieles kleine 
Interval! entfteht auch zwttchen b und*p, To daB die a 7 ?, gleichzeitig angegeben, dem kleinen 
Dreiklang aus der oberen Halfte des nattirlichen Nonakkordes der Verhaltniszahlen 6:7:9 ent- 
fprechen. Den gleichen Dreiklang ergeben die Tone c— *— g. Dabei fallen KombinationstOne 
den Dreiklang zum vollen Nonakkord aus, und werden lo gleicherzeit zum Kriterium fur die 
Reinheit der Stimmung. 



3eisj***fc I 




jsf 



Pi 



Der Gperndirekfor Mahler 

von Ftifs Sfiedry. 

Das Gefdiitk habe inn zum Herrn eines Sdiloffes gemadif. Von Jdionffem Grund- 
ri^ und Aufbau. Dodi die Einridifung — frofcvielenZierafs, nidif weniger Koftbarkeifen — 
voU Sfaubes und veraltefen Plunders. S *:n Ziel fei, die Zimmer nadi feinem Sinn und 
Gefmmad* wohnlidi zu geffalfen. Viel Arbeit Neue Ttiren Fenffer Tapefen MobeL 
Mandies fei fdion gelungen, einige Raume ferfig. Nodi mehr bleibe zu tun, Doch er 
hoffe auf Erfolg. Sei es einff fo weif und er zufrieden, dann v/olle er feine Freunde 
zu Gaffe laden. Fur ein ganzes Jahr. lhr Behagen ihre frohe Zuffimmung folle dem 
Haufe, das nun in jedem Winkel Form und Geprage von ihm gewonnen, die eridlidie 
Weihe geben. So (ungefahr) pflegfe er zu fagen. Unbildlich gefprochen: Er wollfe 
feine Direkfionsfafigkeif durdi ein Fefffpieljahr kronend abfdilie£en. Ein Feffjpiel 
■von riefenhaffen Oimenfionen, beffehend aus der tt kompromi£lofen* (fein Leifworf) 
Vorfuhrung der gefamfen - werfvoUen - Opernliferafcir. Der Plan war mehr* als 
gigantijch. Er wollfe das Unmoglidie. Wer die Opernbuhne kennf, wei£: das zenfrale 
Erlebnis, die eine Erffauffuhrung iff einmalig und uitwiederholbar. „Den Ring auf- 
fuhren; in einem proviforifdien Brefferhaus; dann die Parfjfur verbrennen!" Man 
kennf den Ausruf Wagners. Daraus enfffand Bayreufh. Seine Idee laufef : Einmaligkeif 
(was immer wieder vergeffen wird). Mahler wollfe diefe Einmaligkeif iiberwinden 
perpefuieren monumenfalifieren. Den Bayreufher Gedanken auf das Reperfoirfheafer 
uberfragen. Ein fifanifdies Unfernehmen, Unferfangen. Es hie£ Belaffung "mif Sifyphus- 

134 



arbeif; ewiges Neu Anfangen; rafflofes von Vorne Beginnen: welche Qualenl In der 
Taf haf Mahler in den zehn CJahren feiner Direkfionsfuhrung den Figaro vier bis funf 
Mai, Zauberflofe und Don Juan drei bis vier Mai, Cofi fan fuffe zwei Mai „neu ein- 
ffudierf* und mif Jolcher Infenfifaf probierf, als ob diefe Parfifuren, den Befeiligfen 
vollig unbekannf, nodi na£ waren von der Tinfe des Aufors, Und ahnlich im Falle des 
Fidelio und den Werken Wagners. Er war viel- zu bewuj3fer lnfellekf, um die in der 
Materie liegenden Hemmungen nichf klar zu durchfchauen. Daj3 er dennoch, trotig, 
das Unerreichbare zu zwingen nidif nur enffchloffen, fondern iiberzeugt war, entjprichf 
durdiaus jener fauffifchen Grenzen veradifenden Grundfendenz feines Charakfers, die 
audi feinem fchopferifchen Werke als erfdiuffernder Konfeffion fragifchen Ringens heute 
fo ungemeine Anziehungskraff verleihi — Mahler haf die Arbeit unferfcha^f. Sie haf 
fidi an ihm gera&ii Ihn eigenuidi gefofef. Nadi fiinf nfahren unfaglicher Miihe refijgnjerfe 
er, fehr miid^ und zermiirbf. Wohl war er ein Jahrzehnf Operndirekfor. Docii die 
erffe Halffe femes Wirkens iff Jehr wefenflidi unferfchieden von jener zweifen, der die 
Ausfuhrung des ihn erfiillenden Fefffpielgedankens das Geprage gab. Man tut demnach 
bei rticfcfdiauender Betraditung gut, diefe zwei Perioden deuflidi zu fdieiden. Nidtf aus 
hiftorifchem oder biographifdiem Infereffe; vielmehr um des Beifpiels willen, das lie 
geben: als Verfrefer der zwei einzig moglichen Typen, in denen kiinfflerifche Leifung 
erffer Opernfheafer wirkfam werden kann. Zu ausfiihrlicher Erroferung iff hier nidif 
Orf nodi Raum, Dodi was die beiden Perioden frennfe fowie was ihnen gemeinjam 
war, erfcheinf kurzer Beleudifung werf. Im iibrigen iff gerade diefe Parfie des Mahler- 
buches von Richard Spechf ganz ausgezeichnef. Sie fei nachdrucklich empfohlen. — 

In den erffen fiinf Jahren haffe Mahler weder „Programm" nodi „SuT. Es kam '' 
ihm vor allem auf groj5es Reinemachen an, auf griindliche Sauberung und Durchluffung, 
kurzrlebung des allgemeinen Niveaus; dies war die Aufgabe des Dirigenfen. Es gatf 
aber audi die Bildung und Erziehung einer gefchloffenen kiinfflerifchen Gemeinfchaft 
(„Enfembles"), fahig jener gr0j3en Aufgabe, die der zweifen Periode vorbehalfen war: 
die Aufgabe des Direkfors. Er ging mif fanafifdiem Eifer ans Werk, dirigierfe ungemein 
haufig, mehrmals in der Woche, dirigierfe alles: Wagner und Mozarf, Fidelio und 
Freifchm>lLorf5ing (darunfer die reizvolie „Opernprobe"), Smefana (Dalibor, verkauffe 
Braut), Charpenfiers Luife, Leoncavallos (I) Boheme : Damon, Eugen Onegin. Barenhauf er, 
Hoffmanns Erzahlungen ufsv. Sogar „Reperfoiropern" wie Aida oder Carmen iibernahm 
er ohne viel Federlefens. Die in der Haupffadie ■ min mufikafifchen Neuftudierungen 
folgfen einander in verhalfnismaJMg geringen Zeifabffanden. Er ffrebfe in ihnen weniger 
Ausfeilung im Kleinffen an als lebendige Empfindung im Ganzen und Ausfchalfung 
der iiblidien Theaferroufine. Mif ein paar fchlagenden Refoudien, erzielf in kurzen 
(dodi forgfalfigen) Proben, kamen Auffuhrungen zuffande, deren faszinierender Wirkung 
fidi niemand enfziehen konnfe. Einheif der Mufizierenden und Empfangenden war 
nadi wenigen Takfen erreicht Er ging fowohl in Tempo wie Rhyfhmus. und Dynamik 
off an die Grenzen des Moglichen, ja fudife diefe Grenzen auf und liebfe leidenfchafflich 
ihre Konfraffier'ung. Dem Vorwurf feiner ^iderfacher, „das gefunde forte fei ihm fremd\ 
konnfe man mifunfer Beredifigung nidif abfpredien. Im allgemeinen aber war der 
Dirigenfenerfolg unbeffriffen, ja friumphaL Seine Ekffafen hypnotifierfen. Wien lebfe 
in einem Mahler-Raufch. lilber die — hodiff individuelle — Arf femes Takfierens habe 
ich an anderer Sfelle gefprcdien (Almanadi des Dr. Wei$mann). Wiederholung erubrigf 
fidi. Die Bdhlerfchen,Schaf(enrif je geben annaherndes Bild. Anders als zum Dirigenfen 
ffellfe fich Wien zum Operndirekfor. Hier begegnefe er um fo heffigerem Widerffand. 
Seine Sorge (wie jedes Operndirekfors immer und iiberall) muf5fe auf das Nadijfe 
geridifef fein: eben jene Bildung eines Enfembles. Das bedeufef und bedeufefe: Er- 
ziehung zu Sadie und Werk, zu Ehrfurdif vor dem Budiffaben der Parfifur. Das 






bedeufef: es gibf keine „Rollen", weder kleine noch grope, fondern nur zu verkorpernde 
Gefiaifen. Mahler befe&fe urn eines bedeuffamen Takfes willen auj3erlich unfcheinbare 
Parfien mif erffen Kraf fen; fur ' die Walkuren, Meiffer (Meifferfinger) waren die fchonffen 
Sfimmen gerade rechf; gar in den Werken Mozarfs fangen nur die Beffen der Beffen. 
Dies Jcheinen dem Laien Binfenweisheifen. Sind fie jchon uberall fchwer durchzufe^en (die 
Preffe nimmf uberall fur die „Lieblinge w Parfei), fo rtirgends Jchwerer als in Wien, wo 
Perfonenvergofferung und Sfobern der Reporter in den Deffous der „Buhnengro^en*' 
felt jeher im Schwange fteht Es gab zunachff fchwere interne Kampfe. Sie wuchfen 
durdi das Biindnis beleidigter Sanger mif Journallffen (der ublen Art) zu „Affaren\ 
Skandal auf SkandaL Die Melodie iff auch anderwarfs bekannt; in Wien erklang fie 
in fdtarffter Tonarf. Die Renard ging, nach ihr van Dyk, Bertram, die Walker. Reich - 
mann ffarb von Mahler bekannflich gemordet. Winkelmann von dem Haliur.ken zu Tode 
geargerf. Die Angriffe, immer hef tiger und ma^Iofer, landefen Jchlie£lidi bei fchmu^igffer 
Gemeinheit Mahler blieb fteinern unbeirrt. Niemand bedauerte mehr als er den 
Verluft fo genialer Perfonlichkeifen wie der Renard oder des fabelhaften Bertram. 
Aber es muj5fe fein. Man fchrie Zeter und Mordio iiber das Ausjdieiden diefer „un- 
erfe&iichen" Mifglieder, man bedauerte fie als fdiuldloje Opfer eines fadiffifchen Au- 
fokrafismus; man weisfagfe den baldigen Niedergang des r alfehrwiirdigen Kunffinftifufes". 
Mahler fuchfe. Suchfe nidif ein oder zwei, Iondern voile fiinf Jahre. Und fand die 
Frauen Mildenburg, Kurz, Gufheil, Forffer-Lauferer, die Manner Slezak, Schmedes, 
Demufh, Weidemann, Mayr, Hefch und viele andere, den Gerannfen ebenbiirtig, 
nichf an Qualifaf der Kehle, doch an feelifchem Kiinftlertum — ein glanzendes En- 
femble, mif dem der Nachweis der Erfefjlichkeif felbff der van Dyks und Bertrams 
leicht gelang, ein Enfemble (nach mehr oder wenig gnindlicher Ausbildung) reif fur die 
* groj5e Aufgabe der zweifen Direkfionsepoche. 

Wie die erffe war- audi jene zweife durchaus fypifch. Nafurgema£ in anderem 
Sinne. Perioden der Vorbereifung und Sammlung ahneln einander wefenflidi. Die 
folgenden, der Reife, muffen nach den fiihrenden Gedanken verfdiiedenen Charakfer 
fragen, Mahlers Fefffpielidee wird ffefs vorbildlich bleiben weniger als Weg, wie als. 
-Beifpiel eines Weges — und als Infenfifaf. And ere Gedanken find moglich, ja nofwendig. 
Daruber fpafer. — Das Gefichf des Operntheafers nahm nun vollig geanderfes Aus- 
Jahen an., Keineswegs allein infolge des Einfrefens jenes neuen Zieles; idenfifch 
blieb ja nodi immer das pulfierende Zenfrum. Es lag aber an dem: audi dies Herz 
war fief innerlirh geanderf. Ich habe Mahler erff in der letzfen Zeif femes Lebens und 
fluditig kennen gelernt Die iliin nahe ffanden, werden wiffen und beffafigen, woran 
' fur midi kein Zweifel iff, dap er ungefahr am Sdiluffe der erffen Direkfionsperiode, alio 
urn das 3ahr J90^, eine grundlegende pfychifche WancUung, ja eine Art feelifchen Umffurzes 
erlebf haben muffe. Das Kunfflerifche redef zu deufliehe Spradie: fowohl beim Kom- 
p^niffen wie beim Dirigenfen. Man vergleidie die erffe mil den lefzfen Symphonien: 
im Allegro des erffen Safzes der V - fen kundigf fich an, was fpafer in der fechffen, 
fiebenfen, achfen zum Durchbruch gelangen follfe: rafend-bohrende, der eigenen Qual 
nie fidi erfaffigende Fragen um Ewigkeif, Jenfeifs, Menfchenbeffimmung; als Reaktion 
Allegretti (anders als die fruheren) von abjonderlicher Nadif- und Gefpenfferfarbung 
und, fehr charakferiffifdv Fehlen der .... Adagios, die erff in den alierlefzfen Jahren 
als wehmufigffe Abfduedsffutke wieder auffaudien (Lied von der Erde, IX. Symphonie). 
Audi hier erfcheinf die V-fe als 13bergang. Ihr „Adagieffo", fiir Sfreidier und Harfe, 
iff reidilidi fdiwadi und farblos gerafen. (Das andante moderafo der VI fen hat bereifs 
fdilendemd-fl;.cpenden Charakfer.) Es lag — in fiefem Zufammenhang mif fdiweren 
feelifchen Krifen — eine Verfchiebung deffen vor, was ich Grundfempo nenne. Jedem 
Mufiker (es cibf nur produkfive, fo weif fie Kiinffler find) eignef folches zenirale 



136 



WPP 



Zeifmag. Die Groge um diefen Miffelpunkt iff mir immer als zuverlajfigffes Mag der 
mufikalifchen Begabung erfchienen, d. i. der Tempo-Reidifum. 3ei mandiem Mujiker 
friff im Laufe des Lebens ein Wechfel ein. So gelangfe Mozart von einem fluffigen 
Allegro zu einem zwifchen dem Lento und Allegretto liegenden ZeifmajSe, Beethoven 
vom Allegro zum Adagio. Diefe Verfchiebungen haben ffefs fiefe Urfache (woriiber 
gefonderfe Betraditung Nutzen brachfe). Wagners Grundfempo blieb immer das nam- 
lidie: das Adagio; SfraujSens: das alla-br eve-Allegro. Das Preftiffimo — es lei den 
Sfumpern verraten — iff nidits als eine Nuance des Adagio; oder umgekehrf, wenn 
man will. Mahlers Grundgefiihl wanderfe von einem dem Adagio nahen Zenfrum zu 
merkwiirdig ffark zuriickgehalfenem Allegretto — eine Wandlung, die Jeinem damaligen 
Mufizieren durchaus den Stempel gab. Mehr nodi als am Komponiffen ward dies am 
Dirigenfefn augen- und Jinnfallig. Wagner, friiher von ihm zur allereindringlichlfen 
Wirkung gebrachf, bebam fonderbar fremde Ziige. Den Meifferjingern wurde, vpllig 
gegen d^s Werk, das man wohl am beffen mufizierfelig und iiberfchwenglidi dirigierf, 
eine riolzjVhnitt-Allegrefto-Maske aufgezwungen. Arfiftifdi zwar fehr reizvoll, aber nidit 
rechf behaglidi, (wenn audi fympafhifcher als die gewiffe Verjion: „MeiJferfinger als 
Lufffpiel", unter der Devife: moglichlf gefchwind). Der Ring erhielf efwas merkwiirdig 
Gehefzfes; der Triffan, immer nodi von unerhorfer Wirkung, efwas unfagbar Gequalfes 
Qualendes Nichf Befreiendes. Die manuelle Form jeines Dirigierens veranderfe fich in 
derfelben Richfung. Zum Sfarren. Er zog fich, vielleichf Jchamhaff, in fich felbjt zurudc. 
Hothffe Suggeftion ging von einem in marmorner Ruhe verharrenden Korper aus. 
Unvergej31idier Anblick. Doth war diefe Ruhe die eines Vulkans. Aus raffelhaffem 
Grunde konnfe man immer gewarfig Jein, fie in Flammen ausbrechen zu fehen. Und 
es gefchahgelegenflichjehr felfen, Soforf aber trafwiederalfeBewegungslofigkeif ein.— — 
So fiigf fich aus dem Gefichfe des Xompcniffen und Dirigenfen Mahler ein ergreifendes 
Bild femes' damaligen feelifdien Zuffandes: Schweifender Drang zu panfheijfifcher Myffik 
war hier vereinf mif niederdriickendem Verganglichkeifsgefiihl; Ewigkeifstrunkenheif mif 
herber Selbftziigelung; vehemenfes Bediirfhis zu herrfchen mif franziskanifthem 
Bruderuberfchwang; fiefer Glauben an [idi und feine Berufung mif Bewu£tfein 
der Unzulanglidikeif alles Menfchlidien; fauffifches tiber fich hinaus Wollen, 
dionyfifches Auger fidi Gerafen mit askefifcher Scham; Schwung, der alles wagfe, 
mif plotjlim an der Wurzel des Idi nagender Unficherheif;.zarfliche Gabe an Menfdien 
und Dinge gepaarf mif furditbarem Einfamkeifsgefuhl ; Giife mif Ruckfichfslofigkeif; 
Zufrauen mif verlefsendffem Migfrauen. liiber all Diefem eine unendliche Sehnfuchf, 
jerien Gebrodienheifen und Widerfpruchen zu entrinnen. Wiinfche Kampfe Aufgeregt- 
heifen hinfer fich zu laffen. Eine Briicke zu finden. Auf griiner Wiefe liegen, mit den 
Augen zum Himmel, laufchen dem Wogen des Grafes, dem Bienengefumm, Vogel- 
gefang, dem wehenden Klang ferner Trompefen und Glocken; zufchauen den Tieren* 
Steinen Baumen. Oder in nachflichem Walde fpazieren, wie als Kind feinem Spuk 
fidi iiberlaffen; Jfili heimwarfs kehren, am Nachfwachferhorn vorbei, an gedampffer 
Wirfshausmufik .... Nidit denken; vergeffen. Vergeffen und fich freuen. Die Sehnfuchf 
ging ihm nicht in Erfiillung. Die Fluent gelang feifea Er muj3fe fich mif fehnenden 
Phanfafiebildern der Nafurerlebniffe befcheiden, gelangfe felfen ans Zi'el der Erlebnifle 
felbft Solche Veranlagung (Sehnfudif nach Gipfeln der Genialifaf) kennf man bei 
Dithfern wie Lenz oder Kleiff, bei Malern: van Gogh. Kauni bei Mufikern. Mufik 
fdieint Einheif vorauszufe&en, Mozart war merkwiirdig genug, keineswegs jene Erfiillung 
eines fpielerifchen zierlichlieblidien Rokokozeifalfers, wie inn hunderf und mehr 3ahre 
zu fehen gewohnf waren, ein Nafurell voller Unfiefen und Kliiffe, dock er fand die 
Briicke; und welche Briicke! Desgleichen der Gofffucher Beethoven; er erreichfe hochffe 
Harmonie in den fpafen Quarfeffen. Mahler blieb diefe lefcfe Erlofung verfagt Tragib 

137 



Jchreif aus feinem Werke. Audere Bezeichnung fcheinf hinfallig. Es iff allerperfonlichffe 
Wirkung, fonff nur ausgehend von f'efer Bekennmisdicftfung. im Munde efwa eines ra- 
jenden Deklamafors. — Nun rnoge man ermeffen, was es bedeufen muj5fe, wenn ein 
Kiinffler folcher Art, nach den angedeufefen feelifchen Krifen, nachdem er als Opern- 
direkfor jenen fauffifchen Fefffpielgedanken zur Verwirklichung beffimmf, fiir die Auf- 
fulrrungen des Riefen-Zyklus nur ein Moffo gelfen lieJ5: abfolufe Vollendung. Es gab 
Proben von nie eriebfer Infenfifaf und Exfenfifaf; Verbrauch an Nervenkraff, den die 
Wenigjfender Befeiiigfen gewathjen waren; monafelanges Feilen, Beffern, wieder anders 
Verfuchen, neuBeginnen, das die Beffen verzweifeln lieft; es gab Zank Sfreif wilde Zu- 

fammenff6]pe Szenen Tranen Abfdiiedsgefuche Wien hallfe wieder von den 

Erzahlungen iiber den Safan Mahler. Seme Gemeinheifen waren Tagesgefprach. — 
Bis die Auffiihrung kam, die alle Gegner verffummen inachfe. — Freilidi nadi kurzer 
Zeif, off nach wenigeh Xagen, begann das feils qualvolle feils ekle Spiel von Vorne. 
Richtig. iff und zuzugeffehen; Der friiher Jo haufig dirigiert haffe, erfchien wodnenlang 
nichf am Pulfe der Hofoper. Vom Teufel der Vollendefheif gepackf, mujSfe ihnf alles 
Improvifaforifche verhaj3f J'ein. Er leifete nur rnehr feine Neueinffudierungen. Da er 
Biihne Solij'fen Orcfrejfer fur die lange Zeif Seiner Vorbereifungen mif Befchlag belegfe, 
fanken die iibrigen Vorffellungen auf 1 hochff beklagenswerfen Tiefffand — frof> fcha^ens- 
werfer Qualifaf der anderen Kapellmeiffer, denen es t'owohl an Moglichkeif wie Auforifaf 
gebrach, mif einem erfchopffen Perfonal die ihnen zugewiefenen Werke angemefjen zu 
probieren. Mahler war fidi audi diefes 13beis Vol! be-wuJ5f; fein Ideal, in def Woche 
nur drei bis vier Mai zu fpielen, alfo dem unfeligen T teperfoirbefriebe zu enfrinnen, Iiej5 
er nie aus den Augen. Aber Was wu.J5fen die Wiener von feinem Ideal! Er wurde 
maj31os mij3verffanden„ Der enorme Erfolg der NeuUudierungen konnfe iiber den Schmufs 
in ihren Paufen nichf hinweghelfen. Er war JchUVjiich der Erffe, deffen Nervenkrafi ver. 
fagfe. ■ Des Treibens miide ging er, im Berbff 1907, nadi Amerika. Er ffarb ■ 
im Friihjahr 1911- Nidhf an den~Sfrepfokokken,/die inn in New-York iiberfieien, fondern 
an den fiinf Jahren frudiflofen Kampfes geger:' ein widerffrebendes Perfonal und eine 

widerffrebendeSfadf. NurC nachdem er nafiezu ein Jahrzehnf fof iff, lebf allenfhalben 

Erinnerung an jene unvergej3Hdie Auffiihrungen auf. Nun umwehf ihn zugleich Glorie 
des Marfyrers und Heros . . . . j 

" Mahler haffe fich in der erffen Peri";de feiner Direkfionsauffuhrung haupffachlich 
mif der muVikalifch-deklamaforifcheTi DurcYibildung feines Perfonals befa£f, mif der dar- 
ffellerifchen nur infoferne, als es rafchen Erfolg zu erzielen oder fchlimmffe Verirrungen 
zu verhiifen galf. Szene und Dekora-iion War noch mehr in den Hinfergrund ge- 
frefen. Das wurde nun von Grund auf anders. Alles- muj3fe fich der Idee des mu- 
fikalifdien Dramas unferordnen. JUfo Wagnerifche Anfchauungen. Mahler ffand hier 
durchaus :m geiffigeu Banne diefes I^leiffers. Das foil keine rierabfe^ung fein. Im Ge- 
genfeil. Es fei feffgeffellt: Mahler, war der Erffe und Einzige, der Wagners Gefamf- 
kunffwerk nicht efwa fur eine od sr mehrere Auffiihrungen, fondern als leifendes Sfil- 
prinzip allcr feiner Neu;*uaierungen mif bedingungslofer Konfequenz verwirklichfe. — 
Von 1902—7 geiang es ihm f.idi fdireibe aus dem Gedadifnis) folgende „Zimmer 
nach Jeinem Gefchmack einzurimfen": Figaro Zauberflofe Don Juan Cofi fan fuffe Enf- 
fuhrung r'idelio Euryan^he hjhigenie in Aulis Jiidin Hugenoffen der Widerfpanffigen 
Zahmung rra Diavoio (wenr ich nichf irre) Ealffaff Lohengrin Triffan Rheingold und 
Walkiire. Die Vollendung der Ringinfzenierung war ihm nichf mehr vergonnt Mif 
^Novifafen" Jparfe er (di^ Ueffigffen Angriffe blieben nichf aus}. Als Bedeufendffe find, 
mir in Erinnerung geblieben: Pique-Dame und die Rofe vom Liebesgarfen, zwei aus- 
gezeichnefe Auffuhrungen, zumal die erffe von unheimiicher Suggeffionskraff. Mahler, 
ein freund Schonbergs und fein Eordercr noch auf dem Sferbebeffe, blieb auch hier 



unbeirrbar, Nach ihm war die Pflidif crffer Gpembiihnen vor Allem, das in irgend 
einem Sinne Bewahrfe moglichft guf vor die Augen zu Jtellen; fur erff zu erprobende 
Begabung fei gerade in Deuffchland durch eine Fiille gufer Theater mehr als aus- 
reichend geforgf. — Diefen Sfandpunkf gab man vor nichf zu verffehen; man wurde 
plo&lich radikal. (In Wirklichkeif lag Verbindung der Zuriichgewiefenen mit 
der Preffe vor, audi diefe Melodie kennf man anderwarfs). — Die Litfe der 
angefiihrfen Opern machf zunachff efwas kunferbunfen Eindruch, iff aber ein 
Zeugnis vorurfeils'lofer Unparfeilichkeif. Was die Wiedergabe Jo verfchiedenarfiger 
Werke innerlidi verband, war der mufikdramafifche'Sfil: die tiugenoffen Euryanfhe 
die bezahmfe Widerfpanftige wurden nach dem gleichen Grandfatj eben w dargeffeUf". 
So ergaben fich Tragodien oder Schaufpiele oder Lufffpiele mif Mufik. Nur, dap auf 
der Biihne Jfatf des gefprochenen das gefungene Worf erklang. Mahler wahlfe fich 
als fzenifdhen Heifer Alfred Roller. Regie fxihrfe er felbff. Sfreng nadi den An- 
Jchauungen der Wagnerfchen Schriffen. Mif dem Superlan'vismus feines Wefens ging 
er audi hier bis zur le|,fen Konfequenz. Solche Gefolgfchaff — bei einem Manne wie 
Mahler — fcheinf verwunderlich. Ihr pfychi(cher Grund lag jedoch weniger in blindem Ja- 
fagen zu denldeen Wagners als in bedingungslos gemeinfamemNeinfagen demReperfoire- 
opernbefriebe gegeniiber, an deffen fcheuplicher Kunffwidrigkeif fidi feif 200 Jahren 
nichfs geandert hat (fiehe die fraurig-amufanfe Satire des Marcello, erfchienen 1720, 
neu gedruckf bei Miiller) .... Im iibrigen iff zu fagen: Die Sdiriffen Wagners ent- 
halfen eine Konzepfion von forfre4fiendem inneren Schwung. Sie find in ihren pada- 
gogifchen- Teilen heufe ebenjo^aktuell wie am Tage ihres Erfcheinens, in den kunff- 
fheorefifchen . oder -philofophifchen Effays von genialer Hellfichf dorf, wo fie von Im- 
precation, Einmaligkeif ufw. . . . handeln, von ebenfo genialem Fehlbiick in der lehre 
vom Gefamfkunffwerk. — Wie iiberall hat fich nichf das Neue Wahre Richfige Be- 
hcrzigenswerfe feiner Lehren durchzufe&en vermodif, fondern das Blendende Irrfiim- 
liche in gewiffem Sinne — Banale. Es bleibt ein grundlegender Irrfum Wagners: dap 
die Wurzel des Sangers und Schaufpieters idenfifch fei; im Gegenfett, die beiden find 
wurzelhaff verfchieden; dap Di.chfkunff fur Mutfk (das . mufikaBjche Drama) Gipfel der 
Diuifkunff bedeufe; hier erfcheint Ende mif Anfang verwechfelf (Nie^fche) u. f . f ., . . . . 
Wie dem immer fei: diefe Auf 'a&e ffehen auf fo hoher Stufe, daP man die Dummkopfe, 
welche Wagner iiber die Achfel zu behandeln wagen, nur bedauern oder verachfen 
kann. Trauriger ift dap audi die Mehrkeif der Kulfurmenfchen noch keineswegs 
wiirdigen Ablfand zu diefem genialffen Kunfffchriffffeller gewonnen hat. Unkennmis 
kunn nichf weifer verbreitef feirt. Befonders Direkforen Regiffeuren Kapellmeiffsrn 
und . . . Krifikern fei aufmerkfamffe Lekfure diefer Schriffen empfohlen. Mahler kannfe 
fie jedenfalls in- und auswendig. Und es bleibf fein Verdienff, durch Sinnfallig- 
machung ihre — Irrfiimlichkeif fiir alle Zukunff klar erwiefen zu haben. 

Den Miffelpunkf feiner Bemxihungen bildefe Mozart. Ihm ffand er durch gemein- 
fames Grundfempo am nachffen. Auf der Biihne gab es Mufikdramafik : ein Schaufpiel 
Figaro, ein Lufffpiel cofi fan tuff e, ein Singfpiel Zauberflofe, ein Drama Don Juan. Im 
Mufikalifchen war das Le£fe an Durcharbeitung.erreicht Er empfand Mozart durchaus 
fubjekfiv und wandfe jich mif vollem BewuPffein von den iiblichen Rokokotempi ab*). 
Die Zauberflofe geiang ihm feelifch^am fchonffen. Weniger gefiel mir Don. Juan. Er 
fchien mir efwas gefpreizf, gewalffam zu efwas gezwungen, was nichf im Werke liegf. 
Technifch am hochjfen, als Vorffellung, ffand der immer wieder problerfe Figaro. Von 
deffen Auffuhrungen gebiihrfe die Palme jenen zwei oder drei, Welche im Sommer 1906 
zu Salzburg ffaftfanden. Sie bedeufen den unbedingfen Gipfel der Mahlerfchen 



*) Sichc m ein en Aufs3tz: „Mozarts Maske" erscliienen in der Zeitschrift „Rampenlicht" (Janner 1920) 

139 



1 



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§ 



li<T 

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Direkfor- und Dirigenfenfafigkeit — Damals wurde von Lili Lehmann ein „Mozarf-Feff * 
veranffalfef. Neben allerlei Konzerfgeniiffen waren im kleinen Salzburger ,7'heafer zu 
horen: Don Juan, Regie till Lehmann, und der Figaro unfer Mahler. Orcheffer: die 
Wiener Philharmoniker. Der Don Juan ifalienifch. Frau Lili tragierfe die Donna Anna 
ungemein pompos, dei beruhmfe Audrade fang die Tifelparfie Jehr rafch. Die Farrar 
fan als Zerline enfziickend aus und ein Ieporello aus If alien madife Furore. Am 
Dirigenfenpulfe: ein Herr Regnaldo Hahn aus Paris, Profekfionskind der Frau Re- 
giffeufe, mif viel Pomade im Haar und wenig Rhyfhmus, im iibrigen audi fehr fur 
Gefdiwindigkeif. Daneben Mahler mif feinem Wiener Enfemble — ohne Zelebrifafen; 
einfach und befcheiden. Welcher Unferfchied! Hier ffand die alfe, verzopffe (nodi 
heufe in Deuffchland nahezu uberall gebrauchlidie) Arf Mozarf zu mufizieren dem 
neuen Empfinden zum Greifen nahe gegeniiber. — Es war au£erff lehrreidi. — 

Neben die Mozarfauffiihrungen traf ebenbiirfig Iphigenie in Aulis und Fidelio, 
Audi Falffaff war fehr eindruckffark. Auf Einzelnes kann nidif eingegangen werden. 
Es bleibf hochff beklagenswerf, daj5 eine ausfiihrliche Gefchidife der Mahlerfdien In- 
fzenierungen bisher fehlf. Je grower der Abffand, der uns von ihnen frennf, 
deffo blaffer muj5 das Werk ausfallen. Nunmehr iff hodiffe Zeit Immer- 
hin: die Taffache von Mahlers Opernleifung wird aus der Kunffgefchichfe ebenfowenig 
fchwinden wie efwa die erffen Bayreufher Jahre unfer Richard Wagner. Ihr groj5er 
Werf liegf in dem Beifpiel eines bonfequenf durchgefiihrfen Gedankens. Gleichviel ob 
diefer Gedanke richfig oder unridifig, ob er die Probe der Zeif beffanden hat oder 
nidif. Wagners primare Begabung war die mufikalifdie (Verzeihung, lieber verehrfer 
Dokfor Hans Pfifsner), Seine Werbe ffehen in derfelben Reihe wie die der iibrigen 
MeifterderOpernliterafur; nidif amoerhalb. SingendeGofferSchuffer Prinzeffinnen Jungfern 
find freilidi „unm6glich" (Bie). Es gibf nur einen Riickweg aus der Sackgaffe: Frei- 
werden von Wagnerfdien Anfdiauungen. Neue Gedanken miiffen herrfchen. Es fdieinf 
mir nur Einen' zu geben, der Verwirklichung werf: Die Oper iff ein Welfbild, gefdiaffen 
von fingenden und mufizierenden Menfchen, gefdiaffen nach eigenem Gefe&. Das Bild 
mag fich haufig mif dem der Wirklichkeif beriihren — audi diefe iff nur ein Symbol eines 
noeh Tieferen — , demnacn hie und da dem Drama ahneln: Im Allgemeinen find es 
gefrennfe Wege. Der Sanger wird Schopfer der Mujik und Dekorafion. Die Biihne 
frei aller Gegenffandigbeif; fdimiegfam, wandlungsfahig; vom Regiffeur in Farbe 
Dynamik Rhyfhmus dirigierbar und auf den Sanger individuell einzuffelien .... Dazu 
bedarf es der Erziehung und Vorbildung des Sangers wie des Regiffeurs. — Hier 
zeigen fich Zukunffsaufgaben. — Der Operndirekfor wird,. gleich Mahler, viele Jahre 
der Vorbereifung braudien. Gleich ihm Perioden der Erfiillung erleben. — Wird am 
Ende audi er refignierf den Kampf aufgeben? 



# 




99 



FAMA 



99 



Dr. Borchardf & Wohlauer 

FKRTIGSTKLLUNG ALLTCR MUSJK-At/ KTKAGK 
Kumpositton . Instrumentation . Corrnpetititm . Transposition . Aurschnii!mn pe™ubi'ntT STrlodien 

NOTENSCHREIBBN 

t1mrlott«iibiirfr 4. WiwIamlsLr. -50 Fornsptwlier: SteinpljiLz 951"» 



140 



mmm*m 



Mahlers Ekffafe ein Vermachfnis 

Von Edgar Bvk. 
Guffav Mahler war Ekffafiker. Nicht Ekffafiker des Glaubens allein, des Gefiihls 
feiner Seele, fondern Ekffafiker der Welf, des Univerfums in Goffes AUumfangen ein- 
gefdiloffen. Ekffafiker der Tofalifaf. Mahler um?a£f die Welt driickf fie an fich und, 
driickf lie mufikalifch aus. Nidif fein Idi allein iff ihm Erlebnis und Problem, fondern 
fein Ich — und — die — Welf. So ift er Nafuraliff, Impreffionijf und Expreflioniff in 
einem, wie jeder ganz Groj5e, wie die Riefengenies Goethe, Shakespeare, Michelangelo. 
Darum iff er wahr, lebendig, okonomifch geffalfend und fief. Daher erweckf feine Mufik 
off den Schein der Programmmufik^ daher kann feine. Inffrumenfierungskunff mif der 
Richard Sfraug' verwedifelf warden, und feine rein-mufikrlifch differenzierfe Problematic 
fchafff Ahnlichkeifen mif Schonberg. Was ihn von den Programmmufikern und Sfrauj5 
frennf, iff die glaubig fuchende Seele, Was ihn von Schonberg frennt die glaubig liebende 
Seele. Schonberg's Reich iff nichf von diefer Welt die er haf3f (Behaarung des Kopfes 
iff feiner Meinung nach Afavismus, die Nahrungsaufnahme durch Effen wird abkommen, 
man wird fich durch nahrffoffhalfige Bader ernahren.) Schonberg horf nidifs von diefer 
Welf, er horf nur die Klange feiner Seele. Darum ha]5f er alien Nafuralismus, wird 
nafurfern, feine Mufik enffpringf einer Seelekonzentrierfheif, er iff in feine Seele verliebf 
(wie alle heufigen Expreffioniffen), die er refflos ausdnickf in Ton, Farbe, Wort Mahler 
liebfe die Welf wie Goff fie geliebf hat um derefwillen er ja feinen eingeborenen Sohn 
hingab. So hat er alle Hande voll zu fun, um diefe Welf und den Abglanz jener in 
Tone einzufangen. Darum haben Schonberg's Melodik und Harmonik eine rein 
franszendenfe Koharenz, Mahler's Melodik und Harmonik mufikalifche Koharenz und 
Konfinuifaf. Schonberg fchlie|5f Fenffer und Augen beim Komponieren. Mahler ffehf 
mif weif offenen Augen in Friihlings- oder Sommerlandfchaft Schonberg iff Reue, 
Bu£e, Afkefe, Seelen- und Goffverfunkenheit, geloff vom Irdifchen. Mahler iff in 
Goffes Werk verfunken, der Auserwahlfe des Himmels, der Heilige, der fiebenmal 
am Tage fallf und Goffes doch gewi£ ift Schonberg iff die Welf zuriichweifend, fich felbff 
verbrennend, ohne Gnade, Sfrindberg, der heilige Anfonius. Mahler iff die Welf um- 
fangend, iiberfliefSend, ekffafifch liebend, Doffojewski, Franz von Affifi. So iff audi feine 
.BanalifaT zu verffehen. Spargel find fo darffellenswerf wie Rofen und bleiben auch 
dargeffellf nur Spargel; Gemeinheit Senfimenfalifaf find auf der Welt alfo audi in 
Mahler's Werk. Derarfiges als Dirigenf zu verwifchen, hei£f Mahler's Infenfionen im 
fiefffen zuwider handeln. Denrt iff Mahler irgendwo banal, ordinar, fenfimenfat dann 
wollfe er es, muj5fe er es unumganglich und zwar fo fehr, als es da ffehf. ^ Da darf 
audi deswegen nichfs refufchiert weggeleugnef werden, weil er felbff nie iiberfreibt 
fondern der okonomifchffe aller Mufiker iff. Alles la|5f er fich vom groj3en Schopfer- 
willen erff abringen. Schriff um Schriff, off zogernd, aber vor nichfs zuriickfchreckend. 
w Die Sache wills" — mif diefem Leiffafj gehf er dran und vor, bis der Wille der w Sache" 
erfiillf, reffloslerfiillf iff. Er deufef memals blo0 eine Sache, ein Erlebnis an; es find 
keine Regungen des Gefiihls, die er hinwirff; ein Erlebnis, ein Stuck Nafur wird als 
Erlebnis, als Impreffion empfangen, inbrtmffig, die Seele wird erf chuff erf davon, bis fie 
in Ekffafe nichf anders kann und reden mu£: beginnf zu ffammeln, fagf es noch einmal 
deuflicher, noch einmal klarer, noch einmal ausfiihrlkher, immerforf es wiederholend, 
aber immer ffromender, immer fiefer greifend, immer hoher langend, bis alles refflos 
ausgefagf, ausgefungen ift (Daher die grojSen Durchfuhrungsfafse). Lieder werden zu 
Sinfonien, Texfe zuende gedichfef, wo dies nichf mogKch, zumindeff zuende komponiert 
bis fich dann audi der Text vorfindef. (Die Hymne im erffen Teil der VIII.) Alles wird 
. bis zur Ekffafe erhoben und ausgefchopff. 

141 



Erlebnis, Erfchufferung liegf immer im erffen Sa£»; der Hohepunkf jeder feiner 
Sinfonien im Durchfiihrungsfeil der erffen Sa&e, alles folgende ift Erklarung, Verklarung, 
Ausdeufung, Ausklang. (Bei Bruckner liegen die Hohepunkfe, die Ballung faff durch- 
weg in den vierfen Sa^en.) 

Refflos will er die Vifion geben. Aber audi nichf mehr, als er wirklich mif feinen 
Chren (fit venia verbo) gefchauf hat Darum diefe Okonomie in der Themafik. Ebenfo 
iff es mif der Inffrumenfion. Er fdireckf vor nidifs zuruck, er erfindef, wo es fein muj3 
(Hammer), und er nimmf die banalffen Inffrumenfe (Mandoline, Guifarre), um refflos 
auszudrucken, was er zu fagen; haf; er befchrankf fich aber foforf, wo es moglich iff, 
er haf nie w Fullffimmen*. Wie klein iff das Orcheffer der IV. Nie gefdiiehf efwas „des 
fchonen Klanges", der beraufchenden inffrumenfalen Farbe, des Wi&es, des Effekfes 
wegen, wie bei Sfrauj3. Mahler will nie Wirkung, er iff nie Impreffioniff des Aus- 
druckmiffels, fondern ffefs nur Expreffioniff eines (das unferfcheidef ihn von Schonberg 
und alien fpaferen) Eindrucks auf feme Seele; er iff nichf Expreffioniff einer aus fich 
felbff fich regenden, bewegenden Seele, fondern driickf die Welf durch fein Idi aus. 

Das Erbe feiner Okonomie und die Ruckfichtslofigkeif lm Ausdruck der Vifion 
haben unfere Mufiker von heufe gewahrf, aber das Umfaf fends, Welfumfpannende, ek- 
ffafifch Ausfingende, Mufikalifdi-OrgafUfdie fehlf. 

Er war der le^fe franziskanifche Ekffafiker der Tonalifaf. Der ekffafifch fich hingab 
an das Leben in all feiner Fiille und an Goff, der es umfchloffen half. 




142 



Mufikalifdie Perfpekfiven 



-^ 



Von Oscar B i e 

3. Das Oraforium 



Man nennf es Oraforium nach feinter alien Beffimmung als Teil des Goffesdienffes. 
Es iff ein hoherer Goffesdienff, als Gebef und Kirche, es \H erne der wundervollffen 
Kunffgaffungen, die es gibf. Auf einen Texf wird Mufik gefe£f fur Orcheffer, Chor und 
Soli in beliebiger Mifchung. Kein Raum, keine raumlichen Bedingungen befchranken 
die Kunff. Das Werk erfonf ohne Kuliffe, ohne Szene, ohne. Regie, ohne Bewegung, 
ohne Kofftim, in der Unendlidikeif, in der Abfolufheif. Es erfonf nur in Zeif und Ton. 
Es kennf nichf die Komplikafionen der Oper, die alle zwifchen Zeif und Raum ver- 
laufen. Das Worf ffehf guf zu ihm. Wir lefen das Worf Wahrend der Auffiihrung und 
iiber der Eekfiire fpielf unfere Phanfafie fo weif und fo fief fie will, fie bauf fidi ihre 
eigenen Dekorafionen und Maj5e der Darffellung, ihre eigenen Rhyfhmen der Bewegung 
und Bilder der Leidenfchaff, ihre eigenen Wunder der Ausffaffung, urn fo unbefdtrankfer, 
je myffifdier der Abgrund zwifchen der abfolufen Mufik und der Not der Sinnlichkeif 
fich dehnf. Wenn wir das Worf lefen, fcheinf es fiir uns auf deni Grunde einer fichf- 
baren Welf zu fchwimmen, nidif allzu beffimmf, nidif aUzu verpflichfend, aber doch fo, 
da)5 es den Klang aus irgend einem Zufammenhang mif Leben und Erfahrung feffigf 
und mofivierf. Und wenn wir gar das Worf nidif lefen, wenn wir es kennen, in Meffe 
und Requiem, wenn lafeinifdie Laufe aus irgend einer Urwelf der Sprache an unfer 
Ohr fchlagen, fo iff das Opfer des Worfes nidif fchmerzlich, wie in der Oper, fondern 
wir geben es gern hin fiir das hohere Ideal diefer Mufik und laffen es durch Keffen 
von Tonen auseinandergehen, in den Kauch des Gefanges und der Inffrumenfe zer- 
flaffern, fich hunderfmal zerreifien und wiederholen — es iff keine Siinde darum. Das 
Worf iff: vergeijfigf in der linden und feinen Luff der Mufik. 

Wir wiffen kaum noch, wie es im Goffesdienff begann. .Wir kennen die Sfeigerungen, 
die zu dem Gipfel Bath fuhrfen. Wir horen Sfiicke von Heinrich Schiifs aus der Zeif 
des dreij5igjahrigen Krieges, die zum erffenmal ifalienifdie Luff zu deuffdiem Gefiihl 
fiihrten. Gabrielis Ordieffer wachf auf, die Doppelchore der Markuskirche dramafifieren 
fich, das Rezifafiv der Monfeverdifchen Oper befreif die evangelifche Erzahlung von 
der Gregorianijchen Sfarrheif zu einer modernen Epik. Myffifdier Glanz umfdiimmerf 
die facrale Enge der riarmonien. Nafuraliffifdier Volksfon leuchfef ladiend aus ge- 
lehrfen Sa&en. Das Wunder miffelalferlicher Zwiefpalfigkeif liegf als Problem fn diefen 
Arbeifen, deren geiffige Biihne in einem Marchenland ffehf, nodi lange vor allem 
Geffalfungszwang unferer Zeifen. Das Szepfer ruhf in^ der Hand Bachs. Er iff der 
Konig des groJ3en Reiches abfolufer Mufik, das den Goffesdienff nur auf Moral 
empfindef, die Oper nur als Proffifufion. H-Moll-Meffe und Maffhauspaffion bleiben 
die Monumenfe einer Kunff, die Goff und den Menfchen, der Nafur und der Leiden- 
fchaff fo viel geben, da£ eine Republik des Herzens gegrundef iff. Abgefehen Von der 
rein mufikalifthen Erfindung und von der Geffalfungskraff, diS immer das le^fe Worf 
haben, auf der andern Seife abgefehen von dem Alfer, das nur wenige Arien benagf 
haf, Wir bewundern in diefen Werken, wir alle jeden Sfandes und jeder Richfung, ein 
Nafurphanomen der Kunff, in fich beneidenswerf, rein, gefchloffen, vollendef. Wandlungen 



143 



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kamen; die Reinheif differenzierfe fich. Handel operte in den Orafcrien, wie er in den 
Opern oraforifch war Zwifchenffufen, die immer verdammf find zu verfchwinden. Die 
Gattung iiberwuchs die Kirdie. Sie reffefe fich in das Konzerf. Sie paj3fe fich den 
groj5en demokrafifchen Salen an. Das Konzerf war nur die Form dafiir. Einen Mangel 
muj3fe man libernehmen. Aus der Unfichfbarkeif der Kirdie wurde die Sidifbarkeif 
des Konzerfs. Wurde Reprafenfation und Gefellfchaffsanzug. Man empfand es als 
Fefflichkeif und es hat der Gaffung nidif gefchadet 

Groj5 und rein iff die Idealifat von Figur und Chor in diefen Werken. Von 
Menfchen gefungen, in Track und Abendfoileffe, in diefer niichternen Aufffellung einer 
Singakitdemie, in diefem abonnierfen vis-a-vis von Podium und Zuhorerfchaff, fliegen 
die Geffalfen des Oraforiums fiber alle irdifche Wirklidikeif hinweg in einen idealen 
Himmel, wo Ue ihrer Leiblichkeif enflaffef find und nur nodi Trager ihrer Ideen, ihrer 
Spradie, Uver Leiden werden. Die Kreuzigung verklarf fich in erne Ewigkei£ und Un- 
wirklidjikeit, wie fie kein {femalfes Bild, kein gedichtefes Worf uns geben konnte. Wir 
glauben auf einen unendlich weifen Horizonf zu blicken, an dem das Leid der 
Menfchheif fich erloff und dennodi aus den Leiden nichf herausgefrefen iff, Leid und 
Erlofung fo zugleich, wie es nur die abfolufe Mufik: geben kann, die das Leid im 
Worfe durch'die Erlofung des Tones umfajSf und wieder aufhebt Ich fage abfolufe 
Mufik, obwohl man darunfer gewohnlich die worflofe verffehf. Aber haben wir eine 
Bezeidmung fiir diefes voile Eingehen des Worfes in reine Mufik, wie fie unfere 
Gattung zeigf? Wir horen Liebesfzenen, zu ■ denen die Liebenden wenige Worfe 
ffammeln, um fie unendlich zu wiederholen in einer Fulle von Mufik, die fie ganz in 
fich verfchlingf. Von Handlung, von Oper find fie befreif und erhpheh fich fur uns in 
die Idee der Liebe, die kaum nodi auf den Fii$5en der Worfe ffehf. AGes Infriganfenfum 
der groJSen Oraforien, die Widerfacher, die Verleumder, die Aufffandifchen, wird aus 
der Triviality der Oper zu einer reinen rhyfhmifchen und mufikalifdien Dynamik ge- 
ffeigerf, die mif Nafurkraffen, nidif mehr mit verffellfen Mienen zu arbeifen fcheini. 
Alles Landfchaftliche, nidif mehr von dummen Dekorafionen fuggerierf, blunt in einer 
unendlichen Mannigfalfigkeif auf, in einei.' fpirifuellen Afmofphare. Es zeigf fich — von 
Haydn — bis in die Beefhovenfche Meffe, die nur von einem tiefen Nafurempfinden 
durchpulff iff. Es reizf fonderlich moderne malende Komponiffen. Klofe verfonfe den 
Momberffchen w Sonnengeiff", ein Oraforium der Nafur, das Schopfungsakfe in Inffrumenf 
und Sfimme offenbar werden la£f. Es iff vielfach fdmlmeifferlich und bindef fich nach 
leifmotivifchen Regeln, aber als Sehnfuchf der Gattung muj5 man es nennen. Mif dem 
Sfoff, mif dem Vorgang zwifchen Menfch und Nafur gefchiehf iiberall: die Mythologifierung. 
Das Oraforium hebf die Erde in den Himmel der Sage. Es fuhrf die Wirklichkeif auf 
einen Urgrund zuriick. Darum fei es gelobf. 

Unbegrenzte -mufikalifche Moglichkeifen. Wir horen irgend welche Stimmen, bald 
erzahlend, bald dramafifch, bald lyrifch, bald JoUffifch, bald in einem Chor, der vorwarfs 
fiihrf, oder der betrachfend ftillffehf, wie der Chor der Griechen. Nichfs bindef uns, 
die Folge und Abw.echflung diefer mufikalifdien Formen nach irgend einem Schema zu 
ordnen. Nichf die Szene, wie in der Oper, bedingf den Forfgang und den Konfraff, 
nichf aus der Kafaffrophe menfchlicher Erlebniffe mu£ fich die Mufik zwingen ihre 
Ausdruchsmoglichkeifen zu -enfwickeln. Sie darf allein ihren eigenen Gefe&en folgen, 
fie darf endlich alle ihre Kombinafionen bis zum le^fen geniej3en, weil lie keine 
Realifaf zu furchfen hat und nichf durch die Logih einer Biihne widerlegf werden kann. 
Die Oper hat die Naivifaif verloren, mif der fie einff Handlung und Sfillffand, Sfimmen- 
gaffungen und Chore fo disponierfe, daj5 innerhalb ihres Geruffes fiir jede Darffellung 
. einer fchonen Form, des Rezifafives, der Arie, des Enfembles, der gehorige Plat vor- 
bereifef war. Sie muj3fe dem Zug der Zeif folgen, der fie dazu frieb, die Wahrfchein- 



144 



lichkeif iiber die Form zu ffellen,- die Moglichkeif iiber die Schonheif, die WahrheH des 
Testes iiber die Wahrheif der Mufik. Sie mu$te Illufionen nachjagen, urn die Gunjf 
der Logik buhlen, die mangelnden Reize der Biihne durdi das Orcheffer verfchminken, 
und fie magerfe bei diefer Kur zufehends ab. Das Oraforium war vor diefer Gefahr 
gefchiitjf. Es konnfe oder konnfe die Reinheif der Mufik bewahren und ihrer ficher 
fein, ficher und gewifr wenn es nodi fo weif auf den Ozean unbegrenzfer Moglichkeifen 
*fich hinauswagf. Ein Enfemble idealer Stimmen erhebf fich, Liebende, Sfreifende 
Himmelffurmende, Erdgefaffigfe, gleichviel was lie erfchufferfT es iff wundervoll, wie ich 
fie in Mufik zufammenjfu.hr en kann, ideale Enfembles menfchlicher Seelen, die aus . 
irgend Welches Gegenden fidi in diefem phanfaftifchen Reiche finden, ihre Gefange mif- 
einander zu verbinden. Engelsfchon Jmd die idealen Enfembles in Oraforien. Sie 
find unfer den \Vundern der Kunff die unerfets lichen. Wunder des mufikalifchen Baues, 
wenn Reales und Ideales in der Einheif diefer Gliederung fich umarmf. Nichfs fallf 
ab, nichfs fallf auseinander. Keine Rivalifaf iff zwifdien Orcheffer und Gefang, zwifdien 
Solo und Maffe in den Inffrumenfen und in den Sfimmen. Es iff kein UJberfonen der 
Kraff, kein ,Weffbewerb der Virfuofifaf. In Verdis Requiem liegf leichf die Oper von 
Aidas Gnaden auf fuj3em Kiffen. Der Duff feiner Buhnenmelodik ffeigf wichfig aus dem 
Dunkel lafeinifcher Worfe. Sforf es? Die Virfuofifaf hat fidi gofflich gereinigf. Stretkf 
die Arme aus nach alien Winden, nehmf von der Oper, was Euch im Blufe liegf. Nehmf 
von den Fugen und alien abfolufen Kunffformen der Mufik, was den Geiff Eudi lefjf. 
Alles, alles ffromef herbei. Alles iff lieblidt und iff gro£. Vor den Badifdien Oraforien 
habe ich das Gefuhl, da|5 fie die wahre deuffche Dramafik find. Niemals haf midt eine 
Oper dramafifch fo erfdiiifferf, wie die Vifion diefer Mufik. Idi frage eine Koffbarkeif 
davon, leuthfend und feff. Eine Auswendung der Innerlichkeit klar und rein. So alf 
es iff, idi fehe die Zukunff darin. Idi fehe Verwandff chaff zu unferen Ideen. Man 
nennf es Expreffion, Innerlidikeifen nach au]3en zu wenden, da£ fie abfolufe Ideen 
werden, Geiffigkeifen, vom Sinnlichen gefragen, Symbole, von der Mufik zu den 
Miiffern zurtickgedeufef. Was find alle Figuren und Sfiljfierungen des modernen 
Dramas gegen die Urkraff diefer Mufikform? Was iff die IUufionslofigkeif heufiger 
Buhnenverfuche gegen die Idealifaf diefer raumlofen Himmlifchkeif? Nehmf diefe 
Gaffung in Eure reinen Hande. Hiifef ihre Koffbarkeif aus dem Willen unfrer Kunff. 
Fuhrf fie aus Alter -und Epigonenfum zu einer Monumenfalifaf, die der unwiderlegliche 
Ausdruck unferer Sehnfuchf fein wird. Sie foil die Krone unferes Lebens werden. 



Breitkopf & Hartel - Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe 21 

Zentralstelle fur in- und auslandische Musik 
Flugel . Pianos . • Harmoniums 



VERBAND DER KONZERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V, 

Gemelnnlitzlge Konzeriabtetlung : Berlin W 57, Blvmaenifri«ilsiraile 17 

Tulcphon; Ami, KOLLBtKi)OKF 3S8fl ToloKnumn-AdrtHMe ; .FODIL'MKUNST 

Engagementsvermlrtlung, Arrangements von Konzerten, Vortrags- unit Kunsttanxabenden ttlr Berlin und alle Orte doa In- und Auslandes. 
itlfe Rabatte werden lien KUnstlern jjuiflebracht. NiiHlriff«rt» Provisjonen wis bin Rt!wi>rt>NniilBiKwi Koticeriiigonton. 



m 




Das Mahler -Feff in Amfferdam 

Von Dr. Hugo Leidif entritt 



In der Zeit vom 6. - 21. Mai findet in Amsterdam 
eine Veranstaltung statt, die weit iiber den Rahmen 
eines jrtlichen Ereignisses liinaus bedeutsam ist. Das 
gesamte Schaffen Gustav Mahler's soil in neuen 
groBen Konzerten an den glucklichcn Horern vor- 
beiziehen. Glucklich dan man mit Fug diejenigen 
preisen, die als GHste diesem Fest beiwohnen dQrfen» 
denn es werden nicht nur kunstlerische Geniisse in 
Fiille dargeboten, sie werden auch Teilnehmer und 
Zeugen einer kulturellen Tat von- hoher Bedeutung 
sein. Zum ersten Male seit sechs jahren darf wieder 
der Versuch'gewagt werden, an! gastlich neutralen 
Boden Vertreter der Musik aller LSnder zusammen- 
■ zufQhren. Nach sechs jahren grausamster und wildester 
ZerstiJrung der materiellen, seelischen, kulturellen 
Wertebesinnt man sich, da& Aufbau allenthalben niitig 
ist, und withlt mit seinem Takt die vcilkervereinende 
alien Nationen mehr oder weniger gemeijisame Kunst 
der Musik. Ihr Friedensbanner soil hier wehen, stolz 
und weithin sichtbar unci den Volkern verkQnuen, daB 
man nunmehr dem Wege gegenseitiger Verstandigung 
zuzustreben geneigt ist. 

Willcm Mengelberg, einer der vorzOglichsten 
Dirigenten der Gegenwart, setzt mit diesem Mahler- 
Fest seinem" ftinfundzwanzigjahrigen Wirken als Letter 
des berlihuiten Amsterdamer „Concertgebouw" ein ra- 



gendes Denkmal. Er huldigt damit gleichermafien der 
Persbnlichkeit Gujtav Mahler's, dem Genius der mo- 
dernen Musik und auch der deutschen Kunst, die in 
Mahler einen ihrer fuhrenden Geister verehrt. Gerade 
Mengelberg, ein vertrauter Fachgenosse und begeisterter 
Jiinger Mahler's ist wie wenige dazu berufen, fur 
Mahler's Werk mit einer unbestreitbaren Autoritat 
einzutreten. Er wird dabei untersttitzt durch ein glan- 
zendes Orchester erlesener KGnstler, dessen Ruhm alle 
diejenigen ubereinstimmend verkundten, die kundigen 
Ohrs seinen Konzerten haben lausclien durten. So 
darf man sich ktinstlerische Darbietungen allerersten 
Ranges versprechen, zumal auch der vortreffliche groBe 
„Toonkunst" Chor zur Verfiigung steht und ein Aufgebot 
allerersten Solisten, auf das man von Deutschland aus 
nicht ganz ohne leise Neigung von Neid blicken kann. 
Die Cahier, die Durigo, FOrstel, Hoffmann- 
Onegin, Noordewier, Reide!, die Herren Denijs, 
Duhan, Urlus: wie schwelgt der erfahrene Konzert- 
besucher schon im voraus beim bloBen Nennen dieser 
im wahren Sinne des Wortes Jdangvollen Namen ! 
Erfahrt man dann noch von der peinlicli gewissenhaften 
Vorbereitung in Dutzenden von Orchester- und Chor- 
proben, so sagt man sich, daR unter den verworrenen, 
ungliickseligen Verhaltnissen der Gegenwart in keinem 
Lande der Welt ein so grofiziigiges Fest mit solch 



tj-m 



iiiHtfjiiiiiiHMtaiAttyi^i 



auBerem Glanz hatte gefeiert werden kcinnen auBer 
gerade in Holland. Auf diesem gesegneten Boden er- 
freut man sich nicht nur einer rnateriellen Wohlfahrt. 
Ein Hort unantastbarer Neutralitat, kunstlerischen Din- 
gen, zumal der Musik mit leidenschaftlicher Anteilnahme 
hingegeben, auf eine ruhmvolle, Jahrliunderte alte 
musikalische Tradition gestutzt, eine Heimstatte edler 
^Kultur unternimmt nunmehr Holland in aller Form mit 
Beihilfe der staatlichen Autoriiaten ein ruhmenswertes 
Kulturwerk. Berufene Vertreter der verschiedensten 
Nationen werden sich in Amsterdam treffen, und man 
darf sich von dieser Zusammenknnft wenigstens in 
musikalischen Dingen eine Ankniipfung gelockerter 
oder sogar ganzlich zerrissener Bande versprechen, die 
nach alien Seiten hin ihre giinstigen Folgen haben 
diirfte. 

Wir werden in Amsterdam in ein Milieu kommen, 
das gerade der Mahler'schen Kunst ein besonders 
giinstiger Niilirboden ist. Seit Jahren schon kann Am- 
sterdam als die bedeutendste Mahler-Stadt gelten, dank 
Mengelberg's begeistertem und nimmermflden Ein- 
treien fur diesen Meister, dank auch dem kunst- 
verstandigen holiandischen Publikum, das den Mahler'- 
schen Sinfonien eine so warmherzige Aufnahme be- 
reitet hat, wie sJe in gleichem Grade nicht einma! 
Wien, auch nicht Berlin oderMiinchen, die deutsch'_ii 
Mahlerstadte, haben aufbringen konneru Der lange 



Krieg und der Niedergang des Wohlstandes im neuen 
Deutschland, unsere in jeder Hinsicht zerrutteten Ver- 
haltnisse machen es erkiarlich, daB uns das kleinere 
Holland auch in jenen musikalischen Angel egenhei ten 
den Rang abiauft, fur die ehemais Deutschland einen 
unerreichbaren Vorsprung hatte. Wir mtissen uns mit 
dieser Lage der Dinge abfinden- Schieben wir alle 
Regungen nationaler Empfindlichkeit als unzeitgemaB 
bei Seite, so diirfen wir, ais Kiinstler, als Mitglieder 
der groBen internationalen KUnstlerschaft, fOr die als 
solche politische Einengungen und Landergrenzen von 
mindererBedeutung sind der Einladung des gastlichen 
Nachbarlandes mit freudiger Anteilnahme folgen. Ober 
die kiinstlerischen Perspektiven, die sich aus der hier- 
zulande noch nicht erlebten Zusammenfassung des . 
gesamten Mahler'schen Lebenswerkes ergeben, wird 
noch ausgibig zu |reden sein, wenn das Fest vorilber 
ist. Nicht nur alle neun Symphonien, auch „Das Lied 
von der Erde", die „KindertotenIieder", das fruhe 
Chorwerk „Das klagende Lied", die „Lieder eines 
fahrenden Gesellen" und die Lieder aus „des Knaben 
Wunderhorn" werden dem internationalen HSrerkreis 
verheiBen. Mahler's ktinstlerische Bedeutsamkeit wird 
hier auf eine Probe gestellt, wie nie zuvor, und man 
darf auf die Eindrucke gespannt sein. Sie werden auf 
alle FaNe wertvoM sein und neue Einsichten in das 
Wesen der Mahler'schen Kunst vermitteln. 



QRAMMOPHONE 



' Spczialilitt: - 

Sa I o n- 
Schrankapparate 



M 



USIK-C PAlJL 



BERLIN 0. 34 



Frankfurter 
Allee 337 



Pianos 

nur erjfblaffige. 

Harmoniums 



147 



Willem Mengelberg 

Von Frit F r i d. W i n d i f ch. 



I'M' 



*§ ;: 



»!•■"■ 



■Als der vierundzwanzig- 
jahrige W i 11 e m M e n g e 1 -" 
berg, Sohn einer deut- 
schen Famiiie in Utrecht, 
im Jahre 1895 als Nach- 
Eolger von Wiltem Kes 
berufen wurde, dem 
Begrtinderdirigenten des 
Concertgebouworchesters, 
da wuBte man in Amster- 
dam noch nicht allzuviel 
von klassischer und ro- 
mantischer Musik. Durch 
Mengelbergs eiserne Tat- 
kraft, die schon damals 
in ihm den auBergewdhn- 
lichen Willensmenschen 
erkennenlieB.entwickelten 
sich das Orchester und 
der 1898 Ubernommene 
Chorverein w Toonkunst K 
in wenigen Jahren zu so 
holier Bliite u.VolIendung, 
daBAmsterdameineMusik- 
stadt von weltgeschicht- 
iicher Bcdeutung wurde, 
dasZentrum der modernen 
Musikpflege. Es gibt kaum 
einen bedeutenden Kom- 
ponisten der Gegenwsrt, 
den nicht kttnstlerische 
oder personliche Be- 
ztehungen mit Mengelberg 
und dem Concertgebouw-Orchester verbanden. 

Einer der aitesten Freunde ist Edvard Grieg, 
der Mengelberg samt seinem Orchester zu einer 
Konzertreise nach Skandinavien veranlaBte. Und noch 
vor ihm Iebte Richard StrauB in den Herzen der 
Amsterdarner; die Auffuhrungen in Holland sind bahn- 
brechend far seine Musik geworden; Richard 
StrauB stattete 1899 mit dem „Heldenleben" seinen 
Dank dafur ab. Reger, Schillings, Elgar, Diepen- 
brock, Glazouoff, Rachmaninoff, Scriabine, Debussy, 
Saint-Saens und viele andere fanden in den 




vielseitigen.abwechslungs- 
reichen Amsterdarner Kon- 
zerten ihre erste Beachtung 
■und unermttdriche Pflege. 
Vorwartsdrang mit den Er- 
eignissen derZeit, gepaart 
mit einer umfassendcn 
Hingabe an dieAusfuhrung, 
wurde der Wesenszug 
aller Coricertgebouw-Ver- 
anstaltungen und ist viet- 
leicht der starkste Grund- 
stein ftir ihre Wettbe- 
deutung geworden. 

Am unloslichsten mid, 
unzertrennlichsten ist aber 
das Lebenswerk Gustav 
Mahlers mit Mengelberg 
und seiner auserlesenen 
Kunstlerschar verbunden. 
Die .apostolische Ver- 
kiindung seiner sympho- 
ntschen Sch&pfungen zu 
einer Zeit bitterster. Ver- 
kennung und schroffster 
Ablehnung sichert diese 
KunststStte mit ihrem 
einzigartigen Fuhrer an der 
Spitze einen bleibenden 
Platz in d.Musikgeschichte. 
Wahrend man in anderen 
LandernvonderBedeutung 
Mahlers noch nichts 
ahnte, wurde er in Holland als GroBmeister und 
Genius der Musik gefeiert Amsterdam ist Gustav 
Mahlers Bayreuth geworden. Er selbst hat Mengel- 
berg als seinen erfassendsten Interpreten bezeichnet. 
1908 iibernahm Mengelberg die Leitnng der 
Museumskonzerte zu Frankfurt a. M- und 1913 wurde 
er stSndiger Dirigent des I hilharmonischen Orchesters 
(Queen's Hall) in London. Gastreisen ftihrten ihn 
nach Moskau, Petersburg, Rom und Neapel. Als 
Pianist leistet er Hervorragendes und ist audi als 
Komponist nicht unbekannt geblieben. 



5l ::1 : 



Hans AuQULSftn, Amsterdam 

Frans van Mlerlsstiraat lot — Telef. 2S. 1372 

— Grosstes Concerlbureau der Miederlctrnie — 



148 



TfattT^faito>mto^*it«ia^^ 



l^M^^^^^^^msmm^'^^^.,- 



Wicttige neue Mufikalien, Biidier und Auffafze 

*" 1 TV K f*»l 



iiber Mufik 



mitgeteilt von f 

Professor Dr. Williclm Altmann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54. 
„oA ^T 2l ' samm ' nstc,llin & dic meglichst in jedcm Heft dicser Zeitschrift erfolgen wird, will audi noch un- 
g drucktc groflerc Werkc, vor al.em Symphonic* syfnphonischc Dichtimgen, KonzerTe, Kammermusikwerk Opern 
Chorwerkc m, Orchcster einbeziehen, urn namentlich Dirigcntcn darauf aufmerksam zu ma±en. Die/enten Ton^etzer' 
d,c : derartigcWcrkc (jedoch niclit etwa KlaWcrstiicke, Licder, MannerchOre) fertig hah^werdon gebden mlch davon 
m Kcnntms zu setzen, docli behaltc id, mir dic Entrfieldung -abcr die Aufhahm? v,r. Diesc .« bei g dnfekten 
Wcriccn weder duidi cm Inscrat noch durch Einsendung der beireffenden Musikstiickc od.r BQcher erzwungen warden 
Rucksendting etwaigcr Einscndungcn wird grundsatzlich abgelehnt. ^wungen werden. 

Die Hinzufligung des Vcrlags wird Bestcilungcn crleidifcm. Zu den angegebenen Preisen kommt immcr 

^ rsjrrs seitc:is des vcricgers und -* dcs - s — L — - *£££££ 



h Inffrumenfalmufik 

a) Ordieffer (ohne Soloinffr.) 

Anders, Erich: op 31 Lyrische Suite. Jatho-Verl., Berlin. 

Part. 10 M.; jede St. 0,50 M.' 
Mobus, Richard: Variationen iiber ein eigenes Thema 

noch ungedruckt [Urauffuhr. 11. 4 Berlin] 
Taubmann, Otto: Symphonie (a) noch ungedruckt 

[Urauffuhr. 13. 3. Dresden! 
Wolfurt, Kurt v. [Berlin]: op. 12 Gesang des Meeres. 

Symphon. Musft noch ungedruckt 

b) Kammermufik 
Haydn, Jos.: 30 beriihmte Quartette hrsg. v. Andr. 

Moser u. Hugo Dechert. Peters 7,50 M. 
Kuhn, Siegfried: op. 7 Sonate (h) f. Pfte u. Bratsche 

(od. Vc.) eingerichtet v. Paul Schramm. Jatho, 

Berlin 5 M. 
Lanrischkus, Max: op. 30 Drei Stucke f. Klarin. mit 

Pfte. Simrock 4,50 M. 
Nielsen, Carl: op. 35 Sonate Nr 2 (g) f. V. u . Pfte. 

Hansen, Lpz 12' M. 
Niemann, Walter: op. 70 Sonate (G) f. V. u Pfte 

Kahnt 6 M. 
Peters, Rudolf: op. 3 Sonate (c) f. Vc. u. Pfte. 

Simrock 7,50 M. 
Radnai, Miklos: op. 2 Sonate (B) f. Vc. u. Pfte: Bard, 

Budapest 10 M. ' 

Stieber, Hans: Quintett (A) F. Klarin., 2 V., Br. u. Vc. 

Kiemm, Lpz Part: 1,50 M ; St. 5 M. ' 

c) Einzelne Inffrumenfe 

Bartok, Beta: Sonatine (D) I. Pfte. Rozsavolgyi 
Budapest 2,50 M. l 

Beer-Walbrunn, Anton [MUnchen]: Violinkonzert noch 
_ungedru,ckt [Urauffuhrung 18. 2. Miinchen] 

Forster, Jos. B.: Album. Klavierstticke u. Gesange mit 
bohm. T. Universal-Edit. 8 M. 

Henselt, Adolf: op. 16 Konzert (f) f. Pfte m. unrer- 
gelegtem 2. .Pfte (Ad. Ruthardt). Peters Part. 2 M. 

Moser, Franz: op. 12 Aus meinem Leben. 12 Klavier- 
stticke. Universal-Edit. 6 M. 



Novak, Vitezslav: op. 40 Toman u. die Waldfee. 

Symphon. Dichtung f. Klav. zu 4 Hiinden bearb. v* 

Roman Vesely Universal-Edit. 5 M. « 
Reger, Max: op. 132 Variationen und Fuge iiber ein 

Thema von Mozart (f. Orch.)- Fitr Pfte eingerichtet 

v. Karl Salomon. Simrock 5 M. 

IL Gefangsmufik 

a) Opern 

Koennecke, Fritz: Magdalena. Klav.-A. Bibliothek f. 
Dramatik u. Musik, Berlin 30 M. 

Schoeck, Othmar: Erwin und Elmire. Singspiel von 
Goethe. Klav.-A. Breitkopf & Hartel 10 M. 

Weber, C M. v.: Oberon, Konig der Elfen. Neue 
BQhneneinr. v. Gust. Mahler. Klav.-A. [Universal- 
Edition 10 M. 

b) Sonffige Gefangsmujik 

FSrster, Jos. B.: Gesange - s. Forster; Klavier- 
stucke und Gesange (oben I, c) 

HeuB, Alfred Valentin: Lieder u. Gesange f. 1 Singst 
m. Pfte, op. 9 Der junge Goethe; op. 11 Drei Lieder 
von der Liebe. Breitkopf & Hartel je 4 M. 

Jelmoli, Hans: (12) Italienische Volkslieder in freier 
Bearbeit. f. Soli, Chor u. Pfte. Hug. 

Mattiesen, Emil: Lieder u. Gesange f. 1 Singst m 
Pfte. Peters: op. 5 u. 6 Kilnstlerandachten; op. 7 
Vier heitere Lieder; op. 8 Sieben Gedichte von 
Rtcarda Huch. (2 Hefte) jedes Heft 2 M. 

Mautner, Konrad:' Alte Lieder u. Weisen aus d. steyer- 
markischen Salzkammergute. Stakeiiu & Lauerstein 
Wien 16,80 M. 

Moser, Franz: Fiinf Lieder f. 1 Singst. m. Pfte (op. 15 
. u- 29). Univers.-Edit. 3 M. 

Perlebtrg, Arthur: op. 22 Drei Gedichte v. C. Flaischlen, 
op. 23 Zwolf Gesange nach Dichtungen von Rabin- 
dranath Tagore. Simrock 3 M., bzw. 20,50 M. 

Reger, Max: Liederalbum Bd 3 (miitel) u. 4 (hoch). 
Ausvvaiil v. Fianz v. HoeBlin. Univers.-Ed. je 4 M. 

Schillings, Max: op. 33 Die ?er!c. Zv/iegesang f . Sopran 
und Tenor m. gr. Orch. Jatho, Berlin Part. 5 M.- 
Klav.-A. 3 M, ' 



149 



II 






f : 'f : ' 



Schillings, Max: op. 34 Vier Zwiegesitnge a. d. West^ 

Ostlichen Divan von Goethe f. Sopran u: Tenor mit 

Pfte. Jatho 5 M.; einzeln je 2 M. 
Wolfurt; Kurt v. [Berlin]: op. 9 Hymnus des Moses 

tilt Doppelchor, Tenor-Solo, Orch. u. Org. nocli 

ungedruckt 
Woyrsch, Felix: op. 61 Da Jesus auf Erden ging. Ein 

Mysteriuro nach Worten der heil. Schriff. Klavier- 

Ausgabe. Simrock 8 M. 

III. Budier 
und Zeiffdiriffen-Auffa$e- 

(alohabetisdi sowoh! nach Stichworten wie nach den 
Verfassern geordnet. (Bci Zeitschriften-Aufsatzen ist 
immer mit Nr die des laufenden Jahrgangs gemcmt). 
Atonale Musik. Von Josef Hauer - in: Musikal. 

Kurier Nr 15 
Aufbau # ouer ZerstGrung? Von Adolf Diesterweg — 

in Alfgem. Musik-Ztg Nr 15 
Bach, D. J- — s. Beschreibung der Musik 
Bader, Georg — s. Welt der Tone 
Baresel, Alfred — s. TeichmQller 
Bartok, Bela. Von Egon Wellesz - in: MusikblStter 
des Anbruch Nr 6 

( — : — s. Rumanien 

Beck, Joachim — s. Bohnen 

Beschreibung, Die, der Musik. Von D. J. Bach — in: 

Der Marker Heft 7 
BlStter des Operntheaters — s. Wien 
Bohnen, rMichael. Von Joachim Beck — in: Musik- 

blatteir des Anbruch Nr 6 
Chor — s. Stimmbildung 
Coester, F. v. — s. Reger 
Dauriac, Lionel — s. Inspiration 
Dickhofi,, E. - s. Welt der Tone 
Diesterweg, Adolf - s. Aufbau oder Zerstorung? 
EinfBhrung in die Musikgeschichte. Von Karl Nef. 

Kober, Basel 12,50 M. 
England**, Rich. - s. Fischietii 
Eoselgnement du Piano, Causerie sur 1'. Par J. 
Philipp -- in: Feuillets de p£dagogie musica!eNr7 
FaBbaender, Peter -[-. Von CVogler - in: Schweizer 

mnsikpadagog. Blatter Nr 6 
Finnisdr-ugrisciie Musik — s. Turk-tatarisch 
Fischietti, Domenico, als Buffokomponist in Dresden. 
Von Rich. Engender - in: Zeitschr. f. Musik- 
wissenschaft H- 6 
Formen, musikalische — s. Turk-tatarisch 
Foturlsmus. Noch einmal: musikalischer Futurismus. 
Von Hans Mersmann — in: Allgem. Musik- 
Zeitung Nr 14 
Goetz, Hermann. Eine Biographie von G. R. Kruse. 

Reclam, Lpz 1 M. 
Qriechisch. Etwas von der Stellung der Musik bei 
den griechischen Philosophen. Von Dr. v. Trotta- 
Treyden — in: Neue Musikztg Heft 13 
Griepeokerl's, Wolfg. Rob., Schriften fiber Musik. Von 
Th. W.Werner — in: Zeitschr. f. Musikwiss. H. 6 



Harmonleiehfe. Praktischer Lehrgang der Harmonie- 
lehre. Von Alex. Wolf. i.Teil. Klemm, Dresden 6M. 
Hauer, Josef — s. Atonal 
ttunyad — s. Rumanien 
Inspiration musicale, Note sur 1'. von Lionel Dauriac — 

in: Feuillets de pedagogie musicale 6 
Jode, Fritz — s. Musik u. Erziehung 
Kadeaz. Der Aufbau der Kadenz und anderes. Ein 
Beitrag zur Harmonielehre. Von Friedr. E. Koch. 
Kahnt, Lpz 2,50 M. 
Kaafmann, M. — s. Luditzer Kanzionale 
Kaukasusvo!ker ; Musik der — -s. Turk-Tatarisch 
Kekule v. Stradonitz, Stephan — s. Wagner (Tann- 

hatrser in Paris) 
KeuBler, Gerhard v. Sein symphonisches Schaffen- 
Von Paul Nettl — in: Musikblatter d. Anbruch Nr 6 
• KJaren, Georg — s. Opernbuch 
Konzertierende Kiinstler. Zur wirtschaftlichen Lage ders. 
Von Heinr. Lewy - in: Allgem. Musik-Ztg Nr 16 
Kruse, Georg Rich. — s. Goetz 
Kuhrc, Oswald — s. Schreker 
Kunst — s- Volksstaat 
Knnst der Tonbiidung — s. Tonbildung 
Lach, Robert — s. Turk-tatarisch 
Lewalter, Joh- — s. Noten 
Lewy, Heinrich — s. Konzertierende Kiinstler 
Lobmann, Hugo - s. Stimmbildung des Chors 
- Luditzer Kanzionale, Das beruhmte. Von M. Kauf- 
man n — in: Zeitschr. f. Mus. 2. Marzheft 
Mann, Thomas — 2- Pfitzner 
Marsop, Paul — s. Werdende Musiker 
Mersmann, Hans — s- Futurismus 
Mayer-OIbersIeben, Max (zurn 70. Geburtstag). Von 

Stier — in: Neue Musikztg Heft 13 
Mozarteum und Festspielhaus in Salzburg. Von Walter 

Steinkauler — in: Neue Musikztg Heft 13 
Musik — s. Beschreibung 

Musik und Erziehung. Ein padagog. Versuch und eine 
Rethe Lebensbilder aus der Schule. Von Fritz J o i c, 
Zwissler, WotfenbUttel 8.50 M. 
Musikbolschewismus. Von Paul Riesenfeld — in: 

Sigvv"s J- d. musik. Welt 13 
Musikbtoherei, Offentl. — s. Werdende Musiker, Der 
Musikdialekt der Rumanen — s. Rumanen 
Musiker — s. Werdende Musiker 
Masikgeschichte — s. EinfUhrung 
Nanien in Noten — s. Noten 

Nef, Karl — s. Einfiihrung ip die Musikgeschichte 
Nettl, Paul — "s. KeuSIer 
In Noten geschriebene Namen. Von joh. Lewalter — 

in: Der Chorleiter 6/7 
Notenseitt. Wie eine Notenseite entsteht. Von Carl 

Reichmann — in: Zeitschr. f. Mus. 2. Marzheft 
Opernbuch. Zur Technik des Opembaches. Von 
Georg Klaren — in: Musikblatter d,Anbruch Nr6 
Paris. Erste Pariscr T-mr^auser-Auifuhrung — s. 

Wagner 
Pfitzners Palestrina- Von Thomas Mann. S.Fischer, 

Berlin 1 M. 
Philipp, J. — s- Enseignement du Piano 



150 



Piano - s. Enseignement 

Reger, Max, u. seine Chorwerke. Von F. v. Coester — 

in: Der Chorleiter 6/7 
Reichmann, Karl — s. Notenseite 
Reinecke, Wilh. — s. Tonbildung. 
Riesenield, Paul — s. Musikbolschewismus 
Rumanen. Der Musikdialekt der R. von Hunyad. Von 

Bela Bartok — in: Zeitschrift f. Musikwiss. H. 6 
Salzburg, Festspielhaus ~ s. Mozarteum. 
Salzkammergut. Alte Lieder u. Weisen aus d. steyer- 

mark. Salzkammergut — s. Mautner, Konr. (oben 

Vokalmusik) 
Schreker, Der Fall. Von Oswald Kubn — in: AIIjj. 

Musik-Ztg Nr 15 
Schwartz, Rudolf — s- Toniibung 
Steiukauler, Walter — s. Mozarteum 
Specht, Richard — s. Weingartner 
Stier, — s. Meyer-Olbersle^en 
Stimmbildung des Chores. Von Dr. Hugo Lobmann 

— in: Der Chorieiter 6/7 
Stock, Stella — s. Tonbildung 
Te ichmuller, Robert. Von Alfred B a r e s e I — in : 

Zeitschrift f. Musik 2. Marzheft 
Tone — s. Welt der Tune 
Tonbildung. Die Kunst der idealen Tonbildung. Leit- 

faden f. Sanger, Schauspieler, Redner. Von Wilh- 

Reinecke. 4 Aufl. DBrilling & Reinecke Lpz 8 M. 
Tonbildung, Plastik der. Von Stella Stock — in: Musik- 

blatter des Anbruch Nr 6 



Toniibung, die sterbende. Von Rudolf Schwartz -— 

in: Allgem. Musik-Ztg Nr 16 
Trotia- Trey den, v. — s. Griechisch 
Turk-tatarisch. Die Musik der turk-tatarischen, finnisch 

ugrischen und Kaukasus-Volker in ihrer Bedeutung 

fur die Entstehung der musikalischen Formen. Von 

Robert Lach — in: Mitteilungen der anthropolog. 

Ges. in Wien Bd 50 (3. Folge Bd 30) 
Violon, nouveau — in: Feuillets de pe'dagogie rnu- 

sicale Nr 7 
Vogler, C. — s. Fassbaender 
Volksstau* und Kunst Von Heinrich Werle — in: 

Suddeutsche Sangerzeitung Nr 7 
Wagner. Zui' Vorgeschichte der ersten Pariser Tann- 

hauser-Auffitarung* Von Stephan KekuK v. Stra- 

donitz — in Neue Musikztg Heft 13 
Weingartner, Felix als Dirigent von Richard Specht 

— in: Musikblatter des Anbruch Nr 6 
Wellesz, Egon — s. Bartok 
Welt, die, der Tone. Einfuhrung in das Musikver- 

standnis u. die Musikgeschichte. Von E. Dicfchoff 

u. Georg B a d e r. Sch wetschke & Sohn Berlin 22,50 M. 
Werdende Musiker, Der, u - die olfeiiti. JVhsikbQcherei. 

Von Paul Marsop — in: Der Merker Heft 7 
Werle, Heinrich — s. Kunst u. Volksstaat 
Werner, Th. W. ~.s. Griepenkerl 
Wien. Biatte.r des Operntheaters. 1. Jg. (in 12 Heften) 

Knepler 14 M. 
Wirtscliaftliche Lage der konzertierenden .Ki'r^ilcr - 

s. konzertierendc Kiinstier 



Aus dem Inhalf der bisher erfdiienenen Melos-Hefte; 

HeffUII 



Heft I 

HERMANN SCHERCJIEX . . R.-Ioiti 
An Uusoni 



HEINZ TJESSEX 
DKUM.ANX SPiiERCLlKN . . 

Prof. OSC^R HIE 

Prof. ADoLE WKISSMANN . 

BILDNISSE; iMMTiL.xio Uu 
PAPL VON KEENAI' . . . 
Dr. LKIOITKNTIUTT . . 
HERMANN SCHERCliEN 



Dor iieiic Slrom 
Arnold SchiJnb.-r K 
Musikalisebu Porppnk] 



OSCAR BIE 

H !•: I Oi ANN SC H K RCHEN . 
.I.ORHNZ HCU.KR . . . . 



[lint, on 



Ilim! 



Prof. Dr. ALTMAXN 



liitcl»crlji!SiiriM.'h«»^ 
Zn Jlntiw ITitKiii-rs Aslhotik 
tli<r miiidlcilisvhmi I nijJuti-iiK 
ljort^utoml.. X^iM-rsdi^i tiling 
uml Atiinusltrinii'. 
BE1LAGEN: FaksimUr> ernes Unj^r-BrioiW 

„D;is Problom", Liod von Edimrd Erdmuim 
in PiikshmUi . 

Heft II 

HEINZ TtESSEN Dor nono Strom, 1 1. 

Dr. HUGO LEICRTKNTRITT Dio (Jucllon des Xouon in 
dor Musik - 



JJikisch und das IHrigloron 
Nikiscli und das Orcluwtof 
Dio DiugiorkiinBt Arthur 
ivcu . ,, Nikiscli'e 

.l„ ri]l . n Jt-JIfiKN VON DER WKNSK Dio Jugond, dio Dirigtmum 

und Nikisch 

Kd'janl Krdtnauii H. W. DRABER Dio Nikisck-Prosmrnme und 

olio Musik . „... dor musikalischu Portscliritt 

ARTHUR NIETSCH .... K-innenuigen aus muinor 

Wionor Jugondzoit 
Pi-ol". Dr. ADTMANX .... BodtuUondo Noiiom-Uoiminp. 
und Manuskripto 

PORTRAIT: ARTHUR NIKISCH (Aus d^r Lunisauiftobo 
,,lm KonzcrL" v. Oscar Bio mil StoinaeJulinaapon 



Heft IV 



Dr. MANS MERSMANN . . 
FRITZ FRfD. WlNDtSCH 
S1EGMUND PltfUNtl . . 
Pro! 1 . Dr. AJ.TMANX . . . 

HEILAGE: ..(jrabliod' 1 . .Liod voi 



Modnniu K Lav in nm is Ik 
Vom Musiknr IKiii DialoR 
mil, KiLlyps.i^ 

Musikalisvln) Kulturi'r:i^t«n 
Musikphvsiolo^io 
Paul Uokknr* ..Xouo Jlusik" 
liotloutyndo Xiuiorwelminunj;. 
und Jlariuskriplit 
m I.loinz Tiosson in P;il 



hkinz Tray SEN . . . . 
eju'l'z mm, WINDFSCH . 

OSCAR DIE 

CESAR SAERCIUNGER . 
Dr. ALFRED DOULIN . . 

IXAYAT K1DVN 

Prof. Dr. ALTMANN . . . 



Dor none Strom, TIL 
Rotor's VorhiUtnis z. Tounlitut 
Musikalisclin PurspokUvnn. II. 
Ann'rikiiiiisclio Musik 
lioimirkiuiBwi oi iii.-s musika- 
]is«h»in Lai«u 

"kwuislniit. dor Indor 

imncDii 



(aus Shiikuspitaros„CyinbtfHi»"; iiborseUt v. Lad. Uurgor) 



II KINK" TIE S SEN 

BH.LA BARTON 

Dr. HANS'MERSMAXX . . 
JiCDOLF CAEX-Sl'EYEIl . 



RF.ILAUE: lUeluird Dolimoi: 



Heft V 



Ut'dmitiiiidu Nout 
tinrl Miinuxkripto 
BEILAnK: A If rod Mcunbort: .Bliito dos Cbr.os", 
J iirgtm voi 



Dor nmu! Strom. IV. 
- Das I'ro.bloni d, uonou Mu:uk 
. J)io Empl'an^oTidon 
. Did Not durRon/.DrturcKoslor 

und dio KnUvioklun^ dor 

syinplioiiischon Musik 
1 liiuilittrljosprnolHinjr 
, IJ'.-.'itiuloiido Noviorscki'iniing. 

und Mfiimskripto 
„Kw«ior Siiolon Liod", 

Maufrod GurliH 



m 



Neue erfolgreiche 
Orchesterwerke 



Aiidreae, Volkmar. op. 27. Kleine Suite 
— op. 30. Notturno.und Scherzo 
Bach, Joh. Seb. Drei Praiudien a. d. wohltemperiert. 

Klavier fiir Ueines Orchester einger. v. W. Kes. 

1. Es-moll (8) 2. B-moIl (22) 3. D-dur (3) 
Bischoff, Hermann. II. Sinfonie (D-moll) 
Bflttner, Paul. III. Sinfonie (Des-dur) , 
Deltas, Frederick. Brigg Fair.* An English Rhapsody* 

— A Dance Rhapsody* 

— In a Summer Garden* 

— Paris (The song of a great City). EinNachrstuck 

— The Song of the High Hills. (Mit Schlufichor) 

* Handpartitur je no. M. 4.50 
Haas, Joseph, op. 45. Variationen und Rondo uber 

ein altdeutsches Volkslied 
Hausegger, Stegmund-v. Natursinfonie m. Schlufichor 

Handpartitur no. M. 18.— 
Knorr, Iwan. Passacaglia und Fuge 
Mendelssohn, Arnold, op. 62. Suite fiir Bias- und 
Schlagin strum en te 
— Suite f. kleines Orchester nach Klavier- 

stucken Mozarts 
Mraczek, J!>s;.?h Gustav. Orientalische Skizzen ffir 

Kammerorch ester 
Schumann, Georg. op. fi6. Im Rhigen um ein Meal. 
9 Sinfonische Dichtung. 
S?kles, Bern hard, op. 25. Die Temperamente. Vier 

sinfonische Satze 
Strauss, Richard, op. 64. Eine /vpe-isiiafonie 
Handpartitur no M. 18.— 
Gcbunden no. M. &\. - 
Wetzler, Herm. Hans. op. 7. OuvertQre xv Shake- 
speares „Wie es each geHHt" 
Suite (Fiinf Satze) aus der Mssite zu Sha'fce- 
speares „Wie es eucir gefaiif 1 ". 
Die Partituren obiger Werke, die bareir; von vielen 
der ersten Konzertinstitute mit grSStetn ErfaJg auf- 
geffihrt worden sind, bitte 2ur Ansjcln zu veriangen. 

In Vorbereiiung befincl-en sich: 
Atterberg, Kurt. op. 10. Meeressinfouie fiir groBes 

Orchecier 
S ikies, Bern hare*. Passacaglia und Fugs far groBes 

Orchester und Orgel 
Trapp, Max. op. 13. Nocturne fur kleines Orchester. 



IW Unentbchrlich /ilr jeden Dirigenten! "*1 

Aitsnanin WiSfr., Orchesterliteratur-Katalog 

Verzeichnis von s-s?t i860 erschienenen Grchester- 

werken (einschi. Kon^erten Stir Solornstrirniente und 

Orchester) Geheitet M. i0.— Gebunden M. !5.— 

St n Fikhrer darcSi «lt© in- nud 

anslilndiHclae ft re ti en terl iterator ! 

F.E. C. LEUCKART 

LEIPZIG 



Neuheiten fiir Klavier 



M. . r J 



Haas, Joseph op. 4$. Sonale (A-raoll) . , . . i 
O-olangt beim diesjiilirigon Tonkunstlorfest in 
Woimar zut AuIIiilirutij*. 
HeldriCh, Maximilian, op. 70. TimtasI^-SonatQ fD-diir) „ U. 

— op. HO. Schaltonbildor. t> Cbaraktorytiicko ., M. 
Niemann, waiter, op. 19. MusikalisoIi.Bildorbuch n. 

— Kato (Sreonaway , M. 

— op. tW. Fiirs Hans. S kluino lyriachc Stik-It.o ,, M.. 

— op. 38. DnrKuckuck. ('Clans ro t.i).Kl.Suiti'„ M. 

— op. 3!>. Ans iiltor Zoit. Klttinn Siiitii hn altuti 

Stil (E-mctll) n. Worlon v. Tl;. Storm „ M. 

— op. -12. Von Gold droillosmi. Kl. Variation un „ M. 

— op. 43. Suite (B-moll)-nath Wortnn von J. 

P. .Tar*obs(.!0 r. M. 

— op. .1(5. Zwoi romantic ho Imprcssiomin. 

1. Ui_« bI:ni(!_CiToU(i M. 1.20. 2. Our Goldsoot., W. 

— op. "i". Ilrct ^oetisaho ytudi<m. 

1. Siiilioi woRcii M. 1.20. 2. Murmolnd.Biichlriin,, M. 
3. Scl---rsso-Ktiido M. 

— op. 61. Tonbildor. 

1. Chopin, I'ruludt; M. 1.'20. 2. AwLrid tanzt. 
WalKor-Capricc M. 1.S0. 3. Waldcinsamkeit, 
TriiiiHiurei M, li»l). 1. Tanzondn b'uiiln-n, 
T-'tudn M. l.'-'l). .". Piuistittn, Improasion .... M 



Nioi- inmi's Aurstii'f; und huuti^o S^ii-IIumj; als KoiupotiUt 

(tniii,<<rn an Kiluard ("rriofj \inil w^iii Bckanntwcir'lon in dcu 

ii(jlit7.it;(iT JalifiTi. Kr si'Jin'ihl «iiii : ni „\vnndi'rvoll<'n Klaviwr- 

sat-K' und ist der pMarohunmaler dus Klav-iTS". 



Schumann, Georg. op. *il. Duron Dux und Moll. 

24 Stiirke-in .'^Mot'tcn j tl _ no. 
up. G4. Variationon und J^u^o iibor ein 
I'if^ones Thoina , 

— op. G."». Ballade (Cr-mnlll , 

— up. 1'iii. N'r. 1. Ji'antjwie-Schoriio . . . . „ 

— oji. lis. Xr. 2. JJnrleskfc . 

— <i\t. ti'J, Kadenzdii z. klas'f. Klavierlconxert. 
1. Mozart, W. A., Konze-rt A-dur 1. Satx . .. 
'J. „ ' , Ks-dur l.Sate ... 
:;. „ , 3. Satz . „ 
4. liet!thc'ui),L.v.,op.. l j*Konz. 0-dnrl.Satz„ 

Tiessen, Heinz, op. 7i. Eiuu Natur-TrilORio 

Zadora, Micha«I. CbertragunRen. 

Uavli,.Ioli. Sab., Priihidium ilFhro r.Orgt'HA-moliJ,. 
, , p-moll)„ 

1'aradisi, P. Dom., Tokkata » t 



[. Lid 
;. 1 2i j 

. 1.20 

;. 120 



Neuheiten f. Violine u. Klavier 

Bach, Joh. Seb. Ue.irbwttin«oii von S 1 . LieljiTson 

Hufi 1. Meniwtt 1, II, ycherzo, Aria, Gavotte 

[Variationf-lO-diir) no. M. 2.- 

J t oft IT. Ciiivott.-'(H-moIl),S^Kiband.-, Passopiud 

I, II, Kcbo &T. 2.- 

Arjilantu aus dom illaliouiscln'ti KonaorL ..... M. 1 ..00 

WfjiodTi.i ziim f.'-moll Priiludium M. '!•— 

Stlliner, Pan!. Sonata (C-moIti , M. «.— 

Lieberson, S. Auk dom XVII i. .Tain-turn dun 

Kr. 1. Jiath, Ph. Km". Andanto tantabilo M. 1.20 

Xr. 2. Conporin, Kr. J.es PapHlons , M. 1.21) 

N'r. :J. fira/.ioli, G. 11. Adagio ,. M. 1.20 

Nr. 4. Rimwu, J. Pil. Les tandres p.'aintus . ,. M. 1.20 

:Cc. r>. Itam.-ati, .1. Ph. Musutto ,. M. 1.20 



Neuheiten fiir Kammermusik 

Bach. Car( Phil. Em. Sonata a 2 Violmi c Basso 

KerausKflKetum u. bcarbtntct fiir 2 Violinen u. Ball 
(VioloncLiilo) od^ir Pianof. v. Guorg Schumann no. Al. X- - 

BQttner, Paul. Quarl.,lt iG-mollJ Kir awo- Violinon, 
.Brats«lin und Violoncello 
IJandparUtur M. I..10. Stimmen no. M. S.— 

Juon, Paul. op. 70. Lit aniao, Tondiehtunfj i'iir Piano- 
forte, Violino und Violoncello no. M. S.— 

Mandl. Richard, llymnus an die auCgelioudo Sonno 

fiir Str^icliquartett und Pianoforte .... no. M. 2.40 

Schumann, Georg. op. 02. TrioNr.2 (F-dur) fiirPinno- 

lorte, Violine und Violoncello no. 5L10.— 

HT Man wolli* diuBii "Workci zur Ansiclit vorlangon! ~&& 

B o t j. d a t v it r z o I c h u i s s o kostonlos. 

20*1% Tuiiorangszasclijas. 

F. E. C. LEUCKART 

LEIPZIG 



152 



PUPUL-. 



TK1 TZ-f FJDOIjjv WIJVBUch 




AU£ tagjfo^ f !>i?^^^^L 




NEUENOOKT UND MOLL,5EKUK-WElijf£NJ'EEv 



153 



I N. SIMROCK G. M. B. H. BERLIN - LEIPZIG J 

»l Sochcn erscliien: = 

li 'I 

•I 10 ausgewahlfe Kla vi ersfiidve von % 

Robert SdiuinaaiiiiL 

I fliiifiiiiiiiiiii i 

fi fiir Violine und Klavier bearbeifef von ^ 

I Issay Barmas 

•I * Band-Ausgabe (V.A.493) M. 4-50 n. ,1 

^ u tt d c i n 7. c I n : f) 

% ^, IblnTlbl ^ t 1 i Wicgcnliedchcn / Am Kamin / Von frcmdcu I.ihicloni nnd Mcn^n / P]f e i 

K J hc . mi ! <^»ma.ins Ictzte Kom posit ion) Tra:nncrci / Ya^cl a!s Proplie; Abcndlicd • Barents li 

ij Prcs jc .M. I._ ,Vogcl als Prophet M. 1,5m 2ou<>/. Tciicningsziischiag .1 

i= in Vorbcrc'itt! n r : I 1 

f. - , """ •# 

»| Z e n n ausgewahlfe S f ii <k e von I 1 

I IIHIIIIIB^^ I 

'i, f ar Vicline und Klavier bearbeifef von ■! 

Issay Barmas 

i| Zwei Hefte ( \ 

_' |! 'i i" [ liiii'n ii T i t"L Tm i i*i i * i iTu 

I Konzerf-Direktion Hermann Wolff 
j und Jules Sachs 

j Urr. em Wohltatigkeits-Konzert zum Defter. 

I des Hilfsbundes deutrcher Mufiker mit dem 

[ Philharm. Orcherter zu ermoglichen, fur das 

| nur der 8. Mai frei war, wird das Konzert 

1 Alice 

Scha? f er - Kuzni^ky 

(Qefang) 

FeliX Dy(fe (Klavier) 

vom 8. Mai (Singakademie) auf Montag, den | 

10. Mai 1920 verlegf 1 j 

Werke von Schreker Czum I.Male) § 

Korngold, Debuffy, Willner und j 

Leo Lewy. ] 

1 Karten vom 8. Mai 1920 find gegen neue | 
1 einzuraurchen. 1 



Am 6., 7. und 8. Mai abends s un.- 

(Verle-r vom l'.\. -J<\. und 27, Marx): 

/**<\V^ des Verbandes der ^/Of" 

^/ konzertierenden KiJnstler ^/vi 

Deutschiands. ?. V. 

in famflichen Raumen des ZOO 

(Einf^ir,^ Aillerpoital unii r.k-iit^nat.'inrilli-.'t 



Iin Kaiferjaal: KONZERT 

Maria Kktblful ' Ktidolf Lai:bi*nthal , ltkhard SIr.".-r 

Elisabeth van Jovf Mann ! J.ischa n. T.^y 

Kndert .T. v. j*i:;:iTz-Broi-fc- ; Spi\va3;o0s -k\ 

Ibolyka Gyarfas in.mn Prof. Kd. B.-hm ' 

BlSsHr-Vi'rcinifriir.jr a»r *h.-ma]. K K I. K.'ipoli.. 

mit WUlv Unrdas und Max Saal am Klavier. 



Ossi Omv.i1(1.i 
Tilly H?sft Pi-sfli^] 
Frfmzi' Roloff 



Danadi KABAKETT 



Vicky HVjvI«upt!<ror ! Jo: 



01ca\Voi:ir,rd.n\VHSt 
Juliiw l-.i3k.-n ■ 
Martin < fieri 
Paul <rr;i.-U 
K.inr- il.-ild.-r. 



. I Mwl 



H.H. v.lVardo^lw | 
Olio Wiewr E 

Willi S.-h.i».f^r* E 
aN i'rtnr.-n-n..-i.T = 
Brim,., V.'.-vt-r-b-r- = 



Im Marmorfaal: MCDEBALLETT 

(Maryia (.rnsmo. Karin /.:ib>-l ii.funi.l ti. I.cit. v. Kisa H-rzo"- 
Lcoende WodeobildCr niit.-r T.^itunp von Karl tpti«r!kfr "' 
Danach BALL Ball-Orchesier : Kermbach 

r« don V-raiid^fi und Xobi-r.rinjiti.o:; Mod-n-Tf-inboLt. LI. -in., 
.■rli-.-ori.' A'..>stc>!hi n - v. KunsJ^wcrbe und Mod. 1 '. Kondiior-i. 
J.ikor.-. <i.kt.-..|t. */;p.tr.*tf.--i. Bi.-rtiir ini .]. ^ehrnmir.'-ln. 
Feflzellung, 7.uviinimcn^i.->n.Ij: nur, Brirrilj:™ i:ns..r(-r 
i-rst-n Kun^I^r und Kriiit-r. 

<f*.'jicns..-ha;t-*toil..-tt.- 

»a.i.Hiarh*n ij.ro Al.d.f unrnimin. ws ^[i:. 22 f-icsfhl. Si.-ufr) 
yad Lop- nka.rt.-n nmnmerit-r! ^u Mk. 37 loinsthl. Srcn-.r'. 
bei BOTE i: HOCK. .\. WKIITHEIM und JOi-'IY. 
Kinc br>:.on(?.nrp fTi.biihr rrir di..« .-•injit-lnon V^raiistahun^-f-n 

i-jut.-aJL'drn AU'ii.ts wircl ntcHt oriioben. 
ill "" ml '"i: in in'iimiinn i[:-{ii'ii:i[tiiiiii lt nitiMiiiimti]iiii!tMiiiitiiiiiiiii.ntl^ 



154 



ttti&MMMtMtMttitolllA 



iiill!»iaiiiillllillIiil!ill»*fiia»lM,E 



ALFRED VALENTIN HEUSS 

Lieder fiir eine Singsfimme mif Klavier 



Op. 


2. 


Op. 


3. 


Op. 


4. 


Op. 


5. 


Op. 


7. 



S Op. 8. 

jj Op. 9. 

J Op. 10. 

J Op. 11. 

S Op. 12. 

m op. is. 



Fiinf Lieder vom Tode nach Gedichten von Uhland, Liliencron, Hesse 

und Eichendorff (Edition Breitkopf Nr. 5000) 4 Mark 

Fiinf Lieder aus dem Bauern- und Burgerstand nach Gedichten 

von Uhland, Morike und Goethe (Edition Breitkopf 5080) 4 Mark 

Madchen- u, Frauenschicksale. Sechs Lieder n. Gedicht. v. Uhland, 
Langheinrich, Lons, Heyse und Eichendorff (Edition Breitkopf 5086} 4 Mark 
ZweiMarchenballadenDornr5sch.u.Sch5n-Rohtraut (Edition Breitkopf 5087; 3 Mark 

Drei Lieder des Gliickes nach Gedichten von Eichendorff und Lilien- 
cron (Edition Breitkopf 5100) 4 Mark 

Stadtebiider. Vier Lieder nach Gedichten von Hesse, C F. Meyer, 
Liliencron und Storm (Edition Breitkopf 5101) 4 Mark 

Der junge Goethe. VierLiedern.Ged.Goethes(EditionBreitkopf5102) 4 Mark 

Prinz Rokoko, Fiinf Lieder nach Gedichten von 'Goethe, Chr. F. 
Weisse und Eichendorff (Edition Breitkopf 5103) 4 Mark 

Drei Lieder von der Liebe nach Gedichten von MOrike und Goethe 
(Edition Breitkopf 5104) 4 Mark 

NeueWeisen zu Liedern von PaulusGerhardt (Edition Breitkopf 5108) 4 Mark 

Zwei heitere Balladen von Goethe (Edition Breitkopf 5106) . . . .4 Mark 

.-. Die Preise erhohen sich um die ublichen Teuerungszuschlage .*. 



Ein deufsdier Kiinsfler, wie Gott ihn will 

ist der Aufsatz Dr. Georg Gohlers in der Literarischeu Umschau der Deutschen Zeitung 

vom 1. Januar 1920 Uberschrieben, in dem er fUr das Schaffen von Alfred Valentin 

Heuss mit "rottem Nachdruck eintritt. 



I Veriag Breifkopf & Harfel Leipzig-Berlin j 



mmnii 



* 



155 



Verlag von RIES & ERLER Berlin W 15 



Siegmund von Eausegger 

Barbarossa, HyiiiphoniM-lw niehtmif* I'iir Orchi'slr-r Zwci MiinnCrchiirG mit Orchestcr, (No- 1: isi-limh*il Si-limur/:: 

Vollsl.ilnili S ns Ordx'stonrnil.oHal . . . nach VWi-iiitianin'- No. 2-. IsVim-.-inJiml). - ]';.irtiliir (M. »).■■■), OMioKlorstimiin'ii 

I J iirt,il,nr (zuiii Privatp-b ranch) 61. .'H- |M. U>, .), rhoiv.Miiinioj). Kl;ivi t -r;iusv.u- |M. -MO). 

Kldvii.rjuisnuf; J hclf,-. fNo«' f J M. 12. - „ScHlacHgesanft- I A lld.-iils.-iii* Volkslk-dl ffir IWummn-lior mid 

DlOliysiscflO PJiantasic, syjii|)lioniKi-hi< DidUmif- I'iir Otvhest.m- . f-'i'- OivIh.-sI.t. ] '.ai-t.if ur |M. U.-J. C>i-i-hosti>rKl.iiu)tii>n IM.. 1-'.- ), 

VollKtiintti^tiw Orcluwtormatori.'il . . . ii.-irh Veri.iiil.i;inir]<- Ohorsl.iinmiMi, Kl.-ivii'rjiiisfciiy (vinn Komponist^n: M. :!.-), 

Pnrtihir (zum I'rkalsotiraucli) 61.20.- .Tatenroarsclr I'iir Miuini'ivhor. Hj.i l.is«ilo imd f-rolJiw OivIhwIiii- 

KliiviiiraiisxuK -llnlg. (\Volii»r) . " M. 7.50 l'arlidir (M. (J. I, (in-lii.Kleratimmi-ri (M- 12.-). Chorntimiitcii. 

Wieland dCP Schmlctl, sympbonisrlio J)kh'.im K Hir (injli.-sti.i- KliivicmiisziiK IM. :v ■ '). 

VollMtiitniictw ()rc]uwt(>rni;il.i>ri:il . . . nadi Wroinbanm^ Zwei Gesdngc iTn- .Ssiitinn^.-n -.-in. Choi- mit On-ln-Mcr: 

Parti tiir (aiiiin l*riva(^i>ljr:iiii-h) M. 'JO.-- Mo. I: „tfl'mitiii> ilt-s Alj Is*. I'artihir (61. I .")0|. nn-Iinsli-.r- 

KtiiviidausznH: -J hdir. tHool.iI.n-rJ M. 7.r.(> sriijinn'ii I M. 7. ■ ■ j, (TJim-st i jnnn-n, KJavi.-r.-itm/. IM. 2..*i<»j. 

AufklSnae, oyitiph. Variational tibi'i'i-in Kirid<u'lii-cl f. Orclii'ster N'»- -': „Sf.IitiiMcrltr«1", I'tiHiliir (M./i. 1. <>n-ln>st.'i-sliiiiiin«ii 

VoI].sUiiitii«..s On-host.'ntiatfmal. . . imcb Voniitibni-tin^ i M. 9.-)., riiorstm.mi.n, Klai-kmus/ti- I M- -'J. - ). 

TaBcliimpiirtitur M. (i.— 32 Lfsdcr und Gesanpe I'. 1 iHin^sl. suit Klavin- ;'i. M 0^1 l.k M.2. - 

Kans Milliner 

Musi It kii ICli'inCK _K3(hchen van Hcilbronn" I'iir Urdn-wier: op. Ill: ..Columbus* l^i-Iiiili-r) fi'ir S >tnnuil^i-n ^nuisi-liti-d i "bur- 
».)f.l|iv(.'i-t.iirn h) Vorspir-] zmn :f. Akt c.) N:i.i.'h di>r IJohimW. :'i cnpull'ii: i',-irt.il ili- (M. ■l.'rfJJ, Clioi-M.inim.--ii lk !U. 0.7.1). 
bawihuwno d| Mi-Iodr.-.m, Zwischuiialctmusik imrl llarsdi - .Der BJumen Raclie" ^'n-ilisnitli) f. l'r:u»'!idioi-. AIIboIo ii.On.-h.: 
J'artitiir uml Stimmi.n »n«h V.-minhaniiiB. Partit.ur M. I fl- 
op. 7: Fiinf LiedCP (l-'isdmrkimW; Kaclitwandorcr; tTnlmr Onrhosterstirmnen M. 21.- 

nin Sti'indlt-in: Lockiin^-: FrLihrmpsaliiiuiig) k M. 1.— bis Cborstimmon (Sopran I. II, AIL .1,11 y.sui.) . . a M. 1 ..">(.) 

M. ISO. Klavicra-iszuK (Bosl) M. -J.'iO 

£. N- v. Reznicek 

Elne LustBpieloiivertiire i'iir Orchostor Symphonische Suite fllr grosses Orchestcr 

Partitur M. 18.-- .Fartitu r ]\I. LT».- 

Ort-hfjsti.irsUmm(!n M. 21.— OrcliesUTSfimiiioti IM. 'i'-i - 

KJavicrauszug, 4bdE- fvom KomponiBton) . . . . JI. -(.;>0 Klaviorauszuf- lliclt-. (voin Kompoiiisifuj . . . . M. 10— 

Max voai Scl^illlngs 

Ein Zwlegespptich, TofiRodiclit J'iir Itlfini'S Orchi>st«r. IVirlitur . . . M. I?.--. Oruhcstwsii-iiii :>u . . M. l.'i.— 

Felix vori Weingarlner 

Malatvika, Komi^cln. Opcr, Kl.-ivinr.-inszii[; mil T«\t . 5'. 1:..- Serenade fur StrnichorchcHtcr. Pnrtimr u. Stirnnmn . M. 12.— 
S«kuiltala, Bulintmspinl. Kl.'ivii-r.-niszus mit 'JVsl . . M. 1.7— - h,-,-ir1>f>it ( -t I'iir Sahujorcln-sicr [Koi.illyl . . ^1. ?,.- 

So.b,r, ,r«,hi,n,n = J£_ FaliiS 

Lieder ftir erne Singstimme ond Klavier 

(u. a. v. Elisabeth Ohlhoff unti Hcr(li;i Dehmlow mit grtiBtcin Erfolg gesungen.) 

op. 7 No. 1: Trilumo M. 1.S0 np. S No. T : Vo]Itswi>isi. . . . M. 1..W op. h N'n. A: l.iobcslicd, D. B.. . M. 1.A0 

No. 2: Litanoi, D. (i. . . M. IJiO op. S .\o. 2: CiolJci, CI. K. . . '61. 1.30 op. 8 N.. .('.-. Violin M- 1— 

Uo. 3: Nopomuk, I). V. - M. l-IU op. 8 Wo. ."-: KowntAgi M. 1-">0 »|i. S No. 7: NobH II. I. - 

op. 8 'So. 4; T.ii'd d(>r Ti'mzi-rin SI. IM 



Verlag von RIES & ERLER Berlin W 15 

Kurfursfendamm 22- .'. .'. /. Kurfiirsfendamm 22 



at'iiiJii'i'iilifriiiiJiiiHiiljiiiiilHIiiri 



156 




Knd'.oint, am 1. imil 1(J. jcdun Moniit.s. Zn Imsiichun duroh die L'ustftnst-iiltoi), Buch- u. Miisik:ilionhn.ndlnnpton, sowia dirnkt vom Vorlaj;. 
Ilwlaktiori: Berlin W. 10. Konif-in Aiifjiistastr. :'A. Kni-riml": LiiUmv VAXi. -- Vcrifiy: B.'rlin-WoLSsen.si>f>, Btrlitidr Alioo 71, Fwrnruf: Ws. ll'lr 
Prc'iK cii>s Einsiolheftiis MIc. WO, \m V'mrtnlj.-Abonn. Mk, 12. -, bm Ktvu?:b;uidtw.ti£ viortoljfibrliuh Mk. 1".~. — Nauhdrutk vorlMiluiltpii. 



Nr. 7 



Berlin, den 16. Mai 1920 



I. Jahrgang 



INHALT 

SIEGMUND PISLING ........ Tendenzen moderner Mujik 

A. M. AWRAAMOFF ... 4 Jenjeifs von Temperierung und Tonalifat II. 

EGON WELLECZ Die Ie^fen Werke Claude Debuffys 

Dr. ALFRED GUTTMANN Das Tempo 

HUGO MARCUS Da-capo, Lied, Gefumm 

LORENZ H0BER Die Noflage der Orcheffermufiker 

Prof. Dr. WILHELM ALTMANN .... Bedeuf ende Neuerjcheinungen u. Manufhripfe 

BEILAGE: Heinricfr Heine: „Ha[f Du die Lippen mir wund geku£f", Hermann Scherchen 



,MELOS" 



in einer Luicusausgabe 

er[cheinf monaflich einmal im Kunffverlag 

Frifc Gurliff, Berlin W 35 



^L 



m 



as 



Tendenzen moderner Mufik 

Von Siegmund Pisling. 



„Abcr das Wcscn unserer Epochc ist Vieldetitigkeit 
mid Unbestiminthcit. Sic kann nur aiif Gleilendem 
ausruhcn und ist sich bcwuflt, da£S es Gleitcndes ist, 
wo andere Gcncratioiicn an das Fcste glaubten." 

Hofmannsthal („Dcr Diciitcr und dicse Zeit"). 

Die Tendenz' der mufikalifdien Moderne lauff darauf hinaus, die Form pfydiologifdi 
zu machen. Das Mufikffiick foil den Strom des fubjekfiven Lebens widerfpiegeln. So 
ficher nun das Bewuj3ffein nidif aus verbundenen Gliedern beffehf, fondern fHej3f, lo 
beffimmf enffprichf die Verfluffigung der mufikalifdien Form dem Drang nach Abbildung* 
feelifchen Fliej3ens. Man hat zum Zweck der Befchreibung von Bewujaffeinszuffanden 
die Fikfion aufgeffeilf, daj3 im Sfrom unfres Bewuj3ffeins ein beffandiger Wechfel von 
fluchfiger Bewegung und Ruhe jffaftjfinde. Man namife die Ruhe)'fellen die „fubffanzarfigen", 
die Bewegungsffellen die „franfifiven" Beffandfeile des Bewu£ffeins (James). Aber es 
iff klar, daj3 es f oldie Ruheffellen im Seelenleben nichf gibf. Man uberfragf den 
Subffanzbegriff aus der raumlichen Welf in die rein zeifliche der Seele. Man machf 
fozufagen Querfchniffe durdi den unfeilbaren Bewu#ffeinsffrbm. Das Seelenleben iff in 
Wirklichkeif immer „franfitiv". Wir kommen auf die Behaupfung zuriick, da£ 
die mufikalijche' Moderne die Form pfydiologifdi mache. Sie fuf es aus dem Grunde, 
weil fie das ununferbrochene Fliej3en des Gefuhlsffromes wiedergibf. Das wird bei Sfiicken 
von Sdionberg und Wenfe klar, Diefe Sfucke find nichf. Sie werden. Bergfons 
pfychifcher Dynamismus, der eine unendliche Mannigfalfigkeif von Former, aus fich ent-. 
Iaj5f, Bergfons „reine Dauer" find die Philofophie diefer Mufik. 



Der Formenreichfum neuer Mufik wird grenzenlos fein, grenzenlos, unausfchopfbar 
wie die Fiille fubjekfiven Fiihlens. In dem Augenblick, wo wir in das Gehege des erffen 
Sonafenfa&es oder der dreifeiligen Liedform oder in einen der andern Formkafige 
gerafen, von denen man behaupfef, daj5 fie uns Bewegungsfreiheif gewahren, in dem- 
felben Augenblick verfklaven wir uns an eine adernbriidiige Dokfrin. „Sonafe, que 
me veux-fu? w Sobald man merkf, da£ ein Praludium von Debuffy nadi dem Grund- 
plan ABA gefiigf iff, verringerf fich die Freude an einer Mufik von heufe um das Maj5 
des Verdruffes liber eine Mefhode von geffern. Der Pfychologifierungsproze|5 ffeuerf 
dem Punkfe zu, wo die kriffallinifdien Formen, in denen fich die Meiffer der Sonafe 
und Fuge auj5erfen, neuen Geffalfungen Pla£ zu ma&ien. Die neuen Formen „flie£en". 
Sie find pfydiologifdi. Sie find irrational. Das Tongefchehen verlauff iedesmal in vollig 
neuen? vollig fubjekfiven Bahnen. Wie Jidx Gefiihlskomplexe nie wiederholen, fo erfdieinf 
audi keine einzige mufikalifche Form offer als ein MaL Einmalige Formen laffen fich 
nidif fubfumieren. Der Typus dankf ab. Es gibf bloj5 Individuen. Niemand fiehf vor- 
aus, wie fidi die Lehre von den formgebenden Elemenfen der Mufik, als da find Melodie, 
Harmonie, Rhyfhmus und Form im engeren Sinn, geffaifen wird. Wen die Kuhnheif der 

158 



Perfpektive erfchreckf, der haite fidi vor Augen, dafS die Ars nova des X& Jahyhuncterfc 
den Auslaufer jener gewalfigen Bewegung darffellf, die von der Grammatik der Wiener 
klaffifchen Schule, als von der Grammatik der kadenzierenden Ebenmaj3igkeifen, abdrangf 
und das Ideal „formenfbundener" Inhalfe zu verwirklichen trachfef, wobei uns „form- 
enfbunden" nicht als gleidibedeufend mit „chaofifch w , Jondern als Streitruf gilt, mit 
dem wir, im Namen der Nafur, gegen die fekfonifchen Formen zu Felde Ziehen. Wir 
werden uns Jolange emanzipieren, bis die alfe Grammatik Lichfenbergs Meffer ohne 
Stiel gleichf, an dem die Klinge fehlf. Und dann werden wir fie vom erffen bis zum 
letjfen Kapitel neu Jchreiben. . 



Es iff jetsf viel von expreffioniffifcher Mufik die Rede. In der Tat enffprichf die 
oben aufgezeigfe Tendenz, den Ablauf emotionalen Lebens in lebensnahere, ausdrucks- 
vollere Tonfymbole zu kleiden, als es im Rahmen fymmefrifcher Form moglich war, 
dem expreffioniftijchen Stilwillen, wobei wir nidit vergeffen diirfen, daj3, zum Unferfchied 
von Poefie und Malerei, es immer nur Phanfafiegefiihle find, was den Inhalt audi der 
radikalffen Mufik ausmachf. Gewiffe kleine Klavierffucke von Schonberg gelten uns 
als geniale Sinnbilder feelifchen Erlebens in Jeinem nafurlichen Rhyfhmus. Im fa&- 
fechnifchen Verffande find diefe Sfticke abrupt und inferjekfiv. („TelegrammJfiT). Fur 
den Intuitiven „fliej3en* fie. Siebilden eine einzige, un(eilbare Gefte. Die Pfyche kennt 
keine „Zuffande". Blof5 IDbergange. Thematifdi' fein heiJ3f zuffandlich fein. Aus diejem* 
Grunde gelten vielen die themenlofen unfer diefen Sfiichen als die nafiirlichffen. Aus 
hindernislofen Klangen lajot fich aller £bsdruck enfbinden, wahrend das einzige, was 
in der Mufik der gro£en „Symmefrifchen" nicht Ausdruch wird, eben die Form iff. 
Man fpridif von den „fymmefrifchen w Formen der Wiener Klaffiker und bringt fie in 
Gegenfatj zu den „poefifchen w der neudeuffchen Schule. Die fymmefrifche Form fowohl, 
wie die dem dichferifchen Programm fich unterordnende — fie hei£f zum Hohn die 
„freie" — , find unendlich pedanfifclv mit dem Unferfchied, daj3 die eine bei der Ge- 
ometric, die andre bei der literatur bcrgt. Es ift nichf fo widifig, ob die Gleich- 
gewichfigkeifen nackt zutage treten (klaffifche Sinfonie), oder ob fie fidi verhiillen (fin- 
fonifche Dichtung bis herauf zu Schonbergs „Pelleas und Melifande'', wo das E&-' 
preffioniffifche durdizubrechen beginnt.) Entfcheidend iff die ftiliffifche Grundfendenz. Da£ 
diefe, hiiben und driiben, bis an die Tore von Schonbergs entwickeltem Sfil, als 
renaiffancema^ig anzufprechen iff, hat der Schreiber diefer Zeilen in Vorfragen zu 
beweilen verjucht 




QRAMMOTHONE 



Spczialitat: 

S a.l o n - 
Schrank-Apparafe 



m 



USIK-O PAUL 
bauTOCHOLZ 



ftFRl IN O U Frankfurter 
BbKLIlN OJ4 AUee 33 7 



Pianos 

nur erffklaffige. 

Harmoniums 



159 



*,*:!*, 



Jenfeifs von Temperierung und Tonalifaf: 

Von A. M. Awraamoff 
(Auforifierfe l!)berfe£ung aus dem Ruffifchen von Hermann Scherdien) 

II. 

Neue Interval!- und VielMangs-Verhaltniffe. 



II 



I 



my 



Wir wollen jetzt die erhaltene Tonreihe unterfuchen und beginnen mit den einfachften 
VerhaltnUJen in der Kombination je zweier Tone: 

1. Oktaven (1 : 2) 
Oktavenketten haben wir nattirlich von jedem Tone aus, nach oben und nach unten.genommen. 

2. Q u i n t e n (2:3) und Q u a r t e n (3:4) 
Reine Quinten-Quart-Reihen bilden Hch von alien Tonen der Reijie f aus mit der Parallel- 
reihe c, fo daB wir im ganzen ihrer 7 finden: 

I II III IV V VI VII 

v: A: y . .; b:f :b . .; des:as:des. .; f:c:f . .; a:e:a . .; c:g:c . .; z ■.:?:<■ . .; 
Abgefehen von diefer natiirlichen Anordnung find folgende Beziehungen zwifchen ihnen 
bemerkenswert: * 

a. wir finden 3 Reihen auffteigender (und abwartsgehender) Quarten: 

b : f :^c : g ' 

deren jede nattirlich von den TOnen f und c aus nach beiden Seiten hin errichtet 
werden kttnnen: 

f : c : f '. . . f : b : .1 . . . ; c : g : c . . . c : f : c . . . 

b. eine chromatiFche, auflteigende Anordnung von c aus (gemifcht): 

IV, VI, III, I, VII, V, II 
und c. eine reine (quintenverwandte): 

VI, III, VII, IV, I, V, !I 
mit einer Neuaufltellung der IV. und VII. Kette. 
Wir dilrfgn nicht vergerren, daS wahrend der Urriuimmung die Verteilung der Tone -auf die 
Talten trotz der genauen Beachtung der Intervalle durch die groBe Verfchiedenheit zwifchen 
den verfchiedenen Intervallen lelbft mehr oder weniger zufSllig fein muB. So fieht z. B. die auf 
dieTaften ges-d geftimmte Quint 7: A wie eine kleineSexte aus, die Quinte b:f dagegen wie eine 
verminderte Quint; umgekehrt ift das Taftenbild der Quarte f:b das einer UbermaBigen, das der 
Quarte ^ : 7 gar nur das einer grofien Terz. In folgendem gebe ich eine Zeichnung der Klaviatur, 
wO die relative GrOBe der Intervalle ebenfo wie ihre Verteilung auf die. Klaviatur angegeben tft. 



i 60 






3. GroBe Terzen (4:5) unci kleine Sexten (5:8) 
Solcher finden wir 4, paarweis in Quarten-Quint-Beziehung: 

as : c; c: e 
des:f ; f : a 
Dabei entftehen: 

a. 2 Uberma'Bige Dreiklange 

as: c: e; des : f :a 

b. 3 groBe Dreiklange 

c : e: g; i : a :c; des :f :as 
und c. 3 kleine Dreiklange 

f : as: c; b: des :f; a: c: e. 

Hier lit zu beachten, daB die Terz as : c fich nicht zum groBen Dreiklang ergSnzt durch den 
fehlenden Ton es, ebenfo wie f:a nicht zum kleinen, da wir auch kein d haben. Selbtt- 
verftandlich ift, daB die kleinen Sexten (5:8) aus denfelben TOnen der Reihe bettehen und wir 
infolgedelfen ihrer ebenfalls 4 haben. 

Ferner ift noch zu bemerken, daB wir auf f beide Dreiklange haben und dabei den chro- 
matifchen Halbton as : a (der Verhaltniszahl 24 : 25). 

Die 4 groBen Terzen konnten wir auf der Klaviatur unterbringen, ohne daB wir ihr auBeres 
Bild dabei veranderten, wahrend, durch die Deformierung der Quint b:f, der b-Molldreiklang 
auBerlich als Diffonanz h:des;f erfcheint. 

4. Kleine Terzen (5:6) und groBe Se*xten (3:5). 
Ihrer find ebenfalls 4, paarweis in Quart-Quinten-Beziehung: 

f : as; e : g 
b:des; a:c 
Sie alle find Beftandteile der oben betrachteten 6 Dreiklange. Hier fehlt das erganzende 
ges zu der Terz b : des, urn den groBen Dreiklang zuftande kommen zu latten, ebenlo wie fttr 
den kleinen Dreiklang h zu der Terz e:g. Nur der lntervallklang b-des hat kein ent- 
Iprechendes TaKenbild, indem er die Ta[ten fur eine groBe Sekunde einnimmt. 

Sekunden. 
Wenn wir darunler die in der Tonreihe nebeneinander liegenden Tdne verftehen, To erhalten 
wir eine durchaus zufallige Aufzahlung, da in ihr lo charakterirtifche Sekunden, wie g-a und 
as-b nicht enthalten find. Deshalb wollen wir als Sekunden nur folche Intervalle unferer Klang- 
reihe betrachten, deren Verhaltniszahlen keinen groBeren Abltand des Zahlers vom Nenner als 1 
haben, und filr die wir 7 als kleinften Zahler annehmen. 
Dann erhalten wir: 

5) 4 naturliche Ganzton-lntervalle (7 : 8), als Umkehmng der natUrlicheh Septimen 4 : 7 

c : A = f : 7 = P : c = * : f = 7 : 8 

6) 2 groBe Ganzton-lntervalle (8:9) mit den Septimen 9: 16 

b:c = f:g = 8:9 

7) 2 kleine Ganzton-lntervalle (9:10) mit den Septimen 5:9 

g:a = as:b = 9: 10 

8) 2 natUrliche Halbton-Intervalle (14:15) mit den Umkehrungen (15:28) 

des- a = e :e= 14: 15 

9) 4 diatonilche Halbton-Intervalle (15: 16) mit den groBen Septimen 8:15 

c:des= e:f = g:as = a:b = 15:16 

10) 2 Leitton-Halbton-Intervalle (20-21), als Differenz zwifchen der groBen Sexte und 
der natilrlichen Septime (5/3 : 7/4 = 20 : 21) und ihre Umkehrungen 21 : 40 

a : p = 7 : as = 20 : 21 

11) das chromatirche Halbton-Interval und die entfprechende verminderte Oktave 25 : 48 

as : a = 24 : 25 



llllll IIIBH ■■■! V 



\m 






,2) LrreT^rtr L v r ,e (deren »**-" * **•« «~ **■ 

»»■<. . . A : e = 48:49: £: y — 3 - b— fi^t ■ fid 

Mit.emiger Vorficht k5nnen wir diefer ^uWh^g noch 
13). die UbermaBige Sekunde 

des : e - 64 : 75 
und ihre Umkehrung, die verminderte Seotime m .m, fr 
unfrer Klangreihe umfaffen vM1^^\ l *J3^' *™ d,e Gre " 2e » 
das weicbe F-dur mit MolI-UnterdLfnante ° F " m ° ]1 f ° W ° hl Wie 

f : g : as : b : c : des : e • f - c . a . h 
Es wird hier a m Orte fein Sere'ToT^ 664 ' 75 "/I68/9M01 5 )ie " " ' " 

16) die falfche kleine Terz ?27-32^ anf rfo/n or 

ys/..M) auf der II. Stufe, mit der Umkehrung 16:27 

Das Vcrkommen des klaintchen dur Tinii ;„ , -r g:b = 27:32 

ablenken, da feln Anftaucher. £ i o To Z„f n ,* •7°°^ [ °" U " S >' edoch nicht *«*« 

der innerlichen Einfachheit und Re nhe t derfZf ^ g I ablUU,Big iK Und nur aIs Beftatigung 
der Ton d , fo r«„de auch F^Z^^^T ^ ^ "<* in "*- Reihe Lch 

-4"^1^ ■» ™ dure, d ieEi „- 

in Hinficht anf den Nenner m. Einta von fhnen vl Charakteriftik„ ra der Multiplicator 7 

l7'7) (-647 

In folgendena wollen wir diefe Vernal.niffe ryftanaHfch un.erluchen: in der TabaHe 

V : o : des : z : a : c : E 

r , .. A : f : as : c ■ e ■ e - h 

ha n L f ' e w !f tema,ifCh naC " beide " Sei '- hi " ™ *« G™**. f und'c aus ve.ei,, So er- 

a) 4 Intervalle 6 : 7 mit der Umkehrung 7; 12 

b) 4 Intervalle 5:7 mit de~r Umkehrung l\ ?o = & '' ? 

7:des = A:as = a: E== e** == 5-7 
" 1SS jLfo^t" SePti ™ e 4:7 « na.Urlicnen Sekunde 7:8 in der 

d) 4 Intervalle 32:35V~der'umkrtmng 35~6« 7 

T '> a — des :e = a ■ e = as • '•> lfi ■ 9t 

e) 4 Intervalle 16:21 mit der Umkehrung 2U32 

- 2 Intervalle 32 : 49'mifder UmLhmng' ^Tw' 21 
. „ t ' 7 : e = A : p - 32 : 49 

g) 2 Intervalle 7 : 9 mit der Umkehrung 9: 14 
b : A = t : g = 7 : 9 

162 



MWrUUJI 



.'.Jfi&SaSfiS&SCra 



jgp 



h) 


2 Intervalle 15 


:28 mit dem 


natlirlichen Halbton 14:15 in 


der Umkehrung (I. oben) 






A : des = 


2: e = 15:28 









2 Intervalle 24 


: 35 mit der 

A : a — as 


Umkehrung 35 : 48 
: z = 24 : 3*5 






]) 


2 Intervalle 21 


.40 mit dem 

p : a = as : 


Leitton-Halbton 20:21 in 
7 = 21: 40 


der 


Umkehrung 


k) 


2 Intervalle 32: 


63 mit dem enharmonifchen Komma 11 63 


: 64 in der Umkehrung (1. oben) 






7 : g - b : 


i = 32 : 63 






1) 


2 Intervalle 64 


105 mit der 

7 : e — des 


Umkehrung 105: 128 
:s = 64:105 






ra) 


1 Intervall 49 : 96 mit dem enharmonischen Komma 1 48 : 


49 in der Umkehrung (1. oben) 






e : A = 49 


:96 







n) 1 Intervall 128:147 mit der Umkehrung 147:256 
7:3 = 128:147 
In folgender Tabelle tind alle unterfucbten Intervalle unter Beachtung ihrer Anordnung gemaB 
der Klaviatur enthalten: 





c 


des 


A 


£ 


e 


f 


T 


% 


as 


a 


P 


b 


c 


1 


8/15 


'4/7 


7/12 


5/8 


2/3 


16/21 


3/4 


4/5 


5/6 


7/8 


8/9 


des 


15/16 


1 


15/28 


35/64 


75/128 


5/8 


5/7 


45764 


3/4 


25/32 


105/128 


5,6 


A 


7/8 


14/15 


1 


49/96 


35/64 


7/12 


2/3 


21/32 


7/10 


35/48 


49/64 


7/9 


E 


6/7 


32/35 


48/49 


1 


15/28 


4/7 


32/49 


9/14 


24/35 


5/7 


3/4 


16 21 


e 


4/5 


64/75 


32/35 


14/15 


1 


8/15 


64/105 


3/5 


16/25 


2/3 


7/10 


32/45 


f 


3/4 


4/5 


6/7 


7/8 


15/16 


1 


4/7 


9/16 


3/5 


5/8 


21/32 


2/3 


7 


21/32 


7/10 


3/4 


49/64 


105/i28 


7/8 


1 


63/64 


21/40 


35/54 


147/256 


7/12 


g 


2/3 


32/45 


16/21 


7/9 


5.'6 


. S/9 


32/63 


1 


8/15 


5/9 


7/12 


16/27 


as 


5/8 


2/3 


" 5/7 


35/48 


25/32 


5/6 


20/21 


15/16 


1 


25/48 


35/64 


5,9 


a 


3/5 


16/25 


24/35 


7/10 


3/4 


4/5 


32/35 


9/10 


24/25 


1 


21/40 


8/15 


■J 


47 


64/105 


32/49 


2/3 


5/7 


16/21 


128/147 


6/7 


32/35 


20/21 


1 


32/63 


b 


9/16 


3/5 


9/14 


21/32 


45/64 


3/4 


6/7 


27/32 


9/10 


15/16 


63/64 


1 



Die Summe aller auf obige WeiFe fertgeftellten Intervalle tft nicht to genau zu beftimmen, Jeden- 
falls ift lie auBerordentlich groB, da wir bei Umftellung .der Intervall-Tonbeltandteile in eine Oder 
mehrere Oktaven hoher oder tiefer eine fcharfe Veranderung der harmonifchen Bedeutung des 
Zufarnmenklangs wahrnehmen, fo daB wir keine Veranlaffung haben, irgend ein beliebiges Paar 
Tone, z. B. c-A als unveranderliche Konfonanz oder Ditfonanz anzufehen. Denn in der Lage 

A 1 -c- = 4:7, oder A-c 2 = 2<:7 
iit die Konfonanz des gegebenen Intervalls unzweifelhaft, wahrend in der Lage 

C-A'-^7:64 
durch den nahen 9. Oberton d, der Zufammenklang tehr unangenehm diffoniert, mit ftarken 
Schwebungen des Intervalls 

d=: A'- = 63: 64 
Das Nachlalfen der Konfonanz findet auch in dem unverhaltnismaBigen Anwachfen des Nenners 
der Verhaltniszahl feinen Ausdruck. Dies erklart Hen aber daraus, dr,5 c felbft 7. Oberton von a 
ift, wahrend der Ton a felbft bei unbegrenzter Forttetzung in der Obertonreihe von c nicht vor- 
kommt. Oberhaupt ift man bisher diefem Umftande beharrlich ausgewichen, und hat der Graduation 
der Konfonanz bei Umkehrungen und Erweiterungen der Intervalle in Oktaven keine Beachtung 
gefchenkt So drangt rich z. B. die fcharfe Dilfonanz des Zulammenklangs 

e-c- = 5:16 
fOrmlich auf und hatte die BerUcktichtigung der Komponiften und Theoretiker linden mitffen, 
wahrend wir dieles Intervall Uberall fogar fiir den ftrengen Stil im 2 Itimmigen Satz erlauut finden. 
Allein im Fl5tenregifter der Orgel erfcheint es uns einigermaBen ertraglich; aber auch hier ift fein 

163 



■P""""P 



"mm 



Klang mcht konronant, da er zu gleicher Zeit deutlich einen fis (dem II. Oberlon von c) nahen 
Komb.nahonston en.Itehen laBt. Das ilt auch der Grund gewefen, weshal , de QuarLx akko d 

^ IT S T^ VerP ° nt W3r ' ° bg,eiCh man ei g enf,ich S enau *en de^Du-undMoU Outt 
r«takkonJ hat. ennt er cheiden muhen und von dielen beiden den leMeren ga„ 7 ve™eln und 
ertteron nur m den Fallen anwenden follen, da er das Intervall der UndeziemeTn HcT enthait 
et^f" InterVa " d6rQUarte ,ft ' hinfiCht " Ch ^-Konlonanz, naturtich Z^L « 

Vereintafein P d r^" , 'ts in and n e r r r T b ' IClU ' ^"^ ""^ ^ die ™°^ h ™ ifc '- 
veremigung eines o„-., aes anderen Tonpaares zu kontrapunktiichen Zwecken eine Ent.cheidun<r 

u treffen und To wenden wir uns der harmonifchen Unterfuchung 3-, 4- und -It" z 

ZZT^^"" ™° ^ M *' «"* ^lermaBen als 'eine la-IonigeTe^ t 

■ Ihre Grundharmonien werden nattfrlich fein: 
a) 4 Dreiklange 

f as c e g; b des f a~c 

und b) 4 Septimenakkorde 

A f asj: e g p; 7 b des fTc~i 

Dabei finden wir folgende Nebenharmonien: 

1) den groBen Dreiklang — des f as 

2) den kleinen Dreiklang — a c e 

3) 2 ubermaBige Dreiklange - as c e- des f a 

4) l^s^7f n ^ m l° M ?T Septimen an Ste,le derTerzen) der 

!tand y u P n e d n ZTTZZT"* ^ ^ "«™ ■—»-«*« Be- 

5)eg ? = ac E = 5:6:7 

taaben vollig konfonanten Charakter und konnen wie die Grundharmonien der Ton 

b) In<e Umkehrungen, die Dreiklange 
a f as = 7 b des = 7 : 6 : 5 
' Anftp JT h J n !! Chtl L Ch ihreS harmonirche n Wertes identifch mit ihnen. 

7) den Dreiklang auf der VII. Stufe von F-dur (f-moll; 

e g b 
5/6 27/32 
mit der faIfchen„Terz g— b (27:32) 

8) den Dreiklang auf der'll. Stufe von f-moll 

g b des 
27/32 5/6 

S^nakZd 8 d6S efIteren ' m!t dCm " *"""*" *» """« *"»«■««» 
e g b des biidet. 

9) Der dreiltimmige Zufammenklang mit UbermaBiger Sekunde 

b des e 
5/6 64/75 

"J 6 fiCh mit mm ZU dCm ° bigen Se P timenakk ^ Z urammenrchlie6ende Um- 
164 



10) des e g 

64/75 5/6 

11) 6 zufallige Verbindungen aus denfelben Tunen mit Anwendung der enharmonifcheri 
Verwechfelung (63 : 64) — g 7 und b -j — gebildet: 

e 7 y v (i des; e t n >* 

105/128 128/147 128/147 105/128 105/128- 6/7 

g p des; 'a des e; des e 7 

' 6/7 105/128 105/128 64/75 64/75 105/128 

Diefe Zufammenhange find von auBerftem Intereffe. '■vahrend alien der Charakter des ver- 
minderten Drciklanges gemeinfam irt, fleiien He zugieich 12 verfchiedene Akkordtypen mit jedesmal 
anderen Beftandteilen dar, die fomit audi ganz verfchiedene tonale Neigungen haben muTfen. Bei 
der temperierten Stimmung fallen fie alle in einer Schablone zufammen, wahrend wir witten, daB 
die oben betrachteten Arten durchaus nicht alle MOglichkeiten diefes Typus erfchopfen, da uns 
ja fogar vorlaufig noch cine fo eharakteriftifehe Verbindung, wie es z. B. der natiirliche Zufammen- 
kiang gis h d iff, fehlt (aus dem 9., 15. und 25. Oberton der Verhaltniszahlen 25:30:36 gebildet). 

5/6 5/6 
In unferer Tonreihe konnten wir den entfprechenden Zufammenklang vom Ton e aus finden. in- 
derri wir b urn das Komma (80:81) erhohen. Hier mochte ich die Aufmerkfamkeit auf jene 
Erfeheinung lenken, daft unter alien 12 aufgettellten Typen fich nicht ein einziges Mai die ent- 
fprechende Verbindung — namiich paarweis glcicher lntervalle — gefunden hat. Ich habe 
fchon friiher darauf hingewiefen, warum die Tonreihe fo fehr fymmetrifchen Intervall-Verhaltniffen 
widerftrebt: die Melodiefuhrung vcrbietet die Aufeinanderfolge zweier t vGllig gleicher lntervalle in 
derfelben Richtung. Und innerhalb unferer Tonleiter erharten nicht nur die nebenbei entftandenen 
F-dur- und f-molI-Foigen (fiehe oben), fondern die ganze Reihe als folche diefe Behauptung: 



c des ' A z e f g 7 as a p be 

15/16 14/15 48/49 14.15 15/16 8.9 63/64 20/21 24/25 20/21 63/64 8.9 

Innerhalb unferer Tonreihe wiederholt fich kein Intervall direkt nacheinander; um fo eindringlicher 
tritt die Symmetric hervor, mit der fich die lntervalle nach beiden Seiten von den-PoIen f und c 
aus erftrecken, und zwar find die lntervalle 4S : 49 und 24 : 25 hier zu den Mittelpunkten geworden, 
von denen aus wir in entfprechenden, entgegengefetzten Gangen gleichzeitig die Tonika und 
Dominante der .Tonreihe erreichen. Dabei bleibt die Symmetrie unverletzt, wie weit wir audi die 
Bewegung nach beiden Richtungen hin fortfetzen. 

12) 2 doppelte Quarten- (oder doppelte Quinten-) Zufammenklange 

I: f c; f c g 

13) Einen Dreitonklang des Typs 7 : 8 : 9 (als unvollftandiger natilrllicher Nonakkord mit 
dem Grundion in der Tiefe, auftretend) i s g 

4/7 7/9 

14) Eincn Dreitonklang des Typs 5:7:9. als Terl eben deffelben Nonakkordes: 

a £ g 
5/7 7/9 

15) Einen Dreitonklang des Typs 8 : 9 : 10 mit in den Bali verfetztem g der Verhaltniszahl 9 

g f a 
9/16 4/5 

16) 2 Dreitonklange des Typs 4:5:7, als natUrliche Septimenakkorde mit ausgelaffener 
Quinte: c e y, f a- 

17) 3 Dreitonklange des Typs 4:6:7, als die gleichen Septimenakkorde mit ausgelaffener 
Terz c g -j; f c 1; 7 a f 

165 



IS) 5 Umkehmngen der letzten Dreitonkiange (16 und J7), als unvollftiindige, nattiriiche; 
Moll-Sepiimeriakkorde us c; 7 des f; Af c; 7 b f; c e 3 

19) 2 unvollftandige, tonale Septakkorde in f-moll 

c e b; c g b 

20) Einen Dreitonklang als Umkehrung des Typs 15, in derfelben Lage 

b as c 

5/9 ' 4/5 ' 

AuBerft intereFfant ift, die Kiangkiaft des letzteren mit der der ihm entfprechenden Zufammen- 

klange 13) und 15) zu vergleichen: alle 3 haben den Charakter des unvollftandigen Nonenakkordus 

gemeinfam, wahrend der Grad ihrer Konfonanz abfolut verfchieden ift! Auf unferem wohl- 

temperierten KlaWer verflieSen all diefe Unterfchiede naturlich vollig in eins. 



Die le^fen Werke Claude Debuffys 

Von Egon Wellecz. 

Seif der Romanfik iff man gewohnf, allem Gefchehen den Begriff der Enfwicklung 
zu iupponieren. Mif diefer bequemen Handhabe fuchf man vor allem das fu'rtimierfeffe 
Gefchehen, die Kunft, . zu erfaffen und Ordnung in das Chaos der Erfcheinungen zu 
bringen. Halbphilofophifche Bucher, wie Spenglers „Unfergang des Abendlandes" haben 
diefe Befrachfungsweife aufs Hochffe geffeigerf, zeigen aber in fich bereifs die Grenzen 
und das Hinfallige derarfiger Konffrukfionen, durch die die Mannigfalfigkeif der Er- 
fcheinungen niemals in ihrer vollen Vifalifaf erfaj3f werden kann. 

Den Begriff der Enfwicklung im Sinne einer ffefen Sfeigerung. als einer Verbefferung 
des Friiheren konnfe nur eine Epoche erfinnen, die in fidi das Gefiihl frug, die Voll- 
kommenheif wenn nichf zu erreichen, fo dodi ihr nahe zu komrnen. Es enffprichf audi 
dem Wefen der romanfifchen Kunft der romanfifchen Mufik mif ihrem geffeigerfen Idi- 
gefuhl f ihrer Sehnfuchf nadi Erlofung ohne fich zu demiifigen, ihrem Ringen urn das 
Hochffe ohne die eigenen Grenzen zu kennen, und verfagf vor der Kunft einer jeden, 
von wahrhaffer Transzendenfalifaf, von einer felbffverffandlichen Religiofifaf erfiillfen 
Epoche, verfagf audi vor jeder Kunft die nichf Ausfprache zwifchen Kiinffler und Wetf 
iff, fondern fich felbff enfhullf mif den Miffeln, die innerhalb der Grenzen ihrer Ausdrucks- 
moglichkeifen liegen. 



Nur fo la£f fidi das Schaffen Debuffys erfaffen: Von dem Augenbttcke an, Wo er 
In den Vollbefifc feiner Miffei gekommen iff, bleibf fein Schaffen auf einer Ebene, .ohne 
zu uner^varfefen Hohepunkfen zu ftihren. Es gibf Werke, die mehr oder minder in- 
fpirierf jind, alle aber fragen eine innere Vollendung in fich. Er fchreibf keinen Takt 
nieder, der nichf ausgereiff ift Die problemafifche Ausfprache, das Ringen urn die 
Form exiffierf fur inn nichf, oder richfiger gefagf: er Ia£f es nichf fichfbar werden. Das 
befrachfef. er als innere Angelegenheif des Kunfflcrs, der nur das darbiefen foil, was 
geformf und reif iff, 

Alles iff bei Debuffy von einem wunderbaren Ebenmafr Er bauf feine Werke in 
einer, nur ihm eigenen zuriickhalfenden Archifekfur auf, bei der kein Defail hervorfritf, 
alles ;icf? : q ,em Ganzen ein- und unferordnei:. Seine Harmonik ift kfihn, ohne befremdend 
zu fein, Jeiue Rhyfhmen find pragnanf und voll freibender Kraft, ohne je brutal zu 



wirken, feme Melodik ift von einer Siij3e, die beraufchend wirkt, ohne je fiifSHch und 
fentimental zu werden. Er hat Kraft und Zartheit, Schwung und Grazie; er darf alies 
wagen, weil er das Geheimnis von AUem kennt 

Er hat die frsnzofifche Mufik wieder auf den Weg gebracht, den fie feif den grofSen 
Claveciniften, und nicrit zu ihrem Heil, aufgegeben haffe, Er kniipft an Couperin und 
Rameau wieder an. Wie diefe fchreibt er Klavierftiicke, die einen Tifel haben. Wie 
fehr unterfcheiden fich aber diefe Werke von den monftrofen Gebilden der Programm- 
mufik, die wir in den le^fen Jahren zu horen bekamen. Hier der Verfuch, der Mufik 
epifchen Charakter zu- geben, fie zu wechfemden Sdiilderungen zu zwingen, Ge- 
dankliches ihr unterzulegen, dort, wie bei den alfen Suifenkompbniffen das Schaffen 
eines kurzen, einheiflidien Stiickes unfer der Infpirafion einer leitenden poefifdien Idee; 
Nafureindriicke wie „Clair de lune", „La Soiree de Granade", „Jardins sous la pluie", 
„Les collines d' Anacaprie", „Canope" oder 'dedicate in Mufik wie „Pagodes", „Et la 
lune descend dansle temple qui fut", „DanseusesdeDelphe", „La serenade inferrompue*. 



I V 



Auf dem KlaVier, von der Lifztfchule feiner eigentiichen Sphare entriffen und zu 
orcheftralen Wirkungen mi^braucht, eirthiillf fich fein Schaffen am reinften. Mit einem 
unfaglich feinen Klangempfinden begabt, fuchfe er dem Klaviei* wieder eine Funktion 
zu geben, wie fie der Nafur des Inftrumentes enffprichf. So knupft er in feinen Jugend- 
werken unmittelbar an Chopin an, deffen Gedenken er das Hauptwerk feiner lefjten 
Epoche, die „Douze Etudes pour le Piano" widmet Es find richtige Klavieretiiden 
aber von einer bewundernswerten Eigenart, von einem Reichtum des Geftaltens, der 
immer aufs Neue enfzuckt. Kaum in einem andean Werk ift es Debuffy gelungen, fo 
fehr den Begriff der Steigerung zu vermeiden und wie die alten Claviciniften in einer 
Ebene zu bleiben. Weit weniger glucklich erfcheint das Problem in den drei gro£en 
Stucken fur zwei Klaviere zu vier Handen „En Blanc et Noir" geloft. Sie find im 
Friihiahr ^915 enfffanden, in der Zeit da Debuffy nach den er'jten furcntbaren Monaten 
des Krieges, in denen wohl kaum ein $roj5er Kiinftler die Sammlung zum Arbeiten 
hatte, wieder zu komponieren beganri, doppelt fchwer'unter der feelifchen Depreffion 
und der Ahnung des herannahenden Todes leidend. Das Werk falli fo fehr aus der 
Linie, in der fich Debuffys Schaffen bewegf, heraus, daj5 es intereffant Ware, iiber die 
naheren Umffande feiner Kompofition genaueres /,u erfahren; denn ungefahr der 
gleichen Zeit gehoren „Six Epigraphes Antiques" fur Klavier zu vier Handen an, 
die von einer meifterhaffen Pragnanz und Einfachheif des Ausdrucks find. 

Das erfte der Stucke „Pour invoquer Pan, dieu du vent d' ete" ift ein Paftorale, 
die Linie des „litfle Shepherd" ;n „Childres Corner" und der „Fille aux chevaux de 
lin" in „Preludes I" fortfiihrend, zart und t lar in den Konfuren, dunn im Sa£. Ebenfo 
einfach, beihahe den zweiten Spieler en.behrlich machenc 1 , ift das zweife, „Pour un 
tombeau sans nom". Das ergreifendfte du- Stucke fcheint mir das driue, „Pour que 
la nuit soi, propice" zu fein, wie ein oebet um Ruhe und Frieden. mit dem Debuffy 
Nacht fiir Nacht den Schlaf erwartete, — wie ein Wanderer (fo Jchrieb er einem Freunde) 
der auf einen Zug warfet, von dem er \veij3, daj3 er doch nie kommen wird, — und 
erfullt von der refignierten Hoffnungslofigkeit des Wiffenden, die nie zur lauten Klage wird. 

Vielleicht la^f fich an diefem Stuck, wo die Beziehun& zwifchen Kiinffler und Werk 
eire auffallende ift, der Begriff des Schaffens im hochften Sinn in Worte faffen. Nicht 
das Erlebnis wird dargeffellf, fondern das, was hinter dem Erlebnis ffeht. Debuffy tritt 
hinter fich zuriick, er feilf mcht fich mit, wie der romantifche Kiinftler, er zeigc nicht feinen 
Konflikt mit der Welf, nidit fein Ringen um Gott, nicht Teinen Schmerz und feme Qual; 
dies inacht er mit fich ab. Sein Kunffwerk erfullt er mit dem Niederfchiac deffen, was 



167 



Von all dem ZufalBgen der eigenen Perfon, des eigenen Sduckfals als bleibend und 
unveranderlich geblieben iff. So fteht er an der Sdiwelle einer neuen Zeif, \^. wird er 
zum Schopfer einer neuen Klaftizitat 

Nie wird es eine Rudtkehr zu Mozart geben und alles Komponieren im alten SGI 
ift eine lappifthe Spielerei, die nur die geringe Oeijtigkeit der meiften Mufiker aufs 
Traurigfte beleuchfet, es gibt aber vorwarts einen Weg zu einer neuen Einfachheif, die 
dann lebendig werden wird, wenn nicht groj5e Opern und Sinfonien wie improvifierte 
Skizzen ausfehen werden, fondern kleine Skizzen die Vollendung und Abrundung in 
fidi fragen werden; wenn <3roj5e nidit an der Mafte, fondern an der Vollkommenheif 
des Gebotenen gemeffen werden wird. 



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Den neuen klaflifdien Stil, die attache Kiarheit, zu der fich Debuffy in Jeinen lefcfen 
Werken durdigerungen hat weifen die Sonaten fur verfduedene Inftrumenfe auf, von 
denen drei vorliegen: die Sonate fur Violoncello und Klavier. die Senate fur Flote, 
Braffche und Harfe und die Sonafe fur Violine und Klavier. Die Inltruxnenfe find alle 
nach ihrem nafurlidien Charakter behancelf. Man erkennf auf den erften Blick: hier 
Jpielt die Flote, dort die Geige; hier das Klavier. dorf die Harfe. Das Klavier iff nidit 
melodiefiihrend, fondern begleitend verwendef, die Violine qualt fidi nidit in mijSklingenden 
Doppelgriffen, das Cello nidit in unnatiirlidien Lagen. 

Formal am infereftanfeffen iff die SonafeXfiir Flote, Braffche und Harfe. am klarjten 
gebaut die Violinfonafe. Die Sa^e haben nidit den der Haydn-Mozarf Epoche ent- 
ftammenden typifdien Aufbau, fondern mifchen Kontraft'gebung der Sonate mif Elemenfen 
der Suite. Mag fein, daj5 die Erfindung nidii immer die ftarkjte iff, ich habe wenig fur 
leute iibrig, die den Themenraufch haben und dariiber die hoheren Sdhonheiten und 
Notwendjgkeiten der Gefamfltrukhii* nidit kennen, die glauben, komponieren zu konnen, 
wenn ihnen ein brauchbares Motiv einfallt hinter dem fidi eine trofflofe Ode einftellt, 
die fie dann Durdifiihrung nennen. Derlei Infanfilitafen haben mit Kunjt nichts zu tun. 

Der Mufiker wird an diefen Spat werken Debuffys die maitrise bewundern, die 
meifferlidie, ficher abwagende Hand eines, der inmiften modifchen Komponierens im 
Wagnerepigonenjtil feinen eigenen Weg ruhig und unbeirrt gegangen ift und feinem 
lande eine neue Mufikkultur gegeben hat 




9* 



FAMA^ Dr - Bordiardt S Wohiauer 

FERTIOSTELLrNG ALLER ML'SIK-Al'FTIUOK 

Correpciition . Transposition - Aufsclircibfa pojeberjor Melodies 



Korcpositioa . Instfaaentation 

NOTENSCHREIBEN 

Clwrlottonburg 4, Wielandstr. *!' F.T5.spr c ciit-r: 3toi::aI;it; SOI. 



Breitkopt & Hartei - 

Zentralstelle 
Fiugei 



Berlin W. 9 - PotsdamersiraSe 

i- und auslandi'sche Musik 



21 



Pianos 



Harmoniums 



VERBAND DER KONZERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V. 

Gemeinntitteige KonzcrtabieUung: BerI5xi *W 57, BIumexttti<\lsfraJ5e IT 

T^i^nhon: Aral yOLLEXDOKF 3S83 Tci--r.nram-AJr>.ss* : POIUlMKL'XST 

EBgagemsrUverinltllung, *rpangeme»ti von KDnsert£n, Vrrtrags- und Kunsttaiuabanf^n ftir Berlin und alle One tie? In- und Auslandes. 
Alle RiDatte werdcr. i«« Kflmtlerr: gutgebtacht Xifan^r.- ?r-»vi*ioTj^ii als b-i ^-v:.Tri*:nili:i.jfti KonKcrtai,— hi.ti. 



168 



Das Tempo 

Musikalisch-psychologisrhe Studie von 
Dr. Alfred Guttmann. 

* Jeder reproduzierende Kunftler weiB, da8 er dasfelbe Stuck heut fchneller, ein anderes Mai 
Iangfamer nimmt. Die GrOnde hieruir. die teils im Mufikalifchen, teils im Pfychologifchen liegen, 
find fehr mannigfach. Der denkende Mufiker hat fich mit diefen Problemen befcha^'tigt und Be- 
obachtungen in fich gefammeit; auch der Horer, der aufmerkfam und kritifch muHkalifche Lei- 
frungen aufnimmr, weiB. daB nichr nur ein- und derfeibe Kunftler verfchiedenartige Tempi hat, 
fondern daB ein- und dasfelbe StDck von verfchiedenen Kunftlern vorgetragen, oft eine andere 
zeitliche Dauer hat. Die alte afthetifche Frage, ob es eine eindeutige, daB heiBt hier, zeitlich 
genau beftimmbare Mufik gibt, fteht im Hintergrunde aller diefer Erorterungen. Seit der Erfindung 
des Metronoms war es dem fchaffenr'en Kunftler moglich, eine -gewirfe Gefchwindigkeit fiir den 
Ablaut des Stiickes vorzuichreiben. Hiervon ift in den folgenden Darlegungen nicht die Rede. 
Es foil vielmehr verfucht werden, an der Hand von Beobachtungen und zahlenmaBigen Feftftellungen 
uber lange Jahre darzulegen, welehe'Momerue i'0r die feincen Unterfchiede des Tempo in Betracht 
kommen. Am einfachfren erfcheint es. ein kurzes Stuck, fagen wir ein Lied, in feiner zeitlichen 
Dauer feftzuiegen. Indeffen fpielen da technifche Fragen (AtemfUhrung, Tonanfatz, Vokalifierung 
u. a.) fehr hark mit, die bei der Kilrze eines Liedes bei verfchiedenen Sangern erheblich ins 
Gewicht fallen. Zudem ift der Sanger, der fich nicht felber begleitet, an einen zweiten reprodu- 
zierenden Kunftler gebunden, fodaB man alfo einen Komplex meffen v/urde. Der Soloinftrumentalift 
jedoch ift noch vielmehr als der Sanger im Tempo von den technifchen Schwierigkeiten des Stiickes 
abhangig: er wird durch das rein .Materielle feiner Darbietung gehindert, der reinen Intention immer 
vullig gleichzukommen. So fchien es am beften, ein Gebiet zu wahlen. wo der ausiibende Kunftler 
weder von eigenen technifchen Schwierigkeiten behindert wird, noch direkt an die Leiftung des 
AusUbenden gebunden ift. Hierfur fand ich am geeignetften die Taiigkeit des Dirigenten. 

Verfchiedenheiten der Tempi beruhen einmal auf demB^ftehen groBerTemperamentsunterfchiede: 
es gibt ausgefprochene Adagio-Naturen und exquifite Prefto-Naturen. Nicht nur manche Mufiker, 
fondern auch manche Alufikftatten find wegen ihrer traditionell langfamen Tempi beruhmt. Ab- 
gefehen davon find fiir die Tempounterfchiede eine Reihe von pfychologifchen Momenten wirkfam, 
Faktoren alfo, die mit dem rein Mufikaiifchen nicht etgentlich zu tun haben. So ift die feelifch- 
nervofe Dispofition des Dirigenten oft entfcheidend far das Tempo eines Orchefterftuckes. Wer 
in Erregtheit unruhig, feelifch untrei dingier t, wird dasfelbe Stiick zweifellos fchneller nehmen, 
als wenn er es in gleichmaSiger, konzentrierter Gemutsverfaffung fpielt. Zweitens wird das 
Moment der Gewohnung eine Rolle fpielen: ein oft dirigiertes Stuck wird mit anderer Anteilnahme 
der Seele, mehr aus dem Handgelenk heraus und in anderem Tempo dirigiert. Sodann wechfelt 
der feelifche Kontakt zwilchen dem Dirigenten und den AusUbenden; die Rflckwirkung der Art, 
wie das Orchefter fpielt, beeiniluBt den Dirigenten in feiner ganzen feelifchen VerfaKung und 
wirkt Eo auf das Tempo. Auch fchafft das Verhalten des Publikums eine Atmofphare der Luft 
oder Unluft. Auch diefes alies wirkt. wenngleich es auBerhalb des Mufikalirchen und im Grunde 
genommen auBerhalb des Kiinftlerifchen liegt, ftark auf das Tempo ein. 

Die kiinftlerifchen Grunde find ebenfalls zahlreich: einmal wechfelt beim Dirigenten, wenn 
er alter und reifer wird (und das gent beim Kunftler oft fehr fchnell vor fich) aus dem Stack 
heraus die Auffaffung: ein Symphonie-Satz, der dem Kunftler vollendet fcrlon geklungen hat, laSt 
*■ in fairer Wirkung auf ihn nach. Er empfindet jetzt Langen und tote Stellen dort, wo er frQher 
in den Melodien. den Harmonien, der Inftrumentation gefchweigt hatte. Die notwendige Folge 
ift, daB er an folchen Stellen nunmehr eilt. Ein anderer wichtiger Punkt ift die Klangwirkung 
eines zu Gehor kommenden Stiickes auf den Dirigierenden im.Vergleich zu dem vorher vorge- 
fteliten oder frtiher anders gehorten Klang desfelben Stiickes; hier fpielt nicht nur die Qualitat 

169 



w&m&sam sB 



deS austtbenden Orchefters eine Rolle, fondern auch das Quantum: mit 16 Primgeigen kann man 
andere Tempi nehmen als mit 8. Ein und derfelbe KlangkOrper (Orchefter, Chor) wirkt in einem 
anderen Raum. ja auch an einem andem Tage in demfelben Raum akuftifch fo anders, da8 der 
Dirigent gezwungen ift, aus Rtfckficht hierauf das Tempo zu andern. SchlieBlich rind auch EinzeJ- 
faktoren einer Gefamtwirkung beftimmend auf die Auffalfung und wirken fomit auf das Tempo 
zurtlck: wie eine liebevolle Kantilene in einem foliftifch hervortretenden Inrtrument (etwa Oboe 
oder Horn) phrafiert wird, wie Nebenftimmen aus dem Orcheftergewebe durch bltlhenden Ton 
(im Cello)' hervortreten, das gibt gelegentlich oft unerwartet To neue Klangwirkungen, daB der 
eindrucksfcihige und fenfible Dirigent Fofort nachgibt. (Von der Umkehrung diefer Einwirkung, 
dem ktinftlerifch-wichtigen, wird hier nicht gefprochen. DaB der Dirigent dem Orcherter seine 
AuffaHung, sein Temoo gibt, ift felbftverftandlich.) 

Wo liegt nun der MaBftab daflir, ob diefe, fcheinbar a priori aufgeftellten theoretifchen Er- 
Orterungen rich in der Tat fo auswirken, daB der Horer es bemerkt. Exiftiert denn aber Uberhaupt 
„der* HOrer? Sicherlich nicht. Die Horerfchaft als folche, das Publikum fetzt fich aus unzahligen 
Individuen zufammen. Scheidet man von vornherein Unkunftlerifche oder kunftlerifch Ungebildete 
aus, To findet fich unter dem kleinen Reft von urteilsfahigen HOrern gleichfalls jener Typ, der zu 
langfamen Tempi neigt und jener, dem jedes Tempo zu Iangfam erfcheint. Unter den HOrern 
find folche, die unkonzentriert dabeifltzen, es eilig haben und fchnell weg mbchten und folche, 
die fich mit Hingabe in das Stuck vertiefen. Auch hier finden fich Perfonen,' die das eine oder 
andere Stuck To kennen, daB es ihnen fchon „Iangweilig" wird, auch hier wechfelt die kunftlerifche 
Auffallung eines StUckes und damit das Urteil daruber, ob das ZeitmaB adaquat ift, auch hier 
wirken Einzelheiten kQnftlerifcher und akuftifcher Art ein. Ja, auch Optirches fpielt mit:' die 
Haltung, die Gebardenfprache des Dirigenten, Telbft die korperliche Haltung des Orchefters, fowie 
die Nachbarfchaft des Hirers beeinflufren die Urteile. 

Die AufzShlung alier dieler Fehlerquellen (fie ift bei weitem nicht vollzahlig!) zeigt fchon, 
wie fchwer es ift, in folchen Werturteilen einen wirklichen MaBftab zu finden. Jeder unter uns 
erlebt ja auch auf Schritt und Tritt, daB er im Konzert interpelliert wird: „Heut hat StrauB aber 
wieder unglaublich gehetzt!" oder: „Das waren ja fa ft Bayreuther Tempi". Gerade in diefen 
Tagen hat fich ein bekannter Kritiker tiber StrauB in einem Berliner Abendblatt hierUber fo geauBert: 

,Oft, wenn er Beethoven dirigiert, ist einem zumute, als hiiitc er keine Zeit und salic licimhch auf die 
Uhr, ob er denn noch den Abendzug erreichen ktinnc. Einen Kritiker, dern seine Tempi mififieten. soil er 
hart angefahren haben. „Sic haben meine Tempi nicht zu kritisicrcn. Trachtcn Sie, sic zu verstehen." 
Mir persflnlich fehlt das Gcfuhlsverstandnis fur ZeitmaCe, die so sclmell sind, daB sie dem sinfonisch.cn 
Gesang die Fliigel besdineideii. Ich berufe mich auf Wagner, der das Allegro als das HuGerste Ergcbnis 
der Brechung „des rcinen Adagiocharakters durch die bewegtcre Figuration ansicht. Selbst im Allegro 
dominiert, bei genauer Beachtung seiner bestimmendsten Motive, immer der dem Adagio entlehnte Gesang. 
So Wagner. Straufi durchsetzt das Bcethovcnschc Expressivo mit dem Temperament des unpathetischen 
Menschcn, der keine Zeit hat." 

Hieraus geht hervor, wie fchwierig auch fUr den geiibten Faehmann eine pracise Antwort 
auf dererlei Einwendungen und Darlegungen ift. Und nun bedenke man, daB (nach Pohls Bericht) 
Levi in Karlsruhe fttr das Meirterfingervorrpiel in einer hervorragenden AuffUhrung 10 Minuten 
brauchte, Wagner lelber aber 8 Minuten und wenige Sekunden! 

Ich habe verfucht, der Frage exakt experimentell zu Leibe zu gehen. Seit mehr als zwcilf 
Jahren habe ^ch regelmaBig in Konzerten bei einer groBen Reihe von Orchefterftucken (auch bei 
vielen Chorwerken mit Orchefter, auf die ich hier Togut wie garnicht eingehen will, urn die Dar- 
ftellung diefes komplizierten Gefchehens zu vereinfachen) „Zeit -genommen". Das Prinzip der 
quantitativen Feftlegung von Zeiten ein- und desfelben StUckes unter verfchiedenen auBeren Be- 
dingungen ift, folgende Vergleiche zu geben: 1. derrelbe Dirigent mit dem gleichen Stuck und 
demfelben KlangkOrper *zu verfchiedenen Zeiten, 2. derfelbe Dirigent mit demfelben Stuck und 
verfchiedenen KlangkOrpern, 3. dasfelbe StUck unter verfchiedenen Dirigenten und verfchiedenen 



170 



Klangk&rpern. Betrachten wir das einfachfte: weichen die Tempi eines Dirigenten, weiin er art 
detfelben Stelie mit demfelben Orchefter*) daslelbe StQck [pielt wefentlich von einander ab? 
Oder hat jeder Dirigent ein gewiffes Tempo filr ein- und daslelbe Stlick? Die Frage ift weder 
mit einem einfachen Ja zu erledigen, noch zu verneinen. .So hat Hausegger fur das Siegfried- 
Idyll einmal 15 Min. 6 Sek., einmal 17 Min. 30 Sek. gebraucht; (er befindet lich dabei durchaus 
innerhalb der aufierlten von mir feftgeftellten Grenzen: Richard StrauB mit 14 Min. 55 Sek.** 
und W-erner Wolf mit 19 Min. 45 Sek.) DengroBten Tempounterfchied bei demfelben Dirigenten 
fand ich im erlten Satz der V. Symphonie von Beethoven, den StrauB im Jahre 1912 mit 7 
Min. 30 Sek. und 1913 wie 1917 mit 6 Min. nahm. (Die drei iibrigen Satze weichen bei StrauB 
ganz geringfUgig von einander ab, vgl. die Tabelle). Scheinpflug, der 1914 mit dem Blilthner- 
orchefter 7 Min. 22 Sek. brauchte, nahm 1920: 6 Min. 20 Sek. IntereHant find auch die Abwei- 
chungen, die StrauB im erften Satz der VII. Beethovenfchen Symphonie zeigt, hier hat er 191 1 : 
10 Min. iO Sek., 1914: 3 / 4 Min. mehr, 1915: fart 55 Sek. mehr als 1914. (Er ift alio, wenn man 
lo will, hier von Jahr zu Jahr langfamer geworden.) Daslelbe zeigt auch im Vergleich der Zeiten 
Tein Werk M Don Juan"; er hat in den mit Abftanden folgenden AuffUhrungen folgende Tempi 
genommen: 15 Min. 45 Sek., 16 Min. 45 Sek., 16 Min. 25 Sek. Der Durchfchnitt nachMtlller- 
Reuter ift 17 Min, was alio zweifellos, am eigenen, dreimal feftgertellten Tempo des Autors 
gemetfen, zu langlam ilt. Dies ein paar Proben. Genaues laBt Hen aus den folgenden Tabellen 
erkennen, vor allem die Tatlache des Schneller-Werdens (vgl. Fried und Zander, IX. Symphonie, 
Satz I), des Gleichbleihens (StrauB VI. und VII. Sinfonie), lowie des Langfem-Werdens (riaus- 
egger, Faulttymphon^, 

Schon die bishengen Daten beweifen, daB — was theoretifch zu erwarten war, — nicht 
einmal bei denfetben Dirigenten dasFelbe Orcheiter genau diefelbe Zeit erreichte, felblt wenn die 
Auffuhrungen im lelben Konzertfaal Ttattfanden, und kurz auf einander folgten. Tritt nun eine 
neue Perronlichkeit vor daslelbe Orchefter, to addieren fich deHeii differierende Tempi noch hinzu. 
Ebenio tibertragt ein neuer Dirigent nicht ohne weiteres fein bisheriges individuelles Tempo auf 
den neuen Klangkorper — fogar fein DurcMchnittstempo kann hier wieder anders werden. Nach 
der Wahrfcheinlichkeitsrechnung tritt die groBtmogliche Variation auf, wenn alle Faktoren, alfo 
Dirigent und Klangkorper anders bei demfelben Stuck find: ein Jangfamer" Dirigent wird (aus 
GrQnden, die jeder Muliker ohne weiteres verrteht) mit einem groBen, guten Orchelter mit 
Sicherheit to langfame Adagios nehmen kbnnen, wie er es mit einem kleinen OrcheFter nicht 
konnte; nun kommt zum kleinen Orchefter ein „rchneller" Dirigent und Tpielt daslelbe Adagio 
noch Ichneller, als der Andere. Vergleichen wir nun diete Zeit mit der des „langFamen" Dirigenten 
vor dem groBen Orchelter, fo ift die zu erwartende Differenz die groBie. 

Ich gebe nunmehr Oberlichtstabellen Uber die V., VI., VII. und IX. Symphonie von Beethoven, 
die unvollendete Symphonie von Schubert, die Fauft-Symphonie von Lifzt, das Siegfried-Idyll 
von Wagner und das deutfche Requiem von Brahms. 



Beeth 


oven: Funfte 


Symphonie. 




J)iri K «mt, 


Ordiustor 


L 


2. 


3,u.4 


Hos.- 






M., S. 


M., S. 


M., S. 


I*!., S. 


YVt'InKartnor 




S,(I0 


10,00 


15,00 


33,00 


Srihoinprinj; 1914 


UKiUinororclu'stor 


7,22 


— 


_ 


— 


igao 




0,2 


11,1$ 


13,2 


30,22 


Uloch 11'17 


rflaatsorcln'slor 


3, IS 


10,15 


1-1,30 


30,110 


StraulJ 1912 


„ 


7,30 


— 


i:\40 


„ 


1913 


, 


0,00 


10,30 


13.00 


20.30 1 


1917 


, 


6,(10 


10, IS 


13,00 


29,13 f 


Dim-h.m'hnitt 




<;,;to 


10,28 


14,22 


31*33 



Beethoven: Sechste Symphonie. 




Dingo tit 


Orchoatur 


1. 


-'■ 


3. | 

Satz | 


1 Ges.- 

Idauor 


StrauB 

1913 

„ 1910 

Friwd 1912 


StuaUorchosttir 
BHlthnurorchostor 


M.,S. 

9,22 
9,22 

9,35 
8,10 


M.,S. 

12,39 

12,20 
12,40 

14.4(3 


M.,S.| 
15.38 


1 37,1C 

1 



I 9,07 I 13,06 | 13.2S | | 37.1G 



*) Naturlich ist nicht jedes Orchester nach Jahren „dasselbe", aber bei det ehemalig kunigl. Kapelle und 
bei den Philharmonikern ist der Wechsel nicht so stark gewesen, daB es fur soiche Fragen ins Gewicht fiele. 

*•> Nach dieser Auffiihrung trat ein sehr bekannter Wagner-Kenner auf mich zu und SuBerte sich voller 
Empurung iiber dieses Tempo. Aber auch Hausegger hat ja (mit dem BlUthner-Orchester) nur 15 M, 6 S. gebraucht. 



171 






it 



■lift ■ 
If 



Dirigont 



Beethoven- Siebente Symphonie. Schu bert: UnvoIlendete SymphonJe (Hmn) 

3nf Orchestor 1. I * 3. 4 I Gns.- r>;Ji 1 "TTT" ! 7T Z ■ 



Kunigl. Kapollc 



StrauB 1911 

1914 

1915 J I 
«... 1919 jStaatsorchoster 



M.. S. ! M., S. 
10,10 [ S,!!5 
10,55 s,'}5 

11,45 9,0- 

11,37 3,-tt 



M., S. 
9,15 
9,25 



dauor 



M., S. 
3-1,-1,1 

30,35 
37,1-1 
30.27 



JWhschnltt - I lli07 1 ^7|-^| m , .„. „, 

Beethoven: Neunte -Symphonic. 



StrauC 

* 1919 

Sc.l«.'rchon 19111 
Blo.-h 

Stoinbnrh 
I'archsclmitt 



Orehostor 



Clutlincrorclu'sti'! 
PMlliarcnoiiikor 



Dirigont 

Straufl 1914 

Stiodry 1917 

1'Vipd 11110 
1911 
1913 

n 19 W 

5iand«r 1913 
1913 

n 1913 

I'm-twangler 

1920 

Muck 1920 



Orehaster u. Clior 



Kunigl, Kiipt-llt- 

Oporn-Chor 

Philharmonikcr 

BorlinorVolkschor 

BorlinorVolksclior 



BorlimtrVolksclic 



St:iatNor«lifister 
Op.-rn-Chor 
Stnatxorcht.stpr 
Ut'rliiMtrVolfcsi-lior 



1. 


2. 


.1. 


4. 


|n«s.- 








Piitz Idiiucr 


M., S. 


M. t S. 


M., S. 


"■!., S 


M., s. 


10,48 


10,30 


10.50 


23,-1 


C7..H 


10,00 


10,55 


1(5,20 


27.05 


70,20 


l'.MXf 


io.:iO 


17.00 


24,00 


70,30 1 


I6,3;t 


113 


17.0S 


20,50 


71,. Ill 


16,19 


to,-i5 


17.1W 


20.37 


70. Vtf 


15,23 


10.10 


10.00 


24.35 


OO.OS 1 


17,17 


U-M!. 


i\3o 


20,.") 


7-t.:.7| 


10,05 


11,11.* 


17.12 


20.10 


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1 .'»,:;« 

17,1-1 


11. 00' 
11,12 


'10,02 

I'j.n.i 


20.1)0 


■■■Mil 


10,29 


12.00 


1 7,oo 


27.U.*, 


72.-10 


it;,;;.- | 


":»7| 


17,11 , 


2,-.:>L- 


7U,3r; 



Liszt: Faustsymphonie. 



1. 


SaU 






Crtjs.- 
dauor 


M., S. 


jr., s. 






M.. S. 


10.30 


12,30 






23,00^ 
19,3.-,/ 


9,25 


10,10 






1 14:, 


12,50 






21,35 


10,30 


12,-15 






«,., j - 


U,0o 


1 1,30 






22,::o 


11,00 


13,00 




2-1. 00 


10..12 


12,08 






21,011 



Wit I I'liillmr 

191-1 I I'liilliar 
lyjl) j 
<rh 1911 ■ 



mi: 



! 29,t:u 
1 31.-10 

, 30,(10 



21, 0H 

17,01) 
l'.'.2."i 
21,-I.*i 
20,30 
20,i:, 
19,01) 
10,30 
L9,2i; 



22,.'iii 

I 23,35 



. M.,S. 
: tii', 10 

i 07,:io j 
7;,i- 

"s.Oo ( 



j 23,oo 
23,00 



I .;■],<., 
Trait- 



Wagner: Sicgfriedidyll. 



Beethoven: Neunte Symphonie. 

(Sti-ilwi von Br. Krn.sL ^.-wO.-r') 



Ponzoor 
Kik'sch 1909 

i'trauii 1909 



l'hilh/11 



lonikor 



Koni B I. K.-.p ( .]J 
(Ipuni-CIioi 

HansopRpr 1912 

M«ii K clb«rpli)I3 

Wundol WW 

jViodlpr 19U j 

Muriko 1920 BliiMifHTordif-slor 

I Burli tiorVolks^lKjr 

iDuruhschnitt 



jviutil limit 

"Iiu-I; l')|(l 

Krtiss.'lt I'JKJ 



w-.s.Im. i s.;m..s;Im"."s.Tm"s 

I7,IHJ| JI,00; 17,00 j L'5,00 I 7-Mjo' 
17,00 !2,W ! IC.Ool .- 

17,1* 12,00! 17.00 2-t.fV 70()0 
17.00 11,00 1 17.30 25.00 7fK!0 
I4,0ii j 11,00' 17.00 25,00 ! 07,00 
17,17. I 12,00 ! LS.rjo j 2(!,uii ( 73 V> 
J0,3O I !!,!)(, j 17,30|2.{3ti 7V.30 



Wullt, WVn 
ytraulj 1917, 



On-h..sl.« 



I'liiihariiioijiki'i- 

Iifutsfhcs 0|, ( .,-n- 

}):uisorvlu!sti> 

[Mtitlincrorflii-sliT 

KliltlimirorelHwlor 
K'lnicl. K:ip,.ll«. 





M..S. 




1 




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15.00 1 
17.30' 






19..1.*, 


1 








1 
i 



JHHkmi 



^Brah^m£: Ein deutsches Requiem. 



'7,0f)| ll.Wj) lt{.»o|3C.H O J 72,00 — - 



1. 



■1. 



flO^IH.OOl I7,U!|2.V3j7^3j 



ru-i.,, M-.s.-.u.s. M..y.!ji]..s. 1 ;-.!.. s. ai a 

I'liiJItarrnonik. ' 12.00 ' M 2t ] 9,511! G27l 7-r, , -k,- 

1-I.iIbar.nomk. : 13,01) ; 22,0, | [5,00 7.00 ' 10,00 ! 11,00 
Kandnr 1915 j | ( I | I 

l{1f.tlm B r- ; 13,45 | 10.00 | 11,00 j 0.00 j 7,-15 , 10,30 



ISnlKl.l.W-r 
M-.S^ M..S. 
13,25 j 73 JO 



I -■''■*■' I JV '- W ; u.w J <j.ui> I 7.-I5 I 

Ulft(Jiti..r- j 13.-IO ' 10.30 J 11,00 ■ 2a! — 1111.1-. 

l:iIC [ l ' I ■ I ' I I 

Til ::thu,^\Jl. ,0 110,5a, ... | (j^ S,^ I 10,^ 



13,(5 j 78,-1.1 

13.-15 'I 
11.30 I 



*) D1b» Zt*iLen sind m ir .'round Jidwt von Dr. Z.-mdm-, di-m Iliri-«„in„ 

flchnitfeueHen »timi»oi> au f da, AU«rbo B u. mit mm,,,.,, ,. ilH n( , n 
.Resullatwn iibor.-in, dw DurehschiiHt d«r G..<.imtdaii l .r von s 
A-otierongon vo U Br. Zander .Ulfork-rL von „ ioil)l . n II Kotiorur,-,,', 
aur urn 4 Sokundcn. 

Wenn man mnerhalb jeder AuffQhrUnff die extremstPn Tnmn; ■♦ • , 

Mei It e rt i„ g e r vo r[ pie,s unter Wagtf'u' 5 ™2t e y£. £" C* f;^ ,*» 
Abweuhungen handelt es fich meift _ wie fo^ende TabeUe 2 ™? lo m f ° lche 



GrbBte Abweich 


ungen in 


%. 






Work 


1. 


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3. 1 4. 


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Sat* 


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li.ifrtliovi.n. 
V. S.vrniihoriin 


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<;"j,r>:s 


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11., s. 
G9.09 


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RL, S. 


M,S. 


M., S. 
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Mi>t>lIiov<;ii, 
VI. Symphonio 


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VL.I.SiMi])!ionie 


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.X. Symphenk 


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Liszt-. .I-'aust- 
S.vmpLonk 


74,81 


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Fk-lmU'i't. 
L'livollcndetn 
tf.v.ui!>honio 


Sf),M 


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Ursihins, 
Kin dcutsdn.K 


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77,50 


80.15 


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Hicse Tabulk zui 



;t snhr klar, Wal.l Sti 
TJahri^rlkolfaclumi 
iiliiy wi(lurl.--t. Abu 
tftiTtfi, stmit. Strauj; 
Summiitrimjc stfhr lti- 
n wurdcm. 



Als kitssto Tibollo Robit ich ans dor Zahl (jWiBnrer X"oti©rai.R«n oir.o 

U«bt'rsicht iilxsr dio Genamtdauor, nuch Zuiteu geordnot. 

Beethoven: FUnlte Symphonie. Schubert: ft-moll Symphoiie. 

1. WoinRartnor: 33,00 1. Scherchon: 24,35 

2. St'huinpflii?-: 30,22 2- Steinbaeh: 24,00 

3. Bloch: 30,00 3 - Block: W.1J 
■LStraufl: (DurchschniU) 29,22 J™^ p ttrch , chniu) ^ 

Beethoven: Neunte Symphonie. Uwt . FaustS y m p nonia . 

1. Fartwrinslor: 73,16 L Kik ; s ^ : 8 1,10 

-* WrfnduJ: 73,4;> •>. Hausegger: (DurchscL/i.) 78,55 

3. Muck: 72.40 3. Pri«d: 75,4T> 

4. iMfiriho: 72,00 4. Womlel: 72,00 
"1. Zamior; fDurchschnitt) 71,24 5- StrauiS: 64,00 
». HinisflKgpr: 70,30 Wanner: SieglriedidyU. 
7, Kkdkr; 70,30 1. Wornor Woltt: 19,45 

5. Stkdry: "0,20 2. MottI: 17,00 
«J. I'aiuinm-; 70,00 3. irausoffser: (Durchsdin.) 10,18 
10. Fried: (Dundisehnitt) G9,49 4. Muck: lti,0!) 
V.. M.uigolborg: C'.OO 5. Krassult: 15,57 

.12. Struuli: fDurdischnitt) (58,5:* 6. Strauli: 14,55 

,»Jj in dor Tat der n s(,'hnalk'" Diriment 1st. Hin^opon onv^imm dio andorn Tabolion, daB 
111 nkht, st']ui(.']li.»r;£iowordi!n sind. Darnit ist dio lie don salt, Stranfi worde iminor oiligor 
solum von tic i* IX. Symphonic, wo M t* aftnlborp: (iibor don icli solbor keinii Zahlon hv>- 
illjiirall an letter Sidle (in der AnordiiHny, di& mit grollon Zahlen beginnt). Trpilich ist 
[oc-Zablcn tn'ibt, da lanpsaint! mid sub ti olio Siitzc h'u-r ja vik'ksiulitslo.s durcheinandcr zur 



Der Fehler der hier angewendeten Methodik beruht in der Hauptlache darauf, da6 He nur 
Bruttoheftimmungen ztilal5t. Ich habe bisher nur ganze Satze gemerfen. Nun ilt ohne weiteres 
erfichtlich, da6 in der Symphonie der Dirigent innerhalb eines Satzes ein schnelles Tempo, 
etwa d&s eri'ten Themas, durch Dehnung des zweiten Themas wieder ausgleichen kann — Oder 
umgekehrt. Ebenfo kann er durch Befchleunigung der DurchfUhrung eine breite Temponahme 
der Exposition wieder ausgleichen, und dergl. In der Symphonia demestica von Straufi hat 
Muck mit den Phiiharmonikern jiingft das Tempo der Doppelfuge noch Tchneller als StrauB 
kurz zuvor mit dem Staatsorchefter genommen, die Vertragsbezeichnung „mit groBer Bravour" 
wurde glanzend ausgefi'ihrt, die ; Sechzehntel-Terzengange in den Hornern ftogen nur fo,,der Ge- 
ramteindruck groBer Oefchwindigkeit des Tempos blieb zum SchluB zurtick. . Trotzdem war Seine 
Gefamtzeit 51 J /2 Minute, die bei StrauS 42 Min. 53 Sek. In der I. Symphonie von Mahler, 
Satz III (und in anderen StQcken mit fehr verichiedenen Tempi innerhalb der Satze) habe ich feit 
Jahren Unterabteilungen gemelfen; lo brauchte Fried fUr den „Trauermarfch-TeiI" 7 Min. 30 Sek. 
bei einer Gefamtzeit von 14 Minuten fiir den ganzen III. Satz, NikiTch 6 Minuten (Gefamtzeit 
II Min. 30 Sek.), Walter 6 Min. 15 Sek. (Gefamtzeit 12 Min.). Fried bedurfte alto fUr das 
Ubrige 6'/- Min., Waiter 5 ;i .'.i Min. Nikifch S 1 ^ Min.Zeit! Aus diefem Grunde find kurze StUeke 
better gceignet fQr unfere Unterfuchungen. So habe ich wiederholt einzelne StUeke innerhalb 
eines groBen Werkes gemerfen, beifpielsweife den Marfch der Kreuzritter aus Liszts „Keiliger 
Elilabeth". In AuffDhrungen unter demfelben Dirigenten hatte er genau dietolbe Zeit, ja noch 
merkwiirdiger: der Dirigent, dem ich nach der Generalprobe mein Bedenken aber das iangrame 
Tempo ausfprach, beabfichtigte, das Stack in der AuffUhrung fchneller zu dirigieren und meinte 
auch danach, er hatte es fchneller genommen — meine Etoppuhr zeigte aber genau dielelbe Zeit. 
Am berten ware es, fyftematifch kurze Abfatze eines Stackes unter den von mir gewahlten Ge- 
fichtspunkten zu meffen, beifpielsweiTe bis zum Beginn der DurchfUhrung. Dies ifc jedoch eine 
Arbeit, die zur Vorausletzung meine bisher angefuhrten Meffungen hat und auch nur durch die 
Beteiligung vieler intereffierter Mufiker zu leiften ist. Als den welentlichen Vorzug meiner Methode 
fehe ich es an, dafi fie ftatt fubjektiv-ktlnftlerifcher EindrUcke rnathematifche Formulierungen 
erlaubt. Andererfeits mochte ich diefe Unterfuchungen nicht als auberhalb des KUnftleritohen 
liegend betrachtet fehen. Sie zeigen namlich fehr deutlich: einmal die Variabilitat der kUnftlerirchen 
Reproduktion in betreff der zeitlichen Dauer, zweitens erweifen fie die relative Wertlofigkeit all- 
gemeiner Urteile aber Tempi eines Kanftlers, fodann decken fie FehlerqueUen von Falfchurteilen 



m 



auf und geben dem Kenner MOglichkeiten und Unterlagen, urn laienhaftes GeFchwatz Uber das 
Tempo irgend eines groBen Kilnftlers auf ein'richtiges Ma6 zurilckzufahren. Diefe Zahlen mahnen 
alio zur Vorficht gegen apodiktirche Werturteile, und zeigen die Hinfalligkeit normativer Feft- 
Fetzungen, fozuFagen M geaichter" Zeiten. 

Ich begnttge mich rilar damit, einige tcheinbar abTeitsliegende Gebiete der Musik naher gei'Uhrt 
zu haben. Dem austJbend p .n MuHker wird vieles bekannt gewefen fein, anderes wieder dem 
mulikwiffenrchaftlich-pfychologifch gebildeten Theoretiker. Aber die UnterFuchungen versuchen 
gerade, Verbindungen zwifchen. ktinitlerifcher und wiFFenfchaftlicherBetrachtung, oder belfer gefagt: 
zwifchen Mufik und Plychophyfiologie herzustellen. 



Aus dem Inhalf der bisher erfchienenen Melos-Hefte: 



Heff I 



HERMANN SGHKRCHICK - . Goloitworfc 
— An Bu.soni — 

HETNZ TIESSEN Der aouit Slrom 

HERMANN SCHERCJJEN . - Arnold Suhunbr-rg 

Prof. OSCAR B1E Musikaliscbu Porspek riven 

Prof. ADOLF WETSSMANN, . Der Wen z. mewl, Pi.-misten 

BILDNISSE: Perruccio Busoni — Edunrd Krrimann 
PAUL VON KLENAU . . . Duniaebo Musik 
Dr. LEICHTENTRITT . . . Uuehorbosprochuris: 
HEUMANN SCHERCHEN . . Zu Hans pfifasimrs Asthetik 
dor rnusikaliscben Impotent 
Proi. Dr. ALTMANN .... Bedi.'iitondft Neiwrscheiming. 

und Manuskripto 
BEILAGEN: Fnkninule ernes Reger-Brief«s 

„Das Problem", Lied von Eduard Erdrnann in Faksimdn 



HEINZ TIKSSEN . . - 
Dr. HUGO LEICHTENTRITT 



Heft II 



Dr. HANS MERSMANN . 
FRITZ FRID. WTNDISCH 
SIEGMUND PISLIN& • 
Prol Dr. ALTMANN . . 



iioiio Strom, IL 

Dio Quollon dos Neuon in 
der Musik 

Moderno KJaviormuink 
Vom Musikor (Eirt Dialog 
mis KalypBo) 

Musifca'lische KulturfrAgon 
MuaikphysioloKio 
Paul Bekkars „Xeue Musik" 
BodoutoodB Nonorscheinung. 
und MannskriptH 
BELLAGE: „Grablied", Liod von Huiim; Tlosson In Fakntmiln 
(aus Shakespearcs „CymboIin"-, uborsotzt v. Lud. Berger) 



Heff III. 



OSCAR BIE NiJciseli und das Dirigieron 

HERMANN SCHERCHEN . . Nikisch und dan Orclmster 

LORBNZ HOBER D.DirigiorkunstArt.Nikisch's 

JORGEN VON DERWENSE Dio Jugood, dio' Dirigenten 

und Nikisch 
H. \V. DRABER Dio Nikisch- Program mo und 

dor musikalischo Portschritt 
ARTHUR NIKISCH .... Erinnorungeo. aus moirjor 

Wiener Jugondzeit 
Prof. Dr- A.LTMANN .... JJodeutonde Noiaerschoinunc. 

und Manaskriptc 
PORTRAIT; ARTHUR NIKISCH (Aus dor Luxusausgabn 
,Xm ICoazcrt" v. Oscar Bin mit Stuinxoicbn unpen 
von Eugen Spiro, Vorlag Julius Bard, Borlin) 



m 



HRINZ TEKSSKN 

WIITS5 FRID. WIKDISCH 

OPCAK BtK ...... 

ClSSAR 3AERCUINGER 
Dr. ALFRED DOBLJN • 



Heff IV 

, . , Dor r.oue Strom, IIL 

Roger's Verhiiltnis k. Tonnliliii, 
MuaiUaljseho PerKpektiven, It, 
Anier.kiiniscli« Musik 
Boniorkungen dines musika- 
lischen Laien 
Musik woishoit dor Indor 
Bodeutendo NemirseheJrmngon 
und Manuskripto 

BEILAGE: Alfred Mombort: „Bluto dew Chaos", 

Hans Jib-gen von dor "Wnnso 

Heff V 

HEINZ TLKSSEN Dor aeue Strom, IV. 

BELA BARTOK Das Problem d. nuuen Musik 

Dr. HANS MERSMANN . . . Did Emplar ^-nd.m 
JlL'DOUi' CAHN-SPEYER . . DidNotdorKonzertorchtistur 
und die Entwieklung d«r 
symphonischor; Musik 
Buchfirbesprorhuns 
Bedeutonde Noucrscliclnung. 
und Manuskripto 
5w«ior Soelen Lied", 

M'anfrod Ourlitt 

Heff VI 

ProL Dr. ADOLF WKISSMANN Modorne Musikkritik 
A. M. AWRAAMOFP . . "' 



Dr. HUGO LKrCHTENI'ItlTT 
ProL Dr. ALTMANN .... 



BEILAGE: Richard Dohmol: 



ierun£ 



Jenst'its v in Temper] 
imii F J 1 orjalitiit- 
Der Opurndiniktor Malilor 
Mahlers Ekstaso ein Ver- 
miichtniH 

MusikaJisclio Perspoktiven, 
in. Das Oratorium 
D. Mahlorfost i. Amsterdam 
Willcm Metigelberg 
BerinuL Neu»!rschwinungen 
und Mamwlo-ipto 
Iliidtii.s T.ustav MabJtVs aus dem Jahro 1893 
fa. d. Privatbcsitz d Horrn Dr. Berlins, Bi-rlin) 
Rodin's Midilorbiisto -Portr.Will. MonguIbHrjj's 
rnvprciffeutl. Brief GusL Mnhlcr's in Kaksimilf 
(Dicserlirief, wie derRo^erliriitf a. No. 1 ist uns 
von d. dcrzuitigita Bwitzcr, Horrn Dr. W«ni«r 
Wolfiheim. Ucrlin-Gruncwald giitig.ft xur Ver- 
ilfri!n?.]it. , bung uborlasnen worden) 



Dr. FRITZ STraDHY . . . 
EDGAR BYK 

ProL Dr. OSKAR, BIE . . . 

Dr. i-H-GO I-EICHTENTRITT 
FRITZ-FIUD. U^rNDISC'H . 
Prof. Dr. ALTMANN . , . . 



] 




Da - capcC^Lied, Gefumm 

Von Hugo Marcus 



Woraus besteht alle Musik? Woraus besteht Takt, 
Rhythmus, thematischeDurchuihrung, Reprise, Variation 
mid Rondo? Aus der Wiederholung. Die Wieder- 
holung, das Da-capo, der Beitall begeisterter Horer 
ist als Takt, Rhythmus, Reprise usw. in die Musik 
hineingenommen, ja s'chafft Musik, baut Musik erst 
auf. Musik ist ganz vorweggenommenes Da-capo, sei 
es als Rhythmus oder als Variation, Repose, Durch- 
fuhrung usw. Oberall herrscht die Wiederholung, 
welchc begeisterte Hdrer erst fordern sollen, schon 
vorweg: und begeistert. Wie Freude anstecktzu Freude, 
so das Da-capo innerhalb dei Musik zum Da-capo 
des Musikbeifalls. Das Da-capo innerhalb der Musik 
fordert das Da-capo der Horer. 

Das Da-capo des Beifalls aber ist nichts als das 
Gesetz: alle Lust will Ewigkeit. In Wahrheit besteht 
also die ganze Musik aus nichts anderem als Baustein, 
wie aus dem Satz: Alle Lust will Ewigkeit? Ein ganzas 
Haus aus dem Baustein „AlIe Lust will Ewigkeit" 
jede Musik? 

Schmidt-Liibecks Oedicht ,,Der Wanderer" ist von 
Schubert komponiert. Wer denkt aber heute an dieses 
Gediclit, das letzte Dinge auf ewige Weise sagt? Man 
denkt an die (Composition und an den Komponisten. 
Schmidt-Liibecks Gedicht ist durch Schuberts welt- 
beriihmte Komposition zugleich aller Welt verktlndet 
und wiederum den Augen der Welt entzogen worden, 
verschattet unter der Sprache der T6ne. Nie ware 
dieses Gedicht so wdt in alle Welt gelangt ohne die 



Melodie. Aber kaum einer von denen, die heute sagen 
„der Wanderer" denkt an den Text und weiB: Schmidt- 
Liibcck. Das Gedicht, das seine Melodie gefunden 
hat, hat seine;; Schcipfer verloren und wandert anonym 
durch die Lander. 

Einige Goethesche und Mtirickesche Verse aus- 
genommen ist Schmidts ,,Wanderer" das schonste Ge- 
dicht, das je komponiert worden ist ttnter so vielen 
fragwiirdigen Texten. Aber Goethe, Mfiricke zu kom- 
ponieren, lag nahe. Schmidt ist persbnliche Wahl. 
Wer kannte Schmidt? 

Deshalb: Wie dankbar bin ich Schubert fur die 
Schonheit seiner Kompositbn und wie uoch einmal 
dankbar, daB ihn gerade dieser Text icompositorisch 
ergriff. Denn ich fuhle Schubert nun zugleich als 
SchOpfer von Geliebtem, dem Lied, und als rreund, 
der dasselbe liebt, wie ich: den Text. Der Lieder- 
komponist ist, indem er schafft, zugleich SchOpfer und 
Anbeter eines Geschaffenen. Als Schaffender kommt 
er groB Qber uns: als Nachfuhlender 1st er wie ich 
und Du, wie einer von uns und ans traut. So ist er 
uns auf eine einzigartige Weise fern und nah, 

Wie'ewig denkwUrdig aber, dafi ein so schemes 
Gedicht* wie Schmidts und eine so schone Melodie 
wie Schuberts sich auf dieser dunklen Welt zuf&Uig 
trafen, daB Schube:t den Schmidt entdeckte. Und ganz 
fur mien zu erwagen, daS ich dieses geliebteste Gedicht 
vermutltch nie kennen gelernt hittte, ohne diesen ge- 
liebtesten KUnstJer: Schubert! DaB ich ohne Schubert 
tiberhaupt nie erfahren hatte: es gab Schmidt! DaB 



H 
II 



J ! 



175 



Schubert ntirig war audi urn Schmidts willen: fur mich. 
1st es nicht, ais hatte ein personlicher Freund rnich 
hingewiesen: da lies, es ist etwas fur Dich. Der 
Musiker Schubert ist mein Freund, weil er der groBe 
Weltfreund ist, und ich bin auch auf der Welt. Ich 
kenne ihn, aber er hatte nicht nbtig, mich zu kenneii. 
Dagegen Schubert, der raich auf ein intimes Gedicht 
hinwies, bewundernd wio ich selbst, muBte mein 
persOnlicher Freund sein, um zu wissen: <ias ist auch 
flir den! Mir ist einen Augenblick lang, ais muBte 
er mich gekannt haben, nicht nur ich ihn. Einen 
Augenblick lang wird mir Schubert unter solchen Ge- 
danken zum persiinlichen Freunde jenseits des groBen 
Weltfreundes, der er auch ist. Das danke ich Schmidt! — 
So vieles kleine PrivatglUck lauft also f tir mich bei 
dem Gllick dieser Komposition noch nebenher. — 



Ich summe ein Stuck aus einer Symphonie vor 
mich hin. Ich summe: das ist schon Musik. Und 
doch zugleich auch Sehnsucht nach Musik, nach der- 
selben Musik im vollen Glanze eines Orchesters. Es 
ist etwas sehr Wunderbares und hat eigenlich nirgends 
sonst seinesgleichen; das Summen und Singen zugleich 



Musik und Sehnsucht nach derselben Musik sein kann: 
Sehnsucht nach etwas, was man ebe.n innigst hat. 

Ja, eigentlich — man summt, was mau einmal 
hOrte — ist Summen doch zu allererst eine Erinnerung 
an Musik. Summen ist Musik gewordene Erinnerung. 
Und ist doch selbst Musik zugleich- Und Sehnsucht 
nach eben dieser Musik. In seinem Zimmer summen 
und singtn, das ist vielleicht ein groBeres Glilck, ais 
dieselbe Musik im Orchester in voller Erfullung zu 
hbren. Denn die sich uns ganz erfiiilende Musik ist 
nur Musik. Das Summen aber ist zugleich Erinnerung 
an Musik und Musik und Sehnsucht nach derselben 
Musik: ein Dreiklang von Seelischem, Seeligem. Ent- 
behrung und Haben: gesteigert durch Entbehrung; Er- 
wartung und Haben, gesteigert durch Erwartung. Von 
den beiden groflen Weltverschonerern, dem Erinnern 
und dem Hoffen zugleich belichtete Wirklichkeit, das 
ist das arme Summen. 

Und auch dies nicht zu vergessen: das Orchester 
hore ich bloti. Mein Summen aber schaffe ich. Nein, 
schaffe und hure ich. Im Orchesterkonzert bin ich 
Eeter. Mein simples Summen summend aber bin ich 
Gott, welcher schafft, und Beter zugleich. 



Die Noflage der Ordieffermujiker 

Von Lorenz Hcber 

(Mitglied dcs Berliner Philharmonischcn Orchester;-) 



Unsern groBten und besten Sinfonie- und Opern- 
orchestern droht die Gefahr eines kQnstlerischen Riick- 
ganges. Die Hauptursache dieser Erscheinung ist in 
den unzureichenden Gehaltern der Orchestermusiker 
zu finden,, Schon vor dem Krieg, also zu besseren 
Zeiten, entsprach die Stellung eines Musikers im groBen 
Orchester aowohl in wirtschaftiicher, wie in ge- 
sellschaftlicherBeziehung nicht dem von"ihm verlangten 
Konnen. Das Einkommen der Musiker in bedeutenden 
Orchestern berrug ca. 2-3000 Mark im Jahre, in wenigen 
der bestbestellten Orchester wurden ca- 5000 Mark, 
aber auch dann nur nach fang*;- Dienstzeir, erreicht. Um 
eine groBere MitgliederzaN ;u ermoglichen, wurde zu 
einem festen Stamm eine berrachtliche Anzahl von 
Hilfsmusikern engagiert, aeren I3eza!:lung weit hinter 
den angegebenen Zahlen zurUckblieb. Wenn dennoch 
die ausgezeichnete QuaJitat der groBen Orchester er- 
reicht werden konnte, so kam der Umstand zustatten, 
daBesgenugendMusikstudierende gab, die in Miheren 
Jahren mehrals heute auf Orchesterstellungen angewie- 
sen waren. Besonders traf dies f tir die Blaser zu. 

Mittlerweile aber haben sich die Verhaltnisse 
von Grund auf verandert Das „Emsemble"-Musik- 
wesen hat einen mSchtigen Aufschwung erlebt Fast 
in jedem Kaffeehaus, im Kino, in Bars und Dielen 
werden Mu3i!cer verlangt. Die Bezahlung dort ist im 
Vernaltnis zu der der groBen Orchester ungleich besser, 
die Anforderungen dagegen auf musikalichem wie 
technischem Gebiet bind geringer. Die Proben, die 



den Orchesterdienst so erschweren, fallen ganz'weg. 
Dabei werden in Dielen und Nachtlokalen monatlich 
Summen verdient, filr die sich der Orchestermusiker 
bei ungleich huheren LeiStungen faBt ein Jahr schinden 
muB. Diese hohen Einkommen werden durch ein 
Trinkgelb-vUnwesen" noch gesteigert. Leider zahlt 
das Publikum viel eher hohe Preise an diesen Statten 
(neuerdings sogar Eintrittspreise in den Kaffees), ais 
fur gute Konzerte oder die Oper mehr Ge!d anzuwenden. 
Zu verwundern ist es also garnicht, wenn immer mehr 
gute Musiker zur Ensemblemusik iibergehen. Den 
Schaden tragen die groBen Orchester. Sie finden 
sch we: geeignete Kriifte, wenn Stellungen neu besetzt 
werden sollen. Durch das ungesunde Verhiiltnis, daB 
der Orchestermusiker durchschnittlich bedeutend 
weniger ais derEnsemblemusiker verdient, ist in erster 
Linie die Qualitat der Orchester gefahrdet. 

Daneben gibt es eine groBe Anzahl guter Musiker, 
die sich wohl scheuen, im Ensemble zu spielen, die 
aber nicht minder eine Scheu vor dem Orchester haben. 
Sie sind ais Musiklehrer tiitig, allenfalls geben sie 
einmal ein eigenes Konzert kleineren Stils. Tuchtige 
Musiker, die dem Orchester wertvolle Krafte waren, 
denen aber das Orchester abgesehen von der schlechte'n 
Bezahlung nicht die genugende kunstlerische und auch 
gesellschaftliche Position gibt. Die Stellung des Or- 
chestermusikers ist zu unbedeutend um ais erstrebens- 
werte Frucht eines langen, auch finanziell opferreichen 
Studiums gelten zu kunnen. 



i 



176 



: Es ist also eine aHgemeineJWandlung in der Ein- 
i schatzung dcs Orchestermusikers notwendig. Es miifite 
[ mOglich sein, Orchester so zu fundieren, daB es die 
besten Musiker fur wert halten, sich dort zu betatigen. 
Die besten Musiker sind fQr das Orchester gerade gut 
genug, ist dieses doch der kompHzierteste, wichtigste 
Organismtis im musikalischen Kunstleben. Die v : "len 
guten Orchester in Deutschland bilden eine geeignete 
Grundlage fur eine Reform. Die ganze Angelegenheit 
darf aber nicht Ms Lohnfrage im ublichen Sinne be- 
handelt werden. Aus kiinstlerschen Erwagungen 
heraus biete man dem Orchestermusiker eine gut- 
be2ahlte, angesehene Position. Dann wird derZustrom 
an jungen guten Musikern wieder zUnehmen, die Aus- 
wahl kann sorgfaltiger erfolgen, die Qualitat der 
Orchester rasch gefiirdert werden. 

Da nun unsere Orchester im allgemeinen die 
UnkosteumchtdurcljEinnahmendeckenkunneri, mussen 
staatiiche und stadtischeBehordenerheblicheZuschusse 
leisten. Es geht nicht, die Eintrittspreise ins Un- 
gemessene zu steigern. Die Mtisik ist die Kunst des 
Volkes. Unsere guten Orchester fordern, heifit die 
Musik, diesen wichtigen Teil deutscher Kultur Fordern. 
Auch private Kreise mufifen helfen; aber leider werden 
musikfreudige opferwillige Mflcene immer seltener. Wie 
es nicht gemacht werden soli, zeigt die Stadt Berlin, 
die fur die Furderung der Musik fast garnichts tut, 
wohl aber den Konzert- und Theaterbetrieb . durch 



eine „Lustbarkeitssteuer" verteuert. Eine' Parsival- 
AuffQhruug oder ein Phiiharmonisches Konzert als 
Lustbarkeiten ! Staat und Stadte mliBten Zuschiisse 
leisten, urn die Konzert- und Theaterbetriebe (vor allem 
solche, die auch von riem armeren Teil der Bevttikerung 
besucht werden) lebensfithig zu erhalten, und ihnen 
Moglichkeit zu hochster kiinstlerischer Entwicklung 
zu geben. Aber leider zeigen Reichs- untf Stadt- 
verwaltungen kein Entgegenkommen. Bisher haben 
eig?ntlich nur kleinere Provinzstadte hienn ein Ein- 
sehen gehabt. 

AnSer ihren finanzielien Forderungen sind fiir 
die Orchestermusiker ihre Anspriiche auf grcifiere 
Selbstandigkeit wichtig. Pflichtgefilhl allein genugt 
nicht zur vollendeten Auffah/ung eines Meisterwerkes. 
Der Orchestermusiker mufi begeisterungsfahig £dn, er 
mufS alien Werken, den alteren wie den neuesten mit 
kiinstlerischem Verstandnis gegenliberstehen, d. h.: 
Kapellmeister und Musiker miissen sich gegenseitig 
erganzen, eine Gemeinschaft kunstlerischer Per- 
sonlichkeiten sein. Man schaffe aber erst die 
Steliungen, die solches Wirken muglich 
machen. Es ist eine absolute Notwendigkeit, die 
Stellung der Orchestermusiker zu heben. Alle Freunde 
griter Musik mogen helfen, vor allem Komponisten und 
Dirigenten mit EinfluB und Namen; gerade sie haben 
das griiBte Interesse daran, „ihr" Instrument zur 
hochsten Entwicklung zu bringen. 



S N. SIMROCK G. M. B. H. BERLIN - LEIPZIG % 



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10 ausgewiihlfe Klavier sfiidte yon 

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m 



WirMge neue Mufikalien, Biidier und Auftatze 

iiber Mufik, 

mitgcteilt von 

Professor Dr. Willie 1m Altmann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54. 

Diese Zusammenstellung, die moglichst in jedetn Heft dieser Zeitschrift erfolgcn wird, will audi noch tin- 

■gedruckte groBere Werke, vor atlem Symphonien, symphonische Dichtungeri, Konzerte, Kammcnnusikwcrkc, Opern, 

Chorwerke mit Orchester einbezieiien, um namentlich Dirigcnten darauf aufmerksam zu machen. Dicjenigen Tonsetzer, 

die derartige Werke (jedoch nicht etwa Klavierstiickc, Licder, Mannerchore) fertig liaben, werden gebcten, micli davon 

in Kenntnis zu setzen, doch behalte ich mir die Entschcidung iiber die Aufnahmc vor. Diese kann auch bei gedruckten 

-tferken weder durch-cin hiserat noch durch Einsendung dcr bctreffenden Musikstiicke oder Bucher crzwungen werden. 

RUcksendung etwaiger Einsendungen wird grundsa^lich abgclehnt. 

Die Hinzufiigung des Verlags wird Bcstcllungcn erleichtern. Zu den angegebenen Preisen konimt immer 
noch ..:>,■: sogen. Teucrungsaufscblag seitens des Vericgers und audi des Sortimcntcrs liinzu; cr schwankl bckanntlicli, 
meist abcr betragt er.100% + 10%. 

c) Sonffige Inftrumenfalwerke 

Bach, Job. Seb.: Bearbeitungen, Obertragungen, Studien 
u. Kornposit. f. Pfte v. Ferruccio Busoni Bd 7. 

Breitkopf 20 M. 
Forino, L-: La technica del Violoncellista. Ricordi 
— : op- 34 2j\ Concerto (romantico) p. Vcello e Orch. 

Hornwald, Rom 
Orovlez, G.: Les plus belles pieces de clavessin de 

d'tJcole frangaise, transcrites et mises en recueil. 

2 Vol. Chester, London 
Guarneri, F- de: Concerto p. Viol. Mit Klav. Ricordi 
Haba, Alois: op. 3 Sonate (d) f. Klavier. Universal- 
Edition 3 M. 
Masson, Paul Marie: Printemps guerrier. Suite pour 

Piano. M. Senart, Paris 
Sattler, Karl: op. 19 Sonate (f) f. Harmonium. 

Tonger, Koln 3 M- 
Turina, Joaquin: Contes d'Espagne (Histoire en sept 

tableaux) p. Pfte. Rouart-Lerolle, Paris 
Violino. La technica del V. Opera composta in colla- 

borazione dai professori dei conservators di musica 

Italian. P. 1. Ricordi 15 L. 
Waghalter, Ignaz: op. i"? Zw<M Skizzen f. Pfte. Ries & 

Erler 9 M. 



L Inffnimenfalmufik 

a) Orcheffer (ohne Soloinffr,) 

Hausegger, £: 'gaiund v.: Aufklange. Symphonische 
Variationen. Ries & Ei.jr. Taschenpart. 6 ,"i. 

Kunneke, Ed.: op. 8 Jagd-Ouvertfire. Ries & Erler. 
Part. 20 to. 

Lahuscn, Cnrist.: L'-£ Foch ,it der Schaferin. Ballet 
zu einem Lustspiel v. Moliere. Breitkopf & Hartel. 
Part. Preis nach Vereinbar. 

Pick-Maiigiagalli, Riccardo: II carillon magico. Corn- 
media mimo-sinfonica. Ricordi 

Respigbi, Ottorino: Fontane di Roma. Poema sin- 
fonico. , Ricordi 

b) Kammermufik 

Beilschmidt, Kurt [Leipzig]: op. 37 Sonate f. Klavier 

u. Viol, noch ungedruckt 
Bortz, Alfred: op. 22 Sonate (a) f. Pfte zu 4 Hdn. 

Simrock 5 M. 
Efgar, Edward: op. 82 Sonata f. V. and Pfte. No- 

vello, London 
Goofiens, Eugene: 12 Fantaisies p. Quatour a cordes. 

J. & W. Chester, London 
■ Huber-Anderacfc, Theodor: Sonate f. Vceli u. Klavier 

noch unge-druckt [UrauffUhrung 27. 4. Munchen] 
Iody, Vincent d': Sept chants de Terroir p. Piano a 

4 ms. Rouart-Lerolle, Paris 
Kaempf, Karl: .op. 62 Pathetische Sonate (b) f. Pfte 

u. Vcello. Eos, Berlin 10 M. 
Mikusch, Margarete v.: op. 8 Trio (A) f. V-, Br. und 

Vcell noch ungedruckt [Uraufflihr. 2. 5. Munchen] 
Orefice, Giacomo: Trio (d),p. V., Vcello * Pfte. Ricordi 
Ornstein, Leo: op. 31 Sonate f. V. and Piano. Carl 

Fischer, New York 
Respighi, Oltorino: Sonata (h) p. Pfte e V. Ricordi 
RoBler, Richard: op. 29 Variationen fib. das Volkslied 

B Ach, wie ist's mciglich dann" f. 2 Klav. Ries & 

Erler. Part. 12 M. * 
Zanella, Amilcare: .op. 62 Quartetto (A) p. 2 V., Viola 

-e Vcello. P. u. St. Ricordi 



IL Gefangsmufik 

a) Opern 
Bottcher, Lukas: Salambo. Breitkopf & H. Klavier- 

Auszug 16 M. 
Boito, Arrigo: Mefistofele. Ricordi. Kleine Part. 30 L. 
Brandts Buys, Jan: Micareme. Universal - Edition. 

Klav.-A. 8 M- 
Fall, Leo: Der goldene Vogel. Doblinger. Klavier- 

Auszug 20 M. 
Reznkek, E. N. v.: Ritter Blaubart. Ein Miirchenstuck. 

Klav.-A. Univers.-Edit. 15 M- 
Waghalter, Ignatz: Sataniel- Phantastisch-kom. Oper. 

Ries & Erler. Klav.-A. 20 M. 

b) Sonjfige Gefangsmujik 
Haipfaen, Fernand: Vingt Melodies (avec Piano). 
2 Vol. M- Senart et Co, Paris 



J78 



Holenia, Harms: Lieder u. Gesange f. I Singst. mit 

Pfte. Sdiuberthaus, Wien: op. 1 Fiinf Lieder 

10,40 M.; op. 2 Drei Lieder 6 : fc0 M.; op. 3 Fiinf 

Gesange atis dem Irrgarten der L«ebe v. Bierbaum 

11,30 M.; op. 4 Drei Gesange f. Barit. 7,30 M. 
Italien. Canzionere popolare italiano. Von E. Oddoue- 

Associazione Fratelli d'ltalia, Milano 
Nibler, Otto [Miinchen-Pasing]: Messe f. Chor und 

Streichorch. noch ungedruckt 
Pfirstinger, Felix: Lieder in Schweizer Mundart nach 

Gedichten v. Meinrad Lienert (13 Nrn in verschied- 

Besetzung). Hug, Lpz 
Pringsheiro, Klaus: op. 27 .^ehn Gedichte v. Th. Storm 

f. 1 Singst. in. Pfte. Ries & Erler II M. 
Ritter.Rudo: Lieder f. 1 Singst. m. Pfte. Wilh. Schmidt, 

Mflnchen op. 3—13 je 3 M. 
Ropartz, J. Gui: Le miracle de Saint Nicolas. Le"gende 

p. Soli, Choeur et Orch. B.'Roudanez, Paris 
Schjelderup, Gerhard: Balladen f. 1 Singst. m. Klav- 

Nr 3 u- 4- Simrock je 2 M 
Schumann, Georg: op. 58 Alte Lieder in freier Be- 

arbeitung f. 1 Singst. m. Kiav. Heft 3 u. 4. Ries & 

Erler je 3 M. 
Szymaiiowski, Kami: op. 41 Vier Gesange v. Rabin- 

dranath Tagore f. mittlere Frauenst- m. Pfte. 3 M- 
Y.'aghalter, Ignaz: op. 10 Vier Lieder; op. 16 Drei ' 

Lieder f. 1 Singst. m. Pfte. Ries & Erler je 1,20 

bis 1,80 M. 

III. Budier 
und Zeiffdiriffen-Auffa^e 

(alphabutisch sowolil nach Stjcliwortcn wie nach dt-n 
Vcrfnssern gcordnut. Bei Zeitschrtftcn-Aufsatzcn U't 
immcr mit Nr die des laufenden Jalirgangs gemc'mt). 

Altmann, Gustav — s. Pfitzner 

Anders, Erich, Von Hans TeSmer — in: Rheinische 

Musik- u. Theater-Ztg 14 
" Anschlagsgerausche — Ausdnicksmittel? Von Eugen 

Tetzel — in: Musikpadagog. Zeitschr. 1919 Nr 11/2 
Aubry, G. Jean — s. Debussy;Trankreich 
Auf Fiiigeln des Gesanges. Ein musikalischer Bilch- 

mann, Von Kurt Frohlich. Breitkopf & H. 10 M. 
Ausdrucksmittel (beim Klavierspiel) — s. Anschlags- 
gerausche 
Bekker, Paul — s- Deutsche Musik 
Bellaigue, C. — s. Musik 
Boito, A. L'arte di A. B. Von C. Cordara — in: 

La nuova Musica (Fireiue) 322 
— : un'anima. Von A.. Lualdi — in: Rivista music. 

ital. Bd 25 
Bologna. Liutistt e liutai di B. Von L. Frati — in: 

Rivista music, ital. 20, 1 
Brancour, L. — s. Paris 
Britii.ii music, A Future for. Von S. Midgley. 

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musique Francais. Facture instrumentale. edition 

musicale, industrie phonograp!iiq'.:c. Sosc, Paris 10 fr. 
— . L'espritde la musique francaise. Von P* Lasserre. 

Payor, Paris 3,50 fr. 
— . Pour la musique francaise. Dou?e causeries avec 

preface de C Debussy. Cres, Paris 3,50 fr. 
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Griveau, M. — s. Intervalle 
Haas, Theodor — s. Wien 
Harmonielehre. L'harmonie et la composition musicale 

a la ported de rous. Von L. Pe*rineau. Foetisch, 

Paris 10 fr. 
— . E. Gariet: A proposito del mio nuovo sistema 

di armonia — in: Rivista mus. ital. Bd 25. 



m 






BH 



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Indian Music. Von A. K. Coornaraswamy. Luzac, 

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Indy, Vincent d'. Le idee di V. d' I. e quelle di 

Camille Saint-Saens. Von A. della Corte — in: 

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comme ailments dp metodie- Von M. Griveau — 

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italiano. Von F- Balilla Prate I la. Bongiovanni, 

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Kammeroper in Wien — s. Wien 
Klavier — s. Anschlagsgerdusche 
Kontrapunkt. Beispiele u. Aufgaben zum Kontrapunkt. 

Von Stephan Ktehl. 3. Aufl. Vereinigung wissen- 

schaftl. Verleger, Berlin 6,80 M. 
Krehl, Stephan — s. Kontrapunkt 
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Lied. Del „Lied" contempoianeo. Von L. Parigi — 

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Mauclair, C. — &. Orchester 
Midgley, S. — $. British music 
Monaldi, G. — s. Plagio 
Musik. Propos de musique et de guerre- Von C 

Bellaigue. Nouv. Librairie nat, Paris 3,50 fr. 
Nazionalismus. La crisi del nazionalismo musicale. 
*Von G. Orefice — in: Rivista music, ital. Bd 24- 
Northcott, R. — s. Gounod 
Oehlerking, H., — s. Drechsler 
Orchester. Les heros de I'orchester. Par Camille 

Mauclair. Fischbacher, Paris 
— . G F. Mallpiero: Orchestra e orchestrazione — 

in: Rivista music, ital. Bd 24 



Orefice, G- — s. Conservatorio 

Paribeni, G. C- — s. SetaccioU 

Parigi, L. — s. Lied 

Paris. Le musee du conservatoire de musique de P. 

Von R. Brancour — in: Rivista mus. ital 26, I u.2 
Perineau, L. — s. Harmonielehre 
Perinello. Carlo, un nuovo compositore di musica 

da camera. Von A. Cantarini — iiv: Rivista mu- 
sicale ital Bd 22 
Peters, Guido. Von H. R. Fleischmann — in: 

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Pni7.ner. Hans. Ein Nachwort zu [Pfitzners] Palestrina. 

Von Gtist. Altmann - in: Neue Musik-Ztg 14 
Piano. L'arte pianistica. Interessante in Neapel er- 

scheinende Zeitschrift 
Pizzetli, Ildebrando. Le iiricne di I. P. Von G. M- 

Gatti - in: Rivista mus. ital 26, 1 
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R. Fondi. Bibl. deil' Orleo, Roma. 3 L. 
PlaRio musicale. il. Von G. Monaldi — in: Rivista 

musicale ital- Bd 25 
Polen. H Opienski: La musique Polonaise. Ess.ii 

historrque sur le developpement de 1'ait musical 

en Pologne. C Gres & Co, Paris 22 fr. 
Pratella, F. B. — s. Italien 
Prod'homme, J. G. — s. Debussy 
RaeIi,.V. — s. Corsini 
Rimsky-Korsakow, N. A: Ma vie musicale. Lafitte A 

Co, Paris 3,50 fr. 
R »so de Luna — s. Wagner 
Saint-Saens, Camille — s. Germanophilie; Indy 
SetaccioU, Giacomo. Ausfiihrliche Besprechung von 

dessen Symphonie in A durch G. C Paribeni — 

in: Rivista music, ital. 26, 2 
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Soraraer, Hans. Von Ernst Stier ~ in: Neue Musik- 

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StrauB, Rich. Von Max Graf - e. Mahler 
TeBraer, Hans — s. Anders 
Tetzel, Eugen — s. Anschlagsgeriusc'ie 
Tiersot, J. — r,. Frankreich 
Universita musicale — s. Conservatorio 
Wagner, mitologo y ocultista. El drama musical de 

W. y los misterios de la antiquedad.- Von M. Roso 

de Luna. Libreria Hispano-Americ, Madrid. 8 Pes. 
Wien. Die Versuche einer Wiener Kammeroper. Von 

Theod. Haas — in: Musik. Kurier 17 
Zoni, Alceo — s. Italien 



Hams Auguslin, Amslerdam 

Frans veuot Mlerlssfraaut MM — Telef . 2:. 1373 

— Grossies Concenbureau aier Nleclerlcuide ~~ 



*80 




n.i 1. uml 10. i..<lu,i Monat.s, '/u liwiiMion .lurch <ii.. ['ost/uisl:i.lt,«.ti. Buoh- u/Miisik.iUoalMuidliinBi.n, sowin dirukt vom V.-rlni;. 
IMI^kiioii: Hi-rlin W.HI. Iwii-in A^ustastr. :U. I'Vriimf: "Uiisnw .'(■L'S. - Vnrl.iR: D.'Hm-Wui.sseUM^ B.-rlinur Alloc 71, F«rnnii: \V». ILT. 
i'n-n. .I.-K Kiii/ol1i..fl t .s Mlt. L J .-IU, irti Yi.-rU-lj-AltiMm, Mk. W. - . b..i Kn-iisshaiidbMiiij; vi.frtt.ljlthrliuli Mk. la.-. - Nwli.Iruuk vurliKlmllxn. 



Nr. 8 



Berlin, den \. Juni ^920 



I. Jahrgang 



INHALT 

SIEGMUND PISLING Tendenzen moderner Mufik 

A. M. AWRAAMOFF Jenfeifs von Temperierung und Tonalifaf, III 

Dr. UDO R'JKSER Die Situation der heufigen Mufik 

Prof. LUD. RIEMANN-ESSEN Zur Tonalifaf 

HEINZ TIESSEN Die Zukunff des Aug. Deufjdien Mufikvereins 

Prof. Dr. WILHELM ALTMANN .... BedeufendeNeuerJdieinungenu.Manufkripte 
BEILAGE: Maskowski, Gedidif von Gippius 



% 



,MELOS' 



in einer Luxusausgabe 

erfdieinf monaflich einmal im Kunffverlag 

Frifs Qurlift Berlin W 35 




Tendenzen moderner Mufik 

Von Siegmund PIsling. 

(Sdilufr) 

Der fdiwankende Begriff expreffioniffifcher Mufik erfahrf durdi Vergleiche mif den 
Sdiwefterkunffen eine gewiffe 'Klarung. Die fchroffe Negierung renaiffancegeredifer 
Symmefrien iff exprejfionijflfcher Malerei und expreffioniffifcher Mufik gemeinfam. An 
fidi fymmefrifch, find die Formmiffel der Kubiffen im Gefamtrhyfhmus ftreng barockmapig 
orienfierf. Der Widerffand gegen die Gleichgewichfigkeif, der Profeff gegen dao 
Symmefrifche, gegen das Ausbalancieren, nimmf bei expreffioniffifchen Malern die 
heffigjfen Formen an. Theodor Daubler*) erblickf auf Bildern von Kokofchka „fymbolifdie 
Wirbel von Krafsem". Lange bevor idi Daublers Auffa§ gelefen, war mir, rein gefiihls- 
ma£ig, die ffilijfifche Bindung zwifchen Kokofchka und Schonberg aufgegangen. Seifher 
konnfe ich die kleinen Klavierffiicke von Schonberg oder die Parfifur von „Pierrof 
Lunaire" nidif zur Hand nehmen, ohne mien lebhaff an die Grelligkeifen des Sfridis 
und das bewuj3f Barbarifche in der Farbengebung Kokofchkas erinnert zu fiihlen. Nodi 
mehr iff dies bei Wenje der Fall, deffen fheorefifches Verffandnis fich mir und Gleich- 
gefinnfen durch die Schriffen Wilhelm Haufenffeins erfdilofr womif nidif gefagf Jein foil, 
daj3 wir nun Wenfe mif einem Mai liebten und (einer Mufik mehr als ein wiffenfchaffliches 
Intereffe enfgegenbrachfen. Sdionbergfreundliche Maler verficherfen mir, die gleichen 
Ernpfindungen zu haben. Es liegf alfo wieder der lehrreiche Fall vor, da£ der Herz- 
fdilag eines neuen mufikalifchen Sfils von kiinffterifchen Nichfmufikern vernommen wird 
und bei unzahligen Fachmufikern auf faube Ohren ffoj3f. 



Haufenffein fiehf in Malereien von Kandinsky den Verfuch, die Farbe, ein Miffel 
zur Form, von der Form abz'ulofen und fie durdi ihr eigenes Pathos wirken zu laffen. 
Erganzend fei bemerkf, d^fi rich Anfa^e zur Darbiefung der Farbe als „abfolufem Miffel" 
in Kandinskys Profa- finden, Anfafce aus dem Grunde, weil die Gegenffandsform nidif 
vernidifef wird. Man lefe folgeaden Profa-Einfall aus Kandinskys „Klangen", ohne fich 
d u*ch den fkurrilen Tifel „Das" beirren zu laffen: 

„Ihr kennf alle diefe Riefenwolkc, die dem Carviol gleichf. Sie la£f fich 
fchneeweijSharf kauen. Und die Zunge bleibf frocken. 

Alfo laffefe fie auf der tiefblauen Luff. Und unfen, unfer ihr auf der Erde/ 
auf der Erde ffand ein brennendes Haws. Es war aus dunkelrofen Ziegelffeinen 
feff, oh, feff gebauf. 

Und es ffand in feffen gelben Flammen. 
Und vor diefem Haus auf der Erde " 

Das Apercu griindef auf den Farben Schne*eweij5, Tiefblau, Dunkelrof, Gelb. Aber 
dicfe Farben find nidif mif dem blinzelnden Impreffioniffen-Auge gefehen wie efwa die 
geniale Skizze „Die Zuckerfabrik" in Alfenbergs%Wie idi es Jehe", Jondern ihrem Pathos 

._ . . ^ 

-j Tlicodor Daubler: Acht Jahrc .Sturm". (Das Ktmstblatt, I. Jahrgang, S. 46. ff.) 



182 



warn 



nach, als eKvas Geiffiges, iiber die finniidi-affribufive Befumnuuty Hinausgehendes. Die 
farbigen Hclzfchnifte in Kandinskys „Klangen" liefern ein vorziigliches Material an „form- 
enfbundenen" Farben. Der Mufiker wird ohne weiferes geneigf fein, fie w mufikalifch** 
zu nennen und von Farbklangen Oder mufikarfigen Farbfe&en zu fprechen, wobei er, 
urn jiingffe Mufik zu verffehen, Jich durdi kein Gerede von „reinlicher Scheidung** 
der Kiinffe beeinfluffen lafien, vielmehr fich der Urmuffer Mufik anverfrauen wird, an 
deren Briiffen moderne bildende Kunff und Dichf kunff Jaugen; ein GeredeJ wir wieder- 
holen es, das mit Berufung auf „Wiffenfchafflichkeif" die Urfaffache wegbegrifjelf, dap 
fidi die Kiinffe dem Sfoff nach unferfcheiden, im Wefen aber gieidi find. 

Mehr Novalis und weniger Leffing: das iff's, was gebildefen Mufikern noffut 
Sind, ach, fo lang philologifch gewefen, wollen's nun, an klaren Biichern erffarkf, doch 
wieder romanfifch lefen, wollen hinabfauchen in den Dammer, aus dem fich. ein un- 
geheures Mufikneues gebierf, Dammerer und Schauende zugleith. 



Dem Haupfweg zulenkend, laden wir den Lefer ein, fich in das driffe von den funf 
Orchefferffucken Op. 16 von Schonberg zu verfiefen. Es gibt da ganz merkwiirdige 
Farbenmelodien, die dadurch enfffehen, dap der Klang — wohlgemerkf bei liegenden 
Sfimwen — zwifchen den Inffrumenfengruppen wechfelf. Es gehf alfo, ahnlich wie bei 
Kandinsky, nichfs vor als Farbe. wobei es ffiliftifch "unwejenflich iff, dap fich das 
emanzipierfe Miffel bei Kandinsky in heffigffer, man mochfe fagen fchreiender Bewegung 
befindef, bei Schonberg in gebundenffer. Der fundamenfale Unferfchied zwifchen Kan- 
dinskys Farbendynamik und Schonbergs Farbenmelodie oder Farbenrhyfhmus liegf 
darin, dap die Farbe bei Kandinsky ins Geiffige, Immaferielle, Transzendenfe freibf, 
Expreffion wird, dagegen bei Schonberg ein finnliches Phanomen bleibf. Wenigffens 
fur meine Freunde und mich. Wir vermogen der angezogenen Sfelle kein affhefifches 
Gefuhl zu fubffituieren. Nun kommen aber'junge Leufe mif der Verficherung, dap fie 
es konnfen und, bei der blopen Lekfiire, einer iiberaus feinen und eigenarfigen pfychifchen 
Senfafion teilhaftig wurden, die dem Unterbewupffein anzugehoren fcheine und fich mi* 
nichfs vergleichen laffe. Die Sfelle fei fur fie kein fechnifches Experiment, fondern die 
Hieroglyphe von efwas Seelifchem, und obwohl fich, im alferen fa&fedmifchen Verffande, 
nichfs bewege, empfanden fie eine nie gekannfe Erregung. 

Der mufikalifche Expreffionismus ehrf in Arnold Schonberg feinen \fafer. Moglich, 
dap fich das von romantifcher und neudeutfcher Erregfn^if wefensverfchiedene Pathos 
der exalfierfen Linie und rafenden Farbe in einem fpaferen Meifter noch reiner auswirkf, 
derfieffalf, daP Schonberg zu ihm wie ein van Gogh der Mufik ffiinde, der den Fufurismus 
im Schope frug. Wer ttermochfe es zu fagen? 

Schonberg gehorf zu den Kolumbusnafuren. Er fdilop der Mufik neue Ausdrucks- 
welfen auf. Halb verdrangfe Melancholien, geffammelfe Befurchfungen, Ahnungen bei 
denen fich das Auge zum Berffen weifef, Hyfterien, die mif uns alien leben, und jenes 
Heer der Krampfe: fie werden Klang. 

Wer biff Du, Schrecklicher, dap Du die Finffemiffe kundeff, die in Uns fdiliefen? 



183 



^atfaBS&BBi&mHmttomA 



Jenfeifs von Temperierung und Tonalifaf 

Von A. M. Awraamoff 
(Auforifierfe tfberfe^ung aus dem Rujfifchen von Hermann Sdierdien) 

III. 

Ein neues Prinzip akkordifcher Klangverbindung. 

Ich bin uberzeugr, daB die Praxis eine weit groBere Anzahl von Dreitonklangen innerhalb 
unferer Tonreihe ergeben wird, als wir bisher feftgefteilt haben, ja, daB fogar keine Moglichkeit 
vorhanden ware, alle diere ZuTammenklange zu unterfuchen, wenn vvir uns dabei nicht eines 
lcitenden Gefetzes, eines Prinzips der Klangverbindungen, bedienen kdnnten. Ein folches lege 
ich in folgendem dem Lefer vor: es handelt rich darum, daB die harmonifehen NebenkJJmge ein 
und desFelben Tones (ich untereinander vereinen und mit dem Grundton wohlklingend ver- 
Ichmclzen. So haben wir nur nOtig, die Oberton-Abhangigkeit unTerer Tone feftzuftellen, und 
wir erhalten fofort noch eine vollftandigs Reihe harmonifch moglicher Dreitonklange. Die 
folgende Tabelle zeigt diefe Abhangigkeit an- 

2 4 8 16 32 64 128 



1 

c 


3 
as 


5 
e 


-7 


9 |J5 


21 i 25 27 

-H 


35 


45 49 


63 


75 ■ 105 

i 


147 


do* 


c 


1 c 


z 


R 




e I fi 


A 


i : 

i e i 


e 
a 


_,__ 




t 


1 


a 




| 


as 


; c 


i 


c 


T 


R 


V 


A 




as 




c 




a 


e 
f 


: 


c a 


A 






a,, | 


b 


e J 

A i 



Den unferer Tonreihe fehlenden Ton « haben vvir als Hilfston in die Tabelle eingefuhi't, da 
er folgende fechs Tone vereint: r-des-b-^-as-f und zwar entfprechend den in. der Tabelle auf- 
gezeigten Verhaltniuen; da er urn den diatonilchen Halbton 15: 1(> hoher als r ift, fo ware fein 
Platz zwifchen as und a in unferer Tonreihe. Es ill leicht einzufehen, daB diefe Tone teilwc-^e 
auch urn andere Grundtone herumgruppiert vverden konnten; fo treten die Tone dts, b und as 
aufeinanderfolgend als :-$., 5. und.l). Oberfon von ges auf, das felbft aber unferer Reihe fehlt und 
die nattirliche Septime von * ift. Die Tone v, b und a kommen ungefahr bei der groBen Terz 
von * zufammen (dem 7. Unterton von b), welche lelbTt Grundton des Nonakkords ift, deffen 
oberer Dreitonklang von jenen TOnen gebildet wird (wir haben letztere oben tenon zufamrnen mit 
dem analogen Zufammenklang c- = -g betrachtet). 

Die obige Tabelle dient uns aber nicht nur zu augenicheinliche." Kiarftellung der harmonifchen 
Bedeutung vieler tenon erwahnter Dreitonklange, Tondern auch als Stiitzpunkt, urn rich uber die 
vieltonigen Harmonien der Tonreihe zu orientieren. Wir kOnnen riiefelbe aber auch unmittelbar 
zur Bildung von Oberton-Zufammenklangen benutzen, Oder umgekefcrt zur Bildung von Unterton- 
Zufammenklangen, da z. B. felbftverrtandlich ift ? daB der als 75. Oberton von des auftretende 
Ton e gleichzeitig auch jenes des zu feinem 75. Unterton hat; die Untert&ne finden wir, indem 
wir die Tabelle in vertikaler Richtung betrachten: 

c des a f v as a b 

5 75 35 15 11)5 25 :j 45 



m 






Indem wir diefe TOne in abrteigender Reihenfolge anordnert: 

r des b * as * f c a e 

105 75 45 3:5 25 15 5 3 1 
erhalten wir einen klangvcllen Akkord aus neun Tonen, deffen einzelne Teile genau to kompaki 
erklingen, wie der Gefamtklang. 

Urn uns fUr unlere weiteren Unterluchungen von der alten Terminologie freizumachen, die 
abgefehen von ihrer Ungenauigkeit nur Verwirrung iinter die neuen Begriffskategorien bringt, 
einigen wir uns ein fDr alle Mai hinfichtlich des Gebrauchs folgender Zeichen: zur Bezeichnur.g 
der verfchiedenen Akkordtypen geben wir nur die Anzahl der lie zufammenfetzenden TOne und die 
Verhaltniszahlen der letzteren an; dabei gebrauchen wir ununierbrochene Reihen mit dem Teilungs- 
zeichen ( : ), wenn Obertonverwandtrchaft vorhanden ift — , bei Untertonverwandtrchaft Ichrhg- 
gehende Striche zwifchen den Verhaltniszahlen, und endlicli Briiche, die durch Divifionszeichen 
miteinander verbunden find, im Falle zufallig: r Tonvereinigungen, um nicht durch Darftellung 
derfelben in ganzen Zahlen (welch letztere ja :ioch eigentlich die Ordnung der harmonilchen 
Mitklange ausdriicken) oft die harmonifche Zufammenfetzung des Akkordes unklar zu machen. 
Da die Verletzung eines Tones um eine Oktave aufwarts ."eine Ordnungsz;;hI verdoppelt (inner- 
halb der Obertonreihe), wird die Akkordlage klar dnrch Einfuhrung arithmciifcher Zahlen zum 
Ausdruck gebracht; To rind die Dreitonklange 

1:3:5 und -1:5:0 
nur verfchiedene Lagen derlelben Tone c-e-g (oder anderer, in gleichem Veihaltnis zu einander 
ftehender), ebenfo wie die Dreitonklange 

5/3/2 und (i/5/4 
nur verfchiedene Lagen der Tone a-c-e, b-des-f etc. . . . find. 

Hiermit gehen wir zur endgtlltigen Klalfifizierung der Dreitonklange Uber. 

Je drei beliebige Tone aus ein und derfelben horizontalen Reihe unferer Tabelle vereinigcn 
rich zu wohltOneuden Zufammenklangen, "/enn dabei beachtet wird, daB die Anzahl der Oktaven, 
welche die ObertOne in der natUrlichen Reihe von. einander trennt, unverandert bleibt (zur Er- 
leici^erung der Rechnung find in unlerer Tabelle die Cktaven der AusgangstOne [deren Teiler 
2 ifij durch fettgedruckte Langslinien kenntlich gemacht). Diefe Bedingung feffelt den Kom- 
poniften an Handen und F0*en, da 3 als .105. Oberton des des durch (i Oktaven vom Grundton 

abgetrennt ift, und um 7 Oktaven als 147. Oberton des t ; auBerdem find folche 

Zufammenklange kaum anderswo moglich, als in Orchefterpartituren mit Kontrabafi- und 
Piccolo-TOnen. 

Daraus tolgt jedoch nur, daB die^ Zufammenklange am meirten dtr Konfonanz entbehren, 
und daB wii moglichft nebeneinander liegende Tone nehmen mlifftn, um gute Zufammenklange 
zu erzielen, welche dann entlprechend dem Umfange des betreffenden Inflruments oder Enfembles 
in weiterer Stimmenlage angewandt werden kOnnen. 

So gibt uns die Reihe c \ Dreitonklangtypen: 

I) 1:3:5; 1 : 3 : 7; 1:5:7; 3:5:7, 
die alle fchon fruher befprochen worden find (1, 17, TV>)- 

In der Reihe as wiederholen fich die vier Tone der Reihe c, der nur der Grundton as 
felbtt fremd ift. So e.'halten wir hier nur (; Verbindungen neu, die alle den Grundton as 
enthalten: II) 1:5:15; 1 : 5 : 25; i : 5 : 35; 1 ; 15 : 25; J : 15; 35; 1:25:^5. 

Von diefen ift uns bisher nur die Zweite (3) bekannt. Durch Konionanz zeichnei fich jedoch 
nur die erfte aus, wahrend alle anderen zu weite Stimmlagen erfordern. 

Wahrend die ablolute Hone der TOne der Reihe a mit derjenigen zufammenfallt, die den 
Tonen der Reihe as zu eigen ift, haben die Tone felber hier eine andere harmonirche Bedeutung: 
III) 1:7:21; 1;7:35; .1:7^-19; 1 : 21:35; 1:21:49; 1:35:49. 

Da folglich die TOne as und a als 5. und 7. Unterton von c auftreten, kommen wir zu 
dem SchluB, daB eines der neuen Prinzipien harmonircher Verbindungen fein wird, daB wir die 

185 



MOglichkeit haben, zu jeder kompakten Obertonharmonie einen beliebigen BaBton 
hinzuzufUgen (in entfprechendem Abftande), wenn der Orundton der Obertonharmonie 
zugleich ein Oberton diefes BaBtons ift. Die Verhaltniszablen der ObertOne der Harmonie 
werden alle in diefem Falle mit dem Nenner des Verhaltniffes des Grund- und neuen BaBtons 
multipliziert (hier werden wir die Tabeile zu H/,Ife Ziehen), und dementfprechend erhalten wir 
einc Komplizierung des Kfangkomplexes, die abeir zugleich gefetzmaBig und wohlklingend bleibt. 
Allem Anfchein naqh wird diefes Prinzip befondere Bedeutung fUr Modulationen mit den neuen 
Harmonien gewinnen. 

Die Reihe f ift von befonderem Intereffe. Einerfeits ift f der 3. Unterton des c, to daB er 
entfprechend den Reihen as und a lechs neue Dreiklangsharmonien mit Tonen der Reihe c bildet: 

IV) 1 :3:9; 1:3: 15; 1 :3:21; 1 :9:15; 1 .9:21; 1 :15:-1, 
von denen uns die erlte fchon bekannt ift (12). Alle lechs haben den fiir den Vorhalt der 
Dominantharmonie auf ruhig klingender Tonika typifchen Klang, w^hrend entfprechend der Ver- 
ringerung des Ab'itandes zwifchen ihren hohen T5nen und dem Grundton (indem erftere in die 
Verhaltniffe 2, 1, S ubergehen) der Klang immer gefpannter wird und nach voller Auflofung 
verlangt. Jedoch bleibt er vollig ruhig und ausgegfichen, folange das Interval! zwifchen hoheren 
Tonen und Grundton unverandert ift, lo daB eine Auflofung nur bei Veranderung der urfprung- 
lichen Geftalt des Zufammenklangs erforderiich wird. 

Andererfeits fallt die Obertonreihe des f mit der des c zufammen, io daB in der Reihe f 
alle Dreitonklange des Typ V wiederkehren. 

Endlich entltehen durch die Verfchmelzung der Obertdne des c und des f eine Anzah! fiir die 
Tonreihe ausfchlieBlich charakteriftifcher Verbindungen, da alle anderen Reihen (des, b, v) die 
Reihe f ganz in Hen enthalten, und nur gemali dem oben entwickelten Prinzip ein oder zwei 
BaBtone hinzufugen. Dabei lenkt der ununterbrochene Beftand der Reihe unfere befondere Auf- 
merkfamkeit auf rich, da darin eine BUrgfchaft fUr viele harmonifche Moglichkeiten gegeben ift, 
vorausgefetzt, daB Obertone iiber den 21. hinaus fehlen. 

Damit find alle mSglichen Dreitonklange dicier Reihe gegeben, einfehlieBlich der fchon 
bekannten l'» (IV, I). 

V)[I]; 1:5:9; [1 :5: 15(11)]; 1 : r> ; i>i - 1 :'7 : 9; 1 :T:15; [1:7:21 (III)]; IV. 

Somit haben wir 14 Dreitonklange, in denen f vorkommt, und ohne f-15: 
VI) 3:5:9; 3:5: 15; 3:5:21; 3:7:9; 3:7:15; 3:7:21; 
5:7:9: 5:7:15; 5:7:21; 5:9:15; 5 : 9 : 21 ; 5 : 15 : 21 ; 
7:9: 15; 7:9:21; 7: 15:21. 

Von den beiden Reihen V una VI haben wir fchon oben kennen gelernt: aus Reihe V — 
den 1. (15.) und -1. Dreitonklang (13.) und aus Reihe VI ■*- den 2. (2.), 4. (4.), Ij. (18.) und 7. (U.). 

Zwei der eben fur die VI. Reihe feftgeftellten Dr >onklange rind befonders intereffant: 
3:5: 15; und 3: 7:21." 

Als befondere GefetzmaBigkeit ihrer Struktur fallt fofort auf, daB die Verhaltniszahl des 
hochften' Tones gleich dem Produkt aus den Verhaltniszahlen der beiden tieferen Tone ift. Dem- 
eritrprechend haben diele Dreitonklange auch eine doppelte harmonifche Bedeutung, To daB fie — 
dem oben entwickelten Prinzip zufolge — doppelte SchreibweiTe haben konnen: 
3:5: 15 = 5/3/1; 3:7:21 = 7'3/l. 

Die Erkiarung diefer Erfcheinung ift wahrfcheinlich darin enthalten, daB der hochfte Ton 
einer jeden Untertonreihe bei Umwandlung derfelben in eine Obertonreihe die Verhaltniszahl be- 
kommt, welche gleich dem kleinften Teiler aller Tune der Reihe ift. Das erhellt auch daraus, 
daB er in paarweiTen Verbindungen 

7/5/3/1 =15:21:35: <05 
nacheinander zum 3., 5. und 7. Oberton der Tone der Reihe werden muB. Ferner ergibt fich 
noch die Tatfache, daB jede Untertonreihe zur Obertonreihe werden kann, mit ; derBegleiterfcheinung : 
daB dabei ihre harmonifche Bedeutung geringer wird in Bezug auf Sattheit der Konfonanz. 



186 



Die Rejhe fo wiederhoit die ganze Reihe f und verdreifacht dabei die Verhaltniszahten der 
Reihenglieder, fo daft hier nur diejenigen Zufammenkiange tieu find, in denen der Grundton b 
enthalten ift; aus ihnen f ^nd ' 

VII) 1:3:27; 1:3:4:".; 1:3:6:1; 1:9:27; 1 : 9 :45; 1 : 9 : 63; 1 : 15 : 27;' 
1 : If) : 45; 1 : 1 5 : 63; 1 : 21 ; 27; 1:21 : 45; .1 : 21 : 03; 1 : 27 : 45; 
1:27:6:1; 1 : 45 : US 

vollftandig neu, wahrend die anderen die Dreitonklange der Reihe IV wiederholen. Die hohen 
Ttfne der Reihe geben miteinander alle 29 Dreitonklange der Reihe f. 

Die Reihe des gibt folgende Zufammenkiange, in denen der Grundton enthalten ift: 

VIII) 1:3:25; 1:3:35; 1:3:75; 1:13:105; 1:5:45; 1:5:75; 1:5:105; 1:15:75; 
1:15:1(15; .1:25:45; 1:25:75; 1:25:105; 1:35:45; 1:35:75; 1:35:105; 
1:45:75; 1:45:105; 1:75:105 

und folgende, in denen die Quinte enthalten iTt : 

IX) 3:5:25; 3:5:35; 3 5:45; 3:5:75; 3:5:105; 3:15:25; 3:15:35; 3:15:75; 
3:15:105; 3:25:35; 3:25:45; 3:25:75; 3:25:105; 3:35:45: 3:35:75; 
3:35:105; 3:45:75; 3:45:105: 3:75:105. 

Zwei von diefen find wiede: u;nkehrbar: 

3:25:75; 3:35:105 
und muftten als Unterton-Reihcn folgendermoBen gefchrieben werden: 

25'3 ; 1; 353/1. 
Die Reihe •; gibt folgende Zufammenkiange, in denen der Grundton enthalten ift: 



X) 1:3 



:3:105; 1 
1:21:117; 
1:63:117: 



S:49; 1 
1:21:105; 
1:63:105; 
und folgende mit der Quint: 

XI) 3:7:35; 3:7:4!); 
3:21:105; 3:2!:U1 
3:63:105; 3:63:147 



3:147; i:7:35; 1:7:49; 1:7:63; 1:7:105; 1:7:147; 
1:35:63; 1:35:147; 1:49:63; 1:49:105; 1:49:147; 
1:105:147 



3:21:35; 3:21:49; 
3:49:105; 3:49:147; 



!:7:63; 3:7:105; 3:7:147 
3:35:49; 3:35:63; 3:35:147 
3:105:147. 

Einige diefer Zufammenkiange laflen lien durch Verkiirzung der Zahlen mittels des gcmeinfamen 
Multiplicandus auf einfachere Verhaltniffe bringen; fo -aus Reihe IX: 3:15:75 = 1:5:25; 

3:15:105 _- 1:5:35; 3:45:75 ... 1 : 15:25; 3:45:105^1:15:35; 3:75:105 = 1:25:35; 
und fallen darin mit fchon frtther betrachteten Zufammenklangen der Reihe II zufammen. 
Aus Reihe XI: 3:21:105^1:7:35; 3:21:117^1:7:49; 3:63:105 = 1:21:35; 3:63:147 = 1:21:49; 

3:105:147= 1:35:49; 
diefe waren fchon alle in der Reihe III enthalten. 

Endlich gibt uns die Reihe * nodi einige nette Zufammenkiange: 

,X11) 15:21:35; 5:7:35; 15:35:63; 5:21:35; 21:35:45; 7:15:35; 35:45. &y t 
von denen der 2., 3. und 5. Zufammenklang fchon ;n vereiniachten Verha4tniffen ausgedrllckt find. 
So haben wir im ganzen 129 Oberton-Zufammenklange feFtgeftellt, die alle nur als Typen 
von Zufammenklangen auftreten und von denen viele in den verfchiedenften Rfcihen vorkommen; die 
Zahl aller Zufammenkiange, denen wir begegnet find, ift jedoch betraehtlich grOBer. Alles das 
find Konfonanzen, folange die Verhaltniszahlen {iir die zwifchenliegenden Oktaven unverandert 
bleiben. Die Anzr.hl der durch Annaherung der Tune aus ihnen abzuleitenden Zufammenkiange 
wird kaum genau feftzuttellen fein, da ja nicht moglicu ;ft eine Icharfe Grenze zu finden, welche 
jeder Komponift gegenuber den ihm als Diffonanzen entgegentretenden Zufammenklangen inne- 
halten wtlrde. Der auiieren Begrenzung wegen wire aber zu empfehlen, nur Tolche Dreitonklange 
zu gebrauchen, deren Grundform nicht don Stimroiimfang eines Vokal-Enfembles uberfchreitet, 
und von weiteren Zufammenklangen nur diejenigen, die bis auf die aulterften Grenzen diefes 
Enfembles zufammengezogen worden find. 



«il 



187 



Zum SchluB ift noch zu empfehlen, tich allmahlich foweit die Bezeicrinung der 3T8ne durch 
Verhaltniszahlen zu eigen zu maeheri; da6 wir fernerhin nicht menr nOtig haben, miHifelig im 
J^ahmen der alten Theorie Ausdmcksm&glichkeiten zu fuchen. Denn die neuen Bezeichnungen 
find auBerordentlich genau, wahrend eine Nomenclatur im alten Sinne infolge der zahireichen 
' Kombinationen unmftglich alle Beziehungen auf einfache WeiFe ausdrlicken konnte. Dagegen 
gibt unfere iWethode fehr leicht und einfach alle Akkordfolgen an, wercn wir dabei immer im 
Auge beh'alten, durch Bucriftaben fur jeden Akkord die absolute Bedeutung der Einheit oder des 
Grundtons zu bezeichnen, falls letzterer Tien durch keine Einheit ausdrtlcken laBt. NatQrlich 
kann die abfolute TonhOhenur fiir den errten Grundron angegeben werden, wahrend ftlr die 
'folgenden Akkorde die VerSndenmg der Einheiten durch entfprechende Zahlenverhaitniffe dar- 
■geftelU wird. Die Erfahrung wird uns bald dariiber belehren, welche der drei Bezeichnungs- 
weifen die zweckentfprechendfte ilt. 



Die Situation der heufigen. Mufik 

Von Udo Rubfer. 






Die Gegnerfchaff gegen die „radikale" mufikalifche Produkfion beruhf weniger auf 
einem Werfurfeil, als grundfa^lidi auf dem inffinktiven Widerwillen gegen alles was 
anders iff als das Bisherige. Man half die maferiellen, phyfikalifdien und pfychifchen 
Momente, weldie das mufikalifche Kunffwerk ermoglichen, fiir unveranderJich gegeben. 
Man fdiliej5f alfo von vornherein ohne irgendwelche Prufung eine Menge Produkfions- 
mogliehkeifen aus, befdirankf den Kiinffler ganz auf5erlich in vollig willkurlidier Weife. 
Andererfeifs bedenke man das fieffinnige Wort Jlie^fdies, da£ jede grop*e Kunff ein 
gropes Ma£ Konvenfion zur Vorausfe^ung hat fofern fie Sprache iff. Diefe Kon- 
venfion iff nichfs Unabanderliches, nidifs objekfiv Giilfiges. Sofern es fich alfo um die 
Spradimiffel und das Material handelf, weldie dem Kiinffler zur Verfiigung jfehen, mup 
ausgefprochen- werden, dap" dem Mufiker alles was Ton und Klang iff, zur Benu^ung 
freiffehf. Deshalb iff der beliebfe Vorwurf „mif5f6nend" und ahnliches, was fich nur auf 
das verwendefe Tonmaferial beziehf, ganz nidifsfagend; nur das konnfe dem Kiinffler • 
vbrgehalfen werden, dap" er aus diefem Material kein Kunffwerk habe geffalfen konnen. 
Vom Archifekfen verlangf man nichf, daj5 er nur in der Art Michelangelos wirke; weshalb 
aber vom Mufiker : daj5 er allem diie klaffifcheic Vorbilder verfolge? Nichf dies, nichf 
in weldier Weife Mufik zu machen fei, fondern da^ iiberhaupf Mufik weiferhin 
enfffehe, iff das Wefenflidie. Allein darum handelf es fidi, ob der Mufiker 
fein Empfinden, un ( er erregfes Dafein von heufe kiinftlerifdi darffellen 
konne- tvann er es mif den iiberlieferfen Miffeln, fo iff's gut und wir neigen uns ebenfo 
vor einem aus diefer Bafis erwadifenen Werk wie vor einem „modernen" gleidier 



.;.) Als das Bcispiel soldier Wand lung sci ;iuf den von Halm schr gut dnrgestellten Uebcrgang von o'er Mono? 
thematiit der Konlrapunktikcr zur Polythcmatik der Wiener hingewiesen. Bis das so langc einseitig gewoluite ixnn- 
gefiihl eincn so'circii Uebergang ancrkenni, branclit cs Zeit; jleiin jede Art von Kultur fitlilt sich gem als die einzigc. 
(Von Zwei Svilturcn der iMusik, G. Miiller.) 



188 



Hi 



iGlualifaf. Aber man verffehe den Suchenden doch rechf, wenn er, dem die iiberlieferten 
Formen und Miftel dauernd belaftende Affoziationen erregen, fich von diefen befreiend 
diejenigen Ausdrucksmiffel fuchf, die feinem Erieben adaquat find. Warum follen die 
Teilungspunkfe auf der Tonfkala nichf audi anders gefefjf werden konnen, Wenn nur 
daraus die M6glid*keif zu neuen Leiftungen enfftehf! Freilich beruft man fich erwidernd 
immer wieder auf die Gefe§maj3igkeif der klaffifchen Formen. Indefien Jind die mu- 
fikalifdaen Formen, deren Konvenfionelles off genug mif Gefefjlichem verwechfelf wird 
nichf die jedem Kunffwerk innewohnende Gefe^lichkeif felbff, fie find nur eine ihrer vielen 
konkrefen Auj5erungen. Alfo wird durch Nichf an wendung einer Formgaftung nichf die 
Gefef>lichkeif felbff aufgegeben, es wird nur nach einem neuen Ausdruck fur das Gefefr 
gefudif. 

Damif erklarf es fich audi, wenn wir immer wieder mif iiberheblicher Ironie gefragf 
werden, wie denn die kunffige Mufik befchaffen j'ein werde. Wie follfe gefagf werden 
konnen, in welcher Weife fich kunffig der Kiinffler auj3ern werde! Aber das Ziel 
kojinen wir nennen, das namlich, da|5 der heufige Kiinffler inffand gefe&f 
werde, feinem Erieben einen allgiilfigen kiinfflerifchen Ausdruck zu geben, 
ffaff fich in Formeln und Unwahrem zu verffricken; da£ die Mufik aus einem Spiel 
fonend bewegfer Formen, aus einer Jongleurferfigkeif wieder zu einer religios belebfen t 
menfchlichen Angelegenheif werde; dap aus dem Kunffffiick wieder„das Kunffwerk werde. 
So wenig wir alles, was fich als moderne Mufik gebardef, billigen, fo ifi 5och immer ' 
zu unferfcheiden, weshalb man fur efwas einfriff. Es kann fein, weil man den objekfiven 
Werf, die Eminenz eines Werkes an fich hoch einfchafjf; es kann aber auch fein, weil 
man von ihm eine Folge erwarfef, die fur die kunffige Produkfion wichfig ilf. Als Beifpiel 
' diene das Phanomen Max Liebermann. Der objekfiven Bedeufung nach find Jeine Werke 
heufe ziemlich werflos-, in hifforifcher Beziehung aber hochff wichfig, weil dadurch die 
ganze moderne Malerei in Deuffchland enffcheidend angeregf worden iff. 

Was in der Mufik zur Garung gefuhrf hat, iff dasfelbe Agens, das die europaifche 
Kulfur iiberhaupf in die enfjcheidende Krife gebrachf haf, jene von Nie&Jche prophezeife 
nihiliftifche Krife, deren mufikalifcher Xypus durdi Mahler erffmalig dargeffellf iff. Diefe 
gilt es fchopiferifch fafig zu iiberwinden. Das richfige Verffandnis fur die heufige Situation 
der Mufik kann all'o nur gewonnen werden, wenn die geilfigen Bedingungen, aus denen 
fie enffpringt, erfaJSt werden. Unfer erregfes Dafein beruhf nichf mehr auf einer , 
feffgegriindefen einheitlichen Kulfur und Welfanfchauung wie die Bachs, Mozarfs und in 
gewi£em Sinne auch Beefhovens. Wir find viel fiefer in ein Chaos der Kraffe und 
Fahigkeifen zuriickgeworfen als wir gemeinhin glauben. Ebenfo wie uns die Grellheif 
der Farbe viel heffiger anfallf, die wir taglich um.uns fehen, fo haben die Kiange und 
Harmonien fiir uns einen andern Sinn' bekommen als den, welchen fie noch in der 
Einheiflichkeif der klaffifchen Tonwelf haffen. Mifhin kann die Einffellung gegenuber. 
den Werken unferer Zeif nichf darauf beruhen, da]5 wir ohne weiferes diefe Werke mif 
den klaffifchen vergleichen. Es iff ein anderer Weg, die Richfung nach einem 
anderen Ziel, die hier eingefchlagen iff! Und wir find erff im Anfang diefes Weges, 
im allererffen Anfang. In [olchem Stadium iff es billig aber hochff ungerechf, alle Pro- 
dukfion nur auf ihren abfolufen Wert hin zu befrachfen. Was fiir uns Miflebende 
wichfig an Experimenfen iff, find die Moglichkeifen, die fich, wenn auch noch fo leife 
ankiindigen. Wir Heufige find Vorbereifendel Und man bedenke doch: wie ivare ein 
Bach moglich geworden ohne jeine Vorgangerl 



i89 



Zur Tonalitat 

Von Prof. Lud, Riemann-ETfen. 

Das GrundmaB jedes geiftigen Erzeugnifres IFt der Zufammenhang feiner Teilc. Fehit der 
innere Zufammenhang, brockeln die Teile auseinander. Diefer innere Zufammenhang kann im 
weiteren Sinne mit dem Worte „ Tonalitat" bezeichnet werden. Die Tonalitat eines Gemaldes 
liegt in feiner Farbenharmonie, einer. Skulptur im EbenmaB der Formen, eines Gedichtes in der 
logifchen Beziehung zu einem Hauptgedanken. Die Tonalitat der Farbenharmonie ift nicht, wie 
in der Mufik, durch greifbare Gefetze feftzulegen. Sie unfcrrteht dem afthetifchen Gefuhle! das 
aber bei guten Bildern den inneren Zufammenhang ohne weiteres fUhlt, bezw. zum Erkennen bringt. 

Die Mufik hat fafibare Gefetze der Tonalitat, Gefetze, die durch die Zeit eine Wandlung 
erfahren haben und noch erfahren werden, aber niemals aufhOren, einen inneren Zufammenhang 
als Vorausfetzung ftehen zu laffen. Die Verfchiedenartigkeit der Tonalitaten in Malerei und 
Mufik fchliefit deshalb einen Vergleich uberhaupt aus. Nur eine einzige Eigenfcbaft ihrer Tonalitat 
eint fie: wir mogen noch fo feinabweichende, feltene Mifchfarben bewundern, in uns tritt un- 
bewufit ein Geftihl auf, die Mifchfarben mit Grundfarben zu vergleichen. Ja, unfere Wortfprache 
zwingt uns fogar, bei Wortfchilderungen der Mifchfarben fich auf Grundfarben zu beziehen; z. B. 
Tagen wir azurblau, himmelsblau, bleu maiade u. f. f. Es gibt keine Mifchfarbe, die fich' nicht 
auf eine Grundfarbe beziehen lieBe, mag die Beziehung noch To fchwach rein. Diefe Tatigkeit 
des Beziehens fchadet dem GenuB, der Freude an der Feinfarbe nicht im mindefter. In der 
Tonalitat eines hochmodernen Gedichtes, das rich z. B. nur aus EmpfindungswOrtern znfammen- 
fetzt, erganzt unfer Sprachempfinden unbewuBt die fehlenden grammatikalifchen Bezeichnungen, 
urn die einzelnen WOrter im Sinne eines Subjekts, einer Tatigkeit oder einer Eigenfchaft verftehen 
zu kOnnen. Diefes unbewuBte geiftige Mitarbeiten zu Gunften des inneren Zufammenhanges, der 
Tonalitat beeintr3chtigt die eventuelien Schonheiten des Stiles keineswegs. 

In der Mufik liegen die Verhaltniffe ahnlich. Einzelne Tonwelien haben die Ufer der To- 
nalitat Uberfchritten und fich ein fremdes Bett — die Atonaiitat — gegraben. Die Wellen fchlagen 
immer hOher und drohen das alte Bett ganz zu verlaffen. 

Wer wiH da dem Verfuch zttrnen, mit vorhandenen Mittein den fchemenhaften Gebilden 
n3her zu kommen, urn fie zu fatten, fie zu begreifen! Aus diefem Grunde entftand vor wenigen 
Jahren mein Tonnetz. Gegenwartig glaube ich noch einen neuen SchlUffei gefunden zu haben 
d.i.das w haIbrtufigeAuflorungs-undFortrchreitungsbedDrfnis", mit dem ich felbft die komplizierteften 
Akkorde zu faffen hoffe. 

In den erften 5 Heften des „MeIos" finde ich pofitive und negative Ergebniffe aufgezeichnet 
Nicht „Doktrin, Kritik, fondern Forfcherliebe" (Scherchen) treibt mien, diefen bisherigen ErgebiUfen 
nachzugehen. Pofitive Forderungen werden aufgeftellt in den Worten „Das Hiiren in die Lan^e 
in den Verlauf von Melodie und Einzelftimme" (Scherchen) d. h. „je freier und fcheinbar uniogifcher 
der harm. Vorgang wird, urn fo einfacher werden feine melodifchen StUtzen" (Mersmann) Ich 
muB geftehen, daB ich den letzten Satz nicht verftehe und es won! von Intereffe fein dUrfte ihn 
nSher zu begrllnden. Das HOren in die Lange laBt fich mufiktheoretifch und afthetifch auffaffen. 
Die errte Eigenfchaft kann bis heute nicht definiert werden, weil die Atonaiitat als Bindeglied 
noch nicht feften FnB gefaBt hat. Dagegen begunftigen die afthetifchen Richtlinien fehr wohl ein 
HOren in die Unge. 

i90 



mmmmmmm 



.„Die Elemente des auf fich .geftellten Kianges" (Scherchen). — Diele rote Fahne neigt dem 
Umfturz entgegen und negiert das theoretifche AbhangigkeitsverhSltnis. Afthetifch lS8t fich dieter 
Grundfatz zweifellos rechtfertigen, denn ich habe das Recht, meine GefUhle durch Diffonanzen 
auszudrtlcken, deren Anhaufung der GefUhlsmalfe, urn mich fo auszudrucken, entfpricht. Ein 
Zweites laBt Hen audi nicht beftreiten: die auf fich felbft geftellten KlSnge kOnnen SpannungskrSfte 
enthalten, die eine Entfpannung aus afthetifchen Grtlnden ablehnen, die eine B Eruptions-DSmonie" 
(Erdmann) um rich verbreiten, deren Gliihwirkung alles Tonale zerftOrt. Ich halte es jedoch far 
eine gefahrliche Klippe, zu glaubun, daB die Eruptions-D2monie die feelirchen GefUhie aufwtlhlt. — 
wenn die Kiange nicht unferem mufikalifchen AufnahmevermOgen entgegenkommen. Man kann 
He auch als Peitfchenfchlage der Nerven auffaffen, die man nicht als Emgangstore zu feelifchen 
Tiefen bezeichnen kann. Die Tore hierzu Offnen fich nur dem Verrtehenden, d. h. aifo demjenigen, 
der einen inneren Zufammenhang der Akkorde nachweifen kann. Diefer Behauptung ftehen 
ablehnende Worte gegeniiber, wie: Jederzeit aufs Neue erregbare Intuition" (Tieffen), „keine 
Regeln, fondern inftinkt" (Barcok), M Urkrafte einer neuen Primitivitat" (Tierren), M mufikalifcher 
Pointillisrnus" (Mersmann). Aber auch befllrwortende Gedanken, wie: „Die Exiftenz eines Klang- 
centrums ift eine Naturtatfache" (Tieffen). „Syftem wird immer von Quinte und Terz ausgehen 
milffen wie die Natur" (Tieffen) „FluB der Dinge nach innerer GefetzmaBigkeit" (Scherche'n) 
„Tonalitat laBt fich nicht von Mufik trennen, aber neue Skaien und Intervalie" (Leichtentritt) 
„Symmetrie und Periodizitat" (Tieffen); im Sinne des Versbaues der'gebundenen Rede: „Wieder- 
holungen in anderer Lage; Sequenzfolgen; Zurtlckkehren beim SchluB auf den Ausgangspunki"; 
„auBere Mittel der Gliederung" (Bartok) „alles Neue iFt unaufloslich mit alteren Entwickelungs- 
werten verbunden" (Mersmann). 

Wir fehen, die Meinungen Uber die Unterlagen der Nahrkrafte find geteilt. Die Tonalitiit 
hat einen ungelieuren Vorzug vor der Atonalitat d. i. die Gemeinfchaft des Verftehens, des Ein- 
fiihlens, Einordnens der auf uns eindringenden Fremdakkorde. Das Recht, willkllrliche Akkorde 
zu bilden, kann nicht die Forderung an den Horer einfchliefien, diefe Akkorde im gleichen Sinne 
nachzufiihlen wie der Serraffende, weil aus ciner DiffonanzanhMufung das Sfthetifche Ziel nicht 
ohne weiteres hervorleuchtet, und daher die uns angebotenen Spannungskrafte auf eine rein 
mufikalifche Einmhlung angewiefen rind. Diefe aber ift ohne Gemeinfchaft der Horenden mit 
dem Schaffenden nicht denkbar. Man kann njir enigegenhalten, daB das Genie immer zuerft 
den Weg der Einfamen, des Unverftandenen gegangen ift. Aber den Nachfchaffenden, Nacrniihlenden 
war es ftets.gegeben, auf Grund der in ihnen iebenden „alteren Entwickelungswerte" dem Genie 
zu folgen. Die r.adikale Atonalitat kennt oder will keine „alteren Entwickelungswerte", fie will 
M Urkrafte einer neuen Primitivitat". Diefe Gefte der Verachtung gegen das Beftehende, gegen 
den Wunfch, das ZukQnftige aus Gegenwart und Vergangenheit zu begrenen, zu begrQnden, 
ift nicht berechtigt. 

Wird der Atonalitat nicht ein gioBerer Halt gegeben, wenn wir veruichen, eine BrUcke zu 
fchlagen zwifchen ihr und der Tonalitat?* Jede Atonalitat holt mit ihren Wurzelenden (mOgen es 
noch fo wenige fein) Nahrkraft aus der TonalitaX Diefe Nahrkrafte, rein mufikalifcher Natur, 
find in meinem Tonnetz bis in weite Fernen bloBgelegt. Das Tonnetz macht wohl die Beziehungen 
zu einem Hauptklang erfichtlich aber es fordert nicht die RUckkehr zu der Ausgangstonart, well 
die nach Zah! und Zeit der Umdeutungen wechlelnden Beziehungen die Ausgangstonart vergeffen 
laffen. „Sich in den Schwanz beiBen" (Tieffen) verlangt nur noch die aitere Theorie. Der 
ftrittige Punkt liegt m. E. nicht in der RUckkehr zu einer Haupttonart, fondern in dem Aus- 
gleichsverhaltnis der Spannungskomplexe zu den Entfpannungen. Das pfycho-phy- 
fiologifche Urgefetz der Folge Spannung — Entfpannung lebt in jedem gefunden Empfinden 
und ftagniert nur bei kianken abgeftumpften Nerven. Jede gefunde Atonalitat wird darum diefes 
Urgefetz nicht ignorieren. Bis jetzt habe ich noch keinen „auf fich felbrt geftellten Klang" 
gefunden, der rich dem Spannungsgefetz entziehen konntt 1 . weil er im Reiche der 12 Tone geboren 
wurde. Solange diefes gefcfiieht, kann von einer „Entrechtung der Klangmoglichkeiten* (Tieffen) 



WM 



nicht die Rede (em. Anbei fetze ten allerdings voraus, daft ,„eine gleiche Behandlung- dcr 
einander gleichen i2 Halbtone" (Bartok) unmOglich ift aus mehrfachen Grttnden. Die Expanfions- 
kraft jedes Tones tit eine ganzlich verrchiedene, ( mu r j es Fein, weii dct FluG der Tone, der Verlauf .' 
des' Stttckes, die innere GefetzmaBigkeit jedem Tone die Stellung anweifi, die er einzunehmen 
hat. Nur dadurch allein wird der Wohl- oder MiGklang eines Akkordes oeftimmt. Jeder Akkord 
unterliegt einer Auffaflung! Empfindungsakkorde gibt es garnicht innerhalb eines mufikalirchen 
Gefahehens!*) Gefetzt aber, ich liebc einen ifolierten Akkord auf mich wirken, wird er Ftets einen 
oder. mehrere Tttne enthalten, die konfonierend und andere desfelben Klanges, die diffonierenc! her- 
vorleuchten. Ich bitte zum Beweife einmal den Akkord des 3. Notenbeifpiels auf Seite 110 des 
5. Heftes dierer Zeitfchrift heranzuziehen. TrOgen alle Tone den gleichen Trieb des Fortfchritts in 
fic:i, dann wilrde „das Ausdrucksbediirfnis zur Horizon tale, zur reinen, d. h. nicht mehr durch 
harmonifche Bindungen berchwerten Linie" (Mersmann) gehemmt, in Frage geftellt. 

Die Forderung „imrnermehi Beftandteile der unendlichen Tonreihe **) als Alittel in Kunfi- 
werken zu erwecken" (Bartok) fallt mit dem Vorhergehenden von Felbft. Die auch von Bufoni 
gewl*nfchte Spaltungder T5ne lebt ja langft in unferer praktifchen Mufik, wenn auch nicht im 
Notenbilde. Allerdings nicht im Sinne der orientalifchen MuTik. Denn hier wird die von der 
Atonalitat erfehnte „in den freien Raum hinausfchWingende, fich auflofende Linie" (Mersmann) 
nicht durch die Harmonie gefeffelt. Solange diefe der MeJodie als Untergrund fich beigefellt, wird 
He eine Mitbeftimmung der Richtung der Linie fich nicht entreiBen laKen. 

Ich erinnere an die bekannte TatFache, daB es eine fchlechthin richtige mufikatHche Intonation 
nicht gibt (Stumpf). Wir benutzen als Grundlage die verFchiedenen Stimmungen (natiirliche, gleich- 
fchwebenae, ungleichfchwebende) und zvvar die temperierte .zu Inftrumenten mit feftliegenden 
TOnen — Klavier, Orgel — ; die naturliche bei den BlechinFtrumenten und im harmonifchen a capelia 
Gefang; die pythagorSifche im melodifchen a capelia Gefang und bei den leeren Saiten der Streich- 
inftrumente. Die Oberfetzung in die Praxis unterfteht in letzter Jnftanz dem ReinheifsgefUhl, unier- 
TtQtzt durch die Modifikationsfahtgkeit des Ohres, durch den jeweiligen Affekt und durch die 
Suggertion. Die Anpatfung bewegt lien in einem Raume eines Viertel- bis Dritteltonfchrittes. 
Zudem kennen wir die Beftrebungen der „Reininrtrumente a (Helmholtz, Oettingen, H. Riemann, 
Shohe Tanaka u, a.), die alle der Bewegungsfreiheit des Tones das Wort reden. Sollte dieres 
alles nicht genUgen? Jedenfalls ware es intereffant zu erfahren, in welcher Weife eine andere 
Verwirklichung der Tonfpaltungen zuftande kommen konnte. 

Inbezug auf die Mitwfrkung der Obertone herrFchen nficii einige Unklarheiten, die ich in 
KUrre berUhren mochte. SchOnber^ glaubt, daB wir bisher nur 3 Obertone zu unferem Syrtem 
benutzt hapten. Eine Benutzung der Obertone findet Uberhaupt nicht ftaii, fondern nur eine 
zufal'ige Obereinftimmung, deren Urfache wir nicht kennen. Die Mitwirkung der Obertone 
irt bei den meiften Infirurnenten eine latente und hangt lediglich von der Starke der Tonerregung 
ab. Diefe veranlaBt in der Regel ein Mittonen von mindeftens 6 — nicht 3 — Obertonen. . Es 
ift unrichtig, da6 „man auf Grund des Obertonfyftems 12 verfchiedene Tonhohen transponierte 
und daraus das ganze diatonirche Syftem bildete" (Bartok), denn als man die ObertOne entdeckte 
(Merfenna 1701) lag das diatonifche SyJtem langft fertig vor. Die Farbe des Einzelklanges wird 
von den Obertonen beeinfluSt. Unter „AkkordkIangfarbe" verReht die neuere AuffaFfung jedoch 
den Zufammenhang der Einzelklange. So liegen z. B. die Schonheiten RegerTcher Klange in den 
Akkordklangfarben, alfo nicht in der Wahl bez. der Klangfarbe eines Inftrumentes, wie Mersmann meint 

Das Facit meiner Unterruchung! Ich glaube an die Exiftenz einer gefunden Atonalitat, die 
Tich aus dem Nahrboden der Tonalitai aufnehtet. Niemals wird jedoch die Atonaliiat fri. : chf 
Keime treiben/zum BJllhen kommen, Frllchte bringen, wenn man ihre Wurzeln diefem Nahrboden 
entzieht! 



*) Slehe Naheres in meiner Arbeit: Kmpfindungs- und Anffassmigsinterv.illc, iV.onatshefte 191!i, Eaedekei 
**) Ich nehme an, da(J Bartok damit die gespaitencn Malbsiufen meint 



^92 



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Die Zukunff des Allgem. 

Von Hein 

Vor einiger Zeit hat Dr. Paul Marsop in der 
Neiien Musikzeitung", Stuttgart, einen , auch in igon- 
dcrdruckcn versandten Aufsatz veroffentlicht mit dem 
au f Skepsis und Verneinung gestimmten Titel: ..Hat 
der AUgemeine Deutsche Musik-Verein noch erne 
ZrkunttV" Gegen ihn polemisiert Dr. Julius Kopsch 
in der ..Allgemeinen Musikzeilung", Berlin, mit dem 
«r Bejahung gewendeten Artikel: f"^™™ 
Deutsche Musik-Verein hat noch erne Zukimft. beide 
Anlsatzc acheincn mir in gewisser Weisc bezeichnend 
m sein fiir verbreitetc Hauplstrumungen mncrhalb deb 
VWeines selber wic auch innerhaih der Musikwelt 
im Allgemeinen. Aus diescm Grande werde ich gc-. 
legentlicl. auf sie Bezug nehmen. wenn ich hier im 
l.-olgendeu muine Meinuug tiber die Zukimft des All- 
gemeinen Deutschen Musik-Vereins znm Ausdruck 

bnn So fern ich Kopsch's Oe'lank^gangen hmerlich 
stehe, ist ihr bejahendes Ergebnis doch das , rechte, 
wanrend ich umgekelirt der Anschauungsweise Marsop s 
im Ganzen mien verwandter fiihle, ohne zu den gleichen 
Folgerungeu zu gelangen. Mir ist es nicht verstand- 
Hch daB man im Besitze vom Marsop* zukunfts- 
freudiger kiinstlerischer Einstellung seiu. uad itoeh 
yu einem'skeolischen od?r geradeiu negative.! Stand- 
L nMti komme,, kann. Unsere Zeit ist fiir die Minst 
BtiUstisch wie in ihrem Verhaltnis mm innerenMenschui 
von schwemiege.ider. ja vielfach grimdender be- 
guiling: g^ade jeirt kann sich der Allgememe 



Deuff (hen Mufikvereins 

z Tiejfen 

Deutsche MuRikverein nach langer Zeit wieder einmal 
vor ebenso reichen MdgUchkeiten sehen wie zur Zeit 
seiner Griindung. # 

Der AUgemeine Deutsche Musik-Verein feiert jetzt 
(Weimar, Juni 1920) in seinem flinfzigsten Tonktlnst- 
lerfeste ein Jubilaum als musikalische Kulturmacht, 
die er nun bereits liber ein halbes jahrhundert gewesen 
ist und auch weiterhin sein kann und muB. Als geistiges 
Vermachtnis seines Begriinders Franz Liszt fand er 
naturgemilli seine kiinstlerischen Richtiinien im GroBen 
und Ganzen bisher praktisch hierin: gegenilber der 
akademischen Musikpflege der Epigonen Mendelsohn's 
und Brahms' jene andere, damals levolutionare und 
schOpferisch entwicklungsreichste Kunst der Berlioz, 
Liszt, Wagner, StrauB zu P«egen und die ihr ge- 
buhrende Stctlung zu betonen mit den ihr zu Gebote 
stehenden Mitteln kiinstlerischer Propaganda. Wenn- 
gleich auch bedeutende andersartige Werke nicht nm- 
gangen wufden, ja selbst anders geartete Ffihrer die Ver- 
einspolitik zeitweise. uroorlentieren konnten, bleibt die 
Grundtenden? doch unbezweifelbar, die Gewmtlime 
die Seiche. Diese fiir unsere Augen bereits histonscbe 
Mission hat der AUgemeine Deutsche Musik-Verein 
restlos eriflllt: fiir die musikalische Entwickluog im 
neudeutsehen" Sinne braucht heute nichts melir ge- 
tan zu werden. sie hat ihnn Siegeszng voltendet, sie 
ist der heutigen Generation bereits taglich Brot,. nicht 
mehr ^ Neues, erst noch recht zu Erfassendes, zu 
^orsterndes,Zukunitstrachtigeswlevorfilnfzig Oder auch 

i93 



iioch vor fUnfzehn Jahren. (Hier steht es so. wie Marsop 
sagt, tier die I.efstungen des Vereins im neudeutschen 
Sinnc fur abgeschlosscn crklart, da mit StrauB' Electra 
der Gipfel dieser Entwlcklung erreicht sei.) Die ktinst- 
lerischen Nachfahren eines bereits historisch ge- 
wordenen Stiles bediirfen nicht jener nachdrilcklichen 
Propaganda, wie sie von Liszt gerade um derPfad- 
Finder willen ins Leben gerufen ist und wie sie ge- 
rade der Allgemeine Deutsche Musik-Verein mit 
seincni geistigen Gewicht auszuiiben vermag. 

Darum ist nun aber ganz und gar nicht etwa die 
Lebencbahn des Allgemcinen Deutschen Musik-Vereins 
selbst an ihrem Ende angelangt, wie Marsop meint. 
Ein „Ende" kann es fur einen „AlIgemeinen Deutschen 
Musik-Verein" iiberhaupt nicht geben, wenn man 
seine Idee und deren praktische Auswirkungen in der 
Weise auffaBt, die seiner und seines Griinders einzig 
wiirdig ist! Das Ende seiner bisherigen zentralen 
aktiven Bedeutsamkeit als Kulturtrager rniiBte er na- 
turlich fiinden, wenn er in neudeutscher Richtungs- 
observanz beharren und sein weiteres Dasein in einer 
passiven Riickschau auf seine Erinnerungen verbringen 
wollte. Das wird zu verhiiten suchen, wer ihm und 
der Tonkunst dient. 

Polemiken sind eine sonderbare Einrichtung. 
Sie veranlassen die Kontrahenten gar z.u gem, mit 
ih.ren Argumenten in zufallige Worte einzuhaken und 
nur gegen Vokabeln zu Felde zu Ziehen, ohne den 
Kern des gemeintci; Sachgehaltes zu treffen. So will 
Kopsch Marsop ad absurdum fiihren, indem er ihm 
diesebeiden miteinander urvertraglichen Behauptungen 
nachzuweisen sucht: der Musikverein habe seine Auf- 
gabe „erftillt" — und „nicht erfullt". Scbwarz sei 
nicht weiB, entgegnet Kopsch. Marsops Behauptungen 
sind tatsachlich aber sehr miteinander vereinbar und 
heben sich nicht gegenseitig auf, denn jede hat eine 
sclbstjindige Bedeutung und gebraucht das Won 
„erfullt" in einem andern Lichte. Das eine Mai ist 
gemeint: „der Verein darf sein Wirken im spezifisch 
neudeutschen Sinne getrost einstellen" — im anderen 
Falle: „der Verein hat nicht in alien Punkten so viel 
getan, als er hatte kunnen". Diesen jedesmat ver- 
schiedenen Sinn des Wortes „erfullt" ubersieht Kopsch. 
Auch in dera anderen Hauptpunkte seiner Polemik 
gegen Marsop heftet sich Dr. Kopsch an die Vokabel 
und kampft gegen die Bedeutung, die er, nicht Marsop 
ihr unterlegt! „Nuuland suchen" ist das Wort Marsops 
clem Kopsch entgegenhalt: 

„Der Kunstler sucht nicht- Ist das Neue in ihm 
nicht vorhandeii, so tut er tausendmal besser, das 
Herkommliche auf svme Art zu sagen oder auch 
das von ihm zu Sagende in die herkOmmli-zhe 
l-urm zugieBen, als nach „Neuem" zu „suehen". 
Heitte aoer wird die Falschung unternommen, das 
nur „NeugesucMe M fur „neu" auszugeben. Der 
Begriff des Neucn ist in der phimpesten Weise 
mechanisiert worden. An d-en fiinf Fingern kann 
man sich's abzahlen, was als neu gel ten soil und 
was ohne Prnduktivitat in Massen fui neu 'ier- 
gestellt warden kann. Nur der ketnem Wollen 



2ugangliche Ausdruck gebiert Neues und neue 
Ausdrucksmittel ent3tehen nur dort, wo ein neues 
Ansdrucksbedurf nis vorhanden ist. Jawahrhaftig, 
die -durch die Revolution machtig gefdrderte ma- 
terialistische Anschauungsweise hat die Korruption 
nicht nur unter die Politiker, sondern auch unier 
die Musiker gebracht." 

„Suchen" ohne Ausdrucksbediirfnis, mechanische 
Neueruugsbegriffe, Materialismus und Korruption — 
daB jemand solche Eindrucke aus den musikalischen 
Regungen unsererTage herausholt, ware kaun- zu er- 
klaren, wenn nr'n nicht wuBte, daB Unvertrautheit, 
daB Mangel geistiger Fiihlung auch bona tide Tat- 
sachenumkehrung im Urteilen Liber Personen und 
Ideen uach sich ziehen kann. Und kein ernsthafter 
Kunstler wird das Wort „Neuland suchen" in jener 
hochs^ipteri'schcn Bedeutung gebrauchen, die 
aus Marsops Ausfiihrungen Kopsch herauszulesen 
glaubt- Nur eins kann gemeint sein- das spezifisch 
schupferische Suchen und Hineinhorchen in das, was 
in uns werden und wachsen will, r:icht im Gegensatz 
zLim „inneren Zwange", sondern diesen gerade aufs 
Reinste und Eindringlichste verkorpermi; das Heraus- 
kristallisieren dessen, was unser eigenstes und not- 
wendigsfes Ausdrucksbediirftiis ist und was mis ersi 
gelingt, wenn wir auf die gedeckten Tafeln des Her- 
kommlichen, Ererbien, An.^eei^neten, uns techniseh 
allzubequem in der Hand liegenden zu verzichten gc- 
ienit habeu. Gerade in dem Worte , suchen" offenbart 
sich die schupferische Demut, die der Schaffendc 
gegenuber der unendlichen Feme der Ziele empfindet 
und ohne die es kein wahres (d. h. inneres) schop- 
ferisches Aufwartssteigerr — und auch keinen echten 
schopferisclier. Stolz geben kann; denn der ist nur als 
Gegenstuck dieser Demut muglich. Wer nicht weiB, 
welcheheih'ge^nbrunst, welche innere GroBe insolchem 
demiitigen sehopferischen ..Snellen" liegt, der lese 
z. B. Arnold Schunbergs „Harmonielehre"; von ihrem 
ersten Worte an: „Dieses Buch habe ieh von meinen 
Schulern gelernt", in welchem bereits die ganze 
Gelstesart aufblitzt, — bis zu dem SchluBworte: „Wer 
wagt, hier Theorie zu ."ordern!", worin sich das strikte 
Gegenteil von jeglichem , F Mech;misieren" kundgibt. 
Die Kunst steht heute in einer Zeit nicht des 
Materialismus, sondern eminenfer idealistischer Hoch- 
spannung. Es ist in alien KunstLn nahezu das Gleiche. 
Nicht Artistentum, "Menschentum wird neu geboreu. 
Geistigkeit, Innerlichkeit, Weseniliclikeit. das sind die 
Forderungen, die heute bewuBter und lauter denn je 
an sich stellt, wer der Zukunft dient. Die auffallige 
Obereinstimmung bei der jungen Generation in alien 
Kiinsten, die Tatsache, daB in zahlreichen Kdpfen 
ahnlichgestimmte stilistischewiegcistig — menschliche 
.Bediirfnisse aufgelebt sind, sind die sichtbaren An- 
zeichen des historischen Wendepunktes, an dem wir 
steheji. Die he-ttige piusikalische Stilwandlung ist 
cine Tatsehe, di>f weder geleugnet noch aufgehalten 
nocli nerabgesetzt werden kann. In den ersten Nummern 
dieser Zeitschrift, zumal in Nr. 5, habe ich daruber 
einiges ausgefiihrt, so weit das iiberhaupt in Worten 



194 



mmamm 



moglich ist. Wenn man Ober Kunst^Worte gemacht 
hat, behait man jenes GefUhl zuriick, das sich etwa 
ausspricht in den Versen des Christian Morgenstern: 

VVorte sind wie Rettungsringe, 

die dem Leben dienen: 

auf den tiefen Grund der Dinge 

kommst du schwer mit ihnen. 
Alarsop meint, die Komponisten brauchten heutzutage 
den Allgemeinen Deutschen Musikverein nicht mehr, 
da ihre Werke uberall mit offenen Armen aufgenommen 
wiirden. AMzurosiger TrugschluB! Vereinzelt sind 
immer noch die Statten, wo man Neuem entgegen- 
kommt. Geld- and Frequenz-Frage! Die Kosten f tir 
Orchesterkonzerte werden im niichsten Winter phan- 
tastiseh werden. Man spricht iiberdies davon, daB 
Verkleinerung der Orchester aus wirtschaftlichen 
Griinden erforderlich werdc. Dann kann das „Fest- 
orchcster" immer wieder eine bcsondere Kraft fiir 
besondcre Aufgaben bleiben iind nicht Qberfltissig 
werden. 

Die Aufgaben des Allgemeinen Deutschen Musik- 
Vereins sind klar vorgezeich.net. Fiir ihn gibt cs nur 
em Kntweder. Unser Weimarer Fcstprogranim zeigt, 
dali cr sich seiner Aufgaben volt bewulit ist. Nur 



mit wertvollen Werkcn neuer Art lassen sich vier 
Konzertprogramme nicht ftttlen, cs sei denn, daB man 
auf ErstauffQhrungen verzichtete. Zadem ist die Be- 
trachtung des Stilgegensatzes dem Besucher und damit 
auch dem Werke von-Nutzen. Jedem an Programm- 
Norgeiitis Erkrankten empfehle ich die Pferdekur, 
selbst an derDurchsicht der Werke und der Programm- 
festsetzung mitzuarbeiten. Alanclser Wunsch muBte 
freilich noch zuriickgestellt werdci, weil noch ketne 
Linksmehrheit entscheidet. 

Sache der Vereinsmitglieder ist es, zu cei- 
gen, daB ein jeder sich seiner Aufgabe undseiner 
Vcrantwortung fiir das Bestehen und die Geltung des 
A. D- M.-V. bewuSt ist! Im MusikaasschuB 
muB infolge des Todes Jean Louis Ntcode's ein Platz 
neubesetzt werden. Bei dieser Ersatzwahl kommt 
cs dringend darauf an, eine zur jungen Ge- 
neration, zur werdenden, wachsenden, keim- 
kraftigen Kunst gehorige Kraft zu gewianen- 
Jede St£rkung\ des Fortschrittsgedanken 
innerhalb des Gesamtvorstandes bedeutetdie 
sicherste Starkung fiir die Lebenskraft und 
Kul turbedeutung des Allgemeinen Deutschen 
Musik-Ve reins! 



Wichfige neue Mufikalien, Biidier und Auffafze 

iiber Mufik, 

ml+geteilt von 
Professor Dr. Williclm AU-i.'nn, Berlin-Fricdcnau, Sponholzstr. 53-51. 

Diesc.Znsammenstellung, die moglichst in jedem Heft dicscr Zcitschrift erfoigen wird, will auch noch un- 
gedruckte gruBere Werke, vor allem Sympliuni-,n. symplionisclie Dichtungen, Konzerte, Kammcrmusikwerke, Opern, 
Chorwerke mit Orch ester eiribe/.iclieii, urn namenttich Dirigenten danuif aufmcrksam zu machen. Dtejenigcn Tonsetzer, 
die derartkjc Werke (jedoch nicht etwa Klavicrstiickc, I.icder, Maiitierchurc) fertig haben, werden gcbeten, mich davon 
in Kemitnis zu acuen, doch bei i alt e icli mir die [putsch cidtmg iiber die Aufn?hme vor. Dicsc kann auch bei gedruckten 
Werkcn weder durch ein Inserat nodi dnrch Einsendimg der bctrcffcndcn Musikstuckc oder Btichcr erzwungen we'den. 
Rncksendunt,' etwaiger liinsendnngcn wird grmidsatzlicli abgcleimt. 

Die Hiiizuiiigiiiig des Vurlags wird Hestcllmigcn crleichtern. Zu den angcgcbcncn Prcisen kommt immer 
noch der sogen. Teucrmigsauisctilag seilcns des Vcrlcgers und audi des Sortim enters hinzu; cr schwankt bckanntlich 
meist abcr bctnigt cr 100% + 10%. 

II. Gefangsrnufik 

Falk, Richard* [B.-Wilmersdorf]: Der dritte Psalm f. 
Mannerchor, Tenorsolo, Soloviol., Tromp., Horner, 
Posaunea, Pauken u. Orgel noch ungedruckt 

— Was ihr wollt (Opcr nach Shakespeare) noch un- 
gedruckt 

III. Biidier 
und Zeiffchriffen-Auffafje 

(alphabctisch sowohl nach Stichworten wie nach den 
Verfasseni geordnct. Bei Zcitschriften-Aufsatzen ist 
immer mit Nr die des laufenden Jahrgangs gemcint). 
Adter, Guido — s. Mahler 
Analyse — s. Textkritik 



L Inffrumenfalmufik 

a) Ordiejfer 

Falk, Richard [B.-Wilmersdorf]: Ouverture im ro- 

mantischen Stile noch ungedruckt 
Sponnhof, Otto[Dr^oyBig]:op.6Sommernacht. Symphon. 

Dichtung nach einem Gedicht „Donner" von R. M. 

von Stern; op. 8 Bocklin (Villa am Meer) dsgl. noch 

ungedruckt 

b) Kammermufik 

Spannhof, Otto [DroyBig]: op. 5 Streichquartett (A) 
noch ungedruckt 



195 



Artnenisch. Die Anlftlhrung der armenischen Natio'nal- 

messe in Wien. Vort Robert Laclr — in: Musik. 

Kurier IS 
Bach, Joh. Seb.r Die Anfuhrung von Kirchenmelodien 

in den Mittelteilen der Bachschen Kantaten. Von 

Hugo Goldschmidt — in: Ztschr. f. Musikwiss. 7 
Beethoven. Ungedruckte Briefe. Mitgeteilt v. Georg 

Kinsky — in: Ztschr. f. Musikwiss. 7 
Bottenbeim, S. — s. Holland 
Brahms,Johannes,inHoIland. PersOniichcErinnerungen 

von Julius Rtintgen — in: Neue Musik-Ztg 15 
BrunelH, Antonio. Eine Sing- und Spielsuite von A. B. 

Besprochen von Paul Nettl --- in: Ztschr. f. Musik- 

wissenschaft 7 
Cadenza. Non si fauna cadenza. Von Ludwig Misch — 

in:Allgem. Musikztg 20 • 
Carriere, P. — s. Theorie 
Charpentier, Gustave. Par Louis -Vuillemin —in: 

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deutscher Musiker des *6. Jahrh'underts Von Max 

Seiffert — in: Archiv f. Musikwiss. 2 
Cronheim, Paul — s. Mengelberg, Willem 
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Von Ferd. Pujrnan — in: Musik.'Kurier 19 
Goldschmidt, Hugo — s. Bach 
Gutheil-Schoder, Marifc — s. Mahler 
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Hollands Musikleben im 19. jahrhundert. Von S. 

Bottenheim — in: Neue Musik-Ztg 15 
Holla'ndische Komponisten. Von C. Rudolf Mengel- 

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Hornborstel, Erich M. v. — s. Siam 
Janetschek, Edwin — s. Konzertsaaluna rten 
Kauder, Hugo — s. Mahier ■ 
Keller, Otto - s. Weltkrieg 
Kinsky, Georg — s. Beethoven 
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Knab, Armin, ein deutscher Liederkomponist v. Oskar 

Lang — in: Musikztg 18 
Koczirz, Adolf — s. Sachsen 
Konzertsaalunarteo. Von Edwin Janetschek — in: 

Zeitschr. f. Mus. 9 
Lach, Robert -- s. Armenisch 
Lang, Oskar - s. Knab 
Lissauer, Fritz — s. Mahler 

Mahler, Gustav- Aufs&tze tiber ihn von Guido Adler, 
0. Neitzel, Hugo Kauder usw. — in: Musikblatter 
des Anbruch 7/8 



Mahler, Gustav. Von James Simon — in: Signale 

f- d. musikalische Welt Nr 17 
Mahler, Gustav. In Memoriam G. Mahlers. Von 

Marie Gutheil-Schoder — in: Musik. Kurier 19 

— an Willem Mengelberg. Ein Blatt zeitgenossischer 
Musikgeschichte von C. Rudolf Mengelberg — in: 
Neue Musik-Ztg 15 

— s Kindertotenlieder. J Von Fritz Lissauer - in: 
Deutsche Tonkunstler-Ztg 362 

Melio, Alfred — s Suppe 

Mengelberg, C. Rudolf - s. Holland; Mahler 

Mengeiberg, Willem. Von Paul Cronheim — in: 

Neue Musik-Ztg 15 
Misch, Ludwig — s. Cadenza 
Musikgeschichte u. veigleichende Musikwissenschaft ■ 

s. vergleichende M. 
Neitzel, Otto — s. Mahler 
Ntttl, Paul — s. Brun-elli 
Neue Bahnen der Tonkunst Von H. R. Fleiseh- 

maun — in: Zeitschr f. Mus 9 
Noack, Elisab. — s. Deutsche Suite 
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Rener, Adam. Die Magnificat-Kompositionen R.s. Von 

Th. W. Werner — in: Archiv f. Musikwiss. 2 
Rietsch, Heinr. — s. Entlehnungen 
Rontgen, Julius — s. Brahms 
Sachsen. Das Kollegium der sachsischen Stadt- und 

Kirchenmusikanten von 1653. Von Adolf Koczirz — 

in: Archiv f. Musikwiss. 2 
Schunemann, Georg — s. Vergleichende Musik- 
wissenschaft 
Seiffert, Max — s. Conradus 
Siam, Formanalysen an siamesischen Orchesterstiicken. 

Von Erich M- v. Hornbostel — in: Archiv fur 

Musikwiss. 2 
Simon, James — s. Mahler 
Suite — s. deutsche Suite 
Suppe, Franz v. Von Alfred Mello — in: Zeitschrift 

f. Musik 2. Aprilheft 
Tcxtkritik. Ober T-, Analyse und 'Bearbeitung von 

Musikwerken. Von Hermann Wetzel — in: Zeit- 
schrift f. Musikwiss. 7 
Theorie und schaffende Kunst. Von P. Carriere — 

in: Deutsche Tonkunstler-Ztg Nr 352 
Valuta-Musiklehrer, Der. Von Paul Ertel — in: 

Signale f. d. musik, Welt Nr 18 
Vergleichende Musikwissenschaft. Ober die Be- 

ziehungen der v. M. zur Musikgeschichte. Von 

Georg Schunemann — in: Archiv f. Musikwiss. 2 
Vuillemin, Louis — s Charpentier 
Weltkrieg. Musikalische Gewinn- und Verlust-Ab- 

rechnung des Weltkrieges. Von Otto Keller — in: 

Schweizer. musikpadag. Blatter 9 
Werner, Th. W. — s. Rener 
Wetzel, Hermann — s. Textkritik 



196 



Tiilliilii 



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E :aterinr£Wasiliewna Koposow-Derschanowski gewidmet. 

1. HecKop6HOMy YnviTejiio. 



UpOCTO, UCRpeHHO. 



H. MflCKOBCKlI. 



Ca nto. 



I _ h . cycb, BTaO_fle>K - at 6t _ noft, npo 



Piano. 



I _ h . cycb, BTaO_fle>K - at 6t _ noft, 
Semplice e tranquillo. 



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CMt _ flblfl, H Tfl _ >KeCTb OT_ fla - 10. 



A'ott'nlK-ilatJo zu „MuIos" S. Hofl Juiil 1OJ0. 



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Dem verKliiriien Lehrer 

Jesus iin^weifJeii Gcwandc Jl-sus, der Kinder llolfnuiij*! 

VurzL'ihc meiiicr Schwcrnuit! Verzeitu- mcineni Leiden, 

Dir hrinj^L* ich neinen furchtsrnyien Geist Dunkel ist mcin K!cid, 

Uiid all mcin Leid. Dich aber liebe ich. 




am 1, mid 1G. judon Mon.itts. 5iu bt-niohon dureh din I'ostanstAlton, IJucli- \i. Musikalionhandlungon, sowio iJirukt vom Vnrl.-it:- 
: liorriii-WeiConsHt.., liei-Uner Alice 71, ir,.rnruf: (\YV. L'C). - V lir ]a K : Berlin- WuiUunseo, Bortinur AJlso 71, i-Vrnruf: tt's. I'i!. 
EinziJliL'l'tes Alk. -.-10, im Viisrtelj.-Abonri. Mk, 1--— , hoi Kreuzlia»<lb<iv:u<j vidrtoljtilirlicb Mk. 1"!. — . — Nnchdruck vor!>elialle». 



Nr. 9 



Berlin, den j6. Juni 1920 



I. Jahrgang 



ill 



ft p 



INHALT 

HERMANN SCHERCHEN .... Das Tonalifafeprinzip und die Alpen-Symphonie 

von R. Sfrauj3. 

ROBERT M13ILER-HARTMANN . . Zum Sfilproblem der neuen Mufik 

EDUARD ERDMANN Von Sdionberg und [einen Liedern 

OSCAR BIE Opereffe 

Dr. OSKAR GUTTMANN Von der Mufikkritife 

Prof. Dr. WILHELM ALTMANN . . Bedeufende Neuerjdieinungen u. Manufkripfe 

BEILAGE: A. T. Wegner „Deine Haare find braun" Bruno Weigl 



,MELOS' 



in einer Lufcusausgabe 

erfcheinf monaflidt eirunal im Kunffverlag 

FriftGuriitfc Berlin W 35 



1 



jmti,***iua*wt** 



DasTonalifafsprinzip and die Alptfi-Symphortie 
von R. SfraujS 

Von Hermann Scherchen. 

: fchopferifchen 
Unfere Epodie iff die der tfberreife des Tonalifafsprinzipes: du e - ne ^q{^ q 
Fakforen, welche durch deffen Formulierung zur Wirkung gelangfen, habe £ . hervor- 
bewundernswerfer fchemafifcher Moglidikeifen ergeben und derartige R e T u ^f anz j n ne- 
gerufen, daj5 wir nur [diwer diefem Kunftprinzip gegeniiber die richfige Di,-. ^ _ 
ha If en, um gerechf einzufchafzen, was — die Kunff hem mend wie vorwarfsfui-^ na fa 
daraus erwadifen iff. Zunadiff miiffen wir uns ins Gedachfnis rufen, da|5 er h. runfl 
Annahme der gleichfchwebenden Temperafur und der anfdiliependen Zenfralifh nu c e 
des Tonfyffems jener einzigarfige Enfwicklungsgang begann. den die Mufik im L,. ^ 
von kaum 250 Jahren.zuriickgelegf hat AUein in der Malkunff finden wir efwas enffe.^ 
Ahnliches: wie das Tonalifafsprinzip erff dem Harmonifdien die zufammenfaffende Kra 
verlieh, alle Erfcheinungen auj' einige Ausgangspunkfe zu beziehen, kaui mif der „Tiefe" 
jene Kraft in das Bild, weldie nach Beherr'i'chen der Perfpekfive die Malkunff befahigfe, 
den ganzen Reichfum der gefchaufen Erfdieinungen zu umfaffen. So da£ Beherrfchen 
der Perfpekfive wie Formulierung des Tonalifafsprinzips zu j'enen Wendepunkfen wurden, 
von densn aus die beiden eigenflich modernen Kiinffe ihre reidie Enfwicklung awfnahmen. 
Anders verhalf es fich mif Dichf kunff, Ardiifekfur und Piaffik: fur die)'e drei Kiinffe hat 
das klaffildie Alferfum felbft die Schemefa enfwid?elf und den Kiinfflern voiles Geffalten 
ermoglichf; hier i)'f alles Spafere nur Variieren des von den Griechen Eroffnefen, ohne 
Neufchopfen aus ungenu^f gebliebenen inneren Kraffen des Materials heraus. 

Vielleidif haf nun gerade diefe afemlos fchnelle Enfwicklung der neueren Musik 
mif dazu beigefragen, cfa£ uns Erben Beefhovens off das Gefiihl eines Sfagnierens 
uberfallf gegeniiber den Schemata, die den Werken der klaffifdien Mei^er zu Grunde 
liegen. Als wenn wir nur fchwer den liJbergang finden von der in ihnen gipfeinden 
Vorwarfsbewegung zu dem Ausladen in die Breiie, das nach Auspragung des Sym- 
phonic- und Liedj'diemas ufw. einfraf und del'fen vornehmfiesRefuIfaf em immer lebens- 
volleres Durchbilden der eroffnefen Sdiemafa haffe Jein miiffen. 

Sfaff deffen Iprechen wir davon, daJ5 das crganifdie Leben der Symphonie mif 
Beefhoven feine Hohe erreidif habe, daj5 nach diefem Meiffer Erjfarren auf jede 
lebensvolle Kraft ubergeh^, die fich von neuem mif dsm Symphoniefdiema auseinander- 
fe£e, Jo daj5 Beefhovens Taf off nur als Kronen und zugleich AbfchliejSen erfdieinf, nichf 
aber audi ale Eroffnen zu wechfelreicher Befafigung fchopferifcher Kraffe. 

Welchen Ausweg haf nun die Dichfkunff gefunden. in der Jeif zwei Jahrtaufenden 
die Grundmoglidikeifen kunfflerifdier Auj5erungen fixierf find? Ihre Fixirungen sind 
immer als ein elemenfar Gefe£maJ5iges erfchienen und ein Problem — analog dem 
Vorgange in der MuJ'ik — iff hier me gereiff. Dies folgf mif voller Klarheif aus der 
Nafur der Dinge, da in Didifung, Piaffik und Ardiifekfur alle Moglichkeifen erfdiopff 
wurden, die das Material diefer Kiinffe in fidi birgf. So konnfe Sadie des Dichfers 
nur fein, diefelben Au^erungsmoglidikeifen neu zu beleben, weldter Proze^ denn audi 
In den verfchiedenen Ridifungsnamen jfeinen Ausdruck fand. Wir kennen ein klaffifches, 
fhakespearifdies, nafuraliffifches, Jymbolifdies Drama; niemand aber iff je auf die Idee 
gekommen, eine vollig neue Form zu fordern, da zu offenfichflidi iff, daj5 das Material 
der Didifung a:l feine Grundmoglidikeifen erfchloffen haf. 

Das frifff aber nidif fur die Mufik zu: eben derfelbe Vorgang, cler die Tonalifaf 
moglidi werden lie^ und der als Vorausfe^ung des ungeheuren Enfwiffiiangslaufes der 

198 



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Mufik nichf wegzudenken iff, bedeufef zu gleicher Zeit ein Umgejfalten ihres Materials* 
ein Gruppieren, das von der Nafur gegebene Eigenfchaffen des Tonreiches ableugnef. 
Diefe Operation, die wir unfer dem Narnen Temperierung verftehen, gab uns alle 
fchemafifchen Moglichkeiten der fonalen Mufik an die Hand, wahrend wir andererfeifs 
durch eben diefe Befchrankung einen Teil der den Tonen innewohnenden Kraffe un- 
genu£t lieJ5en. Hier liegt der eigenfliche Grund zu jener fiefen Spalfung, die unfer 
Mufikleben durchziehf: der Spalfung in Kunffler, die feff auf dem Boden der Tonalifaf 
ffehen und innerhab derfelben nach reicher Erweiferung Jfreben, und in folche, fur die 
jenes Gruppieren des Tonmaferials zu fehr den Forderimgen widerfprichf, die in ihnen 
nach Ausdruck verlangen, und denen Aufgeben der Tonalifaf als einziger Ausweg bleibf. 

Lenken wir den Blick auf das Tohalifatsprinzip, um feine ganze Bedeufung zu 
erfaffen: an ihm — deffen Formulierung und enffcheidendes Auftrefen hifforifch Jichfbar 
find - konnen wir die Lofung eines Grundproblems des Menfchengeiffes verfclgen. 
Es handelf fidi um folgendes: wie iff es moglich, die VJberfulie der Erfcheinungen, die 
das Leben in fich birgf, zu bewalfigen und Gefe^ma^igkeif und uns zugangUche Ordnung 
darin zu finden! Nehmen wir zur Veranfchaulichung den Vorgang, den nodi iede 
Weltanschauung wiederholf hat. Wahrend die unfaj3bare Fiille der Lebensformen wie 
unenfwirrbar vor uns liegt und, was wir eben gut nennen wollten, im nachffen Augen- 
bhck als fchlecht erfcheinf, verlangt unfer Geift fefte Grundlagen, die ihm ermdglichten, 
klar zu werfen. Wir folgen einem inneren Triebe, ohne deffen Befriedigung menfchliches 
Leben undenkbar isf, wenn wir uns in einer Welfanfchauung fcharf begrenzen und wie 
in einem Ausfchnitf auf das Leben fehen, daj3 eben nur die Gefefjmap'igkeif unferes 
Geiffes fich an alien Lebenserfchemun jen beftafigf. Dabei vergeffen wir dann ganz, dap 
„unfere" Wahrheif, die Notwendigkeit , f unferer" Begriffsbeffimmungen ihren Wert nur 
innerhalb der frei angenommenen Befchrankung hat, da£ daneben in einem anderen 
Menl'chen vollig entgegengefe^te Wirkungen ihren ebenfo notwendigen Ausdruck finden 
konnen- Alfo: um die iJberfiille des Lebens zu bewaltigen, um leben zu konnen, ift 
v ermenfchlichung notwendig, Anpajfung der Erfcheinungen an unferen Geift. Nur fo 
kann feine Gefe^mapigkeif fich in ihnen finden, nur fo das Leben „verftandlich" fein. 

Jahrhunderfe hindurch blieb die Mufik ein hilflofes Sfammeln, ein erfolglofes 
Suchen nach innerer Gefe^mapigkeif. Die naturlichen Erfcheinungen des Tonreiches wurden 
als folche hingenommen, ohne dap man auper der auPerlichen Syffematifierung in den 
Kirchenfonarten eine Gefe^mapigkeif des Materials fand. Im GegenfeU: es wurde immer 
klarer, dap gerade der Reichtum diefes Materials in feinen Erfcheinungen forfwahrend 
Widerfpriiche hervorrief. Man kam zu keinen fchematifchen Formulierungen und folgte 
lange Zeif blind den Sdiemafa der Sprache. Die Abhangigkeit ging fo weif, daP z. B. 
in der Neumenmufik der Rhyfhmus in abfoluter Abhangigkeit vom Worfe blieb und 
diefelbe jeder mefrifchen Zeichen enfbehrfe. Als nach jahrhunderfelanger Praxis und 
immer fcharferem Eindringen in das Wefen der Tone das Hemmende diefes Zuftandes 
unertraglich wurde (inzwifchen war das architekfonifche Elemenfarmiftel der Mufik, die 
Imitation, in Kontrapunkf und Kanon faff bis zum Selbffzweck erhoben worden), gelang 
endlich jener Prozep, zu dem die bedeufendften Kopfe immer hingedrangt haften: 
Werkmeifter f f elite feine „Temperierfe Sfimmung". auf, indem er zwolf mogliche Grund- 
tone fcfffe^fe, deren Statuierung eben ^Temperierung" der natiirlichen Klangverhaltniffe 
bedeutete, und ermoglichte fo Rameaus geniale Formulierung, dap alle Zufammenklange 
der Mufik auf zwei Grundfypen, den Dur- und Mollakkord, zuriickzufiihren feien. Damit 
waren mif einem Male rein mufikalifche Schemata moglich geworden, alle geftaltenden 
Momenfe in die Mufik felbft verlegt und die innerlichen Schwerpunkfe gegeben, die die 
weiteren Gebilde^nur^als abweichende Formen^erfcheinenjJiePen, 



iff 



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199 



Je&f haffe die Mujik ihre eigenflirhen Kraffe enfdechf, jefsf ioffe lie fidr vom Worfe: 
ihre Schemata lagen v or ihr, und ihren Gefe^en konnfe fie folgen. Oas war aber nur 
durdi das Tonalifafsprinzip moglich geworden, das Jelbff wiederum auf der I'emperierung 
beruhfe; fo muj3fe die Hochbliife des Tonalifafsprinzips zugleirh zur Krifis werden. 
Wahrend die fonale Mujik auf dem Harmonijchen fuj5f und ihre gro£e monophone 
Enfwickhmgsepoche — in der fie ihre Schemata ausbildefe — als horizonfale Darlegung 
der Harrnonieinfervalle zu verffehen iff (wir konnen verfolgen, wie der Sepfimenfchriff* 
die verminderfer Infervalle, die None ufw. Melodiebeffandfeile wurden, parallel mif dem 
SejShaffwerden der enffprechenden Akkorde im Harmonienels), fehen wir die modernen 
Kunffler mehr und mehr da ankniipfen, wo nach Badi ein Sfillffand eintraf, und der 
Begriff des Harmonifchen als Verfikalrefulfaf . gleichzeifig felbffandiger Sfimmen ver- 
Jfanden wurde. 

Mif diefem wieder in den Vordergrund "frefen des Konfrapunkfifehen wird von 
Neuem zu Problemen, was durch die Tonalifaf ausgefdialtef worden war.*) 

Denn fowie das Harmonifche aufhorf, Grundlage und Ausgangspunkf zu fein und 
zum Verfikalrefulfaf horizonfaler Sfimmbewegung wird, beginnen eine Unmenge feiner 
Differenzierungen, die durdi keine Enharmonik hinwegzufchmelzeh find. Jefjf ford erf 
die Logik der Einzelffimine Unferfcheidungen, die den Rahmen der Tonalifaf durchbrechen, 
und fo ffehen wir vor der neuen Frage: miiffen wir nidif mif der Tonalifaf alles aufgeben, 
was nur durdi fie moglich wurde? Mtiffen wir nichf in ein Chaos zuriickfallen ahnlidi 
dem durch fie iiberwundenen, und foil qualerifch erfolglofes Suchen ein zweifes Mai 
Epodien der Mujik kennzeichnen? 

Dazu kommf, ,da£ der aus innerer Nofwendigkeif mif den Befchrankungen des 
Tonalifafsprinzips konfraffierende Kunffler bald fur alle Zufammenklange Exiff^nzrechf 
fordern muj5, deren Logik ihm Erlebnis iff. Da£ durch diefe Erweiferung die Begriffe 
der Ton'alifafsdiffonanz und -konfonanz ihren einfchrankend ordnenden Sinn verlieren, 
und jo die unbegrenzfe Eiille der nafiirlichen Erjdheinungen von neuem vor den Mufiker 
friff und Bewalfigung verlangt 

Wir miiffen klar fehen, dap dies die Folge wird, wenn fich die Forderung immer 
elemenfarer einffellf, die Keffen der Tonalifaf abzuwerfen: das hie£e dann Aufgeben 
der Temperierung und aller Schemafa. die den Wunderbau der modernen Mufik er- 
moglichfen; denn wenn die zenfralifierende Kraff der Tonalifaf nichf mehr vorhanden iff 
kann felbff das wiederkehrende Analogon als elemenfarffes Baumifffel nichf mehr 
funkfionieren, und muj5 fein Leben wiederum nur in den von jeder Einfchrankung 
unabhangigen Imifationsformen friffen. 

Nafiirlich iff finnlos, hier vorausfehen zu wollen; wenden wir uns aber an die 
Kunffler und fehen wir, ob es ihnen gelungen iff, Auswege zu eroffnen. Allein. der 

*) Es ist cine albcrne Fabel, wenn behauptet wird, daE die Griechen Interval Isduitte von soldier Fcinheit 
vernommcn liHttcn, daB sie uns unzugSnglich scien. Abgcschen da von, daB wir bis heutc nicht wissen, wie die 
griediischcn '/* und '/ :t mtervalle tatsachlidi angcwandt wurden, intoniert oin jeder Sanger und Strcidiinstrumentalist 
Nuancierungen, wclche an Feinhcit den fcstcn Intervallbestirnmungen der Griechen nicht nachstehen. Nur daB diese 
Tatsachen scltcn in unser Bewufitscin dringai, da wir scit 250 Jahren eben nur m einer Richtung, im Rahmen des 
Tonal itttlsprinzips denken. 

Fin jeder musikalisdie Sanger tmterscheidet scharf fis in fis-a-c-es von ges in ges-a-c-es. (Hierbei ergibt 
s:ch ein neucs Problem, das seincn besonderen Bcigesdimack hat und aufhellend fQr manche schwer verstindliche 
Genorserscheinung werden kann.) Der von ihm koustituierte Unterschied zwischen den beiden Tonen ist das direktc 
Gegcnteil von ihrer naturlidien Vcrschiedenheit; wahrend er fis holier als ges annimmt, erfordern die mathematischen 
Vernal tnisz'ahlen das Umgekehrte. Welch er neuc Faktor ist liicr wirkend? 

Als Kuriosum ergibt sich, daB gerade das Tonalitatsprinzip, das nur durdi Ausschaltcn solch feiner Unterschiede 
moglich wird, unser G-hOr zu neuen Komplizienuigen fahrt. Eben weil seine wirkende Kraft im Harmonischen litgt, 
zieht letzteres Folgeerschcinungen nadi sich, die nur psychologisch im Zusammenhang mit ihm erkiarbar sind. Der 
oberen Note es gegenuber crsdieint fis — die Erhohung von / — fast immer als ehi engercs Ansditmcgcnwollen 
an das hohcre g, wiihrend ges — dem es gegeniiber — von g aus abwSrts nach dem tieferen / verlangt. Da die 
I.ogik der Harmoniever :niipfungen gewohnlich diese Stimmbewegungen hervorruft — fis-a-c-es als vertnirderter 
Septimennkkord, und ges-a-c-e$ als Sekundakkord auf der VII. Stufe usw. — , muB der ntcht von der Tcmperlu'ung . 
gckncditetc Streid i instrumental ist paturlidierweis'c zu soldi en Abweichungen gelangen. 



200 



Jchopferifche Inffinkf kann die zu gehenden Wege weijen, und der moderne Kiinffler 
ffehf feiner Aufgabe ja unendlich reich gegeniiber: ausgeriiffef mif hijforifchem Wiffen 
urn die durfchriffenen Epochen kann er zugleidi alle Erwerbungen nii&en, die im Laufe 
der Enfwidriung eroffnef wurden und ihrer vollen Erfchopfung nodi harren (dazu 
gehoren vornehmlich die Timbrefchaffierungen, die fiir die harmonifch-monophone Haupf- 
epodie der Mufik bedeufungslos blieben und erff feif Berlioz zu wichfigen Kompofifions- 
momenfen erhoben wurderO, 

Unfer diefem Gefichfspunkf wollen wir Richard Sfrauj3 w Alpen-Symphonie w befrachfen, 
und dabei in Kiirze beriihren, welche Wege zwei andere Komponiffen gegangen find, 
die zufammen mif Strang das moderne Deuffchland kennzeichnen: Max Reger und 
Arnold Schonberg. 

Hierbei friff foforf der Anfagonismus hervor, der zwifchen SfraufS und Sdionberg 
beffehf: wahrend Richard Sfrau|5 die Grenzen der Tonalifaf innehielf und immer infen- 
fivere Belebung des Gegebenen anffrebfe, ging Schonberg vom Material allein aus, zu 
deffen voller Schrankenlofigkeif er fich zuriickwandfe, indem er die Tonalifaf aufhob. 

Wi* miiffen Arnold Schonberg nadijagen, daj5 ihm eine der grojjfen Kunfffafen 
gelungen iff: da]3 diefer Kunffler nichf nur alle Folgen aus dem Abwerfen der Tonalifaf 
zog, fondern daJ5 er audi das der Mufik drohende Chaos iiberwand. Das konnfe er, 
weil [ein Kunfflerfum echf iff und nichfs als innere Nofwendigkeif ihn fiihrf, fo daj5 ' die 
Tone ihre Geheiinriiffe erfchloffen und ihm offenbarfen, wie Schemata ohne den Zauber- 
bann der. Tonalifaf moglich feien. 

Wir wollen dies kurz an zwei Werken verdeuflichen: an feiner „Kammer-Symphonie M 
und den „r*iinf Orchefferftucken". 

Die erffere ffehf harf an der Grenzfcheide: der Name des Werkes weiff auf den 
Weg, den Schonberg fiirderhin gehf. 

„Kammermufik" nennen wir jene infime Mufikgaffung, in der ein oder mehrere 
felbffandige Kiinffler ausfiihrend find. Alles erforderf Intimifaf: die Ausfuhrung wie der 
Raum, die Zuhorer und die Werke. Wahrend hier „Soliffen" nachfchaffen, Individuen 
das Innenleben iibergeben, ffehf dem die Symphoniemufik mif ihrer Maffenanwendung 
gegeniiber, in der die ausfiihrende Menge die Sfelle des Einzelnen einnimmf, (auch 
die einfach befe^f en Blafer funkfionieren meiff mif Verdopplung durch andere Inffrumenfe): 
in der Symphoniemufik will das Typifche in Erfcheinung frefen, gegeniiber der Be- 
Jchrankung auf zarf Perfonliches im Kammerffil. 

. Schonberg fchreibf nofgedrungen feine „Kammer-Symphonie" (fiir 15 Solo- 
inffrumenfel); fiir ihn iff das Harmonifche nichf mehr die allein ausfchlaggebende Kraft 
welche formfchaffend das Ganze fragf unci rber der das Melodifche relie?arfig hervor- 
friff, fondern eine Vielheif lebendiger Sfimmen erfiillf ihn und fiihrf in jedem Augen- 
blick neue Verfikalrefulfafe herbei. Sdionberg beachfef hier nodi die Grenzen der 
Tonalifaf und das Schema iff das der Symphonie; nur daj3 die iiblichen vier Teile innig 
in ein organifches Ganzes tferfchlungen find. Den Ausgangspunkf bilden Bedingungen, 
die fiir w Kammermufik" unerla^lidi find; doch gipfelf das Werk im Symphonieffil — 
d*e Soliffen verfchmelzen zur „Menge" f und wir miiffen uns der inneren Wahrheif 
diefes konfradicfio in adjecfo „Kammer-Symphonie w fugen. 

Dagegen zeigen die Orchefferffiicke die Vollendung des Prozefies, der zu der 
merkwiirdigen Konzepfion der „Kammer-Symphonie" gefuhrf haf. Die Einzelftimme iff 
das vorwiegend Elemenfare geworden, wahrend die Harmonie Fixieren der Zufammen- 
klange bedeufet Die alfen Schemata wirken kausi mehr, und das „MouV als kleinffes 
Melodieanalogon verfchwindef. In dem lefcfen der Mnf Sfiicke bldbf nichfs iibrig, was 
an fonale Mufik erinnern konnfe. Die reprifenarfigen Rudimenfe von Nr. 1 bis 4 fehlen, 
und an_Sfelle der auf dem Mofiv bafierenden Melodiebildung iff nur mehr eine gro£e 



20j 



IIS 



I 



Linie vorhanden, die beffandig weifer wachff. Hier iff die le£fe Konfequenz gezogen, 
die aus dem Aufgeben der Tonalifaf folgf. Was fe§f nun Sd^onberg an Sfelle des alien 
Schema, wenn nichf dies Stuck ein willkurliches Aneinanderreihen verfchieden rhythmifierfer 
Melismen bedeufen foil? 

In der fonalen Mufik Iaj3f das Analogon aus dem Sdiema die Form hervorwachfen. 
Seine Wiederkehr ermoglichf, daj5 Gewichfsverhaltniffe enfffehen, die fich abwagen und 
harmonifch ausgleichen. Diefer Vorgang viele Male im Groj3eren wiederholf, gibf endlidi 
das abgefchloffene Werk. Wir fprechen nur dann von einer Form, wenn uns die Symmetrie 
der Gewichfsfeile zuganglich iff. Dazu verhilff das Analogon in feiner kleinften wie 
erweiferfffen Erjcheinung. — Im fiinffen der Orchefferjfucke friff nun an Stelle der me- 
lodifchen 13bereinffimmung ein dynamifches Moment: was friiher im Analogon Ausdruck 
fand, wirkf als Sfeigen und Senken der Linie; der Linie und damif aller Ausdrucks- 
momente, indem je^f Anwachfen und Erfchlaffen der Gefamfinfenfifaf zu beffimmfen 
Gewichfsverhalfniffen werden. 

' Daj3 eine Jolche Mufik eine andere Ausfiihrung verlangf, als die im Tonalen be- 
griindefe, iff ohne jeden Zweifel. Ebenfo will fie anders aufgenommen werden 1 , als wir 
es gewohnf find. Hier muj5 radikal umgelemf werden, und Horer wie auSfiihrende 
Kiinffler muff en den Sdiriff ins Fremdarfige, Neue wagen. 

Wahrend Schonberg alfo die Tonalifaf aufgibf und mif derfelben alles an lie Ge- 
bundene, friff nns in Max Reger eine Perfonlichkeif enfgegen, die gleidifalls das 
Konfrapunkfifdie zum Ausgangspunkf nimmf und das Karmonifche vorwiegend als 
Langsergebnis fiehf, ohne jedoch die Tonalifaf zu verleugnen. Regers Kunff ergibf 
Bereicherung und Ausdehnung in den gegebenen Grenzen. Trofjdem machf fich in dem 
off auj5erlichen Aneinanderkmipfen einzelner Perioden in feinen Werken das Auflofende 
bemerkbar, das dem Konfrapunkfifchen innewohnf, fowie es in obigem Sinne zum 
Grundliegenden wird. Wenn das Harmonifche als organifche Kraft nichf Haupfbedeutung 
hat mu£ ein foldies Zerfallen innerhalb der fonalen Formen drohen. 

In feiner Alpen-Symphonie hat Richard Sfrauj5 nun efwas wie ein Xredo" nieder- 
gelegf, Vielleichf hat er dies unbewujSf gefan; urn fo machfvoller iff aber die Au£erung, 
die er dafur in feinem Werke gefunden hat. Die Alpen-Symphonie bedeufef von Anfang 
bis zu Ende ein abfolufes Bejahen der Tonalifaf: es iff zuweilen, als wenn wir uns in einer 
Orgie des Tonalen befanden, als wenn zufammenfaffend Sfrauj3 nodi einmal in vollffer 
Prachfigkeif zeigen wollfe, was wir diefem einzigarfigen Kunffprinzip zu danken haben. 

Alles unferliegf in der w Alpen-Syrnphonie" einer hoheren Einheif: Die Gefamfform 
wie die Einzelbeffandfeile find von infenfivem organifchen Leben und zugleich von einer 
Einfachheit die fich nur einffellf, wo das Schemafifche aus der Triebkraff des Materials 
heraus geffalfef ift Die einzelnen Elemenfe find mif Meifferfchaff gehandhabf und 
zeigen frofs der bewm3fen Befchrankung neue und bereichernde Zuge. Inwieweif dies 
fur Harmonik und Melodik zufrifft werden v/ir im einzelnen zeigen. Vorher aber 
foil uns die Gefamfgeffalf des Werkes aufhalfen und wollen wir daran anfdiliefSend 
auf- eine Erfcheinung aufmerkfam machen, durch die SfraujS ein bisher der Mufik un- r 
zuganglidies Gebief in durchaus mufikalifchem Sinne erfchloffen haf. 

Nach feiner Symphonie „aus Ifalien" haf Sfrau£ kein fymphonifches Werk gefchrieben. 
Erff mif der „Alpen-Symphonie" kniipff er an diefes Jugendwerk an, wenngleich audi 
hier die Idee der fymphonifchen Mufik nichf rein verkorperf iff. Dem Aufbau beider 
Werke liegf das Symphonie-Schema zu Grunde; beiden aber dienf ein Programm zu 
innigerer Belebungl So iff Ridiard Sfrau£ Programmufik zu verftehen, die ihren 
Urfprung nichf in au^erlichen Tendenzen hat fondern einerfeifs durch feine formgeffalfende ' 
Kraft bedingf iff und andererfeifs durch einen Zug des modemen Geiffeslebens, der off 
vollig mi^verffanden wird, 



202 



WSBffWImS&HEma 



Wir fagfen: die formgeffalfende Kraft Richard Strang fei eines der Momenfe, die 
ihn zur Programmufik gefiihrf haben. Dies iff fo zxx verffehen, dag fein Jelfenes 
„archifekfonifches" Vermogen zugleich immer lebensvolleres Vereinheitlidien der Form 
anffrebf: Nichf nur klaflifch vollendefe.Erfiillung des gegebenen Schcmas, fondern audi 
Durchdringen desfelben mif unfevren pfychologifchen Erlebniffen enffprechender Gefefj- 
magigkeif — das war die Forderung, die Sfraug [idi ffellfe und die von nachfchaffenden 
wie produzierenden Kiinfflern allgemein erhoben wurde. Diefem Anfpruche konnfen 
die rein mufikalifchen Schemata nidif geniigen, folange fie ausfchlieglich mufikalifchen 
Gefefjen folgfen; folange nur Materia 1-Sdi were der Teile formale Auslofungen hervorrief, 
ohne dag ein Elaffizierung erzeugendes Korrektiv hinzukam. Diefes Korrekfiv erfand 
fich Richard Sfraug, indem er dazu das Programmafifche benu&te. 

Hier miiffen wir daran erinnern, dag gerade feine Jymphonifchen Dichfungen 
meifferhaffe Formbewalfigungen find. Kaum je hat das Rondo-Schema fo lebensvoUe 
Biegfamkeif - gezeigf wie im „Till-Eulenfpieger'; kaum Je die Variafionenreihe einen 
Reichfum zugelaffen wie im „Don Quixote". * Nicht zum Abfchwachen der rein mufikalifchen 
Kraffe dient das Programm, nicht als Bindemittel, das augerliche Teilverknupfungen 
zulagf; fondern ganz und gar Mufiker nimmf Sfraug die feffen Schemata der Tonalifaf 
und weig ihnen durch Zugrundelegung des Programms bis dahin unerhorfe Schmieg- 
famkeif zu verleihen. Seine Formen find nicht nur meifterhafte Belebungen der 
Schemata, fondern zeigen zugleich jene pfychologifchen Erlebniffen eigene Folgerichfigkeif, 
welche wir Modernen in alien Kunfterfcheinungen fudien und die uns oft zu vollig 
unrichfigen Inferprefafionen klaffifcher Mufik verleifef, indem wir audi in deren ideale 
Formabwagungen pfychologifche Momenfe hineintragen und rein mufikformale Enf- 
wicklungen oft gemag einer ihnen fremden pfyfchologifchen Enfwichlung umgeffalfen. 

Das Programm der „Alpen-Symphonie" ift, kurz gefagf, „ein Tageslauf im 
Gebirge". Ein Tageslauf, bei dem wir vor Sonnenaufgang in die Alpenwelt hinaus- 
treten, urn uns wahrend des Tages zu den Gipfeln empor zu erheben: Die Wanderung 
dahin und der anfchliegende Abftieg geben/cTalTSuTef, das Straug der Symphonic zu 
Grunde gelegf hat. Nach einem Gewiffer kfehren wir zu unferm Ausgangspunht zuriick, 
wahrend 'die Natur wieder in dunkles Schweigen verfinht 

Wie wir fehen, ein Programm von erftauniicher Einfachheif, das aber alle Voraus- 
Je^ungen in fich fragf, um einer Symphonie zu Grunde zu liegen, das wie diefe feinen 
inneren Hohepunkf hat, um den es fich nach weitem Au-^oicv. n\ fich felbft zufammenfchliegt 

Und jetjf konnen wir fagen: augerliche Programm-Mufik — bei der eine Idee das 
Beffimmende iff — hat mif mufikalifcher Kunff nichfs gemein;nur wenn innere Forderungen 
den Mufiker zu Gleichniffen zwingen, durch die er erlebfen Formen gefchmeidigeres 
Eigenleben verleihf, hat das Programmatifche Sinn und BerecMgung. 

Wenn wir oben von einer „Erfc^e=nung" Jprachen, durch die Richard Strauj3 „ein 
bisher der Mufik unzugangliches Gebief in durchaus mufikalifchem Sinne" erfdiloffen 
habe, fo iff damit die Einfuhrung der Windmafchine in das mpderne Orcheffer a^^eint 
Soweit uns bekannt iff, wurde diefes Larminftrumenf bisher nur in einer verungluchfen 
Symphonie Paderewskis angewandf — nafiirlich im Sinne augerlicher Programm-Mufik, 
um „Klang" zu malen und den „nafuraliffifchen Eindfruck" zu verffarken. 

Das Vcrangehende mug geniigend klar ergeben haben, daj3 die mufikalifche 
Pofenz Richard Sfraug' zu grog ift als dag fie nicht jede Erfcheinung zu einer mufikalifchen 
umwandelfe, die er in fein Schaffen einbeziehf. Wie iff dies aber einem Larminftrumenf 
gegeniiber moglich, das anfcheinend aller Eigenf chaff en enfbehrf, die wir zu den 
mufikalifchen rechnen? 

Die Windmafchine gibf weder beffandige Tonhohen noch rhyfhmifche Abmeffungen; 
ihr einziges Vermogen iff, Tonanfchwellungen wie Abfchwachungen hervorzubringen. 



205 



Vr^tr 



Auf Grund diefer einen Eigenfchaff gebrauchf nun Sfrau£ dies Inffrumenf, um fur eine 
langere Epifode die periodifche Glier^rung darzulegen, d. h. er erhebf das dyna- 
mifche aus feiner bisherigen Gebundenheif — nur begleifend zum Unferftreichen der 
Ausdnuks- Jowohl als Rhyfhmus- und Klangfarbennuancen — zum felbffandigen Fahfor, 
indem er es in einer gewiffermajSen ab^-^kfen Ablofung auf fich felbff befchrankf und 
zur Zufam'menfaffung und Anordnung ^ Tabfgruppen gebrauchf. Damit iff auf die 
Moglichkeif einer neuen Bereicherung der Jrcheffermiffel hingewiefen, und, mehr noch, 
in einem meifferhaffen Beifpiel gezeigf, wie bloj3e Larminftrumenfe zu mufikalifchen 
werden bonnen. 



Zum Sfilproblem der neuen Mufih 

Von Robert Hiiller-rlarfmann. 

Die Ideen der forffchritfsbewujSfen Romanfiker und Neuromanfiker konnen dem 
mufikalifchen Schaffen der Gegenwarf keine neuen Impulfe mehr geben und nicht 
mehr als Richflinien der Weiferenfwicklung dienen. Unfer .Zukunffswille wirff neue 
Fragen auf, ahnf neue Ziele. Von der einft in Weimar gefchiirfen Forffchrittsbegeifterung 
iff werdg geblieben, und die damalige Bewegung haf ihren zeiflich begrenzten Sinn 
erfiillt Die von Lifzf und Wagner ausgehenden alfhefifchen Tendenzen haben der 
■Mufik einen neuen Farbenreichfum und ffarkere Bildhaftigkeit gebracht fie haben ihre 
pfychologifchen Fahigkeifen gefcharff, aber nicbf ihre feelifchen Werie erhoht Die po- 
efifdie Idee, von ihren Verkiindem meiffens nur in abgeleifefer, in liferarifcher Bedeutung 
begriffen (nidif ais ein jeglichem konkrefen Erleben und jeglidier kunftlerifcher Ge- 
ffalfung vorausgehendes Ur-Erlebnis) — die poefifche Idee fiihrfe, fta.it vor Inhaifsleere 
zu fchiifzen, verhaltnismaj5ig fchnell zu einem neuen Formalismus, dem der fymphonifchen 
Dichfung und der nachwagnerifchen Opernfprache, Und man wird diefen kaum fur 
efwas Werfvolleres eradifen als den akademifchen Formalismus. In beiden Fallen 
halfen wir nur die leeren Hullen, fehen wir nur die verlaffenen Wege, die der fchopferifche 
Geiff gegangen iff. 

Formalismus bedeufef; tterrfchaff der Miffel iiber die Intuition; nicht der fchopferifche 
Geift gebierf mehr die Form, fcndern die handwerkliche und arfiffifche Erfahrung 
modife den Geiff befchworen; Formalismus bedeufef: Sichibarwerdung des Dualismus 
von Form und Inhalt Die Abkehr von den in der Obhuf des Epigonen erftarrfen 
klaffifchen Formen, zu einer Kompofifionsarf, die fich die Freiheif der Formgebung von 
Fall zu Fall nach poetifchem Ermeffen vorbehielf, die enffchionene Wendung vom ty- 
pifierfen Empfindungsausdruck und befonf Ziinftigen zu pfychologifdier Charakteriftib 
und finnfalliger Reproduction fubjebfiver Eindriicke und der fie erregenden Anlaffe — 
all das War fur die Dauer kein Praventiv gegen die der Kunft immer drohende Gefahr, 
von den Miffeln, die fie erzeugi fyrannifierf zu werden. So viel uns audi der Lifzf- 
Wagner-Sfil neues gebrachf hat, fo hoch wir auch eine Symphonie von Bruckner, Lieder 
von Hugo Wolf oder eine Tondichfung von Richard Strau# fchafzen mogen, fo fiihrt 
die Enfwicklung, von der die Werbe diefer Meiffer zeugen, doch nicht aus einer heufe 
immer mehr fiihlbaren Enge des mufikalifchen Bewu£ffeins heraus. Sowohl die Ein- 
Ifellung auf das Erlebnis im fubjektiv - romantifchen Sinne wie die Erweiferung des 
Tonarfbegriffs, der orcheffealen Miffel und der Moglichbeifen der Mofivverkmipfung, 
d. h. fowohl die affhetifchen Befonderheifen wie die technifchen Neuerungen des „neu- 



204 






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deuffchen*' Sfils — fie lagen ganz im Zuae einer unaufhalffamen Enfwicklung, deren 
fernffe Ziele (wenn audi in hoherer Sphare verwirklichO Beefhoven vorausgefchauf 
haben mag; und die Neuromanfiker gehoren ebenfo wie ihre mehr klaffiziffifch ge- 
richfefen Zeifgenoffen dem Kreife einer mufikalifchen Sulfur an, gegen die fich als ein 
wefenflich anderer Kulfurkreis nur die Kunff Seb. Bachs abhebf. 

Mif dem Hinweis auf Bachs Sdiarfen als Palladium der Tonkunff iff keine re- 
akfionare Abfidif verbunden. Es foil keineswegs aufs neue dazu ermunferf werden, 
die ffehenden Formeln, an denen audi Badis Zeif iiberreich iff, zu kopieren. Weffen 
Blich indes fiefer dringf, mup* fouren, dap" in Badis Kunff Moglichkeifen feelifdier Er- 
neuerung, Quellen des Lebens, ffarkffer Gegengewichfe gegen die finkenden Tendenzen 
der Zeif vorhanden find. Wer fich 3achs Mufik gleichfam losgeloff aus ihren zeiflichen 
Bedingfheifen vorzuffellen vermag, dem muj3 fich hier eine unverbrauchfe, vor- 
warfsweifende Kraft dem muj3 fich das Melodifche als das primare Element offenbaren. 
Im Laufe einer Enfwicklung, die eben nidif in breifem AusmajS und mif Verffandnis fiir 
das eigenflich Zukunffsvolle in feiner Mufik an Bach ankniipffe, wurde die Herrfchaff des 
bei ihm walfenden Urprinzips immer mehr zuriickgedrangf. — Urn Mij5verffandniffen 
vorzubeugen, fei bemerkf, da£ es fidi in diefer Befrachfung nichf um vergleichende 
Werturfeile iiber in fidi abgefchloffene Mufikkulfuren und uber das Gefamffchaffen^gro£er 
Meiffer handelt [ondern um die Bedeufung zweier Geffalfungsprinzipien, des me- 
lodifdi-konfrapmah'tifchen und des harmonifch-homophonen, fur die Zukunff unferer 
Kunft. — Die le£fen hunderf Jahre in der Mufik brachfen ffandige Bereicherungen 
auf harmonifchem Gebief und die Herrfchaff des Harmoniebewuj3ffeins iiber den me- 
Iodifchen Trieb. Die Harmonie, anfanglich nur ein ordnendes und aufbauendes Elemenf, 
lenkfe durch farbige Schonheif die Aufmerkfamkeif in immer ffarkerem Ma£e auf flch 
zu und von den melodifchen Inhalfen ab, wurde Selbffzweck und StimmungsWerf an 
fich- Immer kurzer wurden die Sfrecken, die nodi ein melodifcher Impuls durchbebfe, 
irrmer felbftfiichtiger die Eingriffe der Harmonie, die fchlie£lich den Forfgang des Ton- 
gefchcriens faff nur nodi von fidi aus beffimmfe. Anders gefagf : an Sfelle Weifausgreifender 
in fich ai\sbalanzierfer Linien fraf das enfwicklungsarme, der harmonifdien Sfufje fehr 
bediirftige Mofiv. Und je mehr die Harmoniebrunff um fich griff, deffo mehr Ver- 
langfamie fich das Tempo und verarmfe der Rhyfhmus, und fogar in den Partifuren ' 
hervorragender Komponiffen miiffen Arpegg^en (bei Lifzf), Jvnkopierfe Akkord- 
wiederholung (Brahms) oder unaufhorliches Sfreicherfremolo (Bruckner) als Erfafc fur 
echte Bewegung herhalfen. Eine der Urfachen diefer zur hoffnungslofeffen .Art von 
Formalismus fiihrenden iibertriebenen Kulfur des Harmonifdien iff die Bevorzugung 
des Klavierfpiels als Ausgangpunktes und haupffachlichen Mittels der fonkunfflerifchen 
Bildung. Eine Parallelerfcheinung zum uberwuthernden Eigenleben der Harmonic im 
Schaffen der lefzfen Epoche iff die Einfeifigkeif des mufikfheorefifchen Infereffes (und 
Fort jdiriffes) fiir die Gefe^map'igkeifen der Harmonie. Wie die klavierma£ige Se£- und 
Sdireibweife den Sinn fiir die felbffandige Enffalfung und das Gegeneinanderwirken 
qleichzeifiger Sfimmen verkiimmern Iaj3f und die Vorffellung eraffabUierfer, von Anfang 
an ferfiger Akkordkomplexe begiinffigf, fo fiihrf audi die uegenwarfig verbreifefe Mufik- 
theorie in der Lehre vom Konfrapunkf nichf fief genuf in das Wefen der nichf vor- 
ausgedachfen, der gewordenen Harmonie ein und leifef nichf durdh infenfiven Kulf der 
Linie zur VJberwindung des akkordifchen Vorftellens an, i$M Abfichf ward hier einige 
r lale der kiihlere Ausdruck „Linie" ffaff „Melodie ft gewahlf, um den Unferfchied zu 
betonen zwifdien einer fchopferifchen Sehnfuchf der Gegenwarf und dem zu alien Zeifen 
vernommenen „Schrei nach der Me!odie", d. h. nach dem melodifchen Gemeinplats). 

Es gibf zukunffsfrohe Mufiker unferer Zeif, die es magifch zu den alfen lehren 
vom Konfrapunkf ziehf, und es iff nichf nur padagogifcher Sfumpffinn, gedankenlofer 



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205 



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Konfervafivismus. wenn heufe nodi mandier lieber nadi dem Gradus ad pamaffum 
von Fux als nadi den auf die moderne H.arrnonik gegriindeten Konfrapunktbiichern 
unferrichfet In der alfen vorbachifchen Xheorie herrfchf nodi der Zuffand vor der be- 
wujSfen Erkennfnis der fonalen Funkfionen und der harmonifdien Kadenz in ihrer Be- 
deufung nichf nur fur die Sdiluj3bUdung, fondern audi fur den organifchen Gefamf- 
verlauf einer Mufik. In ihr lebf nodi efwas von der Illufion melodifch aquivalenfer 
Stimmen und grojSerer Bewegungsfreiheif in der Mehrftimmigkeit. (Fakfifch iff dorf in- 
folge der angfflichen Ruckfichf auf die Konfonanz von- diefer Freiheit nichf viel zu merken). 
Aber die Logik der Harmonie hat von jeher beftandan und fie wird fich audi nicht aus 
der Welt f chaff en laffen. Wir konnen fie nichf glattweg negieren, drum muff en wir dahin 
gelangen, fie nicht mehr als emfdiniirenden Zsvang zu empfinden. Die Mufik ift aus 
dem Kindheifsffadium, in der fie fpielend ^as Gleichgewichtder Krafte wahrfe, in das 
Stadium der erffen lahmenden Bewuj5fheif getrefen. Nun hei£f es, jenes hohere Wiffen 
zu erwerben, das dem Triebleben nichf feindlich ift das in der Richtung des fdiopferifchen 
Triebes voranleuchfef und den Kriftallifationsprozep" erleichtert 

Dominante - Tonika ift mehr als ein Schulbegriff und mehr als eine iiberlebte 
Formel. tfberiebf find vielleidit die Klangbilder, in denen fich uns diefes elementare 
Spannungsverhaltnis darbietet. Und das mup wegbereitende Erkenntnis werden, dap" 
diefe uns gelaufigen Akkordtypen nicht der einzig mogliche Ausdruck der polaren 
Spannung find, vielmehr nur eine befchrankfe Auswahl aus einem nie # zu erfchopfenden 
Reiditum, nicht endgiiltige Formulierungen eines Urgefe^es, fondern nur Abglanz einer 
ewigen Wahrheit Der Formalismus in der Harmonik wird indes nicht iiberwunden 
werden durch Chromafik und Alferierungen, nicht durch neue Raffinemenfs in der 
Akkordfiguration oder au^erfte Kraftproben auf das Tonalifatsgefiihl und, wie meine 
IDberzeugung ift, audi nicht durch fpekulative Bemiihungen um neue Tonfyfteme. Einzig 
die Kraft des Melos, die das ganze Stimmgefledjf bis in die feinften Adern durchdringt, 
kann uns neue Freiheif geben. Wir ahnen einen neuen Stil von weitgefpannten Linien. 
die fich uns wie zufallig kreuzen und verknoten und ihren Treffpunkten Harmonien 
von fliej3ender Bedeutung ergeben; wir fraumen von einer neuen Mufik — und zu ihr 
verhelfe uns der Geiff, das Neuerlebnis Bachs — die nicht in ewig gleichen Abftanden 
Harmonien ffeil aufrichtet, in der das Geriiff der tonalen Beziehungen nichf in diirrer 
Nacktheit fichfbar ift, und in der die finnfallige Kadonz fur die Gliederung im Gro£en 
und den endgulfigen Schlu^ aufgefpart bleibf. Das Wort „Kontrapunkt" miip'fe einen 
neuen lebendigen,.von allem Schulmaj3igen und Konventionellerr, befreiten Sinn erhalten, 
muj5te nicht mehr eine Art von mufikalijcher Gelehi-famkeif, nicht Kiinftelei oder ein 
kiifcheeartig verwendetes Mittel wirkungsvoller Themenkombination fcezeichnen, fondern 
hdheren Reichfum der Seele, feinere Sinnlichkeit und unbegrenzte Moglichkeifen der 
Phantafie. 

Wo es fidi um Mufik, d. h. let>ten Endes um Gefuhisma£iges handelt bleiben Worte 
und Begriffe vieldeutig. Umfomehr ware es ein mu^iges Beginnen, von einer neuen 
auf literarifche Hilfsvorftellungen und erborgte Inhalfe nichf angewiefenen Mufik zu reden. 
wenn diefe nicht wenigffens in Anfa^en und triebkraftigen Keimen vorhanden und das 
Gefiihl fur fie nichf bei vielen lebendig ware. Das ift vor allem feit der urfpriinglich 
1 produktiven und erquickend unliterarifchen Erfcheinung Max Regers der Fall, hingegen 
hat mif einer Entwicklung in der angedeufeten Richtung das Schaffen Debuffys nicht 
das rnindefte zu tun. In den Werken des franzofifchen Kiinjflers und der ihm art- 
verwandfen Komponiffen ift die Klangfarbe der ausfchlaggebende kompofiticnelle Wcit. 
Eine Kunftdie im wefentlichen derAffoziation malerifcher Ideen dientvon einer melodilch- 
konfrapunktifchen derfelben Zeif grundjatlich zu unferfcheiden und nicftt die eine wie 
die andere unfer dem Sammelwort „modern** zu begreifen, ift Pflichf der Erkenntnis. 



206 






Von Schonberg und feinen Liedern 

Von Eduard Erdmann. 

Schonbergs Werden ift Vereinfamung. Sein Schaffen Einzeiaktion, gdteigerter Individualismus. 

Seine Lehre: jedes Problem perfonlich rchopferifch zu erfaffen, daB alles finguiare Anfchauung 
werde. Deshalb fordert Schonbergs Mufik Einftellung. Und der Tchopferifche Zuhorer wird 
wichtigfter Faktor, wird dem Komponiften und dem fchOpferifchen Interpreten Fchaffend gleich- 
geftellt. Schonberg wendet fich an kein Pubiikum, Weltflucht zeugt einfame Ekftafen. Frage: 
hat die Maffe Schonbergs Mufik nuttg? Nein, heute noch nicht; heute brauchen ihn die Einzelnen, 
die gesteigert Lebenden. Schonbergs Schaffen ift problematjfch. Die Neigung zum Experiment 
bedingt das und ein noch GefShrlicheres: die primitiv monumentale Tonfprache, welche Letzheiten, 
Difterenzierteftes ausdrileken foil. Ja, felbft die LOtung diefer inneren Spannung wirkt als Experiment 
und zeigt nicht erfrifchte neue Welt. Kultur, die fich ablegt . . . Doch die Aarpannung gerade hier 
ift fu ubermenfchlich, fo in hochftemGrade fchbpferifch,— werempf2ndedas undbewunderte nicht? — 
Sfilifiifch fehen wir in Schonbergs Ietzten Werken neben der expreffioniftifchen RUckfichts- 
loiigkeir ein impreffioniftifches Moment in feiner Stellung zur AuBenwelr, der er immer noch 
ton ma I end laufcht. Die „Naturaiismen" find im „Pierrot Iunaire" und auch in den Georgeliedern; 
alfo in Werken, in denen die begriffliche Welt textlich hineinfpielt. Hier zeigt fich SchOnberg 
darin inkonfequent gegeniiber feiner Forderung eines einmaligen, wefentlichen Kontaks mit dem 
Gedicht. ImpraJtfioniftifch ift auch Schonbergs Klangmyftizismus. Da liegt heute fein wefenllichftes 
mufikaiifches Materialintereffe, wahrend die Linien allmahlich zu geiftigen Symbolen — : abrtraki 
werden. ohne die friiher fo uppige Mufikfreudigkeit der Kammerfymphonie. • Aber feine 
vieltach gebrochenen inftrumentalen Klangeffekte, die fo Dberaus raffiniert, gewiffermaBen fo wie 
eine Steigerung Qber die heutige technifche Zivilifation noch hinaus, wirken, ja, die zeigen noch 
Freude am Stoff und find noch nicht von der nurgeiftig — abftrakten Nachbarftrtfmung in 
Schonberg aufgefogen worden. 

Und noch etwas: bei Schonberg haben wir im Hinblick auf das objektiv abfolute Gebilde, 
welches ein Kunftwerk immerhin fein mufi, fo haufig den Eindruck einer Indiskretion des SchSpfers. 
Das kommt durch die feelifche Oberfteigerung, bedingt durch dte Forderung der eigenperronlichen 
Schopferanfchauung, wodurch die Perfpektive vom Normalen ins MaBIofe verzerrt wird. Das dritte 
Ktavierfttick aus op. 11 ift 7. B. Ausdruck einer Extafe, die mit der vollen Riickfichtslofigkeit 
und Unzurechnungsfahigkeit des fubjektiv erhohten Zuftands auf den Zuhorer loshammert, ihn 
unvorbereitet trifft und — vor den Kopf rtQBt. Mittel zur Aumahme ift daher auch hier nur eine 
kongruente, gefteigerte Ein ftel lung. Sehon ;ergs fpatere Werke find vom erlten bis zum Ietzten 
Ton KonfeHion, Bekenntnis. So wird eine artiftifche Wertung ihm nicht gerecht. Der GenuB 
entrteht aus der Auseinanderfetzung mit clem SchOpfer, aus dem VerrtSndnis feiner GroBe. Von 
aulien als Feinfchmecker zu Schonberg kommen ift finnlos; feine Formung, fein Melos find 
1 Ausdrucksmittel. Nur innerer Kontakt erfchlieBt feine Welt. — 

Schunbergs Amange zeigen ihn weltofien. Eine Mufikernatur, ungewohnlich flppig wuchernd, 
nachwagnerifch, wie fchwerer Sammt. So auch in feinen erften Liedern. Bisweilen fchon fehr: 
intenfiv, manchmal uberrafchend verfeinert, im Wefentlichen aber blilhende Mufik. „Erwartung" 
aus op. 2 enthalt bedeutungsvolle Klangahnungen, M Warnung M (op. 3) hat fchon die aktiven 

; Kontrafte des fpateren Schonberg; Qberall in den frtihen Liedern aber gefteigerte Inbrunft, Warrae 
und fchopferifche Potenz. Eine Sonderftellung nimmt das n Hochzeitshed M mit Teinem Itrophen- 
liedartigen Bau ein — die einzige Kompofition Schonbergs, der man das Attribut fchlicht geben 
kann. Ein mcifterhafter Wurf — auch in kompofitionstechnilcher Hinu'cht — ift „Freihold a mit 
feinem pfychologifch fo treffenden Schwerpunkt auf dem herben Sextakkord, der, konfequent 
ausgebaut, gewiffermaBen als akkordliches Motiv verwertet wird. Opus 6 ift fchon ganz wichtig. 
Die grotien Intervalle in „TraumIeben" find diejenigen feiner kommenden Entwicklung und 

207 



bett&tigen die Beobachtung, daB weite meipdifche Spanriungen (Sprlmge) mit emotioneller Expansion 
Hand in Hand gehen. „ Alles" tendiert zur Differenzierung, den Letztheiten. „Madchenlied" hat 
formeK ganz rpSteren Typus in der fcharfen Kontrartprofilierung. w Verlafren" ift ein wunderfchOn- 
konzentriertes Lied, das fchon kein „Podium" mehr in fich hat. Eine Fortwendung vom StrauB'fchen 
Liedtyp mit leiner Aufmachung — ein ethifcher Schritt. „GhaIel" auf derfelben Linie, noch 
verhaltener. „Am Wegrand" und w der Wanderer" find HOhepunkte in SchOnbergs Lyrik; bei 
voller innerer Beteiligung des Autors abfolut gelungene Lieder (man fehe die Behandlung des 
motorifchen Moments) — ohne die Problematic die teuer erkaufte GrOBe der folgenden Entwicklung. 
„Lockung" iff ftiliftifch richtig — voll der typrtchen SchOnberg-Linien, aber ungliicklich verzerrt. — 
Die ftinfzehn Georgelieder opus 15 — nach der Wendung, die WiderFpiegelung des heutigen 
SctiOnberg im Liede. Die Gefangftimme ftreng Jtilifiert; bald deklamatorifch ruhig, bald fprunghaft 
bewegt. Immer vom Ausdruck her konzeffionslos geltaltet. Primitive Einfachheit der Schreibweife 
wird erzwungen und wirkt organiHert, als Einzelfall hier durchaus berechtigt, — aber krampfhaft, 
ungefund, unter Hochdruck. Stimmungsuntermalung, auf der anderen Seite Neugeftalten Georgefcher 
Situationen, wobei die AuBenwelt tonmalerifch nirgends zu kurz kommt (eine Merkwilrdigkeit 
innerhalb der fchOpferifchen Einfiellung des heutigen SchOnberg), nerv5fefte Feinhorigkeit, ja Sen- 
' libilitatskult bei expreffioniftifcher Gewaltfamkeit mit ihrem Pochen auf die fchopferifche Autonomic 
Itempeln die Georgelieder zum Sonderfaii. Technifch viel bewegungsmotivirche Filigranarbeit, 
Ausnutzung motorifcher Keimmttglichkeiten. Das horizontale und akkordliche Zufammenklang- 
[chaffen nimmt ziemlich gleichen Raum ein. Oberhaupt kann man den fpaten SchOnberg nicht 
nur auf lineares Empfinden feftlegen, dazu ilt [ein Farbenempfinden zu wach. Eine kompoti- 
tionstechnilche Analyfe der Georgelieder nach dem gewaltigen Vorbild von Kurths „prundlagen 
des linearen Kontrapunkts" ware fehr dienlich, erfordert aber eine Sonderarbeit Ich mOchie hier 
nur noch betonen: die Georgelieder find geheiligt durch die immer wache Glut ihrer Ich^pferirchen 
Vifion, die alles, alles: jeden Akkord, jede Phrafe, jeden Ton durchfetzt. 



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Operette 

Von Oscar Bie. 

Was ilt Operette und wie kam lie? Es gab drei Gattungen der Oper. Sie wurde durch- 
komponiert, oder wenn fie buffa war, hatte fie italienifche Seccorezitative, oder fie hatte gefprochenen 
Dialog zwifchen den Nummern. Dies hatte die Opera comique und auch das deutsche Singlpiel. 
; Und die Uberfetzten Buffoopern hatten auch Dialog ftatt der Rezitative. Die ganze Einteilung 
war mit der Zeit auBerlich geworden. " Die Operette hatte in ihr gar keinen rechten Platz, und 
man war fich auch garnicht klar, was He eigentlich bedeutet. Durchkomponiert war He nie. 
Sie hatte immer Dialog. Aber ich muB jetzt fchon fagen, daB He niemals ein endgttltiges Welen 
annahm, weil man fie durchaus in die eben gezeichneten Rubriken unterzubringen fuchte. Sie 
vegetierfe als ein Ableger der komifchen Oper und des Singfpiels und konnte Hch niemals von 
dieter Verwandtrchaft ganz befreien, obwohl in ihr Keime zu einer ganz neuen Gattung fteckten. 
Es ilt dies alio die Folge der langweiligen Schematifierung, unter der die Opernproduktion frflherer 
Zeiten litt, Heut kOnnte es gewiB ganz anders fein. 

Was wir fo Operette nennen, kam aus der franzOfilchen Komifchen Oper. Es \U nicht die 
alte Buffooper, die an SpSfien und Luftigkeiten reich war, fchon weil ihr Weren vielfach auf der 
Paradoxie des Opernbetriebs beruht. Sondern es iTt etwas ganz anderes. Die Sentimentalist 
diefer Oper, die das Wort komifch nur noch aus einem MiBverftandnis tragi, fchlagt aus einer 
gewiifen Reaktion in den letzten Auberfchen Werken ieidenfchaftlich ih den Tanz urn, in Galoppaden 



mmm. 



und Kancanaden, ttber die rich Wagner damals in Paris fo aufregte. Der glatte Umfchiag in derl 
Tanz, gewonnen aus der heiBen Luft maBgebender Offentlicher Bafle, war der erfte Keim. Ein 
zweiter war die Gelegenheit zur Parodie, die Offenbach ergreift, der geniaie Fortretzer der Gattung. 
Offenbach beginnt mit der romantifchen Gefte der fQBen Chanfons. Es ift Salonwefen. Salonluft 
irt noch in den leichten fchrniegfamen Tanzchen, die er gefchickt in feine Stilcke einfllgt. Seine 
Walzererfindung irt nicht exzeffiv. Sie hat die kleine feine Linie der kichernden Pikanterie des • 
trockenen Humors von der Komifchen Oper her. Trinklieder und Soldatenlieder, alles was Marfch 
ift, fuggeftive Kombination von Erotik und Soldateska, kommt aus derfelben Quelle. Aber bisweilen 
Uberkommt feine Menfchen ein Gewirfen des BlQdfinns, das plOtzlich ihre eigenfte Exiftenz, dieres 
wahnfinnige KornOdiefpielen, um irgend ein Fchones Stuck darzuftellen, grotesk aufbrechen 13Bt. 
File, file fingen Tie, und bile, bile und patati, patata und bing. bing und balaboum, fie haben 
vollkommen recht, To ift das Leben und wird nie anders werden. Sie geben es der italienifchen 
Oper gehOiig, verminderte Septimen, entfetzliche Rouladen, furcfttbare Dacapos und Sommer- 
wohnungen auf Fermaten, gewaltige Kompofitionen auf den Apfelmann, Oder fiber das Loch im 
Rucken eines Admirals, oder das Triumphgefchrei iiber den Degen, den Degen, den einft mein 
Vater trug, — hier war die groBe Parodie in der MuHk erreicht, die bisweilen, aber riicht immer 
auch den Text Offenbachs beherrfcht: Mufterbeirpiele Orpheus und Blaubarr, wogegen die Sen One 
Helena am Schlufi einen Rtickfall in die Wahrheit erleidet. Um zufammenzufaffen, welches find 
die Operettentugenden Offenbachs? Anlehnung an den Tanz und Parodie des Gegenftflckes, 
alfo im Grunde keine originalen Tugenden, fondern Folche, die fich von den Sflnden der andern 
nahren. Seine Operette lebt von dem geiftreichen Griff, mit dem er die Komifche Oper kitzeit, 
Iebt von der guten Laune, mit der er zugleich fpottet und phantafiert. A*ber fur die eigene Gattung, 
die einmal kommen kOnnte, find das nur die Anfange. 

Die zweite Bltitezeit der Operette ift .die Wiener. Was dagefchah, ift eher eine RUckbildung 
der Gattung, als eine Fortbewegung. Nehmen wir die Fledermaus. Ich Tpreche nicht yon der 
Erfindung, von der melodifchen und rhythmifchen Phantafie, die auBerordentlich ift, fondern eben 
von der Gattung, die fich ganz auf dem Punkte der alien Komifchen Oper h3lt, mit natUrlicher 
oder plOtzlicher Einmifchung von Tanzen, die den Takt nur Hebenswtlrdiger maohen, als er fonft 
fchon ift. An gewiffen Stellen wiichft diefe Methode ins GroBartige: das „Du und Du ft -Enremble 
des zweiten Aktes ift eine geniaie Erweiterung des alten Wiener Walzerfchemas, aus dem 
BUrgerlichen in eine monumentale Freiheit. An andern Steflen juckt der parodiftifche Nerv: im 
Terzett des erften Aktes fpringt fentimentaie Stimmung plOtzlich in eine Polka der Selbftverfpottung 
Qber. Dies find Keime, dies find Horizonte. Aber es ift noch nicht die Gattung. GewiB, es ift 
anftrengend diefe Gattung zu bifden, und es ift bequetner, auf den Pfaden der aus Lyrik und 
Tanz gemiTchten Landfchaft weiter zu fpazieren. So gent es den jetzigen Operettenkomponiften. 
Sie arbeiten, better oder Ichlechter, auf diefe Mifchung lyriTcher ©der tanzerifcher Inftinkte hin, 
und die Sufilichkeit oder Gewohnlichkeit ihrer Motive erweckt in ihnen <keine andere Reue, 
als die Operette wieder in die Oper zuriickwandeln zu wollen. Dies ift der feltfame Ehrgeiz 
ihrer BeUen. Ich fage ihnen: fie kehren eine Kunft um, noch ehe fie fich entwickelt hat. Sie 
befinden fich in der grotesken Lage, daB die Regie ihrer Werke diefe felbft LQgen Kraft. Der 
gute Regiffeur der modernen Operette afcrobatifiert feine Gattung. Er ISBt feine Figuren, feine 
ChOre in einem Stil fich bewegen, der das groteske Ornament des wirklichen Lebens zeichnet t 
und eine Traveftie der Gefte kultiviert, die den Realismus lacherlich macht. Im Tanznachfpiel* 
des Couplets, in der Arabeske des Enfembles, in jeder Aufidfung des Geranges in ftumme KOr- 
perrhythmik ift erheut der wahre Operettendichter. Es gibt kauro noch wo anders eine folche 
Divergenz zwifchen Regie und Stack, kaum noch wo anders ift der Autor heut To angewiefen 
auf die Rettung durch den Regifreur. Es ift Zeit, daB er fich auf Tich felbft befinnt. 

Was ift nun Operette? Wiffen wir es felbft? Es ift eine Gattung, die ausrutfcht, oder die 
fchielt, oder lonft etwas, Aber ich mOchte gem, daB es endlich etwas felbftandiges fei. Was 
ich da rate, ift fehr undankbar. Man verdient damit keine Millionen, aber es kOnnte fein, dafi 

209 



man eine neue Kunft fchafft. Vielleieht fchafft He ein Anderer, der den Mut und das Genie hat. 
Ich kann nicht mehr tun, als den Weg angeben. Denn jetzt weiB ich: Opereite beginnt an 
folchen Stellen, bei Offenbach, bei Johann StrauB, wo man fo weit ift, jede Realitat zu leugnen, 
jeder Unmittelbarkeit [ich zu fchamen und einen tragikomifchen Stil zu bekennen, der Uber den 
Emit und auch liber den SpaB hinaus eine Weltanschauung der Dinge auHtellt, in der He ihre 
eigene Exiltenz vorausfetzen, ihre Geftihle und ihre Beziehungen, und von da anfangen, fie 
rtickw3rts ISchelnd neu zu geftalten. Man denke an die Malerei und Graphik, von Beardsley 
bis Klee, von Somoff bis Ernrt Ster-n, und man verfteht mich. Auf einmal jetzt find wir frei von 
der Darftellung der Geftihle und .Beziehungen in ihrer wirklichen Kaufalitat, wir heben die Liebe, 
die Eiferfucht, die Ehre, das Schickfal aus ihren irdifchen Verftrickungen heraus und freuen uns 
ihrer rein afthetifchen Erfcheinung, die wir beliebig verlangern und verkiirzen, Ubertreiben und 
zerblafen, monologiTieren und kontrapunktieren kOnnen. jetzt kommt der Rhythmus zu feinem 
Rechte. Wie armlich war das Material bisher in dem bischen Tanz und Couplet. Welchen 
Schritt, welche Zuckung, welche Nervohtat kann der Rhythmus haben, wenn wir inn wirkhch 
einmal ausbohren bis auf feine. letzten Moglichkeiten. Wer macht das heut, wer wagt es? Wer 
wagt die Melodie felbftandig zu machen, daB lie nicht bloB ein traurig oder luTtig Liedlein fingt 
und immerfort in der Angft befangen ift, die Empfindung wahrhaftig abzutaften. Operette, hier 
habt ihr freies Feld. Man verlangt keine Nachahmungen. Wir find ja langft Uber diefes Stadium 
hinweg. Wir rind ja in einem lachenden Jenfeits. Wir blicken auf die Erde zuriick, wie fie lien 
qualt und krampft, Geftihle zu fUhlen, Gefiihltes auszuwinden. JMun laBt einmal diefe ganze 
Gefchichte. Steht einen Augenblick hill. Dreht die Schraube im Kopf zurLick und lacht Euch 
und Iprecht Euch und fingt Euch aus, rait Melodien, die [o lange in Euch gefchlummert haben, 
die aber viel wahrer find, als die wahren, etvvas ganz langes fehnfuchtiges, wenn ihr niefen 
mtiBt, und etwas ganz genieftes, wenn Euch die Tranen kommen, fa, ja, patati, patato, Triller, 
Koloratur, es ift ja gar nicht fo fchlimm, die letzte Mgyptifche Zigarette, Violett des Perferteppichs, 
Kleider bis zum Knie, aber nur wenn die Beine es erlauben, UbermaBige Quinten und kleine 
Terzen, was find Akkorde, alle Akkorde find nur groBe Oder kleine Terzen, plum, plim, ftampft 
und wackelt der. Rhythmus, ralalali, piatfchert die Harmonie herauf, aidadi, Tteigt die Melodie, 
fteigt und failt, fchreit und lacht, fich felbrt zu Liebe, zu Liebe den beiden Menfchen da, auf dem 
weftoftlichen Divan, die das betrunkene Jammerlied der Welt fingen, h'ngen, fingen, tanzen, tanzen, 
tanzen, und der Chor brurnmelt dazu, indem er den Kopf zwifchen die Beine fteckt, und die 
Konige verbeugen fich vor den Arbeitern, die ihnen die Nafe fchwarz machen, und alle'Leute 
rufen; ich bin die einzige Partei, die das Belte will, wefte bill, bile weit, bile, bile, balaboum. 
Wer hat Recht? Recht hat, wer es komponieren kann. Oper, habe ich gefagr, ift Uniinn. 
Wollte fie vom Wort befreien. Buffooper, habe ich gefagt, iTt Paradoxic Hetzt tchon das Wort 
auf den Ton. Operette, ich grilnde die Gattung, darf alles. Veriteckt nicht und hetzt nicht. 
Offenbart in Ton, in Wort, in Handlung, im Auftritt, im Enfemble .die gewaltige Damonie des 
WeltrStfels (eben klingelt das Telephon), das monumentale Abracadabra unieres Erdenwandels 
(es wird mir gefagt, daB diefer Artikel fehr eilig ift). Der Artikel ift eilig, eilig ift die Operette. 
Eilig muB fie aus den Zeichen des Alltags, aus Telephon una Schreiben, ans dem Tiktak der 
Schreibmafchine, und dem Patato der neuea Melodie ihren Stil gewinnen, Ichnell gefaBt, mit 
hurtiger Einbildung, unbefchwert von dem Gev/icht aller StCmngen, wie eine Feder fliegend 
durch Raum und Zeit diefer bloden Welt, und neu, immer neu, nie dagewefen, verwegen, frech, 
exzentrifch und doch von folcher LiebenswQrdigkeit, daB man fagt, diefer Kunftler hat mit den 
zarten FSden der Mufik im Klange der Blumen, im Raufche des Weines die ftechenden Dinge 
diefer Welt zu einem fonderbaren Kranze gebunden. jetzt geht an die Arbeit Jetzt wiffen wir, 
was Operette ift. Schon ift der Name zu durum daftlr. Aber wir wiffen, was wir meinen. Ich 
i habe den Kopf fchweifen laffen. Es hat mich garnicht angeftrengt, denn ich habe nur ein wenig 
t in meine wahre Situation geblickt. Ein kleiner Ruck und Ihr konnt es auch. Mufiziert es. Ich 
. werde Euch Beifall klatfchen, Freunde. 



240 



n§: 




Von der Mufikkrifik 



Von Dr. Oskar 

Icli glaubc, dafi es vcrkchrt ist, wcnn ein schaffcnder .v ■ $r 
Kiiustlcr sagt, daf} cr auf Kritiken nichts gibt. Die "' ' 
Musiker &.igcii das bes-nders gem, weil sit einem Be- 
urteilcr zunachst schon die geniigendc technisclic Vor- 
bildung, wclchc fi.tr die'se Knnst nOtiger ist als fiir jedc 
anderc, nicht ziitraiicn. OH mil Rccht. Der Zustand der 
Musikkritik in Deittschland ist jamincrvoll. Das 
ist Offcnttichcs Gcheirnnis. Dcnti wcr kritisiert im_ ali- 
gemeinen bci mis? Der DillcUant, mclit der Musikcr, 
nicht der Kunsticr. Entweder sind cs Leute, die die 
iV.iisik lieben, die miisikatisch siiid, die eindrucksfiihig, 
offenen Ohrcs und offenen Herzens cincm Werk cnt- 
gegenkommen, denen abcr die thcorctischc und praktischc 
Durchbildung fchlt, ohnc wclchc an ein rnusikalischcs 
KunsUverk nicht heranzukommen ist. — Eine zweiie 
Gattung sind die Musikliistoriker, bchaftet tnit dem Dr. 
Titcl. Sic haben schrecklich .vie] Wisscn, sic haben die 
Mcimmg, grob gesagt, d;iS die Musik cigcntlich bei Bach 
aufhOrt," daB alles scither nur farbigcr Abglanz ist ciner 
Zcit, die sic, nicht abcr wir, kennen. Und ihrc Scndung. 
ist zn kitnde:., zn vcrgleichcn, hinzuweisen, immer nacli 
riickwarts, immer nnch hintcn, immcr historisch, historisch, 
historisch. Was soli der schaffendc Kiiustlcr mit ihnen? 
Beide wisscn miteinandcr nichts anzufangen mid lacheln 
liber sich. — Xu dieser Hauptgruppc 'kommt nun der 
nicht kleinc Rest der andcren. Und dieser Rest sei 
Schweigen. — 

II. 

Die Aufgabc des Musikkritikers ist groB und ist 
schon. — Jcdcr schaffende Musiker hattc wohl cinmal 



Gutfmann. 

cinen Lehrcr, der ihm das nicht wenige Lernbarc seiner 
Kunst beibrachte. Der Kritiker kOnntc nun zunachst fiir 
den Komponisten ein idcalcr Lehrer scin, der die welteste, 
allcrletzte Distanz initbringt, welche die Kunstlcr selbst 
so seltcn ihren Werken gegeniibcr cinnehmen ktinnen. 
Die starken und die gutcn Seiten eincr Kornposition 
lasscn sicli oft in eincm Satz abtun. Es sind vor allera 
die Schwiichcn atifzuzeigen, sachlich darzulegcn. Zunachst; 
und wcnn das selbst mit Fachausdriicken geschieht, 
schadel cs garnichts. Denn es blcibt ndtig, heute erst 
von dem allgemeinen Geredc urn die Sachc weg soweit 
venigstens zti kommen. Der Fachausdrucke wird man 
sich bci cntwickelterer Kritik schon cntledigen. — Dazu 
ist fiir den Kritiker cU bereits erwahnte' umfassendc 
theoretischc und praktischeDurchbildungeinesMusikers 
notig, von der Pike herauf mit alien den unsflglichen 
Miihen, die gcradc die Musik initbringt ihres rein 
mcchanischen wegen. Ist dieses crreicht, dann ist zu 
versuchen, die zu bcurtcilenden Werke der Zeitgcnosscn 
zn bcwerlen, einzurcihen, historisch anzusehe:', das 
Blcibcnde und das, was vergehen wird. Doch dazu mufi 
man die gcschichtUchcn Entwickhtngen ilbersehen, voti 
der Pike auf die Werke der Vorzcit studicren; denn 
nur so scharft sich der Blick fiir das Blcibendc, nur so 
fiir die ncucn Wcrte; nur so kann der Kritiker 
seiner Zcit geben, was ihr zukommt. Denn das 
blcibt die Hauptsache: das Erkenncn dts Neuen, des 
Zukunftskraftigen. *Der historisch geschultc Geist mufi 
die Unlust, sich in ein Werk einzufflhlen, das radikal 
Neues bringt, das ncue Werte schafft und in die Zukunft 
wcist, ubcrwinden, Es sollte ja eine Lust fiir den 



A 



2U 



Kritikcr sein, dcm Neuen den Weg zu bahnen. Also 
die Synthese des Musikers mit dem Historiker kann — 
eine Begabung vorausgesetzt — einen guten Kritikcr 
crgebcn. Jeder Kritiker sollte einmal eiii Lied, cine 
Oper komponiert, jeder sotlte einmal die „FlcdermaLis" 
gelcitet haben, jeder sollte Gesangstudicn getrieben 
haben und eine Anzahl Instrumente — nicht blofi das 
unmcglichc Klavier — beherrschen, jeder sollte unter- 
getaucht sein, jahrelang, in die Buntheit des prakiischen 
■Theater- und Musiklcbens. Dann wird der schaffende 
Musikcr den Musikkritiker achtcn, nicht aber oft achscl- 
zuckend tiber tlin hinweggehen, weil er sieht, daB cin 
VcrstSndnis beider Teile eben nicht moglich ist. -— 



Der Kritiker muB sich bewuBt bieiben, daB er fur 
dieLebenden da ist, denn*Musik und Musiker unsercr 
Zeit gehen uns am meisten an. So gewiB mir Cezanne 
oder Georg Kaiser mchr von mir sagen als eine alte 
Madonna oder der KOnig Lear — ohne daB sie groBer 
zu sein brauchen als diese — so gewiB sagt mir ein 
Pfltznersches Werk mehr als ein Beethovensches. Wer 
mir meinc Empfindungcn zu gestatten versucht, stent 
mir nSher. Es ist gegen das cwigc Betonen der Klassiker, 
das eine so tlble Gewohnhcit der Musikkritik ist, zu 
protestieren. Jeder wciB von ihnei, daft sic etwas 
konntcn; aber keiner von ihnen steht so hoch, daB nicht 
auch das Vergangliche an ihm aufzuzeige/i ware. Es 
gilt, Neuland zu entdecken. Dieses cwige Wiederkiluen 
in vergleichendcn Hinweisen ist entsetzlich und zcugt 
von der beschrflnkten Erfindungsgabe der „vernichtenden" 
Kritik, die abgriindig zu sein scheint — 

IV. 

. Eine Begabung vorausgesetzt. — Natiitlich. Das 

Letzte, .was einen Kritiker zum „Kritiker" rnacbt, laBt 

sich nicht lernen. Das geistige Band, welches mit dem 

person iichsten Gewebe alle die gclernten und crlcrnbarcn 

. mcchanischcn Teile verbindet und in Bcwegung setzt, 

, das Letzte,' was die Kritik selbst wieder zu eincm Kunst- 

1 werk macht, ist nicht erlernbar. — Um ein Kunstwerk 

zu begreifen und die Personlichkeit des schaffenden 

Musikers, der es hervorgebracht hat, zu erfassen, mufi 

man selbst ein Kunstwerk hervorbringen konnen, muB 

man selbst ein Kunstler sein. D?e Kritik als Kunst wie 

sie Wilde und Kerr lehrten; ist auch hier selbstverstandlich 

das Letzte, das Erstrebenswerte. 



E. Th. Amadeus Hoffmann versuchtc musikalische 
Stimmungen bestimmter Werkc in Worte einzufangen. 
Freilich, er ist cin Dichtcr, meiir Dichter als Kritiker. 
Ihm ist nicht nachzufolgen, — Schumann und Berlioz 
sind wieder viel zusehr in der Musik, nicht in der Kritik, 
schOpicrisch, als daB sic ihren Kritiken bew'uBt eine 
kiinstlerischc PriJgung geben, wenn auch Schumann oft 
uncndlich dichterisch schon schreibt, unvcrgcBbar mit 
seincm Florcstan und Euscbius. Sie sind Komponi s ten, 
die ncbenbei iiber Musik schricben. Auch ihnen ist 
nicht naclizufolgcn. — Es blcibt nichts iibrig, als bei der, 
Lit erahir- K ritik— zu borgim, Eine intime Bcschiiftigung | 
mit der Literatur, ihrer Entwickhing und ihrcr Bcurteilung : 
ist uberhaupt fiir Musiker, besonders fiir Musikkritiker 
unerlafilich.^'Es gibt so selten Musiker, die lesen, die 
zu lesen verstehen. Musiker sind ein schr beschrankter 
Stand, sie kennen nur Musik, sic fiillt sie nus, sie erfullt 
sie meist so, daB die ganze andcre Welt uberhaupt nicht 
recht existiert. Das BeispicI Bruckncrs ist zu bckannt, 
aber fast alle sind so. Und „gebi!dete Musiker" sind 
heute noch eine angestaunte — und oft eine von den 
anderen beliichelte — Ausnahmc. Eine gewisse Licbe 
fiir bestimmte Dichtungen oder Schulen, besonders fiir 
die deutsche Romantik, ist oft vorhanden. Aber Ver- 
stiindnis fur Siterarischc Form und Ausdrucksweise ist 
selten. Und gerade das ist fiir die Form der Musikkritik 
notwendig. Diejenige Kritik wird die beste sein, welchc ' 
unterWahrung der technischen und historischen Wiirdigung ■ 
ein Werk oder cine Perednlichkeit in ihrcm Werk so vor 
uns aufbaut, daB wir es erklingen zu horen glaubcn; 
klingend durch Worte verlebendigen, durch Worte 
musikalische Wertc nahebringen und musikalische 
Stimmungen erzeugen, dies das Ziel jeder guten Musik-,, 
kritik. — 

VI. 
Der Kritikcr sot! sich freilich davor hiiten, ein musi- 
kalisches Kunstwerk zu erklSren, damit es die anderen 
„verstehen". Ein Kunstwerk kann man nicht erklSren 
und Musik kann man nicht „vcrstehen\ Wex.dje^Kunst 
l^bt^ersteht _sie __schon. Der franzosischc Grenadier, 
der bei dem durchbrechenden C dur des SchluBsatzcs 
der ,Funften a : M vive t'empercur" ausrief, hat diese 
Musik besser B verstanden", als alle Gebiideten, mit dem 
Fiihrer in der Hand. — Der Horer brauclit Liebc — der \ 
Kritiker Liebc und Geschmack, so wird der bestc 
Trank gebraut. 



VERBAND DER KONZERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V. 

Gem elnnmz lgc KonzerfableUung: Berlin W 57, Blumenitial^lraiie 17 

Tdepbon; Amt NOLLBKDOKP 3885 - , 'L'clr.fir.irnm-AdMiBso: PODIUMKUXST 

EngageBMUvermlttlutig, Arrangements von Konzarten, Vortrao*- und KunBManxabenden Ifir Bariin und tile Qrtn des In- and Auslandes. 
Alls Rauatta warden den KUnstlern gutgabracht Niudrisurti l J nm»i<iiii<n als !>ci g*-w«rbsmiUJiKen Konzertagoaten. 



212 



Wichfige neue Mufikalien, Biicher und Auffafze 

iiber Mufik, 

mitgeteilt von 
Professor ^r. Willi elm Altmann, Bcrlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54. 

Diesc Zusammenstcllnng, die moglichst in jedem Heft diescr Zcftschrift erfqlgen wird, will auch noch un- 
gedrnckte groficrc Werkc, voialicm Symphonien, symphonische Dichtungcn, Konzerte, Kammermusfkwerke, Opern, 
Chorwcrke mit Orchester einbeiehen, um namentlich Dirigenten darauf aufmerksam zu machen. Dtejenigen Tonsetzer, 
die derartige Werke (jedoch nivit etwa Klavicrstuckc, Liedcr, M'innerchore) fertig haben, werden gebeten, mich davon 
in Kenntiiis zu sctzen, doch b halte icli mir die Entscheidung uber die Aufnahmc vor. Diese kann audi bei gedruckten 
Wcrken weder durch cin [rise at noch durch Einscndung der betreffenden Musikstiicke oder Biicher erzwungen werden. 
Rticksendung chvaiger Einsednngcn wird grundsatzlich abgelehnt. 

Die Hinzufiigung do Verlags wird Bestellungcn crleichtern- Zu den angegebencn Preisen kommt immer 
noch der sogen. Teuerungs-'ifscfilag scitens des Verlegers und auch des Sortimenters hinzu; er schwankt bekanntlich, 
meist aber betriigl er 100". + 10%. 



L Iriffruritenfalmufik 

a) Orcheffcr (ohne Soloinffr.) 
Andreae, Volkmar: Syrrphonie (C) erscheint im Herbst 

bei Hug & Co T Lpz 
Berg, Alban [Wien|: or. 6 Drei Orchesterstiicke (Pra- 

iudium, Reigen, Masch) noch ungedruckt 

b) Vammermufik 

Berg, Alban [Wien]: op. 3 Streichquartett noch un- 
gedruckt 

' — : op. 5 Vier StiLke f. Klarin. u. Klav. noch un- 
gedruckt 

Brahms, Joh.: op. 40 Trio (Es) f. 2 Klav. bearb. (Max 
Laurischkus). Part. Simrock 8 M. 

Corelli, ArcangeU: Tema con Var. „Folia" [Senate 
op. 5, 12] f. Viol u. Pile (Paul Klengel) Simrock3M- 

Gavinies, Pierre: Sonate (g) f. Viol. u. Pfte (Paul 
Klenge!) Sinrock 2,50 M. 

Geminianl, Fraicesco: Sonate (c) f. Viol. u. Pfte (Paul 
Klengel) Sinrock 3 M. 

Located*, Piero: op. 6 Nr 9 Sonate (li) f. Viol. u. Pfte 
(Paul Klengel) Simrock 3 M. 

SeJden«Goth, Gisela [Berlin]: op. 35 Quintett f. Klav., 
2 V., Br. u. Vc noch ungedruckt [UrauffUhrung 
II. 4. Benin] 

— : op. 42 Quartettino fugato f. 2 V, Br. u. Vc noch 
ungedruckt 

WJM-.er, Arthur: op. 23 Sonaten f. 2 Viol, Nr I (D) 
2 (B . ' Madrigal-V, B.-Wilmersdorf je 6 M. 

Zilcner, ;ierr;enn: op. 16 Sonate (D) f. V. u. Pfte. 
Breitkopf & H- 4 M. 

c) Sonffige Irtjfrumentalwerke 

Bach, J- S. : Klavierwerke unter Mitwirkung von Egon 
Petri und Bruno Mugellini hrsg. v. Ferruccio 
Busoni. Breitkopf & H. Bd 6 FranzSs. Suiten 
5 M-, Bd 9 Partita 1—3 4M. | 

— : Drei Konzerte f. Viol. Mit Pfte bearb. (Issay 
Barm as) Nr 1 (a). Alert & Co, Berlin 4 M- 

Bartok, Bela: Quatre Nenies p. piano. RozsavOIgyi, 



Budapest 3 M. 
Borner, Kurt: op. 14 Ballade (cisj f. Pfte. Hansa-Verl., 

B.-Wilmersdorf 3 M. 
Busoni, Ferruccio: Concertino f- Klarin. (B). Mit Pfte 

(O. Taubmann). Breitkopf & H. 3 M. 
Emborg, J. L.: op. 32 26 Choralvorspiele f. Org. 

Hansen, Lpz 9 M. 
Friedman, Ignaz: op. 82 Nr I Sonatina (C) f. Pfte. 

Univers.-Edit. 3 M. 
Hauer, Josef: op- 17 Phantasie (in -"tonaler Noten- 

schrift) f. Klav. Selbstverl. Wien VIII, Joseph- 

stadterstr. 74 1,50 M. 
Laitha, Lasslo: Sonate u. StUcke f. Klav. Harmonia- 

Verlag, Budapest 
Siebert, Eduard: Technische Studien f, vorgeschrittene 

Violinisten. Alert & Co, Berlin 5 M. 
Wi liner, Arthur: op." 25 Tanzweisen. Klavierwerk 

Bd I. Madrigal-V. f B.-Wilmersdorf 12 M. 
Zuschneid, Karl: Ausgewahlte Vortragsstucke f. den 

Klavierunterricht auf der hSheren Mittelstufe. Mit 

genauerBezeichnung u. instrukt.Erlautemng. Vieweg, 

B.-uchterfelde Bd 1 5 M., Bd 2 7,50 M. 

II. Gefengsmufik 

a) Opera 

Mauke, Wilhelm: op. 73 Das Fest des Lebens. Oper. 
Klav.-A. Univers.-£dlt. 20 M. 

Wendland, Waldemar: Sukov. Tragische Oper, Text 
von Olga WohlbrQck. In Vorbereltung beim Flgaro- 
Verlag, Berlin. UrauffUhrung im Sept. in Basel. 

b) Sonffige Gefangsmufik 
Berg, Alban [Wien]: op; 4 Ftinf Lieder f. I Singst. mit 

Orchester nacb Ansichtskartentexten von Peter 

Altenberg noch ungedruckt 
Lewy, Leo: op. 6 5 Gedlchtc von Max Dauthendey 

je 1,50 M.; op. 8 Drei Volkslieder v. H. Ldns 4 M.; 

op. 12 FUnf Lieder je 1,50 M.; op. 14 2wei Lieder 

a, d. Kiiaben Wunderhorn 4 M- Madrigal- Verlag, 

B.-Wilmersd, . 



2J3 



Moser, Hans Joachim: op. 5 Vier Lieder. Hansa-V 
B.-Wilmersd. Nr 1 u. 3 je 1 M., Nr 2 u. 4 je 1,50 M. 

Schoeck, Oithmar: Trommelschiage. F- gem. Chor u. 
gr. Orch. Klav.-A. Breitkopf * H. 2,50 M. 

Selden-Goih, Gisela [Berlin]: op. 44 Vom monchischem 
Uben. Ein Cyklus von GesSngen aus R. M- Rilkes 
Stundenbuch f. Bariton, Chor, Orch. u. Org. noch 
ungedruckt 

Simon, James: op. 25 Sieben Lieder. Madrigal- V., 
B.-Wilmersd. je 1,50 M. 

III. Biidier 
und Zeiffchriffen-Aufta^e 

(atphsbetisdi sowohl nach StichworUn vvie nach den 
Verfassem geordnct. Bci Zcitschnf tcn-Aufsitzcn ist 
limner mit Nr die des laufenden Jahigangs gcmeint). . 
Abendlandische Musik, Die, im Mannesalter. Von 
Josef Hauer - in: Musikbiatter des Anbruch 9 
Anton, Karl - schema 

AuswendiRspielen. Vom formalbildemlen Wert des 
Auswendigspielens. Von Rud. Hartmann - in: 
Neue Musik-Ztg 16 
Bach, Joh Christoph Friedr. - s. Breitkopf 
Baumgartner, Wilhelm. Zu seinem 100. Geburtstag - 
.in: Neue Musik-Ztg 16 
Beck, Joachim — s. Blech 
Bcnda, Musikerfamiiie - s. Breitkopf 
Blech, Leo, als Dirigent. Von Joachim Beck - in: 

Musikbliltter des Anbruch 9 
Braun, Emil - s. Cremona 

Breitkopf. BeitrSge znr Breitkopfscben OeschSfts- 
geschichte (Karl Heinr. Graun, Joh. Heinr. Rolle, 
Friedr. Wiih. Marpurg, Joh. Albr. Pet. Schulz, 
Joh. Priedr. Reichardt, Job. Rud. Zumsteeg, 
Joh Christ. F. Bach, die Familie Ben da, Ernst 
With. Wolf). Von Herm. v. Hasc - in: Zeitschr. 
f. Musikwiss. 8 
Carriere, Paul — s. Distonalitat 
Chantavoine, J.- s. Chopin rhaTlta 

Chopin. LMtaliasnisme de Chopin. Par J. Chanta- 
voine - in: Feuillets de pedagogie mnsicale 10 
Choreesang - s. KSaagschflnheit; Schweiz 
Cords, Gustav: Zafcimft des deutschen Orchester- 

musikers — s. Deutsch 
Cremona. Die Frage des Cremonesei Geigenlackes. 
Von Emil Brann - in: Schweizer. musikpSdag. 
Blatter 10 „ 

Deutsch. Die Zukunft des deutschen Orches'ermusikers. 
Von Gustav Cords - in: Deutsche Musiker-Ztg21 
Deatscher Meister - s. Oper 
Distonalitat. Von Paul Carriere - in: AHg. Mus.- 

Ztg22 

Oeieenlack — s. Cremona 

Geistliches Volkslied, Unser. Geschichte u- WGrdigung 
lieber alter Lieder. Von Hermann Petrich. Bertels- 
mann 17 M. 

Q5rilt«rDie aite'sten urkundlichen Nachrichten fiber 
das musikalische Leben in ^hr 7 Muslfc^isI 8 
M. Gondolatsch ■>- m: Zeitschr. J. Musikwiss. o 



Qondclatsch, M. -■' s. GOrlitz 

Graun, Karl Heinr:~ s. Breitkopf 

Hartmann, Rudolf - s. Auswendigspielen 

Hase, Hermann v. - s. Breitkopf 

Hauer, Josef - s. Aendiandische Musik; Klang- 

farbe 
Hauses^er, Siegm. v. - s. Wagner * 

Hausmusik,DieZukunlderH. Von Eugen Schmnz — 

in: Musikbiatter desAnbruch 9 
Jachimecki, Zdsislaw - s. Polnische Musik 
Irrgarten, "Aus dem utsikalischen J. Von F. A. 

Kohler — in: Neue Ausik-Ztg 16 
Istel, Edgar - s. Oper 

Klangfarbe, Cber die. Von Josef Hauer op. 13. 

Selbstverl., Wien VII!, Josephstadterstr. -4 1 M. 

Klangschonheit. Zur PHe;e der Kl. im ChorgesatiR. 

* Von Mollv v, Kotzebue.- in: Der Chorleiter 10 

Kohler, F. Albert: Mein Wedegang als Tondichter — 

in: Neue Musik-Ztg 16 
— : — s- Irrgarten 

Kotzebue, Molly v. — s. KlaigschSnheit 
Uele, Hermann — s. Schv.-ez 
Mahler, Gustav. Eine Erkenrtris. Von Hans r-erd. 

Redlich. Carl, Nilrnberg 3 M. 
Marpurg. Friedr. Wilh. — s. Breitkopf 
Melodic — s. Umwertung 

Mozart Eine Bflhnen-Neugestiltnng von Mozarts 
Idomeneus. Von Walter Seinkauler - in: 
Mozarteums Mitteilungen 3 
Musikjteschicbte, illustrierte, Emil Neumanns vol - 
stSndig neubearb. u. bis auf de Gegenwart or 1- 
geffihrt v. Eugen Schmitz. 4. i.,fl. Union, Stutt- 
gart geb. 52 M. 
Neumann, Emil - s. Muslkgesch elite 
Oper. Das Bach der Oper. Die d>uischen Meister 
von Gluck bis Wagner. Von Ecgar Istel. Max 
Hesse 13,50 M. 
Orcheitennusiker -■ s. Deutsch 
Petrich, Hermann - s. Geistliches tfolkshed 
Pfeiffer, Albert - s. Speyer 

Polnische Musik der Jetztzeit, Ubtr die. Von 
Zdsislaw jachimecki - in: Musikal Kuner Nr 20 
Redltch, Hans Ferd. - - s. Mahler 
reichardt, Joh- Friedr. - s. Breitkopf 
Ritter, Julie — s. Wagner 
Rolle. Joh. Heinr - s. Breitkopf 
Scheidemantel, Karl - s- Stimmbildung 
Schmitz,Eugen-s.Hausmusik;Mnstkgf ) schuht. 

Schrent, Walter s. Umwertung 

Schnlz, Joh. Albr. Pet. - s. Breitkopf 

Schweiz. Vom Chorgesang in der Schweiz seit 1914. 

Ein Ruck- und Ausblick. Von Hermann Loele - 

in: Der Chorleiter 10 
Sptyer. Liedertafel-Cacilienverein Speyer 1819-1919. 

En RQckblick auf 100 Jahre Speyerer Mus.kleben. 

Von Albert Pfeiffer. Michelsen, Speyer 4 M. 
Steinkauler. Walter - s. Mozart 
Stimmbi'.dnng. Von Karl Scheideraantel. 

verand. Anil. Breitkopf & H. 4,50 M. 



7. stark 



214 



Thoma, Hans, der Maler als Musiker, Dichter und 
Mensch. Von Karl Anton. G. Braun, Karlsruhe 3 M 

Umwsrfung der Meiodie. Von Walter Scnrenk - 
in: Musikblatter des Anbruch 9 

Volkslicd. Gesellschaft zur PNege des VoIksHedes. 
Von Brun= Ziegler - in: Der Chorleiter 10 



W von Cr ' si?™" 1 ' v Bri £ fe a " FraU ^ ulie Ritter - Hrsg. 

— :.— s. Oper 

Wolf, Ernst Wilh. - s. Breitkopf 
Ziejler, Bruno — s. Voikslied 
Zumsteeg, Joh. Rud. - s. Breitkopf 



Aus dem Inhalf der bisher erfdiienenen Melos-Heffe: 



Heff I 

niCJfMAN.VSCJJ^RCHKN'. . O.-lntwori 

fJKIiaiAN'NsCllKJtc/Kx: .' li?;, 
fi-o t. OSCAK m K _ vSr.i 



r. ; i.KicnTRxrinrr 

nK;:MANNs r „KJ; ( ;i, K y; 

l'"' r . J'r. ALTMAXN . . 

HKILAHUN": Kul^iniil,. „■„„ 
-'Ms Protilian", Limj v «i 



. riiiniscli- MiiMk 
. »fi..| ll .rl, l .sprf V ln,,, K 

■ Z» Hnn« l-Hrwir-w A.tl, 

•IlT ri11l«ik.lJJ8..l,.H| 1 

■ Ui-ilr-wt,.!,,],, i V,., 1(irsi . h) . , i 1 
um, Manuskripti, 

Kdunrd Knlm. 



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i Knksi 



Dr. HL-i;o IJ-JJCIfTi^NTRi'rT 
AU-RKJj DOUJN 

ik in a Finn, wixwsrii 

1 col. Dr. AI/I\\ivxN . 
HKI^AMK:.. ( ;,, a)J ; (lfI ., i , ji(K , v . ( 



Heff II 



•iion in 



f'f'r nouo Strom, 
der Musik 
Mo.Ierrm Kiaviurm.isik 

tint K:i.I.vpsor ** 

Miisj'iHliwj,,, K„i, „ r f r . IBt , n 

nitisil(;",;vsio][i"tc 

S"MaiSi^;r- !] «■ 

•■H.'iri* Ttw* n in Fnksitnil 
» : ubpr*..tatv. Liid. I^r-eri 



HERMANS .SCHiaTlIKN ' 
LnitKKZ HObMit ' 



Heff III 



i d.-w iii 



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ijJH(KNZ HObKH" ,,v """' ' ' fl". 1 '- 1 "?". 1 "," 1 diw 0«£""t<.r 

jritfiKN- vox der wrwsk ii r l 7"S ,n ^ Ar ^. N '. ikI ' f ' lh * R 

"■ "'. DJJA13KK . . n; d v-V" !,c 1 h ,. 

• ■ • ■ J'ti> iNikistlj.proprriimirm und 

ArtTIII'R XJKISnrr i- tm,Mlfc;L l<who EorlsHiritt 

■ • . - ?jririnc.riin K ,.i, nus moinur 

I'ruf. Ji r . ALTMAXX- , . LVZ'.T ^v^™' , • 

PORTRAIT: ARTHUR \TKlQrn A^" 11 "*"^ 

ont.Ufa.nSp.ro, \ orlae Julius Dart, iieriiuj 



C&'SAH SAKRcillNGKR.' ' 
Dr. ALFHKI) HOBLTX [ 

HTAYAT KHAN , . . 
Prof. Dr. ALTHAKHr . '. \ 

BKILAGE: AUn-d Mombort: 



Heff IV 



IW neuo Strom, JIJ. 
1 lenort Vorliftltnw K . TonalitJit 
Mtiwkftlischo PcrBpnfctivi.n. I T. 
AmnnJftiimelm Musik 

Jisdii-m Lamn 
Musikwoishuit dor Iudor 
"•'doiitondo NenHMchninunBon 
■ und Meinuskripto 

Jlliitti dos Chaos", 
Hans Jurgoa von dor Wooso 



WHTXZ 'ITESSKiV 
It EL A BAHTOK . 

Jir .Hans wmismawn! .' 

JJLDOM.- CAJIN-SPEYER . 



Heff V 



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Das Problem d. n^npn Musik 

Jlio KDipratigimdnn 

Diit Xotdor KonKortori'hi'sltir 
und difl KjitwicklunR , dnr 

niphontsditsn Musik 
j-.'Hu'rbesproi-liunp 
Il-ilinitnndo Kcuorsclicinunj:. 
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Manlrnd Crurlitt 



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ol. J)r. AI/rMAXX . 



Heff VI 



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lv Mahlttnt Ekatatio «in Ver- 

Pro,i),OSKARinE .... SlScho P^ ok tivo n , 
Dr. irrtJO 1-EICJlTEKTRITT r. ,<r D t" 9 r, i fc ?™! ,in 

von / H.7™ •'.• ^^ecerbniir-ji. No. 1 ist una 
Wolfrhit n,S £ W8lte »'- 1 H»Tn Dr. Werner 
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Heff VII 



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Heft VIII 



2J5 



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Die Lieder von Hermann Hans Wefzlep 



op. 6. 5 Lieder (M. 4.—) 

(Abschied. Deiner hellen 
Stimrne frohlichen Klang. 
DieSonnesank. November. 
Beherzigung). 



op. 



8. 5 Gedichte von Rob. 
Burns (M. 3.—), (Eppie 
Mac Nab. Hochlandisches 
Wiegenlied. MuBt es pro- 
bieren. DerstaubigeMUller. 
Kriegerisches Spottlied). 



op. 9. Zwei Gedichte von 
Michelangelo (M. 2.—), 
(Sonett und Madrigal). 



Weitere Lieder in Vorbereitung. 



erweisen in ihrer ganzen Linie die 
Kennzeichen feinsinniger Kfinstler- 
schaft, einer bedeuienden schopfe- 
rischen Natur, die in ehizelnen 
Stiicken zu einer Hone sich empor- 
hebt, zu der nur sehr weniges aus 
der modern en musikalischen Lyrik 
empor ragt. — Diese Lieder sind 
Inspirationen, dem Allerbesten eben» 
burtig, das unsere Zeit auf dem 
Gebiete des sensitive!] Liedes ge- 
schaffen hat. Das sind Stucke von 
subtilster Feinheit, vol! kostlkher 
Musik und aus einem GuB. Und 
so steNen seine Lieder kiinst- 
ierische und lebende Werte 
dar, an denen sich, dessen sind wir 
sicher, die Kunst unserer Zeit und 
der intime Konzertsaal noch einmal 
bereichern werden. Ob das heute 
Oder morgen geschieht, wer kann es 
wissen? Aber geschehen wird es!" 

(Ferd.Pfohl in den Hamburger Nachr.) 

N. Simrod* 1:1 

Musikverlag 
:BFRLIN und LEIPZIG : 



m mi 



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5S&. QRAMMOPHONE 




SpczialiUt: 

Salon- 
Schrank-Apparafe 



M^SCHOLZ 



HAUS 
BERLIN 0. 34 



Frankfurter 
Allee 337 



Pianos 

nur erffklallige. 

Harmoniums 



99 



FAMA 



99 Dr. Bordiardf & Wohlauer 

FEILTIGPTELLUNG ALLER MUSJK-AUFTRAGE 
Correpotition . Transposition . Auffichxoibun Rogobener Molodin 



KompositioQ . Instrumentation 

NOTENSCHREIBEN 

Charlcttenborg 4, Wielaadflta. 40 Fer.isprocher: Stoinpl.it!! Ctjl": 



' Breitkopf & Hartel - Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe 21 

Zentralstelle fGr in- und auslandische Musik 
Flugel . Pianos . Harmoniums 



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IPs 




-i^Jf- 



. -^-^J-.snrSIPBii!^ 




Krx-li.iinr urn 1. und Hi. jediTi Jlonat-s. Vai bwifli.Mi (lurch «li.. l'os{.-inst.-Llt..ri. Un-h- u. Musikitlionliandlim«i'ii. sowiu <iir.ikt vorn Vorl.'i;;. 
Il.-raii^.-h-i-: HKKMANX SCHEIH'HKN. H.-rliii-Friod.-n.-.u. Wu.rd.Tnlrn.-r Str:iBc 7. - 1'Vrnruf: JT.-ilzl.in- ss.T. 

IlchiM'-.n: lii.Tlin-UViOiiM'.-, IVrlimT All..'.. 71. fVniruf: (U'„. 1M). ~ Y,.r] :..,-: Bi'riin-'Wi'ilionsi'.'. - lU'rlmm- AIU»o 71. I-Wumf: \Cs. ILV, 
I'r.-is tin* Kini.-lh.-ft.'s Mk- IMU, im Vicrti-lj-Aborirj. Mk. VI.-. t».-i Kr.-iuh.-imll"'/!!™ vi«.rt.>lj7ihr[icli Mk. l.'i. ■-. - .NiiWirli-ui-ii vori,.-liiilti-fi. 



Nr. 10 



Berlin, den \. Juli 1920 



I. Gfahrgang 



INHALT 

HEINZ TIESSKN Das Tonkun[flerfe)*f des Allgemeinen Deuffchen 

Mufikvereins Weimarer Ergebniffe 

FRITZ STIEDRy . Aus einer Denkfdiriff • 

A1FRED DOBLIN Die Selbfflierrlichheif des Worfes 

GERHARD STREKE Arnold Sdtonbergs Op. XIII. 

OSCAR GUTTMANN Bucherbejprediung 

Prof. Dr. WILHELM ALTMANN . . Bedeufende Neuerfdieinungen u. Manujkripfe 

BEILAGE: Alfred Schaffmann „Nun die Blatter weik und braun". 



„MELOS" 

in einer tuxusausgabe 

erfchelnf monaftidi einmal im Kunffverlag 

Fri£ Gurlift Berlin W55 



Id 



Das Tonkiinfflerfeff des Allgemeinen 
Deuffdien Mufikvereins 

Weimarer Ergebniffe 
Von Heinz Tieffen. 

Die Jubilaumsfeier, das fiinfzigffe TonkiinfGerfeff des Allgemeinen Deuffdien Mufik- 
vereins war zugleidi eine Feuerprobe und ein Sieg. Eine Feuerprobe der Lebenskraff 
des Allgemeinen Deuffdien Mufikvereins, ein Sieg der jungen Kunff. Mag immerhin 
die kompakfe Majorifaf der Mifglieder im Prinzip konfervativ gefinnf fein: mag fie in 
der Wahlhandlung gegen eine Kandidafur ffimmen aus ungerechfferfigfer Beforgnis vor 
dem Eberhandnehmen der Forffchrifflichkeif (?) — — in dem Augenblicke, da Kunff 
fpricht vergif5f die Majorifaf doch fponfan ihre prinzipielle Cefinnung und la£t fidi aus 
ihrer Schwerbeweglidikeif auf ruff ein durch den zwingenden Eindruck einer kunff lerifchen 
Pofenz. Warum war Scherchens Sfreidiquarteff der ffarkffe Erfolg des ganzen Feftes? 
Warum fand Erdmanns Symphonie ebenfalls eine fo begeifterfe Aufnahme? Entfdieidend 
iff hier wie ffefs das keimkraffig Eigene, der Funke, der in ihnen lebt und auf den 
Horer zwingend iiberfpringt Diefe beiden geradezu demcnftrafiv wirkenden Erfolge 
Sdierdiens und Erdmanns haben efwas ungemein 3erurrigendes: fie widerlegen jene 
fkepfifchen Gegner der Tonkunftlerfefte, die in diefen Veranffalfungen nur einen aus- 
fichfsreichen Markf fiir Miffelware fehen wollen. 

Nur in einem Falle liep" fidi die Majorifaf doch nodi nidit iiberzeugen: bei den 
fiinf Orchefferffucken op. 16 von Arnold Schonberg gab es Entriiffung und Begeifferung 
gemifchf. Dodi audi das iff bereifs viel werf. Was aber iff es. dem fich zu widerfe^en 
ftrebf, wer zu Pfiff und • Ilohngelachter greift? Iff es. rein mufikau'fth, die neue Ton- 
fprache, die beunruhigend und herausfordernd wirkf, oder iff es, mehr im menfchlichen 
Sinne, der daraus fprechende Geift? Ich gabe efwas darum, wenn mir jemand plaufibel 
machfe, warum in aller Welf fo viele Leute diefe Kompofifionen iibelnehmen. Ahnliche 
Ausdruckswelfen find in der Dichtkunft jedem gelaufig und felbjfverftandlich. Und iff 
der Weg von Lifzfs Mephiffopheles-Sa£ liber Strau£ens Widerfacher. Hero des, Klytamneftra 
wirklich nodi fo weif zu diefem Schonberg? Zu dem DiaboliJ'chen, fchneidend fcharf 
Sarkaffifchen, Schreckhaiften, Beangftigenden. Beklemmenden. das da alles im erften 
und vierfen der Sfiicke fein Spiel freibf und Tonbilder vorrftrafffter Konzentrafion und 
afemraubender Eindringlichkeif bietef? Das Zweife der fiinf Stiicke iff durdiaus im 
alfen Sinne Jcnon": reine wehmutig-romantifdie Lyrik von feingefponnener Pragung in 
Liniengewebe, Harmonik, Farbe. Das drifte iff eine impreffioniffifche Wafferflachen- 
Sfudie, ein in wedifelnder Farbung fchwebender Akkord, ein ftarkes eigenartiges Gebilde. 
Das lefjfe Sfiick, ein leidenfchaftlich fief fdiwingendes Bekermtnis, iff vielleidif das 
innerlich groftfe. 

Nachdrucklichff verdienf es Dank : da£ der Vorftand des Allgemeinen Deuffdien 
Mufikvereins ein neueres Werk Schonbergs zur Auftuhrung gebradu hat. Ein iiber- 
ragendes Werk wie diefes auf jedem Tonkiinfflerfeffe. es war ein Ziel aufs Innigffe 
zu wtinfdienl 

Eduard Erdmann fraf mif einer einfa^igen Symphonie auf' den Kampfplatj und 
ging als ein Sieger hervor, auf deffen geradezu hinreij5endes Temperament und fiefe 
fchopferifche Begabung wir unbedingf die grojMen Hoffnungen fe^en diirfen Seine 
hier nodi unausgeglidiene Tonfpradie mifchf verfduedene Einfliiffe, iff aber gerade 
durdi diefe ffiliftildie Unvollkommenheif ein infereffanfes IDbergangswerk. diarakferiftifdi 
fiir unfere Zeit, in der fonales und afonales Empfinden mifeinander ffreiten und der 
Itichhalrigen nidif mehr vereinfeitigenden Synthefe harren. Otto Befch fteht da noch 

213 



hichf fo weif in den Problemen unferer Zeit Seine „phantaftijche Guverfure: E. T. A. 
Hoffmann** gehort ais Talenrprobe ebenfalls zu den Haupt-Gewinnen der Feffkonzerfe. 
Was diefer fchwerbliitige Oftpreuj3e empfindef und fchreibf, iff innerlich und edit Viel- 
leidif bedeutet fur ihn die Auffiihrung in diefem Rahmen ein Stimulans Jeiner weiferen 
Enffalfung] — Die ubrigen Orchefterwerke fagten nichfs Hervorftechendes Oder wefenflich 
Neues aus und ftellten gewiffermapen eine im Ganzen durdiaus gediegene Grundlage 
mufikalifchen Konnens vor: fo Hermann linger, deffen „Landliche Szenen" viele Ziige 
rheinifch mufizierfreudiger Liebenswurdigkeif aufweifen; fo audi Bruno Weigl, deffen 
drei an fid: gefchmack voile Sfimmungsbilder durch mangelnde Gegenfachlithkeit in diefer 
Gruppierung ermiiden. Das reinlich empfundene „Vorfpier von ^ermann Grabnei 
und der anfangs hubfche, dann durdi allzu robuffe Partieen getriibfe ^Tofenfanz" von 
Georg KieTfig vervollftandigen die Reihe der Orchefterwerke. 

Betriiblich gering war hingegen die Ausbeufe an Liedern, die in keinem Konzerte 
fehlfen, fei's mit Orchefterbegleitung, lei's mif Klavier. Idi kann hier einzig Alfred 
Schattmann erwahnen. unter deffen Liedern fiir Sopran und Klavier fich Stiicke von 
aparter, neue Wege fuchender Haltung und ftarkem poetifchem und menfdilidiem Gehalf 
befanden, wie die zarte Nafurftimmung -Abend am Seefteg" und vor alien das wahrhaff 
ergreifende „Nun die Blatter welk und braun". — Nur ein einziges Klavierwerk wurde 
uns befcherf: eine Sonate a-moll Op. 46 von Jo[eph Haas. Fiir den Komponiften 
bedeutet diefes Werk nach meiner Empfindung eine nicht unwefenfliche Verlangerung 
feines tonfprachlichen Radius. Der Schwerpunkt und Wert des mit Meifterhand ge- 
Jfalfefen Werkes liegt in feinen Mittelfatjen; am fchwachften 1ft das Finale. Schade war 
es, daj5 man nidit mehr Klavierwerke horfe! Heufe wird fiir Klavier Bedeutenderes 
und im Sinne der Entwicklung Widitigeres gefchaffen als fiir Gefang. 

Von den Werken. mit denen die Kammermufik vertreten war, nenne ich nur eins, 
habe es bereits zu Anfang genannt: das Streich guar tett Op. \ von Hermann Scherchen. 
Ein Werk von wahrer innerer Gr6}5e. Hier fpricht eine Perfonlichkeit, hier fpricht ein 
ganzer Menfch. Bedeuti'am und weitgefpannt in der melodifchen Erfindung, groj5ziigig 
zielbewu£t und fdiarf profiliert im Rhythmus. Was den Gefamtbau betrifft, fo kann ich 
pe'rfonlich nidit mehr voile Wiederhoiungen ab ovo horen und mitfiihlen, fobald der 
innerlidi erlebte mufikaiifche Prozc£ einmal abgelaufen iff, fondern da verlangt es mien 
nach zufammendrangenden Kronungen. Hierin wurde ich zu nachtraglicher Konzen- 
trierung rafen. Da$ frotjdem diefe „Langen" den Erfolg des Werkes nicht beeintrachfigen 
konnten, zeugt von der Eindringlichkeit und Spannkraft des fchopferijehen Wurfes. 
Ich hoffe ubrigens. da£ Scherchen Jein orcheftrale Krafte atmendes Werk auch fiir Streich- 
orcheffer inftramentieren wird f wio Schonberg es mit feiner „VerkJarfen NadM* getan hat. 

Als Auftakt zu den vom A. D. M.-V. gebotenen Werken wurde den Mitgliedern durch 
das Weimarer Nationaltheater Paul Graeners heifere Oper: ^Schirin und Gertraude" 
(Dichtung von Ernft Hardt) im Rahmen des Tonkiinftlerfeftes dargebrachf. Eine klang- 
fchone Partitur mit viel wohliger. teilweife prachtiger Melodik, doch ohne die ganze 
Befchwingtheit und groteske Komik, die der reizende Stoff birgt. 

<$= 

Das Weimarer Tonkiinftlerfefi war eine Feuerprobe der Lebenskraft des AHgemeinen 
Deutfchen Mufikvereins und ein Sieg der jungen Kunff. Daraus follten manche 
Komponij'ten jiingfter Richtung. die fich dem Vereine *keptifch femhalten, die praktifche 
Konfequenz Ziehen ! Wer wollte der Leif ung des Vereins nach diefem Fefte den Vorwurf 
der RiicMtandigkeif machen? Won] aber kann man umgekehrt beklagen. da£ die Be- 
teiligung der neuen Generation [ehr zu wunfehen iibrig la$3t: Erganzende Auffrifchung 
des Plenums durch Beitritt und Einfendung -• Pofitive Zufammenarbeit aller wertvollen 
Krafte ift das. worauf es ankommt! 

219 



I -I 






Aus einer Denkfdiriff 

Von Fri£ Stiedry. 



Der Herausgeber des rt Melos M hSU Teile einer Denklchrift, die vor drei Jahren dem General- 
intendanten der Berliner Kgl. Schaufpiele tibergeben wurde, fUr wert der Veroffentlichung. Das 
Icheint leine Sache und Verantwortung. Meine Sache ift es zu fagen, daB ich die.Grund- 
anrchauung jenes Auffatzes heute nicht vertreten werden k5nnte. Ich glaube wohl an die 
Allheilfamkeit der Ekftafe, doch nicht der dionytifchen Mulik, die, phyliologifchen ZwSngen unter- 
worfen, keineswegs ^berall und immer Wirkung Uben rnuB. Ich glaube, im Gegenteile, heute 
und fUr uns, an Notwendigkeit und Segen gewiffer Kafteiung und hoffe, daB unerbittlicher Sturm 
der Ereignilfe gewiffe „Kur.ft"-Formen wurzelhaft verfchwinden latEen wird, als da ilt unferen 
■ ganzen Opern- und Konzertbeirieb, unrer abfcheulichft verfahrenes Instrumental- und Unterrichts- 
wefen .... — . Die Denklchrift beftand aus einem theoretifchen und einem praktifehen Abfchnitt. 
Nur der erlte kommt im Folgenden zum Abdtuck; verkiirzt, mit einigen Zufatzen (z. B. liber 
Apollinik, Beethoven, etc.), doch ohne Anderungen. DaB ich inn nur im Hinblick auf den 
: j fachlichen zweiten Teil fchrieb, wird gebeten nicht zu vergeffen. Sonderiich im Gebiete der 

Mulik ilt alle Theorie unnOtig langweilig lappifch — nur zu verteidigen, fofern fie Aufhellung 
des BewuBtfeins zu neuer Tat bezweckt. 

* 

Berlin, Ende Mai 1917. 
Ew. Exzellenz 

habei; die Kapellmeifter der Rgl. Oper durch ein Zirkularfchreiben aufgefordert, Itch mit 
Voridilligen zur Geltaltung des nachftjahrigen Spieiplanes zu auBern. Darauf nehme ich Bezug, 
wenn ich mir im Folgenden geftatte, einige aus dem Rahmen des Alltaglichen fallende Gedankcn 
zu Ew. Exzellenx Erwagung ehrerbietig zu unterbreiten. — 

Was imhier die nachfte Zukunft bringe:i mag, der FeinhSrige wird fich in der Wahrnehmung 
nicht beirren laffert, daB das ungeheure Er'.ebnis dreier Kriegsjahre die deutfche Seele grundlegend 
verwandelt habe. Die Zukunft wird an diefem Wsndel nicht vorbeikommen. Er liegt weniger 
im BewuBlfein des Volkes, als in der Welt Ieiner Empfindungen und Inftinkte. Hilfslos richtungslos 
erwartet erfehnt fordert man, wofttr, man weder Namen noch Begriff hat. Doch dies vage Verlangen 
befteht. Niemand kann es leugne:*: Ein Weg zu Ieiner Befriedigung ift die Kunft; die Dionylik; 
die Mufik. — In Zeiten chaotifchen Wirrlals, da Schickfal und Leid des Einzelnen vor der groBen 
allgemdnen Not verfinkt, erweiBt fich die Wahrheit gewiirer Ideen Friedrich Nietzfches: Von der 
ETlulung durch den Schein; von der Kunft als dem einzigen metaphyfilchen Hafen der Menfchheit; 

von derFlucht aus belaftetem Dafein ins Dionyfifche ufw Diefe Gedanken, die angeregt 

durch das Riltfel der griechifcn<;n Tragodie in einer Synthefe des Griechentums gipfeln, fur uns 
Deuifche nutzbar zu machen, das heiBt zu finnlicher Tat_zu erhohen, ift von Niemandem und 
nirgends verfMcht worden. Der Tat hatte vorauszugehen Ktarheit iiber zu befchreitende Wege zu er- 
reichende Ziele, Auseinanderfetzung mit M^nnern, die einft Verwandtes wollten odergroBe Beifpiele 
gaben, wie Letting, Schiller, Wagner neuerdings Mahler; Auseinanderfetzung mit beftimmten 
ethirchcn Grundbegriffen ufw.: Dann zeigte fich der (nicht allzu oft erkannte) Zu Tarn men - 
hang zwifchen den Begriffen des Dionyfifchen und der Kultur; es zeigte Hen, das gerade 
infolge diefes Zufammenhangs irgend eine Kultur ohne Fuhlung mit den Machten des Dionyfos 
nicht entftehen gelchweige beftehen kunne (fiehe den iehrreichen Verluch der Renaiffance); daB 
aber nun vielleicht eine Zeit nie geahnter feelilcher Alogtichkeiten gekommen Tei, eine Zeit wie 
gefchaffen zur Brlicke ubcr zweitaufend jahre tiefen Abgrund der Kulturlofigkeit; dali die Sehnlucht 
nach SeibftentauBerung, durch grenzenlofes UngtUck wachgerufen, den natiirlichen Boden jener 
„tragilchen Gdinnung" bilde, auf dem aus der Wurzel der dionyfifch-mufikalilchen Veranlagung 

220 



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Sotunbcilagi? zu*,Meloa- 7. H.-ft Mai littO. 



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des deutfchen Raffecharakters echte Kultur endlich TprieBen und gedeihen kflnne; und fchlieBlich: _-] 

der Verfuch dfirfe, mtlffe nunmehr gewagt werden. .• 

Dieter Weg leitete rnich zu dem Gedanken, den ich hiermit Ew. Exzellenz vorzulegen mir 
erlaube. — 

Ich denke an ein muTikalifches Feftfpiel umfartenden Charakters und feierlicher Art, an 
eine Vorfiihrung der gefamten deutfchen Mufik; und zwar, da dies die Fahigkeit einer einzelnen 
KOrperkraft bei weitem Uberftiege, durch die vereinten Krafte aller und der bcften deutfchen / 

Kunftler. 

Dies fieht vielleicht verwegen aus, und man mag zunachft geneigt fein, den Vorfehlag als 
phantaftifcheMufikerimproviration kurz abzunehmen. Ich bitte um weiteresGehor. — Der Widerfinn , | 

einer buchftablichen Befolgung liegt am Tage. Niemand kann ernftlich daran denken, die filnfhundert 
Oder mehr BSnde der Bach'fchen, Mozart'fchen, Schubert'fchen etc. Monumentaiausgaben aufzu-. 
fUhren." Die Notwendigkeit der Einfchrankung iff evident. Wir fragen nach ihrem Charakter. 
Die Antwort heiBt: es gibt nur einen AusIefemaBftab; das dionyfilche Element. Alio das wahrhaft 
Lebendige? Darf man Fo gleich fetzen? Ja und nein. Die gleiche dionyfifche Wirkung hat 
zwei Wurzeln: das Mittel (oder die Form) und den Inhalt des mufikalifchen Ausdruckes. Wps 
einft die Flote des Pan, was vorgefiern Kanon und Fuge, gettern geftopfte Trompeten waren, 
heiBt heute horizontale Mutik oder Akkondkontrapunkt. Dies bedeutet von dem'fruhen Augenblicke 
an, als die Mufik, ihres Uberfinnlichen Wefens bewuBt, lich ihrem Inhalte. nach nicht mehr 
werentlich andern konnte, nur mehr eine grandiofe Steigerung der Mittel und Formen des Ausdruckes. 
ZeitgemaB und von einem Talent zu klingenden Anwendung gebracht, find diefe Mittei, in ihrer 
und fUr ihre Epoche, an fich von unleugbar ftarker dionylifcher Wirkung. Sie unterliegen^reilich, : ! 

die MaBe ihres Vergangenfeins, als mehr auf dem Gebiete des Phyriologifchen Hegende Reizungen, 

unrettbarer Abfchwachung und AbTtumpfung. ZurDck bieibt das Virtuofentum, die Kater- 

geburt des Dionyfos-Raufches, die vom DieMtahl vermeintlich erprobter Wirkung lebt. Sie ift ! 

das Anti-Dionyfifche fchlechtweg, weil das Mechanifche (von einer die Regel beftatigenden 1, 

Ausnahme fpater). Jeder Stufe der dionyfifchen Technik entfpricht eine tie nachaffende Virtuofitat. i 

Im Lebenswerke deslelben KUnRIers gibt es auf dionylifcher wie auf virtuofer Technik beruhende ! 

StUcke. Sie zu trennen, wird nicht immer ganz leicht rein. Denn es gilt, fich durch das Virtuofe, f ' ! .. 

das gerne den Mantel des Genialen umhangt, nicht blenden zu laffen. — Was noch zu fagen iff — ■ 

es ware nicht wenig — gehort an anderen Ort, wo die Erfcheinung der Abltumpfung als -■ . ,j 

Krifenzeichen, als Symptom des Verfalls, als'MaB gewiffer Kulturfchwankungen ein ebenfo | 

vieldeutiges als auffchluBreiches Objekt der Unterluchung bildete. t ■ \. 

ZweiteWurcel der dionyfifchen Wirkung nannten wir den Inhalt des mufikalifchen Ausdrucks. | 

Erdrterung darttber riihrte an tieffte Dinge. Es offenbaren fich myftifche Grundtatfachen, letzte Ver- , -|| 

ankerungen, Ahnungen der menfchlichen Seele. Die ViHonen der Heiligen aller Religionen, . ; V 

die Ekftafen der mazedonifchen Dionyfosfeiern, die Grundlehren der groBen-Philorophen,die wifrende ; ;| 

Trunkenheit des mufikalifch-fchopferifchen Genius erweifen fich als AuBerungen desfelben Strebens, . J 

derfelben Sehnlucht, ]a dertelben Gewifiheit. Die Verlockung ift groB, dies Verhaltnis derDionyHk 'j 

zur Ideenlehre Platos, Erkenntnistheorie Kants, gewirfen Gedankenreihen der Hegerfchen Schule, ;'|- 

dem „WiIlen" Schopenhauers eingehend zu unterfuchen. Dazu fehlt es an Raum, Zeit und Luft. : y\ 

Doch ergabe fich im AnfchluB an dieTe ZurammenhSnge ein neuer Begriff der Kultur, als der :\ 

Fahigkeit einer groBen Menfchengemeinfchaft, getrieben vpn laftendem RatfelbewuBttein, ekrtatifche ■ :jj 

Erlebniffe zu fucfien und zu linden. SchlieBlich erfchiene das Wefen der Apollinik in anderer, | 

Beleuchtung, als wir durch Nietzfche gewohnt find. Wir machen unfere Verbeugung vor : i 

fiener grundlegenden Unterrcheidung der dionyfifchen und apollinifchcn MSchte. | 

Doch anftelle feiner Gleichfetzung Dionyfik — Welt des Ranches, Apollinik — Traumwelt \ ?,. 

erkennen wir als Wefen der Apollinik: Wiffen um das ekftatifche Erlebnis, Ruhe und Gelaffen- | V 

heit im Diesfeits, da Fiucht ins Jenfeits often fteht. Apollinik ift dennoch ohne Dionyfik un- \ 




}' 



denkbar, nicht im Sinne der Bandigung, wie Nietziche will, vielmehr als h 6 c h f t e s 
Gleichgewicht der Seele, die wiflend geworden ift. 

Man begreift nun, da6 das vorgefchlagene Auslefeprinzip afthetifche Werte im hergebrachten 
Sinne keineswegs Fchaffen will (wenn fieri hier auch einer der Wege zeigt, die von Philofophie 
tlber Ethik zur Afthetik fuhren). Es gilt auch nicht apollinifche MuFik- zur Geltung zu bringen. 
Sondern: Ob erhabenrte SchOpfung unwiderltehlichen Geftaltungsdranges, ob bloB klingerjdes 
Erzeugnis gerchickter Begabung, in Frage kommt nur die eine, erhohende erlofenrie heilende 
dionyfirche Wirkung. Vor ihr verfinken andere — gewohntere — MaBftabe. So wird die ge- 
forderte Auslefe mit der Nahe zum Heute rich enger geltalten, mit der Entfernung weiter. Die 
Gegenwart und ihr Empfinden bedeutet alles. Mit ihm als verlaBHchFtem PfadweiFer wage man 
ruhig tfen Gang durch das weite Labyrinth der Vergangenheiten. Doch gibt es Gefahren. Man 
hllte rich vor allem Zyklifchen, Lexikographifchen, Hiftorifchen. Ahnltchkeit mit jenen Mufik- 
wochen, Bach Mozart Beethoven Brahms StrauBfeften, gar mit gewiFFen MaifeftFpielen 
kompromittiert. Man hllte lien vor dem Kathederunfug des Retten- und Entdecken- 
WolleKS: was tot ift, bleibt es; was de-m Tode verfallen, noch kilmmerliches Scheindalein friftet, 
dem helfen weder narkotifche Mittel (Glanz der Darftellung), noch kttnftliche LeberisfclTnYTnke 
(„*Bearbeitungen") zu natiirlicher GeFundheit. Man hUte Hen endlich vor allem GdizendierJt. 
Er herrlcht wie nirgends im Gebiete der transzendenten Kunft; mit Zwang, Inquisition und Fehme. 
Sein Dogma hei&t Anbetung lakrorankter Namen. Du folllt vor jedem Stock Bachs auf die Knie 
fallen, Du folirt in Verztlckung geraten vor jedem Takt des gOttlichen Mozart, Du Folllt jede Note, 
jede Paufe Beethovens als unfehlbare Offenbarung eines heiligen GeiFtes glaubig hinnehmen. 
Wann endlich wird diere lacherliche, augenverdrehende Heuchelei, vor den Andern, beFonders 
aber vcTr Fich Felber, ihr Ende finden? Wann endlich wird man, was in der Literatur bei Klopftock, 
Wieland etc. Togar einigen Werken Schillers langft Ichon kein Wagnis, Fohdern SelbFtverTtandltchkeit 
geworden irt, im Gebiete der MuFik zu tun den Mut finden: der eigenen, unbeFtechlichen 
Empfindung folgen; ja mehr: ihr durch Wort und Tat auch Ausdruck verleihen? — Deshalb 
wollen wir klarFtellen: Wohl ilt Bach der GroBte aller. Doch er hat zu viel produziert, als daB 
ein erheblicher Teil Feiner Werke uns nicht als in einer Technik vergangener Perioden erftarrt, 
leblos, leer erfchiene. Desgleichen ift mindeFteris die Halite der Produktion des unbefchreiblichen 
genialen Mozart Erzeugnis eines virtuoFen Zeithandwerks, einer Fpielerilch-fluchtigen Laune; 
fiir uns leicht gewogene Rokoko-Unterhaltung (im GegenFatz zu Feiner. Hauptwerken, die der 
Gegenwart gemaBer, herzensnaher rind als alle tibrige MuFik zufamrnen). Das Koloratur-Fugato 
Haendels fagt uns faFt nichts, die Liedertafelei vieler OratoriumschOre Haydn's langweilt. Trotz 
groBen ReFpektes. Und Beethoven? Hat von ihm wirklich alles, darunter Tehr Beriihmtes, die 
Probe des immerwieder-MuFizierens beltanden? — Keineswegs: Sein Hochftes und Bleibendes 
(vielleicht der MuFik Uberhaupt) find die Streichquartette, die MiFFa sotemnis, die III. V. VI. IX. 
Symphome (und einzelne Satze der tlbrigen), das Klaviertrio in D, die letzte Violinlonate in G, 

die letzten Klavierronaten und einiges (wenige) Andere (zumal aus den Konzerten) An 

Beethoven wird unendlich klar, daB Mufik nie und nimmer Welt, „geFehen durch ein Temperament", 
bedeutea kann, fondern einzig Welt fchlechthin. Deshalb hat die perFonlichlte Note Feines 
Schaffens am frUheFten an Suggeftionskraft verloren. Wir wollen freimiltig ge[tehen: Viele Feiner 

Klavier- und ViolinFonaten, Trios etc manche Ieiner Symphoniefatze bedeuten uns herzlich 

w'enig. Die Auseinanderfetzung des (kiinrtlerifchen) Menfchen mit feiner Umwelt ift Sache der 
Poefie; der Dramas und der Lyrik; niemals der Mufik. Das bleibt wahr, auch wenn es fich urn 
Beethoven handelt. Perlonliche TragOdien und Note des komponierenden MuFikers, Feine Beichte, 
"leine Kampfe, Fein „Ethos" intereFfieren auf die Dauer nur. Fofern es gelang, die Antagonismen 
der Kttnltlerfeele in folche des Makrokosmos zu lublimieren. Im anderen Falle muFFen Fie, und 
Feien Fie noch to genial, noch Fo heiB und tief empfunden, an Wirkung ichlieBlich verlieren, denn lie 
find melodramatischer Art. — Dies, nebenbei bemerkt, der Grund, warum auch die Werke 
Guftav Mahlers, ralcher, als man heute glaubt, trotz aller, ja gerade infolge ihrer Fauftik, Fich 






abftumpfen werden und muTfen. — Und die Nachfolger Beethovens? Trager bertihmter 

Namen? i Von Spohr ift nichts U brig:. Marfchner (trotz Pfitzners Vorliebe) fadenfcheinig Uber die 
MaBen. Lebt von Mendelfohn mehr als ein verfchwindender Bruchteil feiner Werke? Racht 
fich nicht auch an Schumann der fchrankenlose Subjektivismus? Befitzt er, als ganze KUnftler- 
perfOnlichkeit, mit Ausnahme von acht oder zehn originellen StUcken, wahrhaft die Begabung, 
erdenbelafteten Menfchen die erfehnte Ahnung der Ewigkeit zu vermitteln? Und Lifzt (trotz der 
Vorliebe Richard StrauBens)? Aufrichtigkeit, vor fich und der Welt tut hier not. Wann ift es an 
der Zeit wenn nicht jetzt, zu Fondern, was uns als unzertrennliches Eigentum auf Leben und 
Tod angehbrt, was als unnlltzer Ballaft nur hindernde Befchwernis fchafft? Die Summe des 
Verbleibenden wird nicht gering fein, doch lange nicht fo groB, wie Mancher erwarten mag. 
Man darf fich durch Sehreihalfe, die fehr larmen und teils aus Heuchelei, teils von Idiofynkraften 
befeffen, eingebildefen Verluften nachweinen, werden nicht beirren lafien; man wird fich ftets 
fagen mliffen, daft es nicht auf Exteniitat fondern Intenfitiat ankomme, daB einzig tiefe Ver- 
wurzelung das Wefen echten Reichtumes ausmache unci der Befitz eines Volkes an dionyfilchen 
Schatzen ein zwar wandelbares doch imrner eines feiner wertvollften Giiter darfteile. 

Das nach den erorterten Grundfatzen gewonnene* Verzeichnis der aufzufiJhrenden Werke 
wird bd der Umfetzung in die Wahrnehmbarkeit nicht ganz unangetaftet bleiben. Art und Mog- 
lichkeit der Darftellung, alio die fogenannte Reproduktion, wird nicht unerhebliche Verfchiebung, 
fowohl EinTchrankungen als Erweiterungen, zur Folge haben. Bei einem Unternehmen, das ein 
ganzes Heer von reproduktiven Begabungen in den Dienft eines Gedankens harmonifch ftellen 
will, erheifcht die fich von felbft aufdrangende Frage nach dem Wefen diefer Begabung und 
ihrem Verhaltniffe zum Produktiven kurze prinzipielle Antwort. — 

Das Reproduktivein der Kunft lafM vierHauptgeftalten erkennen: erftens das Rein-Inftrurnentale; 
zweitens das Dionyfifch-Inftrumentale; drittens den Schaufpieler; viertens den Sanger. Das Rein- 
Inftfumentale ift ein Subftanzielles; entweder eine technifche Fertigkeit oder ein Kiangliches, 
milliliter beides, wobei es gleichviel bedeutet, ob man das Inftrument Klarinette, Trommel, Klavier 
oder — die rezitierende und fingende — Menfchen-Kehle nennt. Alles was unter dierer Form 
in die Wahrnehmung tritt, ift durchaus undionyfifch; beffer getagt: der Klarinettift, Trommler, 
Rezitator, der Tenor funktionieren als reine Inftrumenten-Trager, find unktfnftlerifche Naturen, 
daher undionyfifch. Ihre Wirkung aber kann mituiiter hochft elementar fein. fonderlich, jedoch 
nicht nur, auf primitive Menfchen; denn fie beruht auf dem primaren Urgrunde aller Mufik, dem 
Rhythmus und Klang. — Finger greifen Taften, beruhren Saiten, die menfchliche Kehle fingt; 
alle in der ihnen anatomifch parallelen Art. Es ift iiblich, daB aus Tolcher Quelle flieBende 
mit Verachtung zu ftrafen, eine der fruher gekcnnzeichneten entgegengefetzten Heuchelei. In 
Wahrheit Jaufcht der differeiuiertefte Mufiker mit Freude dem Klange einer ichonen Stimme oder 
den launenhaften Capriolen einer jeder Schwierigkeit fpottenden technifchen Volubilitat. Dies 
kann foweit gehen, daB der unkilnfilerifche Befitzer jener Finger, jenes Handgelenkes, der Lippen, 
der Kehle fich der von den Teilen feines Korpers ausftrahienden Wirkung nicht zu entziehen 
vermag und, felbft vom Furor gepackt, mitunter den Eindruck eines von Dionyfos ErfaBten 
macht. Er erfahrt an rich Urfaehe und Wirkung. Daraus fofgt, daB ein Virtuofe nichfs anderes 
fpielen foil, da er nichts anderes kann, als was rich die Werkzeuge feiner VirtuoHtSt nach ihrer 
Befchaffenheit zu ureigenftem Gebrauche fchufen. Nur fo erklaren fich die ungeheueren Erfolge 
gewiffer Virtuofen der Vergangenheit: Paganinis: des Virtuofen Lifzt. Es ergibt fich der eigei.. ; - re 
Begriff; dionyn'fche Virtuofitat. Sie unterfcheidet Hen von der eigentlichen fehr wefenilich du; 
die Einmaligkeit ihrer Autferungen. Die typiiche Nachlauferin, Nachafferin erhait den Charaktu; 
des Primitiven und kommt plbtzlich nahe einem Urgrunde alien Mufizierens; der ra fen den 
Bewegung,- rafenden Korperlichkeit. Erift in dierem Fafle auch eine kOrperiiche, — 
anatomifche Abnormitat (befondere Kehle, Finger,- Lippen etc.), die notwendig Originalitat fordert, 
urn fich voll auszuwirken. — Die Gegenwart zeigt fich als impotent: felbft zu diefer Form der im- 
provifation Koloraturfangerinnen fingen nicht fur ihre befondere Kehle eigens erfonnene 



223 



Fiorituren, Eonde,:n irgend wefche Opernrollen, Inftrumental-Virtuofen - komponieren; komponieren 
Opern und Symphonien! Welche Verkehrtheit! Die Darftellung echter Mulik durch ein Virtuolen- 
Natureli wirkt wie das verzerrende Abbild im Hohllpiegel. Daher bildet all zu betonte Ausbildung 
des technifchen KOnnens heute eine Gefahr. Je nSher dem Durchrchnitt das Inftrument (nicht der 
reproduzierende KUnftler), derto geeigneter- zur Wiedergabe des fremden Werkes. Mit dem 

' VorhandenEein folcher InEtrumente ift im Allgemeinen ^u rechnen (trotz groBer Verrottung und 
Verwirrung unEerer MuEikrchulen) — _d. h. aus Angft vox MOglichkeit der Wiedergabe braucht 
die Aufftlhrung keines Werkes zu unterbleiben. — Nur bei befonderen OriginaUtucken, komponiert 
far einzigartige lnrtrumente, aus einzigartigem AnlaB wird Vorficht walten mUlfen, 

Von dem als Zuhorer vom Furor erfaSten Inftrumenten-Trager zu demjenigen, dem das von 
einem andern gefchaffene Werk, fein Inhalt oder feine Form, den Impuls geben, urn durch das 
Medium Teiner Ekftafe das Produkt der Ekftafe eines von ihm Unterfchiedenen darzubieten, liegt 
eine lange Skala der Obergange. Der Eine wie der Andere find im Grunde nichts weiter als 
mulikalifche Ausdrucksmittel, deren Gefetze, augenblickliche dionylirche Wirkung und fruhe 
Abrtumpfung, fur lie im \»rrtarkten MaBe Geltung haben. Demnach wirkt einerleits ein dionyrifches 
Werk in der Wiedergabe durch einen Virluolen wie eine Karikatur, andererleits kann ein 
Echwachliches, verblaBtes Stuck durch die Kraft des Darftellenden ein ungeahnt neues Geficht 
erlangen, und damit Wirkung und Leben. — Worin die im reproduzierenden KGnuler lebende 
Macht befteht, kann hier nicht er5rtert werden. Es fcheint aber zweifellos, daB in ihm eine 
Eozuragen autochthone Dynamik wirkt, die nur eines kleinen, kleinEten Anlattes bedarf, urn in 
eine oft rajende Bewegung vorzuftilrmen. Nimmt man dies als wahr an, fo erweirt fich die 
gebrauchliche Unterfcheidung zwifchen produktiven und r^produktiven MuEikern als [chief. Es 

-■ gibt nur eine: das ekftatifche KUnltlertum. MaB und Unterfchied der einzelnen Temperarnente 
wird die jeweilige Kraft fein, fich von Apollinik zur Dionyfik Oder umgekelirt, umfchalten zu 
kOnnen. — Produktion und Reproduktion find einerfeits auBerlich-zeitliche Zweiheit urrpriinglicher 
Einheit. Die klarere Erfcheinung des Schaufpielers hilft die andere Seite aufhellen. Er ift 
als unmelodifches Inftrument minderwertig, fofern man den Urfprung des Schaufpiels in Dithyrambus, 
daher alles Sprechen als Verfallszeichen erkennen will; desgleichen als fogenannter repoduzierender 
Kiinftler, da er von fremder Phantafie Erfundenes in Einnliche Wahrnehmbarkeit umzufetzen hatte.— 
In Wahrheit errcheint mit ihm ein neuer produktiver Kunltzweig gewachEen, eine in der Zeit 
liegende, befondere, plaftifch eKunft. lmmer neu verzauberi irt er im Grunde der fcinzige, der die 
alte DionyEik, die fich im augenblicklichen, einmaligen, nie wiederkehrenden Erlebnis erEchopft, 
zu unmittelbarem Ausdruck bringt. Eine dieler Kunlt des Schaufpielers analoge, eigengeborene 
Kraft mu& auch im dionyfifchen Inrtrumentalilten angenommen werden. Er ift eben produktiv 
in zweierlei Hinricht und reprafentiert Eo ein Kiinftlertum durchaus eigener Art — Anders im Falle 
des Singers. !hn trennt eine Welt vom Schaufpieler. DaB die Empfindung dafiir verloren ging, 
ilt der Haupt^rund der betrUblichenTatfache des immer feltener Werdens groBer SangeMndividualitaten 
auf der deutEchen Opernbtlhne. Dort fetzt man jetzt den Stolz darein, als guter Schaufpieler zu 
gelten; man Jeklamiert; klare Verftandlichkeit des W^rtes, naturaliFtiEche Deutlichkeit der 
Darftellung - werden Qber alles gefetzt. Richard Wagner iEt an dieEer Entwicklung nicht ohne 
Schuld. Im „Kunftwerk der Zukunft", in „Oper und Drama", in dem Eonft fehr beherzigenswerten 
Auffatz fiber B SchaufpieIer und Sanger" und an anderen Orten Ttellte er die beider. wefensfremden 
Erlcheinungen auf diefelbe Stufe des Vergleiches und verwechEelt andauernd den Sanger mit dem 
italienilchen KehlvirtuoEen (die verderbliche Wirkung der italienilchen Oper irt an Eich unbe- 
Ftreitbar). Hauptfachlich infolge dieEes lange nachwirkenden Einfluffes irt die Verwirrung grenzenlos 

geworden. Man fOhlt nunmehr, in eine SackgarEe geraten zu fein; und weiB keinen Ausweg. 

Der Sanger vereinigt in fich Beltandteile der iibrigen drei Formen; er irt Inftrumentalift, repro- 
duzierender Kttnltler (dionyEifcher Inrtrumentalift), und in (eingefchrankter Bedeutung) Btihnen- 
darlteller in einer Perton. Setn eigentliches, befonderes WeEen aber liegt in der Materialifation, 
dem Geftalt-Werden des Metaphyfifchen der Mufik und damit der Welt. Seine Geften und 



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und Mimik find andere, von der f^ealitat der Erfcheiniing verfchiedene; feine Art, zwar im 
httchften Sinne einzig wahr und natadich, erfcheint den Augen des auBeren Lebens, der bildenden 
Kunft, dem Schaulpieler unwirklich unvahr unnattlrlich. Der SSnger befiizt die FShigkeit, dem 
Zwange derTOne gehorchen zu kOnnen* Man kann mitunter an dem Unbegabtefien, SchUchternften, 
wie von einem Panzer von Diesleitigkeit Umfchniirten, die Beobachtung machen, da6 die hyp- 
notifche Macht der MuHk ihn inftinktiv, unbewufit, doch mit fomnabuler Sicherheit, felbft in an- 
fcheinend fchwierigen Fallen, das Richtige treffen last. — Blitzartig erhellt Fich der geheime Sinn 
einer Melodie oder Harmonic Je genialer die Mufik, derto hSufiger dies Phanomen. Der Sanger 
ein Bezwungener Befetfener MUfrender; das Medium, durch deffen Darftellung das groBe 
hinterweltliche Ratfel fich die eigenartige Form feiner Sichtbarkeit zwingend felbft fchafft. Er 
erftillt in gewiffem MaBe, was man heute als Exprerfionismus bezeichnet: ein Begriff, der viel- 
leicht nur aus der Mufik (und dem eben angedeuteten Gedankenkreife) ErklSrung und Verwirk- 
lichung finden kann. — Im ilbrigen wird es verhaltnismaBig leicht fein — denn bei vorhandener 
Anlage gibt es keine Hemmungen — , die nahezu jedem KOrper innewohnende ModulationsfShigkeit 
gegentlber Klang und Rhythmus zu Ttarken, zu verfeinern und in perfOniichften Stil zu erhOhen. 
Dies ware die Aufgabe einer Stilbildungsfchule — worQber ich mir VorfchiSge vorbehalte. — 

Es begreift fich, daB der Sanger, wie wir ihn verftehen, auf der heutigen Opernbflhne, die 
fich von der Schaufpieibuhne hochftens durch grSBeren Pomp unterfcheidet, keinen Platz hat 
Die Opernbilhne aber, wie Tie mir vorfchwebt, mufite mit ihren Beftandreilen: Dekoration, Licht, 
Farbe etc. . . nur jene Art Sichtbarkeit der Mufik zur Anfchauung bringen, das heifit gleich- 
fam fortTetzen, die der Sanger verkcirpert. Er, am unmittelbarrten von ihrer Gewalt getroffen, 
befitzt einzig und allein Befugnis, Mittelpunkt und Inftanz der jeweiligen Materialifierung darzuitellen. 
Sache eines iiberlegenen Stilbildners \tt es, einem Enfemble von Sangern -die darzuftellende Mutfk 
moglichft klar und vor aliem eindeutig zu vermitteln. Diere Vermittlung (berrer: Dofierung) ift 
die Aufgabe des Kapellmeifters. In ihm als einer Sammellinfe vereinigen fich die Strahlen der 
dionyfirchen Mufik. Er wirft fie auf die BDhne- mit der Seele des SSngers als Brennpunkt. Es 
beftimmt alfo die Art des Sangers die Art der BUhne, nicht umgekehrt — Eine zweifellofe 
Wahrheit — von der man nur wunfchen kann, daB fie nicht nur vor einigea kUnrtlerifchen 
Menfchen, fondern von einer groBen Allgemeinheit erkannt und befolgt wUrden. Man kennt aus 
jedem Lexikon die malenden Fahigkeiten der Musik. DaB gegen fie haufig verfto&en wird, ent- 
Tchuldigt nicht jene Neu-Wagnerei, die jeden Triller durch ein Trippeln, jede kurze Sechzehntel- 
Paffage durch eine fahrige Bewegung, jede Aufeinanderfolge Tchwerer Noten durch 13cherliche 
Hahnenlchritte, kurz jedes kleinfte Melisma dekorativ „ausdeuten a will. Dadurch entrteht nur 
groteske Puppenhaftigkeit. Was Wunder, daB fie als geniale Inszenierungserleuchtung gepriefen 
wird und allerorten Nachahmung findet! 

Ein weitererGrundirrtum Wagners (und Nietzfches) war, da£ fein Mufikdrama die BrQcke zar 
afchyleifchen TragQdie darrtelle. Hier genllge die Klarftellung, daB auch in ktlnltlerilchen Dingen 
fprungweife- Entwicklungen nicht ftattfinden und daB ein aus OppoHtion gegen' die italienifche 
Oper, aus genialer Ausnutzung der malenden Fahigkeiten der MuHk, aus noch genialerer abfolut- 
munkalifcher Erfindungskraft und noch vielen andern ftupenden Einfailen geborenes Kunftwerk 
doch niemals erreichen wird, was nur in naturlichem Wachstume aus dem Dithyrambus, dem 
dithyrambirchen Chore entftehen kann. Eine folche Entwicklung war in Deutfchland wohl mOgiich. 
Es gab eine proteftantifche Kirchenmufik: hervorgegangen aus dem Gemeindegefang. Es gab den 
riefigen Bach. Der Italienismus trat ftorend, zerftOrend dazwifchen und das mOrderifche Ueber- 
wuchern der reinen Inftrumental-Mufik. So wurde unterbrochen, was, fehr viel verfprechend, 
im ReligiGfen und in de»- Gemeinde feine Wurzeln hatte. Es muB mOglich fein, den zerriffenen 
Faden wieder aufzunehmen und nicht das Mufikdrama, fondern den Chor zum bewuBten Mittel- 
punkt der Fertfpiele zu machen. Denn im Chore liegt das Wefen aller Dionyfik. — In jedem 
Menfchen lebt das Gefahl der eigenen Unzulanglichkeit. Keinem bleibt das niederdrUckende 
BewuBiJein vergSnglicher Eintage-Exiftenz erfpari Wer kennt nicht den Wunfch nach 



225 



■Wi 



Vergerferi und Verfinken? Wer nicht die Sehnfucht, wenigftenS ftir Augenblicke frei von allerii 
„Erdenreft w die Luft volliger Unbefchwertheit zu atmen und taumelndem Entzticken hingegeben, den 
Puis derzeit- und ranmloren Ewigkeitin eigenen Adern fchlagen zufuhlen.. Heutezumal, da der ent- 
fetzte Jammerruf . =r Einzelnen in elnem millionenfachen Unifono der allgemeinejn Wehklage 
zum Himmel Ichu.x Des KQnftlers ift das leichtere Los: er fchopft aus dem Wunderborne feiner 
Begabung die Kraft, Hen an den ureinen, beharrenden Angelpunkt des Seins zu fchwingen. Der 
Nichtkunftler, allein, Ichwach, auf fich gewiefen. verfiele der Verzweiflung, gabe es auch fur ihn 
nicht ein Mittel de' Verza"berung. Das eine, die Religion, gibt KrUcken, das andere gewahrt 
Flttgel, die Dionyfil. der fringe, Marfe, des Schwarmzuges. Tritt das apollinifche Element hinzu, 
To entfteht der Dithyrambus. Aus derh Bacchusfchrei wird Gefang. Keiner fchweigt; atles lingt 
aus voller Bruft;- es gibt keinen Zuhorer. — Diefe Wirkung des Chorwerkes muB annahernd 
erreicht werden. Eine Auffuhrung, die nicht in jedem Zuhorenden die unwiderftehliche Luft 
weckt, fich auszufchalten und mitzufingen, ift Ichlecht und falfch. Aile Zweiheit von folchen, die 
Mufik „machen" und anderen, die mit einem kritifchen, einem fchlafrigen Ohre zuhuren, ift 
namenlos Vacherlich, gegen das innerrte Wefen der Mufik und — vor al'em — eine fchwere Gefahr. 
Siezu bannen ift jetzt der Augenblick gekommen; wir Ieben in einerZeit unbegrenzter fMifcher- 
Umkehrmoglichkeiten. Die Heilung zu gewinnen, die durch gemeinftes hohlftes Konzertunw^'^n ver- 
loren gegangtne dionyHfche Einheit wiederherzuftellen, mufi mit alien Mitteln verfucht werden. 
Es kbnnte fonft zu fpat fein. Dazu taugt einzig die Menge des dithyrambifchen Chores. Weicher 
gefunden Menfchenkehle ift Gefang verfagt? Ungekannte, nie gedachte Maffen miiffen fingen, fich in 
Riefenraumen zu Riefenchbren vereinen. Hier find archilektonirche Aufgaben, hier die Kirchen der 
Zifkunft. WoBegeifterung, Hingabe, Glauben, werden Schwierigkeiten fich fpielendlofen. DieZeit des 
Baues latfe man nicht ungenUtzt verfireiehen. Man verwende fie zu Obergang und Erziehung. 
Marfe irfchcint immer relaiiv zum Raume. Hauptfache bleibt, langfam daran zu gewohnen, daB 
man nicht flir Andere, Jondern fUr fich mufiziere; demnach allmahliche Ausfchaltung alles deffen, 
was der „Auffilhrung" ahnelt, Ausfchaltung des Zuhbrers. Die Zahl der Singenden wird die der 
Nichtfingenden immer mehr tlbersteigen, bis IchlieBlich die Sanger die Schweigenden ganz zu 
fich hiniibergezogen haben — und Alles, Alle in braufendem, vieltaufendftimmigen Chore fich in 
ahnungsvoll gefuchter dionylifcher Einheit erhSht finden. 

Durch Dionyfik wird der Gipfel alles menfchlichen Erlebens, fonft nur dem Kiinftler er- 
rs 1 ar, auch dem Nichtkunftler zuganglich. Dies ift ibr unermeBIicher Wert. Gelipgt es, fo 
{'rt. Ml ;emeinheit, ein ganzes Volk. auf die Hohen diefer kUnftlerifchen Erlebniffe zu luhien, 
Q„». iat die Dionyfik ihren Dienft getan; ihr gliickte die Verwandlung des Nichtkiinftlers 
zum Kiinftler. — Kultur ift aber das Leben eines Volkes aus kttnftlerifcher Anfchauung, 
ein Leben, gefteuert aus der Warte der Ewigkeit. — So zeigt und erweift fich der Zurammenhang 
zwifchen aller Dionyfik und Kultur. . . 

Soweit der erffe Teil. Der zweite erbrterte fehr ausfuhrlich die Organifation der groBen 
rnun'kdifchen Feier. Als Welentliches fcheint erwahnenswert; die Hofiheater zu Wien, Berlin, 
Dresden, Stuttgart/ Mtmchen, das Theater zu Bayreuth (meine Idee war das „wandernde Bayreuth"), 
die bedeutenden Orchefter und Chorvereine rollten ein Jahr lang abwechfelnd in alien groBeren 
Stadten des deutfehen Reiches ein wohl uberlegtes, wohl auf die einzelnen Krafte verteiltes 
Programm in moglichfter Voilendung, nach einheitlichem Stiiprinzip zur Vorfuhrung gelangen 
laffen — fo, daB Uberall alles zu Gehor kommen muBte. Es gab eine FtiUe von Vorfchlagen 
zur Erzielung, Erziehung kunftlerifcherHbrer und Darrteller, und zu annahernderErreichung derdio- 

nyfifchen Einheit Als Zeit war das Jahr 1919 oder 1 920 gedacht. Georg von Hiilfen intereffierte fich, 

fah groBmtltig fiber die „Radikalismen" des erften Teils hinweg, (ich betone es ausdrilcklich und 
dankbar) lebhaft fUr ihren zweiten Teil — und diskutierte mit mir in vielen Gefprachen fehr ein- 

gehend uberMOglichkeiten und Einzelheiten der Verwirklichung. Heute irt diefer zweite Teil 

apokryph. Ober Chorgefang und feine Stellung in derZukunft wird, vielleicht, noch zu fprechen fein. 

226 



— w- 



: 



Die Selbffherrlichkeif des Worfes* 

Von Alfred Doblin. 

Im Anfang war das Wort 

Das Oenken des Menfchen, fein zweckma£iges Handeln enfwi&elf fich am Wort. 

Es iff gleichgiilfig und nebenfadilich, da|5 aus der Spradie und im Sprachmaferial 
Jicb. felbff eine Kunff, die Dichfung, enfwickelt Die Spradie iff die Mutter aller menfdi- 
lichen hoheren Leiffungen. Sie iff audi die Mutter der Kiinffe. : 

Unter anderem der Mufik. 



Die Worfbildung erfolgf uberall zu beffimmfen Zwecken. Der prakfifdie Nu&en, 
die prakfifdie Nofwendigkeif, der Zwang fidi zu verffandigen bildef die Bafts fur das 
Keimen der Worfe und fiir ihr Wachsfum zu viel veraffelfer Spradien. 

Die Tonverbindungen und Klangmifdiungen der Mufik find erfolgf zum Zwedte 
einer Kunff. Es iff eine fchwankende, halb. willkiirlidie Kunff; eine fpafe Kunff. Wahrend 
die Spradie langfam wachff und von der Arf eines Organismus iff, der ein Alfer haf 
und dem durch mechanifche Eingriffe nichf beizukommen iff, iff die Mufik mehr von Arf 
einer fidi enfwickelnden Tedinik. Sie iff eine aufbliihende Induffrie, die von ffandig 
neuen Erfindungen geforderf wird. 



Die mufikalifdien Tonverbindungen und Klanggemifche find gemeffen an den Qbjekfen 
der Wirklidikeif und den Vorgangen, vieldeufig und unbeffimmf. 

An das Worf Tifdi Flafdie Ha£ iff prazis eine Vorffellung gebunden. In der 
wiffenfdiaffli(hen Spradie laj3f fidi annahernd eine individuelle Genauigkeif erreichen. 
Die Spradie koramf zu^ diefer Genauigkeif im Verlauf ihres Wachsfums: ihre alfeffen 
Wurzeln bezeichnen einfache Tafigkeifen, die beinah fo vieldeufig find wie mufikalifdie 
Tongemifche. Spafer wird abgefrennf, man differehzierf. Man kommt zum Gegenffand, 
zur Eigenfthaff, zur Funkfion, zum Abffrakfum. Die Worfe enfwi&eln fidi zu brauch- 
baren Prazifionsapparafen. 



*) Dieser Artikel Dr. Dublin's erSffnet eine Reihe von Arbeiten, die sich mit dem VerhSltnis von Wort und 
Ton auseinandersetzen und die Klarung von Konzeptionen, wie Arnold Schfinberg's Lieder des „Pierrot lunaire*' 
fur Sprec:;stimme oder Bela Bartok's durch die Gesetze der Sprechmelodie bestimmten Lieder zum 2iel 
haben. (Anmerkung des Hersusgebers.j 

227 



ii ■ 



Das Worf iff im Augenblick Zeidien. |; 

Das Akuffifche am Worf wird wie eine Laff abgefchuffelt Es iff zufallig und will- | 

kiirlidi, audi wechfelnd am Worf. Momenfan kommf es auf Denken, Kombinieren, '] 

Phanfafieren an. Seine gewalfige Kraft feine Produkfivkraff erhalf das Worf im :': 

Augenblick, wo es fidi vom Schall, dem Tongeraufch befrelf. Sie iff audi die Smnde, \, 

in der fidi das Worf von der Mufik koniglich abfrennf. 

Der Augenblick der Trennung kann nie vergeffen werden. Die Wege gehen nie 
mehr zufammen. 



Produkfiv find nur die Zeichen der Worfe, nichf das Verhalfnis der Vokaie, Kon j 
fonenfen und ihre Gruppierungen zu einander. 

In der Mufik aber iff das Verhalfnis und die Beziehung ihrer fonenden Elemenfe 
produkfiv. 

Das Wort und die Worfverbindungen find nichf Gemifche und Abwechfelung von* 
Geraufchfonen. Die befondere Abgrenzung des Worfs wird zum Wort durdi ihr 
Vermogen, Geiffiges, Affekfives und Ideelles an eine Geraufchkombinafion zu binden. 

Audi die Mufik iff nichf Mufik durch Tone und Klange. Audi Mufik wird zu Mufik 
durch ihr Vermogen Geiffiges an Tonverbindungen und Klanggemifdie zu binden. 
Jedoch iff diefe geiffige Bindung die Beziehung der Tonverbindungen und Klanggemifdie 
aufeinander. Enffcheidende Bedeufung alfo haben in der Mufik die Tonverbindungen 
und Klanggemifdie. Sie konnen nie zum Werf des Freigeiffigen heraufgeffeigerf, zum 
Unwerf des Zeichens verdiinnf werden. Die Sinnlichheif bleibf herrfchend im Bereich 
der Mufik. 

<$> 

Das Wort iff Brennpunkf von Ideen, Affekfen und Biidern. Hier iff der Boden, 
auf dem die Worfkunff wachff, die im Grunde keine „ Worfkunff iff. 

Die Kunff der Mufik iff eine Kunft niif Klangen und an Klangen. 

Die Kunff der Worfe iff keine Kunff mif Worfen und an Worfen. 

Sie iff eine Kunff der Ideen und Bilder in Zeichen. Die Zeichen haben mif den 
Ideen und Biidern keinen inneren Zufammenhang. 

Die Mufik ergehf Jich in der Ausbreifung Von Tonzufammenhangen und Klang- 
gemifdien. Das Wefenuiche an der Mufik iff der Bau, die Ausbreifung, Lagerung, 
Schichfung, Verfeilung der Tonmaffen; hierin erweiff fie ihren Charakfer als Kunff. 

* Wo der Bau und die Ausbreifung der Worfe in der Dichfung gepflegf wird, find 
fie nichf das Wefenfliche, find fie nichf die Kunff. 

Der Dichfer iff wefenflich Trager eirier Phanfafie, Hervorbringer, Enfwickler und 
Ordner von Vifionen. 

Als weniger wefenflich kommf beim Dichfer hinzu die Bemiihung um die Worfe. 
Da — in Parenfhefe — die Worfkunff eine Zeifkunff wie die Mufik iff, ahneln die 
Regeln der Worfkunff den allgemeinffen der Mufik: Rhyfhmifierung, Wiederholung, 
Zufammenfaffung einer Gleichzahl von Bewegungen. 

Der unfergeordnefe Charakter diefer Fakforen zeigf fich in ihrer mangelhaffen 
Durchbildung, im Vorhandenfein einer Profadichfung neben einer gebundenen, in ihrer 
VernadilafUgung audi in der gebundenen Dichfung. 



Fur die Enfwicklung und Differenzierung der Mufik und Mufiken iff ma£gebend 
neben der.Gefamfkulfur die Erfindung von Inffrumenfen. Dann werden fur das Ton- 
maferial Regeln aufeeffellf, die Jidi fiir eine gewiffe Zeif als fruchfbar erweifen, fpafer 
fallen gelaffen werden. Immer wieder ffiirzf eine Welle fiber den Bau. Man fangf 
von vorne an. Nichfs Geiffiges davon wird aufbewahrf, gehf in den Sdiafz der menfch- 
lichen Seele iiber. Sie iff eine Kunff der finnlicherL Ausbreifung,. Schichfrng und Verfeilung 
der Tonmaffen: dies bringf fie zum Bliihen und machf fie hinfailig. 
S^LIn diefer Hinjalligkeif ahnelf die Mufik der Dichfkunff. Auch die Dichfwerke ver- 
gangener Epochen unferliegen dem Vertchleift find in den enffcheidenden Punkfen fiir 
fpafere Menfchen unfajSbar. 

Wahrend aber bei den Mufikern die Hinfalligkeif aus den gemachfen und aus- 
probierfen Regeln, aus dem Hinzufriff neuer Injfrumenfe und Erfindungen kommf, er- 



228 



# 



Qibf fie pch i>ei den Dichfwerken aus dem Wand el der geiffigen Gefamfkulhir. Die 
Myfhen der Alteren bcdeufen den Spaferen, die andere Myfhen haben^nidits; bei ver- 
anderfen Lebensbedingungen verlieren dichferifch produkfive Gefuhlsreihen ihren Wert 
Wie langr., und der zum Irrfinn geffeigerfe Schmerz des Biirgermadchens Grefchen iff 
uns ebenfo fremd und mufeumsreif wie einem Indier die Klage Anfigones urn ihren 
Bruder, deffen Leiche auf dem Felde liegen bleiben folL 



Die Enfwicklung der Worfkunff und Tonkunff erfolgf unabhangig von einander. 
Die primifiven Volker mufizieren nnd fingen mif finnlofen Worfen. 

Die alfen Sanger und die primifiven Sanger frugen Lieder, Mufik und Epifches vor, 
Das iff fozu verffehen: ein paar beliebige vcn fich aus gewachfene Tonreihen werden zu 
einer fehr wechfelreichen gleichfalls von fich aus gewachfenen Worfgefolge endlos 
wiederhoft Bisweilen erfolgf einfadie Rezifafion bei Trommelfchlag, und fo wird jede 
Dichfung vorgefragen. Diefe lofe Verbindung oder Nebeneinanderfe&ung wird beim 
Anffieg der Gefamfkulfur rafch zerriffen. 

Das verfdiiedene Maferial ffellf bald befondere Beqabung in feinen Dienff. Es 
kommf zur Ausbildung beffimmf einfeifiger Arbeifer und Kunffler, Tonmenfchen und 
Worfmenfdien, Mufiker und Dichfer, 



Die faff zahlenarfig diinnen Zeichen der Worfkunff konnen gefprochen Werden, 
Das Spredien des Worfes iff eine Kunff fur fidi. 

Da die Sfimme zugleich arfikulieren und fonen kann, fo Wird das Lied, der Gefang, 
die Oper moglich. Das Lied, die Arie iff eine Mifchkunff. Gedichf und Mufik find an 
einander gekuppelf und fur einander verpaJSf. In der Regel liegf kein blokes Neben- 
einander zweier Kunffprodukfe vor, fondern die Unferffellung einer Kunffleiffung unfer 
eine andere. Das Worf wird benu^f von der Mufik; es friff zuruck liinfer die Mufik. 
Die Mufiker bevorzugen fchwache und belanglofe Texfe. Die Unferffellung des Worfes 
unfer die Mufik zeigf fidi audi darin, da£ beim Wechfel des Texfes fidi haufig diefeibe 
Mufik wiederholt Es liegf in die- :r Linie, da£ manche Mufikffucke vollig unbekummert 
urn den Texf Kolorafuren, Variafionen Fugafionen mif ihm exekufieren. Und dies .iff 
audi das Mufikalifch-nafurliche und Echfe. Das Niedrigffe iff die nafuraliffifdie Unfer- 
werfung der Mufik unfer 'das Worf; die Mufik wird unfelbffffandig, klingelf den Inhalf 
und das ganz anders wadifende Produkf der Worfkunff nach, enfwiirdigf fidi, kaffrierf 
fidi zur Programmufik. Au£erordenflich viel Lieder und Gefange find von diefer enfffellfen 
und verwerflidnten Arf. Es iff albern zu mufizieren und auf die Kraffe der Mufik zu 
verzichfen. 

Wird das Lied und die Arie wirklidi gefungen, fo haben fich drei Kiir.ffe an einander 
gekuppelf, die der Mufik, des Gedidife, der Sfimme. In der Regel iff aber eine Kunff 
herrfchend, und zwar die der Sfimme. 

Das Lied iff Mufik plus Worfkunff; wie fie au£erlich Verpaj3f find, konnen fie in 
der Regel ohne Schaden wieder auseinandergenommen werden, Eine Mufik wird nichf 
zum Gedichf komponierf, fondern bei Gelegenheif eines Gedichfe. 

Gedichfe konnen komponierf werden, aber fie mujfen nichf. Damif iff das Urfeil 
i ; .ber die Kunff gaffung des Liedes gefprochen. Wenn ein Mufiker zu feiner Kompofifion 
den Texf hinzufchreibf, fo haf er nur die Anregung zu diefer Mufik ausdriicklich hirtzu- 
gefiigf. Der erhohfen Deuflichkeif Verffandlichkeif verdanken mif Worfkunff kombinierfe 

229 



Mufikfhicke, Lieder, Gefange ihre Popularifat Es iff die Programmufik einjchliej31ich 
des Programms. 

Vom Komponiffen gefehen: wenn in einem Mufikwerk die Stitnme mit einem 
Produkt der Worfkunff auffaudif, fo ift dies ein offener Ausbrudi der fonjf anonym im 
Kiinffler arbeifenden Produkfivkraffe. Die Unmiffelbarkeif kann zwar elemenfar fein, 
jedodv iff Unmiffelbarkeif gefahrlidi fur die Kunff; fiir die Kunff iff durch die erhohfe 
rationale Deuflichkeif nichfs hinzugewonnen; der Erklarer haf im Werk nidifs zu fuchen. 



Mufik und Worfkunff find zwar gefrennfe Kiinffe und ihre Enfwicklung verlauff 
unabhangig voneinander. Aber erffens find die Mifdikiinffe beliebf, fie find 
der menfchlidien Nafur angepa^fe Kunffgamingen- Es wird ja nidif nur gefungen fondern 
fogar zum Gefang gefanzt es werden Tanzmasken gefragen. Der Menfch iff es, der 
Kunff freibf, der ganze Menfdi, ja die menfdiliche Gemeinfchaff: 

Ferner ffromen die Impulfe einer Kunff eben durdi diefen Menfdien auf andere 
Kiinffe. Dies iff ein Punkf von grower Bedeufung. Eine Kunff wirkf auf die andere. 

Der Tonfall der Worfe,' der gefprochenen Worfe, nidif der Zeichen, haf fiir die 
Mufik immer die ffarkffe Anregungskraff gehabf. Gewiffe Tonverbindungen „fpredien"; 
die Mufik wird, wenn fie nidif reine Mafhemafik sverden will, auf diefe Quelle nidif 
verzidifen. Der Tonfall ffellf die lebendigffe Verbindung dar zwifchen Mufik und 
Worfkunff, ferner zwifchen den beiden und dem Menfdien. 

Befonders ffark iff umgekehrf die Einwirkung mufikalifdier Kraffe auf das Worf und die 
Worfkunff, Es iff nidif die Rede davon, da]5 manche Dithfer eine Arf Geraufdikunff 
erffreben; dies iff eine reizvolle Nebenfachlichkeif. Aber die Dithfung greiff feif Alters 
her zu einer Gliederung ih^es „Maferials" durdi Rhyfhmik, Sfrophenbildung. Die Didifung 
erffrebf die Sfeigerung der Tonffarke beim Vortrag; es iff nidif eigenflidi die 
Didifung, die fidi der Mufik naherf, fondern der Vorfragskunffler im Didifer. Die fief- 
finnigen Chore der Alfen verlangfen ihrer Arena enffprediend der Rhyfhmifierung, 
Sfrophenbildung, der rieranziehung mufikalifdier Prinzipien. Die Arena zwingf dazu; 
es iff begreiflich, daj5 die neuere Zeif, die diefe ©ffenflichkeif und Weife des Raums 
nidif haf, ungegliederfe Profa begiinfngf, fchon einfadie Ci'amben abfferben la£f. 

Durdi die Mufik wird die Worfkunff, die fidi leiohf ideell verfluchfigf, auf den Boden 
der Maferialkiinffe gezogen. Den fie jedoch kaum mi^ den Zehen beruhrf. Denn fie 
iff und bieibf beflugelt 



Uizudif iff iiberall gefahrlidi und fiihrf zu Enfarruhg und Sferilifaf. Die Worfkunff 
nimmf mufikalifche Impulfe auf. Sie bevorzugf fie, wenn fie ihrer geiffigen Gewalf enf- 
jprechend gro£e Suggesfivwirkungen iiben will 

Aber die Geffalfung und Eormung der Worfkunff erfolgf nidif fo. Das Worf iff 
Brennpunkf von Ideen Affekfen und Bildern. Die Kunlf der Worfe iff eine Kunff der 
Ideen und Bilder in Zeidien. Die Mufik dienf als unfergeordnefe Hilfskunff. 

Das Worf iff felbffherrlidh. 



' I : 230 




Arnold Schonbergs op. XIII 



Von Gerhard Sfre&e. 



Da die Hirten ihre Herde 
LieBen und des Engels Worte 
Trugen durch die nied're Pforte 
Zu der Mutter mit dem Kind, 
Fuhr das himmliche Gcsind 
Fort im Sternenraum zu singen, 
Fuhr der Himmei Sort zu klingen: 
„ Frieda, Friede! auf der Erde!" 

Seit die Engel so geraten, 

wie vide blut'ge Taten 

Hat der Streit auf wildem Pferde, 

Der geharn.schte vollbracht! 

In wie mancher heil'gen Nacht 

Sang der Chor der Geister zagend. 

Dringlich flehend, '- : " * 

..Friede, Friede . 



leis verklagend: 
- auf der Erde! 



Doch es ist ein ew'ger Glaube, 

DaB der Schwache nicht zum Raube 

Jeder frechen Mordgebarde 

Werde fallen allezeit: 

Etwas wie Gerechtigkeit 

Webt und uirkt in Moribund Grauen 

Und ein Reich will sich erbauen, 

Das den Frieden sucht der Erde. 

Mahlidi wird es sich gestagen, 
Seines heil'gen Amtes walten, 



Waffen Schmieden ohne Fahrde. 

Flammenschwerter fur das Rechr, 

Und ein kGniglich Geschlecht 

Wird erbluhn mit starken Stfhnen, 

Dessen helle Tuben drohnen: 

Friede, Friede auf der Erde! 

C. F. Meyer. 
Das sogenanntellalienertum inderMusik lieB die 
Uberlieferung einer erstaunlicb gediegenen Vokalitilt 
verflachen und endlich so gut wie abreiBen. Abbate 
Guiseppe Baini in Rom aber hatte die verldschende 
vestalische Flamme treulich behtitet; frisch an- 
gefacht, begann sie bald wieder voller zu Jeuchten. 
Thibauts Weckruf „0ber Reinheit der Tonkunst" er- 
schien 1825, Karl Proske legte umfangliche Samm- 
lungen stilyoller Gesangswerke alter kirchlicher Meister 
vor, und ein nach und nach wachsender Stab von 
Heifern popularisierte sie in Deutschland und sonsr. 
Ahnlichen Zielen ging in Frankreich der FQrst von 
Mosskwa mit seiner 1843 gegrundeten Soriete" de 
musique vocale religieuse et classique nach. Kam 
die Bewegung zunSchst ■ hauptsachlich der gottes- 
dienstlichc- Musik zugute, so erstand doch, von der 
aufbluhenden Musikwissenschaft nach Breite und 
Tiefe ungeahnt erweitert, allgemach ein neuer Sinn 
fur die um/ergleichliche Schonheit vokaler Kunst; 
angeregt gingen die Setzer, wenn auch zOgernd und 



23i 



' jn 'gi tui 'fl nuwmu 



a^mm*mmmrmrmmB*mmmmm^mmmm?*m 



vielfach ongewiB tasteod, an die Arbeit, sodaB wir 
zur Stunde bereits auf eine stattiiche Reihe gater a 
cappella-Erzeugniaseneue'ren Datums verweisen ktinnen. 
Gleichwohl erscheint dabel die Gatturig der viel- 
stimmigen und mehrchfirigen unbegleiteten Gesanges 
auffallig vernachiassigt; dies Qberrascht umso mehr, 
als der Zug ins ungemesscn GroBe im ubrigen fQr 
das kompositorische Schaffen der letzten Zeit be- 
merkenswert war und nicht minder fQr die Aus- 
-..messungen darstellender Wiedergabe. Schuld tragen 
die ChOre. Von ihnen, wenigstens aber von den 
Mannerchfiren, gilt leider nur zu oft die Formel: 
je starker die SSngerzahl, umso geringer der klinst- 
lerische Aktionsradius. Sollte sich die Verfassung 
der DilettantenchSre nicht bessern — und sie farbt 
sichtHch auf den Durchschnitt der Komponisten ab — , 
30 mQBte unbedingt die Grundung von ChSren aus- 
gebildeter Gesangsktlnstler ins Auge gefaBt werden, 
wie sie Kretzschmar unter Hinweis auf Holland vor 
einem Menschenalter dringlich fiir Deutschland forderte. 
Sonst warden die Motetten von Bach und Brahms 
weiterhin dem kargeif Dutzend von Orten vorbehalten 
sein, in denen sie von jeher Pflege fanden, sonst 
wfirden die groB angelegten Chorfresken von Cornelius, 
StrauB, Hausegger, Pfitzner und Reger unaufgefuhrt 
in den Magazinen liegen, sonst wiirde die Wiedergabe 
von SchOnbergs op. 13 auf lange zu den UnmOglich- 
keiten gehoren. 

Modewege, die gemeinhin schneller zum Ziele 
fiihren sollen, schlagt Schonberg nicht ein; er will 
nicht unterhatten, erzahlen ; er ist im dekorativ 
Malerischen geradezu asketisch streng. Er will nur 
eines: ldeen mit leidenschaftlicher Inbrunst gestalten, 
tiefinnerliches Erlebnis bieten! 

Was bis heute im Chorgesang nicht gewagt wurde, 
das lehnen wir deshalb doch nicht ab, zumal die 
geschichtliche Erkenntnis als Binsenwahrheit lehrt, 
daB Gesetze nicht der kQnstlerischen Betatigung vor- 
aufgehen, sondera vom fertigen Werk erst abstrahiert 
werden. „Regelwidrig" ist Schflnberg hin und wieder. 
Einmal betragt die Entfernung von Nachbarstimmen 
zwei Oktaven; gegen jede Gewohnheit und Erfahrung. 
Aliein der gesteigerte innere Gestus, mit dem der 
Tondichter spricht, ' rechtfertigt das vollauf- 
Auch gewisse Instrumentalismen werden sich nicht 
wegleugnen lassen, zumal ein obstinater BaB, der nur 
nach seiner motivischen Abgrenzung phrasiert wird, 
objektiver Beleg dafUr Jst. Aber wimmelt es nicht 
bei Bach von Instrumentalismen? Und dann stellen 
sie den vokalen Charakter des 4-8 stimmigenStQckes — 
nur ChOre, bei denen die Reinheit der Intonation 
gefahrdet ist, werden auf eine stQtzende Begleitung 
• fllr kleines Orchester verwiesen — kaum in Frage. 
Im Gegenteii: daB ein Tondichter, dessen Schaffen 
sich auf so ganzlich anderm Boden bewegte, gleich beim 
ersten Wuri ein derartig bedeurendes a cappella-opus 
herausbringt, das spricht fQr ein eminent entwickeltes 
StilbewuBtsein und eine fabelhaft inspirierte Klang- 
intuition. Von ein paar Einzelheiten, an sich nicht 
, ungewShnlich, riur cben schwierig zu singen, abgesehen, 



mutet der Komponist den Ausffihrenden nichts zu, was* 
anderswo in der Altzett oder Neuzeit .nicht auch 
verlangt worden ware. Bei alien fortschrittlichen 
Gesangswerken gehOrt es sowieso zu den UneriaBiich- 
keiten fOr die Wiedergabe, daB die SSnger nicht nur 
ubereinnie versagendes IntervallbewuBtsein verfugen, 
sondern ebenso die melodische Funktion ihrerStimme 
erfaBt haben und mit einer sicheren Vorstellung des 
tragenden harmonischen Unter- oderOberbaus arbeiten. 
Die Harmonik des Chores ist kiar und durchsichtig im 
Sinne des Herkiimmlichen, seine Melodik gesnnd, 
herb, bisweilen sprOde, aber stets persfinlich, cha- 
rakteristisch und durchaus einpragsam. Nirgends 
Konvention, aber viel gute Tradition: in der geistigen 
Durchdringung, dann in der natiirlich straffen Glie- 
derung des Textes, ferner in seiner meisterlichen 
Zusammenfassung und Steigerungzu einer musikalisch- 
architektonischen Einheit, in der Erfindung der Motive 
und ihrer kontrapunktisfjh-polyphonen Verwertung. 

Aus der Zahl der eingefiihrten Motive heben sich 
zwei heraus: der Friedensruf (a) und die Kampffanfare 
(c). jener, analog dem Kehrreim von drei Strophen 
zum musikalisch variierten Refrain ausgebaut, geist- 
reich aber bereits in die Exposition verflochten; mit 
einer schon geschwungenen Gegenstimme (b) gent 
er eine Kombination ein, die in kunstvollen Eng- 
j'iihrungen weiterhin eines -der kontrapunktisch 
packendsten Gewebe des opus ergibt (d); mit un- 
erschiipfiich zustrflmenden EinfSllen der Verarbeitung 
beherrscht er schliefiiich den groSartig gesteigerten, 
triumphalen SchluB. Das dabei zur Verwendung ge- 
langende Kunstmittel rhythmischer VergrtfBererung 
eines Motivs, benutzt Schonberg ebenso in der 
Entwicklung des Kampfgedankens, der bedacht — 
sinnvoll zur KennzeichnUng derbeiden sich befehden- 
den Gruppen in nahverwandter Gestalt (c und c l ) 
gebraucht wird. 

Eingehender iiber die motivische Konstruktion im 
grofien wie im kleinen zu berichten, wQrde zu weit 
fUhren, da fast jeder Takt von hoehstem satz- 
technischem Kunstverstand zeugt. Nur einiger 
geistvoller Reprisen sei gedacht, die zur formalen 
Einheitlichkeit durch die thematische Anlage neue 
Elemente der Geschlossenheit hinzutun. Bei den 
Worten „Etwas wie Gerechtigkeit" greift die Musik 
auf die Steile „Fuhr das himmliche Gesind" zurlick, 
und die Anfangsiakte der Exposition wiederholen sich 
in Dur bei den Textworten „Mahlich wird es sich ge- 
stagen". Keine Spur von Qdem Schematismus 
iiberdenkt man den Sinn der Worte, sondern freiea^ 
Schalten und Walten mit dem ererbten Formenschatz. 
Das Ergebnis dieses starken Formwillens ist eine 
Motette im guten alten Sinne. Man denke darum 
nicht an ]ene strengeren Motetten, die etwa wie reiz- 
lose Schwestern von Schulfugen anmuten, desgleichen 
nicht an jene Verfallsgebilde, die sich der her- 
gebirachten Polyphonie entschlagen, ohne durch 
homophon-melodische Aquivalente irgend zu enrt- 
schSdigen. Nein, hier ist der V/eg der kiassischen 
Moitettentechnik iiber Bach und Brahms weiterverfolgt. 



-f*r*^r*~——' 



An Kunstfertigkeit bietet von Neueren hochstens Max 
Reger Shnlich VoIIendfctes; doch entspricht dem 
musikalischen Aufwand bei ihra mitiinter nicht die 
intellektuelle Durchdringung. Setn „naives" Ausdrucks- 
musizieren glbt sich vielfach mit dem schOnen phi- 
losophischen Schein zufrieden, wo auf der anderen 
Seite seine bestechende Chorarbeit und kontra- 
puuktische Routine zur Bewunderung zwingen. Bei 
Schonberg geistiges und musikalisches Raffinement 
ohne jede Gemachtheit und Aufdringlichkeit, wie 
selbstverstandlich dargeboien, wei! es eingeborene 
Kultur ist 

Schbnbergs starkes koloristischesVermtfgentrttt hier 
hinter diezeichnerich-IineareBestrebungzurlick. Umso 
starkerwirken seine gelegentlicfienAnwendungen. Jenes 
Biicken „durch die niedre Pforte" ist noch durch bloBe 
Linie gegeben, aber man selie zu, wie bei den Friedens- 
rufen der Geisterscharen (2. Strophe) plfctzlich aile 
Farbe blaB, welk, gespeasttsch und schattenhaft wild, 
und wehmiitige Klage ttfnt. Oder man beachte, wie 
zu den Worten „dessen helle Tuben drbhne. " ChOre 
erzener Klange den Raum erfiillen. Die Farbe ist 
aber uberall bloBer Exponent der nimmer ruhenden . 
thematischen Arbeit. 

Schunbergs Weihnachtsmotette stecM voiler 
genilaer Ziige und bereichert unsere neue a cappella- 
Literatur vielstimmigen Lapidarstils um ein wertvolies 
Stuck- 1908 ist sie entstanden, 1912 wurde sie dem 
Druck Qbergeben*) Ob sie schon eine Auffiihrung 



erlebt hat? Bei ihrer Kompliziertheit ware das eine 
Tat, aber die MQhe wtirde durch kQnstlerische Be- 
friedigung belohnt werden, und der ganzen a cappella- 
Bewegung' zweifellos eine entscheidende Anreguug 
gegeben, sich ihrer beseligenden Kraft recht bewaBt 
zu werden, jener Fahigkeit, von der Goethe in den 
Bekenntaissen einer schCnen Seele so unnachahmlich 
spricht: „Er lieB durch das indes verstarkte und im 
Stillen noch mehr geflbte Chor uns vier- und acht- 
stimmige GesSnge vortragen, die uns, ich darf wohl 
sagen, wirklich einen Vorschmack derSeligkeitgabetu 
lch habe bisher nur den frommen Gesang gekannt, 
in welcbem gute Seelen oft mit heiserer Kehle, wie 
die Waldv6gelein. Gott zu loben glauben, weiJ sie 
sich selbst eine angenehme Emprinduug machen; dann 
die eitle Musik der Konze;te, in denen man allenfalls 
zur Bewunderung eines Talents, selten aber auch nur 
zu einem vorubergehenden Vergndgen hingerissen 
wird. Nun vernahm ich eine Musik, aus dem tiefsten 
Sinne der trefflichsten menschlichen Naturen ent- 
sprungen, die durch bestimmte und geflbte Organe in 
harmonischer Einheit wieder zum tiefsten, besten Sinne 
des Menschen sprach und ihn wirklich in diesem 
Augenblicke seine Gottahnlichkeit lebhaft empfinden 
lieB. Alles waren lateinische geistliche GesSnge, die 
sich wie Juwelen in dem goldenen Ringe einer ge- 
sitteten weltlichen Geselischaft ausnahmen und mich, 
ohne Anforderung einer sogenannten Erbauung, auf 
das geistigste erhoben und glflcklich machten." 



*) Verlag Tischer und Jagenberg, K6!n am Rhein. 



Bei s pi el e; 




J»— A. & *» Jf I^&«UJau 



233 



WW. 



Budibefprechung 



II 



I! 
m 



Walther Krug: Die neue Musik (Eugen Rentsch, Ziirich 
1919). 

Das Buch von Walther Krug wirkt wie cin VorstoB 
eincs Vorpostcns. Es wird versucht, Bresche zu schlagcn 
in die dickc Maucr, welche heutc den Bcgriff „Musik" 
so umgibt, dafi kaum noch jemarid recht crkennen kanm 
was das eigcntlich ist: Musik? Habcn wir lieute noch 
Musik odcr ist sie nur nocli „Literatur mit Musikbegleitung 
odcr Musikvcrkleidung?" Musik ist lieute nouvellistisch 
oder geistreich odcr litcrarisch Oder sonst was — leidcr 
nicht musikalisch dies der Grundzug. # 

Ein Rcaktiomlr? 

Mir scheint, cs ist an der Zeit mit BcwuBtsein 
reaktionSr in Dingen der Knnst (nicht bloB der Musik) 
zu wcrden. Und der scheint mir noch lange kcin „Re- 
aktionar", der auf 120 Scitcn das Wesen der ncucn Musik 
skizzicrend zu crfasscn sucht und in mchr als dem dritten 
Tcil seines bedeutenden Buches von Anton Bruckner 
spricht. Wenn man kurz vorher sich zu dem ..Filhrcr'' 
des Gchcimrat Kretzschmar verirrt hat und dort manches 
tibcr Bruckner abgedruckt lescn muB, daB man meirit cin 
schwachsinniger Halbidiot hat da mal Messen und Sinfonien 
hindOsend kompouiert, bchcrrscht von Todcsangst und 
gcfoltcrt von „Unbildung u , so bcriihrt es unsagbar 
schon, zu schen, mit welchcr Liebe und Ehrfurcht liter 
ein Fuhlcndcr und Verstehendcr dem Meister naht, desscn 
Musik ihm Musik schlcchthin ist. Scit Bach war das 
nicht da, selbst Beethoven ist von litcrarisch-poctischcn 
Dingen, vongcdanklich nouvellistisch en oft gemigphantasic- 
und musikhindernd angekrSnkelt. „Beethovcn wirkt hcutc 
durch das, was an ihm tadclnswert ist", — Bruckner 
wirkt nicht (noch nicht), weil die Ohren durch Erliiutcrungen, 
Programme, durch die Literatur in der Musik votlig un- 
fahig geworden sind, Musik nur als Musik (ohnc .Inlialt") 
aufzunehmen. 

Von dicscm Standpunkt kommt der Vcrfasscr zu 
eincr volligen Ablehnung, ja Negierung der ncueren 
Musik, (dercn Stammvatcr implicite aber Bruckner war). 



StrauB ist ihm im Vergleich zu Wagner „verwickelter, 
unklarer, acmlicher, gcwohnlicher" als dieser und wird 
es im La ufc seiner Entwickelung immer mchr; 
Mahler im Verglcicli zu Bruckner mchr ein, wenn auch 
ernstcr, Arrangeur, als cin aus deni vollen schopfender 
Musiker; und Reger im Verglcicli zu Bach (und selbst 
zu Brahms, der hier cndlich einma! unzweideutig als 
trivial und crschwitzt abgclehnt wird), cin Viclschrcibcr, 
von dem nichl umvitzig bchauptet wird, daB seine Existenz 
als Mcnscii wohl bczwcifelt wcrden kann. Vicllcicht als 
Akticngcscllschaft wiirc er muglich. Regcr, desscn groflc 
Begabung riicklialtslos ancrkannt wird, ist ein OpEcr der 
Modcn, deren jede er mitmachte; seine Entwickelung 
zentrifugal, cine Flucht ins Nichts, in die inusiknlischc 
Charakterlosigkcit. 

Einzig Hans Pfitzncr schaut und empfindet 
unmittelbar. Und cs ist ja wohl kcin Zweifel, dnfi- 
Pfitzncrs Kammcrmusik zum Wcrtvollsten yeiiOrt, was 
hcutigc Musik zu bictcn hat. 

Blcibt Schonbcrg. Hier ist der Punkt des Buches, 
an dem ich nicht mchr folgen kann. Schonbcrg cincn 
Vcrncincr der Entwickelung zu nenncn, der keine Tradition 
ancrkennt, ist unzutreffend. Ich hurtc selbst vor Jalircn 
cincn Vortrag iibcr Mahler von ihm, in dem er es hc- 
daucrtc, daG die Jugcud sich so von Wagner nbwende. 
Er selbst stchc .... usw. In Krugs Polemik vcrsinkt 
dns wcuigc Richtige, was gcgen Schonbcrg mit Gnitid 
eingewendct wird mid eingewendct wcrden kann. 



Biicher tibcr Musik warcn langc Jahre etwas 
sell reck 1 ich cs. Die Zcit hcutc, in deren Sdiotl groBcrcs 
wachst als jc scit Menschcngedenkcn voting, saubert 
auch hier. Der iisthctialc Augiasstall der Musik wird 
gcreinigt wcrden, wenn es auch langsam und sclnver 
geht, da cben — nach Hcines Wort - die Ochsen vor- 
laufig noch driublciben und immer ueueu Mist anhaufen. 
Dr. Oscar Gmtmnnn. 



254 



t-r.m^mi?rg-gm£W; J ' 



Wichfige neue Mufikalien, Biicher und Auffafze 

iiber Mufik, 

• ■ mitgeteilt von 

Professor Dr. Wilhclm Altmann, Berlin-Fricdenatt, Sponholzstr. 53-54. 
Diesc Zusammcnstellung, die mogliclist in jedem Heft diescr Zeitschrifl crfolgen wird, will audi noch un- 
gedrucktc grtiBcrc Wcrkc, vor allem Symplionicn, symphoniscbe Diditungcn, Konzerte, Kammermusikwerke, Opern, 
Cliorwcrkc mit Orchester cinbeziehen, urn namcntlich Dirigentcn dnrauf aufmerksam zu machen. Diejcnigen Tonsctzer, 
die dcrartigc Wcrke (jedocli nicht ctwa Klavierstiickc, Licder, MflnnerchOre) fcrtig haben, wcrden gebeten, mich davon 
in Kenntnis zu sctzen, doch behalte ich mir die Entsclicidung iiber die Autnahrne vor. Dicse kann aitch bei gedruckten 
Werken weder durch ein In sera t noch durch Einsendung der betreffenden Musikstiicke oder Biicher crzwungen werden. 
Riicksendiing etwaigcr Einsendungcn wird grundsatzlicli abgelehnt. 

Die Hinzufiigung des Vcrlags wird Bestelltingcn erleiclitern. Zu den angegebenen Preisen kommt immer 
noch der sogen, Tcuerungsaiifsclilag seitens des Verlegers und audi des Sortimcnters hinzu; er schwankt bekanntlich, 
meist abcr belrdgt er '100%, oft sciion 200% +10%. 

I, Inffrumenfalmufik 

a) Orcheffer (ohne Soloinffr.) 
Besch, Otto: E. T. A. Hoffmann, phantast. Ouv. [Ur- 

auffiihrung 9. VI. Weimar) noch ungedruckt 
Erdmann, Eduard: op. 10 Symphonie (D) [Urauffuhr. 

9. Juni Weimar] noch ungeldruckt 
Grabaer, Hermann: Vorspiel. [Urauff. 11. Juni Weimar) 

noch ungedr. 
Orsener, Paul: op. 22 Aus dem Reiche des Pan. Suite. 

Kistner, Lpz Preis nacli Vereinbar. 
Kiessig, Georg: Ein Totentanz [Urauff. 11. Juni Weimar] 

noch ungedr. 
Pacbernegg, Alois [Leoben]: op. II Golgatha, sinf. 

Szene [Urauff. 2. 4. 1916 Wien]; op. 15 Von Rittern 

und minniglichen Maiden. Burleske Ouv. [Urauff. 

19. ?, 1918 Wien] noch ungedruckt 
iuter, Hermann: op. 17 Symphonie (d) erscheint im 

Herbst bei Hug & Co, Lpz 
Uoger, Hermann: op. 23 Landiiche Szene [Urauffuhr. 

11. Juni Weimar] erscheint bei Tischer & Jagen- 

berg, KOIn 
Weigl, Bruno [Brttnn]: AbendstimmungsbHder. Drei 

Skizzen(Auf einer Burgruine, Herbstabend; Stimmen 

im Dunkel). Urauff. 9- Juni Weimar] noch ungedr. 
Windspergcr, Lothar: Lebenstanz. Konzert-J3uv. (G). 

Schott, Part. 20 M. 

b) Kammermujik 
Butting, Max: op. 16 Streichquartett Nr 2 (a). Wunder- 

•horn-Verl., Mflnchen P. 3 M.; St. 12 M. 
Brahms, Joh.: op. 34 Quintett f. Pfte etc. F. PFte zu 

4 Hdn bearb. (Th. Kirchner). Edition Peters 3 M. 
Handel, G. F.: Sonate i'A) f. V.; f. Via u. Pfte bearb. 

(Arth. Schreiber). Kistner 3 M. 



Hindemilh, Paul: op. II Nr 1 Sonate (Es) f. V. u, 

Pfte. Schott 4 M. 
Kricka, Jaroslav: op. 9 Kleine Suite im alten Stile f. 

2 V. u. Pfte. Simrock 3,50 M. 
Luccrna, Eduard: op. 10 Streichquartett (C). Raabe & 

Plotiiow, Sort., Berlin St. 8 M. 
Pacbernegg. Alois [Leoben]: op. 16 Sonate f- Viol. 

u. Klav. noch ungedruckt 
Rahlwes, Alfred: op. 4 Quintett (f) f. 2 V., Via, Vc. u- 

Pfte. Schlesinger 12 M. 
ReuB, Aug.: op. 35 Romantische Sonate f. V. u. Pfte. 

Ferd. ZierfuB, MUnchen 7,50 M 
— : op. 37 Oktett (H) f. 2 Ob., 2 Klarin., 2 Horn. u. 

2 Fag. ders. Verl. Part 2,50 M. 
Schmid, Heinr. Kaspar: op. 26 Quartett (G) f. 2 V., 

Via u Vc. Schott, Mainz P. 2 M.; St. 8 M. 
— : op. 27 Sonate (a f. V. u. Pfte. Schott 6 M. 
Striiver, Paul : op. 25 Streichquartett (Es) [UrauffUhr. 

10. 6. Weimar] noch ungedr. 
Windsperger, Lothar: Quartett (g) f. 2 V., Via u. Vc. 

Schott. P. 2 M.; St. 8 M. 

c) Sonftige Injfrumenfalwerke 

Bauermann, W.: Konzertstuck in Form einer Gesangs- 

szene f. Vc. m. Pfte. Andre, Offenbach 2 M. 
Him, Carl: op. 24 Lilliput 9 KinderstUcke f. Klav. 

Zimmermann, Lpz 2,50 M.; op. 25 Funf mittelschwere 

KlavierstUcke- desgl. 
Kaun, Hugo: op. 110 Poetische Stimmungsbilder. Vor- 

u. Nachspiele f. Org. Zimmermann, Lpz 8 M. 
— : op. Ill Mummelmann. Waldgeschichten. Herm. 

Liins nacherzShlt. 5 KlavierstUcke. Ders. Verl. 5 M. 
Korogold, Erich Wolfgang: op, 11 Aus der Musik zu 

„Viel Urmen urn Nichts". Drei Sttlcke I Pfte. 4 M. 

255 



Krause, Paul: op. 28 Noveletten. Aciit kurze charakterist 
Tonstilcke f. Org. Kahnt, Lpz 5 M. 

Kricka, Jaroslav: op. 13 Lustige StUcke. F. Pfte. 
Simrock 6 M. 

Kronke, Emil: op. 125 Spanische Rhapsodien. E. Hoff- 
mann, Dresden 5 M.; 4hdg 6 M.; op. 154 Goldene 
Jugendzeit. Frohe Stunden am Klav. Ders. Ver! 4,50 M. 

Lteowen, Ary van: Perlen alter Meister f. FlOte u. 
Pfte bearb. Nr 21—40. Zimmermann, fcpzje 1,50 M. 

Under, Gottfried : Drei Klavierstilcke (Me:iueti,Serenade, 
Rondo giocoso). Sulze & Galler, Stultg. > M. 

-: Konzerr-Walzer (Es) f. Pfte. Ders. Verl. 2,50 M. 

Niemann, Walter: op. 72 Scherzo (c) im strengen Stil 
f. Pfte. Heinrichshofen 1,80 M. 

Pachernegg, Alois [Leoben]: op. 8 Sinfon. Prolog. 
Konzertstlick f. Klavier u. Orch. [Uraufmiir 8. 4. 
1913 Graz] noch ungedr. 

Reger, Max: op- 87 Zwei Kompositionen f. V. m. Pfte. 
NA. (Issay fcarmas). Otto Forberg, Lpz Nr 1 
Albumblatt 1,50 M.; Nr 2 Romanze 2,50 M. 

Schroeder, Carl: op. 93 Fiinf Klavierstucke. Walter 
Schroeder. Berlin 8,40 M. 

IL Gefangsmufik 

a) Opera. 
Blech, Leo: Die Strohwitwe. Operette. Klav.-A. 

Drei Masken-V. 12 M. 
Mors, Richard: Die Minne-Konigin. Heiteres Buhnen- 

spiel. Ferd. ZierfuB, MQnchen. Klav.-A. 15 M. 

b) Chorwerbe 

Jungst,Hugo: op. lOT^Mazeppa. Ein Cyklus f. MSnner- 
chor u- Tenor- u. Sopran-Solo m. Pfte od. Orch. 
m. verbind. Dichtung unter Benutzung polnischer 
Voiks- U. Tanziieder. Otto Forberg, Lpz Part. 6 M ; 
Orch.-St. 8 M.; Orch. 2,40 M.; Klav.-A. 3,60 M. 

Kaun, Hugo: Oster- u. Wandervogellied f. Mannerch., 
Mezzo-Sopr. u. Orch. Zimmermann, Lpz Part, und 
Orch.-St. Preis nach Vereinb.; Klav.-A. 6 M. 

Nicofai, Otto: Messe (D) f. Soli, gem. Chor u. Orch. 
FUr den Konzert- u. liturg. Gebrauch bearb. (Markus 
Koch). Ferd. ZierfuB, MQnchen Orch.-St. 12 M.; 
OrgelsU 3 M.; Chorst. 4 M.; Klav.-A. 5 M- 
- Pachernegg, Alois [Leoben]: op. 20 Das Grab im 
Busento. Ballade f. Mannerchor u. Orch. (Urauf- 
fQhrung 1. 12. 19 Leoben] noch ungedr. 

Schmidt, Heinrich: Der gemischte Chor auf naturlicher 
Grundlage. Ein- u. mehrst. Obungen. Oldenbourg, 
Miinchen 5 M. 

c) fur i Singffimme m. Klavier 
Berndt, Martin: Schnick undSchnack furs kleine Pack. 

15 Kinderlieder. Zimmermann, Lpz 2,50 M. 
Dannehl, Franz: op. 73 Deutsche Kinderlieder (Neue 

Folge). ZierfuB, MQnchen 8 M. 
Prledel, Richard: Zw61f Lieder. Banger, WUrz- 

burg 8 M. 
Koch, Markus: op. 55 FQnf Lieder nach Gedichten 

von Efchendorff f. mittl. Singst m. Pfte. ZierfuB, 

MOnchen 7 M- 



Lasslo, Sandor: op. 7 Das ist das GlQckf ZwOIf 

Lieder nach Gedichten von Else Luz f. 1 hohe 

Singst. Simrock 8 M. 
Manersberger, Felix; 30 Lieder aus „Der kleine Rosen- 

garten". Simrock 2,50 M. 
Niewiadomski, St.: op. 44 Aus Nan und Fern. Volks- 

lieder. G. Seyfarth, Lemberg 15 M. 
Seidlcr-Winkler, Bruno: Lieder. Alte und neue Weisen. 

Kaun-Verl., Berlin Bd I 3 M. 
Windt, Herbert: op. 2 Sechs Lieder f. mittl. Singst. 

Selbst-Verl. B.-Lankwitz, Steglitzerstr. 5 14,50 M-; 

op. 3 Vier Gcsange nach Gedichten von A Mombert 

I mittl. .Singst. desgl. 4,50 M. 

III. Melodram 

Winternitz, Arnold: Der Fluch der Krote. Melodram 
m. Pfte. Max Brockhaus 4,50 M. 

IV. B tidier 
und Zeiffdiriffen-Auna^e 

(alphnbctisch sowohl nach Sticliwortcn wic nach den 
Verfnssern gcordnct. Bci Zcitschriflen-Aufsatzcn ist 
immcr mit "Nr die des lnufendcn Jahrgnngs gemeint). 

Allxemeine deu*sche Musikverein, Der, und die Zu- 

kunftunsere3Musiklebens. Von Hans F. Schaub — 

in: Allgem. Muslk-Ztg 23/23 
— Ein neues Ziel des Al'gemeinen Musikvereins. 

Von Oswald Kiihn — ebendort 
Altmann/ Wilhelm — s. Berger 
Anschlag. Das Geheimnis des schonen Anschlages 

beim KlavierspieJ. Von MaxUnger — in: Schweizer. 

musikpadag. Blatter 11 
Arguto, Rosebery d' — s. Gesangsunterricht 
Beethoven. Persenlichkeit, Leben und Schaffen. Von 

Gustav Ernest. Bondi, Berlin 25 M. 

— s. a. Mozart 
Bennemann, Paul — s. Leipzig 
Benvenuti, G- — s. Frescobaldi 

Berlioz, Hector. Un vie romantique. Par A. Boschot. 

Plon, Paris 6,5 fr. 
— . Son ceuvre. Par G- de Massougues. C LCvy, 

Paris 3 fr. 
— . Von Hans Ferd. Redlich — in: Musikblatter 

des Anbruch 10 

— s. a. Liszt 

B.rgcr, Wilhelm. W. B.-Katalog. Vollstandiges Ver- 
zeichnis sftmtlicher im Druck erschienenen Ton- 
werke und Bearbeitungen Wilhelm Bergers . . nebst 
system. Verzeichnis und Registerh . . . nebst einer 
Wurdigung Bergers. Von Wilh. Altmann. F. Hof- 
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236 



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Bulow, Paul — s. Musik u. Schule 

Calegari, M. - s. Melodramma 

Carissimi, Giacomo, ed i suoi Oratori. Von F. Balilla 

Pratella — in: Rivista musicale italiana 27,1 
Chop, Max — s. Wirtschaftliche Lage 
Cords, Gustav — s. Kritik -^ 

Debussy. L'opera pianistica di M. D. Von G M. 

Gatti — in: Rivista music, ital. 27,1 
Deutsch — s. Allgemeine deutsche Musikverein, Der 
Deutscber Orchestennusiker — s. Kritik 
Doret, Gustave — s. Ind£pendance 
Ebel, Arnold - s. Probleme 
Eckstein — s. Musikpflege 
Ernest, Gustav — s. Beethoven 
Frescobaldi. Notarella circa tre fughe atiribuite al F. 
ealcuneristampemoderne. Von G- Benvenuti — 
in: Rivista music, ital. 27,1 
Gatti, G. M. — s.- Debussy 

Gesangsunterricht in den Volksschulen, Umsturz und 
Neuaufbau des Lehrplanes Mr den. Von Rosebery 
d'Arguto — in: Musikpadag. Blatter 11,12 
f.ohler, Georg - s . Organisationsgedank e; Zu- 

kunftssorgen 
Griesbacher, p. — s . Bruckner 
Harmonic Handbuch fur. Von Paul Juon. Zimmer- 

mann, Lpz 4 M. 
Inde'pcndance musicale. Par Gustave Doret — in- 

Feuillets de pedagogie musicale 11 
Judische Melodien — s. Mahler 
Jtmgwirt, Aug. - s. Mozart 
Juon, Paul - s. Harmonie 
Karg-EIert, S. - s. Theorie 
Kaiakomben, Musik in den Von Eugen Segnitz - 

in: Allg. Mus.-Ztg 23,4 
Klavier — s. Anschlag 
Kompositionslehre — s. Theorie 
Konzertierende Kiiustler - s. Wirtschaftliche Lage 
Kritik, Die, und ihr Verhaltnis zum deutschen Orchesrer- 
musiker. Von Gustav Cords - in: Deutsche 
Musiker-Ztg Nr 24 
Kuhn, Oswald — s. AlIgemelnerdeutscheMusikverein 
Lambruio, Tflemaque. Von Walter Niemann - in: 

Ztschr. f. Mus. II 
Landormy, P. - s . Brahms 
Lange, Walter — s. Wagner 

Lautenmacher, Der. Eii^ vcrloren gegangene Kunst 
Wissensvvertes Qber Lauten- u. Gitarrenbau. Von 
Heinrich Scherrer. Hofmeister 2 M. 
Leipzig, Musik und Musiker im alten. Ein feeirrag 

zur Pflege der Hausmusik. L. Fries, Lpz 2,30 M. 
Liszt in seinen Beziehungen zu Berlioz. Vol Albert 

Maecklenburg - in: Neue Musik-2tg ]/ 
Lustgarten, Egon - s. Orchesteraufstellung 
Maecklenburg, Albert - s. Liszt (Berlioz) 
Mannergesa.ig. Wunsche aus dem Lager des Manner- 
gesanges. Von Ernst Schlicht - in: Allgemeine 
Mus.-Ztg 23/4 
Mahler's, Gustav, judische Mdodicn. Von Max 
Brod - in: Musikblatler des Anbruch 10 



Marnofd, J. — s. Wagner ~~ 

Massougues, G. de — s. Berlioz 

Melodramma, II, e Pietro Metastasio. Von M. Ca- 

legari — in: Rivista musicale italiana 27 1 
Metastasio. Pietro -s. Melodramma 
Mozart et le jeune Beethoven. ParG. de St.-Foix — 

in: Rivista musicale italiana 27,1 
-'s Handschrifte'i im Stifte St. Peter in Salzburg 

Von Aug. ju.ngivirr ~ in: Mitteilungen der Salz- 

burger Festspielhaus-Gemeinde 5 
Musik utrd Schule. Von Paul Billow — in: Ztschr 

f. Mus. 11 

— s. Ursijjn 

Musikleben - s. Organisationsgedanke 
Musiklebrende - s. Wirtschaftliche Lage 
Musikpflege, Die, im Zwange des Notopfergesetzes 
Von Eckstein — in: Musikztg 20 

- ZeitgenOssische - s. Zeitgenflssische 
Musiktheorie — s. Theorie 

Niemann, Walter — s. Lambrino 

Notopfergesetz - s Musikpflege 

Orchesteraufstellung, Reform der. Von Egon Lust- 
. garten — in: Musikblatter des Anbruch 10 

Orchestermuslker — s. Kritik 

Organisationsgedanke, Der, im tfffentlichen Musikleben 
Von Georg Gfihler - in:, Rhein. Musik- und 
Theater-Ztg 22/3 

Pratella, F. Balilla - s. Carissimi 3 

Probleme, Die, muslkalischen, der Gegenwart und ihre 
Losung. Von Arnold Ebel _ in: Deutsche Ton- 
kiinstler-Ztg 353 

Redlich, H. F. - s. Berlioz; Zusammenhange 

Rolland, R. - s . Voyage 

Sarnt-Foix, G. de - s. Mozart 

Salzburg. StiftSt. Peter, Handschriften - s. Mozart 

Schanb, Hans F. - s. Allgemeiner deutsche Musik- 

verein, Der 
Scherrer, Heinr. - s. Lautenmacher 
Schlicht, Ernst - s.„.M-iinnergesang 
Schorn, Hans — s. Ursinn 
Schule— s. Musik u. Schule 
Segnitz, Eugen - s. Katakomben 
Stleglitz, Olga — s. Storck 
Slohr, Richard. Von Jos. Lor. Wenzl - in: Neue 

Musik-Ztg 17 
Storck, Karl f. Von Olga Stieglitz - in: Musik- 
padag Blatter 11/2 
Theorie. Die Grundlagen der Musiktheorie. Praktische 

Kompositionslehre. Von S. Karg-EIert. Soika- 

Verl., Lpz Tell i. 6 M. - 
Tischer, Gerhard - s. ZeitgenOssische Musikpflege 
Tonkunst - s. Wunder 
Unger, Max — s. Anschlag 
Ursinn der Musik, Vom. Von Hans Schorn - in- 

Neue Musik-Ztg 17 
Volksschulen - s. Gesangsunterricht 
Voyage, musical au pays du passe\ Par R. Rolland 

Joseph, Paris 15 fr. 
Wackenrodcr, Wilh. Heinr. - s. Wunder 



237 



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ft' ' 

3»1- 



Wagner. Rich. W.'s universale Bedeutung. Von 

Walter Lange. R. Wunderlich, Lpz 2^0 M. 
— . Le cas W. La musique pendant la guerre. Par 

J. Marnold. Ore's, Paris 3,5 fr. 
Wenxl, Jos. Lor. — s. Stfihr 
Wlrtschaftlicbe Lage, die, der konzertierenden KBnstler 

und der Musiklehrenden, Von Max Chop — in 

Mnsikbiattcr des Anbruch 10 
Wander der Tonkunst, Die. Von Wilh. Heinr. Wacken- 

roder — in: Ztschr. f. Mus. 11 



Zcitgecossiscbc Musikpflege, Gedanken uber die. Von 

Gerhard Tischer — in: Rhein. Muaik- u. Theater- 

Zeitung 22/3 
Zokooft unseres Musiklebens — s. Allgemeiner 

deutsche Musikverein, Der 
Zukunftesorgeu, musikalische von Georg GQhler — 

in: Musikztg 19 
Zusantmenbange, Musikalische, und Beziehungen. 

Von H. F. Redlich — in: Musikbiatter des 

Anbruch 10 




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ULILAC.EN: taksmul.* pm.» s Rup-r-Briefr:,* 

(Diwsor Brief iut uns von d.vm dorzeitk-nn Ue- 
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Heft II 



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BoaetUondo Nfiuerschoinung. 
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(aus fahak t .sp l .ar 0S „Cymboh n ": iiborsoUt v. Lud. Berger) 



Dr. HANS MEKSMANN . . 
FRITZ FR[J). WrXDISCW 
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Heft III 



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Nikisch und das Orchestor 
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Uio Jiiffond, dio Dirigontnn 
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der mustkalischo Fortsehritt 
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von Burph Spiro, Verlag Julius Bard, Berlin) 



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Dr. ALFRED DOBLIN . . 



Heft IV 



. Dor noun St-om, TIL 
' fiefi?r's Vortililtoij z. TonalitiH 
MusikaJjschu Pprspyktivnn, II. 
Amerikanischo Musik 
Beinerkunjean oin»s musika- 

Iror. Dr. ALTMANN . . . Bod™Wndr> N^morschoinungon 

und Manuskripto 
BBILAGE: Alfred Mombort: B Biate dos Chaos", 

Hans JOrgon von dor Wonso 



Heft V 



^ZTrESSEN Dor none Strom, TV. 

und die Entwiclduiig der 
nymphonischen Musik 



Bedeutonde Kouorschoinung. 



Prof. Dr. ALTMANN 

BEILAGE: Itiobard Behind: ..Z^ie^ffSd , 

Manfred Gurlitt 



Heff VI 



iJJlrAR BYK MatUers Ekatase ein Ver- 

Prof. rv. OSKAR BIE . / . . MnJkaihche P 6 r« pe ktiv. n 

!.■-!. Dr. ALTMANN Bodout NouorscheTnungeD 

■BKluAGEN: Biidnis Gustav MahlS J^d^SS™ 1893 

Rni^M^' 6 ^ H.HwmDr. Berliner, Borlin) 
Rodms Malderbaste -Portr.WilL Meneelberff's 
LnvoroffonU. Brief Ghist. Mahler's in iffirimEl 
IDwser Bnof ist mis von dem dorzeitieon Bo- 
sitzor, HWJDr. W«rner WoUfhalm.^Beribi- 
2Sen w a o d dJ3 tjeSt ZUr V ««"«"*iW«»R M»r- 



Heft VII 



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K G ON™ttT " " JonSk V °H. l6IRPPri ^ U " d 
SUl D L |u C ?'TMANN giVS^ rkeC,a " d6 ^ b — 

""• ^^ n - ALTMANN . Bwdoutendo Nouerscheinungen u. 
Manuskripto 



SIEGMUND PISLING 
A. M. AWRAAMOFF 



Heft VIII 



. Tendonzon modernBr Musik 
. Jenseits von Temperierung und 

HEINZ 2IESSEN .... Die Zukunft des AllMmrinnn 
Prof Dr MTHUvv Deutschen MuslkveremB 

„_„.,,„ nnd Manuakripte 

BLILAGE : Maskowski, Godicht von Gippius 



Heft IX 

HERMANN SCHERCHBN . . . D„ T^aUUttaprinzip u. 

■die Alpon-Sympltonie von 

ROBERT MCLLER-HARTMANN WStilproMpm der 

EDUAKD BBDKANN ^T St beiff .,, 

OSAR BIE o£™t£ iedCm 

?A, &gSS^.-: : : :' SFassau 

tu Manuskripto 
BEILAGE: A. T, Wegnep „DeiiH> Hoare B i n d braun", 

Bra-ao Woigl 



259 



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I ERWIN LENDVAI' S | 

I KAMMER-MUSIK I 

I im ^ 8 rvonN.SIMROCKS: BERLIN-LEIPZIG j 

I op. 8 STREICH-QUARTETT in e-moll . • n. 3.-; n. 750 M. | 

! op. 11 STREICH-TRIO I B-dur n- 1*>; "■ ^ £ | 

I op. 14 STREICH-TRIO II F-dur rt 2--. *■ J £ | 

| op. 16 STREICH-TRIO III a-moll n. 2.50; n. 5. 11. ^ 

I Partifuren gern zur Aniidit . | 

1 Die Preiie erhohen iich urn den ublichen Teuerui.flszuld.lag. j 

I „Lendvai's Kammer-Miifik "iff Expreffionismus in j 

| ' bejahendem Sinne . . . " | 

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Copyright 11120 In* X'otn-mlorff & Moll Uurliii-Wuissousn- 
yotwnbt.ilaRo zu ,'Mulos* 10. Heft.. Juli 1J120. 







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H<>r«iis K i'l>or: H K K M A X N SOU K H (/ II K S , IWlhi - I-'ri.Mln 
«.«inktio.:: liL-rlfn-W.-ifionsi-o, IWlin.-r All.- 71. I-VmniF: t\Vs. U'l 
Pivis dos K:inz<(lhi'rt.'S Mk. L'.4)J F .iiH Vi.-rMj.-Abimii. Mk. lli. -. - 1 



isulh'ii, Uimh- u. Musiltiilli.'ittwitKlliiiiK'in, sowiw dirufet vom Wrlni:. 
, ^Vtt'shad frier SlraUc *,. - J-Vninir: I'lab-bur- s.SL'7. 

- Wrhifi: Btirliti-Woilii'iisoc UorliiuT Alloo 71, hVnimr; U\. I'.'ii 
■ uzIjntidlirtzi.K vi.-rUdjiUirlidi Mk. 1".-. - Nin-lidrui'k vorl..-!mli..n. 



Nr. jj 



Berlin, den 16. Juli 1920 



I. Jahrgang 



INHALT 

„Neue Klaflizitaf?" 
HERMANN 5CHERCHEN Das Tonalifatsprinzip und die Alpenfymphonie 

von Richard Sfraufr II. 
Dr. HUGO LEICHTENTRITT .... Die faktlofen, freien Rhvfhmen in der alten und 

neuen Mufik 

Dr. ADOLF .ABER Zukunffsaufgaben der Operninfzenieilitig 

OSCAR BIE Pantomime - 

Dr. HEINRICH KNODT-WIEM . . . Wiener Konzerfleben in der Gegentfart 

Preisausfdireibung des New Yorker Sdiumann-Clubs 
Prof. Dr. WILHELM AITMANN . . Bedeufende Neuerjdieinungen und Manujkripfe 

NOTENBEILAOE: Heinz Tieflen: „Reinigung" 



JMELOS' 



in einer Luxusausgabe 

erfcheinf monaflich einmal im Kunffverlag 

FrifcGurlift, Berlin W 35 



,.Neue Klaffizifaf"? 



M. 



Am 20. Uanuar diefes Jahres wandfe Jich Ferruccio Bufoni an Paul Becker in 
emem Briefe, der aus Anlaj5 der Becker-Pfifsner'fchen Polemik gefchrieben dann mif 
der IDberfchriff „Neue Klaffiziiat" in der Frankfurter Zeifung zur Veroffenflichung gelangfe. 
Es fcheinf unbegreiflich, daj3 die mufikalifdie Welf von diefem Schreiben kaum Kennfnis 
genommen hat fro&dem einer der fiihrenden K^ajtler hier ein innerffes Bekenntnis 
abl^£*. Nicht mif einem Fur — oder — Wider enfgegnet Bufoni Becker-Pfitjner, fondern 
formf in Worte, was Jeine letter Werke andeufefen: eine innere Wandlung zu zufammen- 
faffend-prdnendem Kiinfnerfum, voxn Experiment fort zur feelifdien Ruhe und Leichtigkeif. 
Horen wii Veine Worfe: 

„Zu jeder Zeit gab es — mu£ es gegeben haben — Kiin;tler, die an die 
le£fe Tradition fieri klamnterfen, und'folche, die fidi von ihr zu befreien fuchfen. 
Diefer Dammerungszuffand fcheinf mir der jtabile zu fein:"Morgenrofe und voile 
Tagesbeleuchtungen find perfpektiyijche Befr^chfungen zufammenfaffender und 
gem zu' Ergebniffen gelangender Hiftoriker. — Audi die Erfdieinung von 
einzelnen in der Karikafur miindeaden Experimenters iff eine ffandige Begleifung 
der Evolutionen : bizarre Nachaffung hervor Jprmgenc ; r Geffen jener, die efwas 
gelfen; Tro£ oder Rebellion, Satire oder Narrheit In den lefjfen 15 Jahren iff 
derarfiges wieder dichfer aufgefrefen; es fallf urn Jo ffarker auf nacb dem Stillffand 
der 80er Jahre, der in der Kunftgefchidue rechf vereinzelt da ffehf (und leider 
gerade mif meiner eigenen 3ugend znfammen^el). Aber das Allgemeinwerden 
der Ulberfreibung — womif heufe bereifs der Aiijfanger debufierf — weiff auf 
die Beendigung eines iolchen Aijfoinities; und der nachffe Sdiriff, den der 
Widerfpruch fordernd herbeifuhren irup\ iff der. der zur neuen Klaffizifaf ienkt 
tinfer einer „]*ungen KlaffizKat" vcrffehe ich die Meifferung, die Sichhmg 
und Ausbeufung aller Errunger.|chaffen vorausgegangener Experimenfe: ihre 
Hineimuigung in feffe und fchone Formen. 

"Diefe Kunff wird alf 'nd neu zugleich fein — zuerff. Dahin ffeuern wir — 
gliicklicherweife — bewuJSt und u:.be^pf, willig oder inifgerifferu 

Zur „junge:< Klaffizifaf" rechne idi nodi den definifiven Abfchied v~m The- 
mafifdien und das Wieder-Ergreijfen der Melodie — nidif im Sinne eines ge- 
falligen Motives — als Beherrfcherin aller Sfimmen, aller Regungen, als Tragerin 
der Idee und Erzeugerln der Harmonie, kurz; der hdchff enfwickelfen (nidit 
kompiizierfeffen)- Polyphonie. 

Ein nichf minder VV.'difiges iff die Abffreifung des „Sinnlichen'* und die 
Enffagung gegenuber dem Subjektivismus, (der Weg zur Objektivifaf -- das 
Zuriickfrefen des Aufors gegenuber dem Werke — ein reinigender Weg, ein 
harfer Gang, eine Feuer- und Wafferprobe), die Wiedereroberung der Heiferkeif 
(Serenitrs): nicht die Mundwinkel "eefhovens, und auch nidif das „befreierde 
Lachen" Zarathuftras, fondern ias Lacheln des Weifen, der Goffheif — Und ab- 
jolufe Mufik. Nichf Tieffinn und Gefhuiung und Mefaphyfik; fondern: - - Muffk 
durchaus, deffill»erf, niemals unier der Maske von Figuren und Begriffen, die 
anderen Bezirken r nflehnf find, i- ?nfchlid:2S Empfinden — aber nicht menfeh- 

242 



1 



lifche Angelegenheifen — und audi diefes in den Ma0en des Kiinfflerifchen j 

ausgedriickf. ; 

Maj3e des Kunfflerifchen beziehen fich nichf nur auf die Proporfionen, auf 
die Grenzen der Schonheit die Wahrung des Gefchmackes — fie bedeufen vor ;. 

allem: einer Kunff nichf die Aufgaben zuerfeilen, die jaufier ihrer Nafur liegen. 
(Beifpielsweife in der Mufik: die Befchreibung,)" ■; 

Ferner: 

„Ich glaube ferner, daj5 es wohl Unferfchiede in den heutigen Kompofifions- 
verfuchen gibf — namenflidi'Unferfdiiede der Begabung? — , nidif aber Kliiffe, 
die fie frennen: ich glaube, daj3 fie rniffamf einander ahnlicher find, als wir ■ i 

vermufen, oder uns einreden. (Anders ffehf es mif detn UniEerfchied der Ge- 

finnung — )" l 

Es gibf ficherlich nidif viel Dokumenfe, die fo fcharf wie diefer Brief den inneren 
Weg eines Menfchen widerfpiegeln. Was Bufoni als nofwendiges Ziel unferer Kunff 
hinffellf, iff an der Wandlung feiner'Perfonlichkeif langff fichfbar geworden, Ein fidi- ; 

felbff - Deufen, \ i ch in - Worf e - einfangen i m b eff en Sinne iff diefer Brief, nichf 
aber erne Erkennfnis und Klarung. Es gibf in den heufigen Kompofifionsverfuchen 
Kliiffe, die von einander frennen. Es gibf diefen ungeheuren Verfuch zu einer Neuordnung ■ 

des Tonmaferials, den Schonbergs und Bela Barfoks Schaffen darffellf. Selbff wenn [ 

wir fo ganz die heufige Welf vergeffen, unfere Umgebung, wie Bufoni, bleibf diefer \ 

Unferfchied im Sdiaffen, Wohl enffcheidef lefjfen Endes nur Echfheif und wahre Kraff, ; ; 

gleich, wie fie f:ch auj5ern mogen; wir gleichzeifig lebende Kunffler reden heuf aber .: 

verfchiedene Sprachen. Dies mag ein Ungliick fein und Verwirrung fiir die Kunff zur \ 

Folge haben, wird aber nidif durch Bufonis kunfflerifche Darffellung und Auslegung 
feines Enfwicklungsganges zur Lofung gebrachf. Hier iff der Weg eines Menfchen, das .. 

gegenfeifige Abfonen feiner Kraffe, ihre Sfabilifierung — dorf brichf alfe Ordnung nieder, 
bauen fchopferifche Kraffe an einer neuen. Gemeinfam iff aber dem alien: es iff Gefchehen. 
das aus einer fferbenden Welf herkommf, das mif heij5er Gluf in Zukunff faffet aber j 

nichf mehr Wirklichkeif erreichf. Die Welf um uns iff neu geworden: wiederum \ 

einmal haf der Menfch fich auf fich befonnen, beffimmf er die MajSe aller Dinge; nichf ' 

kunfflerifche Kraffe werden zunadiff fiihren, Energien, von diefer Zukunff erffmalig in ■ 

ihm enfbunden bilden neue Formen der kunfflerifchen Kraffe. Nichf neue Klaffizifaf, ■ 

nichf Schonberg und Bela Barfok — iiberhaupf nichf diefe verfeinerfe, an zu vieler •• 

Gehirninfenfifaf krankende Kunff; ein neues, einfach- monumenfales Schaffervaus fiefffem * 

Gemeinfchaffsgefuhl erwachfen, im Volksgefang verankerf, wird die Zukunff der Mufik j 

fein. Diefe Enfwicklung gehf an uns vorbei — wir alle find nodi mif den Wurze'* j 

fafern der fferbenden Welf verbunden. Heuf aber friff neues Fordern an uns heran, j 

erfahrf Kunff ihre Wiedergeburf. Deshalb ffirbf fie als hochffe Bliife einer ver- 
finkenden Vergangenheif, wird aber in ihrer neuen Geffalf dyonififch machfvoller 
Einfachheif ein. zweifes Mai die myfhoshaff umfpannende Kraft fiefffen Allgemein- 
empfindens gewinnen. 

Hermann Scherchen. 



243 



MWH 



MraniiM'jpusvmii^iipM 






W ] 



$i 






Das Tonalifafsprinzip und die Alpen-Symphonie 
von R. Straus 

Von Hermann Sdierdien. 
II. 

AUe fhernafifchen Bildungen der AlpenfVmphonie zeigen die abfolufe Herrfchaff des 
Tonalen und gauze Parfien des Werkes beruhen auf den einfachffen Kadenzierungen; 
fro^dem ffellf fidi keine Ermiidung ein, wirkf diefe Einfachheif nur als Selbffbefchrankung. 
Die Gliederung des Werkes iff klar und eigen, und die Unferfeile zeigen eine Menge 
reizvoller Unregelmaj3igkeifen: Perioden-Verkiirzungen und -Zufammenziehungen, fowie 
Dehmmgen, die alle beffafigen, welche Fulle von kiinjflerifchen Moglidikeifen das Tonale 
in Jich birgf. 

Melodik. Was kier eingewendef werden muj5, iff, da]3 bis auf wenige Sfellen dem 
Sfrauj5-Kenner Haupf- wie Neben-Linien des Werkes verfrauf find. Hier radif fidi die 
Befchrankung im Tonalen; denn bei feinem nofwendigen Projizieren der Zufammen- 
klange in die Horzzonfale ergeben Jidi eben kaum neue Moglikeifen. 

Eine der innigffen Melodien, die Sfrau£ je gefchrieben haf, iff das Oboe-Thema 
(Seife 81, „Auf dem Gipfel"; Beifpiel 1). 

Wie die Dehnung im driffen Takf den Mofiv-Abfchlu|5 zur Lofung madif, aus der 
heraus Jidi die Melodie immei innerlidi frunkener emporrankf, bis endlich das leuchfende 
a der Okfave erklommen iff — das gewinnf nodi an Reiz in der Wiederholung. Durdi 
Eefflegen auf rhyfmifchen Sdiwerpunkfen wird alles was beim erffen Male ziffernd innig 
war, voll fiefffer Warme, daj? diefe feine Melodie eine Emofionsmoglichkeif in fidi vor- 
bereifef, zu der dann das uberffrome.; de Hin jubeln (Beifpiel 2) nur adaquaf e Auslofung wird. 

lijberfragen wir die erffen drei Melcdiefdiriffe diefes Themas in die Okfave, (Bei- 
fpiel 2a), fo ergibf fidi eine Armuf, die faff unverffandlich madif, woher in der SfraujS'fchen 
Formulierung ihre ungeheure emofionale Kraff kommf. Das erfve Erweifern des Me- 
lodiefchriffs zum Noneninfervall, und danr das jauchzende Sfiirmen des %~ fixieren 
den ganzen Umfang, den das Thema weiferhin durdifdireifei, fo da£ alles weifere nur 
Ausffromen und feelenvolles Hingeben iff (nur mehr Sekunden^rhriffe, die erff in drei- 
maligem Anlauf gewinnen, was das ™ fidi gewi)'ferrnaf5en „herabgezwungen" haf). 

Harmonik. Das Werk bcginnf mif dem abwarfs finkenden Mofiv A, das von der 
erreidifen Quarfe ans fieben Male weifer fallf und erff auf dem Contra B zur Rune 
komrr.f. Die dabei durdiiaufenen Tone d^s melodifdi. Moll bleiben aUe liegen, bis a».if 
den Ubergang von der groj3en ^ur kleinen Okfave, wo B und das kleine des ausfallen, 
fo daf3 b-moll fidi unferhalb des As bis Ges erffreckf und erff oberhalb des es wieder 

*) Wir konncii hicr nur Einzehies licivorlitben und «ubcu clubei jcdcs Mai die Scitcnzahlcn der klcincn 
Partituransgabc an. 

244 



-^yyv;. 



aufgenommen wird. Durdi diefe Sdieidung und den inmiffen liegenden gro£en Drei- 
klang auf As ixitt kein klares b-moll hervor und fchwirrf die Subdominanfe mif ihrem 
Akkord Jforend dazwifchen. (Beifpiel 3). 

(An diefer Sfelle fei geffaffef, einige allgemeine Worfe iiber SfrauJ5' Harmonie- 
Erweiferungen zu fagen: 'Da es fich fur ihn nichf um Durchbrechen der Torialifaf handelf, 
bleiben audi feine neuen Klangzufammenfaffungen in deren Rahmen. Off findef er fie 
als Ausdruck fur Timbre-Empfindungen, meijff aber als Mehrdeufigketf des Harmonifchen. 
In le£ferem Falle erweiferf er die Klangverbindungen Jo, da]3 er z. B. in Quinf-Verwandf- 
fchaff ffehende Akkorde gleichzeifig erklingen laj3f; dadurch fiihrf jeder der beiden 
Akkorde fein kadenzierendes Verhalinis mif fidi und es enfffehf eine innere Spannung, 
die efwa an Sfelle der fruheren Diffonanzen zu fe&en ware). 

In unferem Falle erklingen gleichzeifig b-moll, es-moll und der Akkord auf der 
fiebenfen Sfufe von nafiirlith b-moll, fo da£ das Thema B von unferem Zufammenklang 
gefragen wird und erff der fcharfe d-moll Akkord mif dem anfchliej3enden Riichgang 
diffonierend hervorfriff. Die ganze Einleifung (Lenfo) iff auf diefer Mifdiung von b- und 
es-moll (refpekfive Ges-dur) aufgebauf. 

Seife 55 („Auf blumige Wiefen") haben wie ein Beifpiel der Einfiihrung harmonie- 
fremder Akkorde auf Grund von Timbre-Empfindungen: iiber dem pp. (Violoncelli) in 
rein Khdur aufffeigenden Thema I (bei dem die rhyfhmilche Verfdiiebung um einen haiben 
Takf zu beadifen iff!) finken Sepfimenakkorde chromafifdi abWarfs (gedampffe Violinen), 
filbernen Flimmer und Duff ergie]3end. (Beifpiel 4). 

In der Seife 65 beginnenden Durchfuhrung („Dureh Dickidif und auf Irrwegen") 
kommf voriibergehend das Konfrapunkfifdie in jener dominierenden Weife zur Geltung, 
auf die wir bei der Befprechung Schonberg's hingewiefen haben. 

„Gefahrvolle Augenbliche" (Seife 79) bringen folgendes: die zweifen Violinen halfen 
harfnackig gis und a nebeneinander; durdi die dazu erklingenden Mofive wird das eine 
Mai gis als fremder Ton ausg'edeufef (dazwifchen in den Hornern rein D-dur), das andere 
Mai a, indem gis hier als as verffanden wird. In diefem Falle haben Klangfarbenvor- 
ffellung fowohl als audi Programmafifdies bei der Konzepfion- eingewirkf. (Beifpiel 5"). 

Der wehmiifig finnende Zauber der „Elegie" (II), Seife 105, beruhf auf forfwahrender 
Mijchung von fis-moll und F-dur, indem Akkorde beider Tonarfen beffandig wediieJnd 
ausgedeufef werden. 

Au£erff inferefjanf iff „Sfille vox dem Sfurm" (Seife 107), wo der Einf riff des h-moll 
Akkords dem cis der Klarineffe zunadiff jfreien Vorhalfscharakfer zu verleihen Jfcheinf, 
wahrertd fich aus dem cis iiber dem gehalfenen h-moll der Elegie-Anfang in rein fis-moll 
weifer enfwickelf; fis-moll iff hier nur in der melodifdien Linie gegeben und zu dem 
weifer fpnenden h-moll klingf unerwarfef plofjlich f-moll dazu (anffaff des fruheren F-dur 
— fiehe Seife 107 — indem hier weifer abliegende Melodieelemenfe direkf verbunden 
werden). Ue^f ergibf fidi anfchliejSend eine Keffe von diffonierenden Zufammenklangen, 
indem der inneren Logik der Melodie gemajS Akkorde einfrefen, ohne daf5 die voraus- 
gehenden Zufammenklange aufgehoben worden waren. (Eine Parfifurffelle, die genaueffe 
Beadifung verdienf und uns fcharf auf neue Erweiferungen des Harmonifchen hinweiff). 
(Beifpiel 6). Ferner die Melodiefiihrung im BaJ3, die faff gewalffam <„mif zufammenge- 
biffenen Zahnen") nadi d-moll kadenzieren will, Wahrend die erf fen Violinen unbewegf 
das ziffernde b feffhalfen. (Beifpiel 7). 

Die Gesvifferparfie (Beginn Seife 114) iff befonders an Zufammenklangmifduingen 
reich, die doppelfe Deufung zulaffen, ahnlidi dem anfanglich gezeigfen Bei(piel (Einleifung 
der Symphonie, „Lenfo") doch finden fidi hier kaum Falle, die neues zu dem oben 
befprochenen hinzufragen. 



245 




Die wenigen Hinweife zeigen zur Genuge, wie S£rauj5 .— frofs bewujSfeUer Be- 
jchrankung im Tonalen — erne Menge unerfchopffer Moglichkeifen dem Maferiale ab- 
zwingf und daminbeweiff, daj5 trots des Hinausdrangens fiber die Sdiranken der Tonalifaf 
hinaus nodi voiles, nur vielleidhf fchon uberreifes Leben in dem bisher einzigen mufi- 
kalijchen Kunffprinzip, der Tonalifaf, pulfierf. 



Beifpiele: 



Mj^%^'' * 










246 



Die fakflofen, freien Ryfhmen in der 
alten und nelien Mufik 

Von Dr. Hugo Leichfenfrift 

Standig Find die regfamen Geifter unter den Kiinftlern auf der Wacht, um durch neue, oder 
wenigflens vermeintlich nette technifche Verfahren die Wirkung ihrer Schopfungen zu verfeinern 
oder zu verftarken. Dabei wird nicht felten dem Kundigen offenbar, daB Ofter als weniger unter- 
richtete Beurteiler glauben m&gen, ein ganz „modernes" Verfahren anknupft an frtthere, langft 
verfchollehe Praxis. Als ein kleiner Beitrag zu dierer Erkenntnis mOge heute ein rhythmifches 
Problem in KUrze erOrlert werden, das gerade in unferen Tagen beginnr, in der Mufik unferer 
fortfclirittlichften Techniker eine bedeutfame Rolle zu fpielen, namlich die taktlofen, freien Rhythmen. 
Mit Taktwechfel, Synkopen, Vorhalten, Bindungen, Akzenthaufungen und -verrchiebungen 
bemuht man Hen um feltfame, auBergew&hnliche rhythmifche Wirkungen, die zumeift in einem 
verwickelten und kraufen Notenbild aufgezeichnet werden marten, weil unter Syftem der takt- 
maBigen Notierung fur fie keinen Raufn gewahrt. Hier und da ift fogar gewagt worden, den 
Taktftrich fo gut wie ganz verfchwinden zu laffen, wie dies z. B. Bufoni in feiner zweiten Sonatine 
ganze Seiten hindurch tut. Auch bei dieren Beftrebungen dOrfte Klarheit in den Abfichten, 
Syftem, theoretifche Begrtindung der neuen Technik fOrderlich fein. Ein Studium derjenigen 
alten Kunft, in der diefe Technik der freien Rhythmen fchon mit einer oewundernswerten 
Virtuofitat getibt worden ift, dUrfte auch ftlr unfere fortfchrittlichften Zeitgenoiren kein nutzlofer 
Zeitvertreib rein. 

Der gefamten alteren Mufik (mit Ausnahme der nicht mit Noten gerchriebenen Orgel- und 
Lautentabulaturen) irt der Taktftrich unbekannt. Er bUrgerte fich erft nach 1600 ein, als' man 
anfing, die gedruckten Sh'mmhefte durch die frOher nicht verwandte Partitur zu erganzen. Der 
Taktftrich dient einmal als ein auBerliches Orientierungsmittel, eine Hilfe fUr das Auge beim 
zufammenfaffenden Leferi der Partiturzeilen. Seine zweite, noch wichtigere Bedeutung ift aber 
die Markierung des TaktmaBigen im neueren Sinne. Mehr und mehr wendet rich unter feiner 
Beihilfe die ganze MuHk nach 1600 von den freien Rhythmen ab, den gebundenen, regelmaBigen 
Rhythmen zu. Sie Ttammen eigentlich von Marfch und Tanz her. So wird die gefamte MuHk 
rchlie'Blich von Marfch- und TanzmaBigem bis zum auBerften MaBe durchfetzt. Ober diefer den 
letzten Generationen anerzogenen GleichmaBigkeit, Symmetrie der Rhythmen haben unfere Mufiker 
fchiieBIich die Reize und Feinheiten der taktlofen freien Rhythmen vollft&ndig verlernt. 

Der Geift der neuen Tonkunft verlangt jedoch gebieteri[ch eine, wfcnn fchon nicht an- 
dauernde, fo doch zu mindeft zeitweilige, mit Beherrfchung und bewufitem KOnnen ausgettbte 
Befreiung von der Tyrannei des Taklftriches. Lernen wir die den freien Rhythmen eigentum- 
lichen SchOnheiten von der MuHk des Mittelalters, der alten Niederiander, der Orientalen. 

Der Fall liegt verhaltnismaBig einfach bei der einrtimmigen Muhk, zumat bei der Vokaf- 
mufik mit unterlegtem Text. Der gregorianifche Choral in der katholifchen Kirchenmufik bietet 
die FUUe der Belege filr die ftarken Wirkungen, die fich aus emer auf Kraft undFeinheit der 
Deklamation geftellten Melodik herleiten, einer Melodik, die fich dem Zwange des regelrecht 
durchgefOhrten Taktes grundfStzlich nicht fugt. 

Verwickelter wird das rhythmifche Problem im poiyphonen Satz, wo mehrere felbftandige 
Stimmen zugleich erklingen, ohne daB He durch einen alien gemeinfamen Takt rhythmifch uniform 
find. Dabei gibt es im Einzelnen wieder vielfache Abwandlungen. Es kOnnen z. B. verfchiedene 

247 



Takte in den verfchiedenen Stimmen gleichzeitig erklingen, 
zweiten, s /r in der dritten Stimme. 



etwa *U in der erften, Z U in der 



*u 


1 1 1 


jl 1 J J J i j \ J J 


*u 


1 1 1 


J J J 1 J J J 1 J J J 


3 /8 


J PI J p 


J PI J Pi J PI J Pi J PI J P 



Diefe Kombination ergabe nach je zwolf Vierteln einen gemeinfamen Taktanfang aller drei 
Stimmen. Es handelte fich dann um einen groBen 1J /4 Takt. Alfo 3 Takte i 'i = 4 Takte 
?, U — 8 Takte n ',. Solch eine Taktkombination kann man naturlich im Chor oder Orchefter 
nicht dirigieren, indem man A !* oder :) U oder 'U fchlagt. Man muB ilberhaupt auf „Taktfchlagen K 
verzichten, und dirigiert am beften nach ganz alter Manier, indem man nur die Achtei fchlagt, 
in kurzen Schlagen hin und her, ohne guten oder fchwachen Taktteil zu markieren. Jede der 
drei Stimmen faBt den Achtelfchlag anders auf: Die errte Stimme fingt auf <*icht Achtelfchlage vier 
Viertelnoten. Die zweite Stimme fingt auf techs Achtelfchlage drei Viertelnoten, die dritte Stimme 
auf Techs AchteUchlage 2 mal n s. Ohne Schwierigkeit gehen die verfchiedenen Takte zufammen. 
lit der groBe '- t Takt durchmeffen, To kann durch einen ftark inarkierten Niederfchlag angezeigt 
werden, daB alle drei Stimmen nun gleichzeitig den nachften groBen l -U Takt beginnen. Kom- 
binationen wie die hier als Beifpiel angefilhrte bringt zum Beifpiel die altefte franzOHfche Motette 
des 12. und 13. Jahrhunderts mit groBer Vorliebe, ciabei in naiver Luft am feltfamen Durch- 
einander ganz verfchiedene Texte, ja verrchiedene Sprachen in den einzelnen Stimmen durch 
einander mengend. So fingt die Oberftimme etwa ein franzofifches Liebesiied, die Mittelftimmen 
ein ausgelaffenes Tanzlied mit ande'rem Takt und anderem Text, der BaB einen geiftlichen 
lateinifchen Text auf einen gregorianilchen cantus firmus. Die oftmals burlesken, witzigen, 
virtuos gefetzten „Quorilibets" des 15. und 16. Jahrhunderts gehoren auch hierher. 

Das eigentumliche Spiel der freien Rhythmen kommt noch Itarker zur Geltung, wenn auch 
die einzelnen Stimmen nicht mehr in einem beftimmten, fortiaui'enden Takt rich bewegen, fondern 
nach unferem Begriffe ohne eine fefte Taktordnung im haufigen Taktwechfel etwa */■», 3 / 4 , 4 ,4, 
T /^ K U hintereinander. Dann ergibt rich im Enfemble der Stimmen jenes fur die altnieder- 
Iandifche Tonkunft fo uberaus bezeichnende ruhige Auf- und Abwogen des Rhythmus: Betonter 
Taktteil in einer Stimme gleichzeitig mit unbeiontem in der anderen, ein afthetifch entztickendes 
Spiel der Akzente, das fUr das Ohr etwas ahnlich faszinierendes hat, wie das Wogen der 
Wafferflut far das Auge. In meiner Ausgabe von 38 mehrftimmigen Liedern deutfcher Meifter 
(bei Breitkopf & Hartel) und Monteverdircher Madrigale (Edition Peters) habe ich verfucht, die 
eigentumlichen rhythmifchei Wirkungcn dieler Satztechnik durch die Art der Notation dem Auge 
klarzumachen. Der nivcilierende, brutal ein[chneidende, regelmaBig durchgefUhrte Taktftrich in 
alien Neuausgaben alterer mehrftimmiger Mufik zerftort diefe Eigentiimlichkeit, diefen feinften 
Reiz der alien polyphonen Kunft. cine lange Erfahrung hat mien gelehrt, daB es moglich ift 
alle diefe erlefenen rhythmifchen Wirkungen klar zu Gehor zu bringen, wenn der Dirigent fach- 
kundig ift und die Sanger in der ihnen ungewohnten Aufgabe unterwejft. UnmOglich zu fagen, 
in welchem Takt lange Strecken einer richtig. gefungenen Meffe von Paleftrina Itehen. Die 
Stimmeinratze uberfchlagen einander, wie die Weilen eines HieBenden Gewaffers. Diefe Itarke 
Verwicklung des kontrapuriktifchen Geflechts hatte niemals ein Tonfetzer erfinnen konnen, detren 
Klangvorftellung vom Syftem unferer Taktordnung eingeengt ift. Die hochfte rhythmifche 
Frciheit vereint fich hier mit der groBten Klarheit im Auffaffen der verwickeltften kontrapunktifchen 
Kombinationen durch das Ohr. Ich habe keinen Zweifel, daB auch in der mehrftimmigen mo- 
dernen Mufik die Befreiung von der Vorherrfchaft des Taktftrichs zu einer Ftille neuer, ferfelnder 
Wirkung fiihren kann, auf die eine durch regelmaBigen Takt gebundenc Phantafie tlberhaupt 
niemals verfallen durfte. Jede neue Technik eruffnet einen Blick auf neue Moglichkeiten, und 



243 






gerade das Gebiet der uiigebundenen Rhythrheti verheiBt eine groBe Fulle reizvoller und ausdrucks- 
reicher neuer Klanggebilde. Zudem dlirfte gerade die vom alten engen Tonalita'tsbegriff los- 
gelofte neue Harmonik auch einen neuen ihr beffer en'Tprechenden rhythmifchen Rahmen ver- 
langen, als die fretig durchgeftlhrten TaktrmiBe darbieten. Es zeigt fich auch hier wiederum die 
Tchon verlchiedentlich beobachtcte Annaherung des Primitiven an das Raffinierte Moderne. Einer 
der feltfamften und ftarkften mufikalifchen Eindrilcke meines Lebens war die Auffilhrung von 
Werken der franzbTirchen Primitiven des 12. r und 13. Jahihunderts (Leoninus, Perotinus u. a.) in 
der Sainte Chapelle beim letzten KongreB der Internationalen Muu"k-Gefelffehaft in Paris, im 
Mai 1914. Die HOrer waren im htfchften Grade erftaunt ilber die fait barbarifch ftarke, ur- 
wUchfige Wirkung dieter freien Rhythmen in Verbindung mit den ftetig rich wiederholenden 
Quarfen- und Quintengangen, den Sekundenzufammenklangen diefer Mufik. Allgensein hieB es, 
hier wSre eine frappierende Ahnliehkeit mit Schonberg's Mufik offenbar. 

Wird hier auf die freien Rhythmen als Quelle neuer Wirkungen hingewiefen, fo ift diefe 
Empfehlung natttrlich r icht fo zu verltehen, als ob fur die neue Mufik der Takt und Taktftrich 
Uberhaupt vOllig ilberholte Begriffe w3ren. Ich halte daftir wie auch beim Harmonit'chen bei der 
freier behandelten oder fogar bisweilen ganz aufgegebenen Tonalitat, bei neuen formalen Ideen 
und dergleichen, daB die Neuerung nicht To fehr als Zerftbrung des Beftehenden aufzufaffen fei, 
fondern vielmehr als Bereicherung. Das Heil liegt nicht im Oberlchatzen neuer Kunftmittel und 
deren ausrchlieBlicher Anwendung zu Ungunften fchon bekannter und bewahrter, fondern in der 
Bereicherung durch Hinzuftigen neuer Mittel zu den alten. Die neuen Mittel kOnnen dann nicht 
nur durch fieri allein wirken, fondern auch durch den Gegenfatz zu den alien, in mannigfachften 
Verbindungen mit diefen wiederum zu einer Sonderklaffe neuer Wirkungen fUhren, um die man 
Mrmer ware beim ausfchlieBlichen Gebrauch der neuen Mittel. Atonalitat braucht Tonalitat nicht. 
auszufchlieBen, ebenro wenig wie freie Rhythmen den Takt. DieTyrannei des Taktftriches durch 
die neue Tyrannei der freien Rhythmen zu erfet2en ware zweifelhafter Gewinn. Mit Befonnenheit 
und Verftand Ttudiert und verwendet dllrften die freien, taktlofen Rhythmen zeitgemcLB und 
kunftfOrdernd fich erweifen. 



M9 



Zukunffsaufgaben der Opernlnfzeraerung 

Von Dr. Adolf Aber. 

Zu diefer Sfunde la£f ficti kaum eine Vermufung dariiber aufffellen, ob unfere 
Opernbuhnen lebensfahig bleiben werden. Nodi bringf jeder Tag faff die Nachridtf 
eines Millionendefizifs, das zu decken niemand in der lage iff, da die Einfriffspreife 
langff ihre Hochffgrenze erreicht wenn nichf uberfchriften haben, und weder die Sfadfe 
nodi der Sfaaf einzufpringen vermogen. Der einzige Ausweg die Biihnen lebensfahig 
zu halfen, iff vielleichf die Griindung grower Theafergemeinden, wie fie je&f vielfach in 
die Wege geleifef worden iff. Wie dem aber audi feil Ganz ficher iff auf jeden Fall 
nur eines: DajS unfere Biihnen zu groj3fer Sparfamkeif gezwungen fein werden. 
Jeder Biihnenleifer wird jeden einzelnen Poffen feines Efafs nadizupriifen haben und 
kein Miffel unverfuchf laffen diirfen, um jede Ausgabe auf das Mindeffmaj3 zu be- 
Jchranken. Einem niidifern denkenden Menfciien kann nichf zweifelhaff fein, welche 
Poffen des Efafs von diefer nofwendigen Einfchrankung am harfeffen gefroffen werden. 
An Gehalfern und Lohnen wird fich nidif viel erfparen laffen. Denn fie geniigen, fro£ 
ihrer befrachflichen Hone, kaum dazu, um einem gro$5en Teil des Perfonals den Lebens- 
unferhalf zu fichern. Eingriffe an diefer Sfelle des Efafs wiirden zweifellos foforf 
biffere Lohnkampfe und Sfreiks' hervorrufen. Dem Biihnenleifer bleibf alfo nur ubrig, 
die Ausgaben fiir die Infzenierung herabzumindern. Diefe Nofwendigkeif 
ergibf fiir die Zukunff unferes Infzenierungswefens zwei Moglichkeifen: Enfweder 
man verzidifef iiberhaupf auf Neuinfzenierungen und behilff fich mif dem vor- 
handenen Fundus, fo lange es eben irgend gent Es iff wohl kaum nofig zu fagen, 
wie gefahrlich ein foldies Beginnen ware. Ganz abgefehen davon, da]3 bei vielen 
Theafern fich fchon heufe der Fundus in einem wahrhafi erbarmungswiirdigen Zuffand 
befindef, miij3fe fiir alle Theafer, audi fur die vorlaufig nodi fehr guf ausgeffaffefen 
ehemaligen Hoffheafer in abfehbarer Zeif der Tag kommen, an dem fie fieri dem Nichfs 
gegeniiberfehen. Audi die koffbarffen Profpekfe vergilben und die laubreichffen 
Biihnenpflanzen enfblaffern fich. Befchreifef ' man diefen Weg, fo fehe ich den Tag 
kommen, wo auf alien Biihnen z..B. der zweife Akf der „Meifferfir.ger" nichf mehr in 
der Johannisnachf, fondern am Sankf-Nikolausfag fpielen wird I 

Viel fdilimmer nodi als diefe auj5ere Folge des Ifarren Klebens am alfen Fundus 
wiirde die Wirkung fein, die eine derarfige Enfwicklung der Dinge in ideeller Beziehung 
austiben miij5fe. Unfere Regiffeure wurden jede Freude an ihrem Beruf verlieren und 
zu volliger Unfafigkeif verurfeilf fein; mif ihnen die fechnifchen Buhnenleifer, die 
Theafermaler und Beleuchfer. Gar nidif abzufehen iff ferner die Wirkung folcher ewig 
gleichbleibenden und im Laufe der Zeif ganzlich verfallenden Infzenierungen auf das 
Publikum. Man unferfchafse nichf den Anfeil, den das Publikum an der Infzenierung, 
auch am Siihnenbild allein, zu alien Zeifen nimmf! Eine gufe Infzenierung enflajfef 
alle Mifwirkenden ganz erheblich; es erfdieinf mir alfo vollig ausgefchloffen, daj5 Darffeller 
inmiffen einer infereffelofen, hunderfmal bekannfen Dekorafion das Publikum immer,- 
in gleidier Spatmung zu erhalfen vermogen; ja, es iff mir auch zweifelhaff, ob bei 
ihnen felbff dann geniigend Anregung vorhanden fein wird, ihr Beffes zu geben. Das 
Bewu^ffein, da(3 die Auffuhrung in einem fo wichfigen Teile, wie ihn die Infzenierung 
darffellf, veralfef und unvollkommen iff, wird fie in vielen Fallen bedrucken und an der 
vollen Enffalfung ihrer Kraffe verhindern. — Aus alien diefen Erwagungen heraus 
mochfe ich es fiir eine fchwere Gefahr halfen, wenn man der Nof der Zeif einfach in 
der Weife Redmung fragen wiirde, daJ5 jede Neuinfzenierung unferbleibf, b*s einmal 
wieder „beffere Zeifen" kommen. Niemand kann fagen, wann das fein wird; und.es 

250 



mmmmm 






beftehf auf aile FaUe die groge WahrfcheinUchkeit dag bis dahin unfer Infzenierungs- 
wefen ganzlich ruiniert ift. 

Es bleibf alfo nur ubrig, den zweiten moglichen Ausweg zu befchreiten: den 
13bergang von der Illufionsbiihne zur Stilbiihne zu vollziehen. Ich faffe hier 
den Begriff jSfilbiihne weiter als man es ' gewohnlich tut. Idi meine keinesWegs .nur 
die Snlbiihne, wie wir fie etwa in Hagemanns „Giges"-Infzenierung kennen gelernf 
haben. Diefe Slilbuhne beruht bekanntlich auf dem Prinzip, eine einzige, der Grund- 
ffimmung des ganzen Werkes entfprechende Szenerie zu fchaffen, zwifchen der fich dann 
das ganze Drama abfpielt, und die hochftens durdi einige Verfafjftucke Veranderungen 
erfahrt. Welche Umn6gli<hkeiten fich da ergeben, lehrt gerade diefe Infzenierung. Es 
iff ein landing, daj3 das Zimmer der Rhodope, deffen ftrenge Verjchloffenheif beftimmend 
fur das ganze Drama ift, mit den gleidien Mauern wie ein freier Pla|j umgeben ift. 
Daj5 fich diefe Art der Sfilbuhne z. B. fiir Opern Schrekers anwenden lieje, will mir 
nidit in den Sinn. Wer z. S. mochte fich erkiihnen, eine Szene fertigzuffeilert, die alien 
drei Akten der „Gezeidineten" zum Schauplatj dienen konntel Auf diefem Wege wiirde 
man mit ziemlicher Sicherheit zu Konzertauffiihrungen im Koffiim gelangen, bei denen 
der Schritt vom Erhabenen zum lacherlichen vielfach in bedenklidie Nahe geriicht ware. 

Unter Sfilbiihne faffe idi hier alfo alle die Arten der Infzenierung zufammen, die 
nicht der Illujionsbiihne im aiien, nafuraliftifchen Sinne des Wortes angehoren. Ich 
rechne alfo zur Sfilbuhne audi alle jene Verfuche, mit den Mitteln des Expreffionismus 
ein Buhnenbild auszugeftalten. Daj5 in manchen Fallen durdi diefe Mittel die Illufion 
beffer erreichf werden kann als durdi primitive, vielfach primifiv bleiben miiffende 
naturaliftifche Infzenierungsweife, ift mir wohl bewu]3t. 

Dem Verfuch, die kiinfUge Entwicklung diefer Stilbiihne in grogen Zugen zu 
fchildern, mug notwendig eine Klarftellung der Vorausfe^ungen vorangehen, unter denen 
an die neuen Aufgaben herangetreten werden kann. Da ift es wiederum gut, an die 
Sparfamkeit zu erihnern, die das oberfte Gefe£ fur alle diefe Beftrebungen bilden 
mu]5. Sie wird zunadift notig machen, dag aller Klemkram von der Biihne verfchwindef, 
das ganze Buhnenbild nadi Moglidikeit verkleinert wird und jede Szene nur in ihren 
grogen Grundziigen erfagt werden mup. 3a, bis auf die Geftalt der einzelnen Profpekte 
'wird diefe Sparfamkeit von grogem Einflug, feinl Jeder Regiffeur wird in ungleidi 
hoherem Mage als bisher mit dor Jpateren Wiederverwendung des Rohmaterials 
zu redinen haben. Er wird darum nach Moglidikeit anftreben miiffen, Zerftiichelung 
oder beftimmfen Zufchnitf des Materials zu vermeiden. Verkleinern lagt fich fpater 
leicht, ungleidt fchwerer dagegen vergrogernde Flickarbeit leiftenl So werden mehr 
und mehr grogflachige Profpekte an die Stelle winkliger Bauten und Verja^ftiiche 
treten. Oder mit anderen Worten: die Arbeit des Buhnenardiitekten und Plaftikers 
wird in immer ftarkerem Mage vom Buhnenmaler iibernommen werden muffen. Damit 
wirdaudi der Farbe eine viel grogere Wichtigkeit als bisher zufallen. Rein materielle 
Farbenwirkungen werden dem Auge manchen plaftifdien Eindruck zu erfetjen haben. 
Ich laffe dabei die Frage, wieweif fich insbefondere bei Operninfzenierungen ein Zu- 
fammenwirken der Farben auf der Biihne xnit der Mufik erreidien lagt, ganz auger 
adit, da Ich perfonh'ch fur ^Farbenhoren" keine Begabung habe. Immerhin ware es 
moglich, dag auch diefes Problem durch [eine lofung viel zur Erfullung aller Aufgaben 
beitragen konnte. Ganz ficher ift wohl, daj5 nicht alle Werke z. 3. grelle Lokalfarben 
auf der Biihne verfragen. Es erfcheinf mil nofwendig, da)3 einem Buhnenmaler, der 
Dekorationen fur Opern fchaffen will, nicht etwa die Mufik ein Buck mit fieben Siegeln 
ift, und er etwa feihe Dekorationen nur nach den fzenijchen Anweifungen des Textbuches 
herftellt, ohne einen Blick in die Parfifur geworfen zu haben- War diefer Zuftand Jchon 

2sr 



im Zeifalfer der Illufionsbuhne reehf unersviinjchf, Jo wird er im Zeifalfer der Sfilbiihne 
fchlechfhm zur Unmoglichkeif. — 

Dem riihrigen Leifer des Sfadffheafers in Halle a. S., Leopold Sachfe, gebiihrf 
das Verdienff, in Gemeinfchaff mif feinem gefreuen Heifer Prof- Paul Thierfdx den 
neuen Weg mif einer Neuinfzenierung von Wagners „Meifferfingern" befchriffen 
zu haben. Sicher iff aber gerade bei Wagner das Problem der Sfilbiihne am fchwierigffen 
zu lofen. Richard Wagner haf feine fzenifchen Anweifungen nidif nur fcririfflich auf das 
Genaueffe niedergelegf, Jondern zugleidi in Bayreufh eine Sfaffe gefchaffen, die bis zum 
Kriege die Tradition forfalfig hiifefe: Aber feien wir ehrlich] Nennenswerfe Freiheif 
haf eben darum fcein Infzenafor bisher bei Wagners Werken gehabf. Wenn ich an die 
verfmiedenen Infzenierungen der „Meifferfinger" denke, die ich in Bayreufh, Berlin, 
Miindien, Dresden, Weimar, Kaffel, Stra^burg und Leipzig kennen gelernf habe, fo muj3 
ich geffehen, daj3 ihre Giife, was das Biihnenbild anbefrifff, lediglich ein Abbild des — 
E'lats der befreffenden Buhne war. Wer fich z. B. im zweifen Akf die meiffen „echfen" 
Nurnberger Haufer, die Jchonffen Bu^enfcheiben, den nafurgetreuffen Fliederbufch und 
die laubreidiffe Linde leiffen konnfe, der haffe die fchonffe Infzenierung. Wie follfe das 
heufe werden, da fich der „Wohlffand" einer Buhne hochffens in einem geringeren Defizif 
gegeniiber den anderen auspragf? 

Keineswegs iff nun aber die neue Hallefche Infzenierung fo gearfef, das efwa ein 
ffilifierfer Konzerffaal zum Schaupla& der Handlung gemacht Borden iff. Verfchwunden 
iff nur jeder Naturalismus, jeder Kleinigkeifskram. CJede Szene iff in grof5en Grund- 
ziigen erfajSf und mif frifcheffem farbigen Leben erfiillf. Eine fchlechfhin muffergiilfige 
©konomie der Miffel beherrfchf das Ganze; die Koffen diefer Neuinfzenierung be- 
fragen, wie ich von zuffandiger Sfelle erfuhr, insgefamf efwa 4000 Mark, eine in Anbefrachf 
der damif erzielfen Wirkung geradezu lacherlich geringe Summel — Es lohnf fich, die 
eiuzelnen Biihnenbilder naher zu befrachfen. Die Kafharinenkirche im erffen Akf: drei 
Profpekfe im Hinfergrunde geniigen, um die Illufion eines ragendenDomfchiffes vollkommen 
zu machen; der Vorraum ein einfaches Rund, mif hangenden Fahnen, die in der Farbe guf 
zu den Koffiimen der Meiffer abgepa^f find, belebf; ganz im Vordergrund ein um wenige 
Sfufen fieferliegender Gang mif Toren rechfs und links, den wahrend der Haupffzene die 
mif dem Riicken zum Publikum fi^enden Lehrbuben luffig abfchliep'en. — Zweifer Akf: 
Niirnberg ! Das ganze Biihnenbild wird beherrfchf durch die Haufer von Pogner und Sachs, 
die Mittelgaffe durch eine krumme Treppe und einen Profpekf vollkommen ausreichend be- 
zeichnef, ein paar Giebelkuliffen fiillen die Miffelbiihne. Mif geringeren Miffeln iff wohl 
nie ein StrajSenbild gelungen ! Freilidi -- fiir die Expref Jionismen diefes Biihnenbildes 
fehlf mir jedes Verffandnis; fie find iiberdies unnofig. Zugegeben, daj3 im Niirnberg 
der Meifferfingerzeif vie] ifalienifche Baufen ffanden; zugegeben auch, dap" die Zeif fo 
farbenfreudig war wie nur eine und daj5 uns bisher immer nur das verffaubfe, vier 
Jahrhunderfe alte Niirnberg und nie das Niirnberg der Zeif felbff gezeigf worden iff; 
das alles berechfigf einen Buhnenmaler noch nichf dazu, Hans Sachs in ein hermefijch 
verfchloffenes Haus mif zwei zu Mauerri&en verkleinerfen Fenffern zu fperren, dem 
Pognerhaus Perfpekfiven zu geben, die es als ffark angefaufelf erfcheinen laffen, und 
vor allem den Fliederbufch und der Linde die Geffalf von vor finf flu f lichen Sauriern zu 
verleihen, die mif ihren zadtfgen Wurmleibern audi einem herzhaffen Mann das 
Grufeln lehren konnen. Wer nichf fiihlf, daj3 diefe Malerei zu Wagners Mufik wie die 
Fauff aufs Auge paj5f, dem iff- nichf zu helfen! — Hans Sachfens Sfube iff wiederum dazu 
angefan, den Schreck iiber die Malerei des zweifen Akf vergeffen zu machen: Auf 
engfttm Rahmen ein Zimmer voll fraulichffer Heimlichkeif; die wuchtige Balkendecke 
durch einen einfachen Profpekf in kraffigen Farben veranfchaulichf; in der Sfube nur 
ein 'filch, ein Seffel, Handwerkszeug und ein Schemel, redifs die fo wichfige, daher auch 

252 



L 



IKfc*^;--.-: 



in den Farben hervoru-efende Innenfreppe. — Ein Meifferffiidt iff die Feffwiefe. Breife 
Fahnen in frifcheffen Farben umfaffen das ganze Bild, geben ihtn den gr6j3nn6glichen 
Ausdruck von Feces' reude. Der Schaupla£ des Weffgefanges im Vordergrund iff von 
der Feffwiefe durdt einen breifen rofen Tudirahmen abgefrennf und rechfs und links 
von den erhohfen Platen der Meifferfinger und Ziinffe begrenzf. — Zufammenfaffend 
iff zu fagen, daj5 diefer Hallefchen Neuinfzenierung der „Meifferfinger" unbedingf 
epochale Bedeufung zukommf. Hier iff ein Weg gefunden, der in verheij5ungsvolles 
Neuland fiihrf. Diefes Neuland ganz zu erobern, wird freilidi nodi viel hingebende 
Arbeif und manchen Kampf koffen. Der aber iff nidif vergebens gefiihrf, wenn es 
gelingt frofj aller Nof der Zeif zu einem Buhnenffil zu gelangen, der das Geprage 
unferes Zeifalfers fragf und dodi dem Geiff alferer Werke keine Gewalf anfuf. Daj3 
diefes Ziel erreidibar iff, haf diefe Hallefdie „ Meifferfinger Mnfzenierung in ihren ge- 
lungenen Teilen bewiefen. 




99 



FAMA W Dr - Bordiardf & Wohlauer 

FERTlGSTELLtWG ALLER irUSTK-AUtTIUGE 



Koinpoiition . InMtrumentation . Correpotition . Transposition . Aufschroibeu RORotmuar Melotlidn 

NOTENSCHREIBEN 

Ch^rlottenburg 4, Wiolandstr. 40 Koniijimirliur: Steinplnt.* Kill 



253 



Pantomime 



Von Oskar Bie. 

Es hat h'ch eine Kunft herausgebiMet, dafi Menrchen mit ftummer Geberde eine Handlung 
darftellen und dabei von Mufik begleitet werden. Aber diefe Pantomime hat eigentlich ntir eine 
BHltezeit erlebf, unter ihrem Reformator Noverre, der He aus der Mathematik der Renaiffanee in 
das moderne Drama Uberleitete. Heut fcheint Hch wieder etwas zu regen. Es bluhen neue KeiLie 
der Gattung. Das Organ dafiir Icharft rich. Die Bltite des Tanzes treibt auch nach diefc Seite. 
Aber es hleibt eine Mifchgattung. Ich glaube nicht, daB es jemals noch Epoche machen wird. 
Mifchgattungen erheben fich in alien Zeiten, die fiark afthetifieren. Damals herrfchte das allge- 
meine liramatifchc Ideal. Heute herHcht der Wille zur Stilifierung. Dann kommei die Mifcn- 
gattungen immer an die Reihe, well fie weich find und die gewumchten Formen gern annehmen. 
GleichvieJ, He intereriiereh ftark. Man lieft an ihnen Zeitgefiihle ab. 

Der menTchliche KOrper empfindet eine groBe Yerwandtfchaft zum Wefen der Mufik, die 
fowobl in der Gleiehzeitigkeit, als im Nacheinander ihre Wirkungen erproben darf. Auch Teine 
Kunftfchonheit befteht fowohl in der bloBen Exiftenz, als in der Bewegung. Er hat [eine Harmonie 
und feim* Melodie. DaB er [einen Rhythmus hat, wie die Mufik, weiB er am allerbeften. So 
ftthlt er Hch Ichon Eormell zu ihr hingezogen. Charakterologifch fteht er ihr ebenfo nah. Er kann 
ebenfo darftellen, als abfolut fein. Und noch mehr: die Darrtellung deckt Hch in gewiffem Sinne 
mit der Abfolutheit, fo wi-2 Hch in der Mulik Ausdruck und Form decken. Ich meine: indcm 
der KGrper irgend einem Inhait fich zur.VerfUgung itcllt, kann er doch feine Form niemals ver- 
leugnen, und indem er diefe Form darbietet, wird er durch eine groBe Kette von Affoziationen 
und Abftraktionen do^hin unJerer Seele einen Klang erwecken. Die abfolutefte Mufik kann heute 
nicht mehr ohne Geftthl wahrgenommen werden, und die auBerfte Programmunk drSngt umfo be- 
wufiter nach einer Form, je eher die GeEahr befteht, daB fie naturaliftifch auslSuft. Man erkennt 
den Parallelismus. In der Praxis iSuft das alles durciieinaisder, To wie es eine jahrhundertelange 
Erfahrung mit fich bringt. In jedem Augenblick ift fo viel Form und To viel Inhait, als die Ein- 
Itellung unferer Empfindung verlangt, verfchieden beim Darfteller unci nocK verfchiedener beim 
Zufchauer, Jfeibft der gleichen Darftellung gegeniiber. 

Das ilt die theoretifche Begrundung der Verbindung von Pantomime und Mufik. Die 
MOglichkeit zu einer wirklichen Kunf** liegt in der extremen Ausbildung beider Funktionen, der 
rein k&rperlichen und der rein touI?chen. Es ift als ob aus der verwirkelten Oper in der Milte 
e"in fchwieriges Stuck herausgenommen ware. Es wird alles entfernt, was mit dem Wort zu tun 
hat. Die Leute au.f der BUhne fprechen nicht und fingen nicht, fondern bewegen fich nur. Und 
die Mufik begleitet nicht das einzelne Wort, wobei fie immer mit der Schwierigkeit zu kampfen 
hat, wie fie das Detail mit der Szene verlohnt. Sondern fie begleitet nur die Situation, befchrankt 
fich c»!fn auf diejenigen Ablchnitte, die in der Oper fymphonifche Ruhepunkte waren. Wenn 
Btckii-f.i.or Jeine Erinneruhg an die Prugelei feiert, Oder wenn Othelio die Desdemona wilrgt, ent- 
Itehen auch in der gefungenen Oper Pantomimen, die aus dem Geiuhl gefchaffen find, daB an 
d:efen Stellen, eniweder komifch oder tragifch, das Wort die Wirkung herabzoge. Die Pantomime 
wachrt dann als ein wortlofer Gipfel aus dem Getriebe cier Handlung heraus. Die althetifche 
Steigerung befteht in dem Fortlaffen des'banalen Wortes, in der Isolierung der Extreme Korper 
und Mufik. Die Pantomime als Gattung will daffelbe. Sie will den Trumpf der Wirkur^ der 



254 



in diefer extremen Bhdung liegt. Das hybride Wort wird verachtet. jetzt iaufen die Symphonier! 
des KOrpers und des Orchefters im Genuffe ihrer reinen Verwandtlchaft ungeftflrt parallel aeben- 
einander her. Aber ich [age: Verwandtlchaft ztlndet nicht genug. Es bedarf der Liebe. Liebe 
muB Hinderniffe Uberwinden, Widerftande brechen. Liebe muB die Extreme a;;f einander hetzen. 
Zwei Gerchlechter, die rich leidenfchaftlich luchen, die alterlei myltifche AbgrQnde zu flberbrOcken 
haben, und allerlei hybriden Vorttellungen Gewalt antun mQf!en, um lich zu genieBen. Wenn der 
KOrper und die Mufik fich wahrhaft lieben, find fie nicht mehr Bruder und Schwefter, Tondern 
BrMutigam und Braut, luchen die gefahrlichen Zaichen des Wortes in die Gewalt ihrer Leidenfchaft 
zu bringen und fie fOUen es von beiden Seiten mit folcher Emphafe und Ueberredung, daB fie es 
lieber zerreiBen, als entbehren mOchten. Ift darum die Pantomime Theorie? ■ Es ift in der Welt 
merkwiirdig b eft el It, daB die unruhigen Gattungen die Iebenskriiftigen find, !.e die viel gemifchter 
find, als die Mifchgattungen, c^e dem Bedtlrfnis des Stils mehr entfprechen, als dem des Lebens. 
[ft es nicht fo? Man begreift, daB der Kilnftler, der fur die bloBe Handlung cder Bewegung 
fchwarmt, die Pantomime zeitweife kuliiviert. Aber man begreift ebenfo, daB Liebe darfiber weg- 
eilt. ScbOnheit ift wenigcr als Uebe. 

Ich bin alfo nicht im Ttande zu behaupten ; daB die Pantomime eine unbedingte Zukunft hat. 
Aber ich verRehe ihre Bedeutung aus dem ProzeS der heutigen Kunft. In der Jofephsiegende 
von Richard StrauB ift die Handlung weuiger auf ein naturaliftifches Drama gedacht, als auf die 
Reinkultur der Bewegung. Es gefchieht nichts, was nicht im Raume -ormale Linie wSre. jeder 
Teil des Vorganges, jede Szene, jedes Bild wird aus der Vorrtellung gefchaffen, wie ruhige oder 
bewegte KOrper, junge und alte, m^nnliclie und weibliche, ; n rSumliche Beziehungen zu einander 
zu fetzen lind. Die „GrUne F15te" von Hofmannsthal war nicht anders gedacht, In Licht und 
Stellung kombinierten fich Soli und Enfembles von Korpern, vom MSrchenhaften bis ins Groteske 
fo mannigfach, daB der bloBe Aspect ein raumliches Gefchehen in fich einfchlofl. Ein Philologe 
wiirde an diefer Stelle das Motiv 6ar Verwandlung von Menfchen in Puppen, das in hundert 
VerTionen durch die Literatur geht, auf feine Bedeuiung prtlfen: wieweitirtderMechanismusd.es 
toten und der des lebenden Korpers kunfrlerifeh in raumliche Zeichen umzufetzen und zu ver- 
binden? KQnrUer erinnere ich an Strawinskis Petrufchka. Es war die vollendetfte Geftaltung der- 
tiefen Geheimniffe, die zwifchen der Marionette und dem Menfchen walten. FUr den Mufiker be- 
deutet es eine unheimliche Anregung nach foIcli:;n raumttchen Bildern zu arbeiten. Hier fpringt 
die Verwandtfchaft heraus. Der Bruder da oben lockt die Schwefter da unten. Sie warrnt ihr 
Herz und wetzt ihren GeiTt, mit ihren Mitteln, in der gleichen Sprache zj reden. Es geht heuf 
eine Luft durch die Dichter und durch die Mufiker folcht Dinge zu machen. Eine Funktion der 
Zeii wirkt in ihnen, Beweglichkeit nicht bloB zu Noren, fondern auch zu fehen. Ohne Zutaten. 
Vom Kino geht dahin eine Linie. Der Sinn Mr bloBe bewegte KOrperiichkeit, zu der auf der 
ande'rn Seite der Welt die Mufik mifklingt, ift e'fie Tugend, vielleu-ht ein Lafter unferer Jahre. 
Zum Lafter ift zu wenig Sunde darin. Die Sun f :£. lie^t in der Liebe, in der Oper. Es ift mehr 
Formfache, Stil, Haltung, Konveniion. Und daium Bequemlichkeit Ausfchaltung aller lebendigen 
Verwicklungen. 

Der Triumph des Tanzes ift das fichtbarffe Zeichen diefer Bewegung. In der Pantomime 
bedeutet der Tanz den Augenblick des reinlten Forn'.willens. Dann 15ft fich die Darftellung von 
jeder naturaliftifchen Forderung und Iebt den Geretzen des KOrpers alHn. Die groBe pantomimifche 
KUnftlerin, etwa die Pawlowa, auch Grete Wierenthal hat es in Sumurun ve.rfucht, treunt diefe 
Formalifierung niemals ganz von der nachahmenden Darftellung. Sie ftiiifiert die Geberde des 
Lebens In die Sprache des tauzenden Korpers, To etwa wie der Gefang die Kebungen und 
Senkungen ies Tonfalles in eine Melodie ftiiifiert, bald abtoluter. bald relatives. Das Gehen 
Tkandiert fich. Das Stehen bedeutet eine betonte Ruhe. Das Eiien wird zum Sprung UbergefOhrt ■ 
Jede Leidenfchaft tanzi fici; in einem KCrper aus, der die Bewegung eines plaftifchen Symbols 
biidet. Je tiefer aller Naturaiismus- dabei aufgefogen wird, je hoher die Kuliur der. Itilifierten 
KOrperlichkeit iebt, defto kunftferifcher ift die Darbietung. Der reine Tanz ift dann nureinHOhe- 



255 



punkt in der Entwicklung einer Kuntt, die gleichfam die Handlung dazu benutzt, ihn von der Erde 
zu entmaterialilieren und ihn in leiner abloluten Idealist zu begrUnden. Wenn die Pantomime 
von folchen KQnu^rn getanzt wird, wenn lie niclit bloB im Solo, fondern auch in der Gruppe 
dielelbe ErlOfung der Wirklichkeit in die Form offenbart, dann ift He der guten Mulik wllrdig. 
D ; ■: MuHk hat d^.nn die Aufgabe jene felbe Entftofflichung aus dem GegenftSndlichen in das Ab- 
folute vorzinehmen, dio ihre eigentliche Exirtenz Wl. Sie hat die Gelegenheit eines Organismus, 
der von der Illustration der Bewegung bis zum klaren und nackten Tanz rich aufbaut. Sie darf 
lehr wahr lein. Sie letzt nicht Inhalt und Form gegenllber, [ondern He fetzt Tie gleich. Das ift 
ihre Aril'tokratie. Vieileicht unfrnchtbar, aber Klaffe. Man wird fieri darilber nicht tSufchen. 




fi RAMMOPHONE 



Spczialiiat: 

Salon- 
Sdirank-Apparate 



M' 



NCHOLZ 



HA1JS 
BERLIN 0. 34 



FrankJiurter 
Ailee 337 



Pianos 

nur erffklajfige. 

Harmoniums 



256 




Wiener Konzerfleben in der Gegenwarf 

Von Dr. Heinrich Knodf-Wien. 



Der Wiener Konzertbetrieb nimint immer mehr 
bedenkliche Formen an; auch auf diesem Gebiet wird 
„geschoben" was Platz hat. Was sich in der letztcn 
Zeit an die Offentiichkeit '.vagt, scheint mit einem 
neuen Konzertpublikum gersdezu zu reclinen, mit einer 
Zuhorerschaft, die in Bez-.-.g auf musikalische Vorbildung 
und Geschmack so §ut vvie garnichts mitbringt, der 
man alles vorset7en kann. Aus dern Maude einer 
Dame, die sich - fragt nicht wie tind was ---, Offentlich 
betatigt, hiir'-ri ich unlangst die AuBerung „Iiebcr £$. 
schlechtesic Kritik, als totgescliwiegen zh werden". 
Aber wir konnen weder der besagtcn jungen Dame, 
noch einer ganzen Reihe ihrer Kollegcn und Kolleginnen 
den Gefallen erweisen, auch nur „dte schlechteste 
Kritik" abzugebe.i.dadasNiveauderartigerDarbietungen 
einc ernste Besprechimg garnicht zula'Bt- Wir konnen 
nur die jah abwartssteigende Linie, nach der sich 
unser Koiizertieben bewegt, feststellen und die be- 
dauerlichen Ursachen aufdecken helfen, die diesen 
Niedergang veranlassen. 

Durch die auBeren VerhSltnisse bedingt, entfallen 
vorerst, so gut wie vollstandig die Konzerte bedeutender 
auswSrtiger Kiinstler, die einander seincrzeit in Wien 
den Rang abliefen. Es ist muBig die vielen Nam en 
allererster fremdiandischer Kiinstler hier aufzuzahlen, 
die es sich zur hochsten Ehre anrechneten, in Wien 
konzerticren zu dlirfen. Bei unswird jetzt, notgedrungen, 
mnsikalische Inzucht getrieben, uns fehlt der Durchzug, 
die frische Luft, die groBe internationale Note, weiche 
Tratsch und Kleintichkeit aus den KunststStten 



vertreibt. Man zehrt bei tins von den Herrlichkeiten 
der Vergangenheit, anstatt sich den Verhaltnissen 
anzupassen und im Rahmeji des derzeit Moglichen 
ehrliche kunstlerische und erziehliche Arbeit zu leistcn, 
urn der Stadt eine neue musikalische Zukunft zu 
schaffen. Man will gleichsam den Leibriemen nicht 
enger schnallen, sondern stopft sich „gteitend" immer 
mehr aus. da mit der Dorn der Schnaile in dasselbe 
Loch eingreife. Ware eine derartige Selbsttauschung 
aus idealistischen Grunden immerhin entschuidbar, so 
ist sie es nimmermehr aus Geschaftsgrtinden; denn 
man erkennt die kalte Berechnung als treibende Ursache: 
die Unternehmer wollen natiirlich, daS in samtlichen 
Wiener Konzertsalen taglich konzertiert werde, ohne 
auf kttnstlcrische Interessen irgendvvelche Rticksichten 
zu nehmen, Geschaft in der nacktesten Form auch 
hier, wo es naturgemaB weit widerlicher wirkt, als 
auf alien anderen Gebieten. Friiher im gewissen 
Shine eine Notwendigkeit, die mitgenommen werden 
muBte, ist das Geschaft jetzt Selbstzweck, Hauptsache 
geworden. Dieser Geist scheint leider audi in die 
aListibende Kiinstlerschaft einzudringen, die von den 
schweren Daseinssorgen umringt, den Einfltisterungen 
des Btisen weit zug&nglicher geworden ist. 

Damit erscheint aber unser. Kunstleben auf das 
Argste gefahrdet Also fort mit dem Betrug und jeder 
SelbsitSuscliung; Beschrankung tut not und Vertrauen 
auf eine Zukunft, die auf neuen Grundlagen ruhen 
soil und vor allem keine Angstlichkeit. In dem Wesen 
dieser Stadt, wo die Musik zuhause ist wie nirgetids, 



W 



I,. 



ft;* 



wo die Luft von den umrahmenden Bergen bis in die 
letzte Vorstadtgassc Musik atmet und WiJerstrahlt, 
Befahigung und Liebe zu dieser Kunst jedem Einge- 
borenen schcn in die Wiege gelegt w*rd, beste 1 -.* die 
Gew^hr einer segensreichen musikalischen Zukunft. 



GegenwSrtig milssen wir einzig darauf bedacht 
sein, unseren Ruf als eine der ersten unter den fflhrenden 
Musikstadten zu wahren. Das geschieht am besten 
durch Aufrechterhaltung unserer altbertthmten musi- 
kalischen Einrlchtungen, vor allem Lerphilharmnmschen 
und der Gesellschaftskonzerte; einzubeziehen sind 
ferner die Veranstaltungen der verhaitnismaBig jungen 
Korperschaften des Konzertvereines und des Ton- 
it iinstlerorchesters, die bisher ihre kunstlerische 
Berechtigung vollstandig erwiesen haben. Filr diese 
hohe Sache sind nicht nur von urserer Bevolkerung 
und deren Vertretung, sondcrn auch von unserer 
ideaiistisch denkenden KUnstlerschaftbereits bedeutende 
Opfer gebracht worden, grOBerc stehen aber noch 
bevor, soil die schwere Zeit ties Oberganges mit 
Erfolg iiberwunden werden; darauf milssen wir unser 
Hauptinteresse beschranken. Was die ubrigen Konzerte 



anbetrifft, ware es endlich an der Ze't, daB das 
j.Arrangieren" der verschiedenen Veranstaltungen, 
nicht geschafts- und unternehmungslustigen Agenten 
fiberlassen werde, sondern in die Hand ei.ier kiinst- 
lerischen KGrperschaft uberginge, die fur die Veran- 
staltungen in mOglichst weitgehendem MaBe auch die 
Verantwortung zu tragen hatte. 

Vor aliem ist aber unter den gegebenen Verhalt- 
nissen eine starke Einschrankung des gegenwartigen 
Konzertbetriebes nOtig. Es darf nicht vorkommen, 
daB an einem Abend in samrlichen fiinf Salen des 
Konzerthauses und Musikvreinsgebaudes zugleich 
konzertiert wtrd, daB dabei von diesen fiinf Veran- 
staltungen, wie es haufig genug vorkommt, drei oder 
vier ktinstlerisch minderwertig oder ganz nichtig sind. 
Man moge die Raume einstweilen lieber anderen, 
nQtzlicheren Zwecken zufUhren, z. B. wi?senschaftlichen 
Vortrfigen u. s. f. 

Gegen die iibcrhandnehmenden MiBstande auf Jem 
Gebiete "des Konzertwesens, miissen aber ir erster 
Linie die kOnstlerischen Kbrperschaften gemeinsam 
und nachdriicklich Stellung nehmen, sich fesr orga- 
nisieren und geschlossen vorgehen, soil nicht ihre 
eigene und die musikalische Zuk„nft Wiens in Frage 
gestellt werden. 



258 



~--? V~ -----^ r^ '"<" 



Preis-Ausfchreibung 

des 

SCHUMANN -CLUBS 

in New York 

Der Sdminannverein in New Vork (Percy Rector Stephens, Dirigent) 
Jfiffef zwei Preife fur Kompofifionen fiir Frauenftimmen, wie folgf: 

a) Vierhunderf Dollars — fur die beffe unveroffenflichfe 
Kanfafe oder Chorkompofifion von. zehn bis zwanzig 
Minuten Dauer. 

b) Zweihunderf Dollars — fiir das beffe unveroffenflichfe 
Chorwerk (Madrigal) von nichf uber zehn Minufen Dauer. 

Bedingungen: 

\. A lie Komponistcn, glcidiviel wclclier Nationalist odcr Staatsangehorigkcit, stud zum Wctt- 
hevverb eiugcladcu. 

2. Beide Wcrkc sollcn fiir drei- odcr vicrslimmigen Fraucnclior mit Klavicrbeglcitung geschricben 
sein. Die Kantate kann audi klctnc Oro'ic- .T-Bcglcitung (Streicher. Holzbliiscr, 2 HOrner, Harfc, Timpani) 
linbcti. Die TSshi dcr Stimmen darf sHlenwcise groBer werden; Soloparticn (nur Eraucnstimmen) sind 
erkmbt.. Ein Clior von vicrzig bis neunzig Mitgliedern stciit ztir Vcrfiigung. Die Lagc der Stimmcn 
darf nicht iibcrmiiBig hoeh oder tief scin (Soprani Hauptlage zwischen a' — c", Alti swischen c'— g*). 

3. Wnhl des Textcs ist detn Komponistcn iibcrlasscn, docli sind weltlichc Stoffc vorzuzichen. Dcr 
Originallext darf in irgend eincr westeiiTopaischen Sprache sein, tnnfi aber tnit einer gntcn cnglisclicn 
Ubcrsetzung vcrsehen sein. Warn die Koi.iposition keincn gntcn cnglisclicn Text hat, ist der Vcrcin 
bcreclitigt cine solclic anfertigen zu lassen, und die Kostcn (bci a) drciBig Dollars, be! b) fiinfzehn 
Dollars) von dem Preise abzuziehen, 

4. Das cingeiiefcrte Werk muB ein Original werk und iingednickt scin; Transkriptionen eder Bc- 
arbeittuigen, sowie Wcrkc, die sdiun aufgeii'thrt oder crsdiietien sind, sind unzuliissig. 

5. Jcde Komposition mat.! mil eineni Zeichen oder Sticliworl verselicn sein, und darf dureh nichls 
den Komponistcn verralen. Mit detn Manuskript muB ein gesiegehes Knvcrt cingclicfcrt werden, welches 
dassclbe Zeichen otjer Stidiwort tnigt, und in welcbem enthatteu sind: 

a) Name mid Adrcssc des Komponistcn 

b) Dokumcntarischer Beweis (Gcrichmigung oder Nachwcis iibcr vcrfallcnes A u lore n recht), daB dec 
Komportist bcreclitigt ist den Text ohnc weitcrc Vcrhandlungen zu benutzen und zu verOffcntlichen 

c) Einc vom Komnonisten unterzcichncte Genclnnigung, die dem Scbnmann Club of New York 
das Recht der crsteii iiffeutlidreu Aufftihning, ohnc weiterc Vergi'ttung irgend eincr Art, zu- 
spriclit. Dicse Genclnnigung wird nur fiir preisgc':rontc Kompositioncn in Anwcndting gebracht- 

6. Dcr Komponist kann inclir als ein Werk von beiden Klasscn einreichen; jedes Manuskript 
muB abcr als sclbstiindigc Ein licfe rung bchandcli scin. 

7. Der Wcttbcwerb schlicfit Montag, den L November 19J0. Das Rcsultat %ird so bald als ' 
mOglich, nidi I spiitcr als den 1. Januar 1921 bekannigegclx.;. 

8. Der cntschcidcndc AusschuB bestcht aus folgendcn Mitgliedern: Dr. Frank Damroscli, Dirigent der 
^Musical Art Society", New York; Percy Rector Stephens, Dirigent des Schumann-Club;. Deems Taylor; 
Sigmuud Spaeth; Frank La Forge. 

9. Dcr Schumannvcrcin bcansprucht kcin andcrcs Recht an die prcisgekrdntc Komposition als das 
der crstcn Auffuhrung. Der Vcrcin vcrpflichtct sich cincn Verlegcr fiir das Werk zu findcu; allr. Tantiemen 
und Einnahmcn davon sind Bcsitz des Komponistcn, doch ist derselbc nicht vcrpflichtrt das Vcrlcgcr- 
angebot anzunchmen, sol lie er anderc Vorkchrungcn getroffen haben odcr zu treffen gcdenken. Es ist 
beabsichtigt, die preisgekrdnten Wcrkc in dem April-Konzert des Schumann-Club 1m Jalirc 1921 aufzufuhren. 
Anderc cingcrcichteWerkc sollcn, falls die Komponistcn csbewilligcn, in dcmsclbenKonzert aufgefiihrt werden. 

10. Ailc Manuskriptc werden den Komponistcn sofort nach Kundgcbung des Rcsultatcs zuruckerstaltct. 
Jede mogliche Vorkchrung fiir die Sichcrheit der Manuskriptc wird getroffen, dodi kann dcr Schumann- 
Club die Vcrantwortung fur mogliclie Bcschadigung nder Vcrlust nicht iibernehmen. 

11. Weitere Aiiskunft crteilt das Sckretariat des Schumann Club of New York, 47 West 72^ Street, 
New York, U. S. A. 

259 



WirMge neue Mufikalien, Biicher und Auffiafze 

iiber Mufik, 

mitgcteilt von 
Professor Dr. Wilhelm Altmann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54. 

Diesc Ziisaminenstellung, die moglichst in jedctn Heft dicscr Zeitschrift erfolgen wird, will auch noch un- 
gedrucktc griiftcrc Wcrkc, vor allcm Symphonien, symphonische Dichtungen, Konzertc, Kammcrmusikwcrkc, Opern, 
Chorwcrkc mit. Orch ester cinbeziehen, um namentlicli Dirigenten darauf aufmerksam zu rnachen. Diejenigcn Tonsetzcr, 
die derartigc Wcrkc (jedocli niciit etwa KlavicrsUicke, Licder, Mannerchore) fcrtig haben, werden gcbeten, mich davon 
in Kcnntnis zu sctzen, doch behnltc ich mir die Entscheidung iibcr die Aufnahmc vor. Dicse kann audi bci gedrnckten 
Wcrkcn weder durdi ein Inserat nodi durch Einsendung der betreffenden Musikstiickc odcr Biicher crzwnngcn werden. 
Riickscndung elwniger Einsendungeri wird grundsatzlich abgelehnt. . . 

Die Hinzuftigung des Verlags wird Bcstelliingcn erlciclitern. Zu den aiigcgcbencn Preisen konnnt immer 
nocli der sogen. Tcucrungsaufschlag scilcns des VeFlegcrs und auch des Sortimcnters hinzu; cr sen wank t bckannUich, 
meist abcr beirSg* ?r KVWo, oft schon 200%+ *.0°/o. 

Goossens, Eugene: op. 21 Sonaia for Viol, and Piano. 

Chester, London 7 s. 6 p 
— : op. 14 String Qiiarici. ders. Verl. KI. P. 5 s. 
Holbrooke, Josef: op. 68 The Pickwick C!ub. A Hu- 

moresque for String Quartet. KI. Part. Chester, 

London 6 s, 6 p. 
Ireland, John: Sonata Mr 2 (a) for Viol, and Piano 

W. Rogers, London 6 s- 
Kunz, Ernst [Olten, Schweiz]: Klaviertrio (H) [UrauE- 

luhrung 31. 5. Zurich] noch ungear. 
Laquai, Reinhold [Zfkrich]:' Quintett (F) f. 2 V., Br, 

Vc u. Klav. [Urauffiihr. 29. 5. Zurich] noch un- 

gedruckt 
Lauber, Josef [GenfJ: Oktett (B) f. 2 Fl., 1 Ob., 

2 Klar., 2 Fag. u. Kontrab. [Urauffiihr. 31. 5. Zurich] 

noch ungedr. 
Maleingreau, Paul de [BrUssel]: Senate p. Violonc et 

Piano noch ungedr. 
Miiller, Paul [Zurich, geb. 1898]: Quintett (F) f. 2 V., 

2 Br. u. Vc [Urauffiihr. 31. 5. Zurich] noch un- 

gedruckt 
Pizzetti., Ildebrando: Sonata for Violine and Piano. 

Chester, Lond. 
Scbmilt, Fiorent: op 68 Senate p. Viol, et Piano. 

Durand, Paris 12 fi. 
Stravinsky, Igot : Three Pieces for String Quartet. 

Chester, London 



I. Inffmmenfalmufik 

a) Orcbeffer (ohne Solomffr.) 
Brun, Fritz [Bern]: Sinfonie Nr 3 (d) [Urauffiihr. 30. 5. 

Zurich] noch ungedr. 
Esposito, M-: Neapolitan Suite. Fur Streichorch. 

Chester, London P. 8 s.. jede St. 1 s. 6 p 
Holbrooke, Josef: op. 60 „Auld Lang Syne" Variations. 

Chester, Lond. P. u. St.; Klav. allein 5 s. 
Jarnach, Philipp: op. 14 Sinfonia brevis (a) [Uraui- 

fiihrung 31. 5. Zurich] noch ungedr. 
Indy, Vincent d': op. 70 Symphonie Nr 3 (D). Durand, 

Paris. P. u. St.; Klav. 4 h. 15 fr 
Malipiero, G. Francesco: Impression* dal Vero. Poema 

sinfon. Chester, London Part. 15 s. 
Santoliquido, Francesco: II Profumo delle Oasi Sa- 

hariane. Poema sinfon. Ricordi Part. 15 fr. 
Stravinsky, Igor: L'oiseau dc Feu. Ballet. Concert 

Suite. New orchestration. Chester, Lond. 



b) Kammermufik 

Bantock, Granville: Sonaie f. Bratsche u. Pfte noch 

ungedruckt 
Bsx, Arnold: Elegiac Trio f. Flute, Viola and Harp. 

Chester, Lond. 7 s- 6 p. 
Bernard, A.; Aucassin et Nicolette. Suite p. Viol, et 

Piano. W. Rogers, London 3 s. 
Bridge, Frank: Sonata f. Vc & Piano \V. Rogers, 

London 6 s. 
Deltas, Frederick: Sonata f. Vc. ind Piano. \V. Rogers, 

London 6 s. 
Elgar, Edward: op. 83 Streichquartett P. 5 s., St. 
* 11 s. — op. 84 Klavierquintett (a) IS s. Noyello. 

London 



c) Sonffige Inffrumenfalinuftk 
Lax, Arnold: Two Russian Ton Pictures for Pianof. 

Nr 1 May Night in the Ukraine, 2 Gopak. Williams, 

London je 2 s. 
Bcrners, Lord: Valses Bourgeoises for Piano Duet 

Chester, London 6 s. 



260 



JZZZ f ' r— — - 



Garrait, Percival: op. 14 Scherzo -Toccata f. Piano. 

Chester, London 3 s. 
Goossens, Eugene^ Nature poems. Three pieces for 

Piano. Chester, Lond. 6 s. 
Holbrooke, Josef: op. 78 Barrage. Concert Piece for 

Piano. Chester, London 3 s. 
Ireland, John: Soho. Sonata f. Piano fnoch unyedr.) 
Maleingreau, Paul de [Brussel]: op. 9 Suite p. Piano. 

Chester, London 6 s.; Les Angslus de Printemps. 

HiSuite p. Piano noch ungedr. 
Malipiero, G. Francesco: Maschere che passano. 

Suite. For Pfte. Chester, London 5 s. 
Repertoire Series of Pianoforte Music by modern 

British composers. Ascherberg, Hopwood & Crew, 

London 
Rowley, Alec: Georgian Suite for Piano. W. Rogers, 

London 
Scbattmann, Alfred [Berlin]: op. 11 Vier Klavierstucke 

(Pathetische Suite); op. 12 Sechs Capricen f. Klav. 

noch ungedr. 
SchuItheB, Walter [ZUrich]: Concertino f. Viol. u. klein. 

Orch. [Urauffiihr. 31. 5. Zurich] noch ungedr. 
Stravinsky, Igor: Three Pieces forPianoDuet Chester, 

London 2 s. 6 p, 
— : Five Pieces for Piano Duet ib- 3 s. 6 p. 

"II. Gefangsmujik 

a) Opern 
Frcy, Emii [Ziirich]: Die Krahen. Einakt. Lustspiel- 

oper (Text v. A Wohlrnuth) noch ungedr. 
Malipiero, G. Francesco: Pantea. Symphonic Drama. 

Klav.-A. zu 4 Hdn. Chester. London 10 s. 
Pick'Mangialli, Riccardo: Basi e bote (Kisses and 

Cuffs). Text von Arrigo Boito im Venetian. Diaiekt 

noch ungedr. 
Santoliquidn, Francesco: The Bayader of the Yellow 

Mask. BaEIet Pantomime. Ktav.-A. Ricordi 12 fr. 
Schattmann, Alfred [BerlinJ: op. 14 Die Geister von 

Kranichenstein. Burleske Oper in3Akten. Dichtung 

von Arthur Ostermanu noch ungedr. 
Stravinsky, Igor: Rennrd. Histoire burlesque ;en 1 

Act). Klav.-A. Chester, London 15* s. 

b) Sonffige Gefangsmujik 

Pouleuc, Francis: Rapsodie negre for Piano, Flule, 
Clarin., 2 Viol., Via, Vc and Medium Voice. 
Chester, London 10 s. 

Schattmann, Alfred [Berlin]: op. 4, 5, 7-9. IC — 18 
Lieder und Gesange f. 1 Singst m. Klav. noch 
ungedrtickt ; 

Stravinsky, Igor: " Berceuses du chat for Central alto 
and 3 Clarinets; P. u. St.; Klav.-A. Chester, London 
6 + 6 -h 3 s. 

— : Pribaoutki (Chansons plaisantes) for medium 
voice and S instruments. P. u. St ; Klav.-A. 
Chester, London 8 + 10 + 4 s. 

The Trinity, College of Music Song Book [Engl. Ge- 
sange a. d. 16.-18. Jahrh.J W. Rogers, London 



III. Melodram 

Schattmann, Alfred [Berlin]: op- 10 Das Tanzlegendchen 
(Gottfr. Keller). Begleitende Musik f. Klav. noch 
ungedruckt 

IV. Biidier 
und Zeiffchriffen-Auffafje 

(alphabetisch sowohl nach Stichworten wtc nach den 
Vcrfassern geordnet. Bci Zeitscliriften-Aufsiitzen ist 
immcr mit Nr die des laufcnden Jahrgangs gemeint). 

Atmung — s. Klavierspiel 

Aubry, G. Jean — s. Italien; Liszt 

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261 



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Koch, A. H. — s. Thomastik 
Kontrapunkt u. Polyphonie. Von Alexander jemnitz — 

in: Neue Mus.-Ztg 18 
Kralik, Richard — s. Musik 

Krankeaversicherung der Musiker und Musiktehrer 
bei mehrfacher Beschaftigung. Von Ernst Eck- 
stein - in: Musikpadag. Blatter 9/10 
Kritik. What i mean by critics. By Cyrill Scott — 
in: The Chesterian 5 

By Carl Engei - in: The 



Loeffler, Charles Martin 

Chesterian 6 
Liszt. The glory of L 

The Chesterian 5 
Maltland, J^.A. Fuller 



By G- Jean Aubry — in: 



numauHt j--"- » — — s. Couperin 

Malelngrcan, Paul defgeb. 1881)- in: The Chesterian 8 

Martens, Fred H. — s. Heart-song 

Moissl, Otto — s. Sozialisierung 

Monteverdi. Par Henri Prunieres. Alcan, Paris 

Music and Letters. A new musical Quarterly. 

London W- 1 Berners Str. 18, jahrlich 12 s. 6 p. 
Musik und Programmbuch. Von Richard Kralik — 

in: Der Merker 12 
Musiker — s. Krankenversicherung 



Musique, La, et les Nations. Vol- H- Par G. Jean 

Aubry. Chester, London 
Nations, Les.et !a Musique — s. 'Musique 
Oehlerking, H. — s. Kirchenmusik 
Pianoforte. A Text Book of the P. for Use in Schools 
and ley Students generally. By G. Sampson. 
Chester, London 5 s. 
Polyphonie — ■ s. Kontrapunkt 
Poulenc, Francis. By Leigh Henry — in: Musical 

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Pro^raaiaibodi — s. Musik 
PrttiBSka, Karl — s. Beethoven 
Prunieres, Henry — s fr rankreich; Monteverdi 
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rian Nr 6 
Reform der Musikpadagogik - s. Schulreform 
Reger, Max. Ein Geleitwort zum Reger-Fest. Von 
Arnold Ebei — fn: Deutsche Tonkunstlor-Ztg 354 
Ropartz, Guy. Par Gaston Carrand - in: Feuillets 

de p^dagogie music. 12 
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Merker 10 X 
Stravinsky, Igor, and the 'objective direction in con- 
temporary music. By Leigh Henry — in: The 
Chesterian 4 

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Musical Times. 1919 Dez. 

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Wiens Stellung in. der Musikgeschichtc. Von Wilh. 

Fischer — in: Der Merker 10/1 
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Wtirz — in: Neue Mus.-Ztg 18 
Williams, Ralph Vaughan. By Edvin Evans — in: 

Musical Times, April 

— ByKathanneE.Eggar-in:TheMusicStudent,June 

Woss, Jos. V. — s. Bruckner 
TVSrz, Rich. — s. Wilier, Luise 
- Zollner, Karl, Ober. Eine Berichtigung von Heinr. 
Z811ncr — in: Der Chorleiter 12/3 



XiTi — 7 



^F^ 



Aus dem Inhalf der bisher erfchienenen Melos/Heffe: 



Heff I 



HERMANN SCHERCHEN . 



HEINZ TI ESSEN De 


r none Strom, T. 


HERMANN SCHERCHEN . . Ar 


iold SchGnberg 


OSCAR HIE Mu 


Mkiilisulie l'orspektivon.T- 


Prof. ADOLF WEISSMANN , De 


- Wok z. mid. Pianist on 


BTLDNJSSE: Ferruecio Busoni 


- Kdtiard Erdmann 


paul von klenau . . . oil 


lisebe Musik 


Dr. LEICHTKNTRITT . . . US 


ihiirhesprooluing 


HERMANN SCIIER.CIIEN . . Zu 


Hans Pfitssners Astli.-tilt 


deT 


jtiusikitli.icliun li«polnn» 


Prof. Dr. ALTMANN .... \le 


leutende NciiL.rsdii'iiiunK- 




ManuskriiiU 


BKrLAGEN: Fnksimilr ein.--s Kfw 


r-Bn.-Ies 


iDieser Brief U nut. 


von clem den-.eitigen Iln- 


s.it2«r, Herm He \V 


tiiw W'oirriioim. KVilin- 


Grunowiild triiti-sl. z 


ii' VoiGiTeiiHielnii.jr fiber- 



Heff VI 

. ( Modorno Musikkritik 
. Jensoits von Tomperierung 
yrfTid Tonalitnt. L 
Dr. FRITZ SITED RY . . . SUvr Operndiroktor Mahler 

EDGAR BYK / Mahlow Ekstasu oia V*t> 

f miiehtnis 
OSIvAR BIB ...... .| • Musikalischf Porspektiven, 

IT I. Das Orntorhim 
Dr. HUGO LEICJ1TENTRITT . D. Mali !orf est j, Amsterdam 
FRITZ-FRID WINDISCH . . Willem Mengelberg 

Prof. Dr. ALTMANN Bedim t. Neuerscheinungen 

und Manuskripla 
BEILAGEN: Bildnis Gitstav MaliWs aus dem Jah.ro 1893 

fa. d. Frivatbcctt?, d Horin Dr. Berliner, BnrJin) 
Rodin's Mahlwrbusto - Portr. Will. Mengtdberg's 
Unvorofrcntl. Brief Crust. Mnlilo/s in Fakaimiln 
(Diosor liriff ist utis von dum derzuitigen Be- 
sitr.er. Korrn Dr. Worner Wolffhuim, Berlin- 
Grun'iwald gfiligst itur Vorfdfnntlichung Tiber 
lasseii wordeuj 



Heff II 



HKfNK TIESSEN Dor neue Stroi 

Dr. HUGO LEICHTHNTRITT Dio QmHen d 

dor Musik 

EDUARD KltDMAXN . . . . Moder.no Elavil 

ALFRED DOBLIN . 1 . . . Vom Musiker 

mit Kalvpso) 

Musikalisuhe K 

MusikphvsioJop 

1'itiil linkers , 

Heduutondu No 

und Mjitiuskrip' 

BBILAGE: ..GrabRed", Li ml. von Huma Tie.sa./n 

(aus Sliakespearus „Cymbidin": fibursetxt v. 



Dr HANS MERSMANN . . 
FRITZ FUII.l. WINDISCH. 
S TEG MUNI) PISLfNG . . 
Prof. Jlr. ALTMANN . . . 



Heft VII 



STEGMUND PILING . . Tondenzen modernor Musik 

A. M. AWRAAMOFF . - .Tunsoits von Temp nrio rung und 

Tonalitut. IF. 
EGt/N WELLECZ. . . . Die letzt. WerkoClnrido Debnssys 
D r. A L F R ED G UTT M A N N Das Tunpo 
HUGO MARCUS . . 
LORENZ HO BEE . . 
Prof. Dr. ALTMANN 



Da-capo, Lied, Gesumm 
DioNotlapedarOfchoKtonntisiker 
Bodeutende Neiterscheinungen u. 
Manuskriptn 

BEILAGE: Hi<inrtt:]i Hoino: p Hast Du di« Lippon mir Trund 
gi>kiillt", Herman u Soherchen. 



Heff III 



OSCAR BTE 

HERMANN SCHERCHEN .' 

LORENZ HOBER 

JURGEN VON DERWENSF 



NikiK-;b und d;is DinRif>n>n 
Nikisch und das Ortibestfu- 
D.DiriporkiinstArt.Nikififh's 
Die JuKiind, diu Dirigcnton 
und Nikiscli 

H. W. DRABER Dit Nikiscb-Profrntimno und 

der musikaliscbe Fortsrhritt. 

ARTHUR NnaSCII .... Eri.memuK..ii aus m.-inur 
Winner Jugondswit 

Prof. Dr. ALTJIANN .... Bedeutende Ncuerscheimin K . 
und Ma.iiiskripte 

PORTRAIT: AltTHUR NIKISCH (Aus dor Luxusaus-nbe 
.Jin Eonzcrt" v. Osuar Biit mit Srijinaeiuliniuip'ri 
von Eupei! Spiro, Verl«^ Julius Bard, Berlin) 



Heff IV 



HEINZ TIEStiEN . , . . 
KIUTZ FRID. WrNDISC'li . 

OSCAR IHE 

CESAR SAERCUJNGER . 
Dr. ALFRED DOCLIN . . 



Der 



.•diliit 



Strom, HI. 
liter's V«rliiillni« z. T. 
Musikntisclu. Pofsp.ditl' 
Amorikanisehn Musik 
Bt*niorktiii(j(«ri «int>u uiu.sika- 
iisclien Laien 
Mus.ikweisbeit dor Infor 
Bnd 'nut undo Nmnirsclieiri«iifi«n 
und Manuskripte 
BEILAGE: Alfred Mombert: ,B]uco doa Cbaos", 

Hans Jiirgeo vou dor \ Venae 



TNAYAT KHAN . . 
Prof. Dr. AI.TMANN 



Heff VIII 



Iir. UUO RUKSER. . - . 
Prof. LU 13. RIEM A NN-Ess 
HEINZ T I ESSEN . . . 

Pro!. Dr. ALTMANN . . 



Tendenzen modurner Musik 
.Tt'oscits von Temperiorung und 
Toiialitru.III. 

DioSiUiation der boutigon Musik 
Znr Tonalitat 

Din Zuknuft d«s AJl^emeineu 
Doutseben Musikveroina 
Bedoutcnde Neuerscheinungen 
uiid Mannekriptii 



BEILAGE: Maskowski, Gedicht von Gippius 



Heff IX 

HERMANN SCHERCHEN ... Das Tonalitiitsprinzip u. 

dipAlpon-Symphonievo^ 

K. StruuJJ, 1. ■«,',': i 

ROHEliT MCLLER-HARTMAKN Zum SUIproblein rfW 

nouen Musik 
EDUARD EIU.»MANN Von Suhonb.jrg und 

seinon Liodern 

OSATt U1E Oporottw 

Dr OSKAIt GUTTMANN . . . . Von dor Musikkritik 
Prof. Dr. ALTMANN BedeuL Neuerscheinunjr. 

u. Manuskripte 
B1CILAGE: A. T. Wegner „Deine Haare sind braun", 

Bruno Weigl 



Heff V 



HEINZ TIESSEN . . . . 
BELA ItARTOK 

Dr. HANS MERSMANN ■ . 
RUDOLF CA1TN-SPEYER . 



Dr. HUGO LEICHTENTimT 
Prof. Dr. ALTMANN . . . . 



BEILAGE: Ridiard Dohmel: „,/.■ 



Der none Strom, IV. 

Das Problem d. neucn Musik 

Dio Eiiijjfnnfretidon 

Die Not der Konzortoreliester 

und din Entwickliinc der 

syniplionisolien Musik 

liiitdierbespreohiing 

Bedcutende Noiinrsdieinung. 

und Manuskripte 

■eleii Lied", 

Manfred Go-rUtt 



HEINZ TIESSEN 



Heff X 



. Dan TojikiinsLlCT-Fest des 
Alig, Doutsehttn Musikvereins. 
Woimarer Ernobnisse 

. Au* ein»r Donkscbrift. 

. Din SeUisttaerrlkhkeit dtm 
Wortos 

Arnold vWiOnbergN Op. XIII 
Piluherbn.'precbnuK 
T)edca ; '.'!rdo Nenortichoinung. 
und Mii,aj::krlptu 
BEILAGE: Alfred Sehttttmimn t Nun dieBl/l'.u>rn-»lk M.i-.r^t.n 4 -. 



flERHARU STREKE 
OSCAR GUTTMANN 
Prof. Dr. ALTMANN 



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Triad) jeSer ffrt TDfyotogvapfjfarv. 



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VERBAND DER KONZERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V. 

OemelnniUz![ge Konzeriabiellung: BerllhW57, Slumenlhalstrafle 17 

T^gfaon: Ajat NOLLENDOIir 3885 'r.VluKr.-iiiun-Atlruaso: PODTUMKCNST 

EngagflmentgvermltUung, Arrangements von Konzerten, Vortrags- und KunsttanzaLenden fur 3er>in unci j;lle Orto Acs In- and Aualandes. 
Kile Rabatte werden den Kflnstlern gutgebracht SicUriK.'ro Provisional als ".oi p-wi-rlj>-miiBif;M» Konzorl.-tponton. 



Breitkopf & Hartel - Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe 21 

ZentralsteHe fur in- und auslandische Musik 
Fiugel . Pianos* . Harmoniums 



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Cipvi^ht M'JU liv Ki.li.'inlurff A Mull Uurlil.- \Vi-!sstMiS«'. 

Notwilii-ilagi- zu ."toulon" II. Haft, Juli 1!120. 




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Er-ulioint )»m I. mid Ifi. jtnlun Monnt.s. 'An lit-ztulum dim'h din Post nii^l Jill mi. iliicli- u. Musi ka lie riharidlimgt*n, so win dim lit i-om VWIjij;-. 
HM-»itS{jchi'r: IIKIIMAN'K if ( ■ 1-1 K ».( ■ J IK N T . ItnHin - I'Yiiviimau, Wi.^hrtdcncr Stral.V 7. - tY>rnrur: ITalxbiir^ SSi'7. 

J{».d:i.kt.ion: liorliii-WoiBunsec, U.-rlirmr Alli-i- 71. I-ornnil": (Ws. IJ'i). - Vcrldff: U.!rlin-\Voilii'iisi.|.. UnHincr Alton "I, .[-'imiriir: tt's. t^i 
Prois tics Kin/.f] lustra Mk- -'.JO, im Vinriflj.-Aljotin. Mk. !-\ -, to-i Kr-iiHkindlmau): viurt,»«]jiilir]idi Mk. J It.-. — Njn-.lidnii'k vorb.-liii.il ph. 



Nr. 12 



Berlin, den j. Auguff 1920 



I. Jahrgang 



INHALT 

ERWIN LENDVAI Das dritfe Regerfeft in Jena 

LUDWIG RIEMANN ......... Das Verftehen „hypermoderner" Akkorde 

UDO RUKSER Die Veranderung des OrdteJ'ferklanges 

ADOLF WEIS5MANN Ifalienifches Tagebudi, ' 

Nachrichfen aus dem Mufikleben Raferuj31ands 
Die Komponiffen der in Melos erfchienenen Liedbeilagen 
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN . . . Bedeufende Neuerfdieinungen und Manuffcripfe 

NOTENBEILAGE: „Du madiff mich fraurig - hore" (Elfe Lasker-Sdiiiler) 

von Paul H indemi fh 



.MELOS' 



in einer LuXusausgabe 

erfcheinf monaflich einmai im Kunffverlag 

Frifs Gurlitf, Berlin W 35' 



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Das drifte Regerfeff in Jena 

Von Erwin Lendvai. 

II y a frop de mufique en Allemagne ruff Romain Rolland in fsinem Muficiens 
d' aujourdtmi, dent an unzahligen Konzerfen, Opernvorffellungen und Mufikfeffen zer- 
fplifferfen deuffchen Mufiker zu. Und mif Rechf. Man gehorf fich felbff nichf mehr, 
man enffremdef fich der eigenen Seele. Jeden Fugpfad zur Selbfferkennfnis verffellen 
gefchaffige Grogffadfdamonen der Senfafion. Vor zwei Wodien nodi beim Ton- 
kunfflerfeft in Weimar, foeben vom Jenaer Regerfeff heimgekehrf, wo Weimarer 
Konzermachbarn bedauern, dag idi nichf audi am Leipziger Bachfeft mif ihnen zu- 
fammenfraf. Sie erzahlen inir von ihren Eindriicken, die ihnen das Amfferdamer 
Mahlerfeff einpragfe. Ein TeUnehmer an den beiden Wiener Feffwochen bedauerf, an 
der Miinchener Wodie nidif feilgenommen zu haben, dafur madite er vielleidif das 
Niederrheinifche oder die^affeler Fefffpielwoche mifl? Oder war er wahrend der 
M deuffchen Wodie" im Berliner Sfaafsopemhaus geniej5ender Mifmenfch? Fahrf er gar 
von Jena nodi zum Eifenadier Beefhovenfeff. Raufchende Feffe . . . 

Frau Elfa Reger veranffalfefe vier Regerfeffkonzerfe, denen das Raufchen durdt 
t'ehlenden Orchefferklang verfagf bleiben mugfe. Rauldi iff jedoch nichf Reger's Sadie, 
denn nur pafhefifche Maferie oder neopafhefifche- Ekffale raufchen. Regers Kunffinhalf 
beffehf eben in der Enfniaferialifierung des Subffanziellen; feine Kunffform lofchf 
fypifche Gliederung aus, um fubjekfiven Impreffionen das Worf geben zu konnen. An 
Bach erffarkfer Konfrapunkf bindef Inhalf und Form. Sfahlharfe Disziplin wadif iiber 
lockere Improvifafion. Aus diefen paradoxen Erfdteinungen ringf eine kafholifch- 
profeffanfifche Seele am Beginn des XX. Jahrhunderfs fich durch; die zwifchen Gotf 
und Technik fimulfangewordene Welf erfiiUf Reger mit Schrecken. Sie weiff ihn zuriick, 
fie ziehf ihn an. Und feine kampfende Unfchliiffigkeif barockifierf feine romanfifche 
Art romanfifiert feinen barocken Geiff. Den Theorefiker weckf der Phanfaff, den Grubler 
der Draufganger. Er glaubf den Fabrikfchornffeinen Marchen aus Wunderwelfen, der 
Gotffucherfeele von der Exakfheif der Mafchine erzahlen zu miiffen. 

Auf folche Weije kam er nichf zum Geffalfen aus fich, fondern zu einer enjinenf 
fleigig-bewerfefen Einfiihlung in feine reizfam unenffchloffene Zeif, in eine Zeif des 
Ubergangs, der chromafifchen Phyfiogncmielofigkeif. 

Das in uns Singularwerfende will vom Reger'fchen £,wiefpalf fich abwenden, und 
klagf nur leije tiber Schwerverffandigkeif. Wohl lagf es fich von den Tonvifionen gernc 
hinreigen oder zumindeff anerkennf es die fordernde, anregende, ia bahnbrechende 
Eedeufung des Regerifdien Schaffens, doch .... 

Nun ja, diefes Dock iff es, dag das „Problem" Reger neufralifierf. Reger iff die 
Tof alifaf - eines hochbedeuf enden Torf os ; er iff dem unausgereiffen Menfchen fub- 
ordinierfer Kunffler mif dem Ergebnis eines hodidifferenzierfen Arfiffenfums. Den 
Beweis erbringf ein „Offener Brief", den er 1907 auf Anregung der Redakfion an den 
Herausgeber der „Mufik" richfefe. Unfer affhetifch vielfach unhalfbaren Ausfiihrungen 
ffehen audi diefe Worfe.: 

„. . . es iff nichf zu leugnen, dag heufzufage von fehr vielen, die den Pegafus 
bejfeigen, fehr wenige eine Ahnung vom Reifen haben. Der groge, an und 
fur fich prachfvolle Begriff „inneres Erlebnis" haf in unreifen Kopfen ver- 
heerend gewirkf, man haf in, gewiflen Kreifen faff verlernf, dag Kunff von 
Konnen kommf." 
Zwifchen ihm und Jeinem Pegafus wurde ein in fiinfundzwanzig Schaffensj'ahren 
viele hunderf Werbe geriffenes Galoppfempo vereinbarf. Nur fiihrfe ihn das edle Tier 

266 



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nichf gen Olymp; Weil das oben abgebrochene Doch ihn den Lebenskonfrapunkf 
nichf erlernen lie£. Nodi viel weniger die Goffharmonie. Haffe der jane Tod ihn 
von der Schulfiire nichf verwiejen (und Reger haffe fchon die Klinke in der Hand), er 
haffe zwanzig Jahre fpafer den Off en en Brief in einer verbefferfen Auflage erfdieinen 
laffen, und es haffe dann gehei#en: ,.Daj3 Kunff vom Menfchfein kommf, wenn Goff- 
harmonie das Konnen zum Ergliihen bringf." Denn was mi^f uns das zuguferlefcf 
dodi von Roff und Moffen zerfreffene Wiffensffiickwerk, wenn nichf Engelzungen mif 
Liebe redefen? 

Der Menfch iff die Beffafigung der Erkennfnis. Je hoheren Flug das bewu$5fe 
Denken, Spinozas „lntelligere" nimmf, um fo hoher werfef die erkennfnisbildende Kraff. 
Hier fe£f aber im Falle Regers der groj3e Widerfprudi ein. Reger horf denkend, doth 
[ein Denken i\t nichf aufonom. Daher unfere Heferogenifafsempfindung, die Chaos- 
fpriingen und Afherfliigen widerffrebf. Das Ergebnis: Reger zwingf nichf, wir fun uns 
Zwang an. Ohne Konfraffe, ohne einheiflich gefaJSfe Mannigfalfigkeif keine Kunft 
Regers Konfraffe find jedoch Widerfpriiche; es iff nichf der Reizbare, der nach Ma$5igung 
ffrebf, fondern der Epikurarer, der auch Sfoiker fein kann. Die zwei Seelen in feiner 
Bruff find nichf zeiflich vertikal gefrennf, fondern frefen einander unfer- und iiber- 
geordnef gleithzeitig auf. Mur [o verflehen wir, wie es moglich iff, da|5 Reger von 
Bach zu Brahms mif Wagners „unendlicher Melodie" bauen will, um hiiben Jdnimann- 
weiche Sonatenfafje, driib^n chopinfuJ5e Salonffiicke zu monumenfalifieren. Sfiindiges 
Suchen laf5f ihn an fich felbff irre werden. Drum fiehf Ernff Bloch in feinem w Geiff der 
Ufopie" *) ihn als ein ,.Ieeres, gefahrliches Konnen und eine Luge dazu". Das iff zu 
weif gegangen. Ich fehe nur Verlorenheif ffaff Luge. Nur ein durch zu frtihen Tod 
nidit in Vollerfcheinung gefrefenes Ich. Darin liegf, daJ3 Reger nichf weij3, „Ungebildef 
wie er fchon iff, ob er einen Walzer oder Paffacaglien fchreiben foil, ob er die Tofen- 
infel oder den hunderfjfen Pfalm zu verfonen hat So fehen Ton und Sprache nichf 
aus, wenn man morgens an ihrer Quelle fifjt. Wie leer bleibf alles, wenn fich Reger, 
die unbachifchffe a Her Erfcheinungen, auch nodi glaubig gibf, weil der geborene An- 
lehner und Variafionskiinffler gerade formal in diefem Geleife lauff. Er iff nichfs, er 
haf nichfs als eine Fingerferfigkeif hoherer Ordnung und das Emporende daran bleibf, 
dap er doch nichf nur nichfs iff, ein Quell der fruchflofen Irrifierung." 

Diefes in feiner Schroffheif nur noch von Walfer Krug (Die neue Mufik) **) iiber- 
froffene Kriferium kann nur aus dem enfbloj3fen Mangel an Reinmenfchlichen feine 
Berechfigung gezogen haben. Ein auf vier Konzerfe verfeilfes dreifagiges Mufizieren 
muj3 den Seelenkern des Inbefrachkommenden freilegen. Nun iff der Beweis erbrachf; 
Reger verfragf nichf vier Veranffalfungen in einem Rahmen. Beethoven, dej in feinem 
Schaffen eine Addition von drei Menfch-Neuwerdungen bedeufef, befi^f die Ifrom- 
fchwellende Kraff uns drei Tage hmdurch mif neuen und immer neuen Gaben zu er- 
freuen. Audi Bach und Mozarf wirken wahrend efoiger < r di folgenden Konzertveran- 
ffalfungen erhebend, erfrifchend auf uns. Schon bei L <ns merkf man eine gewiffe 
Monofie der Lebens- und Kunffauffalfung. Und nun er}. bei Reger. Hier wird das 
Logifche alogifch, das Vielfalfige zum Widerfprudi, das lypifche zixr Manier. Einen 
alogifchen Widerfprudi bilden die manirierfen Unferbrechungen, die das charakferlos 
Charakferiffifche bilden. Allegroanfa&e fchneiden langfam hinbriifende Medifafionen 
ab, um nach langerem Sfillffand von rhythmifdier Sehnfuchf gequalf die friihere Exiffenz 
behaupfen zu konnen. Refulfaf: ein dynamifdies Mofaik. Reger enffcheidef fich gegen 
Bach; denn wahrend Bach Jammelf und zenfral deufef, zerfefcf und zerffreuf Reger. 



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* MQnchen unci Leipzig 1918. Duncker & Humblot -- S. \2± 

** Erlenbach b. Zurich 1920. Eugen Rentsch. S, 44 u. ff. — Vergl. auch: w Der lose Vogel", eine Monats- 
schrift. 1. (u. letzter) Jahrgang. Nr. 10/12 — Seite 329. Chaos der Logik (Autor anonym == Waller Krug). 

267 



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Das was an Bach erinnerf find nur die konfrapunkfifchen Oruppenbildungen und 
Choralmelismen. So ffehf es urn feine Sonafen-Eckfafse, deren Form den Inhalf nur 
ahnen la£f, nodi nichf beffimmt Die boshaff lachende Koboldmunferkeif Jeiner Scherzi 
mif ihren a-b-a-5chemen ffehen in keiner Beziehung zum Vorangegangenen und zum 
Folgenden. Siekonnfen mif ihrer gleichfam anhaffenden hamifch-ironifch-grofesken Nafur 
Von Werk zu Werk mifeinander verfaufchf werden. Man kennf das gefpenffifche Hufchen 
der dem Klavier anverfraufen Flofenregiffer. Die fafanifchen Pizzicafis der Sfreidier und 
die fchmollende Pianiffimochromafik der ableifenden Organe. Die darauf folgenden 
refignafionsergebene b-Xeile erinnern an die Unferbrechungsfakfik der Echfa^e und 
miinden, weil das Formfchema es fo will, in die Wiederholung der a-Teile. — Un- 
vergleichlich beffer ffehf es um Regers Iangfamen Safj. Tieffraurige Enffagung enf- 
ffromf aus Jeinen Largo's und Adagio's. Diefe Sa^e wollen das friihe Hinfcheiden 
ihres Meiffers klagen, oder fie wehklagen fiber den Zwiefpalf zwifchen Regers Welf 
und fein Ich, das im Kampjf welferdriickf eine furcnfbare Niederlage erleiden muj3fe. 
Wenn wir an diejfem erhaben geffimmfen Sang nidif inneren Anfeil nehmen konnen, 
Jo iff dar'an, wie fdion angedeufef, eine lefjfe Abklarung nichf-aufkommen-laffende 
Sprodigkeif Schuld. Es fehlf am (nichflachenden) Humor, an efhifch empfundenen, 
kiinfflerifch erfundenen Auagleich und Verfohnung, Her^ensgufe und Menfdienliebe. 
Es lallf in ihm nichf das fro£ Erwachfenfein einfalfig-demiifige Kind, das „Vafer, Dein 
Wills gefchehe". Wie fehr fiihlf man gerade diefen Mangel in den langfamen Sa£en, 
wo durdi die gedehnfe Zeifbewerfung wir Regers Schriffen genau folgen konnen. 

Es iff nidif zu leugnen, daf5 Reger im Verlauf der Formung zu edlen Kriffall- 
er]jcheinungen kommf, die durdi feine Furchflofigkeif des Formprinzips gegeniiber er- 
kl&roar i'lnd. Merkwiirdig gruppierf er die einzelnen Innenfeile der Sa&e, die fodann 
nichf ohnc dramaftfche Spannfahigkeifen in Akfion frefen. Haffe alfo Selbfferkennfnis 
zwichen Welf und Ich Gleichgewichf gehalfen, fo haffe nichf Wi£, Ironie und Sechzehnfel- 
bewegung -Humor zur Melancholie oder Unraff umgebogen. 

Faff alle regerfefflich dargebofenen, felfen gehorfen Werke wollen durch ihre 
^rublerifche Grundffimmung die grelle ©ffenflichkeif meiden. Seine Orgelwerke, eine 
55 Minufen in Anfpruch nehmende Infrodukfion, Paffacaglia und.Fuge (Opus 127) und 
die zweife Sonafe (Opus 117) wollen in der nach Goffesdienft ffill gewordenen Kirche dem 
Organiffen allein gehoren. Die vierfe Choralkanfafe „Meinem CJefum lap ich nichf fur 
Solofopran, gemifchfen Chor, Solo-Violine, Solo-Braffche und Orgel konnfe nur die 
kraffigen Konfuren einer Gelegenheifskompofifion mif vielen Imifanonsfetchen aufweijen. 
Zwei Mannerchore aus Opus 38 gehoren zum zur Geniige bekannfen Liederfafelfon, 
und die Du&end bekannf-unbekannfen Lieder brachfen fchon durch die ungluckliche Wahl 
gleichfchlie^ender Ausklange den neuen Beweis, da£ Regers Lyrik nur an Inffrumenfen 
infonierf fingen kann. Seine im Klavierparf zum Ausdruck gelangfe lvrifche Einfuhlung 
in die Gedichfe ffreiff den Sfimmungsinhalf und eriibrigf die Singfn'mme. Sie find 
poefifche Klaviergloffen zu den Gedichfen. Seine zu Gehor gebrachfen Klavierffiicke 
wollen nidif mehr fein als Jaunige Arabesken mif Chopin's Feder gezeichnet 

Suchfe fedoch Reger nach dem, was an ihm zu liberwinden war, fo gelangen ihm 
prachfige Kammermufikwerke, fo die ergreifende Violinfonafe in C-moll mif Largo- 
Schwanengefang, der Mai 1916 feine irdifche Hiille dem Feuer vermiffelfe. Das Bild 
des finkenden Sarges bei abfchiednehmendem D-dur . . . 

Von der refflofen Hingabe des Bufch-Quarfeff> gefragen kronfe das giganfifche 
Es-dur-Sfreichquarfeff die drei Fefffage. Innere Abklarung durchfchimmerf hier die in 
wuf.dervoller Klarheif fixierfe Tonfprache Regers. Ein von Ewigkeifsharmonieen der 
Menfchenfeele widerhallendes klaffifch und dennoch neu erfcheinendes Werk. Schon 
im erffen Anhieb verraf fich die Hand des fouverainfchalfenden Meiffers; der gluhendes 



268 



Temperament diesmal durch Konnen nichf lofchfe. So geffaffet erne gofflidie Ffigurtg 
dem Werk fiir alle Zeifen Regers EUrfprecher zu fein. 

Und nun ffehen wir wieder vor dem Regerproblem. Kunffprobleme ffehen im 
Einklang mlf dem Problem des Menfdien. Mif dem Menfchen, deffen Kunff zur Dis- 
kuffion ftehf, zur Klarung zu gelangen, iff kein Leichfes — im Falle Reger vielfadi ent- 
ffellt durch das eminenfe Konnen, das bleifchwer an feiner PJyche haften bfieb. Das 
Konnen, das das Material bandigf, la£f ihn auf der Briicke zwifchen der fonalen Lyrik 
und der afonalen Epik zwar als einen der erffen Neulandfucher unferer Zeif erftheinen. 
Die diaofifche Unklarheif feiner Seele hemmf ihn jedoch, Jodaj3 eine Enffcheidung nicht 
gefroffen werden kann. -Reger iff der fypifche Verfrefer der zur Enfwerfung verurfeilfen 
UJbergangszeif: Vom unendlichen Wagnermeios zur knappen Formgebung einer 
werdenden Epoche. Ein Kampf zwifchen dem weidiabgerundeten Barock am Ende 
des XIX. Jahrhunderfs und zwifchen fcharfkanfigen eclats eines exprefjioniffifchen 
Ausdrucks, der fich durch unfere Tage einer Stilwerdung enfgegenreckt 



Das Verj'fehen „hypermoderner" Akkorde 

Von Ludwig Riemann. 

Die Anhanger moderner Mufik find leicht geneigt, die Klanganalyfe als eine „Stii verge waltigung" 
anzufehen, einerfeits, wei! die lineare Polyphonie fich einer fenkrechten Anfchauung (wie fie die 
Klanganalyfe verlangt) erw,ehrt, anderfeits, weil die Anhanger moderner Murik den Stii eines Kunft- 
werkes anfeheinend nur aus Teinen klanglichen Eigenfchaften herieiten. Beide GrUnde entbehren 
der Berechtigung, denn das Lineare -in der Polyphonie darf des Zufamnrenhanges nicht entbehren. 
Der Zufammenha'ng begrOndet fich aber nur aus den -akkordlichen Gemeinfchaften, Ferner: der 
Stii eines Kunftwerkes fchiieBt auBer den kianglichen Eigenfchaften in fich dasMotivifche, Rhythmifche, 
Strukturelle und Afthetifche, famtlich Eigenfchaften, die in-diefen Auffatz nur wenig beruhrt 
werden. Wie die Beherrfchung einer Sprache nicht ohne Kenntnis der Grammatik mOglich \lt, 
to fetzt auch das Verftatidnis der Mufik die Heranziehung der Grammatik voraus, wenn auch die 
mufikaliFche Grammatik vieifach von dem herrfchenden Stilprinzip und von fubjektiver Auffaffung 
abhangig ilt. 

Das Verftehen hypermoderner Akkorde durfte auf keine Schwierigkeiten fto&en. Wir milffen 
uns nur in die Vorausfetzungen hineindenken, denen unfer Mufikempfinden unterworisn ift und 
die uns wenig Oder garnicht zum BewuBtfein kommen: 

1.) Das Mufikempfinden der Bewohner der nOrdlichen KUftenlSnder und Tiefebenen Europas 
wird zum groBen Teile von einem halbftufigen Leittonfyftem geleitet, dem fich die Gauz- 
ftufen angliedern. 
2.) Wir horen nicht Mufik, -wie fie klingt, Tondern wie' wir fie auffaffen. 
3.) Tone ohne Auffaffung unferfeits kOnnen. zwar unter den Begriff „Mufik" fallen, ftehen 
aber auf derfelben niederen Stufe wie der Tonfchall eines. beliebigen KOrpers und wie 
Geraufche, die auch z. B. im Orchefterfpiel Platz finden. 
4.) Erziehung und Kultur fetzen in jedem Menfchen jeder Raffe ein Tonempfinden felt, das 
zum Ausgangspunkt bez. Gradmeffer fur tiefere, geringere oder fehlende Auffaffung wird. 



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5.) FUr uns ift jeder Zufammenklang oder jede melodifche Linie dem Gefetze der Spannung 
und Entfpannung unterworfen. 

6.) Der Stimmungsgehalt eines Tonftlickes bedient fich famtlicher 5 Punkte. 

Geographirche und klimatifche Verhaitniffe begrUnden bei den Bewohnern der Tiefebene den 
Vorzug des halbftufigen Leittones und der Ganzftufen und bei den Bewohnern der Hochlander 
und Gebirge den weiterer Intervallverhaitnilfe. Diefer wichtige Grundfatz hat die Kirchentonarien 
wegen ihrer ganzftufigen Leittone bei uns niemals heimirch werden larfen, ferner zu der Regierung 
der beiden heutigen Tongefchlechter geftlhrt und vird flir die Zukunft neuen Tonfyftemen nur 
mit dem grOBten- Widerftreben Raum geben. 

Befonders bemerkenswert tit der hiftorifche Werdegang der Halbftufe. Die Gelchichte der 
Verfetzungszeichen lehrt uns durch den wachfenden Gebrauch des Kreuz- und Be-Zeichens die 
Befeftigung der Halbftufe zunachft als Leiteton, dann als Farbton, Alterierung und Mitte! zur Klang- 
vertretung. Die Halbftufe war und i Ft es, die der Grundfarbe des Urklanges nach und nach feinere 
Licht- und SchattentOne auffetzte, fo tief und einfluBreich, daS IchlieBlich das Tonalitatsgebaude 
ein ganz neues Ausfehen erhielt, TodaB heute der Wunrch zu einem Neubau aufkommt. Obgleich 
jeder Fortfchritt an dem GebSude der Tonalitat rUttelt, irt Jiefes dennoch mit feinen Grundpfeiiern 
Tonika, Dominantc und Subdominante (Hehe Tonnetz) bis in die Jetztzeit hinein feft verankert 
geblieben, und muB der Fortfchritt vorderhand noch damit rechnen, d. h. jeder hypermoderne 
Akkord muB fich darauf zurilckfUhren laffen. Gefchieht diefes mcht, Ttehen wir einer Discrepanz 
oder TSnen ohne jede theoretirche Auffai'fung gegenuber. Ich tage „theoretifch a , denn das Mufik- 
horen-erfaffen richtet fich bis heute zunachft nach der mufikalifchen und dann erft nach der 
arthetilchen Auffaffung. Befondws ist es der geheimnisvolle Zug des Kreuzhalbtones nach oben 
und des Behalbtones nach unten, der in uns die Auffaffung, das Verlangen nach einem Tonaiitats- 
ktang zu dirigieren fucht. Die Halbftufen fuchen jede Abzweigurg der freien Harmonie auf die 
Hauptbahn der eKentiellen Tonalitat zurtlckzufuhren. In ihrer Eigenfchaft als beziehungsfreies Interval! 
w]rken fie ftets klangkontraftlich und enthalten fomit den grOBten Bewegungstrieb und damit 
einerfeits die lebhaft atmende Kraft der Auflofung und anderfeits die ftarkfte Nahrung der Atonalitat. 
Es ift ein Irr+um zu glauben, daB wir die Tone fo horen, wie fie an unfer Ohr treten. Nicht 
das Ohr hbrt fondern das Gehirn. Das Ohr fpielt bloB die Rolle eines Schallleiters. Im Gehirn 
affimiliert Hen der gehOrte Klang mit den in uns lebenden Tonvorftellungen und wird dort ein- 
gefchaltet. Solange fich dieres auf einen komplizierteren Klang bezieht, der fich nach einem ' 
Tonalitatsklang- auflofen laBt, erfcheint die Einfchaltung mtlhelos. Selbftverftandiich richtet fich 
die Auflofung nach dem Strom des Zufammenhanges. (Beifpiel I). 

Die Halbrtufe Offnet hier Ttlr und Tor fCr alle moglichen Wendungen. Bewundernswert, ja 
ratfelhaft finde ich dabei die Tatigkeit unfere's mufikaiiichen Gehirns, dift Diskordamen* (a) auch 
dann auf zweite Akkorde (b) zu beziehen, wenn diefe nicht ■zum Erklingen kornmen. Daraus 
refultiert die Aneinanderreihung fremder Akkordgertaltungen (a) mit fehlenden Auflohingen (b) ohne 
Verletzung des Zufammenhanges. 

Nun komrnt es aber hSufig vor, daB moderne Akkorde fich einer Einfchaltung wehren. 

Wir horen den Klang des Beifpiels II 

Im Gehirn entfteht folgender ProzeB: Der Klang erweckt im er[ten Augenblick ein Unbe- 
hagen. Da er fich nicht mit unferm TonalitatsgefUhl fofort deckt, itt das denkende Gehirn bemuht, 
den Klangknauel zu entwirren. Unfer AuflofungsbedUrfnis, unterftutzt durch das ftromende fcalb- 
ftufige LeittongefUhl'zieht das h nach c, das as nach g, das dis nach e, falls der Akkord inner- 
l.alb des C-Bereiches Kent. Der ProzeB der Klangwirkung ift alfo mit der Intonation nicht 
erledigt Das Gehirn verarbeitet jeden derartigen Klang weiter, befonders wenn er als Endakkord 
ertont und fUgt ihm in der Vorftellung im BewuBtfein oder UnterbewuBtfein einen Klang bei, der 



*i Unter ^Diskordanz" verstehe ich einen auBerhalb der Tonalitat liegenden Akkord, der uns die Muglichkeit 
glbt, in einen Tonalitatsakkord Qberzuleiten, eine VorauBSetzung, die der „Diskrepanz" fehit T 

270 



r'riilmtiHTrtttftTt 



A* 



*) Bekanntlich der Unterschied zwischen „Augeumu8iV und .Ohrenmusik", auf den hlcr nicht weiter ein- 
gegangen werdep kann. 



271 



dem TonvorTtellungsteben des Horers entfpricht. Als Endakkord wird dann entweder gehOrt 
c e g c oder c e g h (als Konfonanz) oder — ein folcher fehlt. Im letzten Falle entfteht efn 
UnSuftgefuhl. Die Urlache atefes kann Jein ein gefundes aber wenig differenziertes Tonalitats- 
gefUhl, oder ein Mangel der Moglichkeft halbftufiger Auflofung, (z. B. BciFpiel III). 

Dabei mtiffen wir fcharf anterfcheiiden, ob wir den Klang blofi horen oder atich in 
Noienrehen.* 

Der ietzte Klang erfcheint in unferer Voriieliung namlich nicht, wie er gefchrieben fteht, 
fonriem wie in Bei>pie: IV und loft Hen dann im Geifte nach Es-dur (fis nach g, d nach es, a 
nach b) orier D-dur (es nach d) auf, je nacbdem eine oder die andere Tonart vorher regiert. 

Entrpricht es nun aber dem Willen des Komponilten, den an errter Stelle gebrachten Akkord jj. 

lo zu fchreiben, wie in Beifpiel V, so vermag das Auge aJIerdings wenig damit anzufangen, das <■ 

Ohr dagegen hdrt den ersten Klang — wtnn das Auge ausrchaUet. Arbeitet das Auge mit, Ji 

fo entfteht ein Monftrum, d. h„ „Seltfames, wodurch die Gotter BOfes anzeigen". Das Gehirn i' L 

kann den Akkord nicht verarbeiten. Das tonale Gefuhl will ihn abiehnen, weil er der \\ 
phyfikalifchen Eigenfchaft des Geraufchklanges nanekornmt, alio einem unaufgeloften , Ji. 

Schwingungskonglomerat entlp'richt. Da man aber jedem Geraufch in de;* Mufik eine althetilche :j 

Deutung unterzulegen bemtiht i[t, vermag nur der Stimmungsgehalt die Exiltenzmoglichkeit des >j 

Akkordes zu retten. ,! 

Zwecks Anfchauung moderner Akkorde iff eine Grenze zu Ziehen zwifchen mufik-theoretifcher j 

und afthetifcher Auffaffung. Die Verwilchung beider Arten filhrt zu dem unglilckleligen Beginnen, j 

die Akkorde in ein Syftem zu bringen. Afihetik als Wirkung des SchGnen kann nicht fyftematifiert | : 

werden. Und wenn es der Einzelne dennoch vertucht, bleibt es eine Schubladenwahrheit, d. h. ■ j 

die Wahrheit des Syftems dringt als rein fubjektives Ergebnis nicht nach auBen. Wohl kann | 

eine Mthetifche Deuiung uns beeinfluffen und iiber^eugen, aber He bleibt auf dem gedeuteten j 

Akkord fteheTi, breitet rich nicht als Syftem aus, Wenn R. StrauB am ScrduHe leines Zarathuftra j 

zum H-dur Akkord das tiefe c dreimal bringt und diefern c die Deutung des „unauflOsbaren ■? 

Ratfels der Welt" gibt, fo vermag wohl der wiffenrte HOrer dieler Privatanficht beizuftimmen. Die 1 

Ungllicklicnen, die das deutende Wort Strauss nicht erfahren, werden wahrrcheinlich.das c als J 

unreines h h5ren, oder dem c halbftufig das h im Geifte nachfolgen laften, oder fie fragen fich: j 

was loll das c? — Wo oder wie hilft hier ein Syftem? Hier beginnt die Mauer, welche fich vor ). 

dem Verftandnis der Atonalitat aufrichtet. Manche wollen He mit Gewalt ftttrmen und tiberkiettern, k j 
urn die'neuen Schonheiten erkennend zu fchauen. ',v-j bitteMagegen, mit mir einmal die Ma,'.er 
in Ruhe z\\ umgehen unci mir in das Reich mcines lonnetzes zu folgen, um von dierer H&he aus 
einen Fernbhck in neye Weiten zu gewinnen. 

Die TonalUat beherrfcht unfer Geftihl noch immer in viel grOSerem MaBe, als wir zu ahnen 
vermOgen. Sie Off net uns Ausblicke auf Gelande, deren Nutzbarmachung nicht erfchOpft ift. 
Mit Ruckficht auf eine Tpater zu zergliedernde Notenbeilage von H. Scherchen, wSble ich als 
Aiisgangspunkt memes Tonalitatsnetzes den Toualton B. Ich teile die Entfernungen vom Hauptton 
in 4 Zonen ein (I, II, III, IV). Im Bereiche der 1. Zone finden wir dte Gepflogenheiten der 
klaffifchen Mufik bis etwa zu Beethcvens Zeiten. Die 2. Zone erweitert das Gebiet Die 3. und 
4. Zone enthalten die Grundakkorde, auf die fich audi die modernen Tongeftaltungen einftellen 
lalfen. Die Pfeile bezeichnen den normalen Verlauf des Tonalen. Unter jedem Hauptakkord: 

T = Tonika 

D — Dominante .'^ v -t 

S ~ Subduminante 

Tp = Tomkaparallele 



.i* 



Dp — Dominantparallele 
Sp = Subdornjnantparallele 
Urn = Untermediante 
Om = Obermediante 
Uehen eine Anzahl Akkorde, die an Stelle des Hauptklanges treten konnen. 
jedem Buchftaben geben die Anzahl der klangvertretenden Akkorde an: 

S > T «- 

Es^ B 



Die Ziffern hinter 




b<7)C(4) C(7)0(4) fes(7)Ges(4) Ges(7)As(4) 



f(7)G(4) G(7) A(4) 
IV. 



C (7) D (4) D (7) £(4) c(7) D($) D(7) E(4) 



Direkt verftandlich find die durch einen Pfeil verbundeuen Akkorde z. B. von Ges und B, 
von d und B usw., Oder umgekehrL Fehli die Verbindung, folgen alfo zwei Akkorde nacheinander, 
die durch keinen Pfeil VerknOpft find, fo entfteht eine Spannung, die unter gewOhnlichen Ver- 
haitniffen fich fchliefilich nach B aufloft. 

Je weiter eine Akkordfolge fich aus Zone 1 entfernt, umfo grtfSer wird die Spannung. 
Dauer und Kraft der Spannung lafren fchlieBIich cine RQckkehr nach Zone I vergeffen. Die 
fchwingende Llnie fetzt fich entweder an einem araeren Punkte felt oder verliert fich im Raume. 

In der modernen Mufik tritt das Tonnetz felten rein auf. Die Tttne bekomraen neue FSrbung 
durch- die klangvertretenden T5ne, durch Vorhalts-, Durchgangs-, Wechiel- und andere NebentOne, 
vor ailem aber durch die RUckung d. h. Verfchiebung eines Tonkomplexes auf eine andere Stufe. 

Welch' ein unerfchOpflicher Reichtum Iiegt allein Tchon in der Anwendung diefer rein mufi- 
kalifchen Mittel! 

Wenn ich nun verfuche, eine Frucht moderner Tonauffarfung (Lied von H. Scherchen, Noten- 
beilage zu Heft 7 diefer Zeitfchrift) mufiktheoretifch unter Auslchaltung der motivifchen, rhythmirchen, 
aJthetifchen Eigenfchaften zu zerlegen, fo will ich damit einerfeits den Anhangem der alten Schule 
beweifen, da6 ihrc tonale Anfchauung fich auch nach diefer Richtung hin ausdehnen laBt, anderfeits 



272 



den Neutoflern zeigen, wie ftark die Wurzeln der AtonalitSt noch aus dem fjodert der TonalitSt 
ihre Nahrung faugen. 

ZeichenerkiSrungen: Da die I6tel Notenfiguren in gleichen Taktvierteln laufen, faffe ich den 
Klang jedes Viertels als ein Ganzes auf; fodaB in jedem Takt 4 Klangdeutungen ftehen. erkennbar 
durch die Anzahl der rOmiTchen Zonenziffern. Die 13 Takte ftimmen demnach mit der Taktzahl 
des Originals Qberein. Der Pfeil deuW.i auf die ZugehBrigkeit zum Grundklang. Sofern diefer 
nur latent vorhanden, findet er lich eingeklammert vor. 

Bei den „RUckungen" rind die Urtonc befonders benannt. Vorhalts-, Durchgangs- und 
liegenbieibendeTone bleiken unbeachtet, da tie den Grundklang wohl fchattieren aber nicht zerftttren. 

• = Akkorri des Klangiietzes, 

X - Spannungsakkord, der in einen Tonaiitatsakkord ilbergeht, 
O = Klangvertret-ung etnes Tonalitatsakkordes, 
O = RUckung, 

* = halbe Rtickung; ein Teil des Akkordes in Urlage, ein Teil als RBckung. 

Die Gefangstone fchmiegen lich trotz ihrer abweichenden tonalen Dehnungen zumeift den 
Begleitklangen an. Nur unter Vorausletzung diefer Auffaffung konnen fie ttberhaupt in richtiger 
TonhOhe gefaBt und getroffen werden. Das abfolute TongehOr fchaltet hier aus, weil die dunkel- 
gefSrbten BegleitkI3nge ohnehin ein tadelloles Treffen gefahrden, wobei ich annehme, dafi die 
Ton*: gefungen und nicht fpreehfingend deklamiert werden follen. 
1 2 3 

I • i. o i , © i, • i I © nx ■ , o i, © r, © 1 1 • i , © r , © n , © i 

-| T. D + (S), M *, D + (D)| S-*(Um), S , D , S | D-v(S), D > D*(Sp), S 

|bdese=|cesges=t d =.des 
I a c es | d f as | 

4 5 6 

• IV , • TV, © TTI , © TIT , • TI , • IT • IT, • II I * IV , © IV, B II, © n I 

DXS-vSp), - ,D + (Um) D + (Um) D*(S), — , — f — D-*(D*Dp), — ,D*(S), — 



, ©TTI , 


©TIT , 


,D + (Um) 


D + (Um) 


|bdb = 


bb -a 


1 as c as 





O I , 


s T 


O I 


OI 


O I 


O I , 


D4(T) 


D*(D) 


S*(T) 


__ 


T 


T 


Bdur= 












Hdur 


Hdur 


Hdur 


— 


Hdur 


Hdur 



o i o r 

D+(S) = 
S4(Sp)in 
Bdur 



©m , 


©IH,©I ,©i, ©n 


D*(Sp+) 


— 


D*(D)|-|Sp->(Sp) 


CIS gis = 




1 1 


f as 




1 1 



10 
© II , ©II, ©II, © TI, 
Sp + (Sp)| -,-,-, 



11 12 

• I, O II , © I • I 
T, D + (S), X+;P*(D) 



13 



• I , ©I, OI, ©1,1 ©I, ©I, ©I, ©III 
S- , S- S S S~ S- T, T 
*=«, I I 

Aus diefer Zerlegung find folgende Refultate zu erkennen: 

Ich denke inir das Original wie ein Pflanzengewebe, deffen Wurzelenden in den unfichtbaren 
Boden der Tonalitat hineinregen. Zwar tritt die Tonart B dur nur an wenigen Stellen unmitteibar 
auf, aber die latenten, in Klammer gefetzten, klanggehorigen Tonnetzakkorde fDgen fich in den 
Zurammenhang Wie Tehr diefer Zufammenhang auBerdem fUhlbar wirkt, erfehen wir aus dem 
haufigen Vorkommen der Zone I. Nur an wenigen Stellen verliert fich das Lied auf andere 
Zonen. Trotz feiner vielen klangvertretenden TOne und Vorhalts- Durchgangs- und fonftigen 
Nebentonbewegungen wird das Fundament der Tonalitat nicht rerftOrt. Der naiv FQhlende wird 
diefes zwar beftreiten. Er hort Tonfummen, deren Poften er nicht auf fein wenig differenziertes 
TonalitatsgefUhl einftellen kann. 

Jedenfails kann ich mir einen murikalifchen „Zufaramenhang a nur in der von mir erklarteu 
Weife vorftellen. Die afthetifchen, motivifchen, rhythmifchen, ftruktuellen Zufammenhange mflgen 



273 



andere Wege gelien, die zu verfolgen, Hcherlich Aufgabe diefer Zeitfchrift fein werden; hier 
befchSftigt uns bloB der muHkalirche Zufammenhang. 

Nun kOnnte oiir entgegengehalten werden, daft die latenten in Klammern ftehenden Kiange 
Qberhaupt nicht in das Geftlhl treten und datum a;,:ch nicht von EinfluB lein kOnnen. Ich nehme 
an, daB ich mit meinen etwaigen Gegnern in einem Punkte iibereinrtimme: Jeder Akkord der 
neuerten Schule ift als ein Spannungsakkord aufzufaffen, denn neben der phyfifchen Wirkung: 
EinfluB der Schwingungen und Schwehungen auf die Nerven, gilt als erfter, grundlegender 
plychifcher Reiz: Die Spannung*). 

Die Spannung in einem Akkorde JUhlen wir aber nur dann, wenn er Intervalle enthait, 
die das Verlangen nach einer Entipannung in fich tragen. Intonieren wir zurn Betfpiel einen 
Zufammenklang von 5 TSnen in tieftter Lage auf dem Klavier, die je eine Halbftufe auseinander- 
liegen, lo empfinden wir nur ein Geraufch ohne Spannung, mit dem wir nschts anzufangen wiffen. 
Schlagen wir aber in hOherer Lage Oktaven diefer Tune an z. B. c' cis' d' dis' e', lo macnt 
lich die Terz c'-e' tenon als tonaler Klang bemerkbar. Das Liedbeifpiel enthalt nur Akkorde mit 
Bestandteilen, die fich nach einer cntfpannar.g fehnen, deren Erfllllung in den eingeklammerten 
Akkordzeichen liegt. 

Zeit der Entrpannung und HOrbarkeit des entrpannenden Akkordes fpielen dabei 
eine fekundare RoIIp, d. h. fie eriiaiten durch dee STthetifche FUhrung bezw. durch den 
Stimmungsgehait ihre Beftimmung. Unfer UnterbewuBtfein, das eine unendlichs Zaht von 
Tonvorltellungen in Bereitrchaft halt, bringt, uns unbewuiSr, die entfpannenden Tongeftaltungen, 
Tofern der Komponilt fie fehlen l&Bt, ftets an geeigneter Stelle — biszu einer gewiflen Grenze, 
.die aber von der Atonalitat in der Form, wie wir fie in dem Lieue von H. Scherchen vorfinden, 
niche tlberfchritten wird. 

A. SchOnberg gibt zu, daB feine Mufik nicht bloB einem Zwange des AusdrucksbedUrfniffes, 
fondern auch dem Zwange einer unerbittlichen aber unbewuBten Logik in der harmonifchen 
Konftruktion entfpricht. — Stimmt dierer Grundfatz nicht genau mit meiner Aufftellung iiberein? 
SchOnberg hat Recht, wenn er die Harmonielehro eine „Handwerksiehre u nennt „Es gibt kdne 
Harmonielehre, fondera nur eine Prychologie bezw. Phyfiologie der Harmonielehre", eine Behauptung, 
die fich volUtSndig mit meinen Erklarungen uber hypermoderne Akkorde r»eckt. 

, Nun Tehe ich aber Hans Jtirgen von der Wenfe vor mir. (Beilage zu Heft 4 diefer Zeitfchrift). 

Ich habe diefes Lied Laien, deren Mufikiinn etwa bis Debufl) reicht, vorgefpielt. Sie 
wandten Uch mit Entfetzen ab und fallttn ungtlnrtige Kritik. Man foil jedoch niemals eine miBfailige 
Mufik ohne weiteres verwerfen, weil die iichuld vielfach auf Seiten des Horers liegt. Und das 
iit hier tatfachlich der Fall, weil der*Horer die Gefetze nicht erfaBt, wonach v. d. Wenfe arbeitet: 
I. Die chromatiiche Halbftufe gilt als klanggehbriges Interval!, nicht als klangkontraftliches. 
■2. Jedc tonale Unterlage ift mit Sorgfalt zu vermeiden, daftir ^ie Quartenverw^ndtfchaft als 

Grundlage einzufetzen. 
3, Fur die Logik der Tonalitat ift eine neue Logik einzufetzen, die zwar iheoretifch noch nicht 
feltliegt, aber im GefUhl fchon vorhanden ift. 

Zu 1. In der Tonpfychologie kennen wir die chromatirche Halbftufe als klangkontraftlich 
und zwar in der Gleichzeitigkeit. Im Nacheinander wirkt diefe Halbftufe als „Chroma JJ , Farbe, 
d. h. im langramen Tempo fllhlen wir (aufwarts) den unteren Ton als Leitton zurn zweiten Ton, 
wodurch ein dauernder Farbenwechfel entftehf, for der chromatifchen Tonleiter den Namen 
gegeben hat. In der Gleichzeitigkeit rtoBen beide T&ne aufeinander, da fie akultifch Schwebungen 
hervorbringen, die das Kommenfurable unmoglich machen. Als w muiikalifcher tf Faktor ift die 
gleichzeitige chromatifche Halbftufe deshalb nicht zu rechtfertigen, wohl aber als „&fthetifcher M 

* Die Spannung 1st psychischer nicht* physischer Begriff. Ware das letzte richtig, dann miiBte jeder Akkord 
bei alien Volkermassen dieselbe Spannung auslosen, was bekanntlich nicht der Fall ist. Die physische Wirknng 
eines Akkoides ist dagegen bei alien Menschen dieselbe, namlich EinfluB der Schwingungen und Schwebungen 
auf die Nerven. 

274 



"C 



t.-L 



Faktor, als welcher er dcnn auch faft in jedem Akkordc des Liedes Anwendung findet. Dasfelbe 
fcheint filr die 32iel Quartenfiguren zu gelten. 

Der HOrer mu6 Hen mit aller Kraft zu befreien fuchen von der Lockung, befonH' s die 
mittelhohen und hohen Klange „mufikaliroh" d. h. klanggehorig aufzufaffen, wie es z. t ^ei der 
Stelle w mit Ausdruck" der Fall ift. Mancher HOrer wird fogar behaupten, daB die ungeheure 
Spannung, welche diefen Akkorden innewohnt, nur aus einer tonalen Unterlage zu erklSren ift; 
denn das Fehlen bez. Leugnen dieTer Unterlage wUrde die Wirkung zu einem Nervenkitzei 
herabdrQcken. 

Zu :*. Die TonalitSt kennt nur Quint- und Terz-, nicht Quartenverwandtfchaft. Wenfe's 
(Schonberg's) neuer Grundfatz fttttzt fich auf die wunderbare FShigkeit unTeres TonHnnes, rich 
mit Hfllfe der Gewohnheit auf neue VerhSltniffe einzuftellen, fofern diefe im Bereiche der 
12 Halbftufen Hen bewegen bez. entwickeln. Diefer Fahigkeit verdanken wir den Fortfchritt in 
der Mufik. 

Zu 3. vermag ich mich nicht erfchupfend zu < iern. Ich empfinde nur eine Gemeinfchaft 
mit der Mufik unfer Heroen: k j der Ton hat die Eige iTohaft einer beronderen Stellung, die durch 
keinen anderen Ton erfetzt weruen kann, im Gegenfatz zu den Maffentonen des brillanten Stiles. 
Der Unterlchied zwifchen dem" Genie der Vergangenheit und dem Genie der Gegenwart liegt 
m. E. darin, daft erfter den Ton rein mufikahTch, zweiter dagegen rein SfthetiTch auffa&t. Der 
Erfte betrachtet das Mufikalifche als Vorbedingung zum Afthetifchen; der Zweite dagegen 
bedient fich der TOne als Ausdruck des Afthetifchen. 




Breitkopf & Hartel - Berlin W. 9 - Potsdamerstf&Be 21 

Zentralstelle fur in- und ausiandische Musik 
Flugel . Pianos . Harmoniums 



MMMtaii 



275 



Die Umformung der modernen Klangkorper 

..'... ,"...'_ ^ Von UdoRukfer. 

Der heufige Komponiff fuchf nach neuen Ausdrucksmoglichkeifen. Und urn Jich 
moglichff eindringlich mifzufeilen, priiff er die verfiigbaren Klangmiffel forgfalfiger als 
die vorige Generation. So iff die Inffrumenfenfrage und damif audi die Akuffik wieder 
von grofSfem Infereffe geworden. — Denn beides find nichf fur den Schaffenden 
belanglofe Angelegenheifen, wie man oberfladilidi wahnen konnfe; der fichere Inffinkf 
Jagf dem Heufigen, daj3 off ein neucs Inffrumenf, ein neuer Klang werfvolle Anregung 
zum Schaffen geben kann. Der Zufammenhang zwifchen der dem Material ergebenen 
Sinnlidikeif und dem fchaffenden Geiffe iff weif enger als man glaubi was der alfe 
Goefhe Eckerrnann gegeniiber off genug bezeugf und Richard Sfrau£> im Vorworf zur 
Berlioz'fdien Inffrumenfafionslehre mif Rechf befonf hat. Und es iff eine in der Mufik- 
gejduchfe immer wiederkehrende Erfdieinung, da£ zwifdien der Produkfion von Kunff- 
werken einerfeifs und den Inffrumenfen und ihrer Technik andererfeifs ein enger Zu- 
fammenhang beffehf; Jo dajS man immer wieder fehen kann, wie mif ffeigender 
Verbeflerung der Klangkorper audi eine Bereicherung des mufikaiifdien Sdiaffens 
einiriff. Daher handelf es fich im Nachffehenden nichf, wie es j'eheinen konnfe, allein 
ums Inffrumenfationsfedmifche, fondern weiferhin um die Anbahnung neuer mu- 
likalifcher Moglithkeifen. . 

Gemeinhin Jfehf aber bei fokhen Befrach*ungen das Problem der Tonhobe im 
Vordergrund des Inferejffes. Die Realifierbarkeif von Tonbruchfeilen, Vierfeltonen, 
Sdiwebungen und dergl., zu denen bereifs die verfchiedenffen Wege gewiefen find/) 
Auffallend vernatjilaffigf wiirde dabei die Qualifaf des Tones, die Priifung feiner 
phyfikalifdien Sfrukfur. Ich kann a ' auf allerlei Inffrumenfen geben, aber frofz un- 
beffreifbar gleicher Tonhohe find die Tone dem Charakfer nodi ffark verfdiieden. ein 
Fakfum, aus dem Sdionberg im 3. feiner 5 Orchefterffiicke ein charakferiffifches Momenf 
gewonnen hat Diefes phyfjkalifdie Momenf iff es, das forgfalfiger Unferfudiung 
bedarf. Hier neue Wege gewiefen zu habea iff das auj5erordentliche Verdienff von 
Johannes Mofer, auf deffen Klavier hier von Leichfenfriff gelegentlich fchon hingewiefen iff. 
Daher feien die Grundgedanken des demnadiff erfdieinenden Moferfdien Buches: „GIocken- 
fon als Idealklang" kurz dargeffellt 

Die Bedeufung der Tonqualifaf friff bei der foliffifchen Verwendung einer Klang- 
mafthine weniger hervor, als bei Enfembles irgend welcher Arf. Als Haupffyp diefer 
gemifdifen Klangkorper fei hier das Crcheffer befradifef. Das Normalordieffer beffehf 
. heufe aus: 21 erffen Violinen, 20 zweifen Violinen, 18 Violen, 8 erffen Celli, 7 zweifen 
Celii, 10 Konfrabaffen, 4 Harfen, 2 grojSe Elofen, 2 kleine Flofen, 2 Oboen, 1 Englifch 
Horn, 2 Klarineffen, 1 Ba£klarineffe, 4 Fagoffe, 4 Ventilhornern, 2 Venfilfrompefen, 

3 Pofaunen, 1 Baj3pofaune, \ Ba$5tuba, 2 Paar Pauken und 4 Paukenfchlagern, 

1 gro£en Trommel, 1 Paar Becken; hiermif vergleidie man das Normalordieffer 
Mozarffcher Befe&ung: 11 erffe Violinen, 10 zweife Violinen, 4 Braffdien, 4 Celli, 

4 Confra-Baffe, 2 Elofen, 2 Oboen, 2 Klarineffen, 2 Baffe und Horner, 4 Fagoffe, 

2 Horner, 2 Troinpefen, 4 Paar Pauken**). 

Die UJberzeugung von der Vorziiglichkeit des heufigen Apparafs gehf fo weif, daj5 
haufig diefe Normalbefefzung audi da angewendef wird, wo fie nidi! vorgefchrieben iff. 
Man verglel&e bei Badv oder Mozaxfauffiihrungen die faffachliche Befefzung mif der 
vom Kcmponiffen verlangfen! Vor ailem Verdoppelungen (befonders der Sfreicher 



* vergl- die hier verMfentlichte Arbeit von Awraamotf. 
„ V.nur beiiaiifig sei aut die sonderbare Gewohnheit hingewiesen, die Pauke, ein ausgesprochenes Hiano- 
instniment zu Forteeffekten zu rnliibrauchen. 



und Holzblafer) werden fur unbedenklich gehalfen; ja Nikifch haf fo gar am $chlu£ 
der Tannhaufer-Ouverfure eine Verdopyelung der Horner vorgenommen) 

Das Zufammenfpiel mehrerer Inffrumenfe haf nur dann Sinn, wenn eine gewiffe 
klangliche Homogenifaf erreichf wird; wenn die Inffrumenfe fich zu einem einheiilichen 
Klangkorper zufammenfugen, wenn alio die Klange der einzelnen Inffrumenfe zufammen 
wirklidh einen phyfikalifch einheiflidien Klang ergehen. Das iff fiir das Zufammenfpiel 
mehrerer Inffrumenfe unerlapliche Forderung. Diefer wird aber das heufige Orcheffer 
ganz und garnichf gerednt Nadi den heufe fchon ziemlich in Vergefienheif geratenen 
lielmholtzfchen Forfchungen iff pliel&iangkurve der Violine, ebenfo wie die des gewohnlichen 
Klavierfones eine ffark gezackte Zickzacklinie, d. h. der normale Violinfon enfhalf zahl- 
reiche disharmonifche Oberfone. Bei den fieferen Sfreichinffrumenfen und bei den 
Blafern frefen diel'e enfweder garnidif auf oder doch ffark zurtick. Die phyfikalifche 
Sfrukfur diefer Tone naherf fich' der der menfchlichen Sfimme, deren Klangkurven eine 
ziemlich fanffe Wellenlinie ift, was erkennen lapf, daP der von der menfchlichen Sfimme 
erzeugfe Ion keine disharmonijchen Oberfone enfhalf, welche Klangarf nach dem be- 
kannfeften in Befrachf kommenden Inffrumenf von Mofer als Glockenfon bezeidinef 
wird. Der Ordiefferfon iff alfo eine Mifdiung diefer beiden Klangforfen. 

Vergleichf man zunachff eininal beide Klangarf en im H in b lick auf den HorprozeP, 
fo ergibf fich, dap die heffig bewegfen (diefe Arf Bewegung haf mif Klanginfenfifaf 
nichfs zu fun!) Zickzadwellen, die Von Klangen mif disharmonifchen Oberfonen er- 
zeugt werden, den Gehornerv rafdi und heffig reagieren machen, wahrend er im 
and?ren Falle nur fanff und maPig bewegf wird. Jene Klangwellen bedingen aljo 
beim Horen weif grower en Kraffeverbrauch wie diefe. Da nun die Kraft der Gehors- 
nerven nach Moglichkeif gefchonf werden mup, wenn anders der Horer aufnahmefahig 
bleiben foil, fo ergibf fich als Forderung, daP moglichff folche Klangkorper zu verwenden 
find, weldie Klange ohne disharmonifche Oberfone erzeugen. Die Orchefferbefefcung 
mupalfofo b emeff en werden, da p i rn 6 efamf klang die Ton emit disharmonifchen 
Oberfonen nichf iiberwiegen. Dabei \}i zu beriickfichtigen, dap diefe Schwingungen 
fich fchon dann das UJbergewichf verfchaffen, wenn fie in der Klangffarke den Glocken- 
fonert bedeufend nachffehen, wie denn audi ein einziger diffonierender Ton genugf, 
eine Konfonanz vollig aufzuheben. 

Befrachfef man hiervon ausgehend die Mozartfche Orchefferbefefsung, fo fallen die 
21 Vioh'nen gegeniiber der ffarken Bapbefe^ung nichf fd fehr ins Gewicht, daP fie 
vollig dominieren konnten, obwohl auch fchon diefe Klangmifchung zumal im forte nichf 
abfoluf davor geficherf iff. Anders fchon bei Beethoven, der die Violinen vermehrf, 
ohne den Bap hinreichend zu verffarken; fo kommf es bei ihm off genug*) vor, daP der 
"Violinklang mif feinen disharmonifchen Oberfonen den Bap vollig decht Und heufe 
iff das fchlieplich das Normale geworden, feu Berlioz und Wagner die Violinen auj5er 
jedem Verhalfnis zum Bap verffarkf haben. Hierzu friff noch die durch eine folche 
Vermehrung der Sfreicher bedingfe Verffarkung der mechanifchen Krafc- und Schabe- 
geraufche, die bei einem grower Sfreicherdior fchlechfer dings unvermeidbar iff und den 
reinen Klang mehr beeinfrachfigf als man gewohnlich denkf. 

So erklart fich die bekannfe Erfcheinung, dap der heufige Orchefferfon fro§ aller 
Fiille und Modulafionsfahigkeif unzureichend und ermiidend iff. Das Ziel muj3 mifhin 
fein, im Orchefferklang die Tone mif harmonifchen Oberfonen enffcheiden zu laffen. 
Hierfur gibf es zwei Wege: enfweder man fdieidef die Inffrumenfe, welche Klange mil 
. disharmonifchen Oberfonen erzeugen vollig aus, oder man fuhrf ihre Wirkung durch 
Verffarkung der anderen Klanggaffung auf das zulaffige Map zuriick. Die Moglichkeif, 

* Zum Bcispicl im I. Satz dcr 8. Symphonie, wo Biilow die Bafin s 't:r such von dci: Haukeu spiel en liefi, 
weil die Basse zu schwa ch siiui (very!. Btrlioz-Strauli inatrumentationsltihre S. 397). 

. 277 



J : 



die Violine in ihrer heufigen Geffalf aus dem Orcheffer zu enffernen, wird vielleichf 
fchon in nichf zu ferner Zeif gegeben fein. Denn aus Miinchen wird von der Erfindung 
eines ungarifchen Geigenbauers berichfet welche durch Umbildung des Geigenkorpers 
zu einer Jiebenfaitigen Geige und durdi eigenarfige Anordnung der Saifen einen Jehr 
Jchdnen Geigenfon erzielf, der von disharmonifchen Oberfonen frei iff. Naheres iiber 
dicfes Inffrumenf wird hier hoffenflich bald miigefeilf werden konnen. 

Das Haupfinfereffe jedoch gilt heute noch der zweifen Lofung. Die Forderunq 
' gehf hier zunachff auf erheblidie Verffarkung der Baffe. Selbff ein Laie wiirde heufo 
eine Orgel ohne Pedal ablehnen. Das heufige Orcheffer haf aber diefen hodift nof- 
wendigen PedalbafS nichf, da durdi die Cibermaplge Sfarke des Diskanfs das nafurliche 
Verhlilfnis der Sfimmer. aufgehoben iff. Darauf gehf audi die fchon off bemerkfe 
Tragheif der modernen Baffe zuriick. Man vergleiche eine moderne KonfrabaSffimme 
mif der eines Bachfchen Werks. Hier iff der Baj3 wirkliche Stimme, weldie am The- 
matijdien Jfarkffen Anfeil haf; dorf wird fhemafifche Behandlung des Baffes zur 
Selfenheif, weil die geringe vorhandent BaJ3kraff ausfchliep'lich zur Snifjung des har- 
monifchen Geriiffs nofwendig iff. Dies iff zugleich eine Folge einer langen homophonen 
Gewohnung, die alles Gefchehen in die Oberffimmen und den Nachdruck aufs Kolorif 
legf. Man vergleiche zum Beifpiel Cefar Franks Orgelffiicke in der Fakfur mif denen 
Badis. Bei diefen iff der Baj3 lebendig, ffefs fhemafifch belebf. Jener haf nur die 
Sfafik des Baffes, fodaj3 d'e langen Harmonienofen iiberwiegen. Efwa aus fedmifcher 
Unerfahrenheif? Schwerlich, da Frank ein Orgelmeiffer war; die Urfache liegf in der 
Neigung, allzufehr die Tonoberfladie dominieren zu laffen, wie audi fchon die Wiener 
KlaJJiker dem Bap" redif felfen Bewegung anverfrauen. 

%m diefer Verffarkung des Baffes muj5 nodi die durdi Inffrumenf e gro^eren Ton- 
umfanges frefen. Dafiir kornmf in erffer Linie die fchon von Berlioz vorgefchlagene 
und in feinem Lelio audi durchgefiihrfe Verwendung des Klaviers als Orcheffermffrumenf, 
die fich fpafer audi bei D'Indy und Cefar Frank findef. Diefe auf die friihere Vorherr- 
Jchaff der Taffenmffrumenfe im Orcheffer zuruckgreifenden Verfuche mup'fen problemafifch 
bleiben, da der Klang der gewohnlichen Klaviere im Gegenfa£ zum Cembalo \i ark mif 
disharmonifchen Oberlonen belaffef iff. Als Orchefferinffrumenfe kommen heufe vor 
allem die Moferklaviere in Befrachf, bei denen infolge des befonderen Refonanzbodens 
disharmonize Oberlone nichf enfffehen konnen. Zwar ffehen diefe Inffrumenfe dem 
gewohnlichen Klavier ah Klangfulle nach, indeffen iaj5f fich diefer Nachfeil fehr wohl 
durdi mehrfache Befefjung des Klavierparfs ausgleichen. Damif ware nichf nur fur den 
Baft fondern audi fiir die Miffelftimmen und den Diskanf viel gewonnen. 

In diefem 2ufammenhang verdienen audi die Inffrumenfe mancher exofifchen Volker 
Beachfung, die bislang noch viel zu wenig unferfuchf find. So z. B. die javanifchen 
Gamelangs, die in groj3erer Anzahl einen fehr reinen, glockenfonarfigen Orchefferbap* 
abgeben wiirden. 

Aus alien diefen Andeufungen ergibf fich, da0 der heufige Inffrumenfalkorper mif 
Leichtigkeif klanglich verbefferf und bereicherf werden kann. Die Bedeutung folcher 
Moglichkeifen fiir die Kunffenfwicklung iff feif der Umbildung des Orcheffers durcn 
Wagner klar genug erwiefen. Fiir den Heufigen beffehf die Aufgabe darin, jene Ent- 
deckungen des vorigen Jahrhunderfs lebendig zu erhalfen, indem die erwiejenen 
Mangel jener Orchefferreform befeifigf werden. 



278 



fcj^llil iiillifiMlMi 






Ifalienifdies Tagebuch 

Von Adolf Weij5mann. 

Praludium 

Mailand, 1. Mai. Kaum je fpiire idi wie hier die Geburt einer neuen Welt. Die 
Skala - jchweigt, haf wahrend des ganzen Winters gefchwiegen. Muj5 fie vor dem Ruf 
garender Maffen verftummen ? Wird hier, in dem gelobten Lande der finnlichen Einzel- 
melodie, neue Gemeinfchaffsmufik werden? Der M Avanfi" fchlagf den Takt Sowjetgeift 
befchwingt den Zug der Taufende. Im grellen Sonnenlicht fchreiten [ie fingend, Gruppen 
werden wie Primadonnen begruftt Opernbiihne im Freien. Die Handlung Jtockt nicht. 
Sie ift ganz ohne Lyrik Sie rollf im gemein^men Fieber der Manner, Frauen, Kinder. 
Fahnen von gluhender Farbe, mit knallig-anfdiaulichen Bildern, iprechen, fchreien, reizen. 

Die Regie diefer Oper voll zutkenden Lebens if* ohne Fehl. Nichts Gewaltfames 
gefchiehf. 

Maiiand iff Kopf Italiens. Turin weniger beherrfcht. Dort fallen Sdiiiffe und Menfchen. 
Und in Genua farbt das Meer die Szene urn, tritt der Seemann in den Kreis der im 
Welttheater Miffpielenden. Arbeiter, Frauen, Seeleufe, fie alle drangen gegen die 
Bburgeoilie. 

Unter diefem Vorzeichen fah ich diesmal Italien. 

Oper _ 

Venedig, 3. Mai. Aber feltfam, kerne Revolution — in Italien ift fchleichende Re- 
volution — anderf den Grunddiarakter des Volkes. Die Menfchen fiihlen fich freier, 
find beffer bezahlf, urn nun defto ungehemmter ihren Inftinkten zu leben. So audi hier. 

Ein Tenor Bernardo de Muro enfwurzelt felbft die Fanatiker des gleidten Rechfs. 
ImTeatroMalibran befiehlt er als koniglich bezahlfer Konig iiberzeugteften Kommuniften. 
Ein hoher Ton machf fie atem- und wehrlos. Das geht nun fo feif Jalirhunderten. Und 
heufe, wo die Gefellfchaft in den Fugen kracht Unferfchiditen nadh oben getrieben werden, 
ift alles Plakathaffe in der Kunff mehr als je herrfchend:- Das Kino fur das Auge, der 
blanke Ton fur das Ohr. 

Anderswo, im Teatro la Fenice, finde idi etwas wie kunftlerifche Ariffokratie. Hier 
ift das Plakathafte abgedampff. Puccini foil an diefem Abend der gute Geiff des Haufes 
fun. Von feinem neuen Triptychon notiere idi das lefcte Buffo-Stuck „Gianni SchicchT 
als graziofes mufikalifdies Lufffpiel und als Verhei$5ung. 

Alle Edelmufik gedeiht auf einer Infel: im Konfervatorium, im ehrwiirdigen Palazzo 
Pisani. Dort ift ein Raum fur Kammermufik. Wo aber wohnt die Sinfonie? Einmal 
hatfen fie den glanzenden EinfalL den Hof des Dogenpalaf tes zum Konzertfaal zu ntadien. 

In Venedig, wo das Volk luftiger, forg- und arbeitslofer ift als je, wo der Alkohol 
das Unabhangigkeitsgefiihl doppelt befeuert, herrfcht das Plakathafte. 

Udebrando Pizzetti 

Florenz, 1. Mai. Befretet ihr das Haus in der Via Alfani, Conservatorio Luigi 
Cherubini genannt, oder beffer gefagf, das Direktorzimmer diefes Haufes, fo Jpurt ihr 
feingeiffige Afmofphare. Und der Mann, der fie bejtimmt, Udebrando Pizzetti da 'Parma, 
Jcheint euch wiirdiger Erbe jener Geifter, die um 1600 den neuen Stil erfannen. Ein 
Einfamer; denn feine Echtheit, fein unerfchutterlidier Ausdrudtswille ftehen in Italien 

279 

• A 



allein. Schwere Arbeit zeichnet fich auf der Stirn, in den Augen diefes Neununddrei£ig- 
jahrigen ab, der viel alter Jcheint: Kampf zwifchen Scharffinn und Schopferkraft 

Ein Einfamer, fagte ich. Einige Jahre. vorher Jtand er wohl in einer Reihe mit 
Casella, Malipiero. Heute fcheidet ihn feine Editheit von ihnen, die mit ihm und anderen, 
den Blick auf Franfcreich und Rutland gerichfef, ein Manifeft in die wefteuropaifche Welt 
fchichten. Heut Jtrebf er zu einer nation alen, ausdruckstiefen, von der Tradition geftii&ten 
Mufik hin. Die Reinheif der Abfichten Monteverdi's ift in ihm; und der Trieb, in diefem 
Geift mit zeitgenoffifchen Mifteln weiter zu bsusn. Mit zeitgenoffifchen Mitteln, die ihm 
aber nie Selbftzweck werden follen. So wendef er fidi gegen alles Spieierifche. Wir 
verftehen unsVvollkommen in der Wertfcha^ung der menfchlichen Sfimme, die, nach 
meinem Gefiihl, fiir die Zukunft der Mufik enffcheidend ift. In den Stiicken aus feiner 
Oper „Fedi'a", in einer neuen Violinfonate finde ich feine Abjichten mit polyphonem 
Konnen verwirklicht 

Pizzetti bildet einen Kreis urn fich. Diefer Mann von ftarkem Veranfwortungsgefiihl 
und immer wachem Bewuj5ffein wirkt vielfach fuggeffiv. Er mochfe den mufikalifchen 
Unterrichf, foweit es in feiner. Krafien fteht, in eine neue Richfung lenken. Freilich fiihlt 
er fich durdi fein direktoriales Ami das ihm die Verwaltungsgefchafte aufbiirdet, darin 
gehemmt. 

tJberwiegend ift j'ein kritifcher Geift Man lefe in feiner Effayfammlung „Musicisti 
contemporanei", was er iiber Puccini fagt. So ift in Italien nie, und audi anderswo 
nur felten, iiber die Oper gefprochen worden. 

Aus dem Pizzetti-Kreis ragf einer heraus: Mario Castemuovo-Tedesco. Hier fpiirt 
ihr, wie das Ethos des Maeftro auf den Schtiler iibergeht Spurt, wie aus eingeborenem 
poetifchem Gefuhl der Weg zu einem neuen Melos gefudit wird. 

Rom 

Vom 10. Mai bis 16. Juni. Schleichende Revolution, Minifferkrifis, Lahmlegung der 
Gejchafte. Aber das Plakathafte bliiht Pola Negri, Offi Oswalda, Henny Porten 
fchauen euch von alien Mauern an. (Diefe Beriihrntheiten hier? Sie gehoren 
zum Bilde.) Das Theater, in Jtarkem Niedergange, -wird fich wohl mit dem Theater des 
vierten Standes, dem film verheiraten. In ihm werden Keime des Kunftlerifchen fruchtbar. 
Audi die Mufik foil dazu helfen. Kapellmeifter Mancinelli, um Wagner fehr verdient 
komponierf den Film „Giuliano Apostata". Seien wir nichf fo ftolz abzulehnen, 
wenn es noch nicht gelingt. Notieren wir: taftende Schritte, einen pjychologifchen Kultur- 
film durch die Mufik noch pfychologifcher zu geftalten. 

Inmitten des Plakathaften Arturo Toscanini als Gaft des Augusteo: der primo uomo 
iinter den italienifchen Dirigenten. Es bietef fich die Gelegenheif, feine Weltberiihmtheit 
auf weniger giinffigem Boclen zu ergriinden: im Konzertfaal. Denn feine Heimat ift die 
Oper. In Italien kann ja der Dirigent nicht aus dem Sinfonifchen herauswachfen, weil 
eine finfonifche Kultur nur erft beginnt. Seine Phantafie ift alfo von der theatralifchen 
oder dramatifchen Situation befruchfet. Mufikalifche Linie ift erft zu erwerben. Das 
Romanfifche iiberhaupt nicht 

Toscanini ift Italianiffimo. Audi er nicht von Mehrftimmigkeit geleitet Audi er im 
lefsten Grunde unromantifch. Wo die Parfifur endet endet auch fein Kimftlertum, 
Metaphyfifches ift ihm fremd. Ein Jenfeits der Nofen kennf er nicht Aber das Dies- 
feits ift, vom italienifcher Standpi^kt, vollendet Denn in feinem Kopf wohnen un- 
zahlige Partituren; fo Jehr, dag er Seite fiir Seite innerlich fieht und kennt Untriig- 
liches Ohr, unfehlbare Hand find folcher Kenntnis verldiwiftert Erfahrung hat all das 
gefteigert Das Perfonliche ift von der Mannlichkeit beftimmt die, ohne je unedel Oder 
gejchmacklos zu werden, dramatifche Schwellungen, Gipfel, Abfchwellungen treffficher 

280 



herausarbeifef. Diefe Schlagkraft fprichf jfidi audi in der Zeichengebung aus, die ein 
Reflex feiner Operleifung iff. 

Beethoven, Wagner, Debuffy find die drei grcf5en Stationen des Konzerfdirigenfen 
Toscanini. Was daneben oder dariiber hinausliegf, bewegf ihn nichf. Fur die 
modernise Mufik fehlen ihm die Nerven. Seine Leidenfchaft fein Glaubensbekennfnis 
iff Wagner, den er mif einer Bildhaffigkeif ohne gleichen vor die Sinne riickf. Wie fo 
auf ifalienifcher Grundfarbe una von einem unromanfifchen Zentrum aus, aber mif 
planvollem Aufbau und ficherer Feinhorigkeif ein durchaus unmefaphyfifcher, dodi 
unerhorf fdilagkraf tiger Wagner erffehf: das laf5f fidi audi im Konzfcttjaal. erleben. 

Ein Blick auf das Ordieffer, Es kann zuweilen einen Sdiein von Einheif erreichen, 
iff aber nidif durdi 13 bung, Kulhir, Tradition zufammengefiigf: kein ffandiges, fondern 
ein immer wieder neu zu bildendes. Ausgezeidmefen Blafern, unfer denen die Oboe 
hervorragf, ffehen fchwachere Streidier gegeniiber. Dodi: ein Kern iff da. Und Ber- 
nardino Molinari, Direkfor des Auguffeo, in alien Partituren heimifch, iff ein zaher 
Arbeifer. Ich lefe die Konzertprogramrne: von Handel bis Sfrauf5 gehf die Linie. 
Zuweilen ift fie durdi ein Zugeffandnis an das Publikum unferbrodien; oder es blaffen 
Liicken. Bruckner, Mahler find fo gut wie unbekannt Die Sinfonie wird in wenigen 
beriihmfen Beifpielen vertrefen. Fur die „Eroica" efwa, die heimifche und fremde 
Dirigenfen gebrachf haben, iff das Urteilsvermogen des Publikums gefcharff. Das haf 
zum Beifpiel Walter Damrofdi zu fpiiren, der das New Vorker Sinfonieorchefter im 
Triumphzug durdi Europa fuhren mochfe. Nie fah ich die Romer in einem Konzerf 
fo niedertraditig-liebenswurdig wie hier. Gewi£ fpielfe Polififdies hinein: Aber Damrofdi, 
ein niichferner, fidierer Bekenner des ftarren Syffems, enffeelfe mif wacker gehand- 
habfem Takfffock „ihre M Eroica. Und obwohl das amerikanifche.Orcheffer — kann man 
diefe Vereinigung rneiff auslandifcher Spieler amerikanifch nennen? — ein Muffer an 
Gefdiloffenheif iff, blieb das Publikum unernff; es fpielfe Damrofdi innerlidi gegen 
Toscanini aus. 

Rom wachff zum mufikalifchen Zentrum Ifaliens. Organifaforifdier Wille ift da. 
Der Graf von San Marfino reprafenfiert ihn, nur au£erlich. 

Ich befuche Schluj5prufungen in Sanfa Cecilia. Das Handwerk gedeihf im Scho£e 
des Akademifchen. Aber das junge Gefchlechf riiffelf an den Keffen des ffrengen Sfils. 
Und Offorino Refpighi iff kein Fugenfanafiker. 

Im engen Verkehr mif dexn ewigen Rom, mif fchaffenden und nachfchaffenden 
Mufikern verflie^en mir die Tage. Schleichende Revolution, Minifferkrifis werden 
zulefzf von Gioliffi aufgehalfen. Nur fcheinbar. Die Garung fchleichf weifer. Die 
ifalienifdie Menfchheif wandelt fich mif der ganzen. Audi der Kunff, audi der Mufik 
dammerf neue Zukunft 



r 28j 




Nadirichfen aus dem Mufikleben Raferuj31ands 



i" * 



Der in London erscheinenden Musikzeitschrift 
„The Chesterian" entnehmen • wir folgende als 
authentisch angefiihrte Nachrichten fiber das gegen- 
wartige russische Musikleben: 

„Der bisherige Direktor des Petersburger Kon- 
servatoriums Alexander Glasounow ist von seinem 
Posten zurfickgetreten. Zu seinem Nacbfolger ist 
Boris Grigorieff ernannt worden. 

Die verschiedenen Nachrichten voir. Todc 
Silotis, des beruhmten russischen Pianisten sind 
jetzt endgUltig widerlegt worden. Siloti hat nach 
erfolgter Oberschreitung der finnischen Grenze 
soeben sein erstes Konzert in Helsingfors gegeben. 

Das Musikleben hat in RateruBland sein 
frUheres Aussehen behalten, wShrend die anderen 
Klinste .alie dem EinfluB der politischen Neu- 
konstellation ausgesetzt sind. Die Initiative der 
Regierung bestand hier einzig in der Errichtung 
einer groBen Zah! von Musikvolkshochschulen, 
die hauptsachlich fflr Arbeiter gedacht sind, und 
in der staatjichen Zusammensteilung von Kunstler- 
gruppen, die durch das ganze Land reisen und 
so seibst entiegene Ortschaften mit den orsten 
KOnstlern RuBlands in Beriihrung bringen. 

Im Moskauer Musikleben haben immer noch 
Skriabin und Metner den Vorrang. Umso starke- 



ren EinfluB hat der in Genf lebendc Igor Stra- 
vinski in Petersburg. Aber auch in Moskau sind 
seine Werke „Feuervogei" und „Petruscha" unter 
Leitung von Sergei Kussewitzki jetzt zur Auf- 
fuhrung gelangt. 

In Petersburg bereitet man trotz der groBen 
Schwierigkeiten „Petruscha" vor und gedenkt in 
nachster Zeit Stravinskis Oper „Die Nachtigall" 
(nach dem Andersenschen Marchen „Der Kaiser 
und die Nachtigaii"), deren Aufftihrung soil 1916 
geplant ist und aus technischen GrOnden bisher 
unteibleiben muBte, herauszubringen. 

Trotz des feindlichen Verhaitnisses zwischen 
RateruBland und der Entente, haben die Peters- 
burger Staatstheater Debussys „PeIleas und 
Melisande" und „Daphnis und Chloe" von Ravel 
in ihr Repertoir aufgenommen. 

Die letzten Kompositionen Stravinskis sind ein 
neues Ballctt „Der Zinnsoldat" und „PulcinelIa", 
ein Baliett, dem Stravinskt MusikstUcke von 
Pergolese zugrunde gelegt hat. Ferner ein 
„Ragtime" fur 2 Violinen, Viola, KontrabaB, FIbtc, 
Klarinette, Horn, Cornett, Posaune, Harmonium 
und Cembalo. Dieses Werk stellt einen Versuch 
dar, eine der modernen Formen der Vulgar-Musik, 
ahnlich wie das in den ersten Tanzsuiten geschah, 
in die Sphare der Kunst zu erheben. 






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Die Komponiffen der in Melos erfdiienenen Liedbeilagen 

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Heft I- ,Das Problem'* von Eduard Erdmann, 
(geboren am 5. M^rz 1896 zu Wenden be. R.ga, 
dort bis 1914. Sein Lehrer in Theone war Harald 
Creutzburg (Riemannschiller), fur Klavier erst Bror 
Mollersten (Lescnetit*«yschuler), dann Jean du 
Chastain (BusoniachLier). 

Seit 1914 in "erlin. Hier Schiiler von Ansorge 
1914-17 fur Klavier und von Heinz Tiessen 
1915-19 fur Komposition) 
Verfiffentlichte Kompositionen: 

9 Lieder im Verlag Ries und Erler, 
5 KiavierstUcke Jathoverlag, 
Hondo fiir Orchester Jathovcrlag. 
Symphonie erscheint demnacbst bei 
Steingraber- 
Heft 2: „Grablied" aus Shakespeare „Cymbelin und 
Heft 11: „Reinigung" ^ on Heinz Tiessen, 
(geboren am 10. April 1887 in Kiinigsberg. 
Studicrte anfanglich in Berlin die Rechte. 
Von 1906-09 Schiiler von Ph. Rufer, spacer von 
A. Kleffcl und W. Klatte. 
jetzt in Berlin als Komponist und Dingcnt.) 
Bisherige Kompositionen: 

2 Sinfonien (op. 15 C dur, op. 17 F moll 

„Stirb und werde!"), 
1 Klaviersonate C dur op. 12, 
..Naturtrilogie" fQr Klavier op. 18, 
Septett G dur fur Streichquartett, Note 

Klarinette und Horn op. 19, 
Cber 40 Lieder op. 8-10, 
Ofchesterstuck „Eine Ibsenfeier" op. 7 
(Musik zu Immermanns „Merlin" aufgefuhrt 

1918 Berlin). 
AuBerdem erschien von ihm ein „Fuhrer 
durch R. SirauB „Josephs- 
Legende" 1914. 
4: „BlQte des Chaos" von Hans JQrgen 
von der Wense, 
• 0895 in OstpreuBen geboren, stammt aus einem 
uradligen althannoveranischen Welfengeschlecht. 
Von 1905 ab in Rostock, besuchtc in Doberan bei 
Rostock das Gymnasium. 

Studierte 1913 an der Berliner Universitat Mustk- 
geschichte. Wense 1st musikalischer Autodidakt 
und Organist.) 

Komponiert hat er: 

Lieder, KiavierstUcke, Kammermusik 

und Orehesterstilcke. 

Er ist Maler und Dichter- Von seinen 

Dichtungen hat „Die Aktion" VeretTentlichun- 

gen gebracht. 



Heft 



und Phil- 



Heft 5- .Zweier Seelen Lied" von Manfred Gurlitt, 
(geboren am 6- September 1892 zu Berlin^ 
AnWngllch ScNHer von Hugo Kaun, dann Meister- 
schuler bei Humperdinck. War Kapellme.ster in 
Augsburg und ist sett 1913 Kapellme.ster m 
Bremen am Stadtheater) 

Komponiert hat er: arm „*\\r 

Lieder, Klavierwertce, Kammermusik 
Orehesterstilcke und die Oper ,,Die 
Heiiige" Text von Haiiptmann, UrauffUhrung 
1920 in Bremen. 

Heft 7- ,Hast Du die Lippen mir wund gekuBt" von 
Hermann Scherchen, 
(geboren am 21. Juni .1391 zu Berlin- 
1907-10 Bratschist des BlUthner- 
harmonischen Orchesters zu Berlin. 
Schiller von Paul Juon (Komposition). 
1911-12 Tournee mit Arnold Schonberg. 
1914 Dirigent des Rigaschen Symphonieorchesters- 
Nach Ruckkehr aus russischer a**"*"*** 
1918 kunstlerischer l.eiter der Neuen Muslk- 
gesellschaft Berlin. 
Scherchen ist musikalischer Autodidakt.) 

Bisherige Kompositionen: 

Lieder (6 Heine-Lieder; „Le Tsigane dans 
la lune" fUr Alt und Viollne) 

Sonate fur Klavier 
Streichquartettop-lerschemtdemnachst 

im Steingraber-Verlag. 

Heft 8: Maskowski, 

(geboren in den 70er Jahren. 

Nebcn dem jungen Klaviervirtuosen und Kom- 

ponisten Prokowjeff einer der bedeutendsten 

jungrussischen Komponisten. 

Lebt in Petersburg und ist i's B^amter in einer 

der stadtischen Beh&rden tatig.) 



allem 



Komponiert hat er: 

Lieder, Kammermusik und vor 
drei sehr bedeutende Sinfonien- 

Seine Mentalitat entspricht am ehesten Tschai- 

kowskys Art in der Sinfonik- 
Heft 9' „DeineHaaresindbraun"vonBrunoWeigl, 

(geboren am 16. Juni 1881 zu BrQnn. 

Schiller von R. WickenhauBer, Otto Kitzler, R. v. 

Moisisovics. Absolvierte 1904 Hochschule zu 

BrUnn und lebt dort a!s Komponist und Musik- 

schriftstetler.) 

283 



SlLldifattbuHuiiJLik 



AJy^wppj 



Bisherige Kompositionen: 

10 kleine VortragsstUcke fUr Klavier 

op- 1, 
4 Orgetstilcks op. 9, 
3 Choral-Stimmttngsbilder f lir Orgel 

op. 12, 
Grgelfantasie op. 16, 
Psalm 144 flir Ma'nnerchor unisono 

und Orgel op. 3, 
3 M&nnerchore op. 11, 
dreiaktigcs musikalisches SchelmenatUck 
„Mandragbla" op. 14 (1912), 
Liederzyklus „Fasching-' fUr Bariton und 

Orchester op. 10 (1911) 
Orchesterserenade op. 6 (1909) 
und zahlreichc kleine Instrumental- und Vokal- 
werke. VerfaBte ein Handbuch der Violoncell- 
Literatur (I9U). Schrieb eine „Geschichte 
des Wafers" nebst einem Anhang iiber die 
moderne Operette (1910), wie Programm- 
biicher und Zeitungsaufs&tze. 

Heft 10: „Nun die Blotter wellf und braun" von 
Alfred Schattmann, 
(geboren am II. Juni 1876 zu Rytwiany im 
Gouvernement Radom- Besuchte das Elisabeth- 
Gymnasium in Breslau, studierte dort anfangs 
Jura. 

, Spate*- Schtlier von Julius Schaeffer, Breslau (in 
Klavierspiel, Theorie und Komoositlon). 

Seit 1897 in Berlin als Komponist und spater 
auch als Miisikreferent. Er stand unter dem Ein- 
fluB von R. StrauB, Reznicek, Pfitzner undZumpe.) 



Kompositionen von ihm sind: 

„Frithjof" (dreiaktig), beendet 1899. 
,,Die Freier" (einaktig beendet 1903, Ur- 
auffiihrung Stuttgart 1904),*) 
„Des Teufels Pergarnent" (zweiaktig 
beendet 1910, UiauffHhrung Weimar 1913*) 
-- „Die Geister von Kranich en stein" (drei- 

aktig beendet 1915), 

gegenwdrtig entsteht eine dreiaktige tragische 
Oper „Die Hochzeit des Munchs", 
Licder op. 2 im Verlag von Heinrichshofen, 
Licder op. 3 im Jungdeutschen Verlag, 
Kurt Fliegel, Potsdam und neuerdings ein 
alteres Lied im Madrigaiverlag. 
*) Klavierauszug erschienen im Jungdeutschen 
Verlag, Kurt- Fliegel, Potsdam. 
Heft 12: „Du machst mich traurig — hore" vort 
Paul Hindemith, 
(wurde 1896 im Hessenschen bei Frankfurt a. M. 
geboren. Studierte in Frankfurt am Hochschen 
Konservatorium als Schiller von Rebner (Violine) 
und Sekies (Komposition) . . Hindemith gehOrte 
spater dem Orchester des Frankfurter Opern- 
hauses an, dessen Konzertmeister er jetzt 1st- 
Auberdem wirkt er im Rebnerschen Streichquartett 
als Bratschist mit) 
Komponiert hat er: 

Lieder mit Orchester, mit Quartett, 
mit Klavierbegleitung. 
Klavierstiicke „In einer Nacht", 
Quartett, Verlag S. Schott Sohne, Mainz, 
- Bratschen-Sonate, 
Cellosohate, 

arbeitet zurzeit an einer groBen Oper und an 
einer komischen Spieloper. 



VERBAND DER KONZERTIERENDEN- KONSTLER DEUTSCHLANDS E. V. 

OemelnnUlzlge KoiuerlabteUung: Berlin W 37, Blumeatlial&traBe 17 

Tdtrphoo: Amt NOIiBNDOMT 3885 '^•lojjran.m-Adrusao: PODIUMKOKST 

Eagtgemtnttvermlttlung, Arrangementi von Konzerten, Vortraoa- und KunsHwiahbentien I Or Berlin unri alle Ort* ties In- -jntt Aust&ntfes. 
Mia Rtbttto warden den KOnstiern gtttfltbnwht Sicdriyrc Prcmsioiifn :ils bei gowurbsmaBiEon JtoBssrtajpntan. 



$& MAaM /Hto'l hcC^a - Ui* -fi b * fa" ■ &*£/ 




Copyright 1920 by Neuendorf! &> Moll BwlLa-WoiaBeased 
Noteobeil»ge to .Meloi" 12. Heft, Augunt 1920. 



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Wichfige neue Mufikalien, Biicher und Auffafze 

iiber Mufik, 

mitgcteilt von 
Professor Dr. Wilhclm Altmann, Bernn-Friedenau, Sponholzstr. 53-54. 

Diese Zusanimenstellung, die moglichst in jedem Heft dieser Zeitschrift erfolgen wlrd, will auch noch un- 
gedruckte grofiere Werkc, vor a I lem Symphonien, symphonischc Dichtungtn, Konzerte, Kammermusikwerke, Opern, 
Chorwerke mit Orchester cinbeziehen, urn namcntlich Dirigentcn darauf aufmerksam zu macheii. Diejenigcn Tonsetzer, 
die derartige Wcrke (jedocli niclit etwa Klavierstuckc, Lieder, MSnnerchore) fertig haben, werden gebeten, mich davon 
in Kcnntnis m setzen, doch belialte ich mir die Entscheidung iiber die Aufnahme vor. Dicse kann auch bei gedruckten 
Werken wedcr durch cin Inscrat noch durch Einsendung der betreffenden Musikstiicke oder Biicher erzwungen werden. 
Riicksendung etwaigcr Einscndungcn wird grundsatzHch abgelehnt. 

Die Hitizuftigting des Verlags wird Bcstcllungen erleichtera. Zu den angegebenen Prcisen kommt immer 
noch der sogen. Tcueruiigsaufschlag seitens des Verlegers und auch des Sortimcnters hinzu; er schwankt bekanntlich, 
meist aber betragt cr 100%, oft schon 200 % + 10°/o. 

L Inffrumenfalmufik 

a) Orcheffer (ohne Soloinffx.) 

Conze, Johannes [Berlin]: Barcarole; Sappho. Sym- 

phonische Phantasie noch ungedr. 
German, Edward: Theme and six Divisions. Novello, 

London. P. 21 s.; St. 32 s.; Klav. 2h. 3 s. 6 p.; 

4 h. 5 s. 
Ricci-Signorioi, A.: Suite Nr 2. Carisch & Comp., 

Mailand 
Scbultzc-Bfesantz, Clemens [Braunschweig]: Junge 

Jahre. Suite noch ungedr. 



b) Kammermufik 

Bartok, Bela: op. 17 II. Streichquartett. H. u. St. 
Univers.-Edit. 1,50 + 6 M. 

Bittntr, Julius: 1. Streichquartett (A) P. u. St. Univers.- 
Edit. 3 + 5M. 

Holbrooke, Josef: String-Quartet Nr 5 on Folk-Songs 
of Great Britain. Ricordi, London 6 s. 6 p. 

Zemliosky, Alex : op. 15 II Streichquartett. P. u. St. 
Univers.-Edit. 1,50 + 6 M. 

c) Sonffige Inffrumenfalrnujik 

Conze, Johannes [Berlin): Quadrupel-Fuge tiber ein 
Beethovensches Thema f. Klav.; Christ ist er- 
standen, Vorspiel u. Choralfuge; Fantasia appasio- 
nata; Sonate Qber B-a-c-h f. Org.; Sonate f. Viol, 
ailein noch ungedr. 

Elgar, Edward: op- 85 Concerto (e) f. Vcell- Ausg. 
m. Klav. Novello, London 6 s. 

Galluppi, Baldassare: 12 Sonates per Cembalo (Oiac. 
Benvcnuti). Pizzl, Bologna 12 L. 

Guerini, Guido: Adagio per Vcello e Pfte. Pizzi, 
Bologna 5 L. 

Holbrooke, Josef: Violin-Concert Ricordi, London 

Marx, Josef: Romantisches Klavierkonzert Ausg. f. 
2 Klav. (Part.) Univers.-Edit. 6 M. 



II. Gefangsmufik 

Mracxek, jos. Gust: lkdar. Oper in 3 AufzQgen, 
Dichtung v. Guido Glilck [UrauKDhr. demnachst 
in Dresden] Klav.-A- Univers.-Edit. 15 M.; Text- 
buch 1-M. 

Scbouberg, Arnold: Gurre-Lieder. Gestochene Part. 
Univers.-Edit 100 M. 

IV. Budi.er 
und Zeiffdiriffen-Auffa^e 

(alphabetisch sowohl nach Stichworten wie nach den 
Verfassern geordnct, Bei Zeitschriftcn-Aufsitzen ist 
immer mit Nr die des laufenden JaUrgangs gemeint). 

Amcrika. Musik in A. Von Cesar Saerchtnger — 

in: Musikbiatter des Anbruch 11/2 
Amsterdam — s. Mahlerfest 
Araber. Die Volksmusik der Araber von Biskra und 

Umgebung. Von Bela Bartok-— in: Zeitschr. f. 

Musikwiss. 9 
Band, Erich — s. Lehrerg** gvereine; MSnner- 

gesang 
Banke, Waldemar — s. Kirchcnmusiker 
Bartok, Bela — s. Araber 
Beerioven. Zu Bs. Tonsprache. Von Armin Knab — 

in: Neue Musik-Ztg 19 
Berg, Aiban — s. Impotenz 
Biogenetische Grundgesetz, Das, fn der Musik. Von 

Karl Weigl — in: Musikbiatter des Anbruch 11/2 
Biskra — s. Araber 
Bra-- he, C — s. Klaviarspiel 
Bricht, Balduin — s. Schmidt. Frz . 
Casella, Alfredo — s. Mahlerfest 
Deutsch — s. Lehrergesangvereine 
Deutsche Spielplane- Von Heinr. ZOIIner — . in: 

Zeitschr f. Musik 13 
Express! on ismiis, musikalischer. Von.James.Simon — 

in: Musikbiatter des Anbruch 11/2 






285 



Ple^chmann, H R. — s. Mraczek 

Formeqtebre. Mehr F. Yon Rudolf Hartmann — 

in: Musikpfldag. Blatter 13/4 
Qugitz, Gustav — s. Reichardt 
Gurlitt, Cornelius, ein Meister der Hausmusik. Von 

A. Volquardsen — in: Die Harmonie 5 6 
Hartmann, Rudolf -» s. Formenlehre , 

Hausmusik. Die Mission unserer H. Von R. HUbner — 

i. Neue Musik-Ztg t9 
— s. auch Gurlitt 

Hoffmann, R. St. — s. Solistenaufstellung 
Holz, Herbert Joh. — s. Opernstil 
Hubner, R. — s. Hausmusik 
Janetschek, Edwin — s. Opempflege 
lmpotenz, Die musikalische. Von Alban Berg — in: 

Musikbiatter des Anbruch 11/2 
Internationales. Von Ferd. Scherber — in: Signale 

f. d. musik. Welt 27 
Kilian, Eugen — s. Oper; Weber (Freischiitz) 
Kirchenmusiker. Die klinftige Ausbildung der K. Von 

Waldemar Banke — in: Neue Musik-Ztg 19 
Klavierautom&t, Ein spielender, aus d. 16. Jahrhundert. 

Von Paul Nettl — in: Zeitschr. f. Musikwiss. 9 
Klavlerspiel. Die logische Kapazttilt beim Klavierspiel. 

Von C. Brache — in: Musikpa'dag. Blatter 13;4 
Knab, Armin — s, Beethoven 
Koch, A. H. — s. Thomastik 
Komponistenelend. Von Heinrich Neal — in: Musik- 
Ztg 26 
Lehrergesangvereine. Die Aufgabe der deutschen L. 

Von Erich Band — in: Die Harmonie.5,6 
Mannergesang. WUnsche in das Lager des Manner- 

gesanges. Von Erich Band: — in: Allgem. Musik- 
Ztg 28 
Mahlerfest in Amsterdam. Von A. Casella, * Paul 

Stefan, Heinz Unger und E. Wellesz — in: 

Musikbiatter des Anbruch 11/12 
Mengelberg-JubilSum. Von Heinz Unger — in: 

Musikbiatter des Anbruch 11/2 
Mraciek, Jos. Gustav. Von H. R. Fleischmann — 

in: Musikpadag- ZtBchr. 5 '6 



Mosikpadagogil: — s. Schulreform 

Neal, Heinr. — s. Komponistenelend 

Nettl, Paul — " s. Klavierautomat 

Oper — s. Deutsche SpielpUine 

— . Zur Dramaturgic der klassischen O. Von Eugen 

Kilian — in: Allgem. Musikztg 27 
Opempflege, Moderne. .Von Edwin Janetsckek — 

in: Zeitschr. f. Musik 13 
Opernstil. Die Krise des O. Von Herbert Joh. H olz — 

in: Musikal. Kurier 27/8 
Reger, Max, als Kammer- und Orchesterkomponist. 

Von Hermann Unger — in: Signale f. d musikal. 

Welt 26 
Reichardt, Johann Friedrich. Unbekanntes zu R.*s 

Aufenthalt in Osterreich. Von Gustav Gugitz — 

in: Zeitschr. f. Musikwiss. 3 
Saerchinger, Cesar — s. Amerika 
Scherber, Ferd. ™ s. Internationales 
Schmidt, Franz. Von Ba'duin Bricht — in: Musik- 
biatter des Anbruch 11/2 
Scfamitz, Arnold — s. Schumann 
Schumann, Robert. Anfange der Asthetik R. S-'s- 

Von Arnold Schmitz — in: Zeitschr. 1. Musik- 

wissensch. 9 
Simon, James — s. Expressionismus 
Solistenaufstellung. Von R. St Hoffmann — in: 

Musikbiatter des Anbruch 11/2 
Stefan, Paul — s. Mahlerfest 
Thomastik-Geigen, Die. Von A. H. Koch — in: Der 

Alerker JO/1 
Unger, Heinz — s. Mahlerfest {Mengelberg- 

jubiiaum) 
Unger, Hermann — s. Reger 
Unger, Max — s. Feldweg 
Volquardsen, A. — s. Gurlitt 
Weber. Zur Inszenierung des Freischiitz. Von Eugen 

Kilian — in: Mitteilungen der Salzburger Fest- 

spielhaus-Gemeinde 6 
Weigl, Karl — s- Biogenetisch 
Wellesz, E. — s. Mahlerfest 
Zollner, Heinr. — s. Deutsche Spielpiane 




99 



FAMA 



99 



Dr. Bortfiardf & Wohlauer 

FERTIGSTELLUNG AlAMK KUSIK-AUFTKAGR 
Kompotition . lustrum en t*tion . Correpetition . T rung position . Aufjtchreibmi geg*A>waor Mttloditm 

NOTENSCHREIBEN 

Chsrlottenborg 4, Winlandatr. -10 Kituk predion Steinplatz »il - 



286 




Aus dem Inhalf der bisher erfchienenen Melos-Heffe; 



Heft I 

HERMANN SCHBRCHKN . . Gfloilwott 
— An Busoni — 

HEINZ TIKSSKN Dor n.me Slroni. I. 

HERMANN SCHERUHEN . Arnoirl Schiinborc 

OSCAR BIE Musikalischt, Porsppkt 

Prof. ADOLF WKISSMANN . Der Wt> c 7.. .nod. Pi 
BILDNISSH: Ft-rnvi-io Ilu*r,rii - Kduiird Krdnu 
PAUL VON KLENAU . . . Diiniwhn Musik 
Itr. LEJCHTEMTRTTT . . . Hii<-hi>rb<*prwhiins 
HERMANN SO.TERCHEN . . Zn Hans Pfilzners A 



IVof. Dr. ALTAI ANN 
UJCILAGEN: FnkVimil 



Bedeutondtt NVnr 
iinti Mamiskripto 
iogi-r-Uritdns 



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HEINZ T! ESSEN . . 


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FRITZ FRID. WINDIS 


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SIKUMUNP PiSLING 


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Pro'. Dr. ALTMANN . 


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Oyf'AR UIK Niki 

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)i« Jusond, J to Ilirrprnton 
imd Nikisch 

Die Nik isch-Prof»rfl mine und 

der nuiMkulisi-lio Fortsi-IirlM 

Erinimrunfreti mis mninnr 

Wiener .lnKCiidxoit 

IJiKli-utondo Nruersi-'hoiiiuiiK, 

und Manuskripte 

PORTRAIT: ARTHUR NIKISCH (Aus der Luxusnu*Kab« 

„Ini Konzcrt," v. Owar Uie mil SU>inzeiehinmjrpn 

vou Eu^on Spiro, Verlajr Julius Bard, Berlin I 

Heff IV 

. . I),»r netm Strom, III. 

ItoRifi - '!* Verbal hi is /.. Ton a li ti'it 
Mutdkalisi-ho PiTsp.-ktiven. II. 
Ami'riknimiditi Musik 
BeniurliunpTi ninths nmsika- 
lisdum Liiicn 
MWikwoishoit dur rudi-r 
Ucdmitende Netifrsuru-inunjion 
und 'MfLiiuskrijita 

BKI.LAGE: Aifrwl Momljitrt: .Uliito dos Chaos*, 

linns JCiryen von der Wor.se 



H. W. PRAREK . . 
ARTHUR NIKISCH 
I-rof. Dr. ALTMANN 



HEINZ TIESSF.N 

FRITZ FR1U. WINDISUlt 

OSCAR HTK 

CESAR SAK HUH I NO Kit 
Dr. ALFRED DOBLIN . 



HEINZ TIKSSEN 
BELA BAitTOK .... 
Dr. HANS MERSMANN . 
RUDOLF C'AHN-SPKYER 



BEILAGE; Rfcha«l Duhmel . 



Heff V 

. . . Dcr 



Slrom, fV. 
Das Problem d. ih>h«ti Musik 
Din Einpfnnfj;r>ndiin 
Dip Not. dor I\onzertoreh»ster 
und din EtiLwicklunp iter 
Kyinphonisuhen Musik 
liiitiliarbesprechun;- 
Rnd«mtendt> NfMisrsr-hi'iiiun(j. 
und Minntskript.il 
.Zivelor Studtm Liod", 

Manfmd Gurlitt 



Heff, VI 



Blodernn MaaikkritUt 
JnnscttK von T(imp«H'*rttn|j 
und Torjolit&t, L 
Der Oporndir«ktor M»hl**r 
Mi*hl«rs Kkutase nib Vmr- 
miiclitniK 

Wnsiknliachc P-irjpf'kl ivph, 
III. Tins Oratoriuin 
.D. Mali lerft 1st i. Anidtordmn 
Willnm M»np»lb«rE 
Hfdttut. Ni'iinriich<?innn(joM 
und M&ntiskriptn 
BKILAUEN': Bildnis fiust«v Mnlilir's aus dom Jalirs 1893 

(a d. Prividbosttj! d.Horrn Dr. Berliner, Berlin! 
Rodin'a Mnlil<irbusle - Porlr. Will. MBnK*Ib«rp'« 
Unron'ilf^nll. Brief Gust. Mahler's in Faksimilw 
lDUvs<>r Brii>I 1st tins von dem dpreieitiRfn Rf 
sitter, Horrn Dr. Wtirnpr Wolffhpim, Borlin 
(trunownld gfitig-st kuf Vnrijlft'ntlichunfc ilbt»r" 
Ltssen wordonl 



OSKAR BIK 

Dr. HUGO LEICIITENTRITT . 
FRITZ-FJtlD. WINDISCH . . 
Prof. Dr. ALTMANN 



Heff VII 



SIKfrMUNI) PISLTNd . . TondoilKfli modprnpr Musik 

A. M. AWRAAMOKK . . .TtmsditH von Tptrpcrmninq und 

Ton ali tiit, H. 
FGON WELLECZ. . . . DiMotat. Werku Clnudn DobuMy* 
Mr. ALFRED OUTTMANN Das Twnpo 
HUGO MARCUS^ .... Da-c.ipo. Li»d. Gnsumni 

. Di(»Notlniro dprOrcbpsiVrmusikpr 
. Hpdettt^ndp NniiPrschainuncpn u. 
Manuskripti' 
inn: n EANt Dit die Llppun mir wund 
Sclierchcn. 



sn-:( 



-Heff VIII 



Tnndi'uzcn niodi>r:i«r Mu^ik 

Jcnsi'its von T<>nipt>rtnrunp und 

Tonatilflt. III. 

Di.UDG KUKSER .... Die Situation der hmitij;i>r- I<iu.iik 
Prof. LUD. RIEMANN-Essun Zitf Tonnlitllt. 
MK'NZ TIKSSKN .... Dii> Zukunft dps AllijotnpiriPO 

Dputschon MuKikvuroiaa 
Prul. Dr. ALTMANN . . . P«deutondo Nouorschttiuungwn 

und Mwiunkripto 
11EILA(tE: Mjutkowski, Ut»dicKt vou Gippins 

Heff IX 

HERMANN SCHERCI1HN . . . Da.i ToniilitftUprinuip u. 

dioAlpon-SyniphoniftYon 

K. StrauB, t 
HUBERT MCLLER-HARTMANN Knm Stilproblom d*r 

neuon Musik 
EDUARD EIHJM'ANN Von Schonbirc und 

seition Liedcm 

OS Ail BIR OpHretto 

Dr OSKAR GUTTMANN . . . . Von der Miuukkritik 
Prof. Dr, ALTMANh Bedsut. NouerRcheLaui)^. 

u. Maouskripto 

BEJLAGE: A. T. Wogner „Doiii»i Haare sind braiui", 

Bruco Weigl 



HEINZ TIESSEN 



Heff X 



. Dim TonkiinsUnr-FpKt dcs 
All^.DeutAchen Musikvereins, 
Wttimarrr Ergabninse 

FRITZ STIEDRY Aua oiber Denkschrift 

ALFRED DOBLIN Die Splbstherrliehkeit rl».s 

Wortiw 
OKRHAIU) STREKE .... Arnold Schonbor K s Op. XIII 
OSCAR GUTTMANN .... Biich«rbfsprf»chunff 
Prof. Dr. ALTMANN . . . Badeutondo Neuer8ob*«intruj!;. 

und Maouskripl* 
BKILAtfE: Alfred Schattrimnn uNundieBUVtterwelku.braun". 



Heff XI 

„Kmdi KliMsisitltt?* 
HERMANN SCHERHHKN. . Das TonalUSt-sprinaip 11. die 

Alpensyinphortievoii Richard 

StrauD. U, 
Dr. HUGO LBICHTKXTIUTT D.Uktloserj.fnuon Rhythm oa 

in der alten u. ncuon Musik 
Dr. ADOLF ABER Zukunltsaurgaboti d. Opera- 

inpxemerung 

OSC.VR BIE Pantoraimo 

Dr. fTEINRICH KNODT-Wien Wwner KonMrtleben in do»- 

Geffenwart 
Proisausischroibung des New Yorker Schumann -Clubs 
Prof. Dr. ALTMANN .... Bedeutendo "Nwuottichwinunfi;. 

und Mantukriptn 
NOTENBEILAGE: JU-ina Tiesaen: nlieinigung" 



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287 



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Modlerne M u 



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Arnold Scihtfxjdberg 

op. 13 „Prlede auf Erden" fQrgem. Chor a cap. 
Partitar M. 6, Stimmt n je M. 1,20 ink I. Zuschlag 

Frederick: Delius* 

„Ubenstaft2" fur gr. Orchester; Part. M. 40 no. 

„Beim ersten Xuckucfcsrnf" und „Sommernachl 

am Flusse" 

2 Stiicke /fir kl Orch, Partitar M. 2d; 
Stud. -Part, M. 6; Klnv.- Au^. XL 4. 



Liederhefte: Ibsen, BjGrnson, Shelley, Verlaine, 
5 versch. Lieder neuesten Stiles, jed. Lied M. 3 no 

Hermann linger 

op. 28 „Notturno" 4 Stticke far Klavier M- 8.— 
Liederhefte: L6ns, de Clerq, 
Kichendorff, Hebbel je M. 6.— 

Julius Weifimann 

op. 35 „Tanzfantasie" ftir Klavfer M. 5 — 

op. 51 „KIeloe Sonate" far Klavier M, 6— 

op. 57 „Aub den Bergen" 12Fantasien M. 20.— 

op. 50 „Phantast Reijfen" f. Streichq. M. 10.— 

(Alln Protsc cinsclilifGLicli aVimrunpHsuKchlacj) 



Tlschcr &. 
G. m. b. H-, 



J a en ber g 
KSU* a. M*. 



mn n;tei n 




HtUENDOK.Fr UNfc MOLL 
ftf RLIN-V tlUf NJCE 



Wir bringen elne der nachsten 
Nummern unserer „Melos" als 

fialien^Sondernummer 

mil einem Vorwort von Prof. Dr. 

Ad, WeiGmann und mit BeltrSgen 

von ausschlieBlich italienische-i 

musikalischen Personlichkeiten 

heraus. Die Herren 

Muslkverleger 

Konxertdlrekllonen 

konxertierenden KUnstier usw. 

eriaubenwirunsauf dieseSpezial- 

Nummer zu Insertionszwecken 

ganz besonders aufmerksam zu 

machen und bitten Prospekt 

hieriiber zu verlangen 

VERLAG „MEL0S" 



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Erscheint am 1. und 16. jeden Monats. Zu bezieheti duroh die Post ansta] ten, Bneh- u. Musi kali en hand Inn gen. sowio -HnilJ; voui VimI;v;>. 
Herausgeber: HERMANN SCHEKCHEN, Berlin - Friedtmau, WiesbadMier StraJJe 7. Kornmf: H'M/.tmiv; ss27. 

Redaktion: Bcrlm-Welfiensee, Borliner Allee 7.1. Fernruf: (VVs. 1^6). — Verlag: Borlin-WeiiJens«o, Berliner Alloe 71, l**Hrnruf: \W VJu. 
Pre is des Kinzelheftes Mk. 2.40, im. Viertelj.-Abonn. Mk. 12. -, boi KrnuzbandbozuK vierteJjfthrlich Mk. 1'J.— . -- Nnehdruek Vorb<?!i.-i.M*'ii. 



Nr. ]3 



Berlin, den 16. Auguff 1920 



I. Jahrgang 



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INHALT 



GIULIO BAS-Mailand . . 

Prof. CARL" EITZ .... 

HEINRICH KOSNICK . . 

GERHARD STRECKE . . 

WALTHER HOWARD . . 

Dr. HUGO LEICHTENTRITT*. 

Prof. Dr. WILHELM ALTMANN . . 

NOTENBEILAGE: Frifc Frid. Windifch: 
Violine allein, Nr.-S 



Dynamismus und Afonalifaf 

Von den naftirlidi reinen Stimmungsverhalfniffen 

Klavierfedmik und Welfeinffellung 

Neuere deuffdie a cappella-Werke gropen Sfils 

Die Hohenlagen der Kunft 

Zur fifftiefik 

Bedeufende Neuerfdieinungen und Manufkripte 



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Zwei Sfiicke aus den „Klangvifionen 4 
fiir Violine und Braffdie 



Nr. 1 fiir 



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„MELOS" 

in einer Luxusausgabe 

srfdieinf monaflidn einmal im Kunffverlag 

frn&Gurliff, Berlin W 35 



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Dynamismus und Afonalifaf 

Von Giulio Bas-Mailand 
(Auforifierfe lilberfefjung aus dem Franzofifdien von H. Sdiulfze-Riffer) 

Dynamismus. - In feinem Arfikel „Tendenzen moderner Mufik" (Melos Nr. 7 und 8) 
)agf S. Pisling: „Man hat zum Zweck der Befdireibung von Bewuflffeinszuffanden die 
Fikfion aufgeffellf, dag im Strom unferes Bewu0ffeins ein bejfandiger Wedifel von 
fliidifiger BeVegung und Ruhe ffafffinde. Man nannfe die Ruheffellen die „fubffanz- 
arfigen", und die Bewegungsffellen die „franfifiven" Beffandfeile des Bewuj3ffeins 
(James). Aber es iff klar, dap" es folche Ruheffellen im Seelenleben nidif gibf. Man 
^ iiberfragf den Subffanzbegriff aus der raumlidien Welf in die, rein zeiflidie der Seele. 
.Man madif fozufagen Querfdmiffe durdi den unfeilbaren BewuJ3ffeinsffrom. Das 
Seelenleben iff. in Wirklidikeif immer „franfifiv"." 

Diefe Behaupfung wird einen gewiffen Eindruck nidif verfehlen; aber auf weldie 
Weife kommf denn das Seelenleben zum Ausdruck und wie erfaj3f es den Ausdruch 
in Kunff werken, wenn nidif mif Hilfe des Korpers? Jedes Kunffwerk haf den Zweck, 
das Seelenleben eines Menfdien (des fdiopferifchen Kiinfflers) mif dem Seelenleben 
anderer Menfdien (Zuhorer, Lefer, Befradifer, je nadi der Kunff um die es fidi handelf) 
in Verbindung zu bringen; aber diefe Verbindung findet nur ffaff vermiffelff des 
korperlichen und Jinnlidien Lebens der Menfdien. Zugegeben, dap" das Seelenleben 
vom korperlidi-Jinnlidien Leben abfrennbar fei (eine Fikfion, die man viel zu off ernff 
nimmf), weldien Eindruck konnfe der Korper dem Seelenleben vermiffeln einem Kunff- 
werk gegeniiber, daf ohne Riickfidif auf diefe grundlegenden Bedingungen des 
Lebens, ja vielleichf gar im Gegenfa£> dazu konzipierf worden iff? 

Idi halfe es fur unbeffreifbar, dap" das ganze korperlidie Leben auf einer un- 
unferbrochenen Keffe von Kraffbefafigung und Ruhe begriindef iff, dap" keine An- 
ffrengung gemadif werden kann ohne eine vorausgehende oder darauffolgende enf- 
fprediende Ruhe. Wie kann man fidi dariiber hinwegfefjen, wenn es fidi um Kunff 
handelf? Iff das nidif, wie wenn man meinfe, da£ man in der Ardiifekfur keine Riickfidif 
auf die Sdiwerkraff zu nehmen braudif, da das Seelenleben dem Gefefj der Sdiwere 
nidif unfer.worfen iff? Man verfudie es, in einem Gebaude eine Saule zu enffernen, und — i 

man wird den Erfolg fehenl Man verfudie es, ein Basrelief von vorn zu beleudifen, ^ 

und das Spiel der Xidifer und Sdiaffen wird fein enffdieidendes Worf fpredien. > 

Was den behaupfefen Gegenfa^ zwifdien „raumlidier Welf" und „rein zeiflidier 
Welf anbefrifff, fo gibf Dr. Einffeins RelafiVifafsfheorie dariiber beredifigf ere und uber- 
zeugendere Belehrungen, als idi es vermag: das iff audi eine Fikfion, die ernff ge- 
nommen Worden und dodi langff iiberholf iff durdi den „Sfrom des Bewu£ffeins". 

S. Pisling haf redif, wenn er von diefem widifigffen Punkfe ausgehf und fo der 
Ardiifekfur des Klahglidien alle Exiffenzberedifigung abfpridif; aber um das zu konnen, 
inuj3fe er den Abgrund des Abfurden uberfdireifen. Iff erff einmal die fafale Nof- 
wendigkeif anerkannf, da£ den Gefefcen des korperlidien Lebens Redinung gefragen 
werden mu)5, foerhebf die mufikalifdie Ardiifekfur audi wieder ihr Haupf, aber nidif 
fo, wie bornierfe Leufe und Padagogen fidi das vorffellen, als frockene Tabulafur, 
fondern als phyfhmus, Gejfalfung und Organifierfheif des klanglidien Lebens. (Man 
haf dies nafurlidie Element aus lediglidi polemifdier Abfichf enfbehrUdi genannf aus 



einer 13berfpannung der Oppofifion und auf Grund des wohlbekannfen Phanomens 
der Blendung durch neues, allzu ffrahlendes Lichf.) 

Friiher war die Form eine Art von Sdiema; man haf fich dagegen gewehrf und 
fidi von vielen leeren und uberlcbten Dinger, frci gemadif; aber haf man damif audi 
den Rhyfhmus zerfforf? Man mochfe faft lacheln! (Niemals iff fo harfnackig fiber 

die Machf diefes Grundeiemenfs gefprodicn wcrden, und gerade jef^f >vill man feine 
weifeffgehenden, idcalffen Geffalfungen vernichten?) Was iff die Form denn anderes 
als die hodiffe Sfufe des Rhyfhmus? Was iff der Rhyfhmus anderes als die Geffaltung, 
die Organifierfheif von Ton und Wort? Glaubf man ini Ernff, dap die Werke der 
Mufik hcine Organismen mehr zu fein brauchen? Liegt nichf gerade im dynamifchen 
Wefen eines Werkes die einheitliche Kraft, weiche Klange, Bewegungen, Infuitionen 
organifierf und daraus ein lebendes Wel'en macht? Nein, es iff unzweifelhaff: 

niemand denkt daran, das Unmogliche zu erreichen; der" es wa.e nnmoglich, eine 
Lebensaujoerung zu konzipieren und zu bilden, weld 10 cicr wichfigffen Gefe^e des 
Lebens felber enfbehrf. 

5ehr moglich und wunfehenswerf iff es aber, die Anwendungen diefer Nafurgefe^e 
i miner mehr zu vervollkommnen, indem man lie immer beffer unferm Enfwicklungs- 
zuffand und den Beziehungen, die zwifdien unferm feelifchen und korperlichen Leber; 
beffehen, anpapf. Stets zielf die Enfwicklung dahin. Nur unfere bejehrankfe Sidif, 
ein UlbermajS von Freude iiber neue Eroberungen bringen uns dazu zerfforen zu 
wollen, was wir im Grunde fefbff erffreben, nur ohne uns genau dar iiber klar zu fein. 

Was iff nun das Zie] aller Anfpruche und Kiihnheiten unferer Tage? — : auf voll- 
kommenffe Weife unfere Infuitionen auszudriicken. Was aber ift der Zweck der Form, 
der mufikalifchen Archifekfur und des Rhyfhmus? Doch wohl derfelbe: auf voll- 
kommenfte Art die Keffe 'der Konfrafte zwifdien Tat und Ruhe, Bewegnng und Ver- 
weilen zu fdimieden. damif das Kunffwerk nadi den Gefe^en des mufikalifchen Sinnes 
abiauff, nadi Gefe$en, die nafurgegeben Tind. Wir aber wolifen unfer Hcrdwerkszeug 
zerbrechen, urn fo zu hochfter VoUkommenheii zu kommen? 

Das iff nidif blof5 ein Traum, das iff ein Alpdruck. Man muJ5 an di2 rafenden 
Askefen des Miffelalfers denken, die fich tofefen, urn zur Vollkommenheif des Geiffes 
zu gelangen und alle Feffein des Kdrpers abzuffreifen. 

Afonalifaf. Audi fur die fonale Auffaffung ift der Korper der tlberfragungs- 
apparat der der Seele miffeiH. was er wahrnimmf, Horen wir einen beliebigen Ton, 
fo ordnet inn unfer mufikalifcher Sinn unmiftelbar und fponfan ein und ffellf Be- 
ziehungen her, die fich fpafcr beffaiigen oder andern konnen, aber die durch Natur- 
gefe§ da find, und zwar gerade durch dasfelbe Gefefj der Kraffbefafigung und Ruhe, 
welches das Wefen des Rhyfhmus ausmacht; denn alle Mufik ift nichts als Ausweitung 
des Rhyfhmus. Die Gefchidife der Kunff und der Theorie zeigf uns, wie v.nr uns 
immer erft fpater Rechenf chaff ablcgen von dem, was wir infuifiv fdicn friiher begriffen 
und reproduzierf haben. Die Intuition, d. h. das unbewuj3fe, unfreiwillige, nafiirlidie 
Funkfionieren unferes mufikalifchen Empfindens friff zuerff in Akfion. Die Tonalifaf ift 
alfo ein reaies Gefeg unferes Empfindungslebens. Das Ziel von Unferfuchungen iff 
es, zu erkennen was an Morfdiem und Veralfefem in unferen Kennfniffen und unferen 
Gewohnheiten vorhanden iff, aber nichf, die Wahrheif zu verkennen. Audi hier ver- 
vollkommnen wir nichf unfer Handwerkszeug, indem wir es zerbrechen oder feine 
Exiffenz abffreifen. 

Auch in Sadien der Tonalifaf find wir fo geblendef durch Eroberungen, daj5 unfere 
Freude das efwas kindliche Ausfehen deffen annimmf, der alles zu wifjen glaubf, wenn 
es ihm gelungen iff. eine neue Seife f einer Fibel zu enfziffern! Man haf faufendmal 
wiederholl da|5 die Tonalifaf erfdiopff iff, daj5 nichfs mehr aus ihr herauszuholen iff. 

291 




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Aber iff man audi ganz fidier, da£ man fie bis zum Grunde durchwiihlf hat dag fie 
kerne Geheimniffe mehr birgf? Idi fur meinen Teil mug zweierlei geffehen: 

1. Idi bin nodi keiner Mufik begegnef, die fur midi Widerfpriiche zur Tonalifaf 
aufwies. Im Gegenfeil: alle fogenannfen Proben fur Afonalifaf befeffigen gerade die 
Exiffenz der Tonalifaf. ' 

Die fogenannfen afonalen Kompofifionen bringen vom fedmifchen Sfandpunkf aus 
nichfs als ausgedehnfere und enffernfere fonale Umfchreibungen, weldie fur den 
affhefifdien Sfandpunkf einen Charakfer der Freiheif, des Sdiwingens im Raume ge- 
wahren, Aber Freiheif wovon? Diefe Empfindung wiirde gar nidif exiffieren, ware fie 
nidif der Gegenfa& zu der fponfanen, urfpriinglichen fonalen Tendenz. Diefe Tendenz 
aber iff einfadi das Gefefc vom geringffen Kraffaufwand, welches uns den I3bergang 
von der Bewegung zur Ruhe ganz nafiirlidi erfcheinen la£f (die Kadenz in der her- 
kommlidien Theorie); aber es gibf einen ebenfo nofwendigen, wenn audi nidif Jo 
fponfanen Forffchriff : der IDbergang von der Ruhe zur Bewegung. Das iff die Spannung 
gegeniiber der Lofung. Das ganze Leben iff nichfs als ein Wedifel diefer beiden Ten- 
denzen und Phafen. Es gibf Perioden in der Kunffenfwicklung, wo man mehr nadi der 
einen als nach der anderen Seife hinneigf: friiher lebfe man friedlich und man madife 
Mufik unfer Benu^ung der Kadenzen und verwandfer Tonarfen; je£f iff unfer Leben 
infenfiver und fdiwerer ge word en, und wir machen Mufik unfer Benu^ung von Wider- 
Jfanden und Beziehungen enffernfer Tonarfen. Befagf das aber, daj3 der Medianismus 
der Tonalifaf felber zerfforf iff? Ebenfo guf konnfe man fagen, dag die Grammafik 
nidif mehr exiffiere, weil unfere Safje komplizierfer geworden find, oder dag die 
Logik erfdiopff fei, weil unfere Schliiffe $pi£findiger und kiihner find als friiher 1 

2. Idi habe nodi keine fonale Theorie gefunden, weldie das Ende ihrer Hilfsmiffel 
fehen lie£e. Weif davon enfferni Selbff die gelehrfeffen Th'eorefiker geben fich fidiflich 
die gro£fe Miihe, ohne da£ fie dodi alles erklaren konnen. Die fradifionelle Theorie 
madif atif midi den Eindrucfe einer Auforifaf, die alle Anffrengungen madif, urn efwas 
zu beherrfdien was ihr enffdiliipff, da es fchon ihre Kraffe iiberffeigf. 

Nein, die fonale Maferie iff bei weifem nidif erfdiopff, erfdiopff iff nur die Vor- 
ffellung, die wir von ihr haben. 

Wir haben die Tonalifaf immer verffanden als einen feffumgrenzfen Bezirk; aber 
diefe Grenzen waren wahrfdieinlidi blo£e Vorurfeile. Die Tonalifaf iff eine un- 
begrenzfe Ordnung von Bewegungen, die alle ohne Ausnahme durdi ein hodiff ein- 
fadies Gefefj geregelf find. Die menfchlidie Empfindungskraff erkennf, begreiff und 
lernf immer enffernfere Beziehungen auszubeufen; aber der Medianismus iff immer 
der gleidie und die Ausdehnung des fonalen Horizonfes unendlidi. 



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292 



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Von den nafiirlidi reinen Sfimmungs- 

verhalfniffen 

Von Prof. Carl Eifz, 

Ein gufer A cappella-Chor Jingf, foweif es die Kompofifion zulaj3f, in nafurlidi-reiner 
Sfimmung, denn jeder normal veranlagfe Sanger haf ein feines Empfinden fur reine 
Okfaven, Quinfen, Quarfen, Terzen und Sexfen, befonders audi fur die Nafurfepfime, 
die fidrt in der Dominanfenharmonie gern Gelfung verfchafff. Die alfen Gefanglehrer, 
denen unfere koffbaren Taffeninffrumenfe nodi nichf zur Verfugung ffanden, wujSfen 
mif den reinen Sfimmungsverhalfniffen rechf gut Befcheid, Wo {ie im Zweifel warcn, 
. holfen fie fidi beim Monodiord Auskunff, Wer foldi Inffrumenf nichf kennf, frage beim 
Phyfiklehrer einer hoheren Sdiule an; das Monodiord gehorf zum unenfbehrlidien 
Geraf feiner Lehrmiffelfammlung. So find die Abffimmungsverhalfniffe der Infervalle 
feif Alters her bekanni Dariiber iff feif den Zeifen der alfen Philofophen (Pyfhagoras 
580—500 v. Chr, und Ariffoxenos 350 v. Chr.) nithfs wefenflich Neues ermiffelf; aber 
immer einmal wieder ffurzf fich eine lernbegierige Seele in das Gewoge der Ton- 
verhalfniffe, um die nafiirlidi reine Sfimmung von Neuem zu enfdecken. 

Wenp heufe fo wenig Mufiker mif den reinen Tonverhalfniffen bekannf find, fo 
hat nichf nur unfer femperierfes Klavier, fondern auch unfer Nofenfyffem das verfchuldef. 
Das Klavier erzeugf in uns die Taufchung, als gabe es in jeder Okfave iiberhaupf nur 
zwolf fiir den Kunffgebraudi zulaffige Tone. Wie uns die Nofen faufchen, das werden 
wir gleich ermiffeln. Man laffe von gufen A cappella-Sangern die am Schluj3 ffehenden 
Beifpiele fingen. Daf5 die G-Dur-Dreiklange in beiden Beifpielen in gleicher Tonhohe 
angeffimmf werden, wird vorausgefefjt Wer nun vor feinem Klavier fifjf, nimmf an, 
daj3 die Sanger die gro£e Terz c — e in beiden Beifpielen auch in gleicher Tonhohe 
fingen werden. Das iff eine Taufchung, die durdi die Gleichheif der Nofenzeidien und 
Nofennamen nodi befonders unferffiifjf wird. 

Die Taufchung wird offenbar, wenn man die Schwingungsverhalfniffe der Tone in 
nadiffehenden Beifpielen feffffellt Dazu brauchf man nur zu wijjen, da£ im Dominanf- 
jepfnonenakkord fich die Schwingungzahlen 



d fis a c' d' 
wie 4 : 5 : 6 : 7 : 8 : 
namlich 

die Okfave d d' wie 

die Quinfe da 

die gro£e Terz d fis „ 



9 verhalfen, 



4 
4 
4 
4 



8 - 1 
6 = 2 
5 

7 



2 
3 



die Nafurfepfe d c' 

Mif Hilfe diefer Zahlen kann man alle mufikalifdien Tonverhaifnijfe beredmen, 
Quarfe = Okfave minus Quinfe a d' = 6 : 8 — 3 : 4 
kh Terz = Quinfe minus gr. Terz fis a = 5 : 6 
kl. Sekte - Okfave minus gr. Terz fis d* = 5 : 8 
gr. None = Quinfe plus Quinfe d e' = 4 : 9 ufw. 
Nehmen wir 'nun an, in unfern beiden Beifpielen vollbringe das kleine c in irgend 
ginem gegebenep Zeifraum 16 Schwingungen, fo iff es nidif fdiwer nach vorffehenden 

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op 
Pt 



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v.' 
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Angaben zu beredinen, wleviel Sdiwingungen die anderen Tonen in dem gleidien 
Zeifraum vollbringen muflen. Nach vollbradifer Redinung kann man die Nofen- 
beifpiele \ und 2 wie folgf in Schwingungszahlen nofieren: 



1. 72 


80 


72 72 


60 


64 


60 60 


48 


48 


48 48 


24 


16 


24 24 



2. 72 


81 


72 72 


60 


63 


60 60 


48 


45 


48 48 


24 


18 


24 24 



c = 64 Schwingungen 
c — 63 v 



Da findef |ich, daj3 

im Beijpiel 1. e = 80 Schwingungen 

vollbringen muj3. 

La£f man nun von gufen Sangern nadiffehende Nofenbeifpiele ohne Inffrumenfal- 
begleifung fingen, Jo muj5 jeder horen, da£ die Sanger im Beifpiele 2 

das ¥ hoher und das c fiefer anjfimmen, 
als im Beifpiele j. 

Mandie Chorleifer werden diefe Tafjadhe kennen und die groj3e Terz e— 1 mif 

63 und 81 Schwingungen nidif als nafiirlidie reine Terz (64 : 80 = 4 : 5) anfprcchen, 
fondern fie als Infervall zwifchen reiner kleiner Sepfe und grower None befrachfen; 
die meiffen aber werden wegen Gleichheif der Nofenzeidien beide Terzen gleich- 
fcha^en, denn Was man begrifflich in Worfen und Zeichen nichf unferfcheidef, vermag 
man audi meiff in der Sadie nidif zu unferfcheiden. Doch iff diefe Angelegenheif nichf 
allzu fragifch zu nehmen, denn nach wie vor werden gufe Gefangsdiore audi ferner 
in nafiirlidi reiner Sfimmung fingen, ohne daj3 ihre Leifer fich all der dabei zufage 
frefenden feinen Tonhoheunferfchiede bewujSf werden. Trofedem iff die Sadie nidif 
ohne jede Tragweife. 

,- Die beiden " mif 80 und 81 Schwingungen find ihrer Enfffehung*) nach wefens- 
verfchieden. Es iff unfachlich und denkwidrig, fie durdi gleiche Bertenriung und Be- 
zeichnung als wefensgleich zu fe^en. Das Gleiche gilf fiir die beiden c mif 63 und 

64 Schwingungen. 

Bei diefer Sachlage iff es gar nichf verwunderlich, fondern fogar begreiflich, dag 
es bisher noch nichf gelungen iff, eine wiffenfchafflidi wohlbegrundefe Harmonielehre 
zu fchaffen. Diefer Mangel vermag den Forffdiriff der Tonkunff nidif aufzuhalfen. 
Genial veranlagfe Komponiffen bedurfen einer wiffenfdtafflich einwandfreien Harmonie- 
lehre nichf. Viel mehr Unheil als die eben befprodienen logifdien Mangel richfen 
einesfeils mufikalifche Durdifchniffskomponiffen an, die den Anfprudi erheben als bahn- 
brechende Tonkiinffler geWerfef zu werden und andernfeils Theorefiker, die da glauben 
neue Tonverhalfniffe erredinef und enfdedsf zu haben. Die Vierfel- und Driffelfon- 
ffimmung fallf in diefe Richfung. Wie fchon gefagf wurde, iff die nafurlich reine Sfimmung 
fdiqn vor mehp als 2000 Jahren erredinef und fchafff fidi feifdem bis heufe in reiner 
Gefangsmufik Gelfung. 

Ohne die Phanomene der Konfonanz, wie fie fich in der oben gekennzeichnefen 
Dominanffeptnpnen-Harmonie offenbaren, gabe es keine Mufik, keine Tonkunff. Wer 
die unverle^lidien Phanomene der Konfonanz preisgibf, ruffelf an dem Fundament 
der Tonkunff; er wagf einen Sprung in das Chaos, 



*) Der Stimmung nach 1st e mit 80 Schwingungen die natQriich-reine groBe Terz von ' ?. T mit 
81 Schwingnngeir ist^ die urn 2 Oktaven verminderte vierte Quinte von T. t mit 63 Schwingungen 1st die 
Natursepte von d , e mit 64 Schwingungen 1st die zweite Quarte von d. Durch die Verschiedenheit der Ab- 
stammtmg ist die musikalische Wesensverschiedenheit der in Frage «tehenden T5ne einwandsfrei bewlesen. 




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V Derarfige Enfgleifungen find vorwiegend auf die unveranfworfliche allgemeine 
Ur\foennfnis der reinen Tonverhalfniffe zurucbzufuhrea Die Mu{iker follfen fidi wieder 
m^hr mif dem Monodiord befreunden, diefem alfen zuverlaffigen Inftrumenf, das fie 
hepfe kaum nodi dem Namen nadi kennen. 

AujSerdem aber gibt es ja audi Taffeninffrumenfe mif mehr als 12 Taffen in der 
Okfave, die einen Ausfdiniff aus dem unendlidien Gebiefe der reinen Tonverhalfniffe 
wiedergeben. So ffehf im Inffifuf fur Experimenfalphyfik in Berlin am Reichsfagsufer 
und im Deuffdien Mufeum in Miindien je ein nadi meinen Angaben erbaufes Rein- 
harmonium, das in der Okfave 52 Taffen und fur jede Taffe zwei verjchiedene Tone 
zur Verfiigung haf, fo da£ es alfo 104 in der Tonhohe verfchiedene Tone innerhalb 
der Okfave biefef. Diefe Inffrumenfe find bei Sdiiedmayer, Pianoforfefabrik in 
Sfutfgarf gebaut Die Firma lieferf audi nodi ein anderes nadi meinen Angaben 
gebaufes Reinharmonium, da)3 in den Okfaven 36 Tone haf. 

Wer fidi nur fheorefifcft mif den Tonverhalfniffen befa£f und darauf verzichfef, fie 
Jich klanglich am Monodiord, am Reinharmonium oder in ahnlidier Weife, wie in den 
nachffehend gebofenen Nofenbeifpielen vom Sangerchor vorfiihren zu laffen, geraf in 
unfruchfbare und irrefiihrende Spekulafionen. Er fprichf dann wie der Blinde von den 
Farben oder, beffer gefagf, wie der Taube von den Tonen. 

Die Probleme der reinen Sfimmung find nichf mehr zu lofen, fie find geloff. Die 
Taffachen der reinen Sfimmung konnen mif Erfolg nur ffudierf und frudifbar gemacht 
werden am Monodiord, am Reinharmonium, am Chor. Der Forffchritf forderf in der 
Richfung der Sfimmungsverhalfniffe weniger neue Theorien und Dokfrinen, als fiidtfige 
Mufiker, die die Tonverhalfniffe mehr horend als denkend ffudieren. 

Vielleidif wird man in Zukunff mehr als bisher vokalgerechfe Kompojitionen 
fordern. Die Gefangvereine konnen das Fundamenf diefes Neubaues werden. Sie 
konnen es, wenn der Drill am Klavier aufhorf und die A cappella-Schulung wieder 
Regel wird. Freilidi fe^f das eine Hebung der mufikalifchen Volksbildung voraus. 
Doch dariiber vielleidif ein andermaL 



Beispiele : 




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Klavierfedinik und Welfeinffellung 

Von Heinrich Kosnick. 

Die Neuorientierung in der Technik des Klavierfpiels war rnit der Verlegung der Kraftquellen 
in den groBen ROckenmuskel gegeben. Elifabeth Caland, eine Schiilerin Deppes, legte diefe 
eminent wichtige Aufdeckung in Jhren Schriften nieder. Wer das Spiel Bufonis bewundert hat, 
fflhlt, wie der Leib fich durch die Taften windet, wie bewuBte Maffe ruht, klingt, gleitet. Ein 
fich zufammenziehender, fich ausreckender Schlangenkorper. Aber nicht immer ift das Klavier in 
diefer Weife behandelt worden. Es ift richer, daB Liszt eine andere Technik anwandte als Rubin- 
ftein. Die individualiftifche Bevorzugung des einen oder des anderen Teiles der Muskulatur ift 
vor alien Dingen bedingt durch den Zeitgeift. Das Gemeinfame bleibt die Konftitution des Gefamt- 
kftrpers. Arm und Hand find Teile des Korpers und zwar nur vermitteinde Organe zwifchen einer 
Innenwelt und einer Umwelt. Wie der menfchliche Geift zur Umwelt fteht, entfprechend wird 
auch die Anwendung diefer vermittelnden Organe fein. Im natiirlichen Verhaltnis ftehend, tritt 
die Muskulatur der Finger in den Vordergrund. Das Nehmen, das AnfichreiBen wird durch fie 
zum Ausdruck gebracht. Sorgfalt wird auf Fingeriibungen zur Starkung diefer Muskeln verwendet 
Man nehme die zwolf umfangreichen Hefte der Liszt'fchen FingerUbungen. Erft allmahlich tritt 
eine Umwertung ein. Innenwelt und AuBenwelt haben fich verfelbftandigt. Die vermittelnden 
Organe verlieren an Bedeutung. Sie werden Medien. Die Muskelzufammenhange des KOrpers 
treten ins BewuBtfein. Der Geift verfenkt fich in die Umwelt. Impreffioniftifches Schaffen. Arm, 
Hand, Finger bleiben abfolut paffiv. Die Schulterblatter werden ein wenig gefenkt und der groBe 
Rtickenmuskel, der an deu Lenden anfetzt, drfickt die Taften nieder. Der gefamte Menfch fitzt 
im Ton. Ein langfames Einfinken, kneten im Lehm. Abdruck des eigenen Selbftes. Der Rumpf 
wird vergeiftigt. Ein in der Sphare des Korpers fchwingender Tanz. Getragene Hymne. Welt 
im Kleinen. Die Aufmerkfamkeit ift dem Korperbau zugewandt. In ihm werden die Kraftquellen 
des Spiels gefucht und gefunden. ' Lefchetitzky legt den Hauptwert auf die Ausbildung der Bruft- 
muskulatur. Das Spiel Schnabels erzahlt von dem fchonen Stngen, das aus der Gegend des 
Herzens kommt. Caland war bereits erwahnt. Breithaupt operiert mit der bewuBt gewordenen 
Schwere. Maffe, die nicht mehr plump auffchlagt, fondern fich rollend fortbewegt, wie es das 
Spiel Carrenos tat. 

Es ift mir in diefen Zeilen nicht darum zu tun, den dualiftifchen Aufbau der Muskelzufammen- 
hange zu zeigen. Wichtig fcheint mir zunachft die Anwendung der Technik in Beziehung zu 
einer Welteinftellung zu bringen. Welche Perfpektive er5ffnet fich aus der gewonnenen Erkenntnis? 
Eines wird einleuchten, namlich, daB mit dem BewuBtwerden des Korperbaues, das eine Be- 
herrfchung der Muskeln. bedingt, die Technik Allgemeingut werden kann. Das bedeutet das Ende 
des Virtuofentums. Zugleich tritt folgendes in Erwagung. Mit dem Moment wo Innenwelt und 
AuBenwelt als dasfelbe erkahnt werden, h6rt die gegenfeitige Beeinfluffung auf. Arm und Hande 
warenVermittlungsorgane; Innen und AuBen, Subjekt und Objekt find riicht mehr gefchiedene 
Realitaten, fondern fie find eins geworden. Der Ausubende wird nicht mehr nach AuBen hin zu 
geben haben, er wird naeh innen gekehrt fo fpielen mUffen. Er wird fein wie er ift In d 
Mufikliteratur wird das Gefangliche in den Vordergrund treten. Ich habe immer empfunden dL 
wir das Inftrument, das wir fpielen, in uns haben. Inftrumente find nach auBen projizierie Stimm 
bander. Worte dienen zur Verftandigung. Das AuBen in's Selbft hineingenommen Wozn Wc2~ 
Wie ift alles belanglos. Ein Stimmorchefter aus Vokalen, Konfonanten und Wortfymbolen eZhZt 
mir verheiBend. J cncuemi 



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Neuere deuffdie a cappella-Werke gro£en Sfils 

Von Gerhard Strecke. 

Wahrend kit Beethoven etwa die Lofung der frUher beftehenden Bindung zwifchen TonfchOpfer 
und Pubhkurn zu einem ungeahnten Auffchwung inltrumentaler und gemifchter Gattungen gefQhrt 
hat bheb die reine Vokalkunft davon merkwilrdig unberflhrt; einmal, weil in jenen Zeiten der Sinn 
fur ielbftandige mehrftimmige Singekunft ganzlich verfiacht war, dann aber deshalb, weil der Umfturz 
alter feehfcher und geiftiger Geifungen in LMndern bewirkt wurde, die eine vokale Oberlieferung 
fozufagen nur aus zweiter Hand hatten, wahrend fich ihre Befahigung fllrs Inftrumentale triebhaft 
auslebte. Nachdem hierin Remedur gefchaffen war, wandten fich der Chorarbeit durchaus nicht 
kUhne Neuerer zu, vielmehr Traditionaiiften, in denen noch ein Stttck des alten Beeinfluffungs- 
verhaltniffes zwifchen Erzeuger und Verbraucher iebendig war: Mendelsfohn, Schumann und Brahms 
(hier aber nur bedingungsweife genannt); diefe Richtung ift in der mehrftimmigen Gefangskunft 
vorlaufig die mSchtigere geblieben und hat bis in die allerletzte Zeit in Kunnern wie DrSfeke und 
Reger iiamhafte Verifier gefunden. Konfervative Steliungnahme zur Angelegenheit des Chorfingens 
ift fflr fie Uberhaupt charakteriftifch; der Wert ihrer beften Beitrage flietJt aus der gefteigerten Aus- 
bildung gefunder Mufikalitat mehr heraus als aus der Starke ihrer geiftigen PerfDnlichkeit. Sie 
fchreiben Gebrauchswerke im fchonften Sinne des Wortes und laffen fich gern durch Muft. rtechniken 
^ergangener Stile anregen, wie auch deren Formenf.prache nicht ohne Nachwirkung b!e bt. 

An Reger laBt fich nun mit einiger Ubetfreibung erfichtlich machen, was diefe Gruppe von 

einer neueren, freifchopferifchen grundfatzlich trennt. Hat man fich aber alles Rechenfchaft abgelegt, 

was gerade an feinem Arbeitsverfahren verfti rumen kann, wofern man ihn nicht blindlings vergOttert, 

fo ift man erftaunt, wie fehr man ihn trotzdem noch liebt. FUr unfern Zweck typifch find die 

3 Motetten ftir ftinfftimmigen gemifchten Chor (op 110, Bote & Bock, Berlin). Tiefreligi5fer Sinn 

bewahrte den fonft in der Textwahl forglofen Setzer vor einem Vergreifen; dagegen zeugt die 

formale Erledigung des gewahlten Vorwurfs von einer gewiffen Bequemlichkeit. Was fonft an 

anfpruchsvolleren ChorfStzen neuerer Meifter vorliegt, ift durch den gemeinfamen Zug gekenn- 

zeichnet, den literarifchen Grundftoff durch wohlerwogene Befonderheit der Formabfichten zu ver- 

innerlichen, zu vertiefen und auszuweiten. Stereotype Schemata find verpSnt. Regers Verfahren 

aber ift mit dem ungekiinftelten Konftruktionsprinzip fruher Motetten-Kunft vergleichbar, die einzelne 

Textabfchnitte fchlicht nacheinander abhandelt und die Gliederung mit den einfachften Mitteln des 

Kontraftes und der Steigerung vollzieht; dabei geriit die formale Disziplin eben lockerer und loft 

fich bei Naturen wie Reger unverfehens in freies Phantafieren liber die poetifche Vorlage auf ; 

dann fprechen die Verbindungen vfelfach nicht mehr zwingend, die Kontrafte bilBen durch das 

Icheinbar Improvifatorifche an Ausdrucksgewalt ein, unnOtige LSngen werden nicht vom fcharf 

disponierenden Intellekt einged&mmt, Wiederholungen dankbarer Effekte urn ihrer felbft willen 

finden ftatt. Kurz: der Mangel an Reflexion fchadet der fachlichen und ktinftlerifchen Okonomie, 

Die voller Anfpruch fich gebenden Werke ermangeln Uberdies durchaus des Charakters des 

Einmaligeri und Bekennerifchen, das uns verwandte Werke von StrauB, Haufegger, Pfitzner und 

SchSnberg fo wert macht. Bei diefen fteht jede AuBerung lingular ftir fich; hochftens, daB fie den 

Antagonismus eines kontrSren Widerfpiels zulaBt Bei den andern und Reger: Serienkompofition; 

jedes Btindel umfaBt regeliMBig (fogar bei Brahms) ungleichwertige Gaben, und fo manches Stuck, 

das far fich gefehen ,anginge, wirkt in der Reihe phyfiognornielos. 

Was bei Reger fiber vieles hinwegt&ufcht, das ift feine fabelhafte, geradezu mafchinenmaBig 
funktionierende Satzkunft. Genaueres Hinfehea ernfichtert auch da. Wie haufig in unfern Bei- 
fpielen wirkt der Kontrapunkt nicht mehr primar yertikal, fondern einfach wie in gegebene Harmonie- 

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: 297 



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vcricnapfungen hineingefetzt! Wie oft begntigt fich der Komponift, zumal bei Vermehrung der 
Stimmenzah!, bei feinem durch harmlofe Durchgange oder allzu bequeme Nebennoten eingedickten 
Stimmengeflecht mit Scheinpolyphonie, Itatt der wundervollen Konfequenz moderner Linienfuhrung 
die bei den andern felblt altertUmelnden Formen aufhilft! Der unvermeidlich eingefUhrte Choral 
Oder die obligate Doppelfuge auf den SchluB hin — lie wirken als ftandig wiederkehrenae Stil- 
requifiten manieriert. - In der motivilchen und melodifchen Pragung tmverkennbar Regerfches 
GeblQt; doch kein wahlerifches Ausbreiten melodifchcr Koftbarkeiten, keine gefcharften Wider- 
Iprilche, fondern eine leicht ermlidende Gleichformigkeit, die dureh die Oberfiille dynamifcher Vor- 
fchriften bemantelt werden foil. 

Reger vertragt derlei krjtifche AbzUge und fteht immer noch in vorderfter Reihe bei den 
Beften. Man kapituliert vor feiner urwiichfigen Singeluft, feiner tiefen Empfindung, und es ilt die 
Bewunderung, die feine Leiltung gem vollkommen fahe. Am gelungenften aus op. 110 ift das 
erite der drei StUcke „Mein Odem ift fchwach". Gut dofierte Milchung akkordilcher und kontra- 
punktifch-linearer Schreibart, verhaltnismaBig hinreichende Abwechslung unter den Teilen. Ohne 
M FugatofchwindeI", wie Peter Cornelius zu fagen liebte, bietet fich die dritte Motette „0 Tod, 
wie bitter bift du" mit farbig-gefanglicher Grundhaltung und wohlangebrachten Chorabftufungen; 
die hat audi den Vorzug der KUrze, wahrend das MittelftQck „Ach Herr, ftrafe mich nicht" feine 
natUrlichen Expanlionsgrenzen mit Mufik ins Uferlofe hinein Uberflutet und im ganzen fraglos als 
matterer Aufgufi. der erften Nummer fchmeckt. 

In den groBen a cappella-Kompofitionen von Richard StrauB, die das Zeug in fich haben 
Epoche zu machen, aber Ichandlich vernachlSffigt werden, andert fich das Bild wefentlich. Seiner 
neudeutfchen Herkunft nach haben ihn wahrfcheinlich die groBen unbegleiteten Chormufiken von 
Peter Cornelius und Alexander Ritter beeinfluBt; ferner mag die lebendige Monumentalkunft einzelner 
a cappella-Vereinigungen — StrauB macht in der Inftrumentationslehre auf hollandifche und ruffifche 
auimerklam und rUhmt die im Orfeo C&tate zu Barcelona 1 — angeregt haben. Jedenfalls wenden 
fich bereits feine beiden Gefange op. 34 (Ai'bl, Milnchen) mit ihren fechzehn Stimmen an Chor- 
kOrper, die liber eine auBergewohnliche Schulung verfQgen. Die Steigerung der SuBeren Mittel 
und technifchen Anforderungen bedeutet freiiich bloB ein fekundarer Entwicklungsmoment. Wefent- 
licher an den zwei Stttcken ift ihr neuer Geift einer lapidaren Tonfprache, der einem eihgeborenen 
Wefenszug zum GroBen entfpringt, ferner ihr tiefpoetifcher Gehalt, der die Wortvorlage weit hintef 
fich last und fiir ihre mufikalifche Umfetzung ganzlich unverbrauchte Ausdrucksgeftaltungen findet. 
Gefchichtlich gefehen findet hier die Anwendung der von Wagner ausgebildeten Kantabiiitat der 
Grchefterpolyphonie auf den Chorgefang ftatt; unvermeidlich laufen da gelegentlich inftrumental 
anmutende Melismen mit unter. Typitch ift SUauBens auch fpater fich nicht verleugnende Vor- 
liebe fltr ausgedehnte ornamentierende Koloraturen, die liber die ganze Breite der Stimmentextur 
wuehern. Der hdbfche, zuerft ftir CorneliuschSre gemtinzte Ausdruck „Vokaiinftrumentation ft cteutet 
an, daB neuere Setzer bei vermehrter Stimrnenzahl nicht jede Stimme real behandeln, fondern iiach 
dem Vorbild der Orchefterpraxis einzelne Linien oder ganze Klanggruppen durch Qktavierung 
farbiger zur Geltung bringen. StrauB geht noch wetter. Abgefehen davon, daB er oktaviert und 
die 16 Stimmen in vielfaltigfter Weife gegeneinanderftellt, mifcht er auch gern verfchiedene Stimmen 
im Einklang and gewinnt daraus manche Zwifchenftufen der Stimmencfwaktere. Eirce reate 
Sephzehnftimmigkeit wird nicht erftrebt und kaum einmal erreicht. 

Der Abend (op. 34, 1), auf Schillexfche Worte, ift erne grqBzttgige, ik marten, duftigen Farben 
hingefetzte Landfchaftsftudie. Alles Zuffandliche befchaftigt den Tondichter, reizt ihn zu forgfamer 
gAusmalung, wahrend die Elemente fortfchreitender Handlung aufs aufierfte eingeictirankt find, meift 
m knapper akzentifch-deklamatorifcher Andeutung. Der jakohhymne^op. 34, 2) liegt ein RUekertfcher 
Text zugrunde, deffen fechs Strophen immer neue Umfchreibungen der Kehrreims „0 grame dich 
^/m^vii&^/dtf naturiich fDmbildend,:mulikaUIchVewe meiftens einer belonderen 

Ciorgrup^ zugewiefen ilt. Dife Haupttnalfe des Gedichts wird rezitativifch abgetan ■ dafUr bieten 
«ste»Inf Wortbilder reichen AnlaB m madrigah Uif chen Tpnmalereien, upd die gehaitvbllerBii 




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Gedanken werden umffinglich im gebundenen Motettenftil entwickelt. Das ergibt eine eroBe 
Manmgfaltigkeit und doch wiederum klare Formordnung. Die Freude am Jymphonifchen" Durch- 
ftfhren, an enger Verkettung von Motiven und Themen wirkt fich ungehemmt aus, und in die 
SchluBiuge „Zwar bedenklich ift unfer Gang" werden zahlreiche Ideen aus dem Vorausgehenden 
einbezogen, fodaB wir einer Textmifchung gegenllberftehen, die an altefte Motettentechnik gemahnt. 
Die 1913 entftandene Deutfche Motette op. 62 (FUrftner, Berlin) fflr 16 Chor- und 4 Solo- 
ftimmen bringt in der Manier nichts wefentlich Neues; in vielen z. B. in der Refrainbehandlung 
ift fie ein gefteigertes Da capo der Jakobhymne. Eine Tendenz aber, in der oberhaupt ein Problem 
gefteigerter Stimmenzahl zu erblicken ift, hat fich verfchSrft. Oberali in der Chorliteratur herrfcht 
jene peinlich ftrenge StimmfUhrung, die Mahler einft auch for die Inltrumentationspraxis als bindend 
bezeichnete. Die Orchefterfprache hat fich nun mehr und mehr davon losgefagt; mit Berechtigung 
infofern, als gewiffe Unltimmigkeiteh des Satzes von der reichen Kiangmaffe einfach aufgefogen 
werden So ftehen nicht mehr nur Linien gegen Linien, fondern ganze Farbenkomplexe gegen 
andere. Ahnlich verfahft StrauB ftellenweife auch bei BehandlungderSingftimmen. Eine befriedigende, 
durchfichtige Wiedergabe ift fchwierig, und nur groBe Chorbefetzungen erfUDen die Vorausfetzung 
der klanglichen Realifierung. Jedenfalis ift diefe Neuerung diskutabel und dllrfte beim modernen 
vielftimmigen und mehrchOrigen Stil Schule machen. Diefe groBen a eappelia-StUcke bieten fich 
oberflachlicher Kenntnisnahme nicht eben leicht dar, fondern erheifchen voile Hingabe deffen, der 
die Feinheiten der Struktur, der geiftrekhen Textverarbeitung und der erftaunlich verMtelten Poly- 
phonie genieBen will. 

Findet fich bei Reger und StrauB die Rtickficht auf finnlichen Wohiklang faft durchgangig 
gewahrt.Io fehen wir Pfitzner mid Haufegger bisweilen darauf Verzicht leiften. Das KianggefUge 
von Pfitzners achtftimmigen Columbus op. 16 (Ries & Erler, Berlin) kommt dem Ohr nicht 
fchmeichelnd entgegen, miitet faft arm und dtirftig in feinen Klangmitteln an und verlangt mit 
feiner ausgefprochenen Niederlanderei eine durchaus befondere Einhellung. Seine Stilifierung 
auf harten, kGrnigen Strich des melodifch-iinearen Vortrags ift nicht fo fehr durch den Stoff 
gefordert, als. in der fchopferifchen Eigenart des Kiinftlers begrtindet, deffen Lyrismus durch 
ftandige Reflexion gekreuzt wird. Die Uberwiegend kontrapunktifche Verftrebung, die feinen 
Tonbau zufammenhalt, die Ordnung der Teile — alles das find Mitiel zum kUnftlerifchen End- 
zweck: der Ideengeftaltung, die in der Form Leben erhalt und hier Glorifizierung intuitiv 
fchauenden Entdeckergenies zum Ziel hat. Wem das aufgegangen ift, der vermiBt auch nicht 
mehr die SchluBfuge und den Maffenprunk einer kulminierenden Stretta, der empfindet die herbe 
Zuriickhaltung als Reiz, mit der hier die „Morai" gegeben wird, ateeinftimmiges, ariofes Rezitativ 
der Soprane, zu dem anfchlieBend die Mannerftimmen die beiden Hauptmotive „Steure, mutiger 
Segler" und „Traue dem leitenden Got!" (Umkehrung) intonieren. Kein Buhlen um Wirkung 
kiangmaterieller Art, fondern Zufammenriicken des wefentlichen Gedankengehalts, mufikalifch- 
kUnftlerifche Konzentration. 

Das Sichlosfagen von der (iblichen Tonfchwelgerei — die er ttbrigens mtihelos beherrfcht — 
beruht bei Haufegger auf dem Beftreben nach realiftifcher Ausdeutung gewiffer dichterifcher 
Stimmungen; Wie er in feiner Naturfinfonie mit feltener Enthaltfamkeit grau in grau malt, fo 
ICheut §r auch beim Hebbelfchen Requiem (achtftimmig, Hug & Co., Leipzig und Zurich) in der 
zweitoi Wiederholung „Dich, fie umfchweben dich" vor keiner Gewaltfamkeit und Rauheit des 
KlangeszurUck, fodaB feine Mufik.geradezu abftoBend wirken kana Aber darum ift die Arbeit 
auch ftilgefchicfttlich bemerkenswert, weil hier der Chor berufen ift, nicht nur freundliche Dinge 
zu fagen oder unfreuridlich in moglichft gemUdertet Form, fondern den Krampf als Krampf 
fchildert urid Schauerliches wirklich fchauerlich. Nun darf aber nicht verfchwiegen werden, daB 
die ftrengere Pjoiypfotiie, deren fich der Komponift dazu bedient, gleichfam errechnet und er.f 
fpnnen anmuief, fodafi der entwickluhgsgefchichtlich ftarkfle Teil der Tondichtung dem Hand werk 
nach am fchwachften ift Desungeacht nimmt das ernfte, IchOne opus unter den a cappella-v 

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S«cke„ g,oBe„ S.Hs, die Uberhaup. mi.zahta, einen hohen Rang eta. Es IH klug gebaut, M . 

AhklMrune des chorifchen Gefangftiles erwarten. Vorlaufig durchfetzen die inltrumentalen Bei 
XTe ade die werLuen neuL Er.ebnisftUcke, von denen ein wertere. ^-^Scbonbejg 
Friede auf Erden« (op. 13) hier kUrzlich eine WOrdigung fand, noch reichhch f ark. Ausder 
Ln^ren Belong der MuHker m Gefang und Chorklang, ™J^%£^ 
muitergiltiger Literatur alter Meiher wird gewiB wieder e,n nur dem Chorge ang «p"« * er 
wachfen Zu wttnfchen ware dann eine mannigfaltigere Auswahl der State Jetat aberw.egen 
die r IteiWe sTrnmungen und infofern mit Grand, als a cappella-Gefang von jeher der agent, ch 
fd a X W MufiWtfl war. Ein weiterer Umkreis von Stimmungen und Ausdrucksmoghchke, tn, 
wt ihn Mhere B.Uteperioden chorifcher Kunft durchmeffen haben lit von der a cappel.a- 
Kompofition groBen Stils noch kaum betreten. Hier liegt eine reiche Zukunft vor ihr. 



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Sireijtkbpf ■ A'-'-Harfot'.-j ^■■ - -;B.erlin W.,9 - PotsdamerstraBe 21 

Zentrafstelle liir in- und auslSndische Musik >■■'■' 

FI.Qgel . / Pianos ,'■ Harmoniums 



3i§ 






Die Hohenlagen der Kunff 

Von Walther Howard. 

Kunft kommt von Konnen. Aber mit dem Worte Kunft ift ein befonderes Konnen gemeint, 
daB fich prinzipiell von allem anderen Konnen unterfcheidet. 

Kunft ift das K5nnen das man fith nicht erwerben, fondern fUr deffen Empfangen man fich 
nur aufmachen, bereit machen kann. Die Technik der Kunft umfaBt das Konnen, das erworben 
werden kann. Die Kunft felber hat damit 2unachft wenig zu tun; denn fie bringt der geborene 
Kunftler mit fich, und fie hi 1ft ijjtii hochftens das technifche Kftnnen grilndlicher und beffer zu 
erwerben. 

Das erwerbbare Konnen, die Technik fetzt Talent-Gefchicklichkeit, ererbte oder erworbene, 
voraus; das Konnen des eigentlichen Kiinltlers, die „Kunft" fetzt Genie voraus. Genie ift uns 
im Gegenfatz zum Talent ein Offenbarfein des „Sinnes", des Inhaltes alles SinufSlligen, wShrend 
Talent fUr uns nur die Gabe ift, das Symbol eines lnhaltlichen, eines Sinnes, eines InhaHs, eines 
Sinnhabenden oder noch beffer Sinnfeienden, alio die auBere Form alles Wefens oder Wefentlichen' 
zu merken oder wiederzugeben (manuelle, phyfuelle, geftthlsmaBige und intellektuelle Gefchick- 
lichkeit). Ift diefe Deutung der Begriffe Talent und Genie auch nicht die ttbliche, fo ift fie doch 
geeignet, fie beffer von einander zu fcheiden. 

Das Talent erfaBt das AuBere, die Erfcheinung; das Genie erfaBt das Innere, die Bedeutung; 

wobei es gleich ift, ob es fich um Werte handelt, die den bekannten MuBeren fllnf Sinnen gegen- 

tibertreten (die fiinf Sinne find die Organe, mit deren Hilfe die allem Wefenhaften eigenen Formen 

aufgenommen werden, was Vorausfetzung daftir ift, daB wir zum „Sinn" kommen) oder ob es 

fich um Werte handelt, die iiber die ftlnf Sinne zu clen hoheren Sinnesorganen des Filhlens und 

Denkens fprechen 

/ Die Mittel der Kunft Tprechen als der formale Teil des Kunftwerkes zu den oben genannten 

i Organen, fie find die Symbole, mit deren Hilfe ein Geift uns feine Inhalte offenbaren will. Da 

J aber nun jeder Menfch fich vom andern in der pprfOnlichen Anlage unterfcheidet, das heiBt, da 

I ein jeder Menfch andere Symbole beherrfcht und in anderen ungefchickter ift als feine Neben- 

1 menfchen, fo ift ein Verftandnis geiftiger Werte immer nur dadurch mdglich, daB wir die 

i empfangenen Symbole in uns in die uns gelaufigen umfetzen. 

I Setzen wir gleiche Genialitat voraus, und nehmen wir an, fiinf Kunftler verfchiedener FakultSt 

- erleben dasfelbe Naturfchaufpiel, fo werden fflnf Kunftwerke es uns kUnden; aber fUnf weitere 

KUnftler werden wieder fanf neue Kunftwerke daraus formen mUffen, um ganz und voll das 
urfprtingliche Naturerlebnis felbft erleben zu kOnnen. Das ift doch Uberhaupt das Wefen des 
kUnftlerifchen Schaffens, daB derjenige, der etwas ganz erfaBt in feinem Wefen, es unwillkUrlich 
in eigene Worte, eigene Symbole kleidet, eben in die ihm gelaufige Kategorie von Symbolen. 
Die fo^ entftandene Form ift das Kunltwerk. Man fagt, der KUnftler muB fich auBern, Ja weil 
jedes voile Verftehen ein vollendetes Formen ift und jedes Formen eben ein fich auBern. 

Man kann fich felber auf Grund des Gelagten meffen. Sage mir was ein Eindruck in Dir 
auslO'It (nicht wiederhole mir den Eindruck, damit kann hOc'hltens ein mechanifcher Apparat, kein 
lebendiges Wefen imponieren) und ich will Dir fagen auf welchem H5hengrade des Berges der 
Wahrheit Deine Genialitat angelangt ift. 

Wie iaffen fich nun die Hohengrade der Kunft charakterifieren? 

■ : ) Aus Bd[l „Auf dem Wege zur " Musik* ungedrucit, bis jetzt erschien gedruckt nur M II Rhythmik, Metrik, 
Ton und StillehreV". Ausiieferung an den Buchhandel durcli Carl 'Fr. Fleischer, Leipzig. 






So leid es uns tut, wir miiffen es jetzt geftehen, da6 wir den Weg zur Wahrheit nur fym- 
bolifch andeuten, niemais felbft denen mitteilen konnen, die ihn nicht ohne Symbolejerrtehen 
kSnnen weii fie ihn noch nicht felbft gewandelt find. Das ift ja das unheimliche Wefen der 
Wahrheit und damit auch der Kunft, oder beffer des Inhaltes alter Kunft, daB es erlebt werden 
muB oder man muB mit Worten v v erlieb nehmen, die ein leerer Schall find. Was wir felbft erleben, 
formt fich in uns und aus uns heraus zu Bildern in Worten oder fonftigen Formen, die auf die 
Sinnesorgane wirken; aber wo wir nicht „erlebten« (was das ift, weiB ich felber nicht, es ift eben 
das Erfaffen des inneren Wefens felbft ohne Organ, ohne Denk-, GefUhls-, Hor-, Seh-, Riech- oder 
Schmeckapparat) da find uns Symbole leerer Schall, die wir nur heimlich lieben, well wir ahnen, 
daB fie etwas verbergen, das zu befitzen koftiich ware. , 

Die verfchiedenen HOhen der Kunft k5nnen wir nur.durch ihre Symbole oder auBerlichen 
Formen andeuten. Urn nun die Formen zu geben: Je tiefer der Sinn, umfo einfacher das Symbol. 
Das fei die Oberfchrift. Und nun deren Ausarbeitung: Je leichter es Dir wird, Uber Eindrucke 
hinauszuftreben, umfo beffer ift das was Du dahinter finden kannft; je mehr EindrUcke Dich felbft 
fefleln, umfo mehr wollen fie ihre Hohlheit verbergen. 

Eine Form die mich feffelt, hat zuviel Form oder zu wenig Inhalt, was dasfelbe fein follte 
aber nicht immer ift. Alle Form follte mich auf Inhalte leiten, je beffer fie das tut, umfo mehr 
erfllllt fie ihren Zweck, umfo vollendeter, zweckentfprechender ift fie. Man denke nur an die 
fogenannte Kitfchmufik. Ich meine nicht die, die tot geboren mriflonteTti die, die das Intereffe 
des Tages fUllt; fie ift zweckentfprechend im hOchlten 'Grade. DaB Werke diefer Art meift Eintags- 
fliegen rind, ift nur die Folge des niedrigen geiftigen Niveaus des Inhaltes, der felbft den ober- 
fiachlichen Menfchen nur kurze Zeit zu feffeln vermag. 

Die Liszt'fche Mufik hat diefelbe einfache Form, nur ift eben der Inhalt hoher geartet und 
deshalb auch die Technik eine andere und es erfordert einen kongenialen Klinftler zur Wiedergabe, 
den wir nach Liszt leider nicht mehr gehabt haben. Dasfelbe ift Qber Paganinis, Mahlers u. a, 
Mufik zu fagen. Wir nennen jede Form „nicht leicht" oder „zu fchwer", die ihrem Inhalt nicht 
abfolut entfpricht und dadurch mehr auf fich felbft lenkt anftatt auf das, was fie darftellen foil. 
Jedes komplizierte Symbol in unferm Sinne ift alfo unkttnftlerifch. 

So fehr alle Symbole urfprilnglich ihren ganz beftimmten Sinn haben, fo lehr kann durch 
mangelhaftes Erfaffen diefes Sinnes in mir der Eindruck erzeugt werden, als ob er fich verlchieben 
kOnnte oder gar verfchoben hatte, und das Refultat ift der Glaube, der heute wie eineJKrankheit 
verbreitet ift, daB man Symbole willkUrlich fetzen kOn'nte. Der Verftand fetzt fich zum Herren 
und wir laffen es uns gefallen; weil diefen Diener in uns wachfen zu fehen uns zu viel Freude 
machte, haben wir uns ihm bis zur Knechtfchaft hingegeben. Er predigt uns was er wilt und 
was thm-tiegt, und fo ift man heute der Uberzeugung, daB jedermann mit dem Sinnfailigen jonglieren 
kOnne. Allerdings ift das nur moglich wo nach „dem Sinn der fSllig lit* wenig oder nicht gefragt 
wird, fonft erkennen wir bald den Kunftfchwatzer und Phrafeur und weigern ihm unfere Gefolgfchaft. 
Wenn ich namlich ein. derartiges konftruiertes anftatt komponiertes, gefchaffenes Werk zu erfaffen 
yerfuche und fich meine Symbole einfinden auf Anreiz der gleichwertigen des Andern, zeigt fich 
der Unfinn und offenbart fich die geiftige Untiefe feines Standpunktes, 

Oanz unfinniges 10ft in mir keine Wirkung aus (das heiBt meine Symbolik). Denn das 

dttrfen wir doch nicht vergeffen, jeder Menfch geht von fich aus, und fetzt, wenn er etwas auf- 

nehmeij foil ohne weiteres yoraus, daB das GehOrte oder fonftwie Empfangene von irgend 'einem' 

piftigen Niveau kommen muB> daB er felbft einmal durchfchritten, oder das ihm wenigftens als 

^;"ti^unit'ln der Feme fichtbar ift Er reagiert alfo durchaus befangen. Da der felbft geiftig 

Schtafende tlberhaupt nichts geiftiges erfaffen kann, fehaltet er hier iiberhaupt aus, aber jeder 

einigermaSen Erweckbare (und jeder ift es einer heheren als der bereits "erreichten Stufe gegen- 

>»ber| ahnt das hOhere und erkeiiiit das unter ihm liegende. Nur eben nicht das ganzHch Negative. 

:|^t}& loaches von Fachkttnftlern gerade heute wieder produziert wird, ift es nur zu verftandlich, daB 

? :-:^ als fei allein Fachkenntnis notig um Kunft mverftehen. 









Nein Genie imiB man haben, und das haBt aile Fachkenntnis als totes Werkzeug, das immer 
unzulanghch und auBerdem anmaBend ift. 

Unter dem vom Standpunkt der Wahrheit aus negativen verftehe ich alto das was nicht 
geitiges mtt irgend einer Symbolik mitteilen will, londern, in der Symbolik als an rich finnvollem 
verftnckt, nur wieder Symbole, und Ober Symbole mit neuen Symbolen erzahlen mSchte. Die 
Entltehung diefes Irrtums ift nur zu leicht zu veritehen. Soweit erzahlt uns unfer Oberfklave 
Intellekt jederzeit den Hergang der Dinge, daB er uns zeigt, wie die empfangenen EindrOcke 
andere in uns auslofen. Wer nun geiftig fchlaft und die finn-, gefflhls- oder verftandesfailigen 
Eindrucke for etwas an und for fich felbft halt, der muB es erlaubt finden zu transponieren urn 
des Transpomerens willen, und fo tanzt ein rhythmifcher Gymnaftiker die .Notenwerie einer 
Bachfchen Fuge, anftatt die fOr die Mufik maBgebenden Formelemente des Rhythmus zu vergeffen, 
urn die for den Tanz maBgebenden Formelemente der Architektur der Stellung an fich zu ver- 
wenden (daB Tanz kinematographifche VorfOhrung von immer wechfelnden Architekturen ift, wiffen 
heute noch wenige „Tanzer"), fo malt ein Maler Natur ab, anftatt eine Farbenfymphonie und 
Linienfymphonie zu fchaffen, die den Inhalt der Landfchaft, nicht aber ihre Symbole in der Natur, 
die garnicht mehr fOr die zweidimenfionale Malkunft paffen, wiedergeben. 

Wir find zu einem merkwilrdigen Refultat gekommen. Die fOr ein Kunftwerk verwendeten 
Symbole fagen uns nichts uber Fein Niveau im Reiche der Wahrheit, der Inhalt felbft fagt es nur 
dem Kundigen. Der Lernende und das find wir alle, jeder nur einer anderen Stufe gegenOber, 
aber kann die HOhenlage eines Kunftwerkes nur erkennen durch Betrachtung der automatilch 
wirkenden Fahigkeit unferes Inneren, fremde Symbolik in eigene zu Obertragen. 

Da zeigt fich was gemeint war, da zeigt fich ob etwas gemeint war und wir kommen zu 
der wahren Kunftkritik, die weniger Wert auf die abfolute H5he im geiftigen legt, weil fie diefe 
als Faktum hinnimmt, .das nur der Schaffende felbft durch Weiterentwicklung Mndern kann, und 
gar keinen Wert fozufagen auf die Form, weil fie ja bedingt ift durch den Inhalt, und von felbft 
fich beffert. Aber das einzig wichtige wird klar hingeftellt und fcharf bewertet, namlich das innere 
Streben, das Genie, die Kunft des Schaffenden. 

Und damit die Wahrheit des Gefagten manchem deutlich werde, dem fie fonft verborgen 
bliebe, wollen wir auf den einfachen Trick aufmerkfam machen, daB man unverftandlich bleibende 
Kunft dadurch prOfen kann, daB man fich bewuBt auf den Standpunkt derer ftellt, die geiftige 
Inhalte nicht kennen oder fie in den Formen im Formfpiel felber fehen, Man verfuche z B. Hugo 
Wolfffche Lieder oder einige Schumann, oder Brahmsmufik fo zu faffen, daB man irdifche Bilder 
heraufbefchwort bei ihrem Anhoren und fofort wird man merken, daB das viel leichter ift als wenn 
man hier nach einem geiftigen Sinn fragt, oder man ftelle fich bei Beethoven bewuBt auf den 
Standpunkt des Menfchen, der aus eigener Kraft etwas erringen will, oder bei Liszt auf den 
eines Menfchen, der alles durch Gnade empfangen will, oder bei Wagner auf den, der fich noch 
fern fUhlt von Gott aber identifch mit der Welt, anftatt es umgekehrt zu machen wie Mahler. 
Kurz, man mache fich die verfchiedenften Weltanfchauungen klar und lege fie als MaBftab an die 
Kunftwerke an und wird fie alle aus den Weltanfchauungen verftehen und tolerieren fernen. Man 
ftoBe fich nicht daran, daB ein KOnftler vielleicht felbrt hOchft unbewuBt war; feine UnbewuBtheit 
rettet ihn nicht vor einer ganz beftimmten Stellung zu fich, Gott und der Welt, und diefe Stellung 
wird ihre Wirkungen austiben. Aus unferer Reaktion auf die vom KUnftler gewShlten Mittel 
erfahren wir feine Stellung im Weltall, und wir lernen die Leiter der Kunft ilberfchauen — -rOckwSrts 
wHfend, vorwarts glaubend. 



* 







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Zur Affhefik 

Von Dr. Hugo Leichfenfriff. 



Paul Moos' neues Buch: „Die deutsche Asthetik 
der Gegenwart" (Verlag Schuster <fc Loeffler, Berlin) 
gtbt Anlaft, die Frage nach der Bedeutung der 
Asthetik fur die musikalische Praxis aufzurollen. Eine 
ebenso peinliche, wie schwieiige Frage. In einem 
umfangreichen fruheren Werk schon hat Moos die 
„Moderne Musikasthetik in Deutschland" behandelt. 
Er erganzt jene Arbeit nunmehr durch die vorliegende, 
in der es sich tim die Versuche etwa des letzten 
Vierteljahrhunderts handelt, dem schwierigen Thema 
von der Seite der Psychologic beizukommen. Mit 
aufcerordentlicher Grundiichkeit und Sachkenntnis be- 
wertet Moos hier kritisch die Denkarbeit, die unsere 
angesehensten Psychologen hier aufgewandt haben, 
urn die Frage nach dem Wesen der Musik, des mu- 
sikalischen Kunstwerks, der Auffassung der Musik 
durch den Horer ihrer Losung entgegenzufiihren. 
An! nahezu 500 Seiten wird hier erOrtert, was Ktilpe, 
Groos, Muller-Freienfels, Witasek, Lipps, Dessoir, 
tange, Meumann, Volkelt und viele andere Psycho- 
logen in tiefgehenden Untersuchungen zur Sache zu 
$agen haben. Hochinteressant, alien diesen ver- 
wiekelten Parlegungen zu folgen fiir denjenigen, der 

'fr'.'itiese Dinge vom Standpunkt einer Art Denksports 
frtmngeht, wie etwa ein Amateur an das Schachspiel. 
Xrostios jedoch das Ergebnis fiir den Kiinstler, der 

■ ■■■■$£** der Wissenschaft Erleuchtung erwartet und nun 

Stebe anstatt Brot vorgesetzt erhm Die fible Lage 

i -'Hm psychologischen Asthetik, der ^sthetiK fchlechthin 



laBt sich in- Kttrze darlegen durch den einen Satz: 
Die groBen Kiinstler, die uber ihre Kunst das wert- 
vollste miiBten aussagen konnen, sind fast imrner zu 
wenig geschulte Denker, und die ztinftigen Philosophen 
sind gemeinhin ,zu sehr Dilettanten in der Kunst und 
kennen die kunstlerischen Probleme meist nui aus 
zweiter Hand, nicht durch eigenes schopferisches 
Erlebnis, sondern auf dem Umwege iiber den 
griibelnden Verstand. So kommt ein Zwittergebilde 
heraus, an dem niemand eine rechte Freude haben 
kann- Es ist meine Uberzeugung, daB man iiberhaupt 
nicht ersprieBlich Asthetik treiben kann in dem Sinne 
wie der Anatom einen toten Korper zerlegt und 
durchforscht. Nur im engsten Zusammenhang mit 
der Praxis der Meister ist der Sache beizukommen, 
Leider hat die neuere Kunstwissenschaft diesen Zu- 
sammenhang mit der lebendigen Praxis zu sehr aus 
den Augen verloren. Jede neue kunstlerische Be- 
wegung bedeutet gleichzeitig eine neue Asthetik. 
Neue Vorstellungen vom Wesen der Musik, von 
Zweck und Ziei der technischen Methoden, neue 
kultureile Einstellungen iiberhaupt, neue Einsichten 
in die Mogiichkeiten des musikaiischen Ausdrucks, 
Erweiterungen der tonlichen Materie, im Tonsystem, 
in neuen Jnstrumenten u. dgl. sind es die eine neue 
kunstlerische Bewegung einleiteri. Hier hatte eine 
praktische brauchbare Asthetik einzusetzen. urn das 
im Oefiihl nebelhaft und verschwommen Liege'nde 
durch deutliche Begriffsbildung zu klaren Wie ver~ 






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schieden z. B. die Asthetik Bach's, Mozart's, Beet- 
hoven's, derRomantik, Wagner's, Debussy's, der neu- 
zeitlichsten Gruppe! Und andererseits auch wie viel 
alien diesen so verschiedenen Personlichkeiten Ge- 
meinsames! Sowohl das Konstante, wie das 
Wechselnde dient gleichermaBen der Erkenntnis des 
kiinstlerischen Problems. So ist Kunstasthetik un- 
trennbar von Kunstgeschichte und als vermeintliche 
selbstandige Wissenschaft ein totgeborenes Kind. 
Nur ein Kunstler kann mit voller Autoritat liber 
Kunst reden, und auch nur jener Kunstler, der gleich- 
zeitig ein geschulter Denker ist. Daher die un- 
geheure Gleichgultigkeit, mit der die Kunstler unserer 
Zeit al,e die sehr ernsthaft gemeinten und mit Auf- 
gebot einer groBen Denkkraft aufgestellten Theorien 
der Psychologen aufnehmen oder vieimehr gar nicht 
aufnehmen. Tun die Kunstler recht an dieser Gering- 
schatzung? Zweifelios nicht Die heillose asthetische 
Vervvirrung unserer Zeit, die Unklarheit iiber Ziele 
und Wege der Kunst bei den ftinstlern unserer Zeit, 
der mafilos ubertriebene Personlichkeitskult, die 
Unterschatzung der rein sichlichen Dinge, die 
mangelnde Einsicht in die al£zeit unaband.erlichen 
Grundlagen jeglichen kunst ; erischen Ausdrucks: 
lauter Folgen ungeklarter asthftischer Begriffe. Jede 
wahrhaft groBe KunstaurterungJnat aber bisher immer 
auf einer festen asthetischen Bisis geruht, einer sehr 
bestimmten, in ihrer Richturg klar durchdachten, 
durchfUhiten Kunstanschauung. Es ware also unserer 
Zeit eine zeirgemafie, lebentjge Asthetik aufter- 
ordentlich wertvoli. Wie hoch stent z. B. das acht- 
zehnte Jahrhundert in asthetischer Klarheit Uber dem 
zwanzigsten! Kunstbetrachtungind Praxis im engsten 
Zusammenhang, einander beefofiussend und be- 
fruchtend! Wie eng verknupft ist z. B Gluck mit 
den Schriften'der geistvollen Panser Encyklopadisten, 
wie gut ist Mozart asthetisch |undiert (man lese 
daraufhin seine Briefe), welch eiife Welt asthetischer 
Einsicht bekundet Bach, wie deuflich reprasentieren 



Handel, Hasse,Rameau ein ganzbestimmtes asthetisches 
Ideal! Hier wird klar, wie die musikalische Praxis 
einerseits abhangig ist von den ein gewisses Zeit- 
aiter beherrschenden asthetischen Ideen, d. h. von 
den ausgereiften Anschauunjren der fUhrenden Meister: 
dies im Einzelnen darzustellen w8re eine ebenso 
reizvoile wie ersprieBiiche Aufgabe, die bisher noch 
nicht x zuianglich behandelt worden ist. Andererseits 
jedoch haben die grofien Meister wiedertim der 
asthetischen Betrachtung neuen AnstoB gegeben, sie 
in andere Bahnen gelenkt. Diese enge wechaelaeitige 
Beziehung zwischen Praxis und Asthetik ist fUr das 
ganze 18. Jahrhundert charakteristisch, sie fehlt unserer 
Zeit sehr empfindlich. Daher das verhaitnismaBig 
hohe Niveau, die vortreffliche Schulung jener Zeit, 
die solche krasse Abstande nicht kennt, wie die 
musikalische Praxis der Neuzeit in ihren artistischen 
Hohen und unsaglich platten Niederungen. 

Solche Betrachtungen und Wunsche steigen in 
mir auf beim Lesen des Moos'schen Btiches. Sie 
sollen keine Herabsetzung der gehaltvollen, trefflichen 
Leistung Moos' bedeuten, sondern nur auf die wie 
ich glaube verfehlte Richtung hinweisen, die bei der 
Behandlung musikasthetischer Fragen seit langerer 
Zeit schon eingeschlagen worden ist. Was das 
eigentliche Problem des musikalischen Kunstwcrks be- 
deutet weiB eben nur der schaffende KUnstler, und die 
Spekulationen selbst der geistvollsten, gelehrteslen 
und scharfsinnigsten Philosophen mUssen immer das 
Ziel verfehlen, weil sie es nie in genUgender Deut- 
lichkeit wahrnehmen k6nnen Die reife Einsicht in 
kUnstlerische Probleme ist einzig und allein durch 
lang andauernde schopferische Erfahrung zu erlangen. 
Gute Biteher mogen bis zu einer gewissen Grenze 
hiitzlich sein. Ein Buch wird aber nur gut, wenn es 
aus der yertrautesten Kenntnis seines Gegenstandes 
sich herleitet, und diese intime Beziehung zur Musik 
fehlt eben der psychologischen Asthetik. 



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YERBAND DER 

©emelni*tltei«ie 

IMUphon: Ami NOIXENBOEF 
dttaflementsvermlttJung, Arrange 
Alia Ratoatta warden den KUgsf' 




ERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V. 

erfeOtieilung: BerllnW57 f BlumenihaUirafie t*7 

Telegramm-Adi^ae: P03D HMKITHBT . 
von Konzerten, Vortrags* und Kunattanaabenden far Seriin und *Ue Qrtft dee In- und Atulandfts. I 
itgtbrachi Niedrigere Prorisionen als bei ge^verbsmafligen KonE*rtag«tit*a 



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Widifige neue Mufikalien, Bttdier und Auffafze 

iiber Mufik, 

mitgeteilt von 
Professor Dr. Wilhelm Altmann, Berlin-Friedenau. Sponholzstr. 53-M. 

Diese Zusammenstellung, die moglichst in jedem Heft dieser Zeitschrift erfolgen wird. will mich uod- un- 
gedruckte groSere Werke, vor allem Symphonien, symphonische Dichtungen, Konze.rte, Kammermusikwcrke. Opcrn. 
Chorwerke mit Orchester einbeziehen, um namentlich Dirigenten darauf aufmerksarn zu rnachen. Dicjcni^en 1\<nv t,:cr ( 
die derarfige Werke (jedoch nicht etwa Klavierstucke, Lieder, Mannerchore) fertig habcn, werden ^ebeteu. mich d-»von 
in Kenntnis zu setzen, doch behalte ich mir die Entscheidung iiber die Aufnahme vov Diose kann audi bei ^edmcktofi 
Werken weder durch ein Inserat.noch durch Einsendung der betreffenden Musikstuck* oder Biicher er/wimgcn wcrdcn 
Rucksendung etwaiger Einsendungen wird grundsatzlich abgetehnt. \ 

Die HinzuSugung des Verlags wird Bestellungen erleichtern. Zu den angefcebenen Preiscn komint immer 
noch der sogen. Teuerurigsaufschlag seitens des Verlegers und auch des Sortimenters liinzu; er schwaukt bekaimilicU. 
meist aber betragi er 200%-+ 10%. 

L Inffrumenfalmujik 

a) Orchefter (ohne Soloinffrumenfe) 

Becce, Giuseppe: Kinothek. Neue Film-Musik. Dramat. 

Musik I Tragisches Drama Schlesinger, Berlin 40 M. 
Braunfels, Waiter: Phantastische Erscheinungen eines 

Themas von Berlioz. Universai-Edit. P. u. St. 

Preis nach Vereinbar. 
Bruch, Max Felix [Hamburg]: Ekkehard. Symphonische 

Dichtung noch ungedr. 
Gafimann, A. L: op. 42 D'Landlermusik. 110 Landler 

und Buuretanz aus dem Hiigeliand u. den Schweizer 

Bergen gesammelt, efganzt und gesetzt. Hug, 

Zurich 5 M. 
Humperdinck, Engelbert: Gaudeamus. Szenen aus 

dem deutschen Studentenleben. Spieloper. Nach- 

'.kompon. Ouvertttre. Furstner, Berlin Part 12 M.; 

St. 20 M. * 



DohnanyJ, Ernst v.; op 27 Konzert (di f Viol. 

Alberti-Verl., B.-Wjlmersdorf. Ausg m. Klav 12 M 
Grabert, Martin: of. 17 Zum Gedaehtms Orgel- 

Fantasie (g). Oppenheirner, Hamein 2 M 
Leupold, A. W.; Pr*ktisch-theoret. Anleitung zur Er- 

lernung des Orgelsfrids. Oppenheirner, Hameln 3 Al 
Liszt, Franz: Auswihi aus den Klavierwerken, be- 

zeichnet v- Euger d'AIbert. Bote & Bock 3 Bde 

je 4 M. 
Witte, G. H: op >12 Konzert (a) f V iolonc. Ruble, 

Lpz. Ausg. m. (lav neue verbess Aufi 10 M. 
Wurm, Mary [B*|j n |; Kakteen. Klavierstucke im 

hochmodernen Sji noch ungedruckt 



b) Kammermufik 
Anders, & l % (KdlnJ: op- 40 Srreichtrio (Es) noch 

ungedruckt 
SshdHfoerg, Arnold: op 10 Zweites Streichquartett. 

trniversaJwEdih kl Part: 2,50 M. 

: ' *.-'-■':■ ^. ■ ' ., ■ . 

T c) Sdnffige Inftmmenialmulik 

,^ek, r ja^-«lnilt.: Brtte OtivWQre {SuifeJ f. Solo- 

<£ getge u, Strtlcboreh. m. unfergelegt. Pfte (Cembalo), 

&m V* Mm Fsreanq Breiftapf & H4rtel 



II. Qefangsmufik 

f a) Opern 

Bittner, Julius: r te Kohlhaymerin. Oper Umversal- 
Edit Klav.-A.,20 M.; Textbuch l.,50 M. 

— La Tarantetl^de la mort (Todestarantella) Mi mo- 
drama. Univeo{-Edit Klav -A.8M; Textbuch 0,50M. 

Mattausch, Hai| Albert:- Graziella. Musikdrama. 
Bote & Bock..kiav.-A. 18 M. 

Schelnpflug, Paul Der Kammersanger. Heitere Spiel- 
oper [nach Ilansteitlt Kammermusikj noch an- 
fedruckt f 

Weltigartfler, Feli^op, 14 Genesis Oper JNeite 
Fassung) Bote &%&& KlttV^A 18 M 

Wurm, Mary [Berlin] ^Cie MHschuldJgen- Spieloper* 
Text von Goethe WteviA, Selbstveri. [Zur Uf- 
auftlhrung im StadttH^aHf m -Ldp^ angenommen J 




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b) Sonffige Gefangsmufik 

Anders, Erich [Koln]: op. 41 Klage Heioisens (Alt) 

und der Nonnen am Grabe Abalards mit Orch.; 

op. 42 Osterhymnus f. Tenorsolo, gem. Chor, 

Knabenchor u. Orch. noch ungedruckt 
Cederschiold, Adele: Sechs Terzette f. Frauenst. Max 

Brockhaus, Lpz. Part. 4 M. 
Eulenburg, Philipp von: Roseniieder f. 1 Singst in. 

Pfte. Jubilaums-Prachtausg. illustriert v. Franz 

Stassen. Bote & Bock 7 M. 
Hatzfeld, Joh. ; Tandaradei. Ein Buch deutscher 

Lieder mit ihren Weisen aus acht Jahrhunderten. 

Volksvereinsverlag, M.-Gladbach )8 M. 
KreisI, Victor v.: op. 16 Sechs Lieder aus dem Irr- 

garren der Liebe von 0. J. Bierbaum f. 1 Singst. 

m. Pfte. Porges, Prag 3 M, 
Moser, Franz; op. 11 Vier vierstimm. Gesange fur 

Frauenst. Part 2 M.; St. 1 M. — op. 28 Drei 

Mannerchore Part. 2 M.; St. 1 M, Universal-Edit 
Neumann, Mathieu: Den Heiden. Requiem f. Manner- 

chor. DUsseldorf 57 Seibstverl. Part. 3 M.; St 2 M, 
Onegin, E. B.: Marienlieder f. 1 Singst. m. Pfte. 

Bole & Bock Nr 1 u. 4 je 1,50; Nr 2 u. 3 je 2 M. 
Rtfthig, Waiter: Sonne im Herzen. 12 Lieder fUr 

1 Singst. m. Gitarre oder Pfte. Kahnt, Lpz 2 M. 
Rosegger, Sepp: Ein weltliches Requiem nach Worten 

Peter Roseggers f. Soli, gem- Chor, Knabenchor, 

Orch. u. Org. Max Brockhaus, Lpz. AuffUhrungs- 

mat. leihweise; Klav.-A. 12 M. 
SchtSnberg, Arnold: op. 12 Zwei Bafladen; op. 14 
Zwei Lieder f. 1 Singst. m. Pfte, Universal-Edition 
jede Nr 2 M. 
— : op. 20 Herzgewachse f. hohen Sopr., Celesta, 

Harmonium u. Harfe. Univers.-Ed. 3 M. 

Springer, Max: Abend auf Golgatha f. Tenorsolo, 

gem. Chor, Vcello u. Org. Univers.-Edit Part 2 M, 

Winternitz, Arnold: op. 17 Falterlieder von L. Finckh 

f. 1 Singst m. Pfte Nr 1-7. Bote & Bock je 1,50 M. 



III. Melodramen 

Bauer, Hannes: op. 2 Auswanderers Kind. Melodram 

mit Pfte. Speka-Vert, Lpz 2 M. 
Knab, Armin; op. 20 In Bulemans Haus. desgL 3,50 M. 
Merling, Kurt: op. 18 Die Wiederkehr der Ginevra 

Amierf. Melodram m. Pfte. R. Wunderiich, Lpz 5M. 



IV. Budier 
und Zeif fdiriffen - Auf fa^e 

(alphabetisch sowohi nach Stichworten wie nach den 
Verfassem geordnet Bei Zeitschriften-Aufsatzen ist 
immcr mit Nr die des laufenden Jahrgangs gemeirttj. 

Agypten. AltagypfiscriTTO Von Curt 

Sachs. Hinrichs, Lpz 1,80 M. 
Basels Musikleben im 19. Jahrhundert. Von Wilhelm 

Merian Helbing & Lichtenhahn, Basel 6 M, 



Beethoven. Der Versuch einer musikphilosophischen 

Darstellung. Von Albert Hensel. (atho-Verlag, 

Berlin 3 M. 
Blessinger, Karl — 8. Pr obi erne 
Bruneau, Alfred. Par L. Vuillcmin — in: Lc m£- 

nestrei 16 
Biilow, Paul — s. Wagner 
Carraud, G. — s. Chausson; Faure; indy; 

Magnard; Ropartz 
Cavalli. Notes sur une partition <L' Eritrea 1686) 

faussement attribute a Cavalli. Par H. Prunteres - 

in: Rivista music ital. 2 
Charpentier, G. Par L. Vuiilemin — in: Le m6- 

nestrel 17 
Chausson, Ernest. Par G. Carraud -■ in: Le m£- 

nestrel 14 
Faurl, Gabriel. Par G. Carraud — in: Lc me- 

nestrel 15 
Gitarrespiel, Das kUnstlerische. Padagogische Studien 

von Joseph Zuth 2, verm. Aufl. Fr. Hofmeistei, 

Lpz, 7,50 M. 
Goldfaden, Abraham, der Begrilnder der Jiddish- 

Theater-Singspiele. Von M. KaUfmann — in: 

Zeitschr. f. Mus. 14 
Goldschmidt, Hugo — s. Tonsymbolik 
Griechische Musik. E- Romagnoli. Nuovi fram- 

menti di musica greca — in: Rivista music ital. 2 
Griveau, M. — s. Intervalle 
Hensel, Albert —• 8. Beethoven 
Holland. Musikleben in H. Von W. Sibmacher 

Zynen — in: Neue Musik-Ztg 20 
Janetschek, Edwin — s. Tonkunst 
Jiddish-Theater-Singspiele — s. Goldfaden 
lndy, Vincent de. Par G. Carraud — in: Le meV 

nestrel 9 
Intervalle. Les intervalles musicaux et leur expression 

comme Elements de melodie. Par M. Griveau — 

in: Rivista music, itai. 2 
Kaufmann, M. — s. Goldfaden 
Klavierspieh Die Technik des Klavierspiels. Ein 

neuer Weg. Mit 32 Abbiid. Von Eduard u. Adeie 

Reuffurth. Gebr. Gottheift, Kassel 10 M. 
Laute, Die. Eine Bildmonographie mit 134 Bildern. 

Von H*is Sommer Ad. KSster, Berlin 30 M.; 

Luxusausg. 50 M. 
Lichtspieltheater — s. Tonkunst 
Lienhard, Friedr. — s. Wagner 
Magnard, A. Par G. Carraud — in: Le m^nestrel 20 
Merian, Wilhelm — s. Basel 
Mozart, Leopold: Reise-Aufzeichnungen 1763—1771 . . . 
z. 1. Male voflst hrsg. u- erlautert von Artur 
Schurig. Laube, Dresden 60 M. J 

Opemregie. Die Entstehung einer AuffUhrung von 
der Annahme des Werks bis zur Premiere. Von 
Schaffer — in: Zeitschr. t Mus- 14 
Petschnig, Emil — s, Sttddeutsehiand 
Probleme, Die musikalischen, der Gegenwart u thre 
Losung. Von Karl Blessinger Verlag Dr. B, 
Fiiser, Stuttgart 14 M. 
Prunieres, H. — a- Cavalli 



307 



M 



op. 
Pa 



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Radiciotti, G — s. Rossini 

Reuffurth — s. Klavierspiel 

Romagnoli, E. — s- Griechische Musik 

Ropartz, Guy- Par G. Carraud — - in: Le menestrel21 

Rossini* il Signor Bruschino [buffoneria] et il Tancredi 

cli G. Rossini. Von G. Radiciotti — in: Rivista 

musicale italiana 2 
Sachs, Curt — s- Agypten 
Schaffer — s. Opernregie 
Schmitt, Fiorent. Par A. Roussel — in: Le monde 

musicale 5 
Schurig, Arthur — s. Mozart, Leop. 
Singspiele, Jiddishe — s. Goldfaden 
Sommer, Hans — s. Laute 



Siiddeutschlands Sendung. Von Emii Petschnig — 

in; Neue Musik-Ztg 20 
Symbolik — s. Tonsymbolik 
Tonkunst und Lichtspieltheater. Von Edwin Ja- 

netschek — in: Zeitschr. f. Mus. 14 
Tonsymbolik. Von Hugo Goldschmidt — in: Zeit- 

schrift f, Asthetik u. allgem. Kunstwissensch. 1 
Vuillemin, L. — s. Bruneau; Charpentier 
Wagner. Das Kunstwerk R. W/s in der Auffassung 

Eriedrich Lienhards. Von Paul Billow. Greiner& 

Pfeiffer, Stuttgart 3 M. 
Zuth, Joseph — s. Gitarrespiel 
Zynen, W. Sibmacher — s. Holland 






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Unsere Abonnenten machen wir hoflichst darauf aufmerksam, daB der hohen 
Portospesen wegen unsere Zeitschrift w MeIos" durch die Post zeitungsstelle zu- 
gestellt wird. 

Wir bitten daher freundiichst, jede Rcklamation betr. „Melos ft (Nichteintreffen, 
verspatetes Eintreffea etc.) bei dem betreffenden Bestellpostamt des Wohnorts bezw. dem 
Brieftrager aufzugeben. 

Sollte die Reklamation dort erfolglos verlaufen, erbitten wir freundlichit Mit- 
teilung nach hier, damit der Verlag Recherchen anstellen und evtl. Verzogerungen pp. 
abstellen kann. VERLAG „MELOS\ 



**mp / 




tjija% Dr. Borchardt & Wohiauer. 

(FERTIGSTELLUNO ALLER MUSIK - A.UFTrIqE) 
instrumentation, r- Transposition. 
Aufschreibcn gegebenet* Melodlen. 

Notenschreibenw 

Charlottcnburg 4, Wiefcrtdstf<^r*0; TeT- Amt Stejnpiati m$ 



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Zwei Stiicke aus den „Klangvisionen" 

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"Violine allein. 



Sehr langsam. 



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Fritz Frid. Windisch. 



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fft Notonbeitage zu „MeIos** 13. Heft, August X920. 



Jierliiitfir M'islkiilH'i) Bruekt-r*i G. 



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Erscheint am 1. und 16. jeden Honats. Zu beziehen durch die Postanstalten, Bucb- u. Musikalienhandlungen, sowie direkt vom Verlag. 
Hei-ausgeber: HERMANN S CHER-CHE N, Berlin - Friedenau, Wiesbadener StraBe 7. — Fernruf: Pfalzburg 882 

Red aktion: Berlin-WeilSensee, Berliner Allee 71. Fernruf: (Ws. 126). — Yerlag: Berlin-Weifiensee, Berliner Allee 71, JFernruf: Ws. 12tf. 
I'reis des Einzelheftes Mk. 2.40, im Viertelj.-Abonn. Mk. 12. - t bei Kreujzbandbezug viertelj'abrlich Mk. 13. — . — Nackdruck vorbehalten. 



Nx. 14 



Berlin, den i. September 1920 



L Jahrgang 



INHALT 

Dr. HANSfMERSMANN DieUnferfudtungneuerermufikalifdierKunJfwerke 

Dr. ERNST KURTH Romanfijdie Harmonik und ihre Krife in 

Wagners „Triffan", I. 

Dr. HERM. STEPHANI Tonmafhemafik — Tondeutung 

UDO RUKSER Das Mojer-Klavier 

ALFRED D0BLIN Wider die Verleger 

H. SCHULTZE-RITTER Kritifdie Befraduungen fiber das moden ied 

mif Beruckfidifigung von Liedern und Ge; jen 

von Manfred Gurlift 
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN . . Bedeufende Neuerfdieinungen und Manujkripfe 

NOTENBEILAOE: Arthur Sdinabel: II. Safe der Sonafe fur Solo-Violine 



„MELOS" 

in einer Luxusausgabe 

erfdieinf monaflidi einmal im Kunffverlag 

frit Gurlitf, Berlin W 35 



M 



op. 
Pa 



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Die Unferfudiung neuerer mufikalifdier 

Kunffwerke 

Von Dr. Hans Mersmana 

Es foil im Rahmen diefer Blatter verfuchf werden, mufikalifche Werke vor allern 
der Gegenwarf und le^fen Vergangenheit zu unferfuciien. Dabei fdieinf die Frage nadi 
dem Ziel und der Mefhode derarfiger Unferfudiungen von neuem wichfig. Denn fie 
verfchiebf jich wefenflich durdi die Eigenarf des Objekfs. 

Wenn hier von Unferfuchen die Rede iff, fo iff dies als abkiirzendes Sdilagworf 
aufzufaffen fur Verjudie; das Wefenfliche eines Kunffwerks begrifflidi feffzulegen, die 
individuellen und fypifdien Merkmale -eines'Werkes zu beffimmen, die fich aus der ihm 
eigenen Auswirkung der Elemenfe, aus feiner Form, feinem Inhalf, feinem Sfil, feinen 
Beziehungen zu Menfch, Umwelt und Kosmos ergeben. 

Derarfige Unferfudiungen hat es von jeher gegeben und fie haben immer 
den Widerfpruch der Mufiker und die Teilnahme der Laien erregf, wahrend ihr wirk- 
lidier Wt rf nur von einer Minderheif gekannf wurde. Die Griinde fiir die Ablehnung 
befonder durdi den Kiinffler felbff, aber audi durdi jeden feineren Menfchen, find felbft- 
verffandiich; audi da, wo fie das Erkennen nidif durdi frivole biographifche Beziehungen 
oder verwirrende bildhaffe und poefifierende Affoziafionen hinderfen, haben fie doch 
meiff durdi ihren Mangel an klarer Einffellung, durdi ihr gefahrliches Spiel mif fech- 
nifdien oder koloriffifdien Momenfen und befonders durdi ihre off gewalfjamen 
pfychifdien Analogien eher verwirrend als klarend gewirkf. Sdieinbar volksfumlidie 
Vorfrage, affhefifierende Feuillefons und ffilafhlefifche Krifiken haben den Begrijff einer 
Umfdireibung (nidif; Aus-Deufung) des mufikalifchen Inhalts durdi das Worf, weldie 
man Hermeneufik nennf, fdiwer diskredifierf. 

Dennodi mug nidif nur die Moglidikeff fondern audi die Frudifbarkeif einer be- 
grifflidien Unferfudiung mufikalifdier Kunffwerke bejahf werden. Der erzieherifche 
Gefidifspunkf ffeigert die Moglichkeif zur Nofwendigkeif. Und zwar nidif nur bei kom- 
plizierteren, neueren Formen: nein, gerade der Organismus einer Sinfonie oder Sonafe 
von Beefhoven iff in feiner abfolufen Groj3e, feiner off hodiff fubfilen Konffellafion der 
Kraffe und feiner Spannweife einem rein inffinkfiven Erfaffen ganz unzuganglich. 



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Diefer allgemeine Gefidifspunkf verfdiiebf fidi wefenflidi gegenuber einem Werke, 
weldies den Ausdruckswillen der Gegenwarf verfrift Hier fdieinf fowohl die Nof- 
wendigkeif als audi die Sdiwierigkeit einer begrifflidien Klarung augerordenflidi ge- 
ffeigerf. 

Eine Nofwendigkeif iff in mehrfadier Beziehung vorhanden. Sie iff befonders 
v .arop fiir die Empfangenden. Diefe ffehen zwar dem Wefen einer Sonafe von Beet- 
hoven in der iiberwiegenden Mehrzahl audi ganz verffandnislos gegenuber fie wiffen 
dies aber nidif. Sie haben durdi Tradition, Gewohnung und falfdie Erziehung ein 
aewiffes Sidierheifsgefuhl in ihrem Verhalfnis zur Mufik gewonnen, welches imffande 



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ware, fie iiber den Grad ihres Verffehens vollkommen zu beruhigen, wenn dies nofig 
fein Wiirde. Gegeniiber einer neuen Spradie aber ffeigerf fidi die Verffandnislofigkeif 
zur Hilflofigkeit 

Und diefer Hilflofigkeit ffehf nidifs enfgegen. Einem klaffifdi gewordenen Werke 
helfen ein erffarrfes Werfurfeil, eine pofifive Krifik, eine dodi gelegenflidi .an W fenf- 
lidies riihrende Analyfe. Dem Neuen gegeniiber fallen die erffen beiden Momenfe 
fort Das Werfurfeil iff fdiwankend und halflos, off ganz fubjekfiv. Es wird kaurn die 
Moglidikeif einer ahnlidi gro|3en Skala gleidizeifiger pofifiver und negativer fee- 
urfeilungen geben, von der unbedingfeffen Anerkennung bis zur zynifdien Verfpoffung, 
wie bei einem Kunffwerk der Gegenwarf. 

Durdi die Befradifung der Krifik aber wird die Nofwendigkeif einer eingehenden 
Unferfudmng befonders einleudifend. Von den allgemeinen Sdiwierigkeifen einer 
produkfiven Krifik foil dabei ganz abgefehen werden. Die Taffadie, dap* in vielen 
Fallen die Bewerfung eines neuen Werkes durdi einen Krifiker von der konfervafiven 
oder radikalen Ridifung feines Blaffes fdiledifhin abhangf, gehorf audi kaum in den 
Rahmen diefer Befradifungen. Aber audi wo das alles forffallf, find der Sdiwierig- 
keifen genug. Der ernffe Krifiker haf einem in der Taf neuen Werke gegeniiber die 
fdiwerffe Aufgabe. Er erlebf, riberwadif, analyfierf einen kiinfflerifdien EindruA, urn 
diefen foforf in das Worf umzufe^en. Seine Sfellungnahme enfwidself, verfdiiebf fidi 
wahrend des Horens; die Unmoglidrkeif, fruhere Teile des Eindrutks nadizupriifen, 
hemmf die Zufammenfaffung. So werden feme Kraffe durdi den erffen, widifigffen Teil 
feiner Aufgabe gebunden: Jidi felbff in ein Verhalfnis zum Gehorfen zu fetjen, em 
Verhalfnis, das bis zu einem hohen Grade fubjekfiv bleiben mup\ Und der andere 
Teil: das Werk als Erfdieinung feffzulegen, es zu umreipen, zu begrenzen, feme Tiefer 
und Hohen zu zeigen, bleibf ungeloff; die Empfangenden gehen leer aus, wenn ^.. 
nidif durdi zugefpifcfe Sdilagworfe und fdiongefdiliffene Vergleidie irre gefuiirf werden. 

Aus all dem erwadiff die Nofwendigkeif, Werke, die als bedeufungsvoll fur die 
Enfwiddung unferes Ausdru&swillens erfdieinen, fo zu erkennen, wie dies hier verfuc it 
werden foil: nidif auf Grund eines einmaligen Eindrucks fondern auf Grund emer all- 
mahlidien, mif dem Werke verwadifenden Einfuhlung, die, zwar fubjekfiv begrenzt, 
dem Werke ehrlidi, parfeilos, fudiend nadigehf. 

So gehf die Aufgabe diefer Unferfudiungen fiber die der Krifik hinaus. Das )ub- 
jekfive Verhalfnis iff Vorausfefeung. Sie wollen den Empfangenden eben )o aienen 
wie den Sdiaffenden felbff, fie wollen in gemeinfamem fudiendem Erkennen Fuhrer 
fein, zu den Werken zunadiff, fiber weldie fie reden, dann aber Wegweifer auf den 
gropen Wegen der lebendigeri Enfwicklung felbff. Sie werden irren, urn fo jfarker je 
mufiger fie find. Sie werden audi nadi verfdiiedenen Ridifungen weifen. Bodes .iff 
l^m^diaden, fondern Nofwendigkeif. Denn ehrlidier, fudiender Irrfum forderf. Und 
#r Wege find viele. 

:..■'. * 

Es iff nodi weniges fiber die Art der Unferfudiungen zu fagen ^J*^£ 
uberhaiipf yetallgemeinerf werden kann. Ihr gememfames Ziel: das Wei^aia ; a 
fdieinung feffzulegen, bedingf die moglidien Wege. Es werden zunadiff * lie dem 
Werke we enflidien Merkmale beffimmf werden .muffenDiefeliegenzunadMtm den 
Wirkungsbahnen der Elemenfe: im Melodifdien, Harmonifdien, Rhyfhmifchen m Kolont 
in der Dynamifc und Azogik. Die fidi von hier aus ergebenden tragen bedur en kaum 
naherer Kennzeidinung. Die melodifdien und harmomdien Merkmal ^ ernes fort 
Jdirifflidien Werkes beruhen auf feiner Sfellung zur Tonahfaf, auf dem Verhalfnis oer 
einzelnen Teilerjdieinungen zu Diafonik und Kadenz. 

m 



Nadi den elemenfaren Merkmalen frefen die formalen und ffiliffifdien in den 
Vordergrund der Befradifung. Hier iff bereifs in den meiffen Fallen eine hohere Bafis 
der Unferfudiung erreidif. War die melodifdie oder harmonifdie Halfung eines neu- 
zeiflidien Werkes nodi bei naherem Zufehen erklarbar, fo forderf die Bewerfung von 
Form und Sfil ein fieferes Eindringen; fie iff auf direkfem Wege meiff nidif mehr 
moglidi. Denn die Form kann nidif mehr unmiffelbar abgelefen werden, fondern wie 
fie felbff, fo iff audi ihr Erkennen erff in vielen Fallen Ergebnis einer Synfhefe. Das 
frifff bei dem Gefidifspunkf des Sfils nodi mehr zu. 

l!)ber Fragen des Inhalfs zu fprechen, iff in diefem Zufammenhang befonders 
fdiwierig und audi fur das Ziel der Unferfudiungen nidif unbedingf nofwendig. Um 
fo mehr, als bei der verwirrenden Unklarheif fiber die Grenzen des mufikalifdien 
Ausdruchsvermogens die Verffandigung fdiwer fein wird. Jedodi Wird in vielen Fallen 
ein Kraffegefdiehen aufgezeigf werden konnen, deffen Funkfionen fidi aus den 
fragenden Gedanken oder Kraffen des Werkes ergeben. 

Wenn alle diefe Forderungen erftillf find, friff eine weifere wefenflidie Frage in 
den Gefidifskreis der Unferfudiung: die Frage, wie weif die gefundenen Merkmale von 
fypifdier oder individueller Bedeufung find. Es erhebf fidi da ein Ziel, welches alle 
Einzelunferfudiungen zu Tragern eines hoheren gemeinfamen Erkennungswillen erhebf : 
aus der Gemeinfamkeif der individuellen Merkmale f oldie herauszulofen, weldie fiber 
das einzelne Werk hinaus fur die Halfung des gegenwarfigen Kunffwerks fiberhaupf 
fypifdi find. So follen Forderungen von einer gewiffen Allgemeingilfigkeif geffellf 
werden: erhoben nidif von irgend ein em Einzelnen, der fie gleidi Gefefjen fdiafff, 
damif andere fie befolgen, fondern erhoben von den Werken felbff durdi die bloj3e 
Taffadie ihres Seins, durdi die Kraff ihres organifdien Wadisfums in einer gro£en 
leben ligen Enfwicklung, weldie fie nidif zu willkiirlidien Spielen des Zufalls fondern 
zu von innen heraus bedingfen Friidifen eines Sfammes madif. 



<*> 



Dabei gewinnf ein Begriff befondere Bedeufung, weldier bei Unferfudiungen 
gerade mufikalifdier Hunffwerke meiff vernadilaffigf wird: namlidi der Enfwicklungs- • 
werf eines Werkes, einer einzelnen Teilerfdieinung aus ihm oder einer ganzen 
Perfonlidikeif. Wenn man von dem Werf eines Kunffwerks fpridif, fo meinf man in 
der Regel feinen abfolufen Werf. Gerade in der Mujik haf man das Bewu£ffein der 
zeiflidien Bedingfheif des Einzelwerks Vollkommen verloren, und wie es einerfeifs 
i'elbffverffandlidi iff, beim Anblick efwa eines alfdeuffdien Bildes ein wenigffens lafenfes 
Bewu)3ffein f einer Enfffehungszeif zu haben und bei der Bewerfung unwillkiirlidi in 
Redinung zu ffellen, fo fallf es andererfeifs niemandem ein, bei einer Sinfonie von 
Haydn an das ausgehende 18. Jahrhunderf zu denken. Weshalb diefe, Weil mif 
faltdien MaJ3en gemeffen, audi gewohnlidi unferfdiatf Wird. 

In der Ridifung des ridifigen Mages aber liegf der Begriff des Enfwicklungs- 
werfes. Er mug von dem Begriff des abfolufen kfinfflerifdien Werfes gefrennf werden 
und iff durdi die Sfarke der unmiffelbaren enfwicklungsfragenden Kraf'fe eines Werkes 
bedingf. Off fallf beides zufammen, Denn das in abfolufem Sinne gro)3e Kunffwerk 
haf fur die Enfwicklung gefefcgebende Kraff. Daneben aber ffehf der Typus jener \ 
Kunffler, deren fchopferifdie Kraff nidif ausreidife, um ihren Werken dauernden Werf 
zu fidiern, die aber dennodi ffir die Enfwicklung beffimmfer Formen und Sfile widifig 
geworden find Beefhoven haf in denfelb en Werken hddiffe abfolu^e und Enfwicklungs- 
werfe gefdiaffen. Der Enfwicklungswerf der meiffen Werke von Bach und Mozarf iff 




gering. Dagegen haf Philipp Emanuel Bach Werke hinferlaffen, die ihres nichf iiber- 
ragenden kiinfflerifchen Werfes wegen vergeffen find, deren Enfwicfcdungswerf dagegen 
enorm iff. 

Der Begriff des Enfwicklungs werfes muj5 fur die Unferfuchung zeifgenoffifdier 
Mufik befonders frudifbar werden, da er fich aus der Gefamfheif der individuellen und 
fypifchen Merkmale eines Werkes und feiner vergleidienden Einffellung in den Kreis 
ahnlidi gearfefer Werke annahernd beffimmen laj5t Seine Beffmimung muJ3 fogar zu 
einem le^fen Ziel der geplanfen Unferfuchungen werden. Ob diefe verfudien*. den 
abfolufen Werf ihrer Objekfe feffzuffellen, iff nidaf fehr wichfig. Denn diefe Feffffellung 
bleibf immer fubjekfiv und kann iiberdies erff durdi einen groj3eren Abffand des Be- 
fradifers von feinem Werke verbindlicft werden. Der Enfwidslungswerf ffehf iiber An- 
erkennung und Ablehnung; er iff parfeilos. Die klarende Erkennfnis der Werfe aber, 
um weldie die Enfwidriung unferes Ausdru&s ringf, iff eine Pionierarbeif, den 
Empfangenden eben fo geleiffef wie den Sdiaffenden. 



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313 



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Romanfifche Harmonik 
und ihre Krife in Wagners „Triffan" 

Von Dr. Ernft Kurfh.* 

Grundlagen 

Einffellung zur Theorie. 

Harmonien find Reflexe aus dem Unbewu£fen. Alles Erklirigende an der 
Mufik iff nur emporgefdileuderfe Ausffrahlung weifaus madifigerer Urvorgange, deren 
Kraffe im Unhorbaren kreifen. In ihnen liegf audi die Nafurgewalf aller Harmonik, 
nidif aber im Tonefpiel, deffen farbig leudifende Bewegfheif uberhaupf nur in Spiegelungen 
pfydiifdier, aus dem unferbewugfen Tiefenbereidi ausbrediender Energien erffehf. 

Was man gemeinhin als Mu{ik bezeidinef, iff in Wirklichheif nur ihr Ausklingen, 
nodi beffer ware es als ihr Auszif fern zu kennzeidinen. Denn wo mif den Klangen 
die Erregung der Sinne anhebf, fdilagen die fief en Unruhen der Mufik bereifs an die 
Sphare ihres le&fen Verebbens; ihre wirklidien und urjprunglidien, die fragenden und 
qeffalfenden Inhalfe find pfydiifdie Spannungsenfwicklungen, und diefe ver miff elf fie 
nur in der finnlidien Form, in der fie ans Ohr dringf. Die Klange find der haudiarfige 
Niederfdilag, den der eigenflidie Lebensafem der Mufik im Aufffeigen an die Tages- 
fhpare findef. Die Energien gehen in die finrilidi Wahrnehmbaren Klangwunder fiber 
wie der Lebenswille ins Welfbild. Erf f an ihrer lefjfen Oberfladie fonf die Mufik. 

Im Werden der Formen liegen daher die fdiopferifdien Inhalfe audi der Harmonik. 
Fur fidi befradifef ffellen die Harmonien leere Maferie dar, und alle Gefetmaflig- 
keifen, Formen und Formeln, wie fie die Organifierung vom Klangbild aufweiff, ffreifen 
nur die erffarrende Oberfladie der Mufik und gleifen von ihr ab, ohne zu ihrem Kern 
hinzuleifen. Das lebendige Grundgefdiehen der Harmonien aber beruhf darin, da£ fie 
immer die heraufwirkenden Kraffe empfinden laffen, die fidi aus den unbewu£fen 
Unfergrunden des Geffalfens zu greifbarer Geffalf in den finnlidi wahrnehmbaren 
Klangformen umfefjen. Das Wefen der Harmonik iff daher ihr ffefes Erffehen, 
<las 13berflie£en von Kraff in Erfdiein'ung. 

Und hier haf audi die Theorie anzufe£en, ffaff der Erf dieinungen deren Vorquellen, 
ias Wefen und den Ausdrudsswillen d£r eigenarfigen pjydiifdien Kraffebewegungen 
zu erfaffen, aus weldlen fidi die Harmonik enfwi<kelf und erbauf, und die im Bilde der 
Klange und im Strom der Klangforffdireifungen in Geffalfung fdiie£en. Die Umfefcung 
gewiffer Spannungsvorgange in Klange zu beobadifen, iff die Kernaufgabe aller 
Mufikfheorie. So allein iff es" audi moglidi, ein Einfiihlen und Miffdiwingen der 
lebendigen fdiopferifdien Kraffe audi im fheorefifdien Befradifen zu erwe&en und 
die langff ipsgeriffehe Verbindung zwifdien Theorie und Kunff wieder herzuffellen. 
Wer zur Erkennfnis diefer inneren Lebensgeffalfung der Harmonik vordringf, dem wird 
<iie Mufik aus einer Symphonie der Tone zu einer Symphonie energefifdier Sfromungen, 
lie fidi breifausladend im Fluge der Klangenfwiddungen auswirken, anfdiwellen und 
verftufen, die Wellenbilder wirr verzerrfeffer Formen auffdiie£en laffen und fidi wieder 
mm klaren.Ausgleidi glaffgerundefer Verfdimelzung lofen. • 

♦Paul ^aupf, Akademische BnchhandlttHgvorm. Max Drechsel. Bern und Leipzig 1930- 
Der Nachdruck des Anfangskapitels erfolgt mit ftJtiger Erlaubnis des Verfassers, 



:■*■■*.■ 




Nidif die au)3ere Nafur und aller Aufbau phyfikalifdi vorgebildefer Grundformeri 
iff Schopfer der Harmonik, fondern die innere, pfydiifche Nafur, die kraffbewegfem 
Geffalfungswillen in der Phanfaffik der Klangvorffellungen finnlidien Ausdruck fdiafff. 
Der Anfeil der Phyfik, deren Sfellung zur Mufikfheorie bisher ganzlidi und verhangnis- 
voll verkannf wurde, beffehf nur in gewiffen organifierend eingreifenden Normen, und 
audi dies, wie gerade die romanfifche Harmonik zeigen kann, in Jehr wechfelndem, 
befchrankungsfahigem MajSe. Soil daher nidif nur fur die affhefifdie Kunffbetradifung, 
fondern fur die Theorie felbff der Gefichfspunkf gewonnen werden, die lebendigen 
Kraffe der Geffalfung den Erfdieinungsformen, die nur ihr Ergebnis und lefcfe Ver- 
feffigung darffellen, voranzuffellen, fo gilf es audi hier, Jfaff bei Klangformen und 
KlangVerbindungen ' bei gewiffen pfydiologifdien Grundvorgangen anzufefjen, die lidi 
in ihnen nur darffellen, die' ihr fonendes Ausfdiwingen in jene Formen und durdi jene 
Klangverbindungen freibf. 

Zugleidi aber vermag ein Zuriickgreifen zu den eigenflidien Spannkraffen felbff 
und ihren fypifdien Enfwiddungsformen von der Mufik aus ungeahnfe Einbli&e in 
pfydiologifdie Phanomene uberhaupf, innerhalb der Mufik insbefondere aber in die 
Grundziige ihrer Sfilpfydiologie zu eroffnen. 

Mufik iff eine Nafurgewalt in uns, eine Dynamik von Willensregungen. Haf man 
einmal den Blick dafiir gewonnen, w*e fidi ihr unendlidies Ineinanderwirken im un- 
ruhvoll bewegfen Oberfladienfpiel der Harmonik darffellf, fo begreiff man bald, in 
weldiem Mage die eingewohnfe, in das Klangphanomen felbff verkrampffe Befradifungs- 
weife'der Theorie geeignef iff, die Erkennfnis vom Wefen der Mufik und audi ihrer 
fedinifdien Grundbedingungen zu zerfforen. 

Der Bli& in die Mufik iff durdi Klange verhangf. Die Theorie aber haf das 
Ghr fur das Unhorbare verloren und damif fur die Erfaffung der Grundvorgange, die 
durdi Tone und Klange. nur hindurdifchimmern. Aus dem Ausffromen drangender 
Willensfpannungen ans Erfonen in Klang und Farbe ergeben fidi audi alle fypifdien 
Formen, in denen fidi die Harmonik enfwi<kelf, und die Eigenfiimlidikeif ihrer innern 
Wirkungen. Die Klange find nidif wie einzelne Kriffalle vorgebildef, deren fidi wie 
zum Spiel einer fdionen „Zufammenffellung" die „Kompofifion" bedienf; Kriffallifafion 
iff £nde und Erffarrung einer Enfwicklung. Die Theorie nutf am lebendigen Grund- 
prozefo dem Ausbredien und Werden zum Klang, einfefcen, um fidi nidif zu 
Formelwefen und Sdiemafismen in weifem Bogen aus der Mufik herauszuverirren; he 
darf nidif den Zauber des Unbewu^fen, der in ihr liegf, zerfforen, fie mu0 inn begreifen. 

Nebeh diefem Kraffewirken mufef alles Klangfinnlidie nur wie ein Spiel an, das 
die innere Damonik der Mufik iiberfaubf und in die Tiefen zurifcfcgedrangf halt Die 
grope Lauflofigkeif ihrer Abgrunde birgf uberhaupf erff. die ganze F J*****^ 
mufikalifdier Spannungen; hier liegf audi, was im Grande alle Sehnfudif zur Mufik 
Judif, die romanfifche vor allem. 

Der Klang iff fof; was in ihm lebf, iff der Wille zum Klang. 

l (Forffefcung folgf.) 



* 



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Tonmafhemafik — ' Tondeufung 

Allerlei Nadidenklidies vor dem Reinharmonium 
Von Dr. Herm. Sfephani. 

Vor einigen Wodien, auf der Weimarer Tonkunfflerverjammlung, haffe idi die 
Freude, den Herausgeber diefer Zeiffdiriff fur Carl Eifc zu infereffieren. Idi folge heufe 
feiner Aufforderung, auf einige aus Eifj' Reinharmonium fidi ergebende Probleme hin- 
zuweifen und Eifj' Ausfiihrungen „Von der reinen Sfimmung" ein weniges zu erganzen. 
Carl Eifj' ausfiihrlidie Befdireibung des von ihm 1888 erfundenen, 1890 gebaufen 
Harmoniums in nafiirlidireiner Sfimmung mif 52 Taffen und 104 verfdiiedenen Tonen 
in der Okfave ruhf feif Jahren ffumm im Pulfe der Sfuffgarfer Firma, in deren Werfc- 
ffaffen es enfffand, diefe fdieuf fidi vor den Drucfckoffen, und die Welf fappf weifer im 
Dunkeln. Man madif fidi in der Mufikwelf ja gar keine Vorffellung von den einfadi 
erffaunlichen und gleidi beim erffen Horen vollig iiberzeugenden Tonerfdieinungen, 
die uns auf diefem Inffrumenf mif zwingender Beffimmfheif und fo, als waren wir uns 
langff ihrer bewuf5f, enfgegenfrefen. Und Ei& behaupfef, guf 95 Prozenf aller Menfdien 
[eien mufikalifch genug, um, richfig angeleifef, ihrer inne zu werden, ja fidi ihrer bei 
unbegleifefem Gefange einfadier mehrffimmiger Kadenzformeln felbffandig zu bedienen. 

Machen wir uns einmal folgendes klar: Allein in der diafonifdien Tonleifer, fagen 
wir in c-dur haben wir, ohne redif darum zu wiffen, 2 d, 2 e, 2 f, 2 a, 2 h in Gebrauch, 
je zwei vollig verfdiiedene Tonqualifafen, die eine in der nafiirlidi reinen Sfimmung 
der Oberfonverhalfniffe, die andere in der pyfhagoreifdien Quinfen- und pofenzierfen 
Quinfenffimmung, je um ein Komma (80 : 81 bezw. 63 : 64), d. i. efwa einen Adifel- bezw. 
Siebenfelfon, alfo ein redif Bedeufendes, von einander verfchieden. Welche iff aber 
fur die mufikalifdie Kunffiibung die richfige? Die Anfworf muj5 laufen: Beide find es. 
Denn es ergibf fidi efwas lilberrafchendes: Bei vorherrfdiender melodifcher Bewegung 
klingen die nafurlidi rein gewahlf en Infervalle maff, fad, falzlos, die pyfhagoreifdien 
(alfo in annaherndem Grade die, deren wir uns auf unferen femperierfen Taffen- 
inffrumenfen bedienen), aber gehalfvoll, mif fidierer Beffimmfheif die einzelnen Sfadien 
des melodifdien Sdireifens ergreifend und kennzeidinend. 'Umgekehrf : in harmonifdier 
Ruhelage klingen die pyfhagoreifdien abfdieulich unrein gegeniiber dem begluckenden 
Wohlklang nafurrein angeffimmfer Zufammenklange. 

Es kann nidif fdiwer half en, wohlgefdiulfe a cappella- Chore und Sfreidiquarfeffe 
zur Aufffellung phonographifdi feffzuhalfender Verfudisreihen zu gewinnen. Da wird 
man finden: bei vorwiegend melodifdi bewegfen Sfellen verlaffen wir die Sfimmung 
nafiirlidi reiner Oberfonverhalfniffe und bevorzugen die pyfhagoreifdie Quinfen- 
ffimmung mif ihren Jdiarfer infonierfen Infervallen, ebenfo zur Auspragung von Leiffon- 
beziehungen; bei vorwiegend akkordifdier Ausbreifung der Klange hingegen die 
nafiirlidi reine Oberfonffimmung. 

Der polyphone Sfil wird das Jelbffandige, eigenwillige Sdireifen der melodifdien 
Einzelffimmen mehr in der fdiarfen Auspragung pyfhagoreifdier Beffimmfheif zum 
Ausdrutfe bringen. Wer aber, wie der Verfaffer diefer Zeilen mif dem Leipziger 
Philharmonifdien Chor, die Freude gehabf haf, einrge a cappella-Auffuhrungen im. 
Volkerfdiladif-Denkmal, zu leifen und zu fingen, der wird fidi zufolge der iiber- 
walfigenden KlangWirkung diefes Weihe-Raumes zwar nofgedrungen auf Tonffiidie 
von breifem, Zeifmag und vorwiegend akkordifdier Wirkung befdirankf haben, aber er 
Wird reidilidi enffdiadigf worden fein: Mif den erffen Klangen ffellf fidi der Chor auf 
vollkommen nafurreine Infervalle ein; Kombinafions- und Oberfone bringen fidi *mif 
fabelhaffer Deuflidikeif zur Gelfung, der vierffimmige Tonfafc erfdieinf ins Vielfadie 
geffeigerf. 



Dazu ein anderes. Die reine Nafurfepf iiber der Dominanfe, 4:7, Iff auj5er- 
ordenflidi fief, um efwa 1 n Ton fiefer als die Unferquinf der Tonika. Beide Klange 
wirken vollig voneinander verfdiieden. Werden in den am Sdilup" ffehenden Beifpielen 
je fiir g und c gleidie Sdiwingungszahlen angenommen, fo wiirde in Beifpiel A das 
F fiefer beginnen als in B, beide Beifpiele aber in C-Akkorden von genau gleidien 
Sdiwingungszahlen ender(. Nun wollen wir einmal zwifdien Anfangs- und Endakkord 
je einen weiferen einfchieben und das F ffreng in feiher anfangsgewahlten Tonhohe 
feffhalfen. Was ereignef fidi da? Der zweife und driffe Akkord in Beifpiel C und D 
werden aus dem Saffel gehoben: Beifpiel C endigf um efwa V« Ton zu fief, Beifpiel D 
zu hodi. Nehmen wir nun an, der Komponiff verwende gar mehrere Akkord- 
verbindungen, die in gleidier Ridifung die Intonation verfdiieben — das kommf in 
der Praxis auf Sdiriff und Triff vor — miiffen wir dann, wenn wir „rein" fingen, nidit 
um halbe Tone herunfer- bezw. hinaufkommen? Audi dann nodi, wenn in Wirk- 
lidikeif ein Kompromi]3 ffafffindef zwifdien dem F einerfeifs mif feiner Tendenz, Jidi 
ffreng in der anfangs eingenommenen Tonhohe zu behaupfen, und den iibrigen Sfimmen 
andererfeifs, die fidi fiir die veranderfe Funkfion des F im zweifen Akkord von Bei- 
fpiel C und D dodi nidit mif Hauf und Haar aufzuopfern wunfdien? Ja vielleidit 
felbft dann, wenn der Dirigenf mif Stab und Geberde am Ende von Beifpiel C den 
Chor ein wenig „hebf", am Ende von D ihn ein wenig „fenkf"? 

Weldi eineTorheif, wenn nadi a cappella-Weft- und Preisgefangen, wie idi es felbft 
von einem der anerkannfeffen Preisridifer Deuffdilands gehorf habe, mif Bedauern 
feffgeffellf wird: Qener Chor fang an Ausdrud? und fonlidi bei weifem am fdionffen, wir 
konnfen ihm aber nidit den Preis reidien: er war einen halben Ton herunfergekommen. 
Weldie Ehge des Herzens und - der Erkennfnis der elemenfarften Ton-Taffadien! 
Es iff fdion fo: die weifgeforderfffen Mufiker wiffen gerade um die mufikalifdien Ur- 
verhalfniffe am wenigffen Befdieidl 

Idi will nun nidit aus der Sdiule plaudern und zuviele Erkennfniffe beruhren, die 
der ©ffenflidikeif mifzufeilen einzig Carl Ei& zukommf, vielleidit langff zugekommen 
ware Da es aber bisher nidit gefdiehen iff und das Unkrauf in die Halme fduept, 
mogen, bevor wir unfer Thema weiferfiihren, nodi zwei Hinweife erlaubf Jem. 

Was iff nidit fdion fur Tinfe gefloffen um den „harmonifdien Duahsmus ! 
Lebensjahre fpinfifierender Arbeit waren unferen Gelehrfen erfparf gebleben waren 
fie zu einem der drei gro0en oder zwolf kleinen Reininffrumenfe gepilgerf diezu 
kennen .freilidi mehr Gliicksfall als Verdienff bedeufef und haffen f^e Sdtainde toi 
wirklidien Klange eines pyfhagoreifdi geffimmfen und eines nafurhdi remen Moll- 
Slanges gelaufdif. Sie haffen zu ihfem Sfaunen vernommen, Welches in Wirk- 
„S Unferfone" diefer beiden Mollakkorde find: bei einem in Quinfen ge- 
mmmten g Vd" efw erklingf ein deuflidies g und - C, beta akutfifdi rei n.n g ' b'd 
abT- dlrVdur-Dreiklang Es B gl Mitfte es nidit eine Ehrenpfhdif Jein fur ,ede 
MnLwaZaTiMie iede Univerfifaf, foldi Reinharmonium, das vor dem Knege mif 
T^T!£' OMa V eUze 1600 Mark, mif 104 Tonen 5000 Mark gekoffef hat, 
zu Sen? Vor Wieviel unnuten Spekulationen haffe es bewahrf und mandi ein 
TheoSE der Mufik Jiftfte tiidit orakelf wie ein Blinder von der Farbel 

TheQ ^S ™£ eins. Carl m ■■&«**. ** <*er * und ^T h fv,,° LoS de 
unferen TaSnftrumenfen audi in Annaherungswerfen vollffandig fehlen, wohl die 
unferen /^ta^™ . , f zwolfffufige Tonleifer zu erweifern fein wird. Wer 

bringen wird, in wUlkurlidien Zerfaguhgen der Skala in Dnffels , vierteis ujw. 



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Infervalle beftehen. Ein wenig Ehrfurdif vor dem, was die Nafur felbff in kaum zU 
ermeffendem Reidifum dem nadi Verfeinerungen ffrebenden Geiffe an die Hand gibf, 
follte tins warnen vor willkiirlidi erzielfen bloj3en Annaherungswerfen, fo angenehm 
imrnerhin mandie befonders giinffig gelegene Driffels- oder Vierfelsfone unferem 
elaffifdien fonlidien Umdeufungsvermogen diinken mogen. Es wird Aufgabe der 
Tedmiker fein, den wachfenden Bediirfniffen der Tonvorffellung folgend, den 
Taffeninffrumenfen ganz allmahlidi von den Klangmoglidikeifen des Reinharmoniums 
immer reidiere Gebiefe' einzuverleiben, neue durdi das Reinharmonium angeregfe 
Moglidikeifen hinzuzugewinnen und dodi nidifs willkiirlidi experimenfierend herauf- 
zubefdiworen, was nidif die mafhemafifdien Brverhalfniffe mif ihren begliickenden 
Klangwundern, was nichf — die Nafur je lb ft wis in fo unerfdiopflidier Fiille fdienkt 

Wir kehren zu unferem Thema zurii(k und Jagen zufammenfaffend: Ein ffrenges 
Auseinanderhalfen, ein deuflidies Bewuj3fmachen der grundfafjlfdien Verfdiiedenheifen 
pyfhagoreifdier und nafiirlidi reiner Sfimmungsverhalfniffe mug als ein padagogifdies 
Zukunffsziel erften Ranges anerkannf werden. Vor einem aberwollen wir uns hiifen: 
vor jeglidiem Fanafismus. Es konnfe fonff gefdiehen, dag wir die remlidie Durdi- 
halfung einheiflidier Sdiwingungsverhalfnifje .fur einen Werfmeffer von Tonfdiopfungen 
anzufehen geneigf waren: „Ihr fdiloffef nidif — in der gleidien Sdiwingungszahl!" Idi 
fable nidif, derlei gibf es. Vor allem aber: dap" wir einer der kofflidiffen Eigenfdiaffen 
eines Tones nidif geredif wiirden — feiner Deufbarkeif. ' 

Wir fahen oben: nafiirlidi reine Tonverhalfniffe ffellen fidi ein bei vorwiegender 
akkordifdier Ruhelage, pyfhagoreijdie Quinfenffimmung bei. vorwiegender Ton- 
Bewegung. Wie nun, wenn beide, das Bedurfnis zu akkordifdiem Ausklmgen und 
zu melodifdiem Forffdireifen, einander die Wage halfen, annahernd gleidif lark urn 
Gelfung ringen? Da muffen wir uns dodi wohl zu Annaherungs-, zu Miffelwerfen be- 
quemen und nadi beiden Ridifungen hin die diarakferiffifdien Spifjen abbredien? Das 
klingf fdilimm. Aber es iff nidif anders. Gewij3, wir muffen das. Geben wir aber 
hier einmal die Nofwendigkeif eines elaffifdien Gegeneinanderausgleidiens, einer 
gewiffen Sdimiegfamkeif in der Infonafion zu, dann follfe es uns nidif befremden, wenn 
Sangern wie Horern eine jeweilige harmonifdie Neueijiffellung der erklingenden 
Einzelfone bei konfrapunkfifdi enfjfandenen Zufallsakkorden, in der Chromafik und 
Enharmonik zugemufef wird. Ja, in der Enharmonik handelf es fidi off urn nidifs 
geringeres als eine gleidizeifige Doppeleinffellung der Tonauffaffung nadi 2 harmonifdi 
enfgegengefefifen Ridifungen hin. Riihrend, wie, um allereinfadiffe Beifpiele zu wahlen, 
Mozarf efwa in feiner Klavierfonafe B-dur ( 4 /*X Beefhoven efwa in feiner g-moll-Sonafine 
op. 49 'fidi harmonifdi lange Zeif reidiere Bildungen verfagen, bis der Ausbrudi der 
inneren Krife, der die Durdifuhrungsfeile ihrer erffen Sa&e zufreiben, fie zwingf, der 
Jeelifdien Zwiefpalfigkeif den einzig moglidien mufikalifdien Ausdrud* zu geben: zur 
Enharmonik zu. greifen. • 

Fanafiker des konflikflofen Wohl- und Reinklanges - es gibf foldie - halfen die 
gmdeufbarkeif der in enharmonifdiem Zwielidif fdiimmernden Bildungen fur das gro£fe 
Pbel. Nmvgegenuber der Wunderwelf enharmonifdier Reize und ihrem unfdiafcbaren 
Werte ais Seelenfpiegel bleiben audvunfere in der Okfave nurJ2 ffufigen Tafteninffrumenfe 
voUig unempfmdlidi. Feinnerviger iff unfre Nofenfdirift Enharmonifdie Werfe erfahren 
da uxmerhm, fo anfedifbar fie fein mag, eine unterfdieidende Kennzeidinung. Wie 
aber, wenn wu- unfere Anfprudie ausdehnen auf eine Verfinnbildlidiung der pyfha-, 
goreifdien und der nafurlidireinen Sfimmung in Namengebung und Tonzeidien? 
SSSiiir^ 1 J ^z Engender Gewalt die Forderung ihrer endlidien Klang- 

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Hi er iff es nun, wo Jidi die enffdieidende Frage erhebf: Iff denn diefes offenbare 
Verfagen unferer Nofenfdiriff und Nofennamen, deren -fdiwere logifdie Mangel erff 
fcifc „Tonworffyffem" zu iiberwinden vermodif hat, fur die hohere Mufikausiibung wirklidi 
von der grundffiirzenden, von der fragifdien Bedeufung, die ihr einige zufdireiben? 

Welches iff im lekfen Grunde der Sdiauplafj des mufikalifdien Gefdiehens? 
Iff es der Kehlkopf, iff es der Sdiallkorper, die Taffe, die Saife, das Nofenbild? Oder 
iff es - die Seele des Auffajfenden? 

Ein Klavierauszug efwa. Als Behelfsmiffel, neuzeiflidie Tonfdiopfungen zur Dar- 
ffellung zu bringen, eine dodi faff ladierlidie Sadie. Aber da kommf die Sfunde der 
Erfiillung, da enfziinden fidi die ffurnmen Tonzeidien, die armfeligen Taffenklange dem 
Spieler in der Dadikammer zu flammenden Wirklidikeifen, und alle Zauber des Ordieffer- 
und buhnenfedinijdien Raffinemenfs verblaffen vor dem inneren Gefidif: 

Iff es mif dem Nofenzeidien, ja felbff mif dem erklingenden Tone lefcfen Endes audi 
nur irgend anders? Was iff Nofenzeidien, was iff erklingender Ton, wenn nidif ein 
armfeliges Behelfsmiffel? Das Eigenflidie, das endgulfige Ziel der Kunffwirkung, es iff 
die Empfindungs-, die Vorffellungs-, die Gefiihlswelf des das Kunffwerk m fidi Auf- 
nehmenden. Er, der Horende, er, der Lefende iff es, der die befonders auf Taffen- 
inffrumenfen off fehr fragwiirdigen, in grober Holzfdiniffmanier dargebofenen Klange 
erff auswerfef, ausdeufef, umdeufef zu den Gebilden, die dem Meiffer, der fie fdiuf, 
vorgefdiwebf haben, er iff es, der infuifiv und mif unbedingfer Sidierheif enffdieidef : hier 
gilf es, pyfhagoreifdi, dorf akuffifdi rein aufzufaffen, hier beides zugleidi, hier ffigf fidi 
unvorhergefehen das zufallige Gebilde riichjichfslos herber Sfimmfiihrung zu einem iiber- 
rafdiend fdionen Akkord und verlangf nadi voller Verfdimelzung, dorf wirbf ein en- 
harmonifdies Gebilde um Doppel - Auffaffung nadi gleidizeifig enfgegengefefjfer 
harmonijdier Ridifung hin 

Genug! Es handelfe fidi uns heuf e nur um Anregungen in ^wanglofer Form. Viel- 
leidif darf idi fie mif einer perfohlidien Erinnerung fchliej3en. „Es war nadi dem Abifur. 
Die'Augen waren total verclorben, und idi mu£fe mif einer Jdiwarzen Brille bewaffnef 
von friih bis abends Felder und Walder durdiftreifen; die Afropinkur verbof jede Be- 
Befdiaffigung mif Nahem. Da war kein Klavier einer nur irgend erreichbaren Dorf- 
fdienke vor einem IDberfall fidier. Saifen fehlfen, Taffen waren ausgehohlf, auf pytha- 
goreifdie pder fynfonijdie Kommaunf erf diiede liep" fidi der Wirt nidif ein, Halb- und. 
Ganzfone zeigfen Annaherungswerfe bis zur Idenfifaf, zur Reinigung der Fingerfpifcen 
nadi vollendefer Exekufion bedurffe es warmffen Waffers mif gruner Sdieuerfeife. 

adizfe und ffohnfe, unfer anderfhalb Sturiden war es 
lernfe idi: war idi fdiledif bei Sfimniung, enfging 
des Gemarferfen, idi war ganz Ohr, der Auj3en- 
„Haffe midi" der Einfall (nidif „wir haben ihn" ja nadi 
einem bekannfen Wort), fo war alle Welf und das Klavier mif feiner Qual vergeffen. 
Idi war uberhaupf nidif mehr „ Ohr", .der Au0en-Mufiker war auf dem Tiefffand ange- 
larigf; der innere lebfe allein. Mif keinem Sferblidien faufdif ein Mufiker Joldie Sfunden. 
Was war gefdiehen? Ohne Eingebung, das zeigfe fidi deuflidi, ffre&fe mein Auswerfe-, 
meih Umdeufevermogen hilflos die Waffen vor dem allerdings hier erbarmhdien Ton- 
ffoff. Wudifen der Seele Flfigel, wudis audi in gleidiem Mape die Elaffizhaf ihrer 
harmonifdien Einffellung und Zufammenfaffung, wudis die Deufekraff ihrer Ton- 
fanfajie. Seif jerier Zeif ging mir bewu^fer auf: fie iff, nadiff der Eingebung, das 
hodiffe Gluck der Mufenkinder, der jdiaffenden wie der nadifdiaffenden. 



Das breffhaffe Objekf, es 
felfen gefan. Aber eines 
mir kein Sdionheifsfehler 
mufiker war auf der Hohe 



Beisptel: 




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Das Moser-Klavier 

Von Udo Rukser. 

Allzulange find wir der Meinung gewefen, als befaBen wir in den modernen Klangmafchinen 
die denkbar vollkommenften Mufikinftrumente Uberhaupt. Daher find in den letzten hundert Jahren 
feit Konfferuktion des Hammerklaviers auf diefem Gebiet Erfindungen von grundfatzlicher Bedeutung 
nicht gemacht worden. Die Erfindertatigkeit war, wie z. B. die EinfUhrung der GuBftahlfaite feit 
der Parifer Weltausftellung von 1867 beweift, mehr auf Erhohung der Tonftarken als auf Erfindung 
neuer Inftrumente oder ktangliche Verbefferung der vorhandenen gerichtet. UnberQckfichtigt blieb 
dabei die, feit Berlioz zur Haufung der Klangmairen anregte, allgemein gemachte Erfahrung, <daB 
der H5rer durch derartig vorgetragene Mufik auf das Sonderbarfte angeftrengt, ja phyfifch ermattet 
wird, eine Erfcheinung die bei der wefentlich geringere Klangmaffen erzeugenden klaffifchen und 
vorklaffifchen Mufik in viel geringerem Grade auftritt. Von diefer Tatfache ausgehend, hat Johannes 
Mofer, Berlin, phyfikalifche Unterfuchungen angeftellt, welche ihn eine Moglichkeit entdecken 
lieBen, die bisher zusammenhanglos bearbeiteten Facher der Phyfiologie des Ohres, der Akuftik 
und des Inftrumentenbaues in fruchtbare Verbindung zu bringen. 

Das H5ren ift ejn kraftverzehrender ProzeB; wird das Ohr als Empfangsftation allei; Klange 
Uberanftrerigt, fo tritt die bekannte ErmUdung ein. Sie muB um fo eher erfolgen, je heftiger der 
Klang den Gehororganismus reizt. Es ift alio zunachft zu unterfuchen, ob alle Klange das Ohr 
gleichmaBig ftark in Anfpruch nehmen und, fofern es — rein phyfikalifch gefprochen — Klang- 
gattungen gibt, welche vom Ohre weniger Arbeit fordern als andere, gilt es, auf diefen Klangen 
eine Diatetik des Ohres aufzubauen. Es handelt fich alfo nicht um die Frage dfer Klangfarbe, 
fondern um ein rein phyfikalifches Problem. 

DaB nun die Gehorsnerven durch die verfchiedenen'Klangforten in ganz verlchiedenartiger 
Weife gereizt werden, hat jeder Mufikhorer wiederhoft an fich felbft beobachten konnen; zum 
Beifpiel wird er immer wieder gefunden haben, daB ihn das AnhSren von Orchertermufik fehr viel 
mehr anftrengt als das von Vokalmufik. Den Grund hierfur hat fchon Prof. GUntzmann mit der 
vSllig unbeachtet gebliebenen Feftftellung angedeutet, daB die menlctfliche Stimme nur Tone 
mit harmonifchen ObertOnen erzeugt, wahrend bei den von anderen Klangmafchinen hervor- 
gebrachten TSnen auch disharmonifche Obertone in groBer Anzahl auftreten. Der Unterfchied 
diefer Klange zeigj fich denn auch graphifch darin, daB die Kurve der menfchlichen Stimme in 
einer fanft gefchwungenen Wellenlinie befteht, die des Klavier- oder Geigentones aber in einer 
fagenf5rmigen, Tcharf auf- und abfteigenden Linie. Auf den ProzeB des Horens angewandt, 
bedeutet dies/ daB der GehSrsnerv durch den Klang der menfchlichen Stimme nur maBig bewegt, 
durch den tier Geige oder des Klaviers aber heftig herauf- und heruntergeriffen wird. Daraus 
ergibt fich, daB im erften Falle der Kraftaufwand wefentlich geringer ift, die ErmUdung des Ohres 
mithin erheblich fpater eintreten muB. Man erinnere fich in diefem Zufammenhang an die Anekdote, 
wie der feehsjahrige Mozart, als ihm fein Vater zum erften Male auf der Trompete vorblafen lafit, 
mil ?ugehaltenen Ohren davonlauft. 

; Nath dem verfchiedenen MaBe der Beanfpruchung des Ohrs unterfcheidet Moler Klange, die 
iti die Bewegungswilligkeit der Gehorsnerven fallen z. B. die Klange der menfchlichen Stimme; 
folche, die in deren BewegxingsmOglichkeit liegenV £ B. die der Violine, des Klaviers, und folche, 
welch? die Bewegungsgrenzen ttberfchreiten. Als Verdeatlichung hierfttr mag die fexuelle Analogic 
gelteri* .-. jedes Individuum ift am Ttarkften empfanglich fUr die von feiner Gattung ausgehenden 
Gefchtechtlichkeit; deshalb paart fich Menleh. nur mit Menfch, Pferd mit Pferd; Baftarderzeugungeii 



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gehoren zu den Ausnahmen. Ebenfo reagiert das menfchliche Ohr am meiften auf die def 
menfchhchen Stimrne homogenen Klange, wobei ganz dahingeftellt bleiben kann. wieweit diefe 
Erfcheinung fexuell bedingt lit. Soil nun die Mufikpflege auf eine dauerhafte phyfikalifche Gr n7 
lage gef ellt werden foil tatfachlich eine Diatetik des Ohres erreicht werden, fo mUffen 
zum Mufizieren folche Klangmafchinen verwendet werden, deren Tone dem GehOrsorganismus 
weil irrderrenBewegungswilligkeit fallend, ein Minimum von Kraftaufwand zumuten' 
deren Tone alfo der phyfikalifchen Struktur der menfchlichen. Stimme entfprechend 
moghch/t wenig disharmonifche Obertone enthalten. 

Diefer Forderung entfprechen nur einige der heute gebrauehlichen Inftrumente, weder die 
btreichinftrumente noch das Klavier werden ihr gerecht. Der Charakter des von diefen Mafchinen 
erzeugten Klanges muB daher der oben dargeltellten Organifation des Ohres angepaBt werden 
Dies hat Mofer durch eine eigenartige Konftruktion de6 Refonanzbodens erreicht-er gibt ihm die 
Form eines brOckenartigen, rippenlofen Doppefbodens, der in alien Teilen gleichmSBig elaftifch 
ift und deshalb die Schwingungen jeder Saite reftlos aufnehmen kann, was beides bei 
den jetzt gebrauehlichen Inftrumenten nicht der Fall ift. Auf diefe Weife wird die Entftehung 
disharmonifeher Obertone unmoglich gemacht und fo konnen mit dem ifti Obrigen beibehaltenen 
Klaviermechanismus Kiange erzeugt werden, die in ihrem phyfikalifchen Aufbau bei unverSnderter 
Klangfarbe dem der menfchlichen Stimme entfprechen. Einen, wenn audi nicht ganz exakten 
Vergleich bietet hierzu das Verhaltnis zwifchen Oboe und Klarinette; bei jener werden infolge 
der konifchen Bohrung nur die geradzahligen Obertone zum Mitklingen gebracht, wahrend es bei 
der Klarinette infolge zyli-ndriTcher Bohrung nur die ungeradzahligen find. 

Den Beweis hierfUr liefert vor allem die Verbindung von Gefang und Klavier. Treffen etwa 
bei der Begleitung eines Liedes Klange diefes neuen Klaviers mit denen der Singftimme zufammen, 
fo konnen fich die jetzt gleichartig gewordenen Klangwellen des Instrumentes und der Stimme trotz 
der Temperierung des Klaviertones vereinigen, man h5rt Stimme und Klavier, es entfteht 
eine Verftarkung des dominierenden Tons, der Singftimme, welche den Klavierton, befonders 
den Ba6, fait vollig auffaugt. Bei dem gewohnlichen Klavier ift es, wie jeder Lai^ weiB, umge- 
kehrt. Denn diefes erzeugt, wie oben erwahnt, Klangwellen, welche denen der menfchlichen 
Stimme nicht gleichartig find; mithin kann eine Vereinigung beider Klange nicht ftattfinden, der 
diiferenziertere deckt den einfacheren, man hort alfo Stimme weniger Klavier. Damit erkia'rt fich 
die allbekannte Tatfache, daB die Klavierbegleitung diskret fein muB, urn die Singftimme Uberhaupt 
horen zu laffen. Diefes notwendige Uebel zuriickhaltender Begleitung entfallt bei den Moferfchen 
Inftrumenten und es entfteht der weitere Vorteil, daB der Klavierfpieler der Singftimme 
nicht nur nicht gefahrlich werden, fondern fie ftlltzenund verftarken kann. 

Ahnlich ift es bei andererrKlangverbindungen/ die bisher undenkbar waren. Man denke: 
Pofaune und Klavier im Zufammenklang! Auch hier die gleiche Erfcheinung, die Poraune amal- 
galmiert fich das Klavier. Es ergeben fich alto durch das Mofer- Klavier ganz neue klangliche 
Moglichkeiten. Und es ift nunmehr erklart, weshalb Klavier, Oboe ufw. die Singftimme decken, 
wahrend diefe tioch den 25fach ftarkeren Orchefterklang noch fieghaft iibert5nt. Fttr den Pianiften 
bedeutet diele Erfindung auBerordentliche Zeit- und Krafterfparnis wegen Wegfalls gewiffer Uebungen 
und zugleich die Mftglichkeit exakterer Arbeit als bisher. Die Anfchlagftudien fallen nahezu 
vollftandig weg; denn da der Ton nunmehr an und fur fich Ichon fin^end ift, bedarf es keiner 
Studien, wahrend jetzt der von Natur harte Ton durch weichen Anfchlag ertrMglich gemacht werden 
muB. Ferner find ihm jetzt Moglichkeiten zu einer bisher nicht gekannten Ausnutzung des Pedal- 
effekts gegeben. Die Unzahl der diffonierenden Obertone zwang bisher den Spieler, den FuB 
unauihorlich zu heben, urn einem fcheuBlichen Klangwirrwar zu entgehen; bei dem Moferfchen 
Klavier iindet aber felblt in Folgen leiterfremdefter Akkorde ein nennenswerter Widerftreit unter 
dfen Klangmaffen nicht ftatt. Alle Harmonien vertragen fich! D$r Spieler darilich darauf 
befchranken, den Pedalzug verlidltnismaBig felten zu unterbrechen. Zudem ift hier das getrennte 
Pedal fUr BaB und Diskant nutzbringend verwendet; fo entfteht etwa die MOglichkeit, im Diskarit 



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ftaccato, im BaB legato zu fpielen, was bisher ganz ausgefchloffen war. Zugleieh wird dem Spieler 
durch eine Verbefferung des Inftrumentalkorpers, durch Anbringung eines Schallkaftens mit Klappen 
die Moglichkeit nahezu vollkommener Selbftkontrolle gegeben. Bei den jetzigen Infrumenten 
h5rt der Spieler im belten Falle 40 Prozent der erzeugten Klangmaffe, der Reft wird in eine feinem 
Platz entgegengefetzte Richtung geworfen oder bleibt im Gehaufe ftecken, ein Uebelftand, den fchon 
Billow hervorgehoben hat und dem er durch Neigung des Kopfes beim Spielen abzuhelfen Tuchte. 
Das Gehaufe der Moferfchen Inftrumente ift fo geformt, da6 der Schall auf den Spielenden zuge- 
worfen, ihm zu mindeftens 80 Prozent vernehmbar wird. Der Pianift hat alfo die Moglichkeit, 
ganz genau zu kontrollieren, wie fein Spiel klingt, wahrend er jetzt groBtenteils auf Ver- 
mutungen angewiefen ift. 

Die Eigenart des Moferinftrumentes kommt am meiften in dier Verftarkung des Baffes zum 
Ausdruck, die den Klang ungemein eindrin^lich macht, obwohl er im allgemeinen dem des 
gewOhnlichen Klaviers an Starke etwas naclifteht. Daher mufi der Spieler des Moferklaviers 
ahnlich wie der frUhere Cembalift zu einerfreieren Ausfilhrung der bisherigen Klavierkompofitionen 
fchreiten, vor allem die gehaltenen BaBnoten durch bewegtes Tremolo erfetzen. Die Klangftarke 
kann durch mehrfache Befetzung beliebig erhoht werden, fodaB das Moferklavier gleichermaBen fUr 
Kammermufik und Monftrekonzerte geeignet ift. Man wird ftattnen, wenn man eine gute Sangerin 
fingen horen wird begleitet von vier Inftrumenten. 

Man wird vielleicht fragen, worin die allgemeine Bedeutung diefer Erfindung zu fuchen lei. 
Man erinnere fich dabei der von zahlreichen Mufikern, vor allem von Debuffy und Bufoni auf- 
geftellten, unbeftreitbaren Behauptung, daB heutelelbft ein gutes Orchefter kaum noch einen nach- 
haltigen, mufikalifchen Eindruck hervorrufen kSnne. Wie namlich, wenn der allgemein beklagte 
Tiefftand der heutigen Mufiktlbung, fofern das Phyfikalifche in Frage kommt, nicht durch die 
wrederholt vorgefchlagene Verwendung neuer Tonfyfteme, fondern durch Umgeftaltung der wichtigften 
Inftrumente zu Uberwinden ware? Wenn alfo die mangelhafte Wirkung des modernen Orchefters 
wenigftens teilweife darauf zurtlckzufUhren ware, daB die erzeugten Klange wegen ihrer 
mangelhaften phyfikalifchen Zufammenfetzung dem Ohre zu viel Arbeit zumuteten? 
Wenn alfo mit diefer Vervollkommnung des Klaviers der Anfang mit der notwendigen Umbildung 
unferer KlangkQrper Oberhaupt gemacht ware? Ift das richtig, dann weift das Moferfche Prinzip, 
den phyfikalifchen Charakter dnes Klanges der Aufnahmefahigkeit des menfchlichen OUres anzu- 
paffefi, die Richtung, welche die fo dringend notwendige Reform des Mufikwefens und vor allem 
der Mufikerziehung einzufchlagen haben; dann ift damit die phyfikalifche Bafis gefunden, auf der 
eine gefunde Mufiktibung erwachfen kann. .' , ' 



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&ERBAND DER KONZERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V. 

2S?E^!1!SS ^^ f m *^ T ^ teHWIf '****■* tinrf (Cmiftt«nwtiend«n fUr Berlin und Hie Orte des In- und Attitudes. 

gf T !WS JJgJSL^Bg.^^fyWr»»lit^ Niedrigere Provisioned ala bei gewert>smiUU g »ii KonzeTt*g?ni*n* 



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Wider die Verleger 

Von Alfred Doblin. 

Kunftler find zwar groBe Narren, und das Denken tiberlaffen He als unfafhionables De- 
partement anderen, die fie aufs fmartefte einwickeln. Man muB namlich das fllBe fchbpferifche 
Gemilt vor den Verlockungen des Tages bewahren; unter Druck gedeihen die beften Werke; 
„oh fink hernieder Nacht der Talgkerze und Wurltpelle" fingen daher Ichon Triftan- und Ifolde 
mit berechtigter Begeifterung in Aas-dur. 

Jedoch riechen die Kunftler, wo ihr Vorteil ift, im Sinne der pompOfen fechzigkerzigen 
Osramlampe, des pommerfchen Schinkens, des komfortablen Telefonanfchluffes an eine wohl- 
fubventionierte Herzallerliebfte. Sie find von Haus aus keine Sozialiften. Schon weil fie zu 
dumm dazu find (lies: Individualismus; jeder fein eigener Todesfall). Vor allem, weil He zu 
klug dazu find; denn fie fehen aufs Deutlichfte, daB ihr Schornftein auf dem Dache des 
Fabrikanten raucht; und wenn fein Geld im Kaften klingt, ihre Seele in den Himmel fpringt. 

Hieraus ergibt fich nicht nur der Name Mazen. Welcher viel zu felten^ vorkommt, als daB 
die Zoologie daraus eine befpndere Unterfpezies der Elel machen kOnnte." Sondern der viel 
haufigere des Kaufers, des zahlungsfahigen Konfumenten. Es kommt aber nicht auf den Konfum 
an, fondern auf die Zahlungsfahigkeit. Der KUnftler begreift feit lange mit dem Reft feines 
GroBhirns, daB nicht die fchwarmerifchen GefUhle der Verelirer ihn am Leben erhalten, fondern 
Kartoffeln, Fleifch und Eier auf dem Umweg uber Money. 

„Ich weiB nicht, was foil es bedeuten" fang die Jungfrau, als fie im fUnfteh Monat der 
Schwangerfchaft ins Waffer fprang; wohlriechend floB die Panke dahin. „Auch du, mein Sohn 
Brutus" bemerkte der teilnehmende Zufchauer, als er der! Kunftler in die Arme des Verlegers 
fallen fah; und ward nicht mehr gefehen. 

„Sei mir behilflich bei meinem Eintritt ins Leben", fprach der Embryo zur Hebeamme; da 
nahm"fie eine Seifenfpritze und der Abortus nahm feirien natiirlichen Verlauf. Wer den KUnftler 
will verftehen, muB ins Btiro des Verlegers gehn. 

Obwohl viele Kunftler anderer Meinung find, muB ich bemerken, daB der Verleger auch 
ein Menfch iTt. Man erkennt ihn am fehr aufrechten Gang, dem malitiofen LScheln und der 
Bemerkung- Darf ich Ihnen eine Zigarre anbieten?" Man -nimmt He, man raucht He, man 
raucht den Leichenftein feines Vorgangers. Im BOro des Verlegers fteht nicht angefchrieben: 
„Hier nimmt alles feines natUrlichen Verlauf auch nicht „Das Ding wird gedreht". Hier dunkelt 
an der Wand das myftifche Wort: Rifiko. ^ 

Rifiko war der Mann, der diefe Hauler gebaut hat, der den Herren das Auto verfchafft hat, 
der ihre Badereifen bezahlt. Rifiko ftillt auch die Klyftierfpritze mit Seifenwaffer. Man geht auf 
leifen Schuhen; Rifiko heiBen die fcheuen Filzfohlen im Verlag. Rifiko heiBt der e.ferne Gnff, 
der hier taglich an die Kehlen der Kunftler getlbt wird, wenn -He zu Oppig Loft : Ichnappen 

Ein Komponift, ein-Dlchter ift nur der lacherliche Anfang eines Verlags Im Verlag gibt es 
einen fchopferifchen Verleger, einen nicht weniger fchOpferifcben . V^^^^' *^. 
in dieMyfterien eingeweihte Prokuriften (fie unterfchreiben p. pa, wena der Dynaft grade ch6 P ft), 
Kaffierer, BuchHaltLnen, Regiftratoren, Abteilungsleiter,. Stenotyp.fbnnen Schrabmafchmen, 
Lederfef el Tintenfaffer, Garderobenftander. Sie- haben fich . zufammengefunden und einen 
BeW S gew ht und e* funktioniert ailes aus fich. Es gibt ^^otenftechere^Buch- 
drtS4, g Buchbindereien, B^ 
daB fOr den Kunftler kein Platz da ift; der Betrieb ift viel zu ernfthaft. Man begreift fofort das 

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malitiftfe Lacheln des Verlegers, wenn er zwifchen fauberen Kalkulationen, Verhandlungen mit 
dem Betriebsrat einen Autor, einen Komponirten vorfindet mit einem Opus in der Brufttafche. 
Sie fchamen fich faktifch beide voreinander und reden von was anderem. Etwa vom Wetter. 
Oder vom Rifiko. Der KQnftler ift noch froh, da8 es fflr ihn einen Begriff gibt, wo er Platz 
findet; wenn es auch nur „Rifiko" ift oder „komplettes Malheur". 

Der Unfug des kapitaliftifchen Betriebs ift gllicklich fo weit gediehen, daB der eigentliche 
Produzent im Mufikalifchen und Literarifchen als ein Peter Schlemihl fchattenlos auftritt. Die , 
Propagatoren, ZwifchentrMger, Handler haben ihn an die Wand gedruekt. Das Papier ift wichtiger 
geworden als was drauf fteht: die realifierte Idee des Kapitaliften und der Klofettfrau. 

Der Ktlnftler ift ein individuelles Gefch5pf. Der Hundeblick ift ihm angeboren. Die 
Feigheit ift feine zweite Seele. Er hat fich immer als Luxuswefen gefiihlt und im Speichel der 
Herren gebadet. Freiheit hat er auf dem Papier gepriefen; das Papier ift jetzt fehr teuer ge- 
worden; vielleicht fteigt ihm der Freiheitswunfch ins Blut. 

Enterbte waren die Ktlnftler zu alien Zeiten. Ihr Reich war der fogenannte Himmel. Sie 
waren immer mehr „Enterbte", als die Arbeiter, die fich 'fo nennen. Es ift ein graufames Los, 
Geiftiger und Produktiver zu fein und vor dem Provitwirtfchaftler zu betteln. Gltlcklicher waren 
noch die alten Dichter und Mufiker, die im Licht freudiger Hofhaltungen und trotz alledem 
vornehmer FUrften gediehen. ■ 

.. Wo bleibt die Einficht dfer Ktlnftler. 'Manche von ihnen find verlocjrt worden, politifche 
Fiihrer zu fpielen. Sie find bisher noch nicht im Stande gewefen ihre eigene Angelegenheiten zu 
verfehen, odef nur. zu durchfchauen. Dies mtiffen fielernen'. Sie milffen ihre Rolle im 
ProduktionsprozeB begreifen. Die Schopfung Romain Hollands und anderer, die Clarte, hat den 
Gedanken der Solidaritat der geiftigen Arbeiter gefaBt Fruchtbarer als im Politifchen wird er 
im Wirtfchaftlichen fein. 

Ich begrtlBe den Wiener Genoffenfchaftsverlag, den Zufammentritt einiger literarifcher 
Ktlnftler. Verbande diefer Art milffen gefchaffen werden und ausgebaut; die Verbande, die be- 
ftehen, mtiffen aus ihrer grofchenhamfternden Verblodung aufgepeitfcht werden. Es geht um die 
Befreiung der mufikalifchen und literarifchen KQnftler. Es mtiffen Gewerkfchaften gebildet werden, 
die Macht befitzen und fie anwenden. Sie mtiffen zu groBen ProduktionskOrpern anwachfen, 
neben denen anderes abftirbt. Probleme gibts da noch genug; niemand erftrebt Reichtum. Man 
foil nicht vergeblich nach Solidaritat rufen! Die fchauerlichen MiBftande hat jeder kennefr 
gelernt — 



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7ftin£« Dr. Borchardt & wphlauer. 

>(FERTIGSTELLUNG ALLER MUSIK - AUFTRAOE) . 
Instrumentation. — Transposition. 
Aufschreiben gcgebener Melodien. 

Notenschreiben. 

Charlottenhurg 4 f Wselandstrasse 40. Teh: Amt Steinplatz 9515 



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Krififdie Befradifungen iiber das moderne Lied 
mif Berud^fiditigung von Liedern und Gefangen von 

Manfred Gurlitf 



Von H. Sdaul^e-Riffer. 



Kennzeichnend fur unsere individualitatsselige 
Zeit ist die tiberaus groBe Produktion an Liedern, 
aber ebenso kennzeichnend auch, daB nur so weniges 
davoti ernsterer Kritik Stich halt. Die kleine*Form, 
die Stiitze. des Textes gewahren selbst der schwind- 
siichtigsten Inspiration willkommene Hilfe. So wird 
eins 'der edelsten musikalischen Gebilde zum be- 
quemen Instrument, mittels dessen Jeder ,zwanglos 
seinen Freudehen und Leidchen Ausdruck gibt. Je 
sorgloser diese Aussprache geschieht, desto metir 
stumpft sich das Gewissen fiir die innere struktuelie 
Notwendigkeit ab, die das Geschehen im Liede be- 

herrscht. 

Gefahrlich, vor allem auch far wirkhche Be- 
gabtfngen, ist das Oberschatzen des stimmungsmaBigen 
Moments im Liede. - Es liegt ja nahe. In aller 
Lyrik ist Stimmting das UnerlaBliche, ist die Erlebens- 
Grundlage uberhaupt. Aber Lyrisches darf nicht bloB 
erlebt, es muB auch gestaltet sein. Und je kleiner 
der Rahmen, desto konziser die Fassung, desto 
pragnanter der Ausdruck. Gerade, hier racht sich 
alles bloBe Ungefahr, alle ungewisse Weitscheifigkeit 
am schwersten, denn in kleiner Form wird jede 
Storting des Gleichgewiehts unmittelbarer empfunden 
ate in grofien nicht gieich Ubersebbaren Bildungen. 



In der Musik ist die Versuchung zu so unsach- 
licher Stimmungsmache am grSBten. Gerade in 
neuerer Zeit haben ihre stimmungsmaBigen Qualitaten 
auBerordentliche Bereicherung und Durchbildung er- 
fahren. Dies bedeutet zweifellos einen Gewinn an 
musikalischer Ausdruckskraft, aber eigentlich doch 
mehr nach der Breite hin als nach der Tiefe- Anderer- 
seits bringt es die Gefahr mit sich, daB die Produktion 
sich in einem Spie! der Nuancen erschfipfr, daB in 
der Oberschatzung und Freude an klanglichen, har- 
monischen und rhythmischen Subtilitaten der Sinn 
fQr die Einheitlichkeit und Geschiossenheit der Linie 
verloren geht. 

Im Lied aber machen sich die nachteiligen Folgen 
dieser Entwicklung besonders storend beraerkbar. 
Hier hat man sich oft, ganz im Sinne der eben an- 
gedeuteten Tendenzen, einseitig von den illustrativen, 
koloristischen Qualitaten Hugo Wolfs beeindrucken 
lassen, ohne zu bedenken, daB diese seine klang- 
malerischen Impressionen wie bet Schubert von vorn- 
herein durch und durch musikalisch empfunden und 
strukturiert sind. Man vernachlassigte dariiber die 
Akkuratesse seiner Deklamation, die Kraft und den 
(angen Atem seiner melodischen Bildungen So geriet 
man' in ein bedenkliches Schweigen in Kiangrelzen, 



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in eine Oberschatzung des Harmonischen, in eine 
Entwertung und Zersetzung der melodischen Linie 
und infolgedessen in eine Konstruiertheit der Dekla- 
mation, die sich nur zu oft den AnmaBungen einer 
aufdringlich illustrierenden Begleitung" unterordnen 
muBte. 

Wenn nun an dieser Stelie unternommen wird, 
einige Lieder und Gesange von Manfred Guriitt 
(Verlag Harmonie, Berlin-Halensee) einer Betrachtung 
zu unterziehen, so geschieht das, weil hier bei offen- 
sichtlichen Schwachen doch Qualitaten vorhanden 
sind, die den Durchschnitt sicherlich tiberragen urid 
Beachtung verdienen- Urn gleich auf den Kern ein- 
zugehen: Hier ist Sinn fflr saubere prazise Deklamation, 
echt lyrische , Begabung und vor allem sichere 
Empfindung ftir ausdrucksvoll-gesangliche melodische 
Linie- 

Es sei versucht, in Kiirze auf die einzelnen Lieder 
einzugehen und ihr Wesentliches zu charakterisieren. 

Das erste: ff Den Frauen* (Sonett von Herbert 
Eulenberg) ist eins der schwachsten. Und doch findet 
sich pifttzlich eine so durchaus lyrisch empfundene 
und schon gestaltete Stelie wie: „Das Antlitz bleibt 
nicht stehn, das wir umwarben", deren echte Innigkeit 
unmittelbar anspricht. 

Ebenfalls nicht gelungen ist „Am Himmelstor* 
(C. F. Meyer). 

Viel Besseres ist iiber die anderen Lieder zu 
sagen, die wohl auch spaterer Zeit entstammen. 

Schon das kleine „ Wie die Pflanze, welkt" (Bang) 
geht ganz andere Wege. Trotz aphoristischer KUrze 
wird es seinen Eindruck nicht verfehlen. Das liegt 
vor allem an der wundervoll gefuhrten rezitativisch 
gehaltenen Singstimme, der die Begleitung nur ein- 
fachste harmonische Sttttzung gibt. 

Sehr gut ist „Die Ratte* (Sao-Han). Eine brutai- 
hammernde Klavierfigur malt die zerstcJrende Tatigkeit 
der Ratte „Gewissen tf . Sie geht dureh das ganze 
Lied, aber sie maBt sich nicht die Herrschaft an. 
Der dramatische Elan geht vielmehr von der Sing- 
stimme aus, die bei einfachster melodischer Fiihrung 
mit einer ehernen Rhythmik der Begleitung stets auf 
den Hacken sitzt und sie immer weiter jagt, so dem 



Ganzen einen Ausdruck gehetzter Qual verleihend. 
Der sonst immer dreiteilige Takt wird nur ein 
einziges Mai, kurz vor dem SchluB, zweigeteilt. 
So okonomisch angewendet ist diese so viel mlB-^ 
brauchte rhythmische Verschiebung von entscheidenden 
ruckhafter StoBkraft und macht den SchluB zum 
natlirlichen HGhepunkt. Auch hier ist die Harmqnik 
denkbar einfach. Bis auf kleine Modulationen in die 
Nachbartonarten bleibt ailes in F-moll. 

Im Ganzen moderner gibt sich: „Der Mond ist 
wie eine feurige Ros' w (Dauthendey). Auch hier ist 
wieder vor allem die Singstimme zu loben, die dies- 
mal an der schmiegsamen SuBigkeit der StrauBischen 
„Ariadne w und des w Rosenkavaliers" geschult scheint. 
Auch manches in der Begleitung deutet auf solche 
Einwirkung hin. Harmonisch ist hier alles reicher, 
aber nie iiberladen, nie zu Zwecken bloBer Stimmungs- 
mache miBbraucht, so daB stets der FIuB der Sing- 
stimme ungehemmt bleibt. 

, - Schlicht volksliedmaBig in richtiger Wurdigung 
des Textes gibt sich die „Liebesprobe M (Hebbel). 
Es ist ein gutes Zeichen, daB auch hier der Komponist 
nicht enttauscht. Gerade hier bewahrt sich die an- 
geborene Begabung ftir sinngemaBe Deklamation und 
ausdruTcksvolle Melodik. Denn das ist erforderiich, 
urn volksmaBig zu schreiben. Empfindlich aus dem 
Rahmen fallen nur vier Verlegenheitstakte eines 
Zwischenspiels, deren voliige Bedeutungslosigkeit 
sofort ersichtlich ist. So offen sollte man nicht be- 
kennen, daB Einem nichts eingefallen ist 

Uberschaut man diese Lieder in ihrer Gesamtheit, 
so wird klar, daB sie keine Erfiillung bedeuten, wohl 
aber eine Hoffnung. Sie bringen noch keinen pro- 
duktiven Fortschritt in musikalisches Neuland; sie 
sind durchaus mit Uberkommenen Mitteln gearbeitet, 
aber diese Mittel sind richtig auf ihre kUnstlerische 
Bedeutung hin erkannt und verwertet, besonders in 
den letzten Liedern. Hier wird auch nicht mehr der 
Versuchung nach bloBer Stimmungsmache nachgegeben, 
sondern der Blick ist stets auf das Wesentliche ge- 
richtet, auf die Kraft und Geschlossenheit des Melos. 
Und vor allem: es ist wirkliche Begabung zum Melos 
vorhanden, wenn sie sich hier auch erst in verhaltnis- 
maBig einfachen ^fildungen auswirkt 



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Widifige neue Mufikalien, Biidier und Auffafze 

iiber Mufik, 

mitgeteilt von 
Professor Dr. Wilhclm Altfnann, Berlin-Friedetiau, Sponholzstr. 53-54. 

Diese Zusammenstellung, die moglichst in jedem Heft diescr Zeitschrift crfolgcn wird, will audi nodi tin- 
gedruckte grofierc Werke, vor allem Symphonien, syrnphonischc Dichtuugen, Konzcrte, Kammcrmusikwcrkc, Opcrn, 
Cliorwerke mit Orchester einbeziehen, urn narnentlich Dirigentcn daranf aufmcrksam zu inachcn. Dicjenigcn Tonsctzcr, 
die derartige Werke (jedoch niclit etvva Klavierstiicke, Lieder, Mnnnerchorc) fertig habcn, werden gebeten, mich davon 
in Kenntnis zu setzen, doch behalte ich mir die Entscheidung iiber die Aufnahuic vor. Dicsc kann audi bei gcdrucktcu 
Wcrken weder durch ein In sera t noch durch Einsendung der betreffenden Muslkstiicke oder Biichcr crzwtingeu werden. 
Riicksendung etwaiger Einsendungen wird grundsatzlich abgelclmt. 

Die Hinzufiigung des Verlags wird Bcstcllungen erlcichtcrn. Zu den angegebenen Preiscn kommt iminer 
noch der sogen. Teuerungsanfschlag seitens des Verlegers und audi des Sortimenters liinzu; cr schwankt bckauntlich, 
meist abcr betragt er 200%-}- 10%. 

Anklangsjagd, Auf der. Ahniichkeiten und Glcich- 
klingendes in der Musik. Eine heitere Studie von 
Max Chop — in: Ftihrer durch die Konzerte und 
Theater Konigsbergs 13 ff 
Antcliffe, Herbert — s. British 
Bach*Jahrbuch, 16. Jg. Inhalt: Aug. Halm, Ober Bachs 
Konzertform; Rob. Handke, der neapolitanische 
Sextakkord; Hans Luedke, Zur Entstehung des 
OrgelbUchIeins;Wilh.Altmann,ZuHansBischoffs 

Bach-Ausgabe 
Beethoven. Beitrflge zur B.-Forschung. Von Adolf 

Sandberger — in: Arch- f. Musikwiss. 3 
— . Festrede von Franz Theodor Csokor — in: Der 

Merker 13/4 
Bekker, Paul — s. Ruckkehr zur Natur 
Biographic ObeMufgaI|en und Ziele der rausikalischen 

B. von Hermann Abert --■ in: Archiv f. Musik- 

wissenschaft 3 
Bischoff, Hans — s. Bach 
Boito, Arrigo. (Von) Helmcr Key. Centraitryckeriet, 

Stockholm 
Borren, Charles van den — s. Lasso 
British History and British Music By Herbert Ant- 
cliffe — in: The musical Times, July 
Biickeburg. Aufgaben und Ziele des Fttrsti. Instituts 

i musikal. Forschung- Von Max Seiffert T in: 

Arch. f. Musikwiss. 3 
Chop, Max — s. Anklangfjagd 
Choral Orchestration by Cecil Forsyth. Novello & Co, 

Lond. 7 s. 6 p 
Csokor, Franz Theodor — s. Beethoven 
Deatsches Kunstwerk in Gefahr. Von Robert Hern- 

ried — in: Musikztg 30 
Borph, Sven — s. Lind 
Eckstein ■— s. Lind 
Expression — s Over Expression 
Fischer, Kurt — s. Krieger 



I. Inffrumenfalmufik 

a) Orcheffer (ohne Soloinffrumenfe) 

Blumer, Th. [Dresden]: Erlosung. Symphon. Dichtung 

noch ungedruckt 
Szymanowski, Karol: op. 19 II. u. op. 27 III. Sinfonie; 

Konzert-Ouverture; Sinfon. Ouverture; Penthesilea. 

Sinfon. Dichtung noch ungedruckt (Auffuhrungs- 

material durch Univers.-Edit.) 

b) Kammermufik 

Holbe, Maria [Dresden]: Sonate f. Klav. u. Violonc 

noch ungedruckt 
Trowell, Arnold: Quintet for Pfte, 2 V., Via und Vc 

Novello, London 20 s. 

IL Gefangsmufik 

(Opern) 

Albert, Eugen d': Sirocco. Text von Leo Feld und 

Karl M. Lewetzow. Urauffuhrung? Verlag? 
Franckenstein, Clemens von: Litaipo. Oper in'3 Akten. 

Dichtung von Rudolf Lothar. Zur Urauffuhrung vom 

Hamburger Stadttheater angenommen. 
Striegler, Kurt [Dresden]: Der Jhomaskantor. Oper 

noch ungedruckt 

III. Biidier 
und Zeiffdiriffen-Aufj^e 

(alphabetisch sowohl nach Stichworten wie nach den 
Verfassern geordnet. Bei Zeitschriften-Aufsatzen ^ ist 
immer mit Nr die des laufenden Jahrgangs gememt). 

Agypten. The secular music of ancient Egypt- By 
Jeffrey Pulver — in: The musical Times, June 

Altmann, Wilhelm: Zu Hans Bischoffs Bach-Ausgabe — 
s. Bach 



327 



Forsyth, Cecil — s. Choral Orchestration; Violin 

Playing 
Gatscha, Anton — s. Quint 
Gatti, Guido — s. Mussorgski 
Grimson, S. B. — s. Violin Playing 
Gudbrandsdalen, Foike-Musik i. G. (Von) Ole Mork 

Sandvik. A. Cammermeyer, Christiania 
Haftuog des Transporlunternehmers ftir Verlust oder 

Beschadigung eines Musikinstruments. Von Eck- 
stein — in: Musikztg 30 
Halm, August — s. Bach 
Handke, Robert: Der neapoiitanische Sextakkord in 

Bachscher Auffassung — s. Bach 
Hasse, Karl — s. Schein 
Haydn. Joseph H.'s Klavierwerke von Hermann 

Abert — in: Zeitschr. f. Musikwjss. 10 
Hernried, Robert — s. Deutsches Kunstwerk 
Instrument* — s. Haftung des Transportunter- 

nehmers 
Joachim, Josef. Von Hermann Kretzschmar — in: 

Arch. i. Musikwiss. 3 
Juristisch-Musikalisches. Von Leander — in: 

Zeitschr. f. Musikwiss. 10 
Key, Helmer — s. Boito; Operaregi; Verdi 
Kiarinblasen. Eine unkritische Kritik des Klarin- 

blasens. Von Curt Sachs — in: Arch. f. Musik- 

wissenschaft 3 
Konservatorien — s. Theorieunterricht 
Kretzschmar, Hermann — s. Joachim 
Krieger. ObeY eine Gelegenheitskomposition von 

Adam K. Von Kurt Fischer — in: Archiv far 

Musikwiss. 3 
Lasso. Orlande de Lassus par Charles van den 

B'orren. Alcan, Paris 3 fr. 50 
Leander — s. Juristisch-Musikalisches 
Lind, Jenny. Dorph, Sven: Jenny Lindiania till 

hundraars minnet Lindblad, Upsala 14,50 Kr. 
Lippey, Alex. — s. Schreker 
Lobkowitzsche Bibliothek — s. Raudnitz 
Luerftke, Hans — s. Bach 
Lutherfund, Der Zerbster. Von Hans Joachim M o s e r — 

in: Arch. f. Musikwiss. 3 
Moser, Hans Joachim — s. Lutherfund 
Mussorgski. Die Klavierkompositionen von Modest 

Petrowitsch Mussorgski Von Guido Gatti — in: 

Musrkbla'tfer des Anbruch 13 
Nattir - s. Riickkehr zur Natur 
NeapoiMaaisehe Sextakkord, Der, in Bachscher Auf- 
fassung — s. Bach 



Nettl, Paul — s. Raudnitz 

Operaregi, modern. (Von) Helmer Key. Nord. Bok*- 

handeln, Stockholm 1,50 Kr. 
Orchestration — s. Choral O. 
Over=Expression. By Tom S. Wot ton — in: The 

musical Times, June 
Plauener Orgelbuch, Das, von 1708. Von Max 

Seiffert — in: Archiv f. Musikwiss. 3 
Puiver, Jeffrey — s. Agypten 
Quint's, Heinz, Tonschubleiter. Von Anton Gatscha — 

in: Der Merker 13/4 
Raudnitz. Musicalia der Furstl. Lobkowitzschen 

Bibliothek in Raudnitz. Von Paul Nettl — in : 

Mitteilungen des Vereins fur Geschichte der 

Deutschen in Bohmen 1/2 
Riickkehr zur Natur, Die. Von Paul Bekker — in: 

Musikblatter des Anbruch 13 
Sachs, Curt — s. Kiarinblasen 
Salttn, Felix — s. Wien 
Sandberger, Adolf — s. Beethoven 
Sandvik, Ole Mork — s. Gudbrandsdalen 
Schattmann, Alfred — s Tiessen 
Schein, Joh. Hermann. Von Karl Hasse — in: 

Zeitschr. f. Musikwiss. 10 
Schildt, Melchior, und seine Familie. Nachrichten 

aus Hannoverschen Archiven mitget. v. Th. W. 

Werner — in: Arch. f. Musikwiss. 3 
Schreker. Einiges iiber die asthetischen und kiinst- 

lerischen Voraussetzungen der Lehrmethode Franz 

Schrekers. Von Alexander Lippey — in: Musik- 
blatter des Anbruch 13 
Seiffert, Max — s. Buckeburg; Plauener Orgelbuch 
Theorieunterricht an den Konservatorien. Von C 

Vogler — in: Schweizer. musikpadag. Blatter 15 
Tiessen, Heinz. Von Alfred Schattmann — in: 

Rhein. Musik- u. Theater-Ztg 30/31 
Tonschubleiter — s. Quint 
Verdi's Opera Macbeth. Foretal och bearbetning for 

svenska scenes (Von) Helmer Key. Abr. Hirsch, 

Stockholm 4 Kr. 
Violin Playing, modern. By S. B, Grimson & Cecil 

Forsyth. Gray Co., New York 1,50- Doll. 
Vogler, C. — s. Theorieunterricht 
Werner, Th. W. —s. Schildt 
Wien und die Musik. Von Felix Sal ten — in: 

Musikblatter des Anbruch 13 
Wotton, Tom S. — s. Over Expression 
Zerbst — s. Lutherfund 



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2. Saf$ der Sonafe fur Solo-Violine von Arthur Sdinabel 






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Copyright bv*NeuendoTff & Moll Berlin- Weissensee 
Notenbeilagii zu .Melos* 14- H^ftlSeptember 1M0 



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Krsr.liHint. am 1. umt '16. jeden Monats. Zu beziehon dureh die Postanstalton, Buch- u. Musikalienhandliingeri. so win dindit vom V ►>!■!. i;r- 
Herauageber: HE}* MANN SCHKKCHEN, Berlin - Kriedenau, Wk>sl>ndem>rstr. 7, Fernruf: Rheingau 709i>. KwlnUtion ^u. \Vrl,i<<; <'ln'iid.'», 
Briu'k: Neuendort'f & Moll. Berlin- Weii3erisne. - Preis d. Einzolhni"tes Mk. 3.—, im ViorteFj.-Abonn. Mk. 15.-. — NnclidnicU vur-t»'h:iH*-ri. 



Nr. 15 



Berlin, den 16. September 1920 



L Clahrgang 



INHALT 



Dr. ERNST KURTH 



HANS HEINZ STUCKENSCHMIDT 
ALFRED WOLFENSTEIN . . . 

WILLIAM HOWARD 

Prof. Dr. WILHELM ALTMANN 
Dr. HUGO LEICHTENTRITT . . 
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN 

NOTENBEILAGE: Hindemith: Nr 

op 



. Romanfifdie Harmpnik und ihre Krife in 

Wagners „Triffan", II. 

. Melodie 

. Das Worfmufikalifche und die neue Didifung 

. Mufikffenographie 

. Fiir die Verleger 

. Buchbefprechung 

. Bedeufende Neuerjdieinungen und Manujkripfe 

VI. aus „Du eine Nadit", Traume und Erlebniffe. 
it. Fiir Klavier 



„MELOS" 



in einer Luxusausgabe 

erfcheinf mondflidi einmal im Kunffverlag 

Fri&Gurlitt, Berlin W 33 



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Romanfifche Harmonik 
und ihre Krife in Wagners , Jriffan" 

Von Dr. Ernff Kurfh.* 

Grundlagen 

EinffellungzurTheorie. 

II. 

Die Urform mufikalifcher Willensregung aber find pfychifche Spannungen, die 
nach Auslofung In Bewegung drangen; alles mufikalifdie Gejchehen beruht in Be- 
wegungsvorgangen und ihrer inneren Dynamik. Wir verj'piiren die elemenfarffen 
pfychifchen Grundvorgange der Mufik ineinem gleicharfigen Wirkungsausdruck in tins, 
wie ihn alle pfychifchen Kraffe darffellen; die mufikalifdie Energie verdichfef fich zur 
erffen Deuflichkeif in der Form oder wenigffens zunachff in der Empfindung von 
Bewegungsvorgangen. Die Mufik iff daher keine Spiegelung der Nafur, fondern das 
Erlebnis ihrer raffelhaffen Energien felbff in uns; die Spannungsempfindungen in 
uns find das eigenfiimliche Verfpiiren von gleicharfigen lebendigen Kraffen, wie fie 
fich im Uranfang alles phyfifchen und organifchen Lebens offenbaren. 

Mif all ihrem drangvollen Trieb in die Form findef diefe Urernpfindung mufikalifcher 
Energie ihre rudimenfarjfe, fchlichfeffe Geffalf im Phanomen der melodifchen Linie. 
Diefe iff daher als Einheif eines Bewegungszuges zu faffen, der in den Tonen nichfs 
als feine finnliche Auswirkung findef, feinem Wefen nach als ein unferfinnlicher, 
pfychifcher Energievorgang, ein Spannungsverlauf. Der Urfprung aller Melodik voll- 
ziehf fich im Unbewuf5fen ? wie der weifaus gro]3fe Teil aller Lebensbefafigung, indem 
uberhaupf das innere Welfganze von Bewuj3f und Unbewuj3f nichf eigenflich im Bilde 
von zwei Hemifpharen zu vergegenwarfigen iff, (was zwei gleiche Halffen bedeufen 
wiirde) fondern nur mif einer kleinen gegen das Lichf hinausragenden und be- 
ffrahlfen Kuppe. 

Das UJberfliegen von energefifchen Inhalfen in ihren finnlichen Ausdruck, das Grund- 
phanomen aller erklingenden Mufik, bedeufef daher ihr Werden, zugleich aber ihr 
Freiwerden aus den unferbewuj3fen Spannungen, ihre Erlofung in die Sinnlichkeif. 
Zu FaJ5barem drangf das Unerfa£liche. Die Zweiheif von feelifchen und finnlidien 
Inhalfen, die alle Mufik durchdringf, findef im Phanomen des Melodifchen ihre reinffe 
und urfpriinglichffe Objekfivierung: in der melodifchen Linie als dem klangdiinnffen, 
nichf liber die Fiille des einzelnen Tones hinausfchwellenden mufikalifchen Gebilde liegf 
die Grenze, wo der Geffalfungswille und feine Spiegelung im klangfinnlichen 
Ausdrud* fich beriihren und ihre Vereinung finden, wo der myffifche Grundvorgang 
des Ausbrudis von Spannungen ans Erklingende fich vollziehf, die Wende von innen 
nadi au0en. Die melodifche Linie iff die erffe Projekfion des Willens auf „Maferie", 
auf zeifliche und raumlidie Erfcheinungsform; (raumlidie infofern, als aus dem Charakfer 
des melodifchen Spannungsverlaufs, der eine Bewegungsempfindung iff, fich die unklare, 
unferbewu^fe Sdieinvorffellung von Tonbewegung im Raume herausbildef, wahrend 

* Paul Haupf, Akademische Buchhandlung vorm. Max Drechsel. Bern und Leipzig 1920, 
Der Nachdruck des Anfangskapitels erfoigt mit gQtiger Erlaubnis des Verfassers. 




objekfiv raumlidies an den mufikalifdien Sinneseindnicfcen gar nidif exiffierf; die ge- 
famfen mufikalifdien Raumvorffellungen find daher fekundare Begleifvorftellungen, 
Folgeerfdieinungen aus dem energefifchen Qrundvorgang der Bewegungen). 

So ffellen die melodifchen Erfcheinungen zwar den unmiffelbarffen Ausdruck der 
geffalfend bewegfen Sfromungen dar, aber bereifs audi in erklingendem AusdruA, in 
Tonen, und damif fdion zugleidi weifer in gewiffe Abhangigkeif von klanglich-harmonifdien 
Erfdieinungen gebannf. 

Somif iff der fragende Inhalf einer jeden MelodiebeWegung, aber audi jedes 
einzelnen Tones, den fie durdiffreiff, eine lebendige K raff, ein aus dem Tone heraus- 
drangender eigenfiimlidier pfydiifdier Spannungszuffand, den ich als „kinefifche 
Energie" bezeidinef habe. Er ^virkf in weifeffem Maj5e und in verfdiiedenarfigen Er- 
Jdieinungsformen in die gefamfe mufikalifdie Theorie, die fidi demnadi als eine 
energefifdie Enfwicklung darffellf und diefe in Aufbau und Enffalfung der 
klanglidien Erfdieinungen nur fpiegelf; diefe Auswirkung befrifff aber alle 
Zweige der Mufikfheorie, die Harmonik ebenfo wie die Melodik und lineare 
Konfrapunkfik und (in gewiffen Umformungen) die Rhyfhmik, alle Formenkunff 
und f<hliej31i<h iiber die Theorie hinaus die Affhefik und Sfilpfychologie; denn auch 
fur die Erfdieinungen der Tonfymbolik find die Bewegungsfpannungen von grund- 
legender Bedeufung. 

Fiir die Theorie der Melodik, namenflich aber auch fur die fechnifchen und 
affhefifchen Fragen der Melodik und Polyp honie findef fidi diefer Gefichfspunkf bereifs 
in meinen „Grundlagen des linearen Konfrapunkfs" (Bern 1917) von den Grund- 
erfdieinungen aus in breifer Anwendung durdigefiihrf, zugleidi audi dorf (L Abfchniff, 
6. Kapifel) in feiner Auswirkunq zu den Spannungsformen der Harmonik dargeffellf, 
lefjferes in Grundziigen audi fdion in meiner Vorffudie iiber die „Vorausfe^ungen der 
fheorefifdien Harmonik" (1913). Urn midi hier nichf zu wiederholen, befchranke idi mich 
auf die knappe Heraushebung weniger Haupfziige, nur foweif fie der prakfifdien Durdi- 
fiihrung und dem Verffandnis der nachfolgenden Sfudien zur Hannonik dienen miiffen. 

Man muj3 vor allem daran fejfhalfen, daJ3 ein gefchloffener melodifdier Zug eine 
Einheif, und zwar urfpriingliche Einheif iff, die pfychifche Energie einer Bewegung, 
aus deren lebendigem, forflaufendem Zuge fich erff die Einzelfone herauslofen. Die 
gefchloffene Einheif einer ganzen Bewegungsphafe beanfpruchf Primarbedeufung 
gegeniiber den eineelnen Tonen, weldie fie auswirff. Aus den Tonen felbff iff nichfs 
zu erklaren, aus der Spannung, die fie durdiffreiff und erfiillf, alles. Der Ton, foweif 
er irgendwelchem mufikalifdien Zufammenhang angehorf, iff nur einzelnes Moment 
eines Spannungsverlaufs; der einzelne Ton friff (iberhaupf nur als Trager eines 
Energiezuffandes in die Mufik; wie fich zeigen wird, audi da, wo er keinem ge- 
fdiloffenen Linienzug angehorf; denn die Bewegungskraffe der Mufik beruhen langff 
nidif allein in gefdiehender, als Melodie fichfbarer Bewegung, fon iern im Bewegungs- 
drange; diefer iff der eigenflidie Trager alter der verfdiiedenarfigen mufikalifdien, 
zugleidi in Klang und Farbe ausffrahlenden Wirkungen. 

Darum iff fdion vom einfachffen melodifdien Gebilde an der eigenflidie mufikalifdie 
Inhalf Sdiwung des linearen Enfwicklungszuges, der Enfffehungsvorgang felbff, und 
fdion hier erfdieinen die Tone als das relafiv Bedeufungslofere. Der Kerninhalf liegf 
in der innern Dynamik, die fidi im Anfe^en und Ausgreifen, im Ausbaufdien und Ab- 
ebben der Linienwellungen, im Sfeigen und Sinken zu wedifelnden Tonhoheninfenfifafen 
fpiegelf. Die Bewegungskraff iff der unbewu]3fe Urfprung alter Melodik; man konnfe 
ihn darum audi urbeWuj5f nennen. Von ihm find wie die Tone und iiberhaupf alles 
Erklingende audi die ganzen rhyfhmifdien Erfcheinungsformen nur ein konkref 
wahrnehmbarer Ausdruck 



331 



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Daher iff aber der gefchloffene lineare Zug, der iiber die Tone gleifef und dieferi 
gegeniiber das Urfpriingliche bedeufef, audi nichf efwa als die nadifraglidi gezogene 
Verbindung zwifdien den Tonen anzufehen — ein Mij3verffandnis, vor dem nach- 
drii&lich zu warnen iff — fondern als der bewegende Geffalfungswille felbff: die ge- 
fchloffene melodifche Bildung iff daher nidif als Summe von einzelnen Tonen zu ver- 
jfehen, aber audi nichf als eine Aneinanderreihung ihrer einzelnen Infervalle, 
eine Vorffellung, bei der wieder nur die abgeffeckfe Tonreihe als das Gegebene, die 
nadhgleifende Verbindung als efvvas Paffives, Sekundares erjcheinen wiirde. Der Be- 
wegungsvorgang beanfpruchf vielmehr die Auffaffung der akfiven, geffalfenden Ur- 
fprungskraff, die in alien erklingenden Erfdneinungsformen ihre vielfachen Sfromungen 
nur der Wahrnehmbarkeif vermiffelt 

Die Tone find eigenflich nur der Ballaff der Linie. Anfang aller Erkennfnis vom 
Wefen der Melodik und damif iiberhaupf der Mufik iff die Gewohnung an den Ge- 
danken, daj3 fdion von der einfachen melodifdien Linie an der eigenfliche und weifaus 
bedeufungsvollere Inhalf das Unhorbare an ihr iff, oder, um es auj3erlicher zu kenn- 
zeichnen, in ihrer Niederfchriff die nidif gezogene Linie, die Jich nur in einzelnen Nofen 
andeufef; iiber die leeren Raume zwifchen den Nofen und iiber diefe felbff hinweg 
■jflufef die Kraff. Daj3 fie und nichf das Tonefpiel und das auj5ere Bild rhyfhmifcher 
Anordnung die lebendige Spannung iff, die das melodifche Empfinden ausmadif, iff im 
Grunde nidifs als audi eine der vielen „verloren gegangenen Selbffverffandlichkeifen", 
deren Erkenntnis gewalffam durch den verkehrfen Sfandpunkf unferer heufigen Mufik- 
fheorie verdrangf iff, die iiberall an den Erfcheinungsformen, am Gewordenen, ffaff am- 
Werdeprozej3 anfefjf, die Tone ausfchliej31idi und einfeifig in ihre harmonifche und 
rhyfhmifche Organifierung hinaus verfolgf, Jfaff zu der Dynamik ihrer fragenden un- 
horbaren Zufammenhange zu dringen, die ihr Aufleuchfen im Blifjeszug der Linien- 
bewegungen auswirff. Wie diefe Bewegungckraffe den Urfprung im Schaffensvorgang 
der Melodie darffellen, fo erregen fie audi ein Miferleben ihrer Schwingungen in ihrem 
jedesmaligen Horen; ihr Mifmachen iff die Tafigkeif des Temperaments. Das mufikalifdie 
Horen, das Erlebnis des Kunffwerks, iff gar nichf im Wefenflichen eine Gehors- nodi 
audi von Grund auf harmonifdi-logifdie Verffandes-Tafigkeif, fondern der pfychifche 
Spannungsverlauf eines Mifffromens mif dem Urvorgang der Bewegungskraffe. 

Die Energie der melodifdien Linie verlierf und verfliichfigf fidi in die Tone, wie 
ins Bild der Tropfenffrahlen die Kraff, die Quellen auffchiej3en laJ3f; in ihrem Ausdruck 
gehf die fdiopferifdie Kraff bereifs unfer. 13ber die einfadie Linie hinausgehend durdv 
ziehf aber der groj3e fragende Sdiwung bewegender Energien, der alle Einzelwirkungen 
und Einzelffimmen verwebf und iiberffreidif, die ganze Mufik, als eine Melodie im 
Gro£en, ein ins Riefenhaffe auffchwellender Vorgang einer in ihren Urfprungen ener- 
gefifdien Sfromung; fei es, dag er fidi in linearer Polyphonie iiber eine mehrfadie 
Sfimmenzahl ergiejSf, oder wie in der homophonen Mufik unmiffelbar zu dem machfig 
verbreiferfen Ausdruck der ganzen harmonifdien^langfiille anfchwillf. Das Flie^en 
einer Kraff, wie es feine einfachffe Erjdieinungsform in der einzelnen Linie findef, 
fdilagf hier im Sdiillern der Klange und Klangubergange an die finnlidie Augenfdiiclif, 
und der Akkord erfcheinf hier als die verbreiferfe Ausffrahlung des Tones wieder, die 
Tone der Linie bildlich gefprodien, ins Flachenhaffe ausgebreifet Und wie fdion die 
Tone der melodifdien Linie langff nichf deren Inhalf bedeufen, fondern nur lefjfe ver- 
ffaubfe Andeufung ihres Ausdruckswillens, fo find audi in der verbreiferfen Melodie, 
.die iiber Harmonien verffromf, die Klange bei aller finnlichen Fiille nichf Verdidtfung, 
fondern Verfliidifigung vom Kerninhalf der Mufik; wie iiberhaupf jeglidie mufikalifdie 
Ausdruckserfdieinung fidi bei Weifem nidif in der Bedeufung deffen erjthopff, was an 



ihr wahrnehmbar fur das Bewuj3ffein hervorfritt, fondern nur vermiffelf, was un- 
bewu)3t zu ihr gedrangf, ihre Geffalfung beffimmf haf. 

Alle Ausdruchserfcheinungen in der Kunjf nennf man daher, weil fie fidi nur 
gleidinishaff offenbaren, Symbole, „Sinnbilder", d. h. finnlidie Ausdruchsbilder des 
Seelifdien. So iff audi die mufikalifdie Tedmik felbff, als Ganzes genommen, Symbol, 
indem fie in alien ihren Wandlungen durdi die verfdiiedenen Sfilproben mif Hirer 
Charakferiffik und ihren vielfadien Einzelmerkmalen nur einen fieferen kunfflerifdien 
Geffakungswillen zum Ausbrudi hervordringen laj3f, Der kiinfflerifdie SdiaffensVorgang, 
deffen Vollkraff nur zerfprengf in die Ausdrucksform hineinklingf, iff daruni ffefs audi 
nur aus eineni Zuruckfuhlen ins UnbeWugfe zu erfafjen. aus einer Refonanzfahigkeif 
fur die lebendigen Kraffe, die fidi ans Lidif des Kunffwerks verloren haben.* 

: Es ist iiicht anders als in jeder Kunst; da abcr in der Musik die „Materie\ worin sicli die psyclusclien 
Eqergicn offenbaren, nicht in greifbarer Stofflichkcit, sondcrn nur in sinnliclicr Walmiclimfoarkeit (itii Gegens.itz /u 
den unbewuGten Grundinlialteii) bcrtiht, ist hicrin das Inmiatericlle der Musik bedingt, das selbst ibren r.rsciieiiiinigs- 
formen cigen ist, zngieich deren unendlich fliissige Anpassungsfaliigkcil an alle Regungen aus unterbewuliler (ieslallungs- 
tiefe, welche gerade den Romantikem die Tonkun&t als Inbegriff der Kunst crsclicincu lieii. 



(Forffe^ung folgf.) 



* 



VFRBAND DER KONZERTIERHNBFN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V. 

X£!lw2««Utelae Koniertatolellung: Berlin W 57, Blumenlhalslrafie 17 

OCmelnn^lge KOnzenanicu I y Telegramm-Adresse: PODIUMK.UNST 

'^S^S^S^S^ »" *°™"»' Vartr.BS.un,. Kunstumauenden Mr S.rii* und ,11. Orte des h- *- AusLndes. 
ggg^g^SaSgSl ■ Modrtp.n. Pro,— als hoi ^^.^ Kon.enagenten. 



533 



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Melodie 

Von Hans Heinz Sfu&enfdimidf. 

Von neuer Mufik reden heijif von Wiedergeburf des Melos reden. Vor allem gilt 
es, fie von der Begeiferung Gewiffer zu reinigen, denen da fchwanf, diromafifch fern 
bedeufe amelodifdi Jein. Idi will alle Apologie beifeife laffen, alles Schwarmen von 
efhifcher Mufik und Reform des inneren Horens, obwohl idi Jehr mufmaj3e, melodifdie 
Mufik fei efhifdie, innerlidie Mufik Es kommf darauf an, das Walfen einer Logik zu 
konffafieren, deren Exiffenz idi zwar nidif nachweifen kann, aber die idi als Zwang 
empfinde und deshalb anerkennen muj5. Da idi eine Mufik nahen fiihle, deren 
Theorie nichf mehr aufs Akkordliche fidi verffeifen wird, kommf es mir zu, hier Sfimm- 
lidies zu unferfudien. Auf die Gefahr hih ungenau zu fein, fdireibe idi in der I3ber- 
zeugung, nidif die Anfworf fei wefenflidi, aber die Frageffellung, 

Die Gefefce der Melodie find nidif eindeufig feffzulegen, Man kann nur fagen: der 
Flu$ mufikalifdier Linien enffprichf gewifjen Relafionen zwifchen Spannung und Enf- 
fpannung, Hebung und Senkung, Sfeigerung und Verminderung, Ruhe und Erregung, — 
Relafionen, die im Sdiaffenden akfiv, im Mifempfinden-Verffehenden audi vorhanden 
find, aber ohne geffalfende Kraft Die (lefjfendes unbeweisbare) Taffadie diefer 
fchopferifdien Gefe^e muj3 man eben hinnehmen; mif ihr ffehf und fallf der Sinn der 
Mufik, fie leugnen heigf die Mufik als foldie leugnen. Sie iff genau fo wenig zu be- 
weifen wie efwa der Schaffensfrieb an fidi oder das Gefiihl fur Rhyfhmus. Mufik ver- 
ffehenheigf imGrunde nidifs weifer als diefeGefefje auf das genoffene Werk unferbewu^f 
anwenden. Die Taffadie, daj3 hier das Empfinden Einzelner differierf, erwefif zwar 
nidif die Veranderlichkeif diefer Gefe^e (die zweifellos ewige find), fondern nur die 
Relafivifaf ihrer Anwendung. Unfer modernes, faff ausfchlie^lidi homophon gefdiulfes 
Ohr befi^f nur nodi in ganz geringem Ma£e die Fahigkeif melodifch zu unferfdieiden und 
es iff fypifch, da{3 die Theorie fidi audi in ihren angeblichen Unferfuchungen iiber 
Melodik faff yollig auf rhyfhmifdie, harmonifche, formate^ Au^erlichkeifen befchrankf. 
Hierin find bei allerSchrulligkeif und Pedanferie die morgeniaudifchen, vor allem die dii- 
nefifchen Theorefiker den unfern weif iiberlegen. Aus dem Fakfum, da£ in zahlreichen 
Fallen die diinefifdie Theorie mif der abendlandifdien fiber einffimmf, ergibf fidi dann 
wieder eins der myffifdien mufikalifdien Ur-Gefefje: die Kongruenz und Unfrennbarkeif 
von Rhyfhmus, Harmonie, Melodie, Form, So gelangf zum Beifpiel hinfichflidi des 
teiffones (alfo efwa h in C-dur) das Lii-ffu-ffan-kao auf feinem Wege rein melpdifcher 
Befradifung zu demfelben Refulfaf wie unfre komplizietfe akuffifch^harmonifdie auf dein 
der klanglidien Analyfe. Da^ die Folgeruhgen der diiriefifdien Syff^mafik d&nn 
aitdere find als bei uns (Verbof, den Leiffon h zu benu&en, werin nidif als Vertnifflung 
des Sdiriffes a-e> anderf nidifs an meiner Feffffellung, 

Ad rem 1 Was idi klarlegen wollfe : das Vprhandenf ein von melbdif dien Triebgef efjen 
i#id die Moglichkeif, Mufik redn melodifdv das hei^ nidif komplex 

iriferValUfdi zu definieren. hi dem Augenblick xia nidif ;mehr harmonifche, fondern yiel- 
'v/teebr:;mdq(fi|^el}rfadien den Gang einer Mufik beffhnineiy horf nofwendig die Berudt- 
fidifigutift x3es fonalen Prinzips auf, Nofabene: fie kahn aufhSren, ^e xrtup itafurlidt 
hi^ W^ in dem eben Mtgetegfett Sittne m0lodif*« 



554 



^iiliMl^^* 







Lime tonal befdirankf fei. Aber diejer Fall wird nofgedrungen Ausnahme Jein. 1m 
allgemeinen laj3f fidi behaupfen: die Melodie iff a priori nidif tonal, fo wenig Wie lie 
im Grunde unferm femperierfen Syffem fidi einfiigen laJ3f. Es iff keineswegs gleichgiilfig, 
ob eine Linie mif Riickfidrf auf ihre tonale Korrekfheif urn eine chromafifdie Rudiung 
veranderf wird. Eine Mufik horf da auf melodifdi zu fein, wo der Komponiff beginnf, 
fie aus harmonifdien Griinden umzubiegen. Wir miiffen jefcf definifiv abredinen mif der 
Lehre des affhefifdien ancien regime, die da behaupfefe, es gabe Tone, die, harmonifdi nichf 
gleidiberedifigf, nur der Fiillung dienfen und im Grunde uberfluffig waren. In unfrer 
Mufik gibt es keine Vorhalfe, Vorausnahmen ufw. im alfen Sinne mehr. Weil es keine 
Auflofungen im alfen Sinne mehr gibf. Es gibf nur nodi die mufikalifdie Logik, die 
im Linearen, Sfimiulidien, Melodifdien fidi ausdriickf. Selbffverffandlidi iff das Prinzip 
der Harmonik nidif als foldies abgefdiafff. Nur iff dem homophonen Zufammen das 
polyphone Nebeneinander iibergeordnef. Wir konnen fehr wohl Fanafiker des Klangs 
fein, aber wir werden ihn immer als eine fekundare Sadie befradifen. Die iiberfriebene 
Beadifung, die der verfloffene Sfil dem rein Harmonifdien zuwendefe, iff uns fremd. 
Audi unfre Einffellung zum Zufammenklang an fidi iff ganz wefcnflidi verfdiieden von 
der jener Epodien. Die Begriffe von Konfonanz und Diffonanz find im alfen Sinne 
abgeffreiff und widien einem ffarkeren Unferfdieidungsvermogen zwifdien Farbe und 
Zeidmung. Man warf uns vor unfre Mufik fei anardiifdi. Dem iff nur enfgegenzufefcen, 
dap" wir im Gegenfeil die elemenfaren mufikalifdien Gelegenheifen in den Vordergrund 
ffellen, indem wir radikal den Sinn der Mufik neu durdidenken und da Fundamenfe 
ffafuieren, wo die alfere Theorie zum Teil nur willkurlidie Ableifungen gab. Im Tiefffen 
iff unfre Mufik gefef3ma{3iger als jene, aber die Gefefce find nidif nur andre, fie gehen 
von ganz anderen Sfandpunkfen aus und behandeln Dinge, die die alfe Auffaffung als 
nebenfadilidie befradifefe. Auj3erdem find fie, vorlaufig wenigffens, rem geifhge. 
Formulieren laj3f fidi erff, was faufendfadi fdion erprobf ward. Und indem es zur 
Formel wird, bu^f es fdion durdi diefe Fefflegung in dem Mape an Vifalifaf ein, in 
dem die Fefflegung apodikfifdi gefdiiehf. 

Idi kann nidif umhin zwecks groflerer Eindringlidikeif das Werden einer radikal 
neuen Mufik an einem Beifpiel zu illuffrieren. Als fypifdi wahle idi das Klavier- 
ttflft Op a I von Schonberg. Idi biffe zu beadifen, wie fidi hier aus dem kurzen 
Thema Beifpiel I am Sdilu)3> jeder Takf des Sfu&es logifdi enfwidielf W,e dem 
ShSna S Phrale: ab, ab, auf, ab, gleidi, ab die kleine Variafion mi der SdUujJ. 
^un^anlworfef, beeinflugf durdi die widerfprediende Anabafis der dnffen Shmme. 
Wie kaum if? dies erreidtf, ein erregfes Gewirr anhebf, wie aus emem viHonarem 
maaeoSSlang fidi Teile des erffen Themas heben, wie dies fidi zu mamfefheren 
»„*S konffaDunkufdi im Bap" wiederkehrf, woauf die anffeigende Tonreihe des vier en 
'^^S^wSbi prallf, wie eine Sfufung aus der andern erwadiff wie kerne 
lakts umgeKenri uaycy . * aefdirieben iff. Wer da einwirff, dies ei 
Nofe^willk^di Oder a»Efr f^^ Q ^7UiLes nafurlidi Sadie der Ein- 

££ "l)l3e M^k as ^rf hinffellen, he*f die innere Nofwendigkeif ihrer 
ffellung, Die )e - M W a * "» M ^ aber iff wo hl fahig, innerhalb konffruierfer 
Form ignoneren Der WiUe zur ™adi£ aper ] produzieren, nidif aber felbff durdi 
Qefefce und bef ehend ^°^J^^ ^J^n. ,Das Sdionbergs Klavierffiick 
{eine Produkfe erne logifdi J^^ 6 ^^ wiUens iff zu fehen. Es iff felbff. 
dies fuf, ton f er ^^^* h ^eln^n^esEindringen erfordern, a priori zu 






mm 



H- 



Bachfchen Themas (efwa das des IL Beifpiels) beffehf, idi bin Jicher, er wurde Jagen: 
eben in dem Organifchen, Sdionen, Nofwendigen, und Jo nadi bekannfem Muffer die 
Armuf mif der pauvrefe begriinden. 

Vielleichf Wurde er mir analyfi/di kommen, diefe Senkung aus jener Anabafis er- 
klaren, jenes b aus diefem Kreuz. Aber das ware ja fdilie)31idi dasfelbe, Was idi bei 
dem Schonberg-Sfiid* apoffrophierfe. Eine fonale Inferprefafion iff nun gerade bei 
diefem Thema, befonders in Takf I. und II. vollig unangebradif und fo hebf alles, was 
mir erwiderf wird fich auf gegen Dinge, bei deren Feffffellung mir die Priorifaf zu- 
kornmf. Deshalb riskiere idi fogar den Vergleich der beiden Themen. Der augen- 
falligj'fe Unferfchied liegf Jdieinbar im Quanfifafiven. Badis Melodie iff, obwohl nur 
Ausfchniff, weifer, gefprachiger, langafmiger. Indeffen, hier iff nur wichfig, was aus- 
gedruckf wird. Und das Wefen der neuen Melodie liegf in ihrer Aphoriffik. Alles iff 
gedrangf, aufs Auj3erffe komprimierf; Modulafionen, zu denen man damals zehn- 
fakfige Chromafismen benofigf haffe, erledigf hier ein afonaler Sprung, und, was das 
Wichfigffe bei der Sadie iff: das Dazwifchenliegende, Ausgelaffene wirkf als Spannung 
von Ton zu Gegenfon mif, fo daj3 eine Forffchreifung die Arbeif von komplizierfen 
Kadenzen leiffef. Dazu kommf, dag die mofivifdien Teile der Perioden und diefe 
felbff unfereinander der „fhemafifchen" Verbindung nidif bediirfen, fondern glaff neben- 
einander gereihf find, da)3 fo Cafuren im herkommlichen Sinn nichf als folche wirken, 
da faffadilich die Melodie unendlich iff. Schliej31ich begann man die melodifdien 
Moglichkeifen der Paufe zu enfdecken, die als gelegenflidie Unferbrechung (nidif Zer- 
Jforung) des linearen Fluffes Spannungen und Enffpannungen friiher unbekannfer Arf 
vermiffeln kann. Das alles wirkf ineinander, ffeigerf fidi und hilff fo melodifdie Einheif 
von weif grp)3erer Spannkraff produzieren, als fie jene Generafionen zuffande ge- 
bradif haffen. Der Unferfdiied liegf im Ausdruck. Die Melodik des fiebzehnfen Jahr- 
hunderfs iff exfenfiv, die unfre infenfiv. Jene iff epifch, diefe epigrammafifdi, Auf jeden 
Fall haben wir heuf wieder Melodie, ein Fakfum, das juff der umfangreidie Kliingel 
der Rti&fdiriffler mif Nadidruck zu leugnen fich miihf, 

Man verfudie gefalligff die ernfflidie Analyfe neuer exfremer Mufik auf ihre 
Org^nik hin. 






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336 




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Das Worfmufikalifche und die neue Didifung 

Von Alfred Wolfenffein. 

Mufik iff die uf op if die Kunff jedes Menfdien. 

An das Wort an das gleidie Worf hangen fidi die Didifung und das Leben. Aber 
das find beides fouverane Herren — : was gefchiehf mif dem Worf, das beiden dienen 
will? Das Dafein keffef es an die Sachen. Das Dafein drangf es fo weif wie moglidi 
zu feinen Zwecken ab und iiberhauff es mif feinen prakfifdien Bedeufungen. In Nof- 
wehr dagegen und in Selbffbejinhung fiir das Worf Judif die Didifung es zum enf- 
gegengefe&fen Pole hin zu ziehn. Diefe Auflehnung zeigf fidi periodenhaff um fo enf- 
Jdiiedener, je weifer die Herrfdiaff der Zwecke fiber das Worf fidi ausdehnf. 

Aber in der lefjfen Epodie, unferem zweifen Jahrzehnf, gefdiiehf das Gegenfeil. 
Als die Spradie des Zeifverkehrs am rnadifigffen geworden iff, verbindef fidi ihr das 
Gedidif. Es nimmf ihren Sfrom in feinen frifdien auf. Es will, mif ihr an der gleidien 
Sfelle miindend, aus beiden Waffern das Meer einer neuen Gemeinfamkeif geffalfen. 
So befonf fie — Leben; nidif das reale dock vifales Sein; befonf mehr als den Sfolz 
der Kunff das Elemenf der Lebendigkeif, lieber als die Form die Bewegung — 

Mufik nichf will idi madien fondern fdireifen 

Und zeigen meine Sdiriffe, 

Mufik nidif gibf das harf geballfe Reifen 

Der Heere von Seelen, die Jfreifen 

Um meine Miffel*) 

Mif diefer Enfwiddung ffeigerf fidi nodi jene Problemafik des Worfes, - fein 
Doppelleben - fein Zwiefpalf. Warum nidif eine Periode vorhergegangen, die mif 
vollkommenffer Didifung den Gegenfafc fdion aufgehoben haffe, eine Kunff der Reffung 
und Errieuerung des Worfes? Ihr Gedidif haffe fidi bewahrend der Zeif gegenuber- 
geffellf; es ffellfe fidi vor die Spradie. In ausdriiddidier Ablehnung und Erhebung 
George; in miffelbarer Wendung zu fidi Rilke; in gerader Enfruckfheif Momberf. Und 
die bedeufefe nidif parnaffifdie Impafibilife: Hinfer dem Furfidifein ffehf verbindende 
Liebe George verkiindef in der Sdionheif feiner Menfdifdiar erinnernd den Glanz des 
Menfdifums iiberhaupf. Rilke didifef in der Sdionheif des Einfamen den Glanz des 
Sidifbarwerdens feiner Didifung bei den Menfdien. Momberf fingf in der Sdionheif 
des Welfafhers den Glanz der Erdenfdiopferkraff des Menfdien. Sie fdiaffen neuen 
Abffand des Worfes/ zum Zwifdienraum madien fie den Flup" der Realifaf, - und ver- 
wandeln Sinn und Klang des Worfes wieder zur rtflofen Brudie, darauf das Gedidif 
von ihrer Seele bis zum Menfdien gehf. .„_,-> 

Was ijf das Worf? was iff es geworden? Am Anfang war es nidif; warder 
Sdirei. Er war nodi finnlos in der Wuffe - oder das Elemenfare feines Laufes, der 

"^AiTs einetn Qedichte von mir; das nSchste Zitat aus einem Gedichte von Werfel, das dritte von Becher. 

. '337 



rings wieder die Elemenfe wecfefe, haffe an fich Sinn genug. Sei f diefe unbewupfe 
Mifchung fidi feilfe: in Mufik und in Spradie, - blieb Mufik der Wuffe nodi immer 
nahe Das Wort aber wurde wie ein zahmbareres Tier vom Leben geholf, angepajM 
und 'immer nufjlicher gemadif. Der Mufikfon, die Farbe der Malerei haben audi 
auj3erhalb eines Ganzen ihren unabhangigen Werf. Aber der Lauf des Worfes: hat 
der ein An-fich, welches iff jeine felbffandige Wirkungsarf? Novalis fpndif von der 
Moglidikeif, Worfe nur aus Affoziafionen zu vereinigen. „Gedidife, die bloj3 wohi- 
klingend und voll fchoner Worfe find/ aber audi ohne alien Sinn und Zufammenhang.^ 
Verlaine im Verlangen nadi Mufik: „ . . . que fu n'ailles point choifir tes mots , . , 
* Doch klingt „Sfern" - Stern? Zwingf uns der Jinnlidie Gehalf eines Wortes mif irgend 
einer Abfolufheif? Im Sdirei haffe der Klang, Weil er zugleich der ganze Sinn — weil 
der Sinn die Sinnlichkeif war, einen eigenen Werf. In heufiger Spradie aber deufef 
der Klang nidif mehr unmiffelbar auf die Bedeufung, er verfinnlidif nidif felbff den 
Sinn. Die beiden Seifen de&en fidi nidif mehr. der Worflauf deufef von fidi hinweg 
auf das Leben, auf unfer Zufammenleben, auf unfer Erlebnis, — erff hieriiber gehf der 
Weg der Wprfwirkung. Beim Eindrud? eines Worflaufs auf uns wirkf mehr als Vokale 
und Konfonanfen unfere affekfbeladene Erinnerung mif. An jedes Wort binden uns 
Erlebniffe - und nadi ihnen klingf es. Das Laufende des Worfes gleichf jefjf einem 
faff willkiirlidi gefOrmfen Gefafr das wir von anderen erhielfen. (Es anderf fidi zwar 
mif der Zeif audi der Lauf, aber weif fduieller der Sinn.) Es iff ein Gefa£ fur die 
Erinnerung, fur die Beziehungen, die wir hineinfun. So bemerken wir den Klang 
mehr bei unferm HineinWerfen des Sinns und Jeinem weifer darin Hallen. Die Ver- 
wendung oder die Geffalfung des Worfes, feine Beziehung auf Leben oder Werk, die 
* Akfivifaf feines Begriffes zu feiner Form hin: gibf ihm erff voile Wirklidikeif. 

Darum iff es zwar nidif ridifig, das Wort nur als ein leblofes Zeidien und ganz 
unbeffimmfen Durdigangsortanzufehen. Es iff nidif ridifig, was mandier inmilfen des 
weifgewordenen Abffands zwifdien urfpritnglicher und gegenwarfiger Spradie allzu 
I-):. zweifelnd meinf: als feien wohl Gedanke, Mefapher, aber nidif das Wort im gleidien 

: Grade wie der Ton fur die Mufik oder die Farbe fur die Malerei das Miffel fur die 

Dichfung. Das Wort iff kein zufalliges Material, kein Wefenlofes Geraufch. Aber 
dennodi das Mufikhaffe bildef fidi in der Didifung weniger vom Ton her, der die Be- 
deufung begleifef, als von derFormung der Zeifkafegorie in der Spradie: Rhyfhmifierung 
des Sinns, Bewegung und Teilung des Gedidifsganzen, Reimwiederhebens und Versmaj3. 
Das iff die Mufik der Lyrik, die keine Mufik des Worflaufs iff. 

Auf diefer Seife horen wir Georges, Rilkes, Momberfs Gedichf. Denn ihre Abkehr 

von der Zeif der mif Zweck iiberfiillfen Zivilifafionsfpradie — muj3fe eine Hinkehr zur 

!;■.'■■■■' Seife des Mufikhaffen fein. George fchafff durch die gedrangfe Folge dennodi ffark fur 

fidi ffehender Worfe und durch den Zufammenhang dennodi arienhaff in fich ab- 

H^ gefchioffener Gtedidife, durch die breife Begleifung der Reime und die vokallauf daraus 

i ^; fidi befreiende Melodie des Verfes: eine forffuhrerhaffe und zugleith fefflidi bewegfe 

Mufik* Rilke iff bewuj3feffes Lied. Volkslied eines, der es fur fidi fingf, — in den Quell 

feines eigenen Klanges greifend Je&f er darin, wie ein felffamer Mifdier voa Nafur 

und Kunff, gewifferma^en die Sfeine im Riefeln zu immer anderem Erklingen urn, ein 

Spieler auf diefem Quell; fein Worf fudif mif nie fatter Wiederkehr in Reim und Vers 

" : Jidi auf, und b e wirkf Jq, und fynkopifdi das Unbefonfe befonend, eine geiffige und fu£e 

ifefik* Momberf phantafierl in Verfen gleich feineri Welfgedanken, ohne Anfang und 

Eride^ jhre reinen und fchnellen Sdiwingungen refoiiieren von keinem kleineren Raum 

::":^';x : ^al^^ ■ ;. * -W : 











Iff der Gewinn dieter Didifung nidif auflerhalb der jiingeren geblieben? Haf die 
neue Wendung nidif Verraf an den Qrundlagen der Kunff geiibt? Es war wie manther 
Verraf Liebe. Aus den eigenen Reihen kommen die beffen Aufruhrer und wenden fidi 
um der Anderen willen gegen die eigenen Reihen. Jede diffanzierende Periode konnfe 
nidif die einzige bleiben, die nofwendig war. Das Wort warfefe nodi immer, es wollfe 
nidif allein erhohf fondern erloff fein. Die Form war vollendef nun follte fie fidi 
wieder drangeben; - feilnehmen am Sdiickfal der Inhalfe, die zur Hingabe an das 
neue Leben drangfen. Die Zeif war gekommen, dap" die Kunff ans Kreuz mu^fe. Bis 
ihr Innerffes hinein und bis in ihre FormmiffeL 

Audi zuvor fdion enfhalf die Didifung die Dinge des neuen Lebenszufammenhangs. 
Aber fie biidert, wie bei Dehmel, den Sfoff, die Handlung des Gedidifs, alfo das was 
darin am wenigffen Gedidif iff. Die Form madif in banaler konvenfioneller Unberiihrf- 
heif nur das Werkzeug der inhalflidien Wirkung. Das aber iff die Sendung der Kunff 
nidif. Jene diffanzierende Didifung verfieff zwar den Klang, madif den Klang zu ihrem 
neuen Sinn — : Aber die jiingere Didifung fiihlf die Spradie danadi durffen, daj3 ihr 
neuer Sinn zum Klang gemadif werde! Das war der am Rande diefer Zivilifafion 
nidif mehr zuriicfczudrangende Sprung in den Grund, die wagende Sehnfudif hin zu 
den furdiferlich angefdiwollenen Sdilangen der Zwechbedeufungen im Worf, — um fie 
zu wandeln. Ungeborene Schopfung fdirie, wie in einer nafurlichen Paufe, wie ver- 
langend nadi einer anderen Sfellung des Schaffens zum Leben. Furdtf gliff unfidifbar, 
als fei die Spannung zwifdien dem Gipfelffand hoher Didifung — und der immer ge- 
biickfer Nahrung fudienden Spradie kaum mehr zu erfragen. Aber die Nofwendigkeif 
der Erlofung des Worfes, der mechanijierfen elekfrifierfen, ufilifierfen Spradie, war eins 
mif der Nofwendigkeif der Seelenerlofung uberhaupt Der neue Didifer, der einen 
neuen Zufammenhang des Lebens geffalferifdi fiihlf e, hob aus der felben Hingeriffenhe^, 
im felben didiferifdien Flu)3 zugleidi die Grenzen innerhalb der eigenen Kunff auf. 
Inhalf und Miff el f einer Kunff fdiwangen in gleidier Bewegung. Nidif anders war das 
Leben (das Worf iff Leben) zu be waif igen; es konnfe nidif umgangen, es mu^fe durdv 
fchriffen werden. 

Diefer Kampf verwandelf das Worf wieder in Ruf. Das iff nidif das Ungeffalfefe 
und nidif die Manier der Miflaufer, die in diefer Bewegung vielhe&end wie niemals 
zuvof fidi kreuzfen mif der Zeif, nidif fidi kreuzigfen — : Aber der Sdirei uberwog im 
Worf als ein unmiffelbarer Anfeil des Lebendigen im Didifer. Nidif der objekfiv ge- 
feftigfe fondern der vifale Ausdrud*/ er fdiriff ijn Gedichfe hin wie der Menfdi im Leben. 
Das Worf war die Geffalf, die Sfirn, der Mund, es war nodi mehr als feine Didifung 
der Didifer felbff. Das hallende Auffrefen des jungen Gegenfafces, des Gefuhles von 
der eigenen polaren Sendung 1 Und das Rufende darin hob audi den urfpriinglidien 
Klanganfeif erneuf aus dem Worfe, - als ffehe es wieder am Wiiffenanfang (- auf 
anderer Ebene, geffeigerf audi von jener alferen Didifung) Nidif Polifik, - Mufikl dodi 
in* ihr aufgoldlf felbff foldie realffe Bewegungsarf. Selbff die ffaaflidiffe Ordnung der 
Spradie, felbff die eitdlofe Relafivifaf und Beziehungsfulle der Zeif in die Abfolufheif 
diefes, Spradirhythmus und Spradilaufes verwandelnd aufnehmen! das war die neue 
Triumphfehnfudit der Kunff, - die eins war mif der Umfaffungsfehnfudit ihrer Inhalfe - 

, O Herr, zerreifte midil 

Was foil dies dumpfe, klaglidie Geniepen? 
Idi bin nidif werf, da£ deine Wundeh fliePen. 
'..','■: >■-.'.■'.::■ ' ''■.'■■■.."■ : '.'... i ..^'';..- : v :i .^ jB^epctadLe -anidt'-iiiit-.Marfeiijn,- 

- Idj will den tod der ganzen Welf einfdiUe^ea 



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Bis daj3 idi erff in jedem Lumpen ffarb, 

In jeder Ka& und jedem Gaul verreckfe, 

Und ein Soldaf im Wuffendurff verdarb, 

Bis, graufer Sunder idi das Sakramenf weh auf der Zunge Jdime&fe, 

Bis idi den aufgefreffnen Leib aus bifferm Beffe ffreckfe, 

Nadi der Geffalf, die idi verhohnf umwarbl 

Das erneuerfe Wort iff nidif Erneuerung genug. Gerade wenn das frifche Ver- 
langen fidi ihm naherf, zeigf es die Grenzen feiner Kraft. Diefe Generation haf wie 
nur irgend eine die Erfdiiifferung audi der Spradie, den Zweifel am Worfe erlebf, 
Sie Jah feine Ohnmadif, — nidif im Verhalfnis zur Wirkung fondern im Verhalfnis zum 
eigenen Durff nach dem vollen Ausdrud*. Sie fah, wie fidi die AujSerung mif dem 
Gefiihl des erlebenden Innern nidif vergleidien laj3f. Der biffere Reff madif am Wege 
der Kunff verzweifeln. Dodi in der Tiefe iff es VerzWeiflung an der Verwirklichung 
des gemeinfamen Lebens iiberhaupf. Und da zeigf es fidi, da£ diefe Anfinomie fur 
unfere die Gemeinfamkeif fingende Kunff — wiederum zu einem Ton wird. Sie findef 
die Lofung des Unlosbaren in Jich felbff. Die Klage iiber Worflofigkeif: iff Worf. Den 
drohenden Triumph des Sdiweigens befiegf ein nur urn fo menfchlicherer Ton, 

Das Wefen diefer Spradie verdienfe den Namen einer expreffioniffifdien Ironie. 
Die romanfifdie Ironie War dichferifches Spiel mif der Welt kunffffolze Enffernung von 
der Wirklidikeif und zugleidi fdieue Fludif ins Selbff, verneinendes hymnifdies Sinken 
in Nachf. Diefe neue dagegen begleifef eine Spradie der Hinwendung, Bejahung, 
Verwirklidiung — ; fo bleibf die lebendige Beriihrung doch Schwebenl — wie Hymne 
auf den Tag dodi audi Wiffen um feine Taglidikeif — wie Liebe der Welf fingend dodi 
die Welf des Singens liebend — 

Sie dringen langfam heran, bald gleifen 

Sie milde SfojSe auf und ab im Bluf. 

Die Adern fonen, Nefj gefpannfer Saifen. 

Moorfee der Cellos zwifdien Bergen ruhf. 

. . Zu weidieffem Park verfdimelzen die Gefilde. 
Die Armffen fdiweben bunfere Falfer dorf. 
Goldhimmel fickerf durch den WoLken FUfer 
Den Volkern zu..— Lang drohnender Akkord. 

Mag alfo gerade die lefjfe Bewegung, die ruffelndffe Sehnfudif unferer Generafion 
erweifen, da£ zwifdien Spradie und Mujik ein feffer nidif aufzuhebender Unferfdiied 
walfef ; — da|3 alles Was mif Namen belegf wird, das Dunkle, im Augenblicfe der Be- 
nennung feff gebannf iff und der hervorbrediende flufende Gefuhlslauf im Worfe fo- 
gleich zur apollinifdien Konfur und Didife fidi Wandelf; -- mag audi Goff nur fdiwadi 
im umrandefen Gedidif, ffark im Dionyfifdien der Mufik erfdieineit: — es hebf fidi ihr 
dennodi mif jedem neuen Lebensfinn voll ewig neuer Anfangsluff als jeiner Ufopie 
enfgegen. 

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Mufikffenographie 

Von William Howard 

Vorausfetzung: Da wir in der Praxis der Mufik mit temperierter Stimmung arbeiten, haben 
wir nicht nur ein c, cis, d, ufw. fondern vielmehr eine faft unbegrenzte, jedenfalls aber un- 
beftimmte Zahl von Tonen, die wir heute im beften Falle nur mit drei oder vier Namen be- 
zeichnen. Zum Beifpiel ift g auch fisis oder ases ufw. Wir tun alfo unferm Tonmaterial keinen 
neuen ungewohnten Zwang an, wenn wir fQr alle ahnlichen Tone nur einen Namen, und dem 
entfprechend nur ein Zeichen fetzen. 

Gleich der alten Notenfchrift entnehme ich die Einteilung der Tfine dem Schema der reinen 
Stimmung, und komme To zu einer zwollftufigen Tonreihe. Da die Sekunde das wichtigfte, ja 
das grundlegende Intervall fttr unfere Mufik ift, fo markiere ich das kleinfte Interval! die kleine 
Sekunde durch Formwechfel der Zeichen: das eine ift eckig, das andere rund. Wenn wir alfo 
mit dem eckigen Zeichen anfangen, fo folgt in der ehemals chromatifch genannten Tonleiter iiach 
oben und unten ein rundes Zeichen, dann wieder ein eckiges, ein rundes ufw. 

Ton 1, 3, 5, 7,. 9, 11, hatte dann ein eckiges Zeichen, die geraden wiefen ein rundes 
Zeichen auf. Die groBen Sekunden find danach durch gleiche Form der Zeichen Ausgezeichnet. 
Ebenfo die groBen Terzen, tibermaBigen Quarten, kleinen Sexten und kieinen Septimen. Wir 
bezeichnen Intervalle einfach mit der Zahl, die die zweite Note im Intervall in der Tonreihe ein- 
nimmt, wenn die erfte Note des Intervalls mit eins bezeichnet wird. Es haben alfo gleichfOrmige 
Zeichen Fowohl die Intervajte wie die.T5ne der yngeraden Zahlenreihe, alfo Intervall I, (reine 
Primen), 3 (groBe Sekunden), 5 (groBe Terzen), 7 (UbermflBige Quarten), 9 (ObermSBige Quinten ^ 
kleine Sexten), 11 (kleine Septimen). UngleichfOrmige Zeichen haben dementfprechend alle Tone 
und Intervalle der geradftelligen Zahlenreihe. Intervall 2 (kleine Sekunde), Interval! 4 (kleine 
Terz), Intervall 6 (reine Quarte), Intervall 8 (reine Quinte), Intervall 10 (groBe Sext), Intervall 12 
(groBe Septime). - 

Diele Eindeutigkeit der Intervalle in ihrer biidljchen Darftellung ift ein Gewinn, der uns 
unerwartet in den SchoB fiel, der wert ift, zuerft betont zu werden. 

Wir kommen mit zwei Linien aus und einer Hilfslinie. Auf diefen ISBt fich eine Oktave 
einzeichnen. Wir find auf diefe Weife im Stande fieben Oktaven auf demrelben Raum unter- 
zubringen, auf dem die alte Notenfchrift drei einhalbe Oktave nur darzufteilen vermochte. Wir 
find infolgedeffen im Stande, ohne mehr Raum zu beanfpruchen als die alte Partitur jedem 
Inftrument bhne Schluffelwechfel oder Oklavenverfetzungszeichen foviel Oktavfyffeme, alfo Doppel- 
liniert in die Partitur zu malen als es fUr feinen % ganzen. Umiang braucht Durch gewiffe 
Gruppierungen konnen wir filr gewiffe Inftrumente refp. Inftrumentgruppeft charakteriftifche Syltem- 
bilder fchaffen, die den Uberblick der Partitur wefentlich erleichtern. 

Meine Hilfslinie aber, alfo eine nur bei Notenbedarf als kurzer Strich markierte, fonft abet 
nicht aezeichnete, nur gedachte Linie war notwendig, urn die Linienmaffe in Oruppen zu teilen. 
Mehr als drei oder vier Oktaven werden durchgehend bel keinem Inflrument n5tig, und wfiren . 
es fflnf fo find das erft zehn Linien. Diefe find aber in ebenfo viele deutlich unterfcheidbare 
Linienpaare geteilt. Das ift wie das Bild ergeben wird unter alien Umftanden ein Vorzug gegen das 
alte Notenryftem, fo daB wir auch hierin den Forderungen, die an eine Stenographic geftellt 
werden mUffen, gerecht werden. Werden, wie bei der Orgel wirkiich fieben und mehr Oktaven 
erforderlich fo werden die nOtigen Syfteme eines fechften, fiebenten Linienpaares itets nur takt- 
weife einge'zeichnet (niemals nur notenweife); es darf nie das Geftihi von Hilfslinien^aufkommen. 
Unter alien Umftanden muB ein Zweilinienfyftem, das nur ftreckenweife gebraucht wird als 
folches kenntlich fern Dazu jfr es n5tig ? daB ftets bdde Linien gezeichnet werden und d^B 

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die beiden Linien to lang find, da8 man fie unfehlbar von der Hilfslinie unterfcheidet, Wird das 
befolgt, fo wird auch in folchem Falle die Hilfslinie nicht mitgezeichnei, wenn kein Ton fUr fie 
vorhanden ift. 




Jeder Ton fteht immer an der gleichen Stelle im Syftem. Man rechne fich aucb hier aus, 
wie verfchieden jeder Ton nach dem alten Syftem ausfehen kann, fowohl in Hinficht auf die en- 
harmonifche Verwechflung, wie die Oktavenlage; beides Faktoren, die fQr uns wegf alien. 

Die einzige Schwierigkeit, die in unferm Syftem nicht ganz geloft ift, befteht in der Feft- 
ftellung durch das Auge, welche Oktave im einzelnen Fall gemeint ift. Immerhin konnen wir 
wenigstens in einzelnen Fallen durch Syftemgruppierungen doch groBere Klarheit fchaffen als fie 
im alten Partiturbild moglich war. Wir find alfo auch hier felbft am fchwachen Punkte des 
Syftems immer noch dem alten Elflinien-Syftem tiberlegen. 

Zwifchen den beiden Linien fteht als runde Note die TonhShe, die man c genannt hat. 
Es gefchah das mit Abficht, weil die meiften Inftrumente und menfchlichen Stimmlagen ihre 
Grenzen viel 5fter urn g herum finden als urn c, fo daB ein einziges Z'weilinienfyftem in fehr viel 
Fallen ausreicht, um eine Stimm6 darauf darftellen zu k5nnen und bei Wiedefholung des 
Syftems refp, . bei mehreren Oktaven meine Hilfslinie die natUrliche Grenze des Umfangs 
bilden wird. 

Bevor ich ein Beifpiel zur naheren Einfiihrung anftthre, bemerke ich noch, daB ich alien 
Wert darauf lege, daB wir auf Tonnamen verzichten lernen. Die Oberhandnahme der „wiffen- 
fchaftlichen Mufik" und des Kitfches kommt zuvOrderft davon, daB die Menfchen beffer mit 
Notennamen umzugehen wiffen als mit dem was fie vertreten, den Tonhohen. Unfere Mufik- 
pSdagogik appellierte eben mehr an Begriffsbeftimmungen als an Einleben in die Mufik. Es ilt 
fchon fchlimm genug, daB wir gezwungen find, die. Klanghohen einerfeits in Griffe, andererfeits 
in Notenbilder* umzufetzen. Wir mflffen die vierte Darftellungsart in Notennamen in Aikunft 
vermeiden. Nur fo zwingen wir die Lernenden zur Konzentration auf das innere Gehor, und 
halten uns die kraffen Theoretiker vom Leibe, die die Formen um ihrer felbft willen betrachten 
lehren.- , 

Im Befitze einer Mufikftenographie k5nnen wir auch die Efelsbriicke einer Benennung der 
T6ne entbehren. Ich wende fie hier und kiinftig nur an, um mich der Zeit verftandlich zu 
machen. Nennen wir die Tonhohen mit einem Namen*), fo fchaffen wir eine Verbindung mit 
de?n Intellekt, merken wir fie uns an den Griffen und Notenbifdern, fo haben wir nur eine 
finnlich faBbare Sttitze, die uns wie alles finnlich faBbare und intellektuell unfaBbare zur gefUhls- 
'.'rn.aBig.en Ausdeutung zwingt. Wir lernen, ob wir es wollen oder nicht, ob wir viel oder wehig 
Begabung dafiir haben, die tonhohen mit Empfindungswerten affoziieren, oder genauer gefagt, 
die jeder TonhOhe eigene feelifche Bedeutung mit alien ihr moglichen Varianten erkennen. Der 
Intellekt ift doch das Kamickel, das ^ns immer wieder yerleiten will, die Sinneseindrttcke um 
ihrer felbft willen zu neltmein (was an fich eigentlich ein Nonfens ift, denn wir kommen ja 
ttberhaupt nur zum Bewufltlein von Sinnesreizen, wenn Be in unferem lnne*n etwas auslOfen. 
Es gibt gar fceinen finiilpjfen Sinnesreiz, das ift der wahre Sinn des pfychologifchen Parallelismus). 

^ nur, ein auf der Spitze ftehendes 

Viereck fern (in der . Haiidlchrift mag fich das variieren, wenn es nur deutlich eine eckige Note 

;/ *-Es mag als zit rigoros erscheinen, jeglkhen Notennamen zu verwerfen, es gifrt aber nur einen Grund eeeen 
un ^ r ? A«ffassu.Dg und xias ist die Notwendigkeit, im Grchester i, B. einen gewissen Ton ohne Einsicht in das Noten* 
material festzusteilen. kh empfehk, sich meiner asketischen Anschauung ahzuschlieBen und sicb damit zu beeniuW 
dafi tn^i stagt: rund (oder eckig) zwischen den Onien (das ware ees i.=fc h und c). Eckig oder rund auf der tmteren 
H!^I^d^^ b) ' ^rfr^S rund .auf der qberen Linie (cis M des oder d). Eckig oder rund unter den 
Lunea te : odergisv^ as). Ecktg oder nmd ilber den Linien (dis ^ es toiler e). Auf der Hifeinie edcfe cKier rund 
(cts == i <*aer lis =c ge§); ".".■./■.".■.,■.'■;■■.; ....... ,v ':;-%//^fe;^ 




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bleibt), fondern ihre Seiten fallen nach innen gewolbt fein, was vor allem die volien, die 
fchwarzen Notenkopfe deutlicher von ihren runden BrUdern unterfcheidet. Man fehe das hier 
folgende Beifpiel Nr. 1. 



eckige Note <^> |V* /■> * 



ufw. 



runde Note wie ehemals ^ P f J (j 



Beifpiel 



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Die /Aveilinirm»ystain« wttrdmi 
sowoit. si« i'Or Bin JnHl-rumonb 
gubrauoht \viirdt<n inuner mir 
sowmt atiMeiiiamlorgenickt, dali 
riio with* Hilfslinio iin (ieiste 

kann. Also nui h tf 
waiter ills dio 
Linhm in nis 



Ein bedeutender Obelftand im beftehenden Notentyftem ift die Verfchiedenheit der Bilder 
in den vertchiedenen Oktaven, ohne daB eine unabanderliche RegelmaBigkeit beftande, die ein 
beltimmtes Bild .unter alien Umftanden als einer gewiffen Oktavlage angehOrig gekennzeichnet 
hatte. Man verfuchte zu alien Zeiten gerade dem letztgenannten Obelftand abzuhelfen, audi ich 
habe es als Knabe fchon verfucht, indem ich die C-Schlilffel durch Auslaffung der c-Linie als 
Ausfchnitt aus dem Doppelfyftem des Ba8- und ViolinfchlUffels charakterifierte. Eine Erleichterung, 
die jedem diefer beiden SchlQHel allein ermoglicht hatte, jeden c-Schliiffel vom Blatt zu lefen. 
Was wiederum die EinfUhrung der c-Schluffel filr die Tenore, die Altinftrumente und die ganz 
unnotigerweife transponierenden Inftrumente erlaubt hatte. Man unterfchatzt aber eben in den 
Kreifen der fertig Ausgebildeten die Kraftverfchwendung, die in unlogifchen MaBnahmen liegt, 
und will nicht zugeben, daB nicht nur die Fachmuhker unendlich viel Zeit zur Erlernung grOBerer 
Gefchicklichkeit gewinnen wiirden, fondern auch die Laien weniger bei den PrSliminarien der 
Mufik aufgehalten und lo der Kunft naher gefQhrt werden kOnnten, Im beftehenden Notenfyftem 
lafit rich reftlos eine Charakterifierung der Oktaven durch beftimmte eindeutige Bilder nicht 
herbeifiihren. Mein SchlUffelvorfchlag ift das AuBerfte was annahernd gewonnen werden kann. 
Ich habe fUnf oder mehr Notenfylteme erfunden, bei k'einem {ft es mir gelungen. « 

So fand ich als einzigen Ausweg nur den, auf eine bildliche Charakterifierung der Oktav- 
lagen Qberhaupt zu verzichten, und dafDr die Einheit des Bildes far alle Oktavlagen ja fur alle 
T5ne unter alien Umftanden anzuftreben , . Auch ich habe einmal unabhangig von Bufom und 
dem Rapidverlag die Taltatur des Klaviers als Grundlage der Notenfchrift nehmen wollen. Nur 
Itellte ich die' Linien fenkrecht, fodaB die neuen Notenblatter von oben nach unten zu lefen 
gewefen waren, was viele Vorteile hat. Doch das find alles keine w.rkhchen Verbefferungen, 
und fo bin ich bei dem Zweilinienfyftem gelandet. 

Befitzt diefes keinen Anhaltspunkt, an dem man die Oktavlage erkennen. konnte we che 
gemeint ift, fo fehlt ihm dafUr die ungeheuer verwirrende UngleichmaB.gke.t der B.ldemdrucke; 
imH (\™ i«at ein earnicht hoch genug einzufchatzender Vorteil. 

1 I ■ Zeilen koLn wir du,ch eine ZiHer anzeigen, welche Okzave m den 
Linie gemeto ill. Da alle anderen Vozzeichen wegfallen, to ill das ke.ne Erlch»er„,s W 

b Z h e^die mittellte Oklave und zwax das e, das zwlfehen den bei en L,„,e, , a , n,nde |N£ 
,,„„, rait einem lenkrechten Stricb, der in einem Kreis e.ngetchlolfen ill Es toll damn gelagt 
SStaT-S^ die als N, i und zugteich als N,. I an £**«*« , denn ^ nach .ben 
folgen nun die arabitchen und nach unten die : lateimfchen Z.Hern 2, It, 3, 111, 4, IV,^5, V als 

■rSSf- ! e V ; subcon Jc und O^;- £-££1.^ S 
linienfyftem liegende (e.nz.ge H) M®™*™"^™^^^ Stimme aber notwendig 
linien markiert wurden , fedes wegen Erwe terung des umiang^ ^^ weeen notig 

werdende weitere Zwe.linienfyrtem in mindeftens dre.facher Lange als es der IHoten wegen notig 



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lit, gezeichnet wird (niemals nur eine Linie allein), to ift immer deutlich markiert, wo wir es 
mit Hilfslinie in oder mit dem Syftem zu tun haben, alio einer neuen Oktave. 

Die Oktaven werden in Diskant-, Alt- und BaBoktaven geteilt. Die eingeftrichene Oktave refp 
das c mit den darilberliegenden 11 Noten ift die Altoktave = CD- Die zweigeftrichene: die 
Diskant 2, die kleine Oktave: die BaB II ufw. Damit waren alle notigen Mittel gegeben, urn 
fich Uber die Mufikftenographie verftSndigen zu kOnnen. 

Jetzt haben alle Inftrumente dasfelbe Notenbild; es ift nur die Aufmerkfamkeit zu erziehen, 

daB man auf die Oktave achtet. 

Transpofitionen werden unnotig. Das ift ein ungeheurer Vorteil. Die bisher transponierend^n 
Inftrumente haben nur die Eigentamlichkeit, daB die ihnen eigene Grundtonart vor dem Syftem 
angezeigt wird. Z. B. Klar. in 21 Horn in ^, kl. FlBte in 37. Es wird dadurch die Schwierig- 
keit, an denen die Inftrumente mit fchwierigen und unausfUhrbaren Tonarten leiden, auf die be- 
treffenden Mufiker felbft gefchoben, wahrend das Notenbild allgemein verftandlich bleibt, es ift 
ja auch fur alle da. Das einzelne Inftrument muB fttr die fpezielle Anwendung forgen. Es ift 
ungerecht, die Schwierigkeiten der Inftrumente auf das der Mufik im allgemeinen gehorige zu 
Ubertragen. Die Griffe find Angelegenheit der Inftrumentaliften, in das Notenbild gehoren fie 
und ihre Begleiterfcheinungen nicht. Der Inftrumentalift wird reich daftir entfchadigt, denn er 
nimmt an der gewonnenen Klarheit der Gefamtdarftellung der Mufik teil. 

Man nehme nun nicht an, daB mit der Verfchmelzung von Kreuz- und Betonarten und -tonen 
(Tonarten gibt es ja eigentlich garnicht) der Mufik irgend Gewalt angetan worden ware, die auf 
die Wahl der transponierenden Inftrumente (ein Name, der garnicht die Sache bezeichnet, die 
gemeint ift, eher k5nnte man fagen, die Inftrumente mit wenig Tonarten 0. a.) einen nachteiligen 
EinfluB ausUben kdnnte. Je naeh den vorkommenden TOnen und vor allem Tonbewegungen 
wird der Inftrumentierende zu entfcheiden haben ob ein S oder ein @ Kornett, eine S oder 
eine ^ FlOte anzuwenden ift. 

Die meiften Inftrumente haben etwa 3V2 Oktaven Umfang. Es werden alfo fUr fie drei 
Zweilinienfyfteme genllgen. Uberfchreitungen diefer konnen fowohl durch Oktavverfetzung das 

bekannte 8va ...... u. 8va wie durch ftreckenweife Andeutung der nachften Oktave 

dargeftellt werden. In manchen Fallen werden felbft bei Inftrumenten mit an fich groBem Umfang 
zwei Syfteme ausreichen. Durch diefe teils fich als feftftehend herausfchalenden Gruppierungen, 
teils durch wechfelnde von Stuck zu Stuck, wird das Partiturbild viel charakteriftifcher in Ab- 
fchnitte eingeteilt als es bei dem beftehenden der Fall war und fein kann. Man wird z. B. dem 
Cello unbedingt mehr Syfteme zugeftehen, als es bei der Bratfche der Fall ift. Der KontrabaB 
wird fich mit feinem geringen Umfang deutlich unterfcheiden vom Cellopart. Die Horner werden 
mehr Syfteme beanfpruchen als die Trompeteri; die Schlaginftrumente werden fich auBerft 
charakteriftifch durch ein einziges Syftem herausheben . . Wir mochten das nur andeuten, es 
wird fich mit der Zeit ganz von allein herausftellen, welche Inftrumente gleichbleibend ihr 
Gruppierungsbild erhalten, und wie diefe fich geftalten. 

Der geringe Raum, den unfere Stenographie einnimmt, macht es wtlnfchenswert unnotige 
/Oktavverfetzungen, die an alte SchlUffelwechfel erinnern, zu vermeiden. Wir find fttr Oktav- 
verfetzungen, wo befonders hohe oder tiefe Noten ausnahmsweife vorkommen. Die able 
Manier z. B. beim Cello zwifchen BaB, Tenor, Alt und Violinlchltiffel hinundherzufpringen, dUrfen 
wir nicht mit herQbernehipen. Wir kftnnen es uns leiften umfangreichen Inftrumenten eine umfang- 
reiche Syftemgruppe zuzugeftehen. Wir halten es dem Zweck der Mufikftenographie widerftreitend, 
wollte man ein einziges Zweilinienfyftem etwa nehmen, und fortwahrend durch Vorfetzung einer 
anderen Ziffer Oktavwechfel herbeifUhren. Das wiirde das Lefen ungemein erfchweren. Wir 
mfllfen im pfgenteil dafflr forgen, daB der Lefer an jeder Stelle in der Partitur ficher fein kann, 
diefelbe Bedeutung der Linien wiedeizufinden. Wir wUrden dadurch nicht nur die, fur die 



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einzelnen Inftrumente charakteriltifchen Gruppen verlieren, die das Partiturbild ordnen helfen 
fallen, wir wiirden die Notenfchrift in einem Umfang mechanifieren, der ficli rachen mtlBte, denn 
dem einzelnen Inftrument muB (und damit dem Dirigenten for diefes Inftrument) das Bild der 
auf- und abfteigenden Noten gefichert bleiben. Ja gerade in unterer Stenographic ift das 
wichtiger als in der alten Notenfchrift Weil das Bild hier einfacher ift, muB es wahrheits- 
getreuer fein foweit das irgend m5glich ift. 

Unfere Stenographic predigt durch die Bildergleichheit aller Oktaven audi vernehmlich, daB 
wir nur 12 Tone*) haben und nicht mehr, daB die Moglichkeit, fie in verfchiedenen Oktaven erklingen 
zu laffen, aber nur ein Mittel ift, diefe zwolf Tone in den verfchiedenften Farbungen auftreten 
zu laffen. Was alfo die verfchiedenen Linienfyfteme in der Partitur tun, die Klangfarben ver> 
fchiedener Tonquellen nebeneinander zur Darftellung zu bringen, das tun fie auch in dem Sinne, 
als fie die Oktavfarben der immer gleichen zwolf Tone uns ins Gedachtnis rufen. Wir mtlffen 
es fpateren Ausflihrungen tiberlaffen auf die bedeutenden Hinweife aufmerkfam zu machen, die 
unler Notenlyltem in Bezug auf das Material unferer Tonkunft Uberhaupt enthalt. Es weift direkt 
mit Fingern auf den Unterfchied zwifchen Material und Inhalt der Mufik hin, und diefem innerften 
Geheimnis unferer Mufikftenographie wird fie es hauptfachlich verdanken, wenn fie einmal in 
Benutzung genomrnen wird 

Soil fich die Mufik weiter entwickeln, fo braucht fie ein befferes Darftellungsmittel auf dem 
Papier als fie es jetzt hat. Es laBt fich nur das wenigfte fttr unfer Syftem in diefer gebotenen 
KUrze fagen. Und einmal wird man garnicht mehr wiifen, warum eine Zeit durchaus darauf 
beftand, Tonhohen-Nuancen durch Kreuze und Bee da^ftellen zu wollen, die doch nur vom 
Mufiker innerlich ergriffen, niemals aber rechnerifch ermittelt, und auch deshalb niemals wahrheits- 
getreu bezeichnet werden konnen. 

* In unserer Stenographic werden die Nuancen, die zwischen Kreuzen und Been liegen, nicht dargestellt; aber 
abgesehen von wenigen Fallen konnen alle vorkomrnenden Nuancen auch in der alten Notenschrift nicht dargestellt 
werden. In den meisten Fallen mufite man auch da sich auf sein intuitives Feingefuhl vcrlasen, d. h. die Musik erst 
in sich aufnehmen, urn dann eigentlich dort schon unabhangig von der mangelhaften Klarlieit der Notenschrift die 
Nuancen anzuwenden, die man innerlich erlebt. Wie oft ergab das in der alten Notenschrift schon starke Differenzen 
mit dem Notenbild. Das kann hier nicht vorkommen, jede Nuance mufi erfiihlt werden, keine wird auch nur 
im entferntesten angedeutet. Das rettet die Musik den dafur Reifen und schaltet die .Nurtalente" aus. Vielleicht 
ist das der grofite Vorzug unserer Stenographic. 



g Meifterfaal,Mitfwodt, 29. Sept.8Uhr: 
| L (moderner) Lieder- Abend 

! AUce Sdiaffer- \ 
\ Kuznit»ky! 

8 if 

jj Mitw.: Felix DyA (Wav.) P 

® Sdireker,- PeHx Dydt, Victor lehmann, t 
j Sdierchen, Mahler, Strau^ 

o 

^ Kart.: 10-3 M. u. St. b.B.&B.Werth^Abendk. 



345 



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Fiir die Verleger 

Eine Erwiderung an Herrn Alfred Doblirt 
Von Prof. Dr. Wilh. Alfmann. 

Auch ich habe mich mitunter gewundert, wenn ich die glanzende Einrichtung und das fehr 
reichhaltige Perfonal eines Verlegers Iah, und mir im Stillen, namentlich wenn diefer uber fchlechte 
Gefchafte klagte, gefagt: „hier muB doch ordentlich verdient worden fein". Aber andererfeits 
kenne ich eine ganze Anzafel Verleger, die in einem fehr befcheidenen Lokal, mit fehr wenig 
Perfonal oder fogar nur mit einem Hausknecht fich vom frtih bis Ipat abmiihen, ihren Verlag nur 
vom rein kiinftlerifchen Standpunkt aus leiten und es dabei noch nicht einmal fo weit bringen, 
daB fie dem Befucher oder, fagen wir, Bittfteller eine Zigarre anbieten k5nnen. Die Mufikverleger, 
die fich ein eigenes Auto halten, gehoren zu den Ausnahmen. Sie haben es ficherlich kaum 
durch Auswucherungder bei ihnenfrohndenden Tonfetzer erworben; denn ich mochte hier verraten, 
daB das Geld der reichften Verleger gar nicht aus Verlagsgefchaften ftammt, fondern aus einer 
reichen Heirat, aus Gwndftticks-, Bergwerks- und auch aus Borfenfpekulationen. 

Gerade diefer anderweitige Befitz hat es diefen Verlegern fehr oft erft ermftglicht, auch 
Mufikwerke zu verlegen, bei denen fie nur Geld verlieren, nicht gewinnen konnen. Nirgends ift 
wohl das Rifiko fo groB wie beim Mufikverlag. Diefer gleicht einem Lotterieunternehmen, bei 
dem auf 999 Nieten 1 Gewinn kommt. Niemand vermag <mit Sicherheit vorauszufagen, ob ein 
Mufikftlick einfchlSgt. Keiner tSufcht fich dabei mehr als der Komponift felbft. Fiir diefen exiftiert 
auch immer nur das eine gangbare Stuck, das der Verlag von ihm fiir ein Butterbrot erworben 
hat. DaB ihm fiir Opus 2—20 ein anftandiges, nicht ein bloB angemeffenes Honorar gezahlt 
worden ift, daB diefe Werke aber im Laufe vieler Jahre noch nicht einmal die Koften des Drucks, 
gefchweige denn fein Honorar, und die nicht unerheblichen Spefen gedeckt haben, das hindert ihn 
nicht, Uber den uirgeheuren Gewinn des Verlegers an feinem einen Werke laut und offentlich zu 
klagen; er glaubt auch nicht, daB diefer an feinen anderen Werken nichts verdient hat, felbft 
wenn es ihm an der Hand der Bticher genau nachgewiefen wird. 

Diefes MiBtrauen ift auch der Grund, weshalb die wenigften Verleger fich noch dazu ver- 
ftehen wollen, Werke in Kommiffion zu nehmen oder mit. den Komponiften einen Vertrag mit 
Gewinhfreteiligung, der doch m. E. der gerechtefte und — daher empfehlenswertefte ift, abzu- 
TchlieBen. Wie oft'haben fie es in diefem Falle horen miiffen, daB weit mehr Exemplare gedruckt 
und verkauft worden feien, als die Abrechnung nachweife. Diefer Fall mag gar nicht felten vor- 
gekommen fein, aber es ift Unfinn, ihn zu verallgemeinern. Es gibt in jedem Stande Betrttger 
und Bewucherer, aber warum follen dies gerade ganz im allgemeinen die Mufikverleger fein? 
Nicht diefe Kapitaliften find es, die den geiftigen Arbeiter, den Komponiften urn den ihm 
gebUhrenden Ertrag feiner Arbeit bringen, fondern die Notenftecher und Drucker, die fUr ihre 
rein mechanifche Arbeit heute einen Stundenlohn erhatten, mit deffen vierten Teil fich der Durch- 
fchnittskomponift fflr feine Arbeit k5niglich belohnt fiihlte. Ich fage: der Durchfchnittskomponift. 
Diefer ift trotz der heutigen dcmokratifchen Gleichmacherei erfreuerlicherweife noch immer 
nicht von <\im Anfpruch durchdrungen, daB er genau fo bezahlt werden ,muB wie fein Genie, 
z.B. Richard StrauB, Die Genies aber und -auch die Modekomponiften verlangen heute Honorare, 
die Verleger ihnen nur zahlen k5nnen, wenn fie die anderen Tonfetzer benachteiligen, ein fozialer 
MiBTtand, der fich kaum in Zukunft wird befeitigen laHen. 

-■...:-' '■{ : ■:.';, -;?ft5C"fi: weniger wird ein Mufikverlagsgefchaft fich ohne den fo viel gefchmahten Kapitalismus 
betreiben laffen Gerade fflr den Mufikverlag kann das Kapitai gar nicht groB genug bemeffen 
fein, wm\ $er Inhaber meift viele Jahre wartenmuB, bis fich fein Kapitai nur einigermaBen verzinfty 
So maiich^r junge opferfreudige Verleger hat fchon im zweiten jahre fein GefchSft fchliefi^n 
miiffeti, ^i| feitrKapital zu kleffi war, mft die .tfekoften ihm ttl?er £en Kopf wuchfen, 




m^r 







Das war auch der Fall bei einem genoffenfchaftlichen Verlag, der fich vor etwa 20 Jahren 
aufgetan hatte. Auch ich habe wiederholt im Intereffe der jungen Tonfetzer ein Verlagsunternehmen 
auf genoffenfchaftlicher Grundlage empfohlen, insbefondere die Hoffnung ausgetprochen, daB die 
Genoffenfchaft deutfcher Tonfetzer, die ja feit langererZeit mit der Hauptmaffe der deutfchen 
Verleger in Fehde liegt, einen Mufikverlag grlindet. Dazu foil jetzt Ausficht fein, doch foil 
andererfeits wiede.r gezogert werden, bis das zum guten Teil geftiftete Grundkapital noch grbBer 
geworden ift. Und das ware fehr verftandig, denn hatte man vor Beginn des Weltkrieges mit 
einem Kapital von einer halben Million Mark wohl etwas anfangen k6nnen, lo braucht man heute, 
urn dasfelbe zu erzielen, ficherlich 6 bis 7 Millionen. 

Ein folcher genoffenfchaftlicher Verlag wird ubrigens entfchieden mit groBeren Unkoften zu 
rechnen haben als ein Privatverleger, fchon weil die Verantwortung flir die Annahme von Werken 
niemals einem einzigen Manne anvertraut werden wird und auch nicht kann. Darf diefer ein 
ein Genoffe fein? Ware es nicht beffer, er ware ein Angeftellter? Ich glaube doch. 

Womit erwirbt man Ubrigens bei einem folchen genoffenfchaftlichen Unternehmen die Mit- 
gliedfchaft? Doch wohl indem man zur D^ckung der Unkoften eine beftimmte Summe einzahlt? 
Damit waren aber dann alle armen Tonfetzer wieder ausgefchloffen. Und das ware eine foziale 
Ungerechtigkeit. Deren Kompofitionen aber auf Koften der Begllterten zu drucken, hieBe wiederum 
fur diefe: auf Drucklegung eines Teils ihrer eigenen Werke verzichten. 

So fehe ich denn keinen anderen Weg zum Heil, als daB reiche Leute, alio Mazene, fich 
zu einer G. m. b. H. zufammenfchlieBen, die wie jeder Privatverleger den Mufikverlag betreibt, 
jedoch mit dem Unterfchied, daB ihr an einem Gewinn nichts liegt oder daB fie dielen nur dazu 
benutzt, urn vor allem groBere Werke noch Unbekannter zu veroffentlichen. GroBe Honorare 
wurde, 'eine folche gemeinnUtzige Verlagsgefellfchaft Uberhaupt nicht zahlen dUrfen; es wurde m 
genugen, wenn fie die Koften 'der Drucklegung ubernimmt, nach deren Deckung die HSlfte des 
Gewinns alljahrlich dem Komponiften zufUhrt und die andere zur Erweiterung des Verlags benutzt. 

An deffen Spitze mUBte natUrlich ein kaufmannifch gefchulter gelernter Mufikalienhandler 
ftehen, der darUber zu wachen hatte,- daB kein'e Unterbilanz entftande und daB nicht zu viel 
gedruckt wUrde. Was aber gedruckt werden fol'te, darilber hatte eine Kommiffion oder mehrere 
Kommiffionen von je drei Mufikern zu entfcheiden. Ich ftirchte, wenn ein folcher Verlag ge- 
grUndet werden wurde, hatten diefe Kommiffionen, die dem Auffichtsrat Uber : ]edes eingereichte 
Werk ausftlhrliche Beurteilungen zu liefern hatten zunachft ungemein viel zu tun; denn wohl 
ieder Tonfetzer wurde lich beeilen, etwas einzufenden. 

Doch bis dahin hat es .noch- gute Weile. Bis dahin follten die deutfchen Tonfetzer getrolt 
den in ihrer Uberwiegenden Zahl fehr mit Unrecht gefchmahten Verlegern Vertrauen Menken. 
Sie follten fich aber klar machen, daB ein Verleger nifr beffehen kann, wenn f.ch fem Kap ta 
und leine eigene Arbeit einigermaBen rentiert. Der Verleger ift keine Drohne; er muB (el bit 
tochtig mit Hand anlegen, ehe eine Kompofition zur Verbffentiichung oder vielmehr zum VeAnde 
kommt. Er hat dann noch welter dafUr zu forgen, daB lie beachtet, befproehen und au gefah 
wird, Vorgangen, bei denen er in >r Regel viel zu wenig von ^ komponiften unteftutz 
wird Differ ift faft immer der Anficht, daB der Verleger gerade fUr fein Werk mchts toe. Unto 
Umftanden alio wird ein Verleger fogar die ganze erfte und^uch wohl noch «t™£*^ 
verfchenken konnen, ehe er fieht, daB das.Werk einigermaBen verlangt w.rd. %*^.™ 
fchenken kann fich aber fehr rentieren. Doch lafit fich fehr viel dagegen fagen. Vor allem foil e 
SS^t der Unfitte gebrochen werden, daB die ausffihrenden Kunftler einen Anfpruch auf 
Gratislieferung des Ausftlhrungsmaterial zu haben #auben ..... . ■ ■ w . k Liedet 

Die komponiften taufchen fich ubrigens meilt tlber die AbIa ztth, ^ f ^^S tl „ „^ 
werden z. B; fc nicht vericauft, bis das eine pder^ andere von e,ner .^^Jf^^; 

ton Konzerte^ 

■ ■'■■■■Lt ; -i *~* v v tnit o-rnR^tf! 1 Frf6lff attch nur m einem ihrer Kmzem f mm m .w- victim 
■gttt^WSSito* darau, » recbnen, m X> andere Sang,™*, 



347 



K#& 






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audi in ihren Konzerten diefes Lied fingen, fondern daB auch viele ZuhOrerinnen es kaufen. 
Hilft dann der Verleger durch gefchickte Reklame noch nach, dann kann er fehr wohl mit diefem 
Liede wieder einmal eines feiner feltenen guten Gefchafte machen. 

Dicfe find bei Kammermufikwerken leider fo gut wie ausgefchloffen; ich darf verraten, daB 
ein recht bemerkenswertes Klavierquintett eines fehr bekannten und gefchatzten Tonkunftlers, der 
iein Werk mehrfach offentlich gefpielt hat, voile neun Jahre gebraucht hat, bis die erfte Auflage 
von nur 50 Exemplaren vergriffen war, und unter diefen waren nur 15 verkaufte. Kann man es 
unter diefen Umftanden dem Verleger verdenken, wenn er demfelben Tonfetzer dann fur fein 
nachftes Werk kein Honorar geben will und jeden abweilt, der ihm wieder ein Klavierquintett 
anbietet, mag er auch von deffen Vorziigen noch fo fehr uberzeugt/fein? 

Das groBte Rifiko eines Verlegers ift die Uebernahme efner Oper. Welche Unfummen 
werden jedes Jahr dadurch verloren, daB der Klavierauszug von Opern gedruckt und das Auf- 
fuhrungsmaterial hergeftellt wird, ohne daB das Werk nur einigermaBen einfchlagt. Dabei werden 
Opern doch ftets auf das forgfaltigfte vor der VerlagsObernahme gepruft. Jener genoffenfcliaftliche 
Verlag, den auch ich erfehne, wird gar nicht vorfiehtig genug in der Annahme von Opern fein 
konnen, wenn er nicht fehr bald in Verlegenheit geraten foil. Andererfeits aber brauchen gerade 
die jungen Opernkomponiften am rneiften Hilfe. Sie konnen heute die Annahme ihrer Schopfung 
bei einem Theater gar nicht erreichen, wenn fie nicht zum mindeiten Klavierauszuge ein- 
fchicken kflnnen. 

Verleger und Komponift find m. E. fo auf einander angewiefen, daB fie die beften Freunde 
fein mUffen, Zur Freundfchaft aber gehOrt in erfter Linie Vertrauen. Das fchenkt jeder Verleger 
dem Komponiften, wenn er etwas von ihm druckt. Der Komponift aber wird nur oft von anderen 
zum MiBtrauen gegen den Verleger veranlaBt, und das ift Unrecht. Findet er fich aber uber- 
vorteilt, kann er beweifen, daB fein Vertrauen vom Verleger miBbraucht worden ift, dann habe 
er aber auch den Mut, diefen Fall der Offentlichkeit und auch den Gerichten zu tibergeben. 
Er kann ficher fein, daB die anftandigen Verleger — und das ift, wie ich wohl behaupten darf, 
weitaus die Mehrzahl — jenes raudige Schaf boykottieren werden. 

Traurig ift es, , daB infolge der Gefchaftslage heute Verleger, die bisher nur auf anftandige 
Mufik hielten, gezwungen find, Gaffenhauer und fadefte Salonmufik herauszubringen, weil eben 
das Publikum tiberwiegend nur derartigen Schund kauft Aber der Erlos aus diefem Schund fetzt 
die Verleger doch wieder in den Stand, daneben noch anftandige Mufik zu drucken. 

Einen Vorwurf kann ich den meirten Verlegern nicht erfparen: fie fordern zu hohe Preife 
namentlich fUr Klavierau^ztige von Opern und Kammermufikwerken. Der Begriinder der Edition 
Peters, der hochverdiente Dr. Max Abraham, hat feinerzeit gezeigt, daB auch Werke lebender 
Tonfetzer zu deji felben niedrigen Preilen wie Nachdruckswerke verkauft werden konnen und 
dann durch die GreBe des Abfatzes fich bezahlt machen, allerdings haben fich feitdem die Ver- 
haitniffe etwas geMndert; aber folche horrende Preife, wie fie z. B. heute fur den Klavierauszug 
der„Frau ohne Schatten" gefordert werden, mUffen abfchrecken; fie fchaden auch dem Tonfetzer, 
der doch wOnfchen muB, daB fein Werk in moglichft weite Kreife gelangt. 



* 



7 £ jti £. Dr. Borchardt & Wohlauer. 



VBSBfr c 



(FERTIGSTELLUNQ ALLER MUSI K - A U FTR AQ E ) ' 

instrumentation, - Transposition. 

Aufschreiben gegebener Melodien, 

Motenschreiben. 

Charlattsnburg 4, Wielandstrasse 40. fia/ Xmt Steinpiatz 9&5 



34$ 






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Budibefprediung 



„M usikalische Stillehre in ,Einzeldar- 
stellungen 1 * betitelt Hermann W. v. VV alters - 
hausen eine ganze Reihe von Abhandlungen (Verlag 
Hugo Bruckmann, Miindien), von denen die drei 
ersten vorliegen. Wenn schon die Titel mehr auf 
Rikkblick zu deuten schcinen, so zeigt die nahere 
Betrachtung doeh alsbald, daft es sich hier urn Aus- 
einyndersetzungen mi!, den kunstlerischen Problemen 
der Gegenwart ebensosehr handelt als 11 m gesehicht- 
liche Studien, und gerade durch die Einstellung auf 
die Gegenwart wird den altbekannten Thernen manch 
neuer Gesichtsptinkt abgewonnen. Die drei aus- 
fuhrlichen Abhandlungen: „Die Zauberflote, eine 
operndramaturgisch'e Studie", „Der Frei- 
schiitz, ein Versuch iiber die m usikalische 
Romantik", „Uas Siegfried-Idyll oder die 
RUckkehr zur Natur" verdienen in der Tat die 
Aufmerksamkeiternster Musiker. Siezeigen, daft uuge- 
achtet des stunruschen Vorwartsdrangens unseier 
Jiingsten die Akten iiber manches altere Kapitel noch 
lange nicht abgeschlossen sind. J a, es zeigt sich 
sogar die interessante Tatsache, daft gerade vom 
Standpunkt der Gegenwart ein Licht auf manche 
Dinge der Vergangenheit fallt, die man frUher nicht 
hat wahrnehmenkonnen. Waitershausen, der sich als 
Praktiker der Opernbuhne bewahrt hat, weift eine 
Menge sachlich begrundeter Einsichten fiber das 
musikdramatische problem vorzubringen. in denen 
sich der kenntnisreiche Musiker ebenso sehr wie der 
nachdenkliche Geist ofienbart Etwas weitschweilige 
Exkurse uber Entwieklungsgeschichte, Stiifragen und 
dergleichen lenfcen zwar hier und da vom Thema ab, 
enthaiten aber andererseits so viel Anregendes, daft 
man siegern mitin den Kauf nimmt. Ab und zu werden 
Fragen von einer solchen Wichtigkeit angeschnitten, 
daft ich Bedenken trage, hier mit Inirzen Worten zu 
ihnen Stellung zu nehmen. Dam uehorr z. B. in dem 
Bandchen iiber das Siegfried-Idyll die Auseinander- 



setzung Uber das Nationale und Internationale in der 
neuen Musik. Waitershausen tritt dafiir ein, daB es 
mehr darauf ankommt die Rasseneigentiimlichkeiten 
in der Musik zu entwickeln, als sie in eineni ni- 
vellierenden Kosmopolitismus zu verwischen, Er 
mochte Deutsche, Franzosen, ltaliener, Slaven, Juden 
in der Musik sich differenzieren lassen, anstatt, wie 
die neueste Richtung (auch in den bildenden Ktinsten), 
eine mogiichst enge Annaherung zu erstreben. Es 
laftt sich fur und wider so viel Gewichtiges anfiihreu, 
daft dieser Frage allein eine tiefgreifende Studie ge~ 
biihrt. Nur so vie! mochte ich fur diesmal in alter 
Kiirze als Leitsatz anfiihren, daB die grofte Kunst 
einem machtigen Strome gleicht, der zwar nur in 
einem Lande seinerf Ursprung hat, aber viele Lauder 
durchflieBt, verbindet, befruchtet, wogegen die kleine 
Kunst, so echt national sie auch sein rnag, doch 
immer nur wie ein schmaler NebenfluB fur den engen 
Eigenbezirk Bedeutung hat. Das Streben. nachlnter- 
nationalismus scheint mir vergebliche Muhe, wenn 
es sich nicht um wahrhaft groBe, weitspannende 
Kraft handelt, die allerdings von Natur aus imperia- 
listisch ist und sich auch die widerstrebende weite 
Welt sehlieftlich erobert. Kaum minder wichtig und 
problematisch ist die Frage nach dem „NatllrHchen" 
in der Kunst und der „Rtickkehr zur Natur", die als 
das eigentliche Ergebnis der Siegfried-Studie anzu- 
sehen ist. Auch mit ihr muBte man sich hochst 
ernsthaft auseinandersetzen, Kaum minder bedeutsam 
dieFragen,zu denen die^Zauberfloten^und^FreischUtz*' 
Studien auf musikdramatischem Gebiet anregen. 
Fordert Waitershausen den Widerspruch radikaler 
Kiinstler hier und da heraus, so werden doch auch 
diese Radikalen schon der aufierordentiichen Sach- 
lichkeit wegen an Waitershausen Schriften nicht 
vorubergehen konnen, ohne sie ernsthaft zu beachten. 

Dr. HttgsrljBlichtentritt- 



349 



Widifige neue Mufikalien, Budier und Aufj'afze 

iiber Mufik, 

mitgeteilt von 
Professor Dr.Wilhclm Altmann, Berlin-Friedenau, Sponhoizstr. 53-54. 
Dlcse Zusammenstcllung, die mOglichst in jedem Heft dieser Zeitschrift erfolgen wird, will audi noch un- 
n.nn" i % nl ' , V ° r a " em S y n, P 1,onien ' symphonische Dichtungen, Konzerte, Kammermusikwerke, Open, 

. ■ m ! r " einbezicl.cn, urn namentlicb Dirigenten darauf aufmerksam zu machen. DiejeM^en Wetzer' 

d,c derarbgc Wcr c () edocb „Icht etwa Klavierstncke, Lieder, MannerchOre) fertig haben. werden re eten m d.vo ' 
m Kenntnus zn setzen docl, bchalte id, rnir die Entscheidnng fiber die Aufnahme vor. Diese kann ancb b i ge nc te 
Werken wedcr nrch en, Mserat moc„ dnrch Einscndnng der betreffenden Musikstucke oder Bficher erzwrngf, , 
Ruckscndung ctwa.gcr hiiiseiidungcn wird gnmdsatzlich abgelclint ucraen. 

Die IliMZMfMgnng des Vcrlags wird Bestellnngcn erleicl.tem. Zu den angegebenen Preisen ko.i.mt immer 

t^ixt^^i^ dcs vcr,cgcn ii,,d Md » des s «f S b inzii; er scbwaMkf 1 ;;^,,:;^ : 



I. Inffrumenfalmufik 

a) Ordieffer (ohne Soloinjfrumenfe) 

Molnar, E. A.: Aufschwung. Orchester-Dichtung noch 

ungedruckt 
Wetzler, Hans Hermann: op. 7 Suite aus der Musik 

zu Shakespeares „VVie es euch gefallt". Leuckart, 

Preis nach Obereink. 

b) Kammermuj'ik 

Gagoebin, Henri: Quatuor (f) fur 2 Viol., Via et Violonc 

kl. Part Hug, Zurich 5 M. 
Hegar, Friedrich: op. 46 Streichquartett (fis). Simrock 

kl. Part. 3 M,; St. 8 M. 
Kienzl, Wilhelm: Streichquartett erscheint demnachst 

bei Bote & Bock, Berlin 
Reger, Max: op. 133 Klavierquartett; op. 146 Klarinetten- 

quintett f. Pfte zu 4 Hdn bearb. (Jos. Haas) Simrock 

9, bzw. 8 M. 
Schlatter, Jos£: Suite im alten Stil f. 2 Pfte zu 

4 Hdn. Hug, Zurich 8 M. 

c) Sonffige Inffrumenfalmufik 

Barroas, Issay: Tonleiter-Spezialstudien f. Viol. Neue 

verb. Aufl. Leuckart 2 M. 
Bartok, Bela: 15 ungarische Bauernlieder f Pfte 

Uniyersal-Edit. 2,50 M. 
Brahms, Joh.: FUnf langsame Satze aus den Sinfonien 

f. Pfte ttbertr. (Max Reger). Simrock 4,50 M. 
Bunk, Gerard: Acht Charakterstucke f. Or^el 

Leuckart 4,50 M. " ' 

Drechsler, jos. : Durch den Kontrapunkt. Zwei Vor- 

trage f. Pfte oder Harmonium. Themen von 

F. W^Franke u. E. Heuser. Aurora- Verb, Dresden- 

WernbOhla 3,50 M. 
Eysler, Edmund: Album. 12 ausgewahlte Kompos. f. 

Pfte. Lyra- Verb, Lpz 10 M. 
Pall, Leo: desgl. 

Haba, Alois: 2 Deux Morceaux (Scherzo, Intermezzo) 

t Piano. Universal-Edit. 2 M 
Lefra.nn, Paul [Bremen]: Sonate f. Klav. noch un- 

gedruckt fUrauffuhr. Bremen 28 3 igj 



Lehar, Franz: Album. Zwolf ausgew. Kompositinnen 

f. Pfte. Lyra- Verb, Lpz . 
Niemann, Walter: op. 68 Drei moderne Klavierstucke: 

Romantischer Walzer; Delphi, Feierlicher Hvmnus; 

lm fernen Osten. Exotische Groteske Kahnt Lpz 

je 1,5!) M. 

Schroeder, Carl: op. 94 Vier Klavierstucke: Walter 

Schroeder, Berlin: Nr 1 Dem Andenken Brahms' 
. 2,50 M.; 2 Ballade 3 M; 3 Am Waldbach. Idvlle 

2,50 M ; 4 Rhapsodie 3,50 M. 
Spies, Fritz: op. 5 Partita (A). Suite im alten Stil f. 

Harmon. Simon, Berlin 3 M. 
Straus, Oscar: Album. Zwolf ausgew Kompnsitionen 

f Pfte. Lyra-Verl., Lpz 1<> M. 
Thiimer, O.: Neue Etliden-Schule f Pfte. Teil 15 u 

10 Hfichste Stufe je 2 Hefte Schott, Mainz 

je 1,20 M. 

Ward, C. E.: 12Lecons. Methode preparatoire et pro- 
gressive de Piano. Rosworky, Lpz 3 M 

II. Gefangsmujik 

(Opern) 

Behrend, Fritz: op. 22 KonigRenesTochter. Lyrisches 

Drama. Klav.-A. Heinrichshofen, Magdeb. 20 M. 
Franckenstein, Clemens v.: op. 43 Li-Ta'i-Pe. Klav -A. 

Drei Masken-Verl, Berlin 20 M 
Ulmer Oskar: op. 31 Ein Walzer (Text nach einer 

trzanlung von Jacqus Offenbach v. C. F. Wiegand). 

Klav.-A. Universal-Edit. 12 M. 

b) Sonffige Gefangsmufik 
Ballmann, Willibrord: Die Messen der Fastensonntage 
nach dem vatikanischen Choral. Pustet Regens- 
burg 5,50 M. 

Blume, August: Em Volks- u. Soldatenliederspiel von 
der L.ebe Lust und Leid. Text aus dem kleinen 
Rose„ g arten v. Herm. Lons. Kulenhardt, Gottingen 
Heft 1 f. mittl. St m . Pfte 3 M 

Bohme, Walter: op. 17 Rosenlieder. 5 Gedichte fur 
gem. Chor n.. Pfte. Kahnt, Lpz Part je I M.; 
jede St. jeder Nr 0,15-0,20 M 



Bruch, Max: op. 93 Trauerfeier fur Million a.s 

Goethes Wilhelm Meister f. gem. Doppelchor, 

Solost; Orch. u. Org. Leuckart. Part. 30 M.; 

Orch.-St. 30 M.; Klav.-A. 5 M.: jede Chorst. 0,40 M. 
Chelius, Oskar v.: op. 26 Drei Gedichte f. 1 Singst. 

m. Pfte. Leuckart, Lpz 3,40 M. 
Erdlen, Hermann: Der kleine Rosengarten. 117 Volks- 

lieder v. Herm. Lons zur Laute. Domkowsky, 

Hamburg 7,20 M. 
Goetscher, Philipp: op. 106 Vier Gesange nach Ge- 
dichten von Klaus Groth f. gem. Chor; op. 107 Zwei 

Gesange nach Gedichten von Marg. Bruch f. drei 

Frauenst. m. Pfte. Leuckart. Part. 3,20 bzw. 2,30 
Griesbacher, Peter: op. 200 Friedens-Messe f. gem. 

Chor, Soli u. Orch. Bohm & Sohn, Augsburg. Part. 

25 M.; Orch.-St. 36 M.; Chorst. je 1,60 M.; Orgel- 

Auszug 8 M. 
Heinermann, Th.: Aus dem kleinen Rosengarten. 

Volkslieder von H. Lons f 1 Singst. m. Pfte. Wulff, 

Warendorf i. W. 7,20 M. 
HeuB, Alfred Valentin: op. 14 Funf Lieder ernsten 

Charakters f. 1 Singst- m. Pile- LSreitkopf & 

Hartel 2 M- 
Hubcr, Heinrich: op. 25 Missa Salve regina pacis. 

Friedensmesse f. gem. Chor, Org. u. Orch. Bohm Ac 

Sohn, Augsburg Orgel-Ausz. (Direktionsst.) 4 M.; 

Orch.-St. 6 M.; jede Chorst. 0,60 M. 
Kahn, Robert: op. 68 Nr 1 Abendlied f. 1 Singst. m. 

Viol. u. Pfte. Stahl, Berlin 1,80 M. 
Kromolicki, J.: Florilegium cantumen sacrorum. 52 la- 

teinische klassische, leicht ausfiihrbare Motetten f. 

gem. Chor f. d. Bediirfnisse des ganzen Kirchen- 

jahrs ausgewahlt. Bohm & Sohn, Augsburg Part. 

7 jM.; St. 4 M. 
Lewy, Leo: op. 16 Sechs Volkslieder nach Gedichten 

von Hermann L5ns f. gem. Chor. Madrigal-Verl., 

B.-Wilmersdorf Part. 12 M.; St. 10 M. 
- op. 17 Funf ernste Lieder f. 1 Singst. m. Pfte. 

Ders. Verl. je 4 M. 
Lindorfer, Joseph: Offizium des kathol. Chorregenten. 

Bohm & Sohn, Augsburg Bd 1 u. 2 22 M. 
Lowenstein, Paul: op. 15, 18 u. 22 je Drei Lieder fur 

1 Singst. m. Pfte. Leuckart, Lpz jedes Heft 1,50 M. 
Mann, Marguerite: op. 4 Sechs Lieder f. 1 Singst. m. 

Pfte. Fullhorn-Verl., Berlin 3 M. 
Mendelssohn, Arnold: op. 81 Drei Motetten f. gem- 

Chor. Leuckart Part, je 1,20 M.; jede St. jecler Nr 

0,20 M. 
Menken, Jakobus: op. 4 Biider aus dem Kinderleben. 

3 Lieder f. 1 Singst, Viol. u. Pfte Westdeutscher 

Musikverl., Koln 6 M- 
Onegin, E. B-: Vier Gesange aus den indischen 

Dichtungen von Rabindranath Tagore f. Alt-Solo, 

Chor u. Orcrr. Bote & Bock Klav.-A. 6 M.; 

Chorst. 4 M. 
Reger, Max: op. 76 Schlichte Weisen (Auswahl) zur 

Laute gesetzt von Hans Schmidt-Kayser Bote & 

Bock 3 M. 
Salome Karl: op. 4 Vier Gesange nach Gedichten 
des Michelangelo Buonarroti f. 1 hohe St. m. 



Kammerorch.; op. 5 Zwei (iesaiige nach Gedichten 

des Li-Tai-Pe f. 1 hohe "St. in. kl. Orch. Madrigal- 

V'erlag, B.-Wilmersdorf Part. 12, bzw. 10 M. 
Schlatter, Josy: 10 Lieder f. 1 Singst. m. Pfte Hug, 

Basel 8 M 
Schlogl, Alfons: op. 13 Griiudonuerstags-Kantate f. 

Soli u. gem. Chor in. Org. Bohm A* Sohn, Augsb. 

Part. 3 M.; jede St. 0,40 M. 
Schnippering, Wilhelm: op. 25 Lons-l.ieder f. 1 Sing- 

stimine m. Pfte. Junfermann, Paderborn 12 M. 
SliebiU, Kurt: op 15 Zwei Lieder f. 1 Singst. in. Pfte 

Risping, Minister i. W. 2,10 M. 

III. B tidier 
und Zeitjdiriften-Aufta^e 

(;iiph.-il)etiscli sowuhl nnrli Stirhworlen wic nach den 
Verkissern geordnet. Bei Xcitsehriftcn- Aufsiit/eu isi 
immer mil Nr die des kuifeuden .kilirgnngs ^eineiiiti. 

Altmann, Willi, s. Meyerbeer 
A-guto, Rosebery d' s. Gesangskunst 
Beethoven. Personlichkcit, Leben u. Schaffen. Von 

(justav Ernest. Bondi, Berlin 25 M. 
Berg, Alban s. Schonberg 
Berl } n. Die Ostmarkenfahrt des Berliner Lehrer- 

gesangvereins. Von Ernst Schlicht in: Allgem. 

Musik-Ztg 31/2 
Besch, Otto ■-- s. Zukunftsweg 
Chorgesang — s. Schulgesang 
Deutsche Musik - s. Geschi elite 
Ernest, Gustav — s. Beethoven 
Fabricius, O. — s. Staatsauf sicht 
Fleischmann, H. R. — s. Schreker 
Formenlehre, musikalische. Von Hugo Leiehten'tritt. 

2. AufL Breitkopf .V: Hartel 18 M. 
Fortschrittsphilisterium, musikalisches. Von Hans 

Te timer — in: Signale f. d musikal. Welt 31 
Gesangskunst. Die Sicherung edier, klassischer Ge~ 

sangskunst durch die Losung der Stinimweehsei- 

frage. Von Rosebery d' Arguto - in: Schweizer. 

inusikpadag. Blatter 16 
Geschichte der detitschen Musik von Hans Joachim 

Moser. Bd L Cotta, Stuttg. 50 M. 
Gesprochene Wort — s. Oper 
Glucks Abkehr vora italienischcn Opernstil. Von 

Alexander Pfannenstiel - in: Musikztg 34 
Giinther, Siegfrisd — s. Mahler 
tiuerrg. La musique pendant la guerre s. 

Wagner 
Haas, Theodor — s. Mahler 
Kirchenmusik, Moderne. Von Meinhard Zallinger — 

in: Musikal. Kurier 29/30 
Klassiker der Klavierkomposition - s. Klavier- 

komposition 
Klavier — s. Re^orme du Piano 
Klavierkomposition. Ober Spieiarten u. Artikulations- 

zeichen bei den Klassikern der Klavierkomposition. 

Von Karl Zuschneid - in: Ztschr. f. Mus. 16 
Knab, Armin — s. Schubert 



35j 



Kunstgesang. Welche Forderungen des Kunstgesanges 

sind irn Schulgesang zu beriicksichtigen, und wie 

sine! sie zu erfUHen? Von Richard Neumann — 

in: Die Stirnme 10/11 
Kunstgesang — s. auch Volkslied 
Ltichtenttitt, Hugo — s. Formenlehre 
Lewicki, Rudolf — s. Maria Theresia; Mozart; 

Novello 
Mahier. Texte und Textbehandlung in Gustav Mahlers 

Lyrik. Von Siegfried Gunther' — in: Ztschr. fur 
'' Musik 16 
— „Der Jude* G- M. Von Theodor Haas — in* 

Musikal. Kurier 31,2 
— . Thematische Analyse 6qt 4. Symphonic Von 

Gustav Specht Universal-Edit. 0,50 M. 
Maria Theresia, Kaiserin, und Mozart. Von Rudolf 

Lewicki — in: Mozarteums Mitteilungen 4 
Marnold, Jean ~ s. Wagner 
Mendelssohn, Felix - Genie oder Epigone? — in: 

Schweizer. musik padag Blatter 14 
Meyerbeer und die Gegenwart. Von VVilh. A 11- 

mann .- in: Der FLiiirer durch die Konzerte und 

Theater Konigsbcrgs 22 
Muderne Kirchenmusik - s. Kirch en mu si k 
Moor, Emanuel — s. Reform e du Piano 
M ser, Hans Joachim — s- Geschichte der deutschen 

Musik 
Mozart. Die aitesten Aufsatze iiber M's Grab- Von 

Rudolf Lewicki — in: Mozaiteums Mitteilungen 4 

— s. Maria Theresia; Novello 
Miiller, Ed. Jos. — s. Chorgesang 
Miiller, Georg Hermann — s. Wagner 
Musikboren. Von Heinrich Hofer — in: Musikal. 

- Kurier 31/2 

Musikinstrumente. Die staatliche Sammlung alter M. 

von Curt Sachs — in: Musikztg 33 
Musiku'nterricht — s. Staatsaufsicht 
Neumann, Richard — s Kunstgesang 
Novello, Vincent, und Mozarts Familie. Von Rudolf 

Lewicki — in: Mozarteums Mitteilungen 4 
Oesterreich, Die neue Priifungsvo.rschrift fur das 

Lehramt der Musik an Mittelschulen sowie an 

Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten in Oe. — 

in: Die Stirnme 9 
Oper, Die, dem Volke. Von Hermann Unger — in: 

Rhein. Musik- u Theater-Ztg 32 3 , 
— - Das gesprochene Wort in der O Von Felix 

Weingartner — in: Musikztg 33 
Pfannenstiel, Alex — s. Giuck 



Pfordten, Hermann Frhr. v. d. — s. Schubert 
Priifer, A. — s. Wagner 

Reforme du Piano. Par Em. Moor - in: Bibiiotheque 
universel, Juin — Feuillets de pedagogie musicale 14 
Sachs, Curt — s. Musikinstrumente 
Schlesische Musikwarte. Wochenschrift f. d. gesamfe 
Mnsikieben Breslaus und Schlesiens. Verlag: 
Breslau V. vierteljahrl. 1 1 M. 
Schiichr, Ernst — s Berlin 

Schonberg, Arnold: op. 5 Pelleas und Melisande. 
Kurze thematische Analyse v. Aiban Berg Uni- 
versal-Edit. 0,75 M. 
Schreker, Franz. Sein Wiiken und Schaffen. Von 

H. R. Fleischmann — in: Ztschr. f. Mus. 16 
Schubert, Franz. Sch.'s unvollendete Kiaviersonate in 
Cdur und ihre Erganzung von Armin Knab -— in: 
Musikztg 32 
— . Dramatische Deklamation bi i S.h- Von Hermann 

Frhr. v. d Pfordten - in: Die Stirnme 9 
Schulgesang und Chorgesang. Von Fd Jos M ii 1 k' r — 
in: Der Chorleitcr 10 7 
- s a. Kunstgesang 
Schumann, Robert: Gesammelte Sehriften iiber Musik 
und Musiker hrsg. v. Heinr. Simon. Neuc Aufl. 
Reclam, Lpz geb- 14 M. 
Spechf, Gustav — s. Mahler 

Staatsaufsicht. Die Prinzipien einer Staatsaufsicht 
iiber privaten Musikunterricht. Von O- Fabricius — 
in: Ailgem. Musik-Ztg 31,2 
Stimmwechselfrage — s Gesangskunst 
TeBmer, Hans — s- Fortschrittsphilisterium 
Unger, Hermann — s- Oper 
Untergang der klassischen Musik. Von Emii Seling — 

in: Signale f. d. musikal Welt 32 3 
Volkslied und Kunstgesang. Von Justus Hermann 

Wetzel — in: Ailgem. Musik-Ztg 33 4 
Wagner, Richard, in der Mai-Revolution 1849- Von 
Georg Hermann Miiller. O. Laube, Dresden 6 M. 
— . Le cas W. La musique pendant la guerre. Par 

jean Ma mold. Paris: G. Cres 
— . Zum Vergessenheitstrank in Wagners Gotter- 
dammerung. Von A. Priifer — in: Neue Musik- 
Zeitung 20 
Weingartner, Felix — s. Oper 
Wetzel, Justus Hermann — s. Volkslied 
Zallinger, Meinhard — s. Kirchenmusik 
Zukunftsweg, Ein neuer? Von Otto Besch - — i" : 

Ailgem. Musik-Ztg 33/4 
Zuschneid, Karl — s. Klavierkomposition 



Breitkopf <& Hartel - Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe 21 

Zentralsteile fur in- und auslandische Musik 
Flugel . Pianos . Harmoniums 




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Hindemifh: Nr. VI. aus „Du eine Nadit", Traume und Erlebniffe. 

op. )5. Fur Klavier 






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Copyright by NeuendorIJ£&",Mo.ll Berlin--\Ve.isst'nsfce 
Notenbeilage zu ^Meios" 1 15.;Heft, September li.tfO 



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Ersehemt am 1. und 16. jeden Monats. Zu bessiehen durc-h dio Postanstaltun, Buch- vtnd MusikalienhandJunKOn. 'Wrtritdissielh' 
N. SimroL-k, (if. m b. K., Leipzig. — Herausgebor: HEiRMANN SCHEKCHKN, Bei!in-Friedonau„Wit^bad( i norstr.7, Fvruruf.: Rhenium 7W.t. 
Alio ZiischriJ'ton und Sendnngen sind. ausschlitdSlich Kodak t ion ,,Mtdos", Berlin - Frit'donan, WiosbadenorsiraMo \,7 ,'zu adivsMi-rvn. 
Prois dus Einzelhoffces Mk. 3. — , im ViorteJjahr- Abonnoment MK 15. — . — Anzoigonprois I'iir die viertfttspnlrmie Zoilo M. 1.r»0. 



Nr. 16 



Berlin, den i. Okfober 1920 



I. Jahrgang 



INHALT 

GIULIO BAS Ein Fundamenfalgejefj der Muflk 

Dr. ERNST KURTH ....... Romanfifche Harmonik und ihre Krife 

Wagners „Triffan", III. 

Dr. HANS JOACHIM MOSER . . . Senfl als Afonaliff 

Dr. KATHI MEYER Das Sfilproblem in der Mufik 

RUD. SCHULZ-DORNBURG - Bodium Oper und - Revolution 

Prof. Dr. WILHELM ALTMANN . . Bedeutende Neuerfcheinungen und Manufhripte 



in 



„MELOS" 



in einer Luxusausgabe 

crfcheint mondflich einmal im Kunffverlag 

Fri&OurUff, Berlin W 35 



Ein Fundamenfalgefe^ der Mufik 

Von G i u 1 i o B a s 
l!)ber|'e^f von H. Sdiul^ e-Rif t er. 

Das Stuclium der mufikalifchen Didaktik nach einer Methode, tiber die ich fpaterhin ;-och 
Neues mitzuteilen hoffe, lieB mich die Grtindelemente der Mufik, Rhythmus, Melodie unci I lar- 
monie zu einander in Wechfelbeziehung bringen. Mufik ift Rhythmus. Alles erwachlt aus den 
vier charakteriftifchen Eigenfchaften der Tone, aus ihrer Dauer, Starke, Hohe und Farbung, das 
alles aber find zugleich Werte des Rhythmus. Auf der Tondauer beruht das ganze Gleichmali 
von MaB und Gliederung mufikalifcher Werke und ihrer Ausfuhrung, auf der Tonftarke ihre 
innerfte Kraft. 

Die Beziehungen der Tonhohen regeln den gefamten Mechanismus der Tonaiitat und ihrer 
beiden Manifeftalionen; Melodie und Harmonie. Die Tonfarbung endlich ift eigenftes Gebiet der 
inftrumentalen Klangnuancen, die heutigentags erftaunliche Bedeutung gewonnen haben. 

Nichts ift natUrlicher, als daB diefe vier verfchiedenen Zweige der Mufik gemeinfam wurzeln 
in den Grundgefetzen des Rhythmus felbft, d. h. in den Grundgefeizen der Bewegung. 

Geht man diefer Gemeinfamkeit nach, fo gelangt man zu Ergebniffen von verbluffender 
RegelmafJigkeit und Einfachheit. 

Rhythmus. 
Die drei Grundtypen der Bewegung. 

Der Rhythmus ift eine Aufeinanderfolge von Kraftanfpannung (Hebung) und Auflofung in 
Ruhe (Senkung). Aber die Kraftanfpannung trachtet wie jede Anftrengung aus Naturgefetz nach 
moglichft kurzer Dauer, wahrend die Ruhe nach demfelben Gefetz fich moglichft zu verlangern 
fucht. Dies find zwei entgegengefetzte Strebungen innerhalb der beiden Grtindelemente 
des Rhythmifchen. 

Waren diefe Strebungen abfolutes Gefe!z, ftellten tie eine Notwendigkeit dar, fo wi'irrie 
jede Kraftanfpannung kurz, jede Ruhe lang fein. Das iff a' er nicht der Fall, lm Gegenteil: 
die Lange kann im Rhythmifchen einen ganz belkbigen Phiz einnehmen Das Strcben des 
Rhythmus kann alfo befriedigt und aufgeloft, es kann aber auch vereitelt werden. 

Als einfachfter Bewegungstyp, der die urfprunglichen S'rebungcn befriedigt und aufloft: 

J I i i 
die Hebung kurz, die Senkung lang. 

Der Gegenfatz kann auf zweierlei Art gefchehen; 

1. Durch Gleichgultigkeit gegen die Strebung, indern eine Auflofung nicht erfolgt. 

2. Durch direktes Entgegenwirken, indem man fie zwingt, gerade das zu tun, was fie 
nicht mochte. Hier ift ein einfaches Ausbleiben der Auflofung: 2 MP 

• I 9 

Es ift dies ein zweiteiliger Rhythmus, in clem Hebung und Senkung gleich lang find. 
Hier ift ein Entgegenwirken: 

3 JI.P 

die Senkung ift kurzer als die Hebung. 

Die Befriedigung oder Auflofung der urfpriinglichen Strebungen des Rhythmus, 
fowie der Gegendruck bilden alfo den Urfprung der drei rhythmi'fchen Grundtypen'. 

Die Doppelftellung der Motive im Rhythmus. 

Die Wirkfamkeit diefes Gefetzes ift damit nicht erfchopft. Die eidachen Teilelemente, die 
wir betrachtet haben, reihen fich im V'erlauf der Bewegung aneinander und bilden fo eine ganze 
Hierarchie zufammengefetzter Einheiten, die alle miteinander wie audi mit den drei Grundtypen 
verwandt find; man -felie dazu den zweigliedrigen Typus und den dreigliedrigen mit feinen beiden 

f : -^..<>,., 
354 '. ; - -dy.;d 



Unterarten: 2 + 1 und 1+2. All diefe Einheiten bis zur hochften Stufe unterliegen dcmfelbcn 
Orundge etz. Daraus erg.bt rich eine abfo.ute Einheit der Bewegung ohnc Ausnahme. 

eefetz^ RhvtZ 3 ien ^7 "" 2 ° der 3 ZcltCn " Ch zu ZWeit> " » dc ' "™" ^en- 
g fttzten Rhythmen grupp.eren, fo vereinigen fich diefe wieder zu zweien oder dreien zu kom- 

d^rzMurirSdet weiterhin Ha,w ^ ^ p — - f — - — *■** 

In diefes Auf und Ab von Spannung und Lofung ordnen fich die Motive auf zweierlei Art 
ein: bald folgen fie dem Urtrieb alJer Bewegung: Kraftanfpannung - Ruhe; fo entftehen die 
auftaktigen Motive, die die Griechen „anakrufifch" nannten und welehe unfere Taktftriche 
uberfpringen (S. Beifpiel I. am SchluB) bald gehen fie in entgegengefetzer Richtung- Ruhe 
Kraftanfpannung; fo entftehen dann die guttaktigen Motive, welehe die Griechen thetifch" 
nannten, und die innerhalb unferer Taktftriche wie eingefchloffen erfcheinen (Beifpiel 11.). 

Die auftaktigen Motive befriedigen den unwilikfirlichen Trieb jeder Bewegung die gut- 
taktigen wirken ihm entgegen. Die Mufik ift ein ftandiger Wechfel zwifchen dielen 'beiden ent- 
gegengefetzten Strebungen. 

Guter Taktteil und Tonwerte. 

Der gute Taktteil (die Senkung) ift im Rhythmus deutlich fflhlbar, er markiert den rhythmifehen 
Schritt. Er zieht daher auch alle Tonwerte: Lange, Starke, Hohe und Farbung zu fich hin. Das 
ift ein unwillkiirliches Streben. Aber darum ift es noch nicht notwendig. Die Tonwerte konnen 
im Gegenteil mit voller Freiheit gruppiert werden. Hier erhebt fich die Moglichkeit einer Kontraft- 
wirkung; aber mehr noch: find erft einmal gewiffe Grenzen iiberfchritten und ift die Wieder- 
holung einer Formel nicht bewuBt gewollt, fo ermttdet fie und man erwartet etwas anderes. Das 
beruht auf dem Bedurfnis nach Abwechslung, einem Hauptelement des afthetifchen Sinnes. 
Dies ift ein netier Beweis fur das fchon Gefagte. Die urfprunglichen Strebungen konnen nicht 
bloB befriedigt oder durchkreuzt werden, ja fie m tiff en fogar im Intereffe des rhythmifehen 
Lebens einen Widerftand erfahren. 

Alle mufikalifchen Formen, die gefamte klangliche Architektur ftrebt nur nach Anordnung 
und Ausgleich von Kontraften, und deren Okonomie beruht auf den einfachen Tatfachen, die wir 
eben konftatiert haben. 

Im Verlauf diefer notwendigerweife fehr knappen Unterfuchung haben wir die 
Wirkfamkeit des Gefetzes von AuflOfung und Entgegenwirken der Beftrebungen in 
aller rhythmifehen Bewegtheit bis zu ihren hochften Stufen erkannt. 

To n a I i t at. 
Einfache oder diatonifche Tonalitat. — Tonale Strebungen. 

Der Grundkeim des ganzen tonalen Mechanismus liegt befchloffen in dem Streben zweier 
Noten von bewegter Tendenz nach zwei Ruhenoten hin 

h ± c e ± f 

Ware die Befriedigung diefer Beftrebungen notwendig, fo beftande alle Mufik nur aus den 
beiden Bewegungen h— c und e— f ; es befteht aber im Gegenteil fowohl melodifch wie harmonifch 
voile Freiheit in der Kombination der Tone. Die tonalen Strebungen konnen alfo eine Aus- 
lofung erfahren; fie konnen, fie muflen aber auch durchbrochen werden. Denn wiederholt man 
ohne unmittelbar einleuchtende Abficht mehrmals diefelben melodifchen und harmonifchen 
Bildungen, fo verletzt dies den mufikalifchen Gefchmack. 

Auch in der Tonalitat, fowohl in Melodie wie Harmonic, ift alfo dasfelbe Gefetz von Auf- 
lofung und Widerftand am Werke, das das rhythmifche Gefchehen beherrfcht. 

Leittone, tonale Funktionen. — Die beiden Strebenoten heiBen Leittone; und zwar 
find es zwei, im Gegenfatz zur traditionellen Theorie, die nur einen kennt, namlich das h, das 
zum c hinaufftrebt; diefes tritt auch ftarker hervor und ift daher leichter zu erkennen. Aber das 
f feinerfeits ftrebt zum e hinab. Es ift ein abfteigender Leitton, der allerdings fchwacher ift und 
daher weniger auffallt, wenn er ifoliert auftritt. Alle beide werden durch Uberfchreiten des 

355 



Halbtons, der fie von ihren Grundtonen trennt, aufgeloft. Die beiden Halbtone find alio die 
wichtigften Punkte der Tonleiter. Die Leittone bergen den Keim zu einer bedeutlamen tonalen 
Funktion der Bewegung in fich, wahrend aus den Grundtonen lien die Funktion der Ruhe ergibt. 
Aus der Bewegungstendenz der beiden Leittone entwickeln tich die beiden Tongefchlechter. 
Der aufftrebende Leitton charakterifiert das Dur-, der abfteigende das Mollgefchleeht. Die groikre 
Intenfitat des auffteigenden Leittons hat auch die organifche Oberlegenheit des Dur zur Folge 
gegentiber der Unorganifiertheit, Schwache und UnbeFtimmtheit des Moll, welches daher auch der 
Hiilfe von Alterationen bedarf. 




a 

i 


Tonika 
Dur 


| 


1 

— c — e — 

i 


1 

g 




Moll 




Die Noten, die fich um das c und e gruppieren, haben die Funktion der Tonika. Diefe 
befitzt den Charakter der Ruhe und ftellt fozufagen das Zentrum des tonalen Mechanismus dar. — 
Die Funktion der Gruppe um den Leitton h ift die der Dominante und befitzt auffteigende 
Tendenz nach der Tonika zu, entfprechend dem Leitton, der ihren Keim bildet: fie ill die rechts- 
ftehende Funkfion des tonalen Machanismus. — Die Gruppe um den Leitton f hat die Funktion 
der Unterdominante. Diefe hat abfteigende Tendenz dem Charakter ihres Leittons gemaB und 
ftellt die linke Seite des tonalen Mechanismus dar.*) 

Jede diefer Gruppen befteht aus zwei in einander verfchrankten Akkorden, einen Durdreiklang 
(rechts nach der Seite der Dominante zu) und einem Molldreiklang (links nach der Seite der 
Unterdominante zu). Diefe Dreiklange entfprechen den fogenannten „Tongefchlechtern". 

Verbindung der Funktionen. — Trennt man die beiden Tongefchlechter in jeder Gruppe, 
fo fieht man, wie beide Beweg^gsfunktionen (Dominante und Unterdominante) zur Tonika, der 
einzigen Ruhefunktion, hinltreben (Beifpiel III u. IV). 

Dies ift die naturliche harmonifche Tendenz. Aber fie ift keine unbedingte Not- 
wendigkeit; denn man kann mit verfchiedenften Ergebniffen die Funktionen auf beliebige Weife 

*) Man konnte eine exaktere Terminologie anwenden, aber das wiirde die ganze ubiiche Nomenciatur um- 
stCirzen und die.Verstatidigung sehr erschweren. 



356 






: : m 



mn 










^m 



fl 



miteinanderverbinden. Audi hier konnen nifo die Strebungen iowohl belriedi^t wie unbefriedu; r 
gelaflen werden. 

Schreitet man aber mit getrennten Funktionon vorwarts, fo konnen die beiden Bewegimgs- 
funkiionen nicht zugleich befriedigt werden. Wenn atle beide Bewegungsfunktionen mitwirkui, 
fo kann man der einen nur geniigen, indem man die andere hemmt. So bef(eh( die vollftandige 
Kadenz in den zwei Tongefchlechtern aus einem Widerftand gegen die Funklion, die nidi! zur 
Ruhe gelangt, gefolgt von einer Auflofung der Funktion, die zur Ruhe kommt (Beilpiel V u. VI). 

Die genaue Erklarung diefer zwei Kadenztypen wiirde zu weit vom eigentlichen Ziei ahluhrcn- 
Ich mache nur im VorObergehen auf die ftrenge Logik diefer beiden Verbiiidungcn aufmerkfam, 
die die Akkorde in vollkommener Symmetric uhd ohne Alteration aul'loft. Es find in lWj Tat 
exakte Forrneln fiir den gefamten harmonifchen Mechanismus. 

Hier macht alio das Zufammenwirken der 3 toualen Funktionen i h re Hcmnumg ebon fo 
not wen dig wie ihre Auflofung, 

Mifchung der Funktionen. - Alle 7 diatonifchen Noten konnen mit einander kombiniert 
werden. Da fowohl Leittone wie Grundtone darunter find, fo gelangt man zu einer volll'tandigen 
Kombination ^Bewegung — Ruhe". Die Verfehmelzung diefer beiden Tendenzen venirfaelit 
einen Zufammenprall, der Vermittlung erfordert. Es ift, als ob an gehender MenFch, einen ftill- 
ftehenden unterfaBt. Halt nun der eine an, wahrend der andere fich in Bewegung feizt, fo ift das 
Refultat gleich Null, da immer einer vorwarts will, wahrend der andere ftillftjjht. Urn zu einer 
Entfcheidung zu kommen, darf nur einer fich belatigen, dann find entweder beide in Bewegung 
oder beide ftehen ftill. Das Schema diefer beiden Mogliehkeiten ift folgendes: 

A B. 

Auflofung ' ^ Anfpannung 

Bewe^unir 4 Ruhe \ ,,, ,. r , , Bewegung- Bewegung \ 11( ... . ., 

^ b * voliltandige Ruhe n , b u vollltand. Bewcgimg 

Ruhe Ruhe > b Ruhe * Beweguug ' 

Bei A tritt vollige Ruhe ein durch Befriedigung der Bewegungstendenz, bei B vollftandige 
Bewegung durch den Widerftand, der die Ruhe zur Bewegung zwingt. 

Da diefe beiden Lofungen die vollftandige Kombination aller Tone der diatonifchen Skala 
enthalten, fo qmfaffen fie den Mechanismus aller diatonifchen Kombinationen ohne 
Ausnahme; denn diefe find nur Telle, Fragments teilweife Kombinationen gegeniiber denen, die 
betrachtet wurden (Beifpiel A). 

Ganz augenfcheinlich handelt es fich hier urn verfchiedene Intenlitatsgrade ein und derfelben 
Kombination mit zwei parallelen Strebungen in entgegengefetztem Sinne. 

Die gefamte diatdnifche Harmonik erklart fich reftlos durch das Gefetz von Aufloiung und 

Anfpannung. 

Was ich eben angefOhrt habe, ift naturlich nur eine kleine Probe fiir emige Falle des Dur- 
gefchlechts Man konnte eine vollkommene Tafel aufftellen ftir Dur und reines fowie alteriertes 
Moll Das Refultat wird immer dasfelbe fein: bei der Auflofung gehen die Leittone in Grundtone 
uber' bei der Anfpannung die Grundtone in Leittone. Es kann auch einer der beiden Leittone 
ode/ der beiden Grundtone in Tatigkeit treten, wahrend der andere untatig bleibt; aber der 
Mechanismus bleibt ftets derfelbe (Beifpiel VII u/VM). 

Im alterierten Moll wird er auf folgende Weife durch einen -chromatilchen Leitton bereichert 

(Beifpiei IX u. X). .. 

' Alle anderen Tonfortfchreitungen (denn es gibt Tone von unbeftimmten Charakter: d a g) 

find unwichtig und beliebig. 

Erweiterte oder chromatifche Tonalitat. Die 24 Dur- und Molltonar ten find nur in 
und diefelbe diatonifche Skala, die durch Erhohung und Erniedrigung in die 12 Habtbne der 
chromatin Skala transponiert ift. Zwilchen.dielen Tonarten beftehen d.sIelbenBe- 
Ziehungen wie zwifchen den Funktionen ein und derfelben Tonart 

357 



Befradifef man C dur - a moll als Centrum, fo ffehen alle Kreuzfonarten dazu im 
Dominanfverhalfnis, alfo auf der rechfen Seife, alle B-Tonarfen im Unferdominanf- 
verhalfnis, alfo auf der linken Seife. 

Bei der Modulation benu^f man die Beziehungen, die zwifdien den verfdiiedenen 
Tonarfen beffehen, um von der Kadenz einer Tonarf in die Kadenz einer andern iiber- 
zugehen, und dies vermiffelff der dreifachen Funkfion, die jeder Akkord ausiibt: Tonika 
fur feine eigene Tonarf, Unferdominanfe fur feme Dominanffonarf, und Dominanfe fur 
feine Unferdominanffonarf zu fein. Beifpielsweife iff der Dreiklang C — e — g, Tonika 
fur Cdur, Unferdominanfe fur Gdur und Dominanfe fur Fdur. 

Die chromafifche Tonalifaf iff eine Erweiferung der diafonijdien. Das beffafigf 
fidi, wenn man die Dominanfe oder Unferdominanfe oder beide zugleich in 
ihrer Eigenfdiaff als Tonarf befradifef: Die Anfangs- oder Central fonarf 
erfcheinf dann fozufagen als Tonikafonarf dazu. Man iff z. B. in C dur, wenn 
man bloJ3 die Dominanfe Q— H—D anfchlagf; aber man erweiferf die Tonalifaf, indem 
man, immer in Cdur bleibend, Gdur durch Einfuhrung des Fis bertihrf. 

Der Wefensunferfdiied zwifdien chromafifdier Tonalifaf und Modulation iff folgender: 
Modulierf man, fo wechfelf man feinen fonalen Sfandorf; erweiferf man die 
Tonalifaf, fo verwendef man charakferifche Nofen fremder Tonarfen, jedodi ohne feinen 
Sfandorf zu andern. Es iff, wie wenn man ohne den Pla^ zu wedifeln die Hande 
ausffreckf, um efwas beifeife liegendes zu erreichen. Dem enffprechend kann audi die 
fonale Erweiferung nadi der einen, nach der andern, wie audi nadi beiden Seifen hin 
gefchehen. Die Haupffadie iff dabei, daj3 die diafonijdien Leiffone der Haupf- 
fonarf neben oder gleichzeifig mif den diromafifdien Nofen der Nebenton- 
arfen auffrefen. . 

Audi diefe diafonifchen und diromafifdien Nofen foigen dem fchon bekannfen Gefe& 
von Auflofung und Ausfpannung. Die diromafifdien Nofen in der erweiferf en 
Tonalifaf find namlich nichfs anderes als diafonifche Leiffone in den andern 
Dur- und Mollfonarfen. Aber die diromafifdien Leiffone ffreben jefjf zur Haupfonarf 
hin, Wie Dominanfe und Unferdominanfe zur Tonika. Sie werden daher in die 
diafonifdien ^Leiffone der Haupf- oder Cenfralfonarf aufgeloff. Alfo folgender 
ma)3en: (Beifpiel XI u. XII) 

Hier gehf die Verbreiferung nidif iiber die Tonarfen der Unferdominanfe und 
Dominanfe hinaus, aber man kann nadi demfelben Verfahren audi weifer gehen. Die 
enffernferen Leiffone lofen fich dann in nahere und diefe in die der Grundfonarf auf, 
nadi folgendem Schema. (Beifpiel XIII). 

Diefes Sdiema reprafenfierf den Typ der vollftandigen Kadenz in der er- 
weiferfen oder diromafifdien Tonalifaf, und zWar in knappffer Form, namlich nur 
unfer Benu^ung von Leiffonen. Hier feien einige Beifpiele angefuhrf, die der mufi- 
kalifdien Wirklichkeif naher kommen. (Beifpiel B), 

Ein Blich auf diefe Beifpiele lehrf, da)3 die Keffe der Auflofungen durchaus nidif 
genau verfolgf zu werden brauchf, fondern durch Uberfpringen eines oder mehrerer 
Glieder abgekiirzf werden kann. Die Ko.mbinafionsfypen haben alfo audi hier nur 
mehr fheorefifchen Werf. Sie find der Keim aus dem eine Fulle von Teilkombinationen 
fpriegf, die fidi alle ohne Ausnahme nach demfelben Prinzip auswirken. 

Grenzen der Erweiferung. - Es wurde gefagf, dag die Tonarf fidi nach beiden 
Seifen hin erweifern kann, aber wieweif iff das moglich? — Man gehe von Cdur 
a moll aus und befrachfe dann die doppelfe Keffe von diroixiafifdien Leiffonpaaren, 
die immer nach einer neuen Erweiferung hin ffreben: (Beifpiel C). 

Im driffen Verwandffdiaffsgrad find die diromafifdien Leiffone auf beiden Seifen 
enharmonifche Nofen, Beim Jechffen Verwandffdiaffsgrad find alle diarakferiffifchen Nofen 



358 







enharmomfdi infolge der enharmonifdien Verwandffdiaff von Fis dur dis moll retlifc 
und Ges dur - es moll links. Von hier ab durdilauff die redife (Dominanf-) Seife in 
enharmomjdier Verwedislung denfelben Weg, den die linhe (Unferdominanf) Seife bis- 
her gegangen iff und umgekehrf. So gekreuzf ffreben beide Seifen zum enharmonifdien 
verwedifelfen Ausgangspunkf hin, der beim zwolffen Grad erreichf iff Und das ohnc 
Ende und Ausnahme in immer gleidier Bewegung. 

Kann man aber diefe Transpofifionen und Differenzen bis ins Unendlidie verf'olgen V 
Wann fangf man an, die 2 enharmonifdien Nofierungen ein und derfelben Note, wie 
efwa his und c oder asas und g als gleidi zu befradifen? — Das iff eine Fragc der 
Enfwicklung, des fonalen Sinnes, perfonlidier Begeifferung. Alles iff relafiv. Off er- 
fcheinf ein und diefelbe Verbindung dem einen angenehm, ja hinrei)3end, dem andern 
rauh und unangenehm. Man mu]3 hier die Gewohnheif, die allgemcinen Tendenzen 
und den Gefdimack in Rechnung ziehen. Alles, was man hier verfidiern zu konnen 
ineinfe, ware dodi nur von relafivem Werf und daher dem Wandel unferworfen, wie 
jede Anwendung eines Prinzips.i Was unveranderlich bleibf, iff das Prinzip felbff, und 
Wir glauben es jef^f erkannf zu haben. 



Sdilufr 

Nach diefen Befradifungen fcheinf es nahe zu liegen, daj3 ein folches Zufammen- 
ffimmen von Taffachen, eine foldie Symmefrie nidif zufallig fein kann. Und wenn fie 
es nidif find, fo iff uns das ein Beweis fur die Exiffenz eines Gefe&es von grundlegender 
Bedeufung fur den gefamfen Organismus der Mufik. 

Haf man erff das Prinzip von Rune und Anfpannung, Befriedigung und Widerffreif 
in feiner Einfadiheif und Konffanz erkannf, fo erfdieinf alles klar und nafurlich. Es 
gibf clann keine Ausnahmen und Willkurlidikeif mehr. Die fradifionelle Theorie kennf 
gerade nur die Halffe des mujikalifdien Medianismus, namlidi die Auflofungen, und 
audi diefe nodi unvollkommen. Aber alles was von Ruhe in Bewegung iibergehf, das 
ganze agogifdie Moment enfgehf ihr und bleibf unberu&fidifgf. 

Nafiirlidi find wir fdion in diefem kurzen und unvollffandigen Abrij5 zu mandien 
Refulfafen gelangf, die vor den Augen vieler Padagogen keine Gnade f'inden werden, 
und das ware nodi mehr der Fall, wenn idi diefe Unferfudiungen haffe weifer ausfuhren 
und verfiefen konnen. Aber die Theorie muj3 uber alles Befdieid wiffen. Ihr Ideal 
iff das Wiffen, das niemals blind fein darf, aber nidif irgend eine arfiffifdie Moral. 
Einer foldien mufikalifdien Redlidikeif, die wirklidi erzi'eherifdie Bedeufung befifif, ware 
fdiledif gedienf mif einer Theorie, die fie nidif die ganze Wahrheif erfaffen liePe. Die 
Theorie mu)3 alles wiffen, fie muj3 die diarakferiffifdie Befdiaffenheif und die Wirkfamkeif 
jeder Tonkombinafion und jeder Forffdireifung ergrunden. In der Praxis, (zu der audi 
die kunfflerifche Erziehung gehorf), mag jeder auswahlen, was feinen bewu^fen und 
unbewupfen Infenfionen enffpridif oder nidif. 

Das Prinzip von Lofung und Hemmung la^f uns den mufikalifdien Medianismus 
wirklidi erkennen nach einem Qelefc das die Einfadiheif der Nafur und der Wahrheif 
felber befifef, eine Einfadiheif, von der Galilei fagf: fimplex figillum veri. 



(Beifpiele fiehe folgende Seife) 



559 



Beifpiele: 






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Romanfifdie Harmonik 
und ihre Krife in Wagners „Triffan" 

Von Dr. Ernff Kurfh. 1 

Grundlagen 

Einffellung zur Theorie. 

III. 

Indejfen iff die „kmefifcfre" Energie nur die eine Form, in der die unferbewuj3fen 
Spannungen der Mufik fidi au)3ern. Sie beruhen nichf nur in der Kraft flieJJender 
Bewegung, wie fie in der Linie Oder ihrer verbreiferfen Ausffromung durdi ganze Klang- 
komplexe am Wirken iff, Jondern mehr nodi in dem pfydiifchenEnergiezuffand ver half en er 
Bewegung, der nadi einer Auslofung in weiferem Forffdireifen andrangenden Spannung. 
Indem die Tone, die von der fliej3enden Kraff eines linearen Zufammenhangs durdi- 
jfromf find, in einen Akkord aufgenommen werden, uberfragf fidi ihr Spannungszuffand 
auf den ganzen Klang, als ein forfwirkender Wille, der zur Auslofung in Bewegung 
herausdrangf. Wie gefdiehende Bewegung das Ereignis der Melodie, fo iff verhalfene 
Bewegungsfpannung Inhalf der akkordlidien Bildungen. Idi bezeichnefe fie in meinen 
fheorefifdien Arbeifen als „pof enf ielle" Energie, audi diefen Ausdrud* in freier Anlehnung 
der Bezeichnungsweife der Phyfik enfnehmend. Die Umfe^ung von kinefifcher zu 
pofenfieller Energie in Akkorden beruhf hierbei zum wefenflidien Teil, aber nichf aus- 
fdilie)51idi, in den erhohfen Energiezuffanden fogenannfer „Leiffone". 

Das Beffehen diefes eigenfiimlichen Kraffzuffandes im Akkord an fich iff in der 
Wunderbaren Fahigkeif des mufikalijchen Empfindens begriindef, von der Auswirkung 
des Willens, (die fidi in der ffromenden Linienbewegung erfiillf,) zu feiner Spannkraff 
felbff (drangendem Ausdruck der Willensridifung)iiberzugehen und in den gehorsma£igen 
(bisher einfeifig nach ihrer klanglidien Seife liberfcha^fen) Eindrticken die Dynamik 
diefer pfydiifdien Energien zu ,,fymbolifieren". Dies iff das Qrundphanomen der 
Harmonik iiberhaupi 

Wie jeder Ton einer melodifdien Sfrecke feine forfweifende Bewegungskraff, fo 
enfhalf jeder Akkord feine beffimmfe Spannungsform, die aus ihm hinausdrangf, zur 
Weiferenfwicfelung harmonifdien Gefdiehens, In ihr beruhf audi die Charakferiffik der 
Harmonik mif ihren unendlidi reidien und zarfen Wirkungen; fie find ein Einfliej3en 
und Umfe^en von Spannungsenergien in Klangreize; 1 ) und wie die Melodik nur im 
Ausbrudi bewegender Energien zu ihrer fonenden Andeufung beruhf und fchon der 
einzelne Ton in der Mufik nur als Trager gewiffer Spannungen Bedeufung haf, fo la)3f 
fidi als erffer und leifender <3rundfa£ der Harmonik definieren: 

* Paul Haupt, Akademische Buchhandiung vorm. Max Drechsel. Bern und Leipzig 1920. 
Der Nachdruck des Anfangskapitels erfolgt mit giitiger Erlaubnis des Verfassers. / 

M Innerhalb der einfachen melodischen Linie selbst gescllt sich dahcr zur kinetisclicn Energie Hires Verlaufs 
eine Fulle weiterer Kraftewirkungen, wenn man nan die Auswirkung ihrer Einzcltone ins Harmonische nut in Betracht 
zieht mae diese audi nur latent, d. h. nur erf unit und nicht wirklich in akkordlicher Begleitung ausgefuhrt vorlicgen. 
Denn sobald ein einzelner Ton in irgend eine bestimmte Harmonisicrung elngcdeutct wird setzen an ihm gewisse 
potentielle En eS en an, die seiner Stcllung im betreffenden Akkord, fcrner aber dcmWechsclspicI dieses m den 
ubrieen Akkorden entspringen. Jeder Ton sendet Kraftebiindel m neuem Spannungsausglcicli hinaus Diese Spannuiigs- 
emStmS der unbegleiteten Linie umsomehr in Betracht, als dann nicht wirkhcher Mang, sondern 

nurHin" trfbenWuirzum Klang in einzelne Tone cindringt, sobald diese nur als Trager irgendcincs besimmtcn 
nur ninstreDen, wuil ^" ^ ld "s f n aufgenommen wurden. Und hat man noch nicht die emzelncn Tone klar 
^^^m^^^^V^S&^^ sind CS " bcra " -h.losc .atcnte Spannkraftsmoglichkeite,,, 
einer Dcstimmten narmonisu ili v s s tarksten und in erster Linie naturlich immer bei den vorspnngenden, 

^t^U^^^^^^^-^niv^tn der melodischen Linie, z B. eines Motives, veriauft 
Z wie eine Nat"rkra"t, deren Aufzuckfn zugleich fortwahrend das Abspriil.en von schwachcren, nach alien Se.ten 
verstrahlcnden KrafteverSstelungen begleitet. 

361 



— 



Jeder Klang iff nur ein gehorsmaj3ig gefaflfes Bild von gewiffen ener- 
gefij'chen Sfrebungen. 

Nidif blo]3 alle akkordlichen Form en der Harmonik ffellen fidi als Ausdrud* von 
beffimmfen Spannungen dar, fondern audi alle akkordlichen Verbindungswirkungen. 
Schon in der einfadnffen Kadenz, und den konfonanfen Dreiklangen felbff — urn nur 
die Urformen klanglicher Erfdieinungen herauszuheben — zeigf fidi der mufikalifdie 
Inhalf erff aus der Dynamik von Spannungen gegeben; denn Inhalf jeder Forffdireifung 
iff der lebendige innere Effekf, ein Kraffevorgang, aus dem erff das klangliche Idiom 
felbff beffimmf iff. Sdion die harmonifdien Grundvorgange, die dominanfifdi-fubdomi- 
nanfifdien Wirkungen, find rein energefifch begriindef, ebenfo Wie bereifs die fdilidifeffen 
konfonanfen Akkordgebilde, Dur- und Molldreiklang, nur als Gegenfa^formen pofenfieller 
Energie Grundformen einer zweifadi und gegenfafjlich ausffrahlenden Harmonieenf- 
widdung, der beiden „Tongefdilechfer", darffellen. Jeder Klang fragf die Spuren der 
unklanglidien Tiefe in fidi, aus der er emporgeriffen. 

Konnfe die Theorie fchon bei der melodifchen Linie iiberfehen, daj3 in einem 
dynamifdien Grundvorgang ihr Urfprung und Inhalf beruhf, fo iff es erklarlidi, daj3 bei 
der infenfiven klangfinnlichen Wirkung der Harmonik die energefifchen Grundlagen 
umfo eher iiberfaubf und verdeckf bleiben konnfen. Von dem Augenblick an, da die 
Theorie darauf verfallen war, am au)3eren Klangbild anzufe^en, war fie verurfeilf, im 
Trockenen zu verfanden, Sie iff aus den unendlich reichen Vorgangen einer inneren 
Dynamik beffimmf. Die klanglidi-phyfikalifdien Sfrukfurriickjichfen greij'en nur modifi- 
zierend in die Ausffrebung der energefifchen Spannungen ein; fie wirken auf eine 
Norma fform hin, zu welcher unfer einer Kohafions wirkung der Tone aller Ausgleich 
der Kraffe hinffrebf, und weldie diefen als klanglidie Konfonanz fymbolifierf. 

Im tibrigen follen diefe Grundlagen hier weniger fheorefifch und abffrakf ausgeftihrf, 
fondern mehr von der prakfifchen Seife einer Einfiihrung in einen beffimmfen Kunffffil 
her beleudifef werden, dem fie hier nur im allgemeinffen Grundzug und Umrij3 voran- 
geffellf fein mogen. Erff im Laufe diefer Darffellungen wird fidi erweifen, wie die 
Gefamfheif der harmonifdien Erfdieinungen auf diefen einen Gefichfspunkf zurud^gehf." 

In den beiden Erfcheinungsformen von gefchehender und verhalfener Bewegung, 
melodifcher Sfromung, die fidi unmiffelbar auswirkf, und der Spannkraft die nach 
Bewegung drangf, liegen die eigenflidien Elemenfe der Theorie; es gibf keine harmonifche 
Erfcheinung, die nidif von diefen Spannungen durdifelgf Ware, mogen diefe noch fo 
verborgen und in le^fen Ausffrahlungen die Klangwirkungen durdidringen. Von unfen 
herauf ffehf die ganze Harmonik wie unfer einem gewalfigen Vibrieren von Kraffen, 
die in ihr Klanggefiige hinaufwirken, wie gegen eine ungemein leidiffliiflige, nie aus- 
zitfernde Oberfladie; Sdiwingungen ganz anderer Arf als die vielfach kombinierfen 
TonfdiWingungen felbff find die Seele der Harmonik. 

Erblickf man aber als das Wefen der Harmonik das Einffromen von unferbewu^fen 
Energien in Klang, von Kraff in Erfdieinung; fo Ware anderfeifs diefer Vorgang nidif 
in feiner Vollendung erfaflt wenn man die klangfinnlidien Momenfe felbff in ihn nidif 

* Zuglcich wird sich hierbei zeigen, wie Mngst vertraute Begriffe der Theorie bereits unauseesprcchencrweisc 
aid. diese Grundziigc hindeuten, sic in manchen Einzelhcitcn odcr gewissen Ausdrucksweisen bereits beWen aus ilircr 
verkchrtcn, am AulJcnbild der KISnge einsctzendcn Einstellung aber nicht an ■ den Wurzein zu fassen vernWcn umi 
daB die von mir zur Grundlegung erhobenen Gcsichtspunkte gar nicht so sehr cines Zusammenhanes mil der bis- 
herigen Musiktheorie entbehren, wie ihncn schon vorgehalten wurde. Obzwar ich gestehen mufi daB ich bei meirrcr 
Auffassung von deren Stand und bisiierigen Methoden (uamentlich den in der Padagogik noch offizicll cinLrefuhrtcn) 
diesen Vonvurl mit cinigcr Befriedigung auf mich nehmen wurde, mufi ich docii darauf hinweisen &\i\ sich die 
.Erkcniitnisse von Spannungsvorgangen als Wesen und Urspning der Musik oft mitten aus hoi/ernem Fonnel- und 
Regelwcsen gcwaltsam Balm zu brechcn suchen und nur der Forrnulierung, vor ail em aber — and hierin iae der 
hemmcndstc Ruckstand -der psychologischen Fundamentieruug harrten. (Als starkste Annahcrnng an die Krfassimg 
des Spannurigsinhalts der Harmonik erwahne icli immer wieder die kfeinc Harmoniclehrc von August Malm <Verlag 
£r S Musiir Miincheti m i916) ' scini:r Aufsal * c ' teilweise J etzt ^sammett untcr dem Tile! „Von Grcnzcn und Landerii 

362 



^Mm^^^i'^m 



einbeziehen Wiirde; die harmonifchen Wirkungen find erff mif dem Ausfchwingen in 
alie die farbenreidien Verfdimelzungseindrud^e crfiillf, und den klangfinnlidien Aus- 
drucksdiarakfer der Mufik iiberfehen hiej5e nidifs anderes als die umgehehrfen Fehler 
begehen wie die bisherige Theorie, die von ihm allein ausgehf und die unferbewuj3fen 
Geffalfungskraffe nidif fiehf. Jede einzelne Erfcheinung der Mufik, von der einfadiffen 
Linie angefangen, zeigf diefes tlbergehen von Unhdrbarem ins Horbare, von pfydiifchen 
Spannungen ins Jinnlidie Erfonen. Nidif alfo die Verkennung oder Auj3erachflaffung 
der in der klanglichen „Maferie" liegenden Momenfe, fondern ihre Erkennung aus 
anderer, enfgegengefe^fer Einffellung iff mif der hier vorangeffellfen Grundanfdiauung 
vom Wefen der Mufik fiir die Theorie gegeben. Man muj3 von unfen- und innenher, 
nichf von aujSenher zu- ihnen dringen, Ihr vollfinnlidier Ausdruck felbff iff fogar erff 
damif zu erfchopfen. Die verfdiiedenen hifforifdien Epochen zeigen audi ungeheure 
Verfchiedenheifen in der Bedeufung und Eigenwirkung, zu weldier fie die klangfinnlidien 
Momenfe der Mufik gegeniiber den inneren dynamifchen hervorfrefen laffen; es gibf 
Sfilperioden, in welchen fie gegeniiber einer infenjiven Zuwendung z. B. an die rein 
linearen Ausdrucksenergien ffark zuriickgedrangf bleiben, Was f'ich audi in einer gewiffen 
askefifchen, blaffen Gleichformigkeif der Harmonik auj3erf, (wie efwa in der hollandifchen 
Polyphonie des R und j5, Jahrhunderfs), wahrend gerade fiir die hier in Rede ffehende 
Epoche der romanfifdnen Mufik die zu hochffer Klangfinnlichkeif geffeigerfe Farbenkunff 
ernes der Haupfmerkmale darffellf. Schwankungen der Harmonieffile find aber nichf 
nur durdi das Map, in dem das Jinnlidi-konkrefe Momenf gegeniiber den pfydiifchen 
Spannkraffen hervorgekehrf iff, beffimmf, fondern audi durch die Arf ihres Ineinander- 
wirkens. Audi das vermag namenflich die Romanfik zu erweifen. Alle hifforifdien 
Wandlungen in der Mujikfechnik find nidif s als reidiverfdiiedene For men, in weldien 
diefes vielfadie Sdiwanken zufage friff. 

Aber audi davon abgefehen, dag es ganz miJ3verffandlidi ware, das klangfinnlidie 
Elemenf in feiner Bedeufung fur die Mufik und ihre Sfile zu iiberfehen, beffehf gerade 
zwifdien diefem felbff und den energefifdien Vorgangen ein inniger Zufammenhang, 
und es wird fidi durchgangig zeigen, wie erhohfe innere Dynamik audi geffeigerfes 
Farbenfpiel ausloff, und daj3 eine diffufe Unruhe der Energien es iff, die audi den 
Taumel der klangfinnlidien ReizWirkungen in der Romanfik zeifigf. 

Selbff die klangpradifigffe Harmonik beruhf nidif in ihren fonenden Ausdrucks- 
formen und diefe madien keineswegs ihren wejenflidien Inhalf aus, Aber ebenfo find 
audi die Enfwickhmgslinien, aus denen fie innerhalb eines beffimmfen Mufikffiles felbff 
hifforifdi bedingf iff, von einer fheorefifdien Befradifung nur zu gewinnen, wenn diefe 
ffaff auf die fidifbaren Klangformen auf das Erffehen zu ihnen gerichfef ift Kein 
Mufikffil mag vielleidif deuflidier als derjenige Wagners im „Triffan" erkennen laffen, 
dag wir in der ganzen Harmonik mif dem Willen, in lefefer Linie erff mif dem Ohr horea 



m 



Ludwig Senfl als Afonaliff? 

Von Dr. Hans Joachim Mofer 
Privafdozenf der Mufikwiffenfdiaff an der Univerfifaf Halle. 

Beim Tonkiinj'flerfeff in Weimar iiberrafdife midi der bekannfe Komponij'f Herr 
Erwin Lendvai gelegenflich eines Gefpradis iiber die jiingffe Kunffbewegung durdi 
die Behaupfung, fdion Ludwig Senfl habe fidi als Afonaliff gezeigf, wofiir Herr Lendvai 
Jich auf eine Texfffelie und ein Nofenbeifpiel in dem Budie von Dr. Wilhelm Chriffian 
Miiller in Bremen (1752- 1831) „Affhefifch-hifforifdie Einleifungen in die Wiffenfdiaff der 
Tonkunjf, 1. Band; Verjudi einer Affhefik der Tonkunff"* (Leipzig, Breifkopf & Harfel 1830) 
berief. Ich ging diejer dankenswerfen Anregung nach, und fand in der Taf zunadiff 
einen Tonfafj vor mir, der Verbliift'ung erregen durffe. Da Miiller mehrere Nofenfehler 
bringf, ging ich auf das von ihm nidif angegebene Original zurack. Es findef j'ich auf 
der le^fen Seife eines wundervoll gedruckfen Folianfen mif nachffehendem Tifel :: : Liber 
felecfarum canfionum quas vulgo Mufefas appellanf fex, quinque ef quafuor vorcum, 
d. h. zu deuffdi: Buch ausgeWahlfer Gefange, die man gemeinhin Mofeffen nennf, zu 
fiinf und vier Sfimmen. Der beriihmfe Humaniff Conrad Peufinger haf das Budi mif 
einer vom \. November 1520 dafierfen Vorrede verfehen, Grimm und Wyrjung in Augsburg 
find die Drucker. Ludwig Senfl, der geniale Ziiricher Schiiler Heinridi Ifaacs^ :: haffe 
eben durch den Tod Kaifer Maximilians L feine Wiener Hofkapellmeifferffellung verloren, 
und wahrend Albrechf Diirer nichf die weife Reife nadi den Niederlanden fdieufe, urn 
fidi durch den neuen Herrn (Karl V.) die von deffen kaiferlidien GrojSvafer angejagfe 
Penfion beffafigen zu laffen, ging Senfl nach Augsburg, vielleidif urn dorf den Thronerben 
bei einem zu vermufenden Reidrsfag zu erwarfen, vielleidif audi, urn ffadfifdie Dienffe 
anzunehmen. Die Zeif, bis ihm urn 1523 eine Berufung nadi Miindien befdiieden war, 
benufjfe er zur Redakfion eigner und fremder Arbeifen, zumal wird er den Nadilap 
Ij'aacs geordnef und im Humaniffenkreis das damals akfuelle Problem der Verfonung 
anfiker Odenfexfe durdigearbeifef haben. So zeidmef er denn audi fur den mufikalifdien 
Teil des gefamfen Sammelwerkes veranfworflidi und ffeuerf zum Sdiluj3 das erwahnfe 
Curiofum bei. (Beifpiel A am SdilujS des Ariikels). Wollfe man das, wie es gefdirieben 
Jfehf, als Parfifur von links nadi redifs mif drei Tenoren und drei Baffen fingen, wobei 
die fdiwarzen Nofen als Sfimmfeilungen zu befrachfen Waren, fo Wurde das in der 
Taf unerhorf afonal klingen. Aber die Vorangeffellfe „Devife" hilff uns auf den Weg: 
„Nofieref die Worfe und bezeidinef die GeheimniJJel" Alfo ordnef zunadiff die Worfe, 
dann loff fidi das Raffel. Nun ergibf fidi der Worflauf der erffen Zeile audi, wenn man 
abwarfe die erffen Takfe jeder Zeile verfolgf, wenn man die lefcfe Zeile fakfweife ruck- 
warfs lieff und bei den le^fen Takfen jeder Zeile enffprediend von unfen nadi oben 
verfahrf. Ebenfo verfolgf man ein miffleres und ein innerffes Viered*, graphifdi dargeffellf : 




*- 



Hat Busoni sicii mtt seincm bekannten Buchtitel viclleicht hierauf bezogen? 
?: Ich benntzfc (Lis Exemplar der Wiener Stnatsbibliothek. 
*■* Vergi. mcine B Gcschichte der deutschen Musik" I. Band. (Cotta, Buchhandlung 1920) S. 455 bis 460. 



364 



[ :^^M^^-M 



^m 



So ergibf fidi viermal die afklepiadeifdie Strophe 

Salve fancfa parens (Q ru p dir) nei] j ge Maid 

dulcis amor meus mp e Geliebfc mcin 

Virgo pia falus fromme Jungfrau, der Welf 

mundi coeli porta Heil und des Himmels Tor) 

Offenfidiflidi handelf es fidi urn eine, Vielleidif von Peufinger gedkhfefc, gcifllidie 
i arodie der bekannfen erffen, an Maecenas gerichfefen Horazode. 

Ordnef man den Worfen die zugehorigen Nofen bei, [o haf man dorf, wo zwei 
Pfeile zufammenffof3en, die fdiwarzen Nofen immer der fieferen Sfimmc zuzufeilen 
und nafiirlidi den haufigen Sdiliiffelwedifel wohl zu beadifen. Es ergibf jidi auf diefc 
Weife ein fauberer Mannerdiorfak, der nadi Art der damaligen Odenkompofifionen 
von den Sfudenfen der klaffifdien Philologie vor, wahrend oder nadi der Univerfifafs- 
Vorlejung gefungen werden follfe und wurde.* Rhyfhmifierf man den „dioralifer" 
nofierfen Safj nach Maj3gabe der anfiken Mefrik, folaufef er harmlos genug." (Beifpiel I 
am Schlup' des Arfikels). Die Melodie, die mif keiner der fonff bekannfen Odenkom- 
pofifionen Senfls iibereinkommf, liegf im Sopran und gehorf dem phrygifchen Kirdien- 
fon an — die Humaniffen benufefen gern die alfen Tonarfen, urn moglidiff „edif" zu 
anfikifieren. — Das kunffvollffe Beifpiel folcher Spielerei biefef eine Sonafe des Niirn- 
bergers Erasmus Kindermann (1653) fur zwei Violinen und Generalbap" „I1 Giardino 
Corrupfo", die nadi Arf eines der damals beliebfen Irrgarfen und Parklabyrinfhc uber 
zwei Blaffer hin ihre felffamen Zeilenwege gehf.** 

Uber Senfl im allgemeinen fagf W. Chr. Miiller in feiner Affhefik I S. 175, nadidem 
er von der Nafurharmonie in den Werken des Troubadours Adam de la Halle (13 3h.) 
und der heufigen Alpler gefprodien haf: „Dies iff aber nidif unfere moderne, unfrer 
Kulfur enffprediende Harmonie, die fidi auf Regeln wedifelnder, durdi IDbergangsfone 
(Diffonanzen) erregfer, Forffdireifungen der Akkorde griindef, wo jederTon der diafonifdicn, 
diromafifdien, fpringenden, wedifelnden Melodie feinen Baj3- und Leifefon, und danach 
modifizierfqn Miffelfone — und jeder Ba)3gang feine fdiicklidien Begleifungsakkorde 
forderf, wie es fidi fchon in den Mofeffen am Anfange des 16. Jhr. einigerma)3en enf- 
Wickelf haf, z. B. bei Senfel und Scanfelli, wiewohl die Melodien fidi unangenehm ein- 
ander durchkreuzen und fur jef3ige Mufikf'reunde alien Reiz verlieren." Uber das Unzulang- 
lidne und heufe vollig Veralfefe diefer Ausfiihrungen braudif nidif viel gefagf zu werden. 
Sdion die Zufammenffellung Senfls mif Scandello, die frofj des zeiflidien Abffandes 
<*on nur efwa einem halben Jahrhunderf durdi eine Welf gefrennf find (es iff die fdiarfe 
Wafferfdieide, die fidi zwifdien Spafgofhik und Renaiffance in Deuffdiland erhebf), iff 
bezeidinend fur des Verfaffers geringe und zufallige, beffenfalls auf der Lekfiire uon 
Forkels Mujikgefdiidife bafirfe Sfoffkennfnis. Muller iff fodann offenbar ein Kind der 
ausgehenden Generalbaf3epodie, die ja felbff heufe nodi weifhin im provinzialen 
Harmonielehreunferridif fpukf. Nun, und Sfimmkreuzungen -?! 

Da)3 gerade die edife Polyphonie diefer alfen Kunff in der modernen Produkfion 
als eine bedeufende Quelle von Anregungen befradifef wird, redifferfigf nodi einige 
anfdilie£ende Bemerkungen. Die allgemeine Tendenz der heufigen Kiinffe, fidi an der 
Seelenexpreffion der Primifiven vergleidiend zu fdiulen, lenkf die Aufmerkfamkeif 
Wieder vielfadi auf die Eckigkeif der mufikalifdien Friihgofhik und damif auf die Frage 
nadi der fonalen Halfung diefer Gebilde. Daj5 in der Laienkunff des fpafen Miffelalfers 
(Minnefang, Volkslied, Tanze) Dur und Moll weif fruher zum Durdibrudt gelangf find 
als in der mufikfheorefifdien Liferafur, wo fie lefcfen Endes erff 1720 mif Mafhefons 



* Verel. Uber dicse eanzc Litcratur meine Musikgcscliichtc I S. 407—413. . 

** Siehc den von Felix Schreiber heraiisgcgcbcncn Kindcrmann-Band der Dcnkmalcr der lonkunst in Bayern. 



365 



„Krififdien Mufikus" refflos den Sieg gegen die Kirdienfonarfen erfodifen haben, diirffe 
heufe bereifs zu den Binfenwahrheifen gehoren. Gerade vom Sfandpunkf Sdionberg'fdier 
Polyphonie darf aber folgendes infereffieren: 

Joh. Wolf haffe gelegenflich Heinrich Ifaac'fcher Inffrumenfalwerke (Einleifung zu 
Band XIV der Denkmaler der Tonkunff in Offerreidi) von dem Erwadien „harmonifdier 
Auffaffung" in der Polyphonie feif 1430 gefprochen. Sehr geiffreidi Jagf zu diefem 
Punkfe Theodor Kroyer im ,,Kirdienmufikalifchen Jahrbudi" XXI (1908) S. 233: .Der 
kundige Lefer weij3, was Wolf mif dem Sdilagworf „harmonifdie Auffaffung" hier be- 
zeichnen will; urn aber MijSverffandniffen vorzubeugen, ware es vielleichf angebradif, 
{faff „harmonifdi" ein anderes Beiworf zu wahien. Nodi bis fief ins 16 Jhr. gilf der 
Zufammenklang nichf efwa als Akkord im modernen Verffand, fondern in erffer Linie 
als poly-melodifches Produkf. Audi wo Zufammenklange in „fonaler" Beziehung er- 
fdieinen, iff der Sfandpunkf der alfe, und die „fonale" Wirkung fragen erff wir Moderne 
indiefe Gebilde hinein, Weil uns das Gejiihl fur das abfoluf Melodifdie der alfen Gefange 
durch unfere grundverfchiedene melodifdie Erziehung, die von der harmonifdien Deufung 
ausgehf, verkummerf iff. Eine Zeif, die mif Kirdienfonen und Hexadiorden operierf, 
denkf nidif harmonifdi, fondern fe^f nofwendig die Fahigkeif voraus, Klangfolgen eben 
als eine Summe abfoluf er Tonreihen aufzufaffen; und diefe Fahigkeif haf man f idler 
nichf erff im 16. Jhr. erworben. Darin liegf Jonach ein fundamenfaler Unferfdiied, der 
fiir das Verffandnis alfer Mufik von hodiffer Bedeufung und nidif genug zu befonen 
iff. Es iff darum mehr als bedenklich, zu fagen: man werde guf fun, fidi dem Unferfdiied 
des Mufikempfindens der alfen Tonfe^er von dem unfern moglichff gering zu denken! 
Was nur fiir gewiffe Ausnahmefalle, die es ffefs gab, zufrifff, wird hier generalifierf, 
und die Gefahr riickf nahe, daj3 man fchliej31ich die fdieinbaren Harfen der Klangfolgen 
und Kadenzbildungen in den alfen Tonfatjen fiir Crudifafen nimmf und — „korrigierf", 
wie bereifs von einem namhaffen Mufikgelehrfen* gefchehenl Es iff nidif leichf, ein 
freffendes Worf fiir eine fo fremdarfige Erfcheinung wie die „Harmonik" der alfklaffifchen 
Chormufik zu pragen, aber es iff nachgerade Gebof. Aber fagen wir vorlaufig, bis 
einbeffers gefunden,„fekfonifche" Auffaffung. Ich denke dabei ebenfo fehr an das griediifdie 
reksiv im Sinn von „Ordnen" und „Fiigen" (= einem kirchenfonalen Prinzip einordnen) 
Wie an die archifekfonifdie Wirkung eines foldierarf, auf Grundlage eines Kirdienfons 
Wohlgeordnefen Melodiegefuges." 

Fragf man nun nach wirklidien Kiihnheifen in der alferen Mufik, die mif den 
heufigen Beffrebungen in Vergleich gefe^f werden konnfen, fo wird von einer Afonalifaf 
im Sinne eines hemmungslofen Sdiweifens durdi das Gebief der Kleinfonalifafen unfer 
Verzidif auf Einheiflichkeif der Groj3fonalifaf nur in verhalfnisma]3ig befdieidenen 
Qrenzen die Rede fein konnen. Der Kreis der venefianifdien Chromafiker Miffe des 
16. Jhr. urn den Fiirffen Venofa herum iff ja bekannf, die enharmonifdien Experimenfe 
der Schule Zarlinos, die harmonifdien Freiheifen Monfeverdis und der Seinen ebenfalls. . 
Man vergleidie efwa, Was H. Leidifenfriff in feiner „Gefduchfe der Mofeffe" fiber die 
w Sacrae canfiones" des Heinridi Sdiii^ (1625) fagf. 

Einer anderen Kiihnheif jener Zeif aber fei nodi mif einigen Worfen gedadif, die 
gerade heufe von Bedeufung iff. Man befradifefe damals c und cis oder des und d 
in ihrer Eigenfchaff als Terzfone nur als klangliche Spielarfen ein und desgleidien 
Sfammfons c bezw, d, fodajS die zugehorigen Dreiklange fozufagen einem moniffifchen 
Einheifsgefdiledif (frias harmonica) angehorfen, nidif in der Zweigefchledifigkeif nadi 
Dur und Moll auseinanderklafffen. So hing es ganz von der Sfimmfuhrung ab, ob 
ffism fiber dem a - Fundament c oder cis Wahlfe, beides konnfe gleidizeifig als verminderfe 

* Gemeint ist wohl H. Riemann (Anm. v. H. J. M.) 

366 



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Oder ubermafrge Okfave auffrefen, und zumal die heufe felbff von rechf forffdirifflichen 
Harmonikern nodi gern befonfe Empfindlidikeif gegen Querffande cxiffierfe nidif. 
Man fehe efwa in H. J. Sdieins Opella nova (161826) die mif fhemafifdier Harfnachigkeif 
wiederkehrende Bildung.* (Beifpiel II). Wefenflidi fdiarfer aber wirkf dann diefes 
Reizmiffef bei fimulfanem Erklingen. Das draffifdiffe Beifpiel diirffe kaum bekannf Jein; 
es findef fich 1634 im zweifen Teil der „geifflidien Konzerfe" von Samuel Sdieidf, dem 
berfihmfen Organiffen zu Halle a. d. Saale, wo es in dem Sffidi Nr. 11 mehrf'adi hcij3f: 
(Beifpiel III). Dap" es fidi nidif urn einen Druckfehler handelf, beweifen nidif nur die 
Parallelffellen, fondern vor allem die Nofiz des Aufors im Inhalfsverzeidinis zu diejem 
Sffidi: „Daj3 eflidie Diffonanfien in diefem Pfalm, iff mif FleijS komponierf wegen des 
Texfes". Alfo eine primitive Form von Ausdrudxsbemfihung („mufica rifervafa" fagfe 
man damals), die aber weniger gehorf und empfunden, als vielmehr erdachf und aus- 
gekliigelf anmufef. Es follfe fidh eben fo grimmig als nur irgend denkbar reiben. 

Einen drolligen Beleg zu diefem Kapifel finde idi audi im drudiferfigen Manufkripf 
des 2. Bandes zur „Gefdiidife des Violinfpiels" meines Vafers Andreas Mofer: Barfho- 
lomeo Compagnioli, der bekannfe Enkeljdiiiler Tarfinis und langjahrige Konzerfmeiffer 
am Leipziger Gewandhaus, fiihrf in feiner Violinfdiule v. 1797 (Ausgabe Breifkopf S. 
Harfel 1827 S. 121) das viergeffridiene g mehrfadi innerhalb des aufffeigenden Gdur- 
Dreiklangs als nafiirlidies Flageolef aus. (Beifpiel IV). Da ein foldies Flageolef fidi 
in der Nahe der geforderfen Tonhohe nur als 5. Oberfon (gis""l) findef, rechnef Com- 
pagnoli offenbar mif der Erfahrung, daf3 unferem durdi die gleidifdiwebende Temperafur 
verdorbenen Ohr wirklidi reine Tonverhalfniffe, wie fie aus der Teilung der Seife 
refulfieren, ohnehin unrein vorkommen, und mif der Sdinelligkeif des voriibereilenden 
Inkulpanfen, der feine Illegifimifaf aber durdi glanzendere Klangfarbe weff madien foil! 

Sfehf man aber nun einmal, wie Sdieidf fonff fehr energifch, auf dem Sfandpunkf 
der GeneralbafSharmonik, fo wird man dem alfen Zelfer redif geben diirfen, der an 
Goefhe fdireibf: (Mai 1808)** „Das Ohr kann alle Diffonanzen nebeneinander verfragen: 
die Prime neben der Sekunde, die Sekunde neben der Quarfe, die Quarfe neben der 
Quinfe ufw.; dodi die kleine Terz neben der gr©j3en Terz iff unausffehlidi, weil es un. 
aufloslidi iff." Solange man alfo die Diffonanz nodi als einen nadi Lofung verlangenden 
Spannungsfakfor befradifeif, iff das gleidizeifige Erklingen von gleidinamigem Dur- und 
Moll eine „Confradicfio in adjecfo", fur die Sdieidfs milde Bezeidinung „Diffonanz" 
beffer durdi „Disharmonie" zu erlefeen ware. Befrachfef man aber die Diffonanz nur 
nodi als Klangfarbe oder als lineares Zufallsprodukf, fo haf der befprodiene Klang 
foviel Dafeinsberedifigung wie jeder andere, da feine Exiffenz ja uberhaupf nidif mehr 
durdi irgend ein objekfives Kriferium verfeidigf zu werden braudif. 

Idi glaube, nadi dem Gefagfen»wird von dem, was die heufigen Enfdeckungsrei- 
fenden im Neuland der Harmonik fudien, in der Kunff der alfen Zeif nidif allzuviel zu 
finden fein. Eher in Hinfidif auf eigenarfige Formideen; und es wurde der neueffen 
Kunff m. E. zum Segen fein, wenn fie die alfen, ihr als abgebraudif gelfenden Formen 
moglidiff durdi geiffreidie neu e Formen erjefcte, ffaff hier efwa einem Ideal des „Aformalen" 
nadizuffeben. Gerade die Kunff des 14. und 15. Qhr. verfugfe (man vergleidie efwa 
H. Riemanns Handbudi der Mufikgefdiidife fiber die Rondeaux und Balladen jener 
Zeif) fiber einen fdiier unerfdiSpflidien Wagemuf in ardiifekfonifdier Hinfidif, deffen 
Anregungen von der Folgezeif bisher nur erff zum allergeringffen Teil ausgenufjf 
worden find. 

(Nofenbeifpiele fiehe folgende Seife.) 



A. PrLifers Ges.initnusfjabc der Wcrke S'.hcins-Bd. V S. 21. 
'" Ausgabe des BiiefvvecliseVs bei Reclam {L. Geiger) I S. 221. 



367 



Beifpiele: 






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Das Sfilproblem in der Muj'ik 

Von Dr. Kafhi Meyer. 



Gibt es einen Stil in der Musik, den man mit 
auBermusikaiischen Begriffen fassen kann? Verneint 
man diese Forderung, so wird es genUgen, die ver- 
schiedenen Perioden mit rein musikalischen Aus- 
drueken zu charakterisieren, etwa: 1. einstimmig un- 
begleitete Epoche (bis zum 10. Jahrh.j; 2. unbegleitete 
mehrstimmige Periode (bis zum 17. Jahrh.); 3- be- 
gleitete ein- und mehrstimmige Musik (bis auf unsere 
Zeit). Es lassen sich hieraus eine Kette interessanter 
Folgerungen ziehen, etwa, dafi die erste Epoche ihren 
besonderen ktinstlerischen Reiz durch die feine 
sprachrhythmische Variationsmoglichkeit erhSlt. Hier- 
auf muB die zweite Periode verzichten, gewinnt aber 
dafur die polyphone Mehrstimmigkeit Die Bewegung 
wird jetzt mannigfaltiger durch mehrere Faktoren — 
gegen eine Stimme vorher - hervorgebracht, bei 
groBerer rhythmischer Bindung als fruher. Die dritte, 
moderne Zeit gibt zum groBen Teil die melodische 
Selbstandigkeit der einzelnen Stimmen auf, und ge- 
winnt dafur die merkwUrdige Belebung durch den 
eigenartigen Wechsel von reiner (Streicher) und tem- 
perierter (Blaser) Tonalitat, der im heutigen Orchester 
fast an der Grenze angelangt zii sein scheint. Von 
dieser Art geht wiederum die modernste Musik ab, 
die es auf eine mannigfaltigere Variation der Tonalitat 
abgesehen zu haben scheint. Welche Qualitat sie 
dagegen abzustoBen gedenkt, laBt sich noch nicht er- 
kennen. Wo man auch hinsieht, beziiglich Rhythmus, 
Periodenbau - uberall ist das Streben nach einer 
starkeren Differenzierung aufzuweisen. 



Von diesem rein musikalischen Standpunkt aus 
lassen sich noch weitere Stilprobleme behandeln, so 
das der Differenzqualitaten; wonach jede Generation 
besonders empfindlich gegen die Higenheiten reagiert, 
die von den Vorgangern unterstrichen worden sind. 
Es kommt dadurch ein ewiges Auf und Ab in dtn 
Lauf der Entwicklung. Ein typischer Wertmesser fur 
diese Hypothese ist die jeweilige Wertschatzung eines 
Kunstiers- Wir brauchen nur an Komponisten wie 
Bach und Mozart zu denken. Mozart, heute hoch- 
geschatzt, wurde in der vorigen Generation miBaehtet 
(im Gegensatz zu Wagners pathetischer geschwungener 
Linie!), vordem wurde er geschatzt, noch fruher wieder 
unterschatzt. Ahnhch ging es mit Wagner und iiber- 
haupt mit der Wertung der einzelnen Perioden gegen- 
einander. Wir sind heute empfindlicher gegen die 
Schwacheu eines Wagner, ais gegen die vieileieht 
starkeren Mangel eines Komponisten aus friiheren 
Zeiten. Den Weg der Entwicklung bestimmt also 
nicht allein der Fortlauf, sondern auch eine ruck- 
wartige Bewegung gegen die voraufgehende Epoche. 

Wie ist nun das Stiiproblem zu iosen, wenn man 
auBermusikalische Begriffe heranzieht? Wir stehen 
heute auf dem asthetischen Standpunkt, daB die Her- 
rneneutik, solange nichts Besseies vorhanden, die 
brauchbarste Methode ist; doch befindet sie sich noch 
zu sehr im Anfangsstadium. Trotzdem aber stehen 
wir schon heute teilweis ratios vor einst guitig ge- 
wesenen Auslegungen der letzten Generation. GewiB, 
will man zu einer Wertung kommen, so ist der „Ver- 

569 



glexh" iinen tbehrlich; sollte man nicht aber -- 

wenigstens als Erganzung — nur innerhalb einer 

Kunst vergleichen? Aus der verschiednen Behandlung 

des gleichen Vorwurfs — des Messetextes z. B. — 

lieBen sich gewiB Aufschliisse iiber den verschiednen 

Zeit-, Lokal- und Individualstil* zweierKiinstler folgern. 

Die auBermusikalische Methode kann nur wertvo.Il 

werden, wenn sie Einordnung in die kulturellen Ver- 

haltnisse anstrebt. Hier bei dem Stilproblem komnit 

es auf die Losung der Frage an: „K6nnen wir in der 

Musik entsprechend der sonstigen Kultur Stil- 

proben unterscheiden? Fur das Altertum und das 

friihe Mittelalter sind wir bei dem heutigen Stand der 

Musikwissenschaft noch nicht dazu in der Lage. Ein 

wirkliches Stilempfinden vvird erst moglich etwa vom 

15. Jahrhundert an. Aber auch von diesem Zeitpunkt 

an sind wir nicht annahernd so orientiert, wie in der 

Literatur und den bildenden Kiinsten. Man pflegt in 

der Musik nur folgende Epochen als geschlossene Stil- 

perioden zu bezeichnen: die Renaissance (Beginn 1600), 

die Zeit der Klassiker (1800) und die Romantik (von 

Schubert bis zu Brahms und Wagner). Die musikalische 

Renaissance fallt also keineswegs mit der Zeit zu- 

sammen, die wir sonst unter diesem Namen begreifen. 

In Architektur und Malerei rechnet man die Renaissance 

zur Epoche der Palestrina und Lasso, die stilistisch 

wesentlich anders i'st, als die der Peri und Caccini. 

Die beiden anderen Perioden sind nach den literarischen 

Stromungen benannt Die Kiassikerepoche fallt zeitlich 

annahernd mit der literarischen zusammen, wahrend 

die recht weit gefafite musikalische Romantik eine 

viel langere Spanne umfaBt als in der Literatur. Man 

braucht jedoch nur die vorbereitenden Schulen zu 

betrachten — wie die Stunner und Dranger in ihrem 

Verhaltnis zu Goethe und Schiller, dem in der Musik 

nichts zu vergleichen ist — urn des mehr -Zufalligen 

der Obereinstimmung inne zu werden. Ebenso 

skeptisch muB man sich zu dem Nebeneinanderstelleu 

des malerischen und musikalischen Impressionismus 

verhalten. Die musikalische Asthetik iniiBte tiefer 

fundiert werden, urn zu einer ernsten Klarung des 

Stilproblems'und zu einer richtigen Periodisierung der 

Musikgeschichte zu gelangen. Die landlaufige Ein- 

teilung ist jedenfalls abzulehnen. 

Einen Weg zu brauchbaren Resultaten. sehe ich 
in folgendem Vorgehen: Man muB sich bewuBt werden, 
daB mehrere Faktoren zu dem vereinigi sind, was 
wir Musik nennen, namlich Rhythmus, Melodie, 



* Der Begriff Stil, der ursprOnglich aus dem li- 
terarischen stammt, laBt sich in drei Unterabteitungen: 
Ort-, Zeit- und Individualstil, zerlegen. Der ortliche 
Unterschied fallt im Literarischen mit der Trennung 
in verschiedne Sprachen zusammen. DaB dieser 
sprachliche Stil mit dem Geist und der Kultur der 
Zeit in engster Verbindung steht, erkiart sich aus 
dem gleichen Instrument, das beide standig benutzen, 
dem Wortschatz. Wir brauchen nur an eine Er- 
scheinung zu denken, wie die Verwilderung der 
Sprache itn Deutschland des dreiBigjahrigen Krieges. 



Harmonic u. a. Von Rhythmus sprcchen wir auch In 
der Literatur und Architektur, von Melodie und Har- 
monic jedoch nur in allgemeinerem, iibertragenem 
Sinne. Beziiglich des Rhythmus lieBen sich also 
Analogien zwischen den einzelnen Kiinsten festlegen. 
Wichtiger scheit mir, darauf zu achten, daB jeder 
dieser Faktoren im Menschen auf bestimmte 
Ernpfindungsgebiete wirkt. Rhythmus und Stimm- 
fiihrung (Konrrapunktik, Verarbeitung) starker auf die 
Willenseigenschaften, Melodik und mehr noch Har- 
monik starker auf die Sinnes-Organe. Man muBte 
die einzelnen Epochen daraufhin untersuchen, welche 
clef erwahnten Krafte sie besonders betonen. Aus 
den Ergebnisseu ware zweierlei zu folgern, erstens 
ob Parallelitaten mit den anderen Kiinsten bestehen, 
und zweitens, ob dariiber hinaus sich Riickschliisse 
auf den Geist der Zeit machen lassen. Erst auf 
Grund positiver Ergebnisst liesse sich dann die Musik 
in die sonstige Kultur einfugen. Wie unsicher die 
bisherige Klassifizierung war, kann man an dem Bei- 
spiel Bach's sehen, der einmal als gotisch, einmal als 
barock, mitunter selbst als Rokoko empfunden wird. 
So vielseitig auch die Kompositionen Bachs sind, so 
diirfen sie doch nicht als so vieldeutig aufgefaBt 
werden. Immerhin ist eins festzustellen, daB es sich 
bei all diesen Benennungen urn expressionistische 
Stile handelt. Sollte dies nicht die Theorie von def 
Wertung der einzelnen Faktoren in den Kiinsten be- 
statigen? 

Ich will zum SchluB an Beispielen zeigen, in 
welcher Weise ich mir die Theorie angewandt, und 
weiter zu entwickeln gedenke. Das Uberwaltigende 
in den Beethovenschen Symphonien ist in dern macht- 
vollen Rhythmus und in der hinreiBenden Verarbeitung 
(Durchfiihrung) gegeben, d. h- es beruht auf den 
Faktoren, die besonders auf den Willen einwirken. 
(Ich umgehe absichtlich den Ausdruck Inteilekt.) Als 
Parallelerscheinung ist Schiller zu nennen; auch bei ihm 
Patnos, machtiger Rhythmus, keine Schilderung von 
Stimmung, sondern Aktion. Beide Kiinstler in ihrer 
Richtung Kinder der Zeit, Trager der Revolutionsideen 
von 1789, Verkorperer der Emphase der neuen 
ethischen Grundsatze. (Ich lege der Wirksamkeit 
der herrschenden Ideen, mcigen sie ethisch sein Oder 
historisch-artistisch wie in der Renaissance, mehr Be- 
deutung bei, als der Einwirkung der soziaien Ve.r- 
haitnisse) Als zweites Beispiel sei der Versuch an- 
gefiihrt, eine Parallele zwischen den Impressionisten 
und Richard StrauB herzustellen. Man uberschatzt 
heut zu oft bei dieser Malerschule den Namen (im- 
pression), der zwar nicht ganz zusammenhangslos mit 
ihren Tendenzen ist, aber nur nebensachliche Be- 
deutung hat. Den Nachdruck bei ihren Bildern legten 
diese Kiinstler nicht so sehr auf das subjektive Mo- 
ment des Eindrucks, noch weniger auf die Wirkung, 
die sie auf das Publikum ausubten, sondern das, was 
sie zum Prinzip erheben wollten, war die veranderte 
Technik, die Verlegung der Werkstatte vom Atelier 
in die Natur, also Naturalismus, Freilicht statt Un- 
natur und Atelierbeleuchtung. Der Unterschied zu 



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den Biklern dcr Vorganger lag niclit im „was" des 
Vorwurfs, sondern iui „wie". Die Folge des „plain 
air" war die Betonung der kraftigen, reinen Farben, 
die man mutig nebeneinander setzte, im Gegensatz 
zur gewohnten „sauce brune". Die Farbe ist die 
eigentliehe Materie der Malerei, die sie und nur sie 
allein von alien Zweigen der bildenden KUnste besitzt. 
Dem entspricht in der M-usik der Klang. Den I mi - 
pressionisten zu vergleichen waren die Musiker, die 
in ihren Komposiiionen das Klangliche als selbstandiges 
Phanomen betonen, und zu diesen gehort ohne 
Zvveifel Richard StrauB Auch hier ist es moglich, 
weiter zu gehen, um Paralleled zum Geist der Zeit 
zu Ziehen. Nach der obigen Einteilung wiirde die 
Farbe ebenso wie der Klang zu den Qualitaten zu 
zahlen sein, deren Wirkung vor allem die Shine, das 
mehr Passive im Menschen erregt. Farbe und Ton 
siud in starkerer Weise Materie des Kunstwerks als 
Zeiehnung und Rhythmus u. a. Von der Materie laTSt 
sich leicht auf Materialismus schlieBen, dem typisclien 



Geist der vorhergelieuden Generationen, wobei aller- 
dings zu beriicksiehtigen ist, dan die Impressionisten 
zeittieh nicht ganz mil Richard StrauB xusammenfallen 

Als drittes Beispiel set ein Fall aus der niodernen 
Musik crwahnt. Hei den Mestrcbungen, die Tonalitnt 
zu erweitern, hat man auch exotische Tonsysteme u a. 
aufgenommen. Als Parallelen in iWn bildenden 
Kiinsten sei auf die Himvirkung japanisclier Tcchnik 
in der heutigen Holzschnittmanicr hingevviesen, im 
Zusammenhang daniit auf die Internationalisierung tier 
heutigen Kultur. 

In dieser Weise niitBte die Tlieorie vorsichtig 
wetter ausgebaut werden. Ich halte diese Verbindung 
und Parallesicrung von rein musikalisehen zu autier- 
musikalischen Kunstwerken, und dartiber hinaus zur 
Geistigkeit i\cr Generation Eur eineti Weg, der immerhin 
zu Resultaten fiiliren kann, wie z. II zu einer richtigen 
Periodisierung der Musikgescliichte und schlielMich zu 
einer musikalischen Stillehre. 



Oper und — Revolution 

Ein N o t \ ch r e i 
Von Rudolf Schulz-Dornburg, Bochum. 



Man ist mil seiner deutsehen Revolution in den 
Koiiservalivismtts seiner Kunst luueingeschlafeu. 
Wahreiul die Produktiven, tibcr zcrbroehene Foriuen 
hintastend, sich ehrlich zwischcn GespoTt und -- Niclit- 
Verstaiiden-werdeu/iurehringeu, ersiairt die Reproduktiou 
(und nidit nur bcim Theater) im Ilcrkommlichen, licirt 
allzu friih der Versuch zur Reform auf. 

Richard Wagner: a In Wahrhcit bin ich der Meinung, 
dafi es m it dem Theater iiberhaupt cine iniClichc Sache 
ist, und daB es fur einen Menschen, dcr etwas Hrustcs 
vor hat, im Grundc besser ist, sich gamicht dainit zu 
befassen." Und Gtistav Mahler: „Ich habe es rcdlieh 
gemeiut, mcin Ziel lioch gesteckt, nicht immcr koiintcn 
meinc Bemuhuugen von Frfolg gckrOnt scin. Dem 
Widerstand der Materie, der Tueke des Objektes ist 
niemand so iiberantwortet wie der ausubende Kiinsticr. 
Aber imuier habe ich mcin Gauzes darangesetzt, meinc 
Person der Sache, meinc Neigungen der Pfliclit 
nntcrgeordnct. Ich habe mich nicht gcsclictit und 
durftc dahcr auch von den andcrn die Auspannung 
allcr Krafte fordcrii." 

iieute: Das Schauspicl in sichtbarer Enfcwicklung. 
Vicl gute Abrundung eincs Werkes immerhin und 
liberal! wieder, daB nicht nur dem Eingeweihten Untcr- 
schiede sichtbar werden. Bereits cine bestimmte 
Trennung: Komodie ais Unterhaltung, lustig oder 
hubsch, — und spectaculum als Feicr, erscliiitternd, 
uachhallend. 



In der Oper bewuBtc Tauschtiug. Wahreiul des 
Kricges am starksten bctout Theater als „Kuhur- 

faktor, Vorsteilung als beruhigeude Freude in schwereri 
Tftgeu --, der Kiinsticr nach dem Grade seiner soge- 
nauuten Beliebtheit besehaftigt, abwechsiuugsreicher 
Spielplan, einc Sache schon nach der andcrn, — Tief- 
land, Troubadour, Mignou, Lohengrin, sonst spielt ich 
mit Szcpter; immcr aber als Superlativ in der Aus- 
hihnuig: „ Tradition" das Dogma. .Tradition** angc- 
wendet auf Kuustubuug! - ein furchterliches Wort fur 
dcu, der ein direktes Verhaltnis zum Kunstwerk hat. 

„Nichts beleuchtct so sehr die Lccrhcit und Totlie.it 
des Kunsttreibens, die Vcrlasscnhcit des lebendigen 
Ktmstwerkes in dieser totcn Welt, als die heiiige An- 
wendung dcr Tradition mit oder ohne Eiugestandnis/ 
(Mans Pfitzner.) 

Allcr Hafi des Kunstlcrs und allc Kraft des Kunstlers 
sollcn sich aufbaumeu gcgen die Tradition der Gesetz- 
gcber. 

Doch das schlcndert wciter. 

Niemand wird mit einem Mai Volicndung hinstelicth 
aber es soli doch dahingestrebt werden, tibcr dem 
Irrtum der Wi lie stehen! 

Da siud Sanger. Lernen singen — richtig singen 
nur dcr Bruchteii — in Gesangschulen, bci Gcsang- 
lehrern. Nur die Auscrwahltcn im ; ,Enscmbfc" singen 
Gluck und Mozart. Musik, gar ? Vcrstandnis fiir das 
Kunstwerk in seinen tiefstcrt Schwingungen - gehort 



371 






niclit ziuii Studium. Ganz Einfaches braucht's niclit, 
greifen wir etwa hcraus: Stiluntcrschicdc (zwischen 
Fidelio, Million mid Aida) — dramatischcr Aufbau dcs 
Werkes (Donna Anna ini Giovanni, Gilda im Rigolctto) — 
Kcnntiiis der Tonalitat (Rczitative vor Aricn) etc. Die 
Sanger von Figaros Hochzeit konnen das Werk niclit 
italieniseh leseu, erfahren sicher erst beim Einstudicren, 
wie sie Verzierungen bci Beethoven oder Weber zu 
singcn haben. Wundcrvolle Ausnalimen bestatigen nur 
schmerzhaft die Regcl. 

Darin sind die Musiker im Orchestcr. Ehrlich Ge- 
plagte. MaBlos durch Proben, Auffuhrungen und wo- 
moglich nocli groBe Symphonickonzcrte uberanstrengt. 
Im Durchschnitt — Nur-Musikcr. In einer selbst auf 
groBtcn Konservatorien laclierlich einseitigen Ausbildung 
auf ihr Instrument vorbcreitet; bei schweren auBerlichen 
Verhaltnissen mit der Ausbildung durchgepeitscht. Be- 
schamcnd fleiBig (wiiBte das Publikum von den Leiden 
cines Clarincttisten mit seinem Instrument, der schwierigen 
Arbeit des Harfenistcn), leben sie in ewigem Gleichmafr: 
Probe, Vorstclkmg, Unterricht. Erleben tagliche Aner- 
kennung der Sanger, der Dirigenten — wie wenig blcibt fur 
den Finzelnen, wenn er den Siegfried oder die Salome ge- 
blasen hat. Theoretisch ist der Musiker so sehr Kiinstler 
wie der Kapellmeister; ein Idealorchester, wenn cin 
ganzer Korper mehr musikalisch niclit nur unter der 
Hypnose eines begnadeten Taktsehlagers enipfindet, 
sondcrn alle, der erste Konzeruneister und der zweite 
Pauker als Kiinstler gcstalten. 

Was aber ist der Kapellmeister? Fragt die Sitte: 
Sicher ist, dafi er zunachst — Routinier scin mufi.- Die 
Fulle seiner praktischen Arbeit, vor allern an inittlcrcn 
Theatern, lafit ihm selten Zeit zu so tiefcm Einfuhlen 
in die Partitur, dafi er,sie nachschafft. 

Ein Kapellmeister sagte mir eiumal: „Sie konnen 
die musikalische Leitung ohne jede Probe ruhig iiber- 
nehmen, das ist an alien Theatern so Sitte, und Opern 
wie der Taunhauser stehen ja in der Auffassung fest!" 
Als ob niclit erst da das Eigentlichc hcifiester Arbeit 
beganne, namlich das Feststehende zu lockern, vviedcr 
lebendig und wahr zu machen, in uucrmudlicher Arbeit 
Schwingung und Gegenschwingung auszulosen!! 

Dies mein ceterum-censco ist nur der Ruf eines 
Tags. Es Hcgt niclit am Einzelnen: in den Wurzelu 
nagt der Wurin, der das ganze System unterwuhlt. 

Teile eines Prograinms: Erziehung der Sanger 
ineben richtiger Stinnnbildung) auf Univc: itatcn der 



Kunst, die nichts mit dem laclierlich verkuoclierten 
Schulbetricb jetziger Musikscluilen gctnein hahen (audi 
Arzte konnen gesetzlich gcgen Kurpfuscher vorgehen). 
Staatliche Organisierung von Anfangcrbuhnen, ya\ deneu 
man iuoffizicll die kleincn Theater machen konnte (die 
nur einen Stamui von aitcn, ordeiitlichcn Mimeu haben 
muBtcn). So wurdc dreifach bessere Arbeit geleistct, 
als wir sie heute vorfindcti. 

Von da aus an die Muscntcmpel der groBeu Stadte, 
der Stadte mit reichen Mitteln. Und hicr: Zunachst 
eine Art guter, frischcr Unterhaltungsktinst auf laufendem 
Spielplan, solange die Hauser Geld bringen mtisscn; 
hubscher Lortzing, Meyerbeer, „ Faust und Margarethe" 
und das w Glockchen", Flcdcrmaus und sonstige klassische 
Operetten. Dancben aber bereits von Begiun an: Mit 
vorgebildetcn Sangern den Sonntag und den Wcrktag 
zum ewigen Feiertag fiir das Werk machen. Wer in 
solehes Theater kommt, geht in die Kirche, in der 
nichts dunkel und duster. 

. Dazu sollen Musiker zu Kiinstlern ausgebildet 
wcrden, gestiitzt durch eine frische Erziehung zu Dingeu 
der Allgemeinbildung, in padagogiseh intcressanter Ver- 
kniipfung mit den zukunftigen Aufgaben des Berufs. 

Dies alles in einem Spielplan, der Zeit laBt; dem 
musikalischen und szenischen Leiter zum Wiclitigsten, 
zur Vorbereitung; Dem Ganzen; Solisten, Orchester, 
Chor, zur Einarbeit. 

Audi das ist niclit fantastischer Traum: Wo das 
Werk in der Vollendung lierausgcbracht wird, — muB 
sichtbare Erkenntnis im Zuscliauer ersteheu. Gutes ist; 
Das wollende Nachschaffen dcs Voliendetcn; iibcr die 
Gefalir der Zufalie hin im gcnicinsamen Will en zur 
Einheitlichkeit. Von der aber sagt ein groficr Mcister 
besser als ich's vermag: ^Einheitlichkeit heitit also das 
Losungswort, dem sich mit gleicher Berechtigung kein 
andcres an die Scite steilen laBt. Denn einmal: iin 
Kopfe des Schopfers war cs ein Bild, von cine m 
Geiste durchtrahkt, ein lebendiger Organismus. Danii, 
auf dem Wege in die Welt, spaltet es sich in Teile: in 
die Faktoren, in vcrscluedeuc Kopfe, in die Vielheit. 
Dicsc Teile so zusammenfugen, daB das alte Urbild 
entstcht, die Tone zu dem Akkord zusammenzustimmen, 
der den alten Urgrundton horcn lafit: Das ist die Auf- 
gabe" (Hans Pfitzner). 

Kunst hciBt Opferung: Kiinstler sein hcifitkainpfcnder 
Priester sein in dienendem Lcid. 



372 



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Widifige neue Mufikalien, Bfidier und Auffafze 

iiber Mufik, 

mitgeteilt von 
Professor Dr. Wiihelm Aitmann, Berlin-Friedenau, Sponliolzstr. 53-54. 

Diese Zusamrnenstellung, die moglichst in jedem Heft dieser Zcitschrift erfolgen wird wilt audi nocli un- 
gedruckte groBere Werke, vor aflern Symphonien, symphonischc Dichtungcn, Konzertc, Kam.nennusikwerke Onern 
Chorwerke rmt Orchester einbeziehen, urn namentlich Dirigenten darauf aufmcrksam m machcn. Diejenigcn TonseUer' 
die derartigcWerkc (jedoch nicht etwa Klavierstucke, Lieder, Mannerchore) fertig haben, werdcn gcbeten, uiich da von 
in Kenntnis zu setzcn, dodi behalte ich mir die Entscheidung fiber die Aufnahmc vor. Diese kann audi bci gcdrucktc.ii 
Werken wedcr durch ein Inserat noch durch Einsendung der bctreffenden Musikstiicke oder Biichcr erzwungcn werdcn. 
Rticksendung ctvvaiger Einsendungen wird grundsatzlich abgelehut. 

Die Hinzufiigung des Vertags wird Bestellungen erleichtern. Zu den angegebcueu Prcisen komtnt immer 
noch der sogen. Teucrungsaufschlag seitens des Verlegers und audi des Sortimenters hinzu; er scliwankt bckamitlicli, 
meist aber betragt er 200% + 10%. 

Haydn, Joseph: Sonaten f. Flflte (Viol) m. Pfte (H. 

W. Draber) in C und Es (ietztere nach Quartett 

op. 76 Nr 6), Bote & Bock je 4 M. 
Kahn, Robert: op. 67 Zwischen Sommer und Herbst. 

EH Klavierstucke. Bote & Hock Heft I u. 2 je 

4 M.; Heft 3 5 M. 
Leipold, Bruno: op. 113 Sammlung v. 86 klass. und 

modernen Orgelstucken in ieichter Spielart z. Ge- 

brauch beim Gottesdienst. Hug, Lpz 4,50 M. 
Liszt Franz: Fantasie iiber ungar. Volksmelodien fiir 

Pfte m. untergei. 2. Pfte bearb. (Max Pauer). Litolff, 

Braunschweig 1,50 M. 
— : Ungar. Rhapsodie Nr 19 zum Konzertgebrauch 

bearb. (Ferr. Busoni). Breitkopf & Hartei 1,50 M. 
Oyen, Joh. van: o.p. 2 Sechs Klavierstucke. B. Siegel, 

Berlin 3 M- 
Rabel, Anton: op. 21 Sommertage. Kleine Stimmungs- 

bilder f. Pfte. Wunderhorn-Verl., Miinchen 3 M. 
Schelb, Josef: op 6 Drei Klavierstucke. Wunderhorn- 

Verl., MUnchen 4 M 
Vivaldi, Antonio: Largo f. Viol. u. Klav. (Harmon., 

Org.), bearb. v. Hjalmar v. Dameck. Raabe & Piothow, 

Berlin 1,50 M. 
Wolfram, Karl: op. 18 Der Cantus firmus auf der 

Orgel Bd II: Uralte Trostgesange u. Friedensklange 

in Vorspielen zu Kirchenmelodien f. Orgel. Bertels- 
mann, Giitersioh 8,50 M. 
Zilcher, Hermann: op. 22 Klage. Konzertstttck f. Viol. 

Mit Pfte bearb. (Waiter Arch). Breitkopf & Hartei, 

2,50 M 



I. Inffrumenfalmufik 

a) Qrcheffer (ohne Soloinffrumenfe) 

Kauf, Franz: Abendmusik f. Streichorch. Cieplik, 

Beuthen 3 M.; jede St. 0,80 M. 
StrauB, Rich.: op. fiO Suite aus der Musikzum „Burger 

als Edelmann". Fiirstner, Berlin. Preis n Vereinbar. 

b) Kamntermufik 

Bach, Joh. Christoph Friedr.: Trio (G) f- Viol., Viola 

u. Pfte 5 M ; Trio (C) f. Flote, Viol. u. Pfte 4,50 M-; 

Septett (C) f. 2 Horn., Ob., Viol-, Via, Vcello u. Pfte 

6 M. (hrsg. v. Geo. Schiineniann) Siegel, Lpz 
Bohnke, Emii: op. 5 Trio (b) f. VioL, Vcello u. Pfte. 

Simrock 12 M. 
Huber, Hans: op 136 Quintett f. Pfte, Fl., Klarin., 

Horn u. Fag. Hug, Lpz 20 M. 
Hummel, Joh. Nep.: op. 50 Sonate (D) f. Flote (oder 

Viol.) u. Pfte (H. W. Draber). Bote & Bock 4 M. 
Leidesdorf, M. J-: Sonate (G) f. Flote u. Pfte (H. W. 

Draber). Bote & Bock 4 M. 
Straesser, Ewald: op. 34 Quintett f. Klarin,, 2 Viol., 

Via u. Vcello. Simrock kl. Part. 4 JVL; St. 12 M. 

c) Sonffige Inffrumenfalmufik 

Andreae, Volkmar: op. 32 Rhapsodie f. Viol. m. Orch. 

Hug, Lpz P. u. St. Preis nach Vereinbar.; f. Viol- 

m. Klav. 6 M. 
Bach, Joh. Christ. Friedr.: Sonaten f. Klav. (G. Schiine- 
niann). Siegel, Lpz Nr 1 (A) 3 M.; 2 (D) 3 M.; 

3 (A) 3,50 JVL; dsgl. Sonate f. Klav. zu 4 Hdn 

(C) 5 JVL 
Bohnke, Emit:' op. 6 u. 8 Klavierstucke. Simrock 

je 5 M. 
Breithaupt, Rud. Maria: Die naturlidie Klaviertechnik. 

Teil III Prakt. Studien Heft 3. Kahnt, Lpz 8 M. 
David Jff, Karl: Album. 6 ausgew. Stucke f. Vcelio 

m. Pfte (Paul Michael). Litohf, Braunschweig 1,50 M. 
Ebe!, Arnold: op. 21 Fantasia espasiva f. Klav. noch 

ungedruckt [UrauffUhr. 16. 9. 20 Berlin] 
Gruner, Willi L: op. 7 Ktaviersliieke. Simrock Nr 1 

bis 3 u. 5 je 1,50 M.; Nr 4 I'M, 



II. Gefangsmufik 



Musikai. Novelle. 



(Opern) 

Hubay, Jeno: op. 85 Moosroschen. 
Klav.-A. Universal-Ed. 15 M. 

Kelley, Edgar Stilimann: op. 37 The Pilgrim's Progress. 
A musical miracle play. Klav.-A, 01. Ditson Comp., 
Boston 2,50 Doll. [Konzertauff. 9. 4. New York] 

b) Sonffige Gefangsmufik 

Berndt, Martin: Kindelwiegenfieder f. Ges m. Pfte. 
Zimmermann, Lpz 2 M. 



373 



Dachs, Michael; op. 29 Orgelbegleitung zum Kyriaie 

vatikanischer Lesart mit deutschen Rubriken. Cieplik, 

Beuthen OS 10 M. 
Prank, Ernst: op. 14 Sechszehn Duettinen aus „Am 

Fenster" von Kate Greenaway f. Sopr. u- Alt m. Pfte. 

[N. A] Edition Breitkopf & Hartel 1,80 M. 
Graener, Paul: op 52 Vier Lieder Nr 1 An den Mond, 

2 Durch Einsamkeiten, 3 Wir gehen am Meer, 

4 Der Himmel offnet die blaue Tur. Bote & Bock, 

je 1,50 M. 
Heln, Richard: op. 55 Acht alte heimatliche Weihnachts- 

lieder f. mittl. Singst. m. Pfte u. Viol, freigesetzt. 

Cieplik, Beuthen '6 M. 
Huber, Hans: Vier einfache Heimatlieder f. Manner- 

chor. Hug, Lpz jede Part. 0,80 M.; jede St. jeder 

Nr 0,20 M. 
Kahn, Robert: op. 70 Drei Gesange f 3st. Frauenchor 

m. Pfte. Simrock Nr 1 Der Abend, Nr 2 Gesang, 

der Engel Part, je 1,20 M.; Nr 3 Lebensernte einer 

Siebenzigjahrigen 2,50 M. 
Kauf, Franz: Das Mysterium des Todes. Symphon. 

Dichtung f. Soli, Choru. gr. Orch. Cieplik, Beuthen 

Part. 80 M.; Orch-St. 80 M.; jede Chorst. 2 M-; 

Klav.-A- 9 M. 

— : Lieder f. Singst. m. Pfte Nr 1 — 10 Cieplik je 
1,50 bis 2 M. 

Kaun, Hugo: op. 112 Deutsche Weisen Nr 1—7. 

Ausg. f. Mezzosopran (Ait) oder f. hohe St. je 1 M. 

bis 1,50 M. 
Knab, Armin: op. 6 Drei Mombert-Lieder f. Bariton 

m. Orch. noch ungedruckt [Ausg. m. Klav. Wunder- 

horn-Verlag, Munchen); Urauffuhr 26. 4. Nurnberg 
Levater, Hans: op. 28 Drei Gesange f. gem. Chor. 

Hug, Lpz Nr 1 Part. 0,80 M.; Nr. 2 1,50 M-; 

Nr 3 1,80 M. 
Mraczek, Jos. Gust.: Drei Lieder f. 1 Singst. m. Pfte 

(lGlut,2Mutter,3Wiegenlied). Bote&Bockje 1,50 M. 

— (4) Lieder f. 1 Singst. m. Pfte (1 Erwartung, 
2 Heiliger Hain, 3 Kleines Gliick, 4 Eine Melodie 
singt mein Herz. Zimmermann, Lpz Nr 1, 2 u. 4 
je 2 M.; Nr 3 1,50 M. 

Pfannenschmidt, Heinrich: op. 42 Zwei Gfockenlieder 

f. 3st. Frauen- od. Kinderchor. Vieweg, Lichterfelde 

Part, je 0,30 M. 
Rasch, Hugo: op/ 13 Fttnf Gedichte von Wilh. Burck 

f. 1 Singst m. Pfte. Zimmermann, Lpz Nr 1 2M.; 

Nr 2-5 je 1,50 M. 
Sammier, Karl Heinz: Lonslieder f. 1 Singst. m. Pfte. 

Rothe, Lpz Heft 1 = op. 2 (4 Lieder) 2 M. 
Schelb, Josef: op. 5 Drei Sonette Michel Angelos fur 

1 Singst. m. Pfte. Wnnderhorn-Verl., MUnchen 4M. 
Viebig, Ernst: Acht Lieder von Ernst Goll f. 1 tiefe 

Singst. {auch Ausg. f. hohe). Harmonie, Berlin 7,50 M. 
Volkmann, Otto: op. 10 Vier Gedichte von R. Dehmel 

(Nr 1 Am Scheideweg, 2 Du tiefe Run, 3 Ver- 

kUndigung, 4 Nachtglanz) f. 1 Singst. m. Pfte. 

M. Brockhaus, Lpz je 1,80 M. 
Winternitz, Arnold: op. 18 Zwei Lieder f. 1 Singst. m. 

Pfte. Bote & Bote. Nr 1 Maiwunder, 2 Rose 1,50 M. 



Ill, Melodram 



Kienzl, Wilhelm: op. 98 Die Jungfrau und die Nonne. 
Legende. Melodramat. Erzahlung mit Choren u. Orch. 
Zimmermann, Lpz Part- u. Orch. -St. Preis nach 
Vereinbar.; jede Chorst. 0,60 M.; Klav.-A. 9 M. 

IV. B li di e r 
und Zeiffchriffen-Auffaf)e 

(alphabetisch sowohl nach Stichworten wie nach den 
Verfassem geordnct. Bei Zeitschriftcn-Aufsatzen 1st 
immcr mit Nr die des laufenden Jahrgangs gemeint). 

Apian-Bennewitz, P. O. — s. Geige 

Bach. Lautenkompositionen Jon. Seb. Bachs. Von 

Carl Wunderlich — in: Ztschr. f. Mus. 17 
Beethoven. Das „Air atitrichen" in B.s op. 105- Von 

Alfred Orel — in: Ztschr. f. Musikwiss. 11 
Bildung. Welche B. muB von einer Musiklehrkraft 

gefordert werden? Von O. Fabricius — in: All- 

gemeine Musikztg 37 
Byzantinisch. Die Rhythmik der byzantinischen Neumen. 

Von Egon Wellesz — in: Ztschr. f. Musikwiss. 11 
Deutsche Tageszeitungen — s. Musik 
Diesterweg, Adolf — s. Musikalisch-hysterisch 
Fabricius, O, — s. Bildung 
Falckenthal, Waidemar — s. Theater 
Franz, Robert, Ein unbekannter Brief von. [iiber seine 

Bearbeitungen, Polemik gegen Chrysander] — in: 

Musikztg 3 
Frauenschule — s. Musikunterricht 
Gefahrdung von Theater und Konzerten — s. Thater 
Geige, Die. Umfassend die Grundzuge der Musik, 

die Geschichte der Bogeninstrumente . . . Von P. 

O. Apian-Bennewitz. In vollig neubearb. Aufl. 

hrsg. v. Otto Mockel. B. Fr. Voigt, Lpz 50 M. 
Gesangsrollenstudium, Moderne. Von Edwin Ja- 

netschek — in: Die Stimme 12 
Hoffmann, Josef — s. Schulgesangsunterricht 
Janetschek — s. Gesangsrollenstudium 
Klavierunterricht. Nebenziele des Kl. Von Armin 

Knab = in: Musikpadag. Blatter 17,8 
Klavierspiel. Uber die Voraussetzungen des Klavier- 

spieis. Von Hermann Wetzel -■ in: Musikpadag. 

Blatter 17/8 
Knab, Armin — s Klavierunterricht 
Konzertbetrieb. Das Grundprobiem d. Konzertbetriebes. 

Von Heinz Pringsheim — in: Allgem. Musikztg 35/6 
Konzerte — vgl. Theater 
Kreiser, Kurt — s. Militarmusik 
Lenk, Wolfgang — s. Musik 
Liszt, Franz, Zweite Ballade. (Erlautert) von Heinrich 

Schwartz — in: Ztschr. f. Mus. 17 
Lustbarkeitssteuer — s. Theater 
Merbach, Paul Alfred — s. Weber 
Militarmusik, Ubersicht iiber die Entwicklung der 

Militarmusik, Von Kurt Kreiser — in: Ztschr- f- 

Musik 17 
Mocktl, Otto — s. Geige 



374 



Moser, Andreas - s . Violinspiel 

Musik im Feuilleton cler deutschen Tageszeitun ff en. 

Von Wolfgang Lenk - in: ztschr. f. Mus 17 
Musikahsch-hysterischen, Vom. Von Adolf Diester- 

weg — in; Allgem. Mus,-Ztg 37 
Musiklehrkraft - s. Bi idling 
Musiklinterricht in der Frauenschule. Von Willi 

Schetiren — in: Die Stimme 12 
-, Derkttnftige, an den hoheren Schulen. Bin Reform- 
vorschlag von Ernst Rabich. Beyer & Sohne 
Langensalza 0,80 M. 
Neumen — s . Byzantinisch 

Nietzsche als Musiker. Von Kurt Rattag - in; Der 
F ii h re r durch die Theater u. Konzerte Konigsbergs 23 
Orel, Alfred — s . Beethoven 
Pringsheiiti, Heinz — s. Konzertbetrieb 
Rabich, Ernst — s. Musiklinterricht 
Rattag, Kurt — s. Nietzsche 

Register, Die, der mensehlichen Stimme und ihre Be- 
handlung. Anleitung zur Ausbildung von Sing- 
stimmen. Von H. Schmidt. Brokonier, ' Hagen i. 
Westf. 3,50 M 
Schering, Arnold ~ s. Violinkom position 
Scheuren, Wilhelm — s. Musiklinterricht 
Schmidt, H. — s. Register 

Schulgesangunterricht. Methodik des Sch. Ein Weg- 
weiser zur Erteilung des Gesangunterrichts Von 
Josef Hoffmann. Ashelm, Berlin 32 M. 
Schwartz, Heinr. — s. Liszt 



<8> 



SKt, Hans Zu seinem 70 (jeburlstag. Von Max 

Steinitzer in; Ztschr. f. Mus. 17 
Steinitzer, Max s. Sitt 

Stimmbildung in Sprache mul (iesang. Von Iran/ 
^ Kalthoff. Schwann, Diisseldoil 0,50 M. 
Stimme, mensehliche s. Register' 
Tageszeitiingen s . Musik 

Theater. Etwas tiber die (iefahrdung v «ni Theater 
und Konzerten und etwas tiber Lustbarkeitssleuer. 
Von Walclemar Ealckenthal in: Der Riha-r 

durch die Konzerte u. Theater Kiinigsbergs 23 
Tischer, Gerhard s. Veiieger 
Verleger, Wider die? Betrachtnngen iiber die Preise 
im Musikalienhandlungen und anderes. Von Oer- 
hard Tischer in: Khein. Musik-u/rhcater-Xtg3(i 7 
Violinkomposition. Gedanken zur V. der Gegenwart 
Von A. Schering in: Rhein. Musik- n. Vheater- 
Zeitung 36/7 
Violinspiel, Methodik des. Von Andreas Moser. 

Breitkopf & Hartel 8 M. 
Weber. Parodien und Nacliwirkungen von W.s 
„Freischiitz\ Audi ein Beitrag zur Geschichte 
einer Oper. Von Raul Alfred Merbach — in: 
Ztschr. f. Musikwiss. 11 
Wellesz, Egon — s. Byzantinisch 
Wetzel, Hermann -- s. Klavierspiel 
Zichy, Geza Graf; Aus meinem Leben. Erinnerungen 
und Eragmente. :). Bel. Deutsche Verlagsanstalt. 
Stuttgart 15,40 M. 



|f Pf. Dr. Borchardt & Wohlauer. 

(FER^lOSTELLUNQ "'.ALL EH' MUSIK - AU.FTR&fiB) 
. ."**:.; ' Instrumentation. — Transposition; 
' AufSehreiben gegebener Molodien. 

Notenschreiben. 

Charlottenburg 4, Wielandstrasse 40. Tel: Amt Steinplatz 95(5 



Breitkopf & hartel - Berlin W. 9 - PotsdamerstraBe 21 

Zentralstelle fiir in- und auslSndische Musik 

FlUget . Pianos . Harmoniums 



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GemeinnUtzige Kora&er*c*l>f eilung : Berlin W 57, BlumentfHc&lslraae 17 

Telephon: Amt NOIXBNDORF 3885 Telegramm-Adresse: PODIUMKUNST 

Engagementsvermlttlung, Arrangements von Konzerten, Vortrags- und Kunsttanzabenden Hir Beriin una alle Orte des In- and Auslanrfes. 
Alle Rabatte werden den KUnstlern gutgobracht. Niedrigftro Frorisionori als boi gewerbsmafiigen Konzertagentec 



&#l ■ 



375 



I KlIRHAUS WIESBADEN 

|CVKLUS VON ZWOLF KONZERTEN 

H im Winter j 920/2 1 

s fritz Schcrcr, Alexander Kipnis. Clior: dcilicn- 
1M U ]\ r t0t J Bruckner: Neunte Symphonle (zum 



llillllll'llllt. 



g l. Male); Te deum (z. I. Male). 

| 29.0ktoberl920:SoIist:MaxStrub(VIoline) R Schu- 

g maim: Ouverture; Fantasie f. Viol. u. Orchester 

| J. Joachim: Violionkonzert; J. Brahms: Symph. Nr. i. 

= l2 - A N°\ b /-. l , 920: frankfurter Madrigal- Vercinigung 

| Aite Meister: Madrigal e; lustrumentahnusik 

1 26 w N 7 br M l92 , (): . Solist: Edwin Fisd] ^ (Klavier). 

s W. A. Mozart: C-oncertaiites-Quarteit f. Ob Klar' 

I 5 ag ' i"' r^ mit Bc S L d * 0rch - Klavicrkonzcrr! 

g symphonic D-dur. 

| 10 Dezbr. 1920: Solist: Carl Flcsch (Violine). L. v 

| Beethoven: Violionkonzert; Drittc Symphonic 

= 7. Januar 1921: Solist: Josef Mann (Tenor). C. Debussy 

i M [*.T r * ( ™V Ma,e): R-StrauB: Suite answer 

m ?mLi ) ll P M0ll ^ S ," Bar ^ Cr als Edelniann- (zum 

| l.Malc), Franz Schreker: Vorspicl z. einem Drama 



21 Januar 1921: Soiist: Ilelue Lindberg (Bariton). 

0. Mahler: Adagio aus d. 6. Symphonic (z. 1. Male)- 
Lieder ernes fahrenden Gcsellen (zum 1. Male)' 
lirste Symphonie. 

4 Februar 1921: J. Haydn: Symphonic C-moll- 
A. bruckner: Achtc Symphonic '(z. 1. Male). 

1] .Am bm f ^ 1: ,^ listi »: Sigrid Hoffmann-Ondgin 

' , f p Ch 2 nb ^ r - : Pelleas l,nd Melisande (zum 

1. Male); h. B. Onegin: Gcsange m. Orch. S v 
Hausegger: „Aufklano- e « (z. 1. Male). 

4.Marzl921: Solist: Adolf Biiscli(Violine). J.S.Baclr 
Suite f. Orch.; M. Reger: Violinkonzert (z 1 Male) : 
J. brahms: Symphonic Nr. 4. 

11 Marz 1921: G. Mahler: Siebcntc Symphonie 
(zum 1. Male). 

18 Marz 1921:, Solisten: FJsc Licbhold, Rosy Hahn 
LudwigRoffmann, Richard Breitenfeld. Chor-Cacilien- 
Vercin. L. v. Beethoven: Neunte Symphonie 



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aller kunstlerischen Krafte auf. Sie entsteht 
aus der Gemeinschaft der radikalen Kunstler 

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Heft I: 

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fecbaustatt / Das Wane Wundrr: Peter Leu 

Berlin / Ziele derKunst / Aufbau: EinganzNeu- 
CnZSS?* ; A fe? nz y Ke P ras ^itatioasprofessoron 
Graplnku Abbildungen: Gottfried Graf-Stuttgart; 

Kopf mit Stern / Bernhard Klein: Vignette 

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B WW ? Boddien:. Zu meinen Bildern 

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/.nil.' Mk. i.-'.'i. 



Nr. 17 



Berlin, den 16. Okfober 1920 



I. Jahrgang 



INIHALT 

tv. AnnTF ARFR . . . Wohin des Wegs? 

V BELA BARTOK ' ' .'.'.... Der EinfluJ5 der Volhsmufik auf die heuf.ge 

Kunffmujik 

&££££££&. : : : : : »«-. - <*— 

S" ™Eh KN™Wien MIDI \ ZuTp ,«e des Ko m pon iI( e„ . 

Pro™ mHELM MTMANN . . Bedeu.ende Neueri<beinun g en und Ma„u,hnp e 

NOTENBEILAGE: Eduard Erdmann: Zweiter Sa 6 aus der Senate fur Vkflne .Ita. 



„MELOS" 

in einer Luxusausgabe 

erfdieinf monarch einmal im Kunjfverlag 

Fri&Gurlitf, Berlin W 55 



Wohin des Wegs? 

Von Dr. Adolf Aber. 



Nicht neue Klassizitat, nicht Schonberg und Bela 
Bartok — uberhatipt nicht diese verfeinerte, an zu 
vieler Gehirnintensitat krankende Kunst; ein neues, 
einfach - monumentales Schaffcn, aus tiefstem 
Gemeinschaftsgefiihl erwachsen, im Volksgesang 
verankert, wird die Zukunft der Musik sein. 

Hermann Scherchen im w Melos" Nr.ll, S.243. 

Erlofende Worfe; gefunden von einem, der wie kaum ein zweifer fich mif Worf und 
Taf fur die Jiingffen in der Kunff einfe^f. Worfe zugleich, die fidierlich ausfprechen, was 
Hunderfe und Taufende denken — hoffen — wiffen. Selffam auf den erffen Blich viel- 
leichf, aber doch Wahrheif; aus der polififchen Revolution heraus Wird die kunff lerijche 
Reakfion geboreri werden. Die Maffe, zu geiffigem Leben erwachf, forderf ihre Kunff- 
Ihre Kunff, die ihre Leiden verklarf, ihre Kampfe heiligf, ihre Siege feierf, ihre Freuden 
ins Unermej31iche Jfeigerf. Diefe Kunff kann nimmermehr die fein, deren Bliife unfere 
Tage fehen. Denn diefe Kunff huldigf durchaus einem barocken, zum Auj3erffen geffeigerfen 
Individualismus. Unausgefprochen fragf faff jedes ihrer Werke das Moffo: Gdi profanum 
vulgus. Zwar — audi eine perfonliche Kunff konnfe die Kunff der Maffe werden, Wenn 
ihre Perfonlichkeifswerfe zugleich Menfchheifswerfe waren. „K6nige find darzu- 
ffellen in Krieg und Gefahr" — ein Worf Goefhes — „Wo fie eben dadurdi als die 
erffen erfdieinen, Weil fie das Schickfal des Allerlefjfen beffimmen und feilen und 
dadurdi viel infereffanfer werden als die Goffer felbff, die, wenn fie Schickfale beffimmf 
haben, fich der Teilnahme derfelben enfziehen." Langff find unfere Modernen in 
der tiberwiegenden Mehrzahl auf dem Sfandpunkf diejer Goffer angelangf. Ihr kiinff- 
lerifdien Erlebniffe find fo durchaus fubfiler, iiberfeinerfer Arf, daJ5 fie bei der grogen 
Maffe im giinffigen Falle ffaunende Bewunderung, vielleidif fogar Ehrfurdif erregen 
konnen; niemals aber die unendlidie.Sehnfuchf der Maffe nach Erhebung ffillen. 

„Denn" — ein zweifes Worf Goefhes — „der innere Gehalf des bearbeifefen 
Gegenffandes iff der Anfang und das Ende der Kunff. Man wird zWar nidxf leugnen, 
da£ das Genie, das ausgebildefe Kunfffalenf, durch Behandlung aus allem alles madien 
und den widerfpenffigffen Sfoff bezwingen konne. Genau befehen, enfffehf aber als- 
dann immer mehr ein Kunffffudt als ein Kunffwerk, Welches auf einem wurdigen Gegen- 
ffande ruhen foil, damif uns zule^f die Behandlung durdi Gefchick, Miihe. und Flei£ die 
Wiirde des Sfoffes nur deffo gliicklicher und herrlidier enfgegenbringe." 

Die Wiirde des Sfoffes — worm kann die bei einem mufikalifchen Kunffwerk 
beffehen? Hans Pfi^ner hat es fich leichf gemachf, als er die Wiirde des Sfoffes allein 
in djer mufikalifchen Pofenz des fhemafifchen Einfalls und feiner Verarbeifung fuchfe. 
Es iff ein ironiedurchfrankfer Wi£ der Welfgefchichfe, da]3 das Gezefer liber mufikalifche 
Impofenz juff in dem Augenblick einfefjf, da die Kunff an einem tlbermajS mufr 
kalifcher Pofenz zu grunde zu gehen drohf] Pfi^ner haf es vermieden, die feiner 
Anfichf nadi mufikalifch Impofenfen namhaff zu madien; man kann alfo gleichfalls nur 
xmi allgemeinen Feffffellungen erwidern. Feffzuffellen aber iff, da£ die modernen Kom- 
poniffen, die der Bannffrahl freffen follfe, zu jeder Sfunde den Nachweis ihrer mufikalifchen 
Poim\z erbringen konnfen/ Ihre Ohren befi^en die Scharfe und Unfriiglichkeif phyfi- 
kali|<iier Refori^oren. Ihre mufikalifche Gedachfniskraff iff ungeheuer gro£; (das Miferere 




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Allegris aus dem Gedadifnis nachzufdireiben ware fur fie ein Kinderfpiel). Unerfdiopflich 
in ihren Einfallen find fie als improvifierende und iiber ein gegebenes Thema variierende 
Konner am Klavier. Sinnverwirrend fdione Klange enflockf ihre iiberragende Inffru- 
menfafionskunff dem modernen Ordieffer. Vor ihren konfrapunkfifdien Kiinffen mii^fen 
felbff alfe Niederlander die Waff en Jfrecken. Unendlidie Melodiebogen durdiziehen ihre 
Werke. 

In dem alien, d. h. in allem abfoluf-mufikalifdien (beffer vielleidif mufikanfijchen) 
Konnen kann die Wiirde des Sfoffes nidif beffehen. Mif dem alien iff erff das Kunff Jfiick 
und nidif das Kunffwerk (im Sinn Goefhes und der Maffe) zu erreidien. Das alles 
iff eigenflidi Jelbjfverjfandlidie Grundlage fur kompofiforifdies Sdiaffen. Nur der 
iff iiberhaupf erff Komponiff, deffen fdiopferifdies Ergliihen in jedem Falle mufikalifdien 
Gebilden Leben fchenkf. liJber deren mufikalifdi-fedinifdie Geffalf mif dem Einzelnen 
zu rechfen iff, befonders in unferer Zeif unmoglidi, die endlidi zur Klarheif dariiber 
gelangf iff, der Einzelne der Madif des Sfiles feines Zeifalfers in hohem Grade 
unferliegf. Das haf nidif erff Sprengler den Mufikhifforikern zu demonffrieren braudnen ; 
fdion feif vielen Jahren befifien wir Riemanns „nadi Sfilprinzipien und Formen" 
periodifierfes grundlegendes Werk. 

Mif der Wiirde des Sfoffes, von der Goefhe Jpridif, haben foldie ffiliffifdien Fragen 
aber nidif das mindeffe zu fun. Denn die Wiirde des Sfoffes - das mag fur die An- 
hanger der freien Kiinffe und die Bekenner des ,,1'arf pour l'arf" kefjerifdi klingen - 
beffehf bei einem mufikalifdien Kunffwerk allein in der Wiirde des au£ermufikalifdien 
Programms, das ihm zu grunde liegf. Von Hermann Krefjfdimar ffammf ein 
Ausfprudi, den idi hier einmal feffhalfen modife: „Es gibf keine abfolufe und keine Pro- 
grammufik, fondern nur Mufik mif einem inneren und foldie mif einem auperen 
Programm." Es empfiehlf fidi, wenn man die Sdii&falsfrage „Wohin des Wegs 
an die Mufik ridifef, diefe Krefcldimarfdie Thefe zu grunde zu legen. 

I3ber die Mufik mif au|3erem Programm" braudif nidif viel geredef zu werden. 
Ihr gehorf im Sinne Krefcfdimars nidif nur die „Programmufik" inffrumenfaler Art an 
fondern jede Gaffung, bei der die Mufik beffimmfen au^rmufikahfdien Ideen, alfo audi 
Texfen, dienf. Zur Programmufik im weiferen Sinne gehorf alfo audi die gefamfe 
Vokalmufik und dramafifdie Mufik jeder Art 

I)Te Wurde des Sfoffes" iff bei Werken diefer Arf in erffer Lime nadi dem er- 
klarfen aupermufikalifchen Programm zu beurfeilen. Sie kann uns - urn bei dem 
fioeheworf zu beiben - durdi mufikalifdi-fedinifdie Meifferfdiaff „nur deffo glucklidier 
SSS^^SS^ebrwhf-. Oder fie kann durdi mufikalifdies Sfumperfum, durdi 
Se SeriidikeU fchwer gefdiadigf werden. Ob das eine oder das andere der Fall 
ty !«Sfffi fiber Leben oder Tod des Werkes; wird audi zukunff,g daruber enffdie.den. 

n i •* !A U ,i P ri nP r aeffalfef fidi die Beanfworfung der Frage „Wohin des Wegs" 
Ungleidi f*w.enger ge) "e^ma Programm. Sidierlidi 

bei der fogenannfen abfolufen Mu)* , , aer I man 

aber lindef man d!^o^ ^ dem inneren 

von jeder fedimfdien ^aditungsweije r Sollfe ji(h dabei ergeben , 

Programm unferer modernen Mu)!k, zu i *f**™° ' iner nodl fo gianzenden 

da)5 ihr ein foldies Programm .^^ , J^^ 1I SSilS Pofenz keine hohere, 

i*^^ - derLaae nnd ' audi 

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nur ein fechnifches Element und fei es audi nur den Infervallabffand zweier Tone, von- 
einander, zu erfaffen. Wenn alfo bei ihnen uberhaupf eine Wirkung der Mufik feffzu- 
ffellen iff — und ich mochfe midi enffchieden dagegen wehren, alle die Millionen, die 
jahraus, jahrein durch Mufik dem Allfag enfriffen werden, als Heudiler anzufehen — fo 
kann diefe Wirkung nur fo zu erklaren fein, da]3 durdi das Medium der Mufik andere 
Gefiihlszenfren erregf und in ffefe Mifleidenfchaff gezogen werden. (Da hier in der 
Haupffache unferfuchf werden foil, weldier Art die Kunff der Maffe fein wird, laffe ich 
die felbffverffandlich vorhandene Moglichkeif ganz auj3er achf, daJ3 ein Werk durdi feine 
fedinifchen Eigenfiimlichkeifen den Fachmann oder durch hijforifche Merkmale den Hifforiker 
feffeln kann). 

Es lohnf fidi, ein wenig dariiber nachzudenken, welcher Art die Gefiihle fein konnen, 
die durch das Medium der Mufik normalerweife erregf werden konnen. Denn wenn 
es gelingf, eine allgemeingiilfige Norm dafur auf zu ffellen, fo iff fur die weiferen Unfer- 
fuchungen viel gewonnen. Ich konnfe mir die Aufgabe erleichfern und auf die Affekfen- 
lehre des 17. und 18. Jahrhunderfs verweifen, an deren auch heufe noch beffehender 
Giilfigkeif ich keinen Augenblick zweifle. Wenn i(h es nichf fue, fo gefchiehf es, weil ich 
faff fiirchfe, daj3 in diefer Lehre feilweife fchon eine lllberfcha^ung der Ausdrucks- 
moglichkeifen der „abfolufen" Mufik liegf. (Ich glaube z. B. nichf, da|3 es gelingf, eine 
mufikalifche Figur zu konffruieren, die — eindeufig — „Hoffnung" ausdriickf, wie man 
in jenen Lehren es wagfe). — Ich modife den Verfudi machen, die Ausdrucksmoglichkeifen 
der Mufik auf Sfimmungseinheifen zurtichzufuhren. Es foil verfuchf werden, der 
fheorefifchen Affhefik, die alle Wirkungen der Mufik auf Spannungs- und Lofungser- 
fcheinungen (ficherlich mif Rechf) zuruchfiihrf, eine prakfifche Affhefik an die Seife zu 
ffellen. Denn es ffehf wohl au]3er Zweifel, daj3 der Horer fidi niemals liber die 
Spannungs- und L6fungserf(heinungen an fich klar wird oder audi nur Gedanken machf, 
wohl aber uber die Gefiihle, die die Mufik in ihm ausloff. 

Es liegf nahe, die aus der Pfychologie jedem bekannfen Elemenfe der „Luff- und 
Unluffempfindungen" audi den Gefiihlswirkungen der Mufik zu grunde zu legen. Es 
fdieinf mir aber, daj3 dann wichfige Affekfe unberiickfichfigf bleiben wiirden. Dazu ge- 
horen Sfimmungskomplexe, die — grob umriffen — efwa durch folgende Worfe charak- 
ferifierf werden: „myffifch", „geheimnisvoir, „fehnfiichfig", „kampfend", kurz alle 
Spannungserfdieinungen. Den Affekf, der ihnen alien zu grunde liegf, wird man 
am beffen mif „Unruhe" bez.eichnen. Dabei darf nichf iiberfehen werden, da)5 es — 
fubjekfiv — naftirlidi moglich iff, audi diefen Affekf enfweder als Luff oder als Unluff 
zu empfinden. (Ich fe^e das Beifpiel eines grojSen dunklen Waldes. Es wird Menfdien 
geben, die daran fchwermiifig werden, andere, die Grauen empfinden, wieder andere, 
bei denen Ruhe und Frieden einziehf, fchliejSlich folche, die der Waldesfriede mif Freude 
erfiillf. Unfchwer wird ein jeder Sfellen aus mufikalifchen Kunffwerken fidi ins Gedachfnis 
zuriickrufen konnen, die — fubjekfiv — ahnlich mehrdeufig find). Diefe Verhalfniffe 
andern nidifs an der Taffache, daj5 — objekfiv — jedes Kunffwerk, das als Ausdruck 
eines ffarken Empfindens und nichf als Gehirnarbeif enfffanden iff, in jeder Phafe einem 
Affekf des Schopfers enffprichf, und daj5 derjenige Horer den vollkommenffen GenujS 
an dem Kunffwerk haben mug, bei dem jeweilig die gleichen Affekfe ausgeloff werden. 

An Sfimmungseinheifen ergeben fidi alfo drei: Trauer, Freude und Unruhe, 
Sie konnen — in ungezahlfen Abffufungen und Verbindungen — das innere Programm 
eines „abfolufen" Mufikffiickes bilden, Niemand wird das innere Programm dreier 
Beefhovenfdier Sinfoniefa^e wie efwa 1) des Eroica-Trauermarfdies, 2.) des Finales der 
fiinffen und 3.) des erffen Eroica-Sa^es in Abrede ffellen. [Die Reihenfolge enffprichf 
den oben gekennzeichnefen drei Sfimmungseinheifen], 

380 



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Mir Jdieinf alfo die erffe Bedingung dafiir, dap" ein Werk der „abfolufen" Mufik 
feine Wlrkung auf die Maffe auszuiiben vermag, darin zu liegen, daj3 jene drei Grund- 
einheifen der Sfimmung klar hervorfrefen. Dabei iff zu bemerken, dap* die driffe Einheif 
(Unruhe) keinesfalls uberwiegen darf, beziiglidi daj5 die Unruhe f<hliej31ich einer ein- 
heif lichen Empfindung weidien, dap" der Kampf nach einer Ridifung hin enffchieden 
werden muj3. Hierin liegf meines Erachfens der wundeffe Punkf bei der Mehrzahl 
unferer Modernen (alien voran Regerl), dap" die Werke derarf von zwiefpalfiger 
Sfimmung durchwiihlf find, dap" audi der willigffe Horer fdilieJ31ich in der Anfeilnahme 
erlahmf, erlahmen mup\ Ganz fraglos fdieinf mir audi, da|5 die Wendung unferer 
modernen Mufik zum Afonalen mif ihren Verzidif auf Dur und Moll in weifen 
Sfrecken des Werkes in diefer Beziehung verhangnisvolle Folgen haben kann, fo folge- 
ridifig fie immer aus mufikalifdi-fedinifchen Grxinden iff. 

Jeder Zweifel an der Ehrlidikeif des kunfflerifdien Erlebniffes bei unferen Modernen 
liegf mir fern. (Im Fall der Pfif3nerfchen Impofenzbrojduire habe idi deshalb mif 
Keulen zugefdilagen, weil Pfifener die moderne Mufik als fdilechfhin „verdre<kf" hinzu- 
ffellen verfudif). Aber idi modife die zeifgenoffifdien Komponiffen dringend daran 
gemahnen, von dem Wahne abzulaffen, dap - fie fur ihre inneren Kampfe, die fie der 
Damon zwingf zu Mufik werden zu laffen, das Infereffe der Horer erzwingen konnfen. 
Das Wefen der Mufik iff wie das aller Kunff kulfifdier Arf. Nur, wenn das 
perfonlidie Erlebnis allgemeinmenfdilidie Gvilfigkeif beanfprudien darf, iff es zum 
Gegenffand, fagen wir gefroff zum inneren Programm eines Kunffwerks zu madien. 
Es iff aber kein Erlebnis von foldier Allgemeingulfigkeif, wenn Jemandem irgend em 
Mofivdien einfallf, das durdi alle Tonarfen zu jagen oder in ewig wechfelden afonalen 
Tonfolgen zu variiren in fein Muf ikanf enfum zwmgf. Dieje Arf von Kunff iff der 
Ma fe qanz aleidigulfigl Mif der ganzen alleinfeligmachenden mufikahfdien Pofenz 
alii n SSf Ih keinen Hund vom Ofenl Madif Eudt frei von dem Ruf 1'arf pour 1'arfl 
Es i f e n ebenfo lafferndesWorf aus einer Zeif des Verfalls w,e ,ener „odi profanum 
ns i]t em eDenjo ™\"= Rftmprs D enkf bei jeder Nofe, die Ihr direibf, an diejenigen 
V di 8 He bl^ote"" "d£ t kWWh Qewi,Ien, dap diele Note fur 
d ^e Line Bedeu'ung haben konnfe, fo lap. lie un fl ef*ne "erj* £ * - £ » 
Qo«es Namen und verberg. das Manu^ » -- SfeHe wo - ^n r fmdet ^ 
Kunffwerk [oU eine Pred,g< !» *SJ2^.1l3» "s<andpunk< aus folKe man 
"^ alS / red ' 9 TSi Ter ffieSoge Brudmers naduienken. Vielleidu haC 
audi no* einmal ernffu* uber °'<L™° J Qeheimrafslifel zu erfchlagen ver- 

Krefeldunar, ta,«- m d el en Haft an ™ ^ ^ na(Mem m 

] £\%X^^^k ^ r,rs. zu ihm zurii * flekehrt und dle 

Sa&e bekennf, die er (902 im **"***? 'w™ ausgedrudft werden loll, W efwas 

.Die formen find Mifiel d« .Aosdra *s ^ w » ^ unfer den Formen 

Gelffiges. Das mup, wenn der Komponi) ' ™™^° p inde „ en3 in den HaU p( z u ae „, 

folufe Mufik." #, 

< » ,.* i„ Piner Arbeif, die Anfworf auf die Frage „Wohin des 

pr^-sss-^* au * * m mi< dem un,er, * ied 




auseinander, der darin liegf, daj5 einmal — in der Programmufik im weiferen Sinne — 
die Mufik erkennbaren und erklarbaren auj3ermufikalifchen Ideen dienf, wahrend fie 
im Falle der „abfolufen" Mufik felbffherrlich auf den Plan friff. Spengler darf das fun, 
da er ja iiberhaupf die Kfinffe nichf nach ihren fechnifchen Ausdruchsformen voneinander 
gefchieden wiffen will. Es iff fur ihn alfo audi gleichviel, ob fie gefonderf oder in irgend 
einer Verbindung auffrefen. Qerade deshalb friff aber audi bei Spengler der Kre^fch- 
marfche Gedanke vom „inneren Programm" auj3erordenflich deuflich hervor. „Audi in 
der Mufik" ~ heij3f es bei ihm — „erleben wir hinfer dem finnlichen Eindruck eine 
ganze Welf andrer, in der erff alle Ffille und Tiefe zum Vorfchein kommf und 
fiber die fich nur in iiberfragenen Bildern . . . reden laj3f." Und an anderer Sfelle; „ . . . das 
greifbare Refulfaf fedinifdier Ausdrucksmiffel iff nichf viel mehr als die Maske des 
eigenflichen Werkes." 

Diefen mujikaffhefifchen Grundanfchauungen Spenglers wird man rfickhalfios zu- 
ffimmen konnen. Es bleibf aber nodi die Frage offen, ob wir wirklich am Endc des 
Weges ffehen. Sollfe das der Fall fein, folfe unfere abendlandifche Kulfur wirklich unfer- 
gehen, fo iff nafiirlidi die Mufik allein nichf zu reffen. Es wiirde dann audi wenig aus- 
machen, ob fidi unfere Modernen auf die kulfifdie Wefensarf der Mufik befinnen oder 
nidif. Die Abkehr von dem uberfriebenen Perfonlichkeifskulf und von dem Gofjendienff 
vor dem Baal der Tedinik wiirde dann hochffens eine Galgenfriff bedeufen, die der 
Mufik nodi gewahrf wiirde, ehe fie mif der gefamfen abendlandifchen Kulfur zugleidi 
dem Unfergang geweihf ware. 

Die Diskuffion darfiber, ob ein foldier Unfergang zu erwarfen iff oder nidif, mu]3 
Spengler nofwendig auf auj3ermufikalifches Gebief folgen. 

Es gibf kein einziges Worf, das die gefamfe fcheinbar fo feff gefiigfe Konffrukfion 
Spenglers fiber den Haufen zu werfen vermag, das Worf „Welfverkehr". Spengler 
la)3f bei feinen Befradifungen fiber das Erbliihen einer Kulfur inmiffen einer Landjchaff 
und ihr Erfferben darin vollig die Tafjadie auj3er adif, daj3 die abendlandifche Kulfur 
faffadilich nichf mehr an die europaifche Landfchaff gebunden iff. Und er vergigf 
da£ diefe Taffadie allein jeden Vergleidi mif frfiheren Kulfuren ausfdilie)3f. Spenglers 
Darlegungen fiber den Unfergang frfiherer Kulfuren kann man aber ruhig gelfen laffen. 
Der Unfergang erfolgfe aber Jfefs, Weil inmiffen einer Landfchaff eine Uberfaffigung 
eingefrefen war und keine Moglichkeif beffand, daj3 diefe Landfchaff Kraffe nach auj3en 
abgab und von auj3en her neue Kraffe aufnahm. Die abendlandifche Kulfur iff die 
erffe unfer alien Kulfuren der bisherigen Erdgefchichfe (deren Dauer. fibrigens im 
Vergleidi zu den Zeifraumen, die uns noch zu durchmeffen bleiben, ganz lacherlich 
gering iff), die noch in der Zeif ihrer Bliife mif alien Kulfuren der Erde in Verbindung 
zu frefen vermag. Ihr Schickfal muj5 darum audi ein ganz anderes fein als das ihrer 
Vorgangerinnen. 

Und wie die den Erdball umfpannender Verkehrsmiffel die landfchaffliche Kulfur 
in eine Welfkulfur verMandeln, fo iff unferer Zeif in der Idee des Sozialismus eine 
Menfchheifsidee erffanden, der keine Epoche frfiherer Kulfuren efwas audi nur 
enffernf ahnliches an die Seife zu ffellen haf. Man fchlage nur die Tafel III in Spenglers 
Buch CGleidizeifige" polififch'e Epochen) auf undlefe nach, welche krampfhaffen Verfuche 
dorf gemachf werden, urn Analogien zum Sozialismus zu finden. Sie find vollig ge- 
fcheiferf; und wer Spenglers „Preu|5enfuni und Sozialismus" gelefen haf, wei£ audi 
warum. — 

Es iff ein harfer Vergleidi, aber idi kann ihn nichf unferdrficken: Wenn man 
bedenkf, dajS unfere Erde efwa noch 250 000 Jahre unfer ihren gegenwarfigen Lebens- 
bedingungen beffehen wird und erff efwa 6000 Jahre eine Gefdiichfe haf, fo gleichf der- 
jenige, der aus diefen fedis Jahrfaufenden Regeln ffir die Zukunff ableifen will, dem 



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Prophefen, der einem Saugling weisfagen wollfe, er wiirde fein Leben lang das Beff 
naff en (da er es ja in den erffen Monafen gefan habe)! 

Es konnfe fehr wohl jemand den Verjudi wagen, die Frage „Wohin des Weges?" 
auch fur die Muflk durdi rein foziologifche Uberlegungen zu enffcheiden. Und fat- 
Jadilich find folche Uberlegungen ungewdhnlidi fdidernd und lehrreiA. ponders _ ur 
diejenigeri Kiinffler, die zugleim Anhanger des ,,1'arf pour l'arf und Bol)chew>ffen 
find, in Wirklidtkeif gehoren l'arf pour l'arf und kapifalilfifd.er Snobianus zufam^en 
Ue Bruder und SdlWeffer. Diefe ganze herrliche freie" « die ^n kulh^n 
Aufeaben nidtfa Wiffen will und die eigene Perfonlidike.f und das ^mJAe Ma enal 
*u es&en madif, iff iiberMupf nur moglich, folange ^™^ die ^ au ^ b ^ 1 ) 
Lebensunferhalf enfweder mif eigenem (ererbfen erharafetai oder f£*ob«icn 
Kapifal beffreiien konnen oder von denen, d» mehr haben ab Ue ^^f * 8 £ 
brauchen, ausgehalfen werden ' ^^^^J^^^S^^^ 
Zeif (rriif ibren Ikarusfliigeln) zur Sonne emporfliegen »,we 

Und ihre Folgen die fchonen Blufenfraume K> »* ^^SuSSftl EhS^eLs 
Jo fchon aufgezogenl Die Mazene vermehrfen J.dl ban ^£*a. fc f e J - der 
fur die Kunff zu fun!" (Audi wenn ffla* ^ OT T ®^^ e d ^«^en.) Auf Gefell- 
inufikalifcben Darbiefung in Gefahr ^^J^ST^X. W* ihnen 
fdlaffen fflfferr «iati did Hun fler ab mmm J^Jd Die angefehenffen Bankiers- 
gar Haujetfz. B. am Ammerfee) ml T b«ah d£ ^> Hiin{fler zu ver mahlen. 

familien fchrecken nidif davor zuruch h fett ««*« a Ged anken kommen, daf5 

Und in einem fokhen Sduaraffenland foil e m i Kurtff tea uT ^^^ die 

irgendwo im Lande breife Maffen leben, hungrig nach alem ^ ^^ ^^ 

fehnfiichfigen Blickes nach ihm ausfchaue f J™™] aus j pre chen, was alle denken; 
Soil eine kiinfflerifche Form fttr ita Sehnenf "^' K SSS fpridif zur Maffe: Wenn 
ausdrutto, Was aiie «drfWd«T «f «^ n Erlebniffe, fo W ab von 
du kein Verffandnis haff fur ^ ein v l per| f r ^f; d e V nen begiiferfen Gonner, der mir das 
mir. (Hinfergedahkei idi finde l*on ^ «£ Verhalfniffe fehr bald und fehr 

Nofige gibf.) - Es fiehf ganz danach aus, dap ^ » Jdired?end Niema nd merkt 

grundlidn andern werden. Die Mazene^onjunktan ^ U e Talenfe auch na<h 

das wohl mehr als diejenigen unfer uns, die ) J rungen beim Sfudium oder 

der Richfung hin einzufefcen f^'^ D ie Anfworfen, die einem dabei m efcfer 
beim Konz^erfieren zu verf diaffen verfudi en^ une ndlich« . . . .Sie ver ehen 

Zeif erfeilf werden, ahneln fidi ^.^^enn wieder beffere Zeifen kommen . Ab 
die grogen Verluffe" . . . »^ n ,^ wir haben genug fur die Kunff gefan Die 
und *u audi einmal eine ehrhche Stimme^ ,,w Genof{en fur , f 

Kunffler find ja doch Boljdicwilten. Da foUen Abef ^ werden niemalsm 

KPine Anflffl Das werden die ^nonc di j ie bei den kapifa 

leben dLHeudielei mifmachen °^™*Z*% gefund. Und eine gefunde 
i-«-f*^n Snobs -beobaditen konnfen. Die Maje I » » feein einziges 

Ma f : fkan keine k"n,e Kunff ^^^^^5^ Zukunffsffaaf auf 
' S Brof ubri fl >aben Wer 9^^^ in Kunffwerken ^ ausfoben 

Koffen der AHgemeinheif feme uber ' p T ^ n d f S faaf wird nur erne kulhfche Kun) 

teM* PA auf einem HogJ* ^f^ te«* m h f tfetn "S 
auffaffung Lebensberechtigung haben. w\ gIaubf> dap erne loune 

an S" Wird man in diefem Saaf Pj^Jbedeufef und nichf erkennf da? He in 

M^ehr zur *^^j£$gS ~ der K «* ^ ni6malS " 
WahrheifeinAunfiegift^rJaffebe^i- 






k-: i 






mehr Sieg. Die Wandlung wird alien denen leichf werden, die ihr Volh ebenfo lieben 
Wie ihre Kunff; leichf audi denen, die mif Verffandnis in der Gefchichfe der Kunff zu 
lefen verffehen. Alle grojSen Reform en der Mufik gefchichfe ha ben jich im 
Dienff kulfifcher Kunffauffaffung vo 11 zo gen. Die Monodie der Ifaliener, das 
Mufikdrama Monfeverdis, Glucks und Wagners, die Sinfonie Beefhovens find aus ihr 
geboren. Einer, ein ganz Grower aber haf wie kein zweifer die Wandlung von der 
„freien" zur kulfifchen Kunff durchgemachf: Georg Fredridi Handel. Der fiefe 
Schniff, der durch Handels Leben gehf, der den Opernkomponiffen Handel ^om 
Oraforienkomponiffen Handel frennf, iff mif nichfs anderem zu erklaren als mif der 
Taffache, daj3 Handel, unbefriedigf inmiffen aller feiner raufchenden Opernfriumphe, 
nach einer Kunff der Maffe fuchfe und fie im Oraforium fand. Handels Oraforien find 
faffachlich jenes „einfach-monumenfale Schaffen, aus fiefffem Gemeinfchaffsgeflihl er- 
wachfen, im Volksgefang verankerf", das Hermann Scherchen fur die Zukunff der Mufik 
erklarf. Ich glaube daran, daj5 das Zeifalfer Handels anbrichi 



* 



Der Einflu{5 der Volksmufik auf die heufige 

Kunffmufik 

Von Be la Barf ok. 

„Volksmufik a iff im allgemeinen ein ziemlich weiter Begriff, den ich hier mit folgendem 
Verfuch einer Definition einfchranken mochte; Volksmufik i ft die Mufik einer von ftadtifcher 
Kultur am wenigften beeinfluBten Bevolkerungsfchicht, Mufik in mehr ocier minder 
groBer, fowohl zeitlicher als auch raumlicher Ausdehnung, die als fpontane Befriedigung des Mufik- 
Triebes fortleb't, oder irgendwann fortgelebt hat. 

Diefer Definition gemaB ware Trager und Fortpflanzer der Volksmufik die Bauernklaffe, als 
die am wenigften von ftadtifcher Kultur beeinfluBte. Ein NichtbeeinfiuBtfein wahrt beim 
Bauernvolke folange als es das zu feinem korperlichen und geiftigen Leben notwendige Material 
■— in traditionellen Formen — felbft produziert. Ein derartiger Urzuftand ift heutzutage naturlich 
wohl nur bei Urvolkern zu finden. 

Eine ganze Reihe der Entwicklungsftufen fuhren zu dem Zuftande der Bauernklaffen des 
heutigen Oft-Europa, die — wenigftens in ihren Kunftprodukten — zwar feit langerer oder 
kUrzerer Zeit einem mehr oder minder groBen ftadtifehen, namentlich weft-europaifchen Einfluffe 
ausgefetzt find, jedoch nach Verlauf einer gewiffen Leitperiode die Elemente des fremdcn Einfluffes 
derart ihrem Wefen affimilieren, daB als Endrefultat eine vom Mufter abweicheride Kunft, die 
Volkskunft, oder auf mufikalifchem Gebiete ein Volksmui'ikftil en!fteht. In dem Letztgefagten ift 
die in der obigen Definition erwahnte Bedingung der zeitlichen und ortlichen Ausdehnung enthalten. 
Denn die Affimilierung fremder Elemente kann nur dadurch eniftehen, daB diefe Elemente von 
einer Menge, und nicht von einzelnen Perfonen von Gefchlecht zu Gefchlecht ttbertragen werden; 
wahrend diefer fpontanen Ubertragung erfahren die Elemente gewiffe Veranderungen, verfchmelzen 
ineinander. 

Die Frage des Urfprunges der Volksmufik ift bei der Definition — als irrelevant— nicht in 
Betracht genommen. 

384 



^^^ 



*»■ 



Es ift anzunehmen, da8 jede heutzutage bekannte europaifche Volksmufik durch den EinfluB 
irgendeiner Kunftmufik, better gefagt, volkstilmlicher Kunftmufik entftanden ift. Bei den neu 
entftandenen (oder in unferen Tagen entftehenden) Stilarten ift dies fo ziemlich beweisbar; in 
den alteren ift es vorderhand nur in einzelnen Fallen moglich. Eine der wichtigften Aufgaben 
der vergleichenden Mufikfolklore ift eben der Verfuch den Urfprung der einzelnen Volksmufik- 
ftilarten der Volker zu beftimmen, was auf diefem Gebiete mangels an verlaBlichem Material eine 
ungleich fchwierigere Aufgabe ift, als z. B. eine ahnliche Forfchungsarbeit auf dem Gebiete der 
vergleichenden Sprachforfchung. 

Aus dem bisher Gefagtem geht hervor, daB fogar die engere Begrenzung des Wortes 
„Volksmufik" noch immer ziemlich viele Abftufungen von der weniger volkstumlichen, unreinerert 
zur reineren Volksmufik enthalt; in erfterer treten die aus der Kunftmufik ftammenden Elemente 
noch ziemlich erkennbar hervor, in der letzteren find fie derart affimiliert, daB ein durchaus neuer 
Stil entfteht. In die Befchreibung weiterer auBerlicher EigentUmlichkeiten diefer letzteren Art von 
Volksmufik wollen wir uns hier nicht einlaffen. Die innerlichen mufi-kalifchen Eigenheiten der- 
felben, jene wefentlichen ftiliftifchen Merkmale, durch die fie fich von der volkstiimlichen Kunft- 
mufik unterfcheidet ausfUhrlich zu befchreiben, ware ebenfalls eine einftweilen viel zu fchwierige 
Aufgabe. Es fei nur die fowohl formelle als auch inhaltliche abfolute Vollendetheit, die man in 
jeder einzelnen Melodie diefer Klaffe antrifft, erwahnt; die Produkte irgend einer volkstumlichen 
Kunftmufik entbchren in den meiften Fallen diefer Abgeklartheit. 

Der allgemeinen Meinung nach hat die Volksmufik erft im XIX. Jahrhundert namentlich auf 
die Kunft Chopin's, Lifzt's, [pater auf die der flawifchen Komponiften einen bedeutenderen EinfluB 
auszutiben begonnen. Dies ift infofern nicht ganz richtig, als diefer EinfluB nicht fo fehr der 
Volksmufik fondern vielmehr der volkstumlichen Kunftmufik zuzufchreiben ift. Die Autoren der 
volkstumlichen Kunftmufik find eigentlich heute von einer gewiffen Erudition, die in ihren Werken 
(meiftens einzelne Melodien ohne Begleitung) gewiffe Eigenheiten aus dem Volksmulikftil ihrer 
Heimat mit Schablonen der hoheren Kunftmufik verfchmelzen. Die Anlehnung an die Volksmuf.k 
verleiht ihren Werken eine gew.ffe Frifche und Exotik (ich fpreche in erfter Linie von den 
derartigen Produkten Ofteuropas), die Anwendung der Kunftmufik-Schab onen aber auch v,e 
Banales: der Kunftwert derartiger Melodien ift mit dem der re.nften Volksrne od, n _ mcbt zu 
vergleichen. Sie entbehren meiftenleils der fUr die reine Volksmuf.k fo fehr charakter.ft.fch ab- 

f ° 1Ute Demtnf1u^ zuzufchreiben daB die hohere 

Kunftmufik des XIX. Jahrhundrtes eine ^ Ml ^^\^ m a ^^ a ^nd^ an einen 

Die reine Volksmufik fangt erft Ende des XIX. und Anfang des XX. Jahrhunderts an einen 

■u , ?• n F n i„R a „f unfere hohere Kunftmufik auszutiben. Als erfte Be.fp.ele haben w.r 

uberwaltigenden EinfluB auf un ere nonere dje Vo lksmufik Ofteuropa's und 

™i^ EinfluB ausubt ,T % h ?f r 

Oltaf.en 8 ihren Weibenfle^ g de§ Strawinsky und des Ungarn Kodaly: 

ausfchlaggebend .It diefer Vorgang . den w Volk8inunk ih rer Heimat heraus, daB es 

das CEuvre beider Muhker wach t d ra a re n awjns Sacre du Printemps) 

beinahe als eine Apotheofe derfelben g «" en f nn oB e Anwendung von Volksmelodien oder urn die 
Bemerkt fei: es handelt f.ch h.er nicht um ,d« bloBe ^wend«ng tje{jnnere 

Umpflanzung einzelner Wendungen der lelb- n es off ^ h J h 'J den Volksmu[ik . Dem . 

Erfaffung des mit Worten Ichwer zu ch.ldemd en <M tes de^ ^ ^ ^ 

zufolge befchrankt ^\^^J^^Z^^^ ^urchtrankt. 
Schaffens der betreffenden Konipomften m d von Volksmufik mit der atonalen 

Wie vertragt fich nun diefer E nfluB ™ ™™ ^ma* Mfl*\: di* P^M ™ 
Richtung? Es genUge der Hinweis auf e.n M onde-* mktotf _ ^P ^^ ^ 

Strawinsky. Die Sing tee derf elben befte * » u ^° Nac ^ ld||Ilgen von ru mfchen Volksmufik- 

zz ^ h ^:£^^^^ -* Mot ive , die «.*. ^ ***** 

385 



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durchaus tonal find, ermoglicht eine Art inftrumentaler Begleitung, die aus einer Reihe unterleglen ? 
fiir die Stimmung der Motive hochft charakteriftifchen, mehr oder minder atonalen Tonflecken 
befteht. Die Gefamtwirkung fteht jedenfalls dem Atonalen viel naher als dem Tonalen. (Siehe 
das Beifpiel am SchluB des Artikels.) 

Eben diefes, den Volksmotiven entnommene hartnackige Fefthalten an einem Ton, oder an 
einer Tongruppe fcheint eine befonders wertvolle Stiitze zu [ein: fie bietet fur die entftehenden 
Werke diefer Obergangsperiode ein feftes Gerippe und bewahrt vor einem planlofen Herumirren. 

Zwei Parallellen waren noch zu erwahnen: die reine Volksmufik kann zur Beeinfluffung der 
hoheren Kunftmufik ebenfo als Naturerfcheinung in Betracht koinmen, wie die mit dem Auge 
wahrnehmbaren Eigenfchaften der Korper fiir die bildende Kunft, oder wie die Lebenserfcheinungen 
fiir den Dichter. Diefer EinfluB geftaltet fich fiir den Mufiker am wirkfamften, wenn er die Volks- 
mufik nichl aus toten Sammlungen kennen lernt, welche fo wie fo ihre feineren Nuancen und 
das pulfierende Leben derfelben infolge das Fehlen genUgender diatonifcher Zeichen nicht wieder- 
zugeben vermQgen, fondern wenn er fie rein in derGeftalt kennen lernt, wie fie in ungezilgelter 
Kraft beim niederen Volke lebt. Wenn er fich dem Eindrucke diefer lebenden Volksmufik und 
air deren Umftande, welche die Vorbedingungen diefes Lebens bedeuten, hingibt, und die Wirkung 
diefer Eindriicke in feinen Werken wiederfpiegeln laBt, dann kann man von ihm fagen, er hat 
ein StUck Leben darin feftgehalten. 



Beispiele: ^^^^^M^%^ 




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si^iifiii 



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Parfifuren 

Von Dr. Herm. Sfephani. 

Daj5 eine Parfifurenrejorm vonnofen iff, wird kaum ernfflich mehr beffriffen. In 
ein akufes Stadium iff diefe Frage befonders gefrefen, feifdem Manner wie Max Schillings 
und Felix Weingarfner, Marz 1907, erklarf haben, ktinffig famfliche Inffrumenfe dem 
Klage nadi in der C-Sfimmung nofieren und alle C-Sdiujfel mif Ausnahme des Braffchen- 
Sdiluffels aus ihren Parfifuren verbannen zu wollen. Sprudireif geworden war fie 
bereifs feif dem Momenfe ihrer prakfifdien Lofung. Im Dezember 1903 veroffenflidife 
idi die erffe, fur jeden audi 'nur Violinfduuffel -Kundigen lesbare Parfifur in 
einheiflicher Aufzeidmung — Sdiumanns Manfred-Ouverfiire im Verlag Dreililien --■: 
ein fur allemal wurden hier, gleidimaj3ig fur alle Sfimmen, die 5 Linien des Nofenfyffems, 
von unfen nadi oben als e-, g-, h-, d-, f-Linie feffgelegf. Unfere bisherigen Parfifuren 
enffpredien dem Begriffe einer gleichffimmig, einheiflich geordnefen Aufzeidmung, wir 
ihn dodi mif dem Worfe zu verbinden beredifigf find, nur rhyfhmifdi. Melodifth gar 
fehr mangelhaff. Harmonifm iiberhaupf nichf. Da iff ein E nofierf. Aufider A-Klarineffe " 
erklingf es als Cis, auf dem Englifchhorn als A, auf dem Es-Horn als G ufw. Ein Bild 
maj31ofer, unglaublidner Komplizierung! 

Gewi|3 man wollfe es dem Spieler eines fransponierenden Inffrumenfes redif be- 
quem madi'en und deffen Nafurfone ausnufjen. Heufe - haben wir Venfilinffrumenfe 
und jeder befferer Blajer verffehf zu fransponieren. Mag es immerhin bleiben, wie 
es war - in den Sfimmheffen. Allein, was wurden wir wohl zu einem Texfbuch fagen, 
in dem zur befferen Unferfdieidung" die Rolle des A deuffch, des B griedufdi, des 
C ruffifch, des D hebraifch, des E diinefifch gedruckf ware? 

In der Taf haffe dasbisherige Parfifurenffudium erne Ubung im Neueinffellen des 
geiffigen Auges von Zeile zu Zeile, einen Sporf des Vorffellungsvermogens zur Vor- 
ausetung, der fadiiich, rein mufikalifch durdi nidus geredifferfigf ^^ingeffandener. 
Sen felbff unfern erffen Dirigenfen das Lefen off zu einem bloften ...f^ratfeln 
WeinaarhTer) madif und wahrlich wenig dazu angefan fein konnfe, den feif 100 Jahren 
fefii ^flSe^igenen Eifer gebildefer Mufikfreunde neu zu beleben zu den Quellen 
ftefig zurucKgegange I befeffigen. zu verfiefen. Und dies 

■r^Znef^ZZen Komplizierung der mufikalifchen Ausdrucksmiffel, 

Dileffanfen haben uns Kiinfflern fchon allzuviel Boden weggenommen", erganzfe fern 

^J^J^^tL^ mfiffen, warum follen's unfere Nachfahren heifer 
haben r.' Nun in den Niederungen des Mufikanfenfums wuchert nodn manches 

Kraut < tos' dc r Si ^ e ^ ^ ^ dem ReformWege ge hen? Wir 

Aber es fragf |iA wohl . . w e ^ Forff(hritt iJf ge leiffef mif der nun audi 

haben gefdiurf, em i *o&e* fehr JW« m w ' eiteren Zuge ffandniffen fich drangen 

von Weingarfner (der ^ U «**J } A * g * he i0enen Abfchaffung aller Transpofifionen 

u^™ 1909 audl den Bramen ' 

ScMiiffel. w„«Au7Pifer' JeneAusgabe der Manfred-Ouverfiire ( 1905) 

DieEinheifsp^ 
fdireifef vor bis an das lefefe Ziel ^ einer von 8 Zufammenfa^barkeif aller 

2Sa^"3Br^.3?%»S£ »i— « ~<~— an aie 

.387 



IM 1 i 



Bedurfniffe der Einzelffimmen. Qenau ebenfo wie es der Dezimalredinung mif dem 
einheiflidien Nenner 10 gegeniiber der fo umffandliciien Bruchredinung gelingf, genau 
ebenfo erzielf die Einheifsparfifur durdi die Okfavzeidien (1><) 8, gegebenenfalls 0, 
I (><8), 2 (x8), 3 (x) eine logifdie Gefdiloffenheif, tlberfidiflidikeif, Anfdiaulidikeif, wie fie 
nodi kein Parfifurbild geleiffef hat. Der Leidifigkeifsrekord des 'Lefens — hier iff er 
erreidif, Ein pj'ydiologifdies Grundprinzip friff in Kraff, mif dem es keine nodi fo Jinn- 
reidie Vereinfachung aufzunehmen vermag: das Gefe£ der vollkommenen Einheifs- 
apperzepfion. 

Priifen wir ein Ordieffer-Unifono efwa auf Fl 



BU^erlg* pottHur 



Sort. Shilling* 
}eiitgartn<r<f«< 

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portttu* ftforbatto 



(Etntjeittpartitur 

SUpqoni 



KIttne $tfltc 

flltobo* 

Klattnette In A 

Soflott 

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ttrompftf in 8 

Pojaunc 

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Rotierung: 



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TlottnfteOungSi 
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6 fad} 



5 fad) 



Was lehrf unfere Tafel? Die Sdiwierigkeifen des Lefens der 4 Unifoni erhalfen 
fich, von der Sdiwierigkeif verfikalen Zufammenfaffens abgefehen, dem um erffe Parfi- 
furenerkennfnis fidi miihenden Laien wie 

(7+9) : (3+6): (2+5) : \ = j6 \ 9 : 7 \ \ 
Iff die Zeif nodi fern, wo der gefunde Menfchenverffand der Allgemeinheif die 
Forderung erheben wird: 

Unifono fiir|s Ohr — unifono furs Auge? 
Was bedeufen aber 8, 0, i, % 3? Neue Sdiliiffel? Alles andere denn das! Jedem 
Okfavgebief bleibf fein eigenes Schlop. Nur bedarf es keines riefenhaffen Sdiliiffel- 
bundes mehr, nodi kraujer Barfe, die Riegel zu heben, die Pforfen aufzufun. Ein 

Sdiliiffel erfdilie£f die Sdiloffer alia Es iff der |fc. So darf er ffillfdiweigend voraus- 

gefe^f Werden und die bisherige Mahnung am Anfang jeder Zeile, ihn dodi ja nidif 
zu vergeffen, kiinffig — forfbleiben. 

Mag in den Sfimmheffen audi furderhin die bisher ublidie Aufzeidinung beibe- 
halfen werden, werden Mufiker ihren Sdiwierigkeifen audi nadi wie vor gewachfen 
bleiben muffen - das Prinzip des kleinffen Kraffma£es wird hier wie uberall feinen Werf 

388 






ft-s --^BsisSato^^V ■*■< 



^■n 



behaupfen und fiegea Ernff nadi Verfiefnng ihrer mufikalifdien Einfichf ffrebenden 
Laien gilt es, mehr denn je, kiirzeffeWege zu bahnen zu den Meifferwerken unferer 
Tonkunff. Ihnen vor allem diene die Parfifurenreforml 

„Die Sadie iff Jo guf und einfach", rief Willy Paffor einff in der „Zukunff" aus, 
„daj3 fie unmoglidi Erfolg haben kannl" Gehen die Komponiffen voraus die Ver- 
leger, von denen keiner aufJer Dreililien vor 15 Jahren fur die Herausgabe eines 
unferer Meifferwerke felbff bei volliger Enflaffung von alien Unkoffen zu haben war, 
werden bald im wohlverffandenen eignen Infereffe nadifolgen. Es wird die Zeif 
kommen, wo audi die Blafer fransponierender Inffrumenfe danadi verlangen werden, 
durch Vorzeichnung des wirklichen Klanges im Sfimmheff fidi der fonalen Funktion 
und harmonifchen Bedeufung ihres jeweiligen Tones in jedem Augenblicke bewujSf zu 
werden. Das Gufe fiegel Die Erkennfnis iff nichf aufzuhalfen, da)5 es der Wiirde der 
Tonkunff enffpridif, Logik, Anfchaulichkeif, Einheiflichkeif, wie vom Kunffwerk 
felbff, fo audi von feiner auj5eren Auspragung im Nofenbilde als nofwendig zu er- 
adifen und zu fordern. Das Problem iff geloff, fheorefifch und prakfifdi, in der 
Einheifsparfifur. 



#> 



Deuffdie Sdiule im Geigenfpiel 

Von Auguff Leopold Sap\ 

Befifjen wir iiberhaupf nodi eine deuffdie Sdiule im Geigenfpiel? Warum werden 
die Verfrefer anderer nafionaler Sdiulen bei der Bewerbung urn Hodifdiullehrerffellen 
bevorzugf? Warum kommen unfere Geigenffudenfen mif unenfwicklungsfahiger Grund- 
lage auf die Hodifdiulen? Weil keine beffimmfe, einheiflidie Sdiule vorhanden iffl 
Uns fehlen hervorragende Padagogen fur den Anfangsunterrkhf, die fidi nur nadi und 
nadi bei einem beffimmfen Syffem enfwickeln. Bei prufender Durdifidif unferer zahl- 
lofen deuffdien Violinfdiulen beziiglidi der fo widifigen Hand- und Fmgerffellung, ins- 
befondere der Bogenhalfung, ergibf fidi enfweder nidifs beffimmfes oder es herrfchf 
darin eine groj3e Uneinigkeif und Unklarheif, die nodi verffarkf wird durdi Beigabe 
erbarmlidiffer Abbildungen. Man gewinnf off den EindruA, als behandele der Verfaffer 
abfichflidi diefes Thema mehrdeufiy, urn fidi keine Blope zu geben 

Unfere a fe Arf, den Geigenunferridif mif der G-dur-Tonar uber alle vier Saifen 
zu beginnen, iff durdi das prakfifdiere Halbfonfyffem uberhoh. Die .Sevcik-Sdiuler 
liefern hierfiir aglidi den Beweis. Ein Begriindungsverfudi, daJ3 das keineswegs mehr 
neue H Snfyffem nodi ausbaufahig iff, wird in diefer Abhandlung weiferhin erfolgen. 
Ob "aber cue - feilweife iiblidie - refflofe IDbernahme der Sevck'fdien Mefhode unferem 
Deufldifam voU und ganz enffpridif, wage idi felbff als Verehrer diefes bedeufenden 
^euijcnium yyu m « « .. d erfehnfen Lehrer angenommen zu 

^T^^zZ^^l^ ReifeprUfuna ab.ege. An einer Merries- 
Krone jpieien u«u jw*uj a critter feil wohl zum Leidwefen des befreffenden 

^Lt^*Z^r^^s Einsehen au f die individueUen Whr 

389 



des Einzelnen ausfchlofr Wer in der Grundlage verpfuj'chf war, blieb meiffenfeils ver- 
pfufchf. Zu griindlichem Anfangsffudium mif den vielen UngliicMichen, die beim Probe- 
fpiel nur forcierfe Leiffungen gebofen haffen, fehlfe Zeif, Luff und Ausdauer meiff auf 
beiden Seifen, Ein ganz anderes Bild bekommf diefe groj3ziigige Unferrichfsarf durdi 
eine vorherige einwandsfreie Vorbereifung. 

Zur Schaffung einer gefunden, enfwicklungsfahigen Grundfchule gehorf vor alien 
Dingen >ein einheifliches, zeifgemaj3es Syffem mif klaren, verffandlichen, den zukiinffigen 
modernen Anforderungen enffprechenden Vorbereifungswerken. Wollen wir einer 
neuen deuffchen Schule zu Worfe verhelfen, fo miiffen famfliche deuffch empfindende 
Kiinffler und Padagogen ohne Vorurfeil und Neid, jeder auf feine Arf, hieran mifarbeifen. 
Fiirchfen wir uns nichf vor laufer Piefaf am Alfhergebradifen zu riiffeln, und vor laufer 
Idealismus den nofigen Drill heranzuziehen. Ebenfo falfch ware es nafiirlich, anerkannfe 
alfere Sfudienwerke anderer nafionaler Schulen, die zum eifernen Beffand deo Geigers 
gehoren einfach ad akfa zu legen, falls nidifs wirklich ebenbiirfiges vorhanden iff. 
Schliej31ich iff ja der Sfammbaum aller Geiger bis auf Corelli zuriickzufiihren. Man 
fagf von ihm, er fei der erffe gewefen, der die richfige Sfellung der Hand und die Arf 
gelehrf haf, fidi des Bogens mif Gefchicklichkeif und Grazie zu bedienen. Ebenfo wird 
das Grundprinzip aller fechnifchen Ausfiihrungen der menfchlichen Hand infolge ihrer 
anafomifdien Gleichheif audi bei alien Nafionen das gleiche fein. 

Es iff nidif fchwer, in unferer alfen Spohrfchen Sdiule (Spohr war bekannflich 
Sdiiiler von E(k und Lehrer von David) Ziige echfen deuffchen Wefens zu erkennen. 
Idi erinnere nur an die gediegene, mannliche Ausfiihrungsarf feines beriihmfen, feffen 
Sfakkafo fowie an die feelenvolle Umfdireibung feines, jeden Tongeiger reizenden, 
edife nafionale Charakferziige aufweifenden Adagios. Die fechnifche Ausfiihrungsarf 
Jeiner Kompofifionen fe£f allerdings auJSerff griindlidie Vorbereifungen voraus. Seine 
fich off haufenden Spannungen und Doppelgriffe verlangen eine wohl pradeffinierfe 
Hand; aber eine gediegene fechnifche Grundlage mif giinffigem Auffafj des erffen 
Fingers und unabhangiger Daumenlage bzw. richfiger Handffellung wirken hier, durdi 
. verniinffige Gymnaffik unferffii^f, Wunder. 13berhaupf diefe ungiinffige, in der hoheren 
Geigenliferafur nichf zu umgehende Spannung der linken Hand la)5f fo manchen mufikalifdi 
hervorragend begabfen Geigenenfhufiaffen das leidenfdiafflich geliebfe Inffrumenf beifeife 
legen und manchen leichfferfigen Geiger mif nafiirlicher Spannhand virfuofe Triumphe 
feiern. Ein von mir fiir meine Sdiiiler konffruierfer Sfreckapparaf haf fich bei richfiger, 
regelmaj3iger Benufjung als au#erff wirkfam gezeigf. 

Eine gefunde nafionale Schule mug den Kern der Allgemeinheif in fich fragen und 
darf nichf nur einigen im giinffigen Sinn abnorm Veranlagfen die Moglichkeif der 
hochffen Kiinfflerfchaff gewahrleiffen. Ebenfowenig wie es eine allgemeine paganinifche 
Lehrweife je gab (Paganini haffe einen bekannfen, Sdiiiler namens Sivori), frofj des 
vielverfprechenden Geheimniffes, deffen Hinferlaffung der groge Genuefer der Nachwelf 
verfprach, ebenfowenig wird audi heufe noch ein vereinzelf daffehender Hexenmeiffer 
die Grundztige einer mefhodifchen Lehrweife verkorpern/ Die refflofe Wiedergabe der 
im deuffchen Volkscharakfer liegenden Kraff, Schlidifheif und Gemiifsfiefe wiirde vor 
alien Dingen eine befondere Grundlage fiir die Bogenfechnik erfordern, ebenfo die 
Anmuf und Ruhe im Vorfrag. Es liegf im allgemeinen viel Maffivifaf und wenig Ge- 
fchmeidigkeif in der deuffchen Hand — die Auffaffung iff nichf immer die fchnellffe und 
die Nachahmung nichf affenarfig, Zum Ausgleich dafiir iff aber Ernff, Griindlidikeif und 
viel Ausdauer vorhanden, die her vorffechendf fen Ziige jedes echfen Kiinfflers. 

DerUnferrichf infernafionaler Sdiiiler biefef willkommeneGelegenheif zur Beobachfung 
der bei den einzelnen Nafionen faffachlich vorhandenen fypifchen geigerifchen Vorziige 
i^ deuffche Geigenfheorefiker mug hierfiir Verffandnis und fcharfen 





Blick haben und danach fein Lehrmaferial fdiaffen und zufammenffellen. So felbffver- 
ffandlich dies alles fdieinf, fo finden wir in unferen deuffchen Elemenfar-Geigenwerken 
dodi felfen geeignefes Material in diefem Sinne. Ich befone nochmals, der Schwerpunkf 
der fpaferen Enfwicklungsfahigkeif bzw. der normalen, glaffen Ausbildung i{f in der 
Grundfdiulung des Sdiiilers zu erblicken. Der Einwand: ein Genie wird fdilie£lich doch 
durdidringen, la)3f {idi durdi die Gegenfrage enfkraffen: wann, oder in welchem Zeif- 
abfdiniff. Unfern deuffchen Geigen-Genies wird es wahrlich fdiwer genug gemachf, fo 
daj3 fie Jchliej31ich ihren Hohepunkf in einer Zeif erreichen, in der die Spannkraff er- 
lahmf iff oder das vorgefchriffene Alfer die Nufjniepung nidif mehr in vollera Maj5e 
geffaffef. Selbffverffandlidi wird das Hodiffziel nur den Genies erreidibar fein, aber 
die hieraus fidi ergebende geringe Konkurrenz der groflen Geigenkunffler darf nidif 
auf Koffen unferer deuffchen Geigerkunff gefdiehen. 

Der au]3ere Unferfchied der einzelnen nafionalen Sdiulungen liegf haupffachlidi in 
der Bogenhalfung und Bogenfiihrung, ferner, obwohl weniger fidifbar, in der Halfung 
der linken Hand bzw. des Fingerauflafces. Eine Schule, die ihr Haupfaugenmerk auf 
Eleganz fechnifdie Kunffferfigkeif und Virfuojenblendungen ridifef, ffellf nafurgemap - lhre 
Tedinik anders ein wie eine Schulung, die auf voller Tongebung, fchlidifem Vorfrag, 
Ruhe und mufikalifcher Gediegenheif bafierf. Ganz rein wird jedodi eine Joldie bei 
dem vollig enfwickelfen Kunffler wohl felfener zum Ausdruck kommen, denn das fedi- 
nifdie Anfangs- und Endziel jeder Sdiulung iff das gleidie und der anafomifdie Bau 
der Hand, wie fchon erwahnf, audi faff gleidi. Vergegenwarfige idi nur nun heufe the 
verfdiiedenarfigen Formen des finnlofen Lehrverfahrens, mif denen man beim erf en 
Un errfchf meinen nafurlidien Inffinkf fur Bogenhalfung und Fingerffellung auszuroffen 
wu6fe aTs Budi unfer dem Arm, Druck der redifen Hand bis zum Krampf nach 
Lk ffeife Papphiilfe auf dem linken kleinen Finger ufw "f £^* ^£J 
den Anfangsunferridif durch einen Geigenlehrer erhalfen zu taben. Unje *e deufjhe 
SrhnlP ff ?o ffark beeinfluj3f von den iiberragenden anderen Sdiulen und fo jenr yon 

s x«=Fr"SSr- as 

aus pekuniaren Grunden ins Auslan f.J r ° a *; m ^ ffdnon verfforbenen Sdiuler zu 
vermochfe « i all erdings , uns emig ^^j^^ ^meffJr wie Meyers, 
halfen, wie Petri, Hollander, Halir, W" p, theoretifdie 

Von diefen find aber nur wenige padagogifch he ™ r *™* e ^ tuo]en ihre Swd ienarf 
Violinliferafur beweiff. Erwagen war nun no*, w e v>de J«^ 
moglichff geheim halfen und da e . auA ^beun b ^ n J ten Ziels in padagogifcher 
eine iiberfiditliche Formel zur E J rei ^ n 9 f^™r fe7n wenn hier ein ideales Weff- 
Weife zu finden, fo durffe es keineswegs ^^^ eTnfefcfe. Weldier Wirrwarr 
arbeifen der deuffchen Padagogen und ^^Starien Was foil ein Punkf oder 
herrfchf zum Beifpiel in der ^^JZ^^ S%U U* ^ heifen zu 
Sfrich nichf alles darffellen Madif wirkluh jema "^inen , ^ ^ 

fdiaffen oder mif gufem Beifpiel voran ™f£\f d ™Ztte Ordieffergeiger kennt 
deuffchen Kollegen vollig 1 9 nonert J h U re ^ e n s S pSf ausfuhri Hier iff ein ganzes 
nidif einmal die Sfrichart die er ^ahrend des ^ ^ die Terminol0 gi e fur 
Feldfiir den deuffchen Geiger. Leider war en ™r a fibernehmen. Wir 

unfere Bogenfechnik faff "^^^^JS^^Mdl^ Bach, Beethoven 
geUndadurAfehr off in Widerfpru* ^ mif dem rein deu t,chen 

■&^^ un!erer Mei,terwerke 



391 



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vftf&L 



ffaunen wir iiber die Sfilwidrigkeifen, die durch die verfdiiedene Auffaffung von Punkf 
und Sfridi enfffehen. Vor mir liegf zufallig die Davidfdie Ausgabe des bekannfen 
Violinkonzerfs in a-moll von Bach. Das Konzerf beginnf im - 4-Takf mif einem kurzen 
Auffakf in der Guinfe und darauf folgender vollen Vierfelnofe auf dem gufen Takffeil. 
Jeder Badifpieler wird hier den Auffakf kurz abheben und das darauf folgende Vierfel 
mif ganzem, feffem Bogenffrich bringen — ohne das Vierfel aber in die nachffe Achfel- 
paufe hineinzuziehen. Grand-marfele wiirde efwas zu kurz werden, defache aber 
leidif zu lang. Joadiim haf die Bezeichnung audi demenffprediend gewahlf, indem er 
wohl liber die Auffakfnofe einen Punkf, aber keinen Sfrich iiber das breife Vierfel 
fe&fe. Wahlen wir nun fur die Adifelnofe den kurzen Lauf faf und fiir die Vierfelnofe 
den langeren Lauf fa, fo wiirde die Spielweife klingen: faf | fa , faf | fa ufw. David, ein 
Sdiiiler, aber kein erklarfer Anhanger Spohrs, fondern Verehrer der franzofifdien 
Schule, bezeidinef nun eigenfiimlicherweife bei der Sfelle den Auffakf mif einem Sfridi 
und das Vierfel mif einem Punkf Jeder Nichfeingeweihfe wurde nun das Achfel im 
Sinne unferer iiblichen Sfridibezeichnung im defache ohne abheben, und das Vierfel im 
marfele abgeriffen bringen. Hierdurdi erhielfe die Sfelle aber einen enfgegengefefjfen 
Charakfer wie bei Joadiim, alfo fa |faf, fa| faf, der audi dem Bachfchen Sfil nidif enffpridif. 

Einen rohen Begriff fiir die bogenfechnifche Ausfiihrung der Badifdien Allegros 
erhalf der Sdiiiler audi zunadiff durdi die Anweifung, alle punkfierfen Adifelfolgen 
mif langerem grand-marfele und alle Sedizehnfelfolgen mif kurzem defadie auszufiihren. 
Wie fdion bemerkf, decken fidi die Ausfiihrungsarfen des franzofifdien marfele und 
defadie nichf ganz mif unferm reinen, urdeuffdien Sfil. Nehmen wir z. B. die breife 
Achfelffelle der beiden Soloviolinen im lefjfen Sa^ des Badifdien d-moll- Violinkonzerfs 
(in der Joachim-Mofer-Ausgabe der fiinffe Takf nach Budiffabe D) und laffen die Sfelle 
im defadie fpielen, fo wirkf fie enffdiieden zu fdileppend und fchwerfallig, wahrend der 
marfele-Sfridi wieder zu kurz und eckig klingen Wiirde. Ridifig wird diefe Sfelle mif 
leidif abgefe^fem, vollem Sfridi wiedergegeben — alfo kein eigenflicher defadie- oder 
marfele-Sfridi, wie off bezeidinef. Die verfdiiedene Auffaffung diefes Sfridies erzeugf 
nun off die enfgegengefe^fen Bezeichnungen bei den Bearbeifern, und iff es off fchwer 
fiir den jungen Geiger, fidi hier zuredif zu finden. Karl Flefdi bezeidinef die C-dur- 
Sedizehnfel-Sfelle in der F-dur-Romanze von Beefhoven fehr gliicfelidi mif einem 
defache-Sfrich und darunferffehendem marfele-Punkf, um der ridifigen Ausfiihrung 
moglidiff nahe zu kommen. Audi im D-dur-Konzerf Nr. 2 von Mozarf fragen die 
beiden Achfel (driffe und vierfe Nofe des Einfa^es fiir Solovioline) den gleidien 
Charakfer. 

Nun nodi einige Worfe iiber das bereifs erwahnfe Halbfonfyffem beim Anfangs- 
unferridif. Diefes beruhf bekannflidi auf der gleichmaj3igen Anwendung des ffefs 
zwifchen den gleidien Fingern liegenden Halbfonfchriffes auf alien vier Saifen. Der 
Vorfeil fiir den Anfanger, der ganz auf das Taffgefiihl feiner Finger angewiefen iff, 
iff ein bedeufender; daher find wohl bei den meiffen prakfifdien Padagogen alle 
Bedenken gegen das Medianifdie diefer Mefhode gefdiwunden. Idi gehe nun in meiner 
demnadiff erfdieinenden Anfangerfdiule nodi einen Sdiriff weifer. Handelf es fidi 
darum, das Taffgefiihl der Finger zu unferffii^en, warum dann nidif gleidi fo weif wie 
moglidi? Sehen wir uns die Saffellage hierauf hin an. Sie gehorf folgeridifig im 
Sinne der fymmefrifdien Lagenfolge vor die eigenflidie erffe Lage bezw. zu derfelben. 
Die beiden groj3en Vorfeile fiir den Anfanger liegen klar auf der Hand, erffens die 
leidif e Auffindung der Sfellung des erf fen Fingers am Saffel, und z weif ens die fidi 
nadi dem diafonifdien Tefradiord ergebende Halbfonforffdireifung vom driffen zum 
vierfen Finger. Le^fere ermoglidif die grogfe Sicherheif und den korrekfeffen Auffa^. 
Iff der Sdiiiler erff in diefer Greifarf auf alien Saifen fidier, fo madien — wie fchon 

392 



t4^b^i''K^fi:^^MUA4 



^aaaa 



das Halbfonfyffem lehrfe — audi die andern Arfen, jowie die Verbindungen derfelben 
viel weniger Sdiwierigkeifen. AujSer den Vorfeil, den der Beginn mif der Satfellage 
dem Sdiiiler und Lehrer biefef, ware nodi ein Fakfor zu erwahnen, der mandie miih- 
fame Arbeit in der Sfunde erfparf — die gymnajtifdie Vorbereifung der Finger!* 

Idi priife jeden Sdiiiler zunadiff auf feine geigenfedinifdien Anlagen, auf gufes 
Gehor und foweif auj3erlidi fidifbar — evtl. mif Hilfe des Arztes auf gefunde Bruff- 
organe, die fur die Ausdauer des Berufsgeigers wenigffens, unerlafllidi find. 3e 

nadi der Lage des bis zum Handanfafje gemeffenen Arms, wird die Groj3e des Inffru- 
menfes beffimmf. Hiervon gehe idi unfer keinen Umffanden ab, felbff wenn die 
fdionffen, aber fiir die Armlange nidif geeignefen Inffrumenfe vorhanden find. Die 
gefamfe Grundlage fur die Tedinik der linken Hand kann bei einem zu grofSen 
Inffrumenf in Frage geffellf werden, ganz abgefehen von den dadurdi bedingten 
gejundheiflidien Nadifeilen. Der Bogen darf nidif zu lang und je nadi Veranlagung 
der redifen Hand nidif zu fdiwer fein. Hier iff vorlaufig nidif die Qualifaf, Jondern 
die Quanfifaf die Haupffadie. Meine Bogenhalfung haf nadi jahrelangen Sfudien aller 
moglidien Arfen - bei dem Ziel der moglidiff vollen Tongebung, des leidifeffen 
Saifen- und Sfridiwedifels und der moglidijfen Erfdiopfung aller Klangeffekfe - eine 
kleine Abweichung von den bekannfeffen Sdiulen erfahren. Idi modife daruber nur 
kurz bemerken, daj3 idi die beiden fiefs leidif gerundefen Miffelfinger ziemlidi weif 
fiber die Sfange greifen laffe und den Daumen - zu diefen beiden als Anfipoden , 
fo wenig wie moglidi durdi die Frofdigrube geffedif, nur locker mif der Spifce anjejen 
laffe. Der Zeigefinger liegf meiff paffiv - nur in befonderen Fallen als Hemm)diuh 
- auf der Sfange, wahrend der kleine Finger zum Balancieren des GegengewicWs 
mif der Spi&e - aber beim Spiel von der Miffe bis zum Frofdi immer -gerund* nidi 
geffrecbf - aufliegf. Jedes Driicken der Hand oder des Zeigefingers nadi links i)f 
£g verponf wegen der hierdurdi enfffehenden Spannung im Gelenk und Ausfdialfung 

lies kSn Finge's als Balanzierfinge, Die bei ^.^SJi^ 6 ^,^^^ 
Abfoannung der Handmuskulafur wahrend des gewohnlidien, leidifen Sfreidiens, untei 
Ab)pannung aer nana d m weif abergreifenden Zeigefingers, 

^■^^M^^^td^TQ^^^ 9 la « en Sfridiwedifel am Frofdi und 
ermoghdi ^^\f^ £e Ausnufeung des Arm- und Sdiulfergewidifs zur 
m^^SnSSSUr^ta ^lenk ffefs nadigiebige Daumen geffaffef infolge 

'^^^^JT^^l^^ A-ildung audi der fdiw.dieren 

, . „„= Hnm Vorwort meiner Jronimchibungen der Finger" glnube idi am bcstcn 

* Durch nachstehcnden Auszug aus dtm Voruo ™£ ; , c dcr % uch Anfanger unterrichtct. wird wol.l 

.cine Ansicht begrhnden zu kann,, Je er V ohn- ul KUv 1c. ^ ^ ^ ^ ^^ 

schon die Erfahmng gemacht haben dafi es oft v.e r uhe ^ fibcrfiassig , solche Obungen in n.ethodisehcr 

die nfltlge Gewalt uber seine ^r bekomm t s*h ^ ^ Unabhangigkeit crzoge „ and gekraftigt werden. 

Ordnung zusammenzustellen, nach dencn die ring, > einerW agerechtcn, sondcrn aufeincr senkrcchten Mache, 

Fiir Fortgesduittene empfiehlt es „ch. d.e Ubunge chj an e * ,„ zur Mltaibc lt hcrangezogen, was 

etwa an einer Tur oder Wand, zu machen Hie durch ™w^ ^ ^ ^ ^^ ^ ^ ^ immmdU stch() 
fiir Pianisten und Geiger von W.cht.gkeit ist. jc Obungen, und man kann dieselbe in 

und je hoher man den Arm streckt, desto wen.g er ,nte s. .st d,c W ^ ^^ ^ ^ ^ ^^ aus ^ 
umgekehrter Weise nach und ™ch fteigern. jeae J Aufschlag zur Auspragung des rhythmischcn 

Hand her.ua, und jede akzentulerte Note bekommt einen esondere^ ^^ ^^ wcrdc „ damit sie die Wr 
Wlllens. Die Obungen massen audi von Ueigcrn j bekommen. Oberliaupt ist cin glcichmSBIges 

die Bogentechnlk nbtige Spannkraft und Energ e n der re besonde rcn Schulung bedurfen der Ring- 

Ausbilden links und rechts auch in hygi cmsch u Hins .ch t anz mufi nu)d und deutHch herausge . 

!^J!5?^Sl InSSC^V- — besondere Sehwierigkeiten bereifen, so 

393 



Finger und leidifeffe Ausnu^ung der nafiirlidien Spannfahigkeif. Jedes Herausdriicken 
des Handgelenks, wie man es in vielen Sdiulen abgebildef Jiehf, iff verbofen, da das- 
felbe den hakenformigen Auffa& des kleinen Fingers unmoglidi madif und dadurdi 
feine griindlidie gleidimagige Ausbildung verhinderf. Es werden alfo alle vier Finger — 
audi der kleine innerhalb einer Lage — hakenformig mif beiden Gelenkbeugungen 
aufgefe^f. Urn dies audi bei den kleinffen Handen zu ermoglidien und gleidizeifig die 
Grundbedingung fur die hodiffe Spannfahigkeif vom erffen zum vierfen Finger zu er- 
langen, laffe idi das in der Hand liegende Zeigefingergelenk leidif nadi innen einbiegen. 
Hierdurch bekommf das mifflere Gelenk desfelben eine fiefere Sfellung wie das des 
Nagelgliedes und Jidierf dem Finger die gr6j3fmoglidie Spannfahigkeif im Zuriicklangen> 
fo daJ3 die Spannung vom erffen zum vierfen Finger fich nadi zwei Seifen — alfo nach 
unfen und nadi oben — erffrecken kann, eine Bedingung beim fpaferen Dezimenfpiel* 
Dodi nodi andere Vorfeile find mif diefer Fingerffellung verbunden, audi wenn die 
Spannmoglichkeif ganz auj3er Befradif bleibf: Bei dem leidif en Einbiegen des in der 
Hand liegenden Zeigefingergelenks iff ein Hinabgleifen des Geigenhalfes zwifdien 
Daumen und Zeigefinger ausgefdiloffen. Die hierdurch und durch den gewolbfen 
Auffa^ des kleinen Fingers unferffu^fe, bedingfe Handffellung zeigf das Beffreben, mif 
der inneren Handfladie moglichff zum Geigenhalfe die Parallele zu half en. Sie geffaffef 
ein bequemes, didifes Zufammenfe^en der Finger bei Halbfonfdiriffen auf einer Saife* 
und bei iibermaj3igen Quarfen fiber zwei Saifen, und verbiirgf damif eine faubere 
Tedinik. — Eine kleine Bemerkung fiber meine FufJffellung beim Spiel fei nodi ein- 
gefchalfef. Nadi Aufnahme der Geige laffe ich den Schiiler beide Fiij3e gleichmaj3ig 
feifwarfs ffellen und einigemale die Ferfen heben. Dies Verfahren verhufef das Hinein- 
nehmen der linken Hiiffe, das unfer Umffanden grojSe gefundheiflidie Nadifeile haf 
und bei der alfen Sfellung unvermeidlich iff, Ebenfo liege fidx nodi verfchiedenes fiber 
falfche Kinnhalfung fagen, befonders wenn man fo viele vorzugliche Geiger mif ein- 
gedriickfer Bruff und rundem Rficken auf dem Konzerfpodium geigen fiehf und bedenkf 
dag ein hoherer, guf paffender Kinnhalfer, rechfzeifig benufjf, all diefe bofen Folgen 

vermieden haffe. Aber die Tradifion — „Paganini haf ja doch audi fo gefpielf. 

In der Hoffnung, eine kleine Anregung zur Schaffung eines einheiflichen, modernen 
Grundfyffems ffir unfere deuffdien Geigenfpieler gebofen zu haben, biife idi alle ernff- 
Jfrebenden Kollegen urn Prfifung meiner Vorfdilage und um infenfive, werkfafige 
Mifarbeif daran. 



empftehit es sich, langere Zeit mit dem riickstandigcn Finger folgende Manipulation m machen. Man kriimmt den 
betrcffendcn Finger ailcin mit llilfe des Daumcns bis dicht an die Handflache. Derseibe driickt mit seiner Spitze 
das Nagellied des sich spannenden Fingers test herab. Die Spannung des Fingers wird durch d&n Gegendrttck des 
Daumcns bis zum auficrstcn Moment fixiert, um dann den Finger mit Kraft aus dem Gclcnk durch Fortgleiten des 
Daumens herauszuschnclien. Dicsen Vorgang, der auch mit dem Ausdruck „Knipsen" bezeichnet wird, wiederhole 
man so oft wie moglich. Die Wirkung ist ausgezeichnct, und die Ubung liberal! unauffallig und leicht auszufuhren ; 
sie braucht, wie alle gymnastischen Obungen, nicht iibertrieben zu werden. Schon eine kurze, energisch ausgefiihrte 
Trornmelubung aus meinem Buchiein an einer serikrechten Wand mit durchgedrucktem Handgeienk ist sehr wirkungs- 
voll und diirfte auch den argsten Zweificr bekehren. Das nach dem Uben eintretende sichere, kraftige Geftihl in der 
Fiand, sowie die feste unabhangige Schlagkraft der einzelnen Finger macht sich uberzeugend beim Spieien auf dem 

Instrument bernerkbar. Dieser kurze Ausztfg aus dem Vorworte diirfte manchem in der Gymnastik Uneingeweihten 

eine kleine Anregung zur Erieichterung des Anfangsunterrichtes geben. 



* 



m 




*rm 




a-ntwdrtlk'her 



Schrifbleiter fur den besondenm Toil: Fritz Fr\ 

Betrettonde Binsendunpen sind an obigo Adresse zu ru-htoii. 



idolin Windisch, U«rlin - .Nioderstrhonhausrn, MndrnstraUr 



Neue Lieder 



Man sollte es doch endllch einsehen: wir sind 
gpgen Subtilitaten desAuBern, gegenDifferen-zierereien, 
gegen creme de la crime, gegen Neo-(excre-)mentales. 
Mithin dUrfte uns zustehen, hier Dinge plausibel zu 
machen, die ein Decadent verponen wilrde. Was wir 
suchen, ce n'est pas la grande attitude. Wir Fanahker 
der Aufrichtigkeit sind sehr versucht, hinter allem 
Preziosen, Verdunkelten, Hyper-Kultivierten die Trans- 
mutation der intellektuellen Eitelkeit zu wittern, ewe 
stilisierte Abart von geschraubter lmpotenz. tnd 
moglichenfalls enthusiasmierten uns irgend P«>P»" he 
Herero-Tanze erfolgreicher denn das affektierte Gegirr 
mancher Neu-Wlener. Von gewissen Marx-Schulen. i - 
sie kompromittieren ihren Lehrer - garn.cht zu reden. 

Seit Mahlers Kindertotenliedern scheint es fast 
mUBig, Sangbares zu schreiben. Wer AMdr-ctavrtles 
eebe kfinnte (es sind noch Einige da) erstrebt Kom- 
PUkSion «nd sucht zu ver.feinern', w° Differenz.erung 
unfehlbar Verflachung bedeutet. So daB last not least 
die Erken'ntnis dammert, man musse graben 

Dies, glaube ich, gesctah hier. Was id, . henrop 
taolte: viel Tuff, wenig Gold, ein zwe, EJMW^J 
sei nun (- mlt Ausnahme ^™T>^2SSwJ 
angekUndigt. Vermin man einiges- u* jedenfall^ ver 
messe mich nicht, unfehlbar zu sein, Und glaube auch 
nicht zu fehlen, wenn ich hier an ,wrte ^Stelle den 
genugsam exponierten Namen Arnold Schonbergs 



setze. Nicbt seine ersten Opera sollen cnirtert sein 
Auch nicht der immermehr melodramatische „Pierrot 
lunaire". Das wesentlichste Gesangswerk dieses groBen 
Musik-Propheten scheinen mir vielmehr die fiinfzehn 
Lieder aus dem Buch der HSngenden Garten von Stefan 
George zu sein. 

ZunSchst: diese Lieder sind nicht Stiickwerk. 
Innere, nicht thematische Einheit bindet sie alle. 
Schonberg nahert sich nun seinem Stil, wo die Kon- 
sequenz der rein melodischen Konstellation des musi- 
kalischen Expressionismus gezogen ist An diesem 
Punkt scheiden sich die Geister. Die Moglichke.t 
auch nur zu einem KompromiU ist ausgeschlossen. 
Eine tonale Auffassung ist bei dieser Musik nicht mehr 
denkbar. Schonberg beginnt nun jenseits alter tradi- 
tionellen Formbegriffe eine Art des akustischen Aus- 
drucks zu manifestieren, die sich zu der iilustrat.ven 
Lyrik der Hugo Wolf-Schule verhalt wie ein Kandins- 
kysches Bild zu Liebermanns rcalistischer Moment- 
Kunst Die Singstimme wird hier von neuem wesent- 
licher Bestandteil der Form, im Gegensatz zum 

modernen" Lied (StrauB, Marx), wo der Klavier- resp. 
Orchesterpart die Hegemonie hat und die Begleitung 
sich quasi vis-a-vis de rien sieht. 
<*> 
Auf diesen Schonberg aufgebaut, wiewohl volllg 
eieenwertig erweisen sich die Gesange von Alban 
Berg. Schon innerhaib dieser vier Lieder zeigt sich 
deutlich eine Entwicklung des harmonischen und noch 

mehr des melodischen Fuhlens. (Von der Kluft zwischen 

395 






der Sonate op. I unci den Liedern ganz zu schweigen!) 
Das erste ist noch nach altem Muster in eine dreiteiiige 
Form gekleidet und steht schlicht zwischen zwei d-moll- 
Dreiklangen. Dann verdichtet sich immer mehr das 
Expressive, die Form wird knapper bis zur letzten 
Klarung in dem Lied aus Momberts „Gluhenden w . 

Ich hiite mich won), Reminiszenzen zu konstatieren, 
auch, wenn, wie zwischen Berg und Karl Horwitz 
sich Faden spinnen, die, gewiB innerlichster Art, kaum 
zu ieugnen sind. Jedenfalls weiB Horwitz auf eigene 
Weise von Herbst, Mond und Dammerung zu singen 
und wir danken ihm eine der schonsten, kongenialsten 
George-Vertonungen: „Dies ist ein Lied" 

Noch immer nicht genugsam beriihmt, wiewohl zu 
den Wesentlichsten der neuen Lyrik gehorend, sind 
die Lieder des Polen Szymanowsky. Dieser kulti- 
vierteste Slawe, der den Weg von Chopin tiber Debussy 
zu Schonbergfand, ist von faszinierendem Rhythmus. 
Immer fiebernd, ekstatisch und radikal. Sein embarras 
an frappanten harmonischen Wendungen, chromatischen 
Umdeutungen und Ganztonereien wird Ieise und uber- 
atts kostlich gebandigt durch eine leichte und fliissige 
Melodik, die oft unversehens polyphon versteckspielt, 
immer tief blau sich um das Stimmliche Iegt und so 
entwirrt, tiberbriickt und verhimmlischt. Wie eminent 
ist der Rhythmus in dem „£insiedler", wie wundervoll 
die paradox chopineske Einfachheit des Madchenlieds! 

Dieseibe Unkompliziertheit erstrebt Manfred Gur- 
litt. Gurlitt sucht die aufterste Aphoristik des gesang- 
lichen Ausdrucks zugleich mit tiefster Wahrheit gegen 
sich selbst. Seine Musik enthalt sich alles Ubel- 
Artistischen und erreicht einen Hohepunkt an naiver 
Expression. 

Ahnliche Ungekunsteltheit zeigen die neun Lieder 
von Eduard Erdmann. Vielleicht werden sie manchem 
zu simpel erscheinen, Aber wir sollten lernen, har- 
monischen Pfeffer zu verschmahen, wo es sich um 
linearen Ausdruck handelt Es kommt nicht darauf 
an, kompiiziert zu sein; heut kann jeder Konservatorist 
im harmonischen Stil des Tristan schreiben. Und 



wenn Erdmann, wie scherzend in M HimmeI und Erde" 
extravagant wird, ist der Effekt Iange nicht so echt. 

Der Russe Igor Strawinsky vereinigt das subtile 
harmonische Empfinden des Impressionisten mit 
slawischem Temperament und Rhythmus. Seine Suite 
„Faune et bergere" (Alt und Orchester) entstand vor 
seiner Wendung zum Expressiv-Polyphonen. Den Weg 
dahin schlagen auch die anderen Jungrussen ein. So 
der feinnervige N. Mjaskowsky in seinen Iwanow- 
Skizzen. So der mehr virtuose S. Prokowjew und 
der geistreiche Extravagant Metner in Lieder-Cyklen, 
deren Namen wir nicht gegenw&rtig sind. 

Das neue Lied wagt — als Reaktion auf die 
zwischen Malerei und Psychologismus pendelnde Epoche 
der letzten Realistik (von Wolf bis StrauB und sogar 
Reger!) — das Vokaie walten zu lassen und stellt die 
stimmgetragene Melodie wieder in den Vordergrund 
des musikalischen Geschehens. Die Begleitung ist 
nicht mehr illustrativ. Man riskiert absoluten Ausdruck 
der im Text inkarnierten Seele. Dazu schlug man 
indes nicht den Weg des stimmungsberauschten herbst- 
farbenen Spat-Romantik Conrad Ansorges und Otto 
Vrieslanders ein, die rein klanglich blieben, ohne 
zu malen, auch nicht den der modernsten Exotiker wie 
Bernhard Sekles und Erwin Lendvai, sondern man 
hegemonisierte das Melos. Instrumentale Effekte und 
Absonderlichkeiten der Klangfiihrung blieben hintan- 
gestellt und alles Geschehen kulminiert an der letzten 
Expressivitatder absoluten (weil innerlichgewachsenen) 
Linie. Der Mensch, das heiBt das Seelische ist wieder 
in den Vordergrund gerUckt. Die Musik nicht mehr 
hirniich erklugelt und vom Klang ausgehend. Der 
neue Komponist zieht sich vom Leben zuriick, kon- 
zentriert sich auf sich selbst und schafft so primitiv, 
vorurteilsios, tastend vielleicht, aber auf jeden Fall 
frei von Spekulation auf Zeitliches und Publikum. Und 
ist es nicht das ureigenste Wesen der Musik, selbst- 
besimmend, rein geistig und abstrakt zu sein — anstatt 
positivistisch, real und gegenstandlich?! 

Dies sollten bedenken, die von moderner Ideen- 
armut und spekulativen Alliiren reden! 

Sela! 
Hans Heinz Stuckenschmidt. 



396 



* 






■*"^B 



Zur Pfychologie des Komponiffen 

Von Dr. Heinrich Knodf (Wien). 



Fragt man verschiedene Tonsetzer, aus welchem 
Grunde sie eigentlich komponieren, so sagt der eine, 
ohne viel nachzudenken: „WeiI ich muB", der andere, 
mit einer bezeichnenden Handbewegung: „Ich schreibe 
mir-etwas weg", der dritte, vierte, fiinfte sagen ganz 
ahnlich aus; die wenigsten aber haben sich iiber die 
Art und die -Triebfeder ihres Kunstschaffens Rechen- 
schaft gegeben. 

Riicken wir ihn aber ernstlich an den Leib, so 
erkennen wir in den meisten Fallen als vorziiglichste 
Triebfeder ihrer Kunstbestatigung, die Sucht nach dem 
Erfolg; vorwiegend sogar nach dem auBeren Erfolg. 
Keine Kunstgattung ist so sehr exponiert, so an die 
Offentlichkeit gestellt, anderseits aber auch der Offenr- 
iichkeit so sehr preisgegeben, wie gerade die musi- 
kalische. Wenn ein Komponist, wie ich einige von 
dieser Art zu kennen Gelegenheit hatte, wahrend der 
Auffuhrung seines Werkes durch das Guckloch unaus- 
gesetzt den Eindruck seines Werkes auf den Gesichtern 
derZuhorer zu verfolgen sucht, und dann, kaum, daft 
sich eine Hand geriihrt hat, hinaus stiirzt, urn sich 
dem Publikum zu zeigen und sich mit verbindlichem 
Lacheln zu verbeugen, so mache er uns nicht weiB, daB 
er aus unwiderstehlichem Schaffensdrang komponiere. 
Mir wurde diese Antwort von einem Komponisten zu- 
teil, der auch bei der geringsten Beifailsbezeugung von 
Seiten des Publikums wie ein Mannchen am Draht 
hinausschnellt und das solange wiederholt, als sich 
eine Hand noch regt. Einen anderen sah ich, wie er 
sich mit verzuckter Miene, wenigstens eine Minute 
fang gegen seinen am Ende nur mehi applaudierenden 
Erzeuger (welche Geschmacklosigkeit!) immer wieder 
verbeugte. Wirken solche Szenen abstoBend und 
lacherlich, so entbehren sie doch nicht einer gewissen, 
wenn auch beschamenden Aufrichtigkeit. Widerlicher 
wirkt es, Erfolge in berechnender Weise zu machen - 
wie es etwa der Theaterdirektor unternimnit, der den 
Vorhang gerade dann fallen laBt, wenn der Beifall 
am starksten ist und gerade dann in die Hone gehen 
laBt, wenn der Beifall abzuflauen beginnt; auf diese 
Art kann er bei einiger Geschicklichkeit eine erkleckliche 
Anzahl von Hervorrufen erzieten. Ich konnte : dieses 
„Erfolgmachen«, zur Zeit meiner BQhnenta tig ke.t 
wiederholt beobachten, konnte aber d.ese be Art auch 
bei Komponisten feststellen, deren Werke im Konzert- 
saal aufgefuhrt warden. In dieses Kapitel gehort auch 
die geschminkte Bescheidenheit nach dem hebraischen 
Sprichwort: .Schlepp mien, ich geb gern; - wenn sich 
der Komponist scheinbar mit groBtem W,dcrwi le s 
Podium zerren laBt; je Wegener er dabei tut des to 
groBer ist gewfihnlich seine Sucht nach dem , bfolg. 
Eine andere Art von TonschSpferu smd die, denen 
das Komponieren nach ihren eigenen -^^ en 
„zum BedUrfnis" oder „zur GewohnheU" geworden ist, 



ich habe auch solche Kunstjiiuger kennen gelernt. 
die beim Komponieren ihre groBeren oder geringcren 
kontrapunktischen Kenntnisse zur Anwendung bringen, 
sich wie eine gut geolte Maschine in Betrieb setzen. 
Andere, denen einstmals etwas Gutes eingefallen ist, 
komponieren weiter, „um das Renommee zu wahren". 
Andere wieder,um sich mit einer gutenKonservatonums- 
stellung zu versorgen .... 

Heutzutage ist im Allgemeinen f Or die Auffuhrungs- 
moglichkeit von entschiedender Bedeutung, wie ein 
Komponist hinter seiner Saclie her ist, wie er sie 
„betreibt". Ein Quartettprimarius brachte unlangst ein 
Streichquartett zur ErstauffUhrung, inn, wie er mil 
gestand, den Komponisten loszuwerden, der ihm nicht 
vom Halse ging und demgegenuber er auch „gesell- 
schaftlich" verpflichtet sei. 

Bei den meisten Komponisten ist in Wirklichkeit 
nicht der Schaffensdrang, sondern der Drang nach der 
Auffuhrung mit ail den vielen, den Ehrgeiz und die 
Eitelkeit kitzelnden Nebenumstanden — als eigentliche 
Hauptsache maftgebend. 

Bekannt ist die spottische AuBerung eines Malers, 
der jahrelang in der Einsamkeit geschaffen hatte und 
einmal in einen Konzertsaal geriet, Tiber die vielen 
lacherlichen AuBerlichkeiten bei der ersten Auffuhrung 
eines Werkes, besonders aber iiber das alizuhaufige 
Hervorrufen eines Komponisten: erwerdesich nachsteus 
in der Ausstellung, hinter eines seiner Bilder stellen 
und jede beiobende Anerkennung irgend eines wackeren 
SpieBers mit Verbeugungen quittieren. 

Nun sind allerdings die bildenden Kiinste dem 
Beschauer ohne Mittelsperson zuganglich, ein Vorteil, 
den die musikalische Kunst entbehrt Die fortwahrende 
enge Fuhlungnahme des schaffenden Musikers mit dem 
(noch dazu nicht immer einwandfreien) Publikum, die 
iibrigens auch der Charakterbildung des Musikerstandcs 
im Allgemeinen gerade nicht zum Vorteil gereicht, ist 
aber gegenwartig bereits zu einem libel gediehen, das 
alien Wstes zur Einkehr mahnt Befreien wir uns 
vondemWustdesOberkommenenunddesGewohnheits- 

maBigen; ernste schaffende Kunstler mogen den Anfang 
machen, indem sie ihre Personlichkeit moglichst weit 
von dem widerlichen auBerlichen „Getriebe" abrucken 
Vielleicht lernt dann auch das Publikum eher, das 
Echte vom Falschen unterscheiden - eine nicht zu 
unterschatzende Handhabe zum Vorteil echter Kunst- 
ubung ware ihm damit sicherlich gegeben; es wurde 
sich an die neuen Tatsachen auch bald gewohnt haben. 
Den schaffenden Musiker wQrde aber dieser Schntt 
menschlich und sittlich hoherstellen, er wurde ihn von 
s0 vielen lacherlichen und oft beschamenden Szenen 
befreien, die seinen kunstlerischen Stolz und seme 
Menschenehre tief verletzen. 



<£> 



397 



Wichfige neue Mufikalien, Biidier und Auffafze 

liber Mufik, 

mitgeteilt von 
Professor Dr. Wilhelm Altmann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54. 

Diese Zusamtnenstellung, die moglichst in jedeni I left dieser Zeitschrift erfolgen wird, will auch noch un- 
gedruckte groBere Werke, vor allem Symplionien, syinphoiiische Dichtungen, Konzerte, Kammennusikwerke, Opern, 
Chorwerke mit Orchester einbezielieii, nm namentlicli Dirigenten darauf aufmerksam zu machen. Diejenigen Tonsetzer, 
die derartige Werke (jedocli uiclit etwa Klavierstiicke, Lieder, Mannerchore) fertig haben, werden gebeten, mich davon 
in Kenntnis zu setzen, doch belialte ich mir die Entscheidung tiber die Anfnahnie vor. Diese kann auch bei gedruckten 
Wcrken weder durch ein Inserat noch diirch Einsendung der betreffendcu Musikstiicke oder Biicher erzwungen werden. 
Riickscnduug etwaiger Einsendungen wird grundsatzlich abgelehnt. 

Die I linzuftignng des Verlags wird Bestellungen erleichtern. Zu den angegebenen Preisen komrnt immer 
noch der sogen. Tenerungsaufschlag seitens des Verlegers und audi des Sort ini enters liinzu; er schwa nkt bekanntlich, 
meist aber betrSgt er 200% +10%. 

Stiirmer, Bruno [Karlsruhe]: Musik zu dem Schauspiel 
„Luno w von Alfons Paquet, noch ungedruckt 
[Urauffiihrung im kommenden Nov. in Trier] 



L Inffrumenfalmufik 

a) Orcheffer 

Becker, Reinhold [Dresden]: op. 176 Sinfonie (d) noch 

ungedruckt 
Hennig, Kurt [B.-Wilmersdorf]: Ein Heerfiihrer der 

Mensohheit. Symphon. Tondichtung [Urauffiihrung 

in Wiesbaden bevorstehend] noch ungedruckt 
Stillmann-Kelley, Edgar [Oxford, Ohio U. St]: Alice 

im Wunderland. Suite noch ungedruckt 

b) Kammermufik 

Butting, Max [Berlin]: op. 20 Streichquartett (cis) noch 

ungedruckt; Urauffiihrung 21. 9 Berlin 
Gal, Hans [Wien]: Quintett f. Flore, 2 Viol., B. u. Vc. 

<H) noch ungedruckt 
Hennig, Kurt [B.-Wilmersdorf]: Trio (E) f. Klav., Viol. 

u. Vcello noch ungedruckt 
Kronke, Emil [Dresden]: op. 112 Zweite Suite im alten 

Sfil f. FlrJte m. Klav. (A) noch ungedruckt 
Sturroer, Bruno [Karlsruhe]: Suite f Flote, Ob-, Klarin., 

Fag. u, Streichquintett (g) noch ungedruckt [Ur- 

auffuhrung 25. 9. KarlsruheJ 
Stuber, Paul [Prag]: Sonate f. Viol. u. Klav. (F) noch 

ungedruckt [Urauffiihrung 26. 3. Dresden] 
Wunderlich, Otto [Dresden]: op. 32 Sonate f. Bratsche 

u. Klav, (F) noch ungedruckt 

c) Sonffige Inffrumenfalmufik 
Stiirmer, Bruno [Karlsruhe]; Variationen u. Fuge iiher 
ein eigenes Thema f. Klav, noch ungedruckt 



II.. Gefangsmufik 



Oper. 



Andreae, Voikmar* Abenteuer des Casanova. 
(Textv; Ferd. Lion) noch ungedruckt 

rieitti^Knrt [B.-WilmersdorfJ: Die da gestorben sind. 
(Djchtung y. Max Jos. Bojakowski). Hymne 1Ur 
Sbpra^u uv Grch. noch ungedruckt [UrauffOhruttg 
in; KlavVX 10. Berlin] ' 



HI. Biidier 
und Zeiffdiriffen-Auffa^e 

(alphabetisch so won 1 nach Stichworten wie nach den 
Verfassern geordne.t. Bei Zeitschriften-Aufsatzen ist 
immer mit Nr die des laufenden Jahrgangs gemeint). 

Bach, Die Bachhandschriften der Musikbibliothek 
Peters. Von Rudolf Schwartz — in; Jahrbuch der 
Musikbibliothek Peters 26 

Barockmusik. Von Curt Sachs — in: Jahrbuch der 
Musikbibl. Peters 26 

Blessinger, Karl — s. Schaffen 

Bode, Rudolf - s. Instrumentalunterricht 

Boro, Otto — s. Kontrabafi 

Brodersen, Friedrich. Von Richard Wiirz — in: Neue 
Musik-Ztg 24 

Conze, Joh. — s. Gesangton 

Circumpolar — s. Oper 

Dauffenbach, Wilh. — s. Orpheus 

Deutsche Oper in Rotterdam — s. Rotterdam 

Doosky, Beatrice — s. Laibach 

Feindlandisch. Durfen wir feindlandische Musik 
spielen? Von G. Lange — in; Musikztg 39 

Fleiscbmann, H. R. — Schoenberg 

Gesangton, der konzentrierte. Von Joh. Conze — - in: 
Allgem. Musik-Ztg 38 

Habn, August — s. Schenker 

Herzogenberg. Heinrich v. Hs. Bedeutung fur die 
evangel. Kirchenmusik. Von Friedrich Spitta — 
in: Jahrbuch der Musikbibliothek Peters 26 

Jahrbuch der Musikbibliothek Peters. 26. Jg. fur 1919. 
C. F. Peters, Lpz 1920 

Jarosy, Albert — s. Violine 

Instrumentalunterricht. Zur Reform des I Von Ru- 
dolf Bode — in: Wort u Ton (Mlinchen) 33 

KontrabaB. Der Mann am K. Von Otto Born — in: 

Kroyer, Theod, '— s. Oper 



598 



^'^ziMMmi^: 







Laibach. Die Philharmonische Gesellschaft in L 
Ein Appell an die gesamte Internationale Kunst- 
und Musikwelt. Von Beatrice Doosky - hr 
Ztschr. f. Mus. 18 
Lange, G. - s. Feindlandisch 
Lenk, Wolfgang — s. Orchester 
Lert, Ernst. Die Leipziger Tatigkeit Dr Lerts. Von 

Stratzer — in: Ztschr. f. Mus. 18 
Liederabend=Privatissimum. Von Max Steinitzer - 

in: Ztschr. f. Mus. 18 
Musikalische Technologie - s. Technologie 
Oper, Die circumpolare. Zur Wagnergeschichte. Von 
Theodor Kroyer — in: Jahrbuch der Musikbibl. 
Peters 26 
Orchester. Zur Lage der stehenden Orchester Deutsch- 
lands. Von Wolfang Lenk — in:' Ztschr. f, MUs. 18 
Orpheus. Von Wilhelm Dauffenbach — in: Neue 

Musik-Ztg 24 
Pflicht gegen die Schaffenden, Von der. Von Gerhard 

Tischer — in: Rhein. Musik- u. Theater-Ztg 38 
Rotterdam. Die deutsche Oper in R. Von W. Sib- 

macher-Zynen — in: Neue Musik-Ztg 24 
Sachs, Curt — s. Barockmusik 
Schaffens. Zur Psychologie des musikalischen 
Schaffens. Von Karl Bless inger — in: Neue 
Musik-Ztg 24 



Schenker, Heinrich. H. Sch.'s Neue musikalische 
Theonen und Phantasien. Von Aug. Halm - in* 
Der Merker 17 

Schoenberg, Arnold. Von H. R. Heischrnann m- 

Ztschr. f. Mus. 18 
Schwartz, Rudolf — s. Bach 

Sitt, Hans. Von Max linger ~ in: Der Chorleiler 18,9 
Spitta, Friedrich — s. Herzogenberg 
Steinitzer, Max - s. Liederabend 
Sternberg, Ludwig — s. Technologie 
Stratzer — s. Lert 
Technologie, musikalische. (BegrQiidung einer neuen 

Wissenschaft). Von Ludwig Sternberg i„ ; 

Allgem. Musik -Ztg 39 
Tischer, Gerhard -- s. Pflicht 
Unger, Max --- s. Sitt 

Violinistische Aphorismen. Von Albert Jarosy 
in; Allg. Musik-Ztg 39 

Volkshochschule und Musik. Von Reinh. Zi in mer- 
man n ~ in: Neue Musik-Ztg 24 
Wagner — s. Oper circumpolare 
Wurz, Richard — s. Brodersen 
Zimmermann, Reinh. — s. Volkshochschule 
Zynen, W. Sibmacher s. Rotterdam 



Mltiellung! 

Vielfachen Nachfragen unserer verehrlichen Abonnenten 
entsprechend, teilen wir mit, daB bis auf weiteres noch samt- 
liche bisher erschienenen Meioshefte zum Abonnementspreise 
nachgeliefert werden konnen. 

MELOS-VERLAG G.m.b-H. 



Breitkopf & Hartel - Berlin W. 9 - PotsdamerstraSe 21 

Zentralstelle fur in- und auslSndische Musik 
Flugel . Pianos . Harmoniums 



VERBAND DER KONZERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS a V. 

Oeme lnntito lge Konzertadbteilwig: Berlin W 37, BlumemiY^lsfralie 17 

TeUphon: Amt NOLLENDOEF 3885 I'elegTamm-Adresse : PODIUMKUlirST 

Engagementsvermittlung, Arrangements von Konierten, Vortrags- und Kunsttanzabenden fUr Berlin und alie Orte des In- und Auslandes* 
Alle Rabatte werden den Kttnstlern gutgebracht Niedrigere Frovisionen als bei gewerbsmafitgen Konzertagenten. 



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JjljRji. Dr. Borchardt & wohlauer. 

(FERT1GSTELLUNG ALLER M USI K - A U FTR AG E > 
Instrumentation. - Transposition. 
^ Aufschreiben gcgebener Mefodien, 

j§S> Notenschreiben. 



ChaHottenburg 4, Wietandstr 



Amt Steinplatz 9515 



K.fV 



399 






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HEINZ TIESSEN 

Op. 18 

EINE NATUR=TRILOGIE 

FUR KLAVIER 



„Es gab Klaviermusik von grofiter moderner 
Qualitat. Heinz Tiessen zeigt sich in seiner 
„Natur-TriIogie" als ein reifer Meister neuer 
Tone, in der Form tra-ditionell mit Symmetrieen, 
im Inhalt kiihn und eigen, mit starken Rhythmen, 
mit alien Zaubern moderner, alterierter, trans- 
parenter Akkorde, bald heftig baumend, bald 
verloren traumend, immer bewegt und in- 
teressiert, voller Einfalle, unerschrocken das 
Letzte wagend und ganz frei im Ausdruck 
und Vortrag." 

Berliner Borsencourier 1. 4. 1919. 



„Einer der Starksten unter den Neubahnern 
ist Heinz Tiessen. Wie kein anderer verdient 
er den Titel „Tondichter"- Er ist einer der 
tiefgehenden Stimmungspsychologen. Klang- 
genial empfundene Impressionen tondichtete er 
in seiner Natur-Trilogie" 

Berliner Mittagszeitung 1. 4. 1919. 



„Ein gedankenreiches Klavierwerk, das mit 
modernsten Mitteln drei ergreifende Stim- 
mungen von der Meereskiiste malt. Eine neu- 
artige Melodik, deren Reiz in der eigenartigen 
Linienfuhrung liegt, schwebt uber, zvvischen 
und unter seltsamen Akkorden und teilt sich 
in einer Starke mit, der man sich nicht ent- 
ziehen kann. Unter Backhaus' Handen wurde 
die Musik zu einem Erlebnis" 

Berliner Allgemeine Zeitung 13. 1. 1920. 



„Vieileicht das bedeutendste neuere groBe 
Klavierwerk." 

Berliner Lokalanzeiger 11. 1. 1920. 



„Dieses Klavierwerk seit Liszts h-moll- 
Sonate eines der wenigen groB gewollten und 
groB gelungenen." 

Rhein. Musik- u.Theater-Zeitung 31.7. 1920, 



Preis: 3 Mark (+ Teuerung^zufchlag) 



VERLAG F. E. C. LEUKART, LEIPZIG 



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Notenbeilage zu',Melos" 17. Heft, Oktober 1920 



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talfen, Buch- imd Mnsik.-ilimilwindluritfiMi. Am-lnd" 



Krsdieint, am l. und 16. jeden Monats. 55u heziflhon durch die Postans — 

" telle: Melos-Yerl.'w;, <'■ »«• b- !!., lierhtvW i>il.'»en^ee, H.-rliinT MWo *\ 
Hcrlin Friodenau, Wio«ba<lnni'rstral> 7, Femruf: Klieintfim T'.M*. 
V.rantwortHch far den Inseratenteil: C. Herpnann, Berr.n-rtV.Bo^^ FVn.mr W„. .20. - Pr,i S ..„, Ki,. W .l».r.™ Mk. * ■ 

Mk. 15.-. einsclilielSlich Zustdlun-r. — A nzwpmprms 



fur den Buchhandel: N. Simrock, (Km KIT., Leipzig.— Osriiaflj 
Feruraf: WeiBensee 120. - Redaction: Hermann Sehmvhen, 



Viorteljahr - Abormement 



I' fir die viurgospnltMrnt Zfiii' 



Mk. 



1 50 



Nr. 18 



Berlin, den \. November 1920 



I. CFahrgang 



INHALT 

nr nno R11KSER Pfifcners XJfhefik 

Dr HANS MERSMANN .;'... Die Sonafe fur Violine allein von Arfur Sdinabel 

vr. ha«o ^^ 3 Seiten Notenbe ,j pie ien 

nr FfiON WELLESZ Bemerkungen zu Jofef Hauers Schriff vom 

Dr. EGON WELLtbZ .Wejen des MuflkalifdieiT 

isowtw tfmdvat . • • Spaziergang am Diefferweg 

Pr^TDr WILHELM ALTMANN . . Bedeufende Neuerjdneinungen und Manujkripfe 



„MELOS" 

in einer Lususausgabe 

erfcheinf mondfUdi eininal fan Kunftverlag 

Frifc Gurlift, Berlin W 35 



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Pfi^ners Affhefik 

Von Udo Rukfer. 

Mif feinem Buch: „Die neue Affhefik der mufikalifchen Impofenz" hat Pfi^ner in 
den Sfreif um die Werfung der modernen Mufik ziemlich auffehenerregend eingegriffen. 
Seine Auj3erung iff fiir uns, denen die moderne Kunff wichfig iff, um Jo beachflicher, 
als Pfi^ner die Minderwerfigkeif der zeifgenoffifdien Mufik mif objekfiven Griinden, 
geffiifjf auf Schopenhauer, nachzuweifen meinf. Es iff fiir uns aifo eine auJ3erff wichfige 
Frage, ob feine Argumentation richfig iff und ernffhaffer, krififcher Prufung Jfandhalf: 
denn wenn Pfi^ner rechf haffe, Ware das Todesurfeil liber die Mufik unferer Tage 
gefprochen, der von ihr eingefchlagene Weg als ungangbar erwiefen, fodaj3 in allem 
und jedem von vorn anzufangen ware. 

Jeder, der zur heufigen Kunff ein lebendiges Verhalfnis hat wird diefe Folgerung 
zunachff inffinkfiv ablehnen. Und es enfffehf foforf die Vorfrage, woher folche Norm, nach 
der mif abfolufer Gulfigkeifgeurfeilf werden konnfe, zu gewinnen fei. Denn wir haben 
dodi noch kein Gefe^budi der Affhefik, in dem das ein fiir alle Mai giilfige Werfurfeil zu 
finden ware. Vielmehr madif fich der Urfeiler feine eigene Werffkala zurechf, iff alfo 
Gefe^geber und Richfer zugleich — eine rechf unbefriedigende Perfonalunion. Und fo 
verfahrf denn audi Pfi^ner; er ffafuierf einen MaJ3ffab, den er fiir allgiiMig half, der in 
Wirklichkeif aber hochff bedingf iff. Er meinf namlich, ein Werk erlange im Gebiefe 
der Kunff dann Exiffenzberechfigung, wenn es irgend jemanden wirklich zufrieden ffelle. 
Iff damif nichf der Saf} „Erlaubf iff, was gefallf zurn Axiom erhoben? In der Ta* 
handelf Pfi^ner fo, denn alien feinen Urfeilen, die er fiir (abfolufe) Feffffellungen half, 
liegf das Vorurfeil des Gefallens oder Nidifgefallens zugrunde. Kurzum er gibf 
keine allgiilfigen Normen, fondern feine Privafmeinung. Nafurgemaj3 muj3 
diefer grundfa^liche Irrfum das Buch als Ganzes beeinjluffen, denn der Lefer mu>3 nun 
nofwendig in alien allgemein gehalfenen Sa^en („man empfindef") Pfi^ners Namen 
einfefjen.) 

Hierzu friff noch eine weifere, die ganze Arbeit beherrfchende Unklarheif. Als 
Kiinffler liegf Pfitgner das, Was den Kunffler als folchen angehf, am nachffen, z. B. alles 
Kiinftlerpfychologifche, wozu alles gehorf, was fich auf die Arbeif des Kiinfflers, auf die 
Enfffehung des Kunffwerkes beziehf, Es iff durdiaus verffandlich, daj3 ihn das Kiinffler- 
problem am Jfarkffen infereffiert Er laj3f fich indeffen durch den naiven Augenfchein 
dazu verleifen, das Kiinfflerproblem mif dem Kunffproblem zu idenfifizieren. 
Wahrend fidi alfo eine wirkliche kunffdogmafifche Unferfuchung nur mif dem Kunffwerke 
abgeben kann, verwechfelf Pfi^ner das Kunffproblem forfgefe^f mif dem Kiinfflerproblem, er 
idenf ifizierf alfo ffandig dieUrfache - und was damif zufammenhangf (Kunffler) —mif der 
Wirkung, weil das Kunff werk vom Kunffler gefdiaffen wird. Er iff der Meinung, irgend- 
Welche Einfichf in das Kunffwerk zu erhalfen, wenn er deffen Urfprung aufklarf, obwohl 
er fich bei Nie^fche haffe unferrichfen konnen, da]3 mif der Einfichf in den Urfprung die 
Bedeufungslofigkeif des Urfprungs zunimmf. (Morgenrofe Kap. 44) Zurn Beifpiel half 
er die Frage der Anregung fiir eine affhefifche, und noch fchlimmer, er bringf mif der 
dogmafifchen Unferfuchung die Frage nach Schopferfahigkeif, nach Pofenz und Impofenz 
zufamrnen. Fiir die affhefifche Frage gibf es nur die Alternative: Kunffwerk oder nichf. 
Ob das Kunffwerk von einer Pofenz oder Impofenz herriihrf, iff eine andere, hier 
garnichf infereffierende Frage 1 Denn wenn Pfifjner oder ich ein Werk nichf fiir ein 
Kunffwerk erklaren, fo iff damif noch lange nichf objekfiv feffgeffellf, dap es kein Kunff- 

*) Er verfalit damit in den Fehler des vieigepriesenen Oswald Spengler, der auch absolut gultig festzustellen 
meint, wahrend er nur hochst bedingte Urteile fallt — an welcbem lrrtum das ganze Buch ebenso wie das Pfitzners 
explodiert 

402 

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werk fei, fondern nur, da£ wir es nidif daffir halfen! Es iff aljo audi garnidifs 
iiber die Pofenz oder Impofenz ausgefagf, derm es iff leidif moglidi, daj3 trot* diefer 
Meinung wirklidi ein Kunffwerk vorliegf. Im VJbrigen kann audi der Pofenz aus 
mandien Griinden das Mi^lingen auferlegf fein, Jodap" nidif erlaubf ware von Impofenz 
zu reden, felbff wenn kein Kiinfflerwerk vorliegf. So kommf es bei Pfifjner zu der 
bedauerlidien Unklarheif, dag 'die vom Kfinffler unahhangige Objekfifaf des 
Kunffwerkes nur ganz unzureidiend beadifef wird. Dies alles um darzufun, wie wenig 
es Pfifjner gelingf, das Subjekfive vom Objekfiven, das Bedingfe vom Abfolufen zu 
frennen, womif von vornherein der Weg zur Erkennfnis verfperrf wird. 

Um nidif allzu ausffihrlidi zu werden, kann auf feine feiiweife werfvollen Aus- 
ffihrungen fiber die Kfinfflerpfydiologie nidif naher eingegangen werden. Nur fei her- 
vorgehoben, dap" die Pflege des Nafionalen als Ziel der Kunff audi hier wieder 
geforderf wird, wahrend dodi foviel klar fein follfe, daJ3 das nafionale Moment hodiffens 
als Milieuelemenf, alfo als Anregung in Frage kommf; d. h. als Urfadie, nie als 
Ziel I)* Denn diefes kann nur kunfflerifdier Nafur fein. 

Das affhefifdie Problem anlangend wollen wir horen, was Pfifjner fur feine Anfidif 
vorbringf. Die Grundlage aller Mufikaffhefik iff ihm die bekannfe Sdiopenhauerfdie 
Lehre, daj3 die Mufik alien andern Kiinffen gegenfiber eine Sonderffellung einnehme, 
Weil fie allein nidif auf das Material der empirifdien Weif angewiefen fei. Diefe Lehre 
wird ohne weiferes en bloc fibernommen, obwohl immerhin einige von Pfi&ner felbff 
angedeufefe Unklarheifen zur Krifik haffen veranlaffen miiffen, und obwohl Pfifjner 
felbff bemerkf, da)3 Sdiopenhauer ein vollig unzulanglidies Verhalfnis zur Mufik - und 
leider nidif nur zu diefer einen Kunff 1 - gehabf haf. Das Phanomen Niefjfdie wird, 
wie heufe fiblidi, einfadi fofgefdiwiegen. Man iff alfo genofigf, audi nodi die Sdiopen- 
hauerjdie Anfidif auf ihre Ridifigkeif zu priifen, womif man fidi freilidi der Pfifcner 
„nur amfifanf erfdieinenden Kaffe der Sdiopenhauer-Verbefferer" einreihf. 

Diefe redif verbreifefe Anfidif Sdiopenhauers fiber die Mufik - hier fei nur ihr 
Verhalfnis zu den andern Kiinffen unferfudif ohne Prfifung feiner eigenfhdien Kunjf- 
mefaphyfik - beruhf auf einer Verkennung des Charakfers der andern Kunff e. 
Sdiopenhauer half es namlidi fur felbffverffandlidi, ffir vollig fraglos, da? die Aufgabe 
der andern Kfinffe die Darffellung der Realifaf fei: „Wir verlangen von der Kunff, da? 
fie ein gefreuer Spiegel des Lebens fei." Dies folgf daraus, dag Sdiopenhauer die 
dee zu deren Darffellung das Kunffwerk berufen fei, nur dann anerkenru, wenn fie 
i* maLieU finnlidi manifeffierf, wahrend uns die Idee (nidif im plafonifdien S.nne 
toTSSSlA^HiaS bedeuk Deshalb kommf ffir Sdiopenhauer in der Km* 
aud\ nur die Sder Nafur, wenn audi unvollkommen, manifeffierfe Idee m Frage oda0 
er die Kun« fklavif* an die Nafur fdimieden mug und ihr keine andern Objekte zu- 
er die Kun) )Kiaviai in u dies obwohl fdion bei Goefhe und nodi diarfer 

f^^^^(M^m^>X^ eegemaSUAkei. von Nafur und 
Ipafer bei Niegjdie ("onlKfte iwine njm "'•' ^- - % d „ die Ideen a priori 

Ku„!< klar ^£**Z*Z&££& konS au* ohne korperlKh ana.ogiiierf 
Oder durdi die P *an<a!ie zuganghcn T nur dle naturgebundene Kunif. Denn ihm 
zu (ein, gibf es bei S * ope "^. U " e "" ,'„ men . j£ m bedeufel der im Oemalde 
fallf die IdeemM dem M *"** er, zu lammen , ^ & ^ 

dargeltellfe Tildi ein Mobel [faff _ einer torm aus jd,neiden und in 

eine VorKeUung !^f«^^±%^SZSt nauirM* alles SymboUloie, Mela- 

die Asthetik. Weimarer Blatter 1920, S. 345 

403 



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fieferen Ahnung maferiell und ffofflich befchrankt Der fpirifuale Charakfer des Kunff- 
werks enfgehf ihm vollffandig, er jfolperf liber die Selbffverffandlichkeif, daj3 die Kunffe 
fich durch das Material unferfcheideafKein -Unferfchied, kein Gradualverhalfnis 
beffehf aber in den Ausdrucfcsmoglichkeifen, wenn man namlich nidif von vor- 
gefaj3fen Meinungen ausgehf und Forderungen ffellf, die nidif nofwendig aus dem Wefen 
der Kunff folgen. Staff bei Schopenhauer haffe Pfi^ner fich lieber bei dem ihm ficherlich 
verha£fen Kandinsky erkundigen follen. Diefer iiberlegene Denker hat in feinem Buch 
„Das Geiffige in der Kunff" die fcheinbare Sonderffellung der Mufik fehr richfig damif 
erklarf, da0 die Mufik fchon feif einigen Jahrhunderfen diejenige Kunff iff, die ihre 
Miffel nichf zum Darffellen von Nafurerfcheinungen brauchfe, fondern als Ausdrucks- 
miffel des feelifchen Lebens, wahrend die andern Kunffe in den le^feu 200 Jahren mehr 
und mehr zu Phofographieerfafj aller Art wurden. Wenn Schopenhauer nur die 
chinefifche Mufik gekannf haffe, wiirde er wahrfcheinlich audi die Mufik iiberhaupf fur 
eine nafur- oder begriffsgebundene Kunff erklarf haben; jedenfalls haf er bei den 
andern Kiinffen den Fehler gemachf, von ihren bekannfen unzulanglichen Beifpielen 
auf den Charakfer der Kunffgaffung iiberhaupf zu fchliegen. 

Es iff von Inferefje, auch.noch die Griinde zu priifen, die Pfifener von fich aus fur die 

Schopenhauerfche Lehre beibringt Ergehfvondem Material der Kunffe ausundglaubf 

das der Mufik als einzigarfig zu erkennen: „Wenn ich Dichtkunff und bildende Kunffe 

mifeinander vergleiche, finde ich im Gegenfa^ zur Mufik als denfelben Gemeinfames, 

da£ ihr Material als ein ffefs vollffandig Gegebenes in menfchlicher Wahrnehmung liegf: 

fur den Dichfer iff es die verffandesmaj5ige Welf der Begriffe; fur den Bildner die fichfbare 

Auj3enwelf.*11 Der Komponiff habeUkeine Au^enwelf als Sfoff, fondern nur fein Gefiihl. 

Er fdiaffe aus dem Nidifs, „die Mufik bilde fich felbff ihren Sfoff, der bei alien andern 

Kiinffen die Welf fell" Nichf der Ton fei fein Material fondern der „Einfall", die Ton- 

geffalf, das Thema, gewonnen aus der Synfhefe von Harmonie, Melodie und Rhyfhmus. 

Das ungefahr iff das Skeleff der Pfi^nerfchen DedukfionI Leider machf er fich nichf 

die Miihe, audi die Pramiffen feiner „Beweife" zu unferfuchen. Daj5 fich die Kunffe 

in ihren Ausdrucksmiffeln, im Material unferfcheiden, iff felbffverffandlich, denn gerade 

diefe Unferfchiedenheif iff es ja, welche die einzelnen Kunffe gegeneinander abgrenzf. 

Die Schwierigkeif zeigf fich aber in der Definition des Maferialbegriffs. Diefer iff bei 

Pfi&ner mehrdeufig; einmal, in den bildenden Kiinffen, iff es ihm die Au£enwelf mif 

ihren Formen, bei der Dichfung die Sprache, alfo die Ausdrucksmiffel, mif denen efwas 

dargeffellf wird; und zwar mij3verffehf er gleich Schopenhauer diefe Miffel ledig- 

lich in der konvenfionellen Bedeufung des Verkehrs, chne zu bedenken, dag in der 

Dichfung z.B, das Wort nidif mif feiner allfaglichen linguiffifchen Bedeufung abgefan iff, 

fondern dariiber hinaus eine formale und ferner eine gefiihlsma^ige Klangbedeufung haf. 

Feffzuhalfen iff alfo als wichfig, daj5 Pfi&ner nur die Programmkunff kennf: „man 

konnfe nichf enfziickf fein von einer gedichfefen oder gemalfen Abendlandfchaff, kannfe 

man die durch fie erzeugfen Stimmungen nichf ahnlich aus der Nafur"ll Alfo Pfi&ner 

meinf, Aufgabe der Malerei fei Darffellung der Nafur; die abffrakfe, die nichf nafur- 

gehundene Kunff iff ihm fremd, er half die Mufik fiir deren einzige Erfcheinung. Daher 

mu£ er denn audi bei diefer den Maferialbegriff abwandeln — freilich ohne es felbff 

zu merkenl — namlidi: hier iff ihm Material nidif der Ton, nichf das Darffellungs- 

miffel, fondern das Dargeffellfe: das Thema, der EinfaUII Da£ ahnliches wie das Thema 

in den andern kiinffen gelaufig iff als Problem efc.> da$ audi der bildende Kunffler 

das Material erff fthafferi und meiffern mu^, da alles von Au£en K 6mm end e nur 

&nregung iff; iff ihm unbekannt Nto da£ er die Inspiration allein 

in der Mufik findefll Zudem iff ihm Mufik allein die heufige harmonifdie Mufik 

Europas, ~ als ob das heufige Tonmaferial das einzige fur Mufik fauglidte ware! 

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Gegenuber der wenig bekannfen ekofifdien Mufik ftellf er fidi Jdiarf ablehnend. Wie 
nun, wenn audi hier eines Tages Enfdeckungen und Maferialverfdiiebungen ffafffanden, 
wie wir fie in der bildenden Kunff erlebf haben? Wenn namlidi anlfelle des von den 
Sinnen gebofenen Materials das ungegenffandlidie Phanfaffifdie friff?l Durfen wir 
alfo der Mufik der Primifiven und Exofen den mufikalifdien Charakfer abfprechen, 
nur weil fie auf einem uns unverffandlidien Tonmaferial beruhf? Diefe Stellung 
Pfifjners iff um fo weniger verffandlidi, als er durdiaus einfiehf, daJ5 die Empfindung 
der harmonifdien Infervalle durdi (pfychologifche) Gewohnung eingefrefen 
i f f. Freilidi wider Jpridif er fidt {pater darin wieder, indem er die Jo gewonnene Konvenienz 
„nafurlidi" nennf. Warum konnfe denn nidif audi ein anderes Tonmaferial und -fyffem 
durdi Gewohnung nafurlidi werden? Audi hier iff alfo der Sdilup" vom Befonderen 
zum Allgemeinen unzureidiend. Im iibrigen mag Pfi&ner fidi bei Kant und Ernff Markus 
dariiber informieren, dap" wie von alien anderen Wahrnehmungen audi vom Ton der 
Menfdi fidi einen Begriff bildef, Jonff konnfe er fidi des Phanomens ja nidif erinnernl 
Es bleibf alfo nur iibrig, die Mufik auf der gleidien Baps wie jede Kunff zu be- 
fradifen und zwar alle Kunff auf die Sfufe zu ffellen, die bei Schopenhauer die Mufik 
einnimmf. Fur jeden Kiinffler iff es das Problem, feine Empfindung, fein Thema im 
Material feiner Kunff darzuffellen; diefes wird „bearbeifef", indem es zur Kunjfform 
geffalfef wird. Staff die Sdiopfung des Kiinfflers im Formalen zu fehen, half fidi 
Pfifjner allein an das maferialiffifdie-realiffifdie Moment. 

Sein Budi gibf Anlaj5 zu folgender allgemeinerer Bemerkung: 
Wenn Kiinffler fidi zu affhefifdi-dogmafifdien Arbeifen bewogen fuhlen, gerafen fie 
allzu leidif in eine ihnen nidif bewuple Gefahr, in der fie umkommen. Denn das, was 
ihre Starke als Kiinffler iff, die Gefdiloffenheif der Perfon, die Empfindung und Be- 
werfung der Welt von einem einzigen Punkfe aus, wird im verjfandesmap ige *« Ordnen 
der Welt gar bald zur Sdiwadie, zur Voreingenommenheif, zur geiffigen Unfreiheiund 
zur Unfahigkeif, von der vorgefa^fen Welfperfpekfive loszukommen; fc > wird m l foldien 
Fallen das Gedanklidie leidif fdiemafifierf die Fulle des Kosmos nidify nach aUen 
Ridifungen in ihrer Tofalifaf durdidadif, fondern alles einzig auf emen aU* «l£™^ 
gehaltenenen Weg bezogen; ohne vom Kompap" zu lernen daP nidif die R^nge" 
das Wefenflidie *g£^™^ ^£S So* 
Sn r ^O^I^^rS^fm^t Ka P : 369) aufgezeigf hat. Diefe 

zumeiff felbff ^unbewu^f ~ ^y^J^^flJ ffir wahr und ridifig half; und 

ein allgemeineres Infereffe vor, ^.^^^^T^n, die Mufik als die 
Anfidifen grower und kleiner Leu e de&en, die nktt ™ de * e ' an dern Kiinffen 

watte ^^^^Bx^^^ 

Mufik fur fdiadUdi f^ alkohoiahnlidi erklarf hafl 






*?*»•■ 



Die Sonafe fur Violine allein v. Arfur Sdinabel 

Von Dr. Hans Mersmann. 

Arfur Sdinabel fchrieb 1919 eine Sonafe fur unbegleifefe Violine und fefjfe damif 
eine Enfwicklung fort, welche von Badi begonnen und nur von wenigen weifer gefuhrf 
wurde. Max Regers Solofonafen find die einzigen neueren Verfrefer diefer Gaffung, 
die allgemein bekannf geworden find. Aber wahrend Regers Sonafen nur in unmiffel- 
barer Abhangigkeif von Badi zu verffehen find, gehf das vorliegende Werk Sdinabels 
einen fo eigenen Weg, daj3 es durdi fich felbff eine eingehende Befradifung redifferfigf. 
Es foil im folgenden verfudif werden, das Wefenflidie diefer Sonafe zu erkennen. 
Das gefdiiehf nidif, um fie anzupreifen, nidif einmal urn fie abfdiliepend oder umfaffend 
zu bewerfen, fondern es iff nofig, weil die Sonafe ihrer Art nadi allein ffehf und in 
ihrer Spradie und ihren Dimenfionen ohne Analogien iff. Dadurch kann fie als Bafis 
dienen, um einen Blick auf die vielverfchlungenen Wege unferer gegenwarfigen Enf- 
wicklung zu werfen. 

<«> 

Idi will zunadiff den Verlauf der Sonafe befdireiben, ehe idi unfer bejfimmfen 
Gefichfspunkfen an fie heranfrefe. Im Inhalflidien bediene ich mien dabei nadi 
Moglidikeif der eigenen Deufungen des Komponiffen, welche die Vorfragszeichen enf- 
halfen. Die Sonafe iff fiinffa£ig, ihre Auffiihrsngsdauer befragf efwa eine Sfunde. 
Ihre Gefamfhalfung und die Sfrukfur ihrer einzelnen Safje konnfe finfonifch genannf 
werden, wenn nidif das wefenflidi Geigenma^ige ihrer Spradie diefem Begriffe gefuhls- 
ma0ig widerffrebfe. 

Der erf f e Sa^ beginnf „langfam, fehr frei und leidenfdiafflich"mif einer aufffeigenden 
Linie, welche fich durdi ihre Kraft zu der Bedeufung eines erffen Themas erhebf (1).* 
Sie umkreiff in fragenden, mehrfach verfdilungenen Bahnen ihren Zielfon e'-. Als fie 
„weidier" und „ausdrucksvoir' von neuem anhebf, gefellf fich ihr, ruhend erff, allmahlich 
fidi erhebend, eine zweife tinie zu (7). Und wird zur befdiwingenden Kraft. In immer 
kiirzeren Sfeigerungen drangen die Sfimmen vorwarfs, „fdiwer" ffeigend 16ft fich das 
Thema wiederum heraus, feffef fich zu doppelgriffigen, breifen Linien, der Zielfon ruhf 
in „wudifigen" Akkorden (8). Doch fdion im polyphonen Spiel der Kraffe hob fich eine 
abffeigende Gegenkraff heraus, die nun, aus der Frage des e 2 fich „mif leidenfchafflidiffer 
Empfindung" lofend, zum Schwingen kommf (8). Es trefen Kraft und Gegenkraff zu- 
fammen, bald „leidenfdiaftlidi drangend", dann „ausdrucksvoll, befeelf und ruhig flie^end". 
Ihre purdidringung fiihrf zu gro£en Sfeigerungen. „Verzweifelt auffdiluchzend" kampff 
die Gegenkraff um hodiffe Hohen (9), „wild drangf" die Kraft und langfam finken beide 
zuriick, w mif Innigkeif " fich fuchend, immer langfamer, endlich zerflie^end. 

Dahebf der zweife Safe „inkraffig-fr6hlidiemWanderfchriff, durdi wegfehr lebendig" 
die f einen Sdileier, hinter denen der erffe fich barg. Ein rhyfhmifch fdiarf gefchniftener 
Gedanke iff die Kraffquelle des ganzen Sa^es (2). Seine zugefpitfen Teilmofive ent- 
faifen fich zu anfteigender Bewegung, verdichfen fich und enffalfen fich von neuem. 
Und auf diefem wedifelnden Rhyfhmus des Gefdiehens ruhf der Verlauf. Seine fdiarfer 
gefpannfen mofivifchen Teile find die Pfeiler, welche ihn tragen. In ihnen erfcheinf das 

* Die eingeklammerten Zahlen verweisen auf die. am Ende des Aufsatzes geschlossen wiedergegebenen Beispiele. 

406 



Thema oder ein Stiick von ihm in fdiarfem Lidif: „ubermiifig" und Juffig" in 
geftoj3enen Okfaven, „eigenfinnig" in beharrlidiem Streif der Sfimmen. Dazwifchen 
ffehen ffeigende und fallende Bewegungen, von den Pfeilern des Themas gefragen und 
von feinen Kraffen gefpeift Aus plumpen Quarfenffoj3en erffeht das Thema noth einmal 
in feiner Urgeffalf, wird immer leifer und verklingf in „wif3igem" Sfakkafo. 

Der driffe Saf3 fragf die lllberjchriff „zarf und anmufig, durchaus ruhig." Dodi 
gilt dies nur fur fein Thema, eine „liedarfige, fanff-fraurige" Linic von ffarker melodifdier 
Reizwirkung (3), wekhe fich langjam enffalfef und zu breifen doppelgriffig fchwingenden 
Linien erhebf. Aber zwifchen die beiden in einem ffarken organifchen Zufammenhang 
ffehenden Teile des Themas fchiebf fidi ein gezupftes Mofiv ein (3), fritf nach der erffen 
Enffalfung des Themas von neuem auf, ffeigert fidi und wird zur Gegenkraff. Die 
Linie wadiff weifer, beruhigf fich zu fanff ffeigenden Quarfen von reinem Wohlklang 
(10), loft fich in drangenden, immer mehr gefpannfen Sedizehnfelmofiven, balk fidi 
„finffer, enffdiloffen" iiber „unruhigen" geloffen Triolen, verlangfamt wieder und verrennf 
fidi in einem jah abreiJ5enden Tremolo des a-moll Dreiklangs. Damit iff eine Kraft 
gebrodien, wekhe bisher den Konflikf gefragen haf. Das Thema friff wieder auf „Jehr 
zarf, langfamer als zu Beginn", feine Linien flie£en in hoher Lage, gleidifam losgeloff 
von' aller Korperlidikeif, ihr „Sehnendes" aufwarfs gewcndef. Die Gegenkraff: das 
gezupffe Mofiv bleibf, wird fiber alle Maj3e hinaus gedehnf, ohne aber den Konflikf 
zu erneuen- fie erfdieinf „wie im Traum, wefenlos" in vielgefpalfenen, off feltiamen 
Farben und bleibf fo bis zum Ende (11). Iff als kurz gejpannfer Klang noch da, 
wahrend die Linie fidi „wie nidifs" erhebf und in hochjfer Lage, an der Grenze der 
Wahrnehmbarkeif „bis zur Unhorbarkeif" verhaudif. 

„Auj3erff rafdi (Preffiffimo)" fefef der vierfe Saf3 auf einer nur kurz unferbrodienen 
fidi ffeigernden und wieder zuriickgehenden Bewegung ein (4). Er wird von der Kraft 
Stele Bewegung gefragen, welche auf einer Quinfolenreihe beginnt und nach mehreren 
gedanklkh neuen aber inhalttidt belanglofen Zwifdienffufen wieder zu ,hr furuAkehrf. 
Aus die er Bewegung 16ft fich ein neuer Gedanke, der von der Leiden diaffhchkeif der 
Erreaunc herabhnkf bis zur geffoptenen „Sdialkhaftigkeit" des zweifer, Sa es D.c 
BeweZa fammdf von neuem ihre Kraffe zu „feurigem" Anffieg, furmfmif grower 
EnS' dlhte wie geheft afemlos, gepeiffdif, fliegend" (13X gelangf fdieinbar zur 
Ruh und en fheg endlidi dennodi „pfeilfdinell". So verklingf der Saf, wie er began* 
und das OhfwelLs fich diefer Bewegung vollig hingab, bleibf me von Taumel 

gelahmf. . { f eierlidie m, ernffem Ausdruck" das 

Da erfont Otodi am *™*°t ' J Wen weif gefpannfen, ausladenden Bogen (3). 

dreifeilige Thema des l^^f " Safjes mit J m. n we g p ^^ ^ 

ES ^ to JS^^^^^^^ beiden E*fa,en immer enge, 
nun folgende Enfwicklung maoiii Uonfranunkf aus der Vierfelbewegung des 

Sie iff zuerff wefenflidi ^^^J^^-^s ^ .^ Die stimmen 
Themas gewonnen, friff bei °er Wiedwnoi™ lyphone Adifelbewegung 

flie^en ,,einf6nig, faff ohne Ausdruck ^^ ^JJ* der gezupffe Saifen- 
ein, harjnonifdi im Smne d « D ^£ e , * Enf wLung fuhren auf den erffen Sag 
klang eine gro)3e Rolle. Die Krafte «ej Se dizehnfeln fpannf den 

zuriick. Die Sfeigerung der Bewegung ube Tno_len ^ me iodifdie 

Rhyfhmus zu fcharf punkfie rfen Achfe n n be denen ) fladiernderl „ un ruhigen, 

Linie erhebf. Wie im erffen Sat zerrei^t die ne ^ ^ 

geheimnisvollen" Eolge von Tnl ern ^^^taen Vierfeln auf die Urform 
Jdiafflidiem Ausdruck" um. Als fi m ^™™JJZ nd in e ine reine Bewegung 
5 G ^T^%e S" Raufdnen" fiber Drei- und Vierklange 

407 



****-■ 



dahin, ffeigf „ganz ohne Unruhe", verweilf „zartlich", wird allmahlidi erregfer, dann 
„drohend, wild" und erreidif JchliejSlich „in Jfarkffem ungezugelfen Ausdruds ganz will- 
kurlidi und rhapfodifch" einen zweifen Gipfel, auf dem fie fich in wedifelnden Sfrahlen- 
brediungen der Einzelkraffe aufloff. Sie verhallf in langem Tremolo auf dem Trifonus 
as d 1 . Da fe^f die Kraff zum driften Male an und Jammelf fich erffarrend und fcharf 
gemeij3elf zur Fuge. Ihr Thema, welches die drei Teile des Sa^fhemas vollffandig 
umfaj3f (6), erfcheinf in drei Sfimmen. In weiferen Durchfiihrungen wird es Jeiner 
rhyfhmifihen Scharfen enfkleidef und fliej3f in gleichmaj3iger Bewegung. Die Fuge iff 
die abfchliejSende Zufammenfaffung des Safjes, Sie iff fehr vielfarbig und verfchmilzf 
in ihrem Verlauf gegenfa^lichffe Inhalfselemenfe. Ihre fidi am Ende verbreifernde 
Bewegung miindef in vollfonenden Durdreiklangen. Das dreimal hinfereinander an- 
gefchlagene Cis-dur iff die Quelle fur das cis 1 des erffen Sa^es: den erffen Ton der 
Sonafe, Sein Thema erhebf fich „frei" und „mif Pathos" und fchliej3f einen Ring um 
den gefamfen Verlauf. Es vereinf fich nun mif melodifchen Elemenfen des Sdiluj3fa^es. 
Und fo find die Anfangsfone feines Gedankens c 1 — d 2 — g 2 zugleich die le£fe 
Anfworf auf die erffe Frage; fie fiihren, um eine Quarfe fransponierf, zu einem r einen, 
alle letjfen Reffe in fidi auflofenden C-dur. 

Es brauchen wohl kaum Worfe dariiber gemachf zu werden, wie unvollkommen 
eine folche Befchreibung iff, wie wenig fie das Wefenfliche wiedergeben kann und wie 
unverbindlich iiberdies die Vorfragsanweifungen fiir den durch fie bezeichnefen Inhalf 
find. Immerhin muj3fe zu fagen verfuchf werden, worum es fich iiberhaupf handelf, da 
die Sonafe ungedruckf iff und bisher nodi nichf offenflich aufgefiihrf wurde.* Es wird 
nun leichfer fein, fie als Ganzes zu werfen, Ich will dabei von innen nach auj3en 
gehen und zuerff iiber ihre innere Halfung und ihren Werf als Organismus, dann 
(iber ihre Formen und ihren Sfil und Jchliej31i<h iiber ihre fypifchen und individuellen 
Merkmale fprechen. 

Wenn man Schnabels Sonafe efwa mif den Sonafen Regers fiir Solovioline ver- 
gleichf, fo fallf zunachff auf, daj3 ihr ein ganz anderes Wollen zu Grunde liegf. Sie 
iff als Schopfung eine durchaus menfchliche man mochfe faff fagen: efhifche Nof- 
wendigkeif, wahrend Regers Sonafen eine wefenflidi ffiliffifche Angelegenheif find. 
Deren freibende Kraff iff das Inffrumenf: es gibf Niveau, Infenfifaf, Bewegung. In 
diefer Sonafe iff auf den erffen Blick merkwiirdig, da£ ihr Kraff zenfrum auj3erhalb 
des Inffrumenfs liegf. Aber es liegf audi (und ich vergleiche ihre Formen mif den 
Solofonafen Bachs) auj3erhalb einer gegebenen Form. Es find iiberhaupf keine ge- 
gebenen Fakforen in ihr; vielleichf iff es diefe negafive|Formel, in der man ihr Wefen 
zunachff faffen konnfe. Sie ffellf einen abfolufen Werf dar. (Damif iff nichf iiber die 
Groj3e fondern iiber die Arf des Werfes ausgefagf worden.) Von der Seife des Inhalf - 
lichen aus gefehen: objekfiv-ffiliffifche und fubjekfiv-inhalfliche Kraffe frefen in der 
Sonafe in einer neuen, Jchwer vergleichbaren Verbindung auf. Die Beziehung zwifchen 
ihnen erfdieinf nach beiden Seifen hin gedehnf: bis zur rhapfodifch-freien und form- 
jprengenden Schrankenlofigkeif und bis zur objekfiven, figuralen Verhullung. Und 
z\var Jo, dag das Vorherrfchen einer diefer beiden Kraffe nichf als Bruch fondern als 
Pehnung empfundenwird. (Deryollffandig mifgefeilfe zweifeSaf* gibf in feinem ffarken 
13berwiegen objekfiver Kraffe durchaus kein Bild der ganzen Sonafe.) 

Damif iff audi gleidizeitig das Verhalfnis zur Form gegeben. Hier konnfe man 
fagen, daft ein derarfiges Sdiwanken der formalen Infenfifaf in einem Kunffwerk iiber- 

■.■■.,■;.*. Efsiauffiihrung durch Carl Flesch im 2. Kammermusikabend der Neuen Musikgesellschaft Donnerslag, den 
25. November 1920 Im Kunstsalon Gurlitt, Berlin, 
** Ais Beifage von Heft 14 ,Melos\ 



^®£3lKKi^ ' : ::'^ :■'■'■ -k 



haupf felfen iff. Gefahrlich auf jeden Fall. Sfellen von einer erffarrfen, nahezu ffilifierfen 
Archifekfonik Jfehen neben folchen von faff ungeffalfefer Formlofigkeif. Die beiden 
Sfellen, wo dieje Gegenfafje zufammenffoj3en, werden zu Hohepunkfen: im driffen und 
lefefen Sa£ der Wiedereinfa^ des Themas (im Sdiluj3jat$ als Fuge) nach einem langen, 
faff nafuraliffifdien Tremolo, welches nur das lefefe Glied einer zu ihm hindrangenden 
Enfwicklung iff. 

Durdi diefe Dehnung der formalen, inhalflidien und ffiliffifdien Grenzen iff von vorn- 
herein und von auj3en her das Problem der Soloviolinfonafe geloff: iff die ungcheure 
Befdirankung der Farbe und des Ausdrucks iiberwunden, welche audi Bachs Sonafen 
immer wieder die Grenzen des Experiments Jfreifen laj3f und welche deffen Chaconne 
(wohl als einziges Werk diefer Liferafur) von innen heraus iiberwindet Diefe Art der 
Lofung ware an Jidi billig und wiirde die formale Leiffung beeinfrachfigen, wenn nichf 
neben dem Merkmal des Abfolufen der organifdie Charakter der Senate als wefenflidi 
fur ihre Eigenarf gefaj3f werden miiflfe. 

Die Analyfe verfuchfe (und das iff vielleidif ihr einziges pofifives Ergebnis) in der 
Befchreibung der Einzelfa^e die gro]3en Ablaufskurven der Kraffe herauszulofen. 
Wenn man die Sonafe rein mufikalifch befrachfef, fo liegf in diefen Kurven: in ihrer 
Form ihrer Hohe und in der Infenfifat ihrer Spannungen das Wefenfliche des Werkes. 
In ihnen fdiwingf perfonlicher Ausdru(kswille und fchopferifche Kraft Sie uberbrucken 
die vorher gekennzeichnefen Dehnungen der einzelnen Grenzen und verfchmelzen die 

Gegenpole zur Einheif. , 

Die Schwingungsbahnen der Kraffe find die Sfelle, an weldier der fuchende Bhck 
des Befrachfenden den Nerv des Kunffwerks beriihrf, wahrend er unfer Form und 
Sfil nur feine Hullen faftt und unfer dem Inhalflidien enfweder einem lebendigen 
Zu aZenhang enfriffene SfU*e herausgreiff oder nur die ^^^1^ 
kartn. Die Ablaufskurven aber find Bewegung: fie geben Lime und Ziel, Rhyfhmus 

Und Die bewegung aber iff ein Ergebnis der Triebfahigkeif ihrer ruhenden Kraffe: 

Die De we8uny . erldiiede zwifchen den einzelnen Saf^en ans 

ihrer Themafik ^J^JJ e ^d^ Hier heben fidi die Themen der Eckfafee 

Lidif. Sie iff mdit ° b ™^* S2m der Sonate gleidifam kriffallifiert enfhalfen iff, 

he T 5 'r* Themer der Mftfte an Kraff zuriickffehen. Die Gedanken der beiden 

wahrend die Themen der Mi «e^ean , Urfprung, uber- 

bewegfen Safce find, wenn audi nidi in *^5 ^ e1 ^" ' Das m au(h bedingt m das 

kommener ^.^ccr^^ naher gekenn . 

^S^^^^ dieTeffffellung, da, es in fid, felbff vollendef iff, 

ruhend, ohne Triebkraff eine enffalfefe ^Blufe deren m&l 
Der Vergleich der beiden Edrfhemen ^der Sonate >U una , 

Gefamfdnarakfer befonders ^^^ff^^^n a M Tone und iff durdi 
reine Kraft Qleidifam Zelle. Er umfa^f nur d^erlte ^ ^^ 

Erreidiung des e 2 begrenzf E * ^\ n °* ™™J°™tei Q evun Q (die erffe, rhyfhmif<he: 
fondernKeim. Seine Energie drangf "/^^^dildief der Sprung von der 
der IDbergang zur Adrfelbewegung die '^^iLng, welche dann auch foforf 
Sekundenbewegung in die Quinte ) zu uwmi ttdb are ^ ^ * nidlt 

einfefef. Das Thema des letfen Sajjes *^f £ £ t: jie umfa ^ t im Wechfel der 
Ke m Jondern Fruchf. Seine Melodi k iff ^f und g 9 ^ * (alle Infe rvalle von der 
Ridnfungen und in , der Wjgkeif ^er e^^tg^^ ganze Qef(hehen der 
kleinen Sekunde bis uber die OWave hmaus; g Einzelheite n verfdimelzenden 

K ^r^n^ ** ™ die ^» " e 

H ' 409 



*v*SBfep' 



der einzelnen Teilfa&e zu einem Ganzen zufammen. Dazu der ffarke irmere Zufammen- 
hang, die gemeinfame Quelle, weldier beide Themen enffprungen find: fo iff Ausgangs- 
punkf und Ziel der ganzen Sonafe durch diefen Vergleich umfchrieben. Die Themen 
der andern Safje find lediglich Funkfionen der Enfwicklung. 

Die Enfwicklung felbff iff ungleida fchwerer zu fallen. Die Ablaufskurven der 
Kraffe find verfdiieden in Ausdehnung und Richfung, in ihren Ausgangspunkfen und 
ihren Zielen. Idi mochfe gleich die Erffe diefer Enfwidtlungen als Beifpiel fur ihre 
Arf geben. Idi feile ihren Anfang (7) und ihr Ende (8) mif. Dazwifchen liegf nichf nur 
eine dauernde ffefig drangende Sfeigerung der Energien, der melodifdien und rhyfh- 
mifchen Spannungen, fondern audi eine Enffalfung der weidieren Ausdruchskraffe des 
Themas, welche die erffen Tone der Bewegung (7) enfhalfen. 

Die Abhangigkeif und innere Zufammengehorigkeif der einzelnen Ablaufskurven 
iff an diefem Sa^e liberzeugend zu belegen. Jeder neue Hohepuhkf fdiraubf die 
Gefamfhohe der Bewegung empor. Das Ziel diefer erffen Enfwicklung (8) wird auf 
dem Hohepunkf der Bewegung zu einer Geffalf, welche jenen erffen Gipfel weif iiber- 
fchneidef (9). Der riickwarfs gewendefe Blick zum Thema (1) und zu dem Anfang der 
Bewegung (7) zeigf den erreichfen Abffand, die Feme und gleichzeifige Nahe der 
Einzelkurven. 

Mif diefer Befchreibung wefenflicher Teile des erffen Sa^es iff zugleich die innere 
Halfung der ganzen Sonafe bezeichnef. Die verfchiedenen Arfen der Auswirkung der 
fragenden Kraffe fallen unfer dem Begriff der Form. Die Verlaufslinien des zweifen 
und vierfen Sa&es liegen infolge ihrer wefenflidi moforifchen Nafur unferhalb der fiir 
den erffen Sa£> gezeichnefen Linie. Der le^fe Safj enffprichf feiner Arf nach dem 
erffen, gehf nur in der Weife feiner auj3eren und inneren Spannungen iiber ihn hinaus. 
Nur der driffe Sa£ beanfpruchf von diefem Gefichfspunkf aus eine befondere Einffellung. 

Der driffe Sa& ruhf im Gegenfa^ zu den andern nichf auf der Enfwicklung einer 
Kraff fondern auf einem Kraffekonflikf, deffen Trager bereifs von Anfang an gegen 
einander geffellf find, wahrend der Konflikf des erffen Safjes erff ein Ergebnis feiner 
Enfwicklung iff. Auch das iff ein formales Momenf (wenigff ens in dem Sinne, in welchem 
der Begriff Form hier gefaj3f werden muj3), aber feine Durchfiihrung, mehr nodi fein 
Ziel geben diefem Sa&e eine nadi meinem Empfinden fehr bemerkenswerfe Halfung. 
Schon die beiden Kraffe felbff, welche im Thema neben einander ffehen (3), find 
wefenflich anderer Arf als die des erffen Sa^es, Dorf mu£fe der Konflikf als Ausdruck 
feelifchen Erlebens verffanden werden, hier aber find die ihn fragenden Kraffe Jchon 
in fich felbff nahezu geffalflos, ein Abglanz, eine Spiegelung des Abfolufen. Das gilf 
vor allem von dem Vorderfa£> des Themas (wenn man diefe Bezeidinung fur die ganz 
freie und fcheinbar formlos fdiwebende Linie anwenden darf) und Von dem Pizzikafo 
der Gegenkraff, weniger von dem folgenden Aufffieg, der in f einem Janff-fraurigen" 
Ausdruck bereifs von der abfolufen Hohe des Anfangs wegfiihrf. 

Die Enfwicklungsbahnen diefes Konflikfs durchlaufen mehrere Spharen des Aus- 
drucks, immer wieder aber ragf die abfolufe Hohe des Ausgangspunkfes in den un- 
endlich reinen, leeren Infervallen des doppelgriffig auf ffeigenden Themas auf (10). Das 
Wefenfliche des ganzen Sa^es aber fcheinf mir in der Lofung oder Vielmehr in der 
Nidiflofung des Konflikfs zu liegen. Nachdem fich eine durch grojSe Hohen des Aus- 
drudss ffeigende Enfwicklung in dem vorher gekennzeichnefen a-moll Tremolo verrannf 
haf, fcheinf von hier an alles Hemmende, Niederziehende verfchwunden. Die zweife 
Halffe des Sa^es beginnf auf der abfolufen Hohe des Anfangs und Verlaj3f diefe 
Hohe nichf mehr. Hier liegf ein GipfeL Der Sdilu£ des erffen Safjes und die Fuge 
des le^ien erreidien wohl voriibergehend einen ahnlidien Grad von Erdf erne, dodi 
gelangen beide Btifwi^lungen auf einem ganz andern Wege zu ihr. Hier find alle 



m 






formgebenden Kraffe enfgliffen. Diefer Teil des Safjes iff vollkommen j'ormlos, wie 
er audi inhalflos iff. Die Vorfragsbezeidinungen „wefenlos, gleidilam nidifs, fahl" 
riihren an den Kern. Idi gebe das erffe Sftick diefes Verlaufs wieder (\\). In ihm iff 
das Wagnis einer Volligen Enfmaferialifierung des Gefdiehens unternommen und gegliickf. 

So ergibf fidi die Gefamfhalfung der Sonafe: zwifdien zwei wefenflkh fekfonifchen 
Enfwicklungen in den AujSenfa^en ffehen an zweifer und vierfer Sfelle wefenflidi 
moforifdie Ablaufsbewegungen. Diefe umfdiliej3en als Miffelfafj die eben befchriebene, 
gleidifam fdiwebende Enffalfung. Diefer Zufammenhang ftellf die organifdien Wechfel- 
beziehungen zwifdien den Sa^en ans Lidif. Innerhalb diefer einenden Momenfe iff 
audi hier ein ffarker, auf den erffen Blick bis zur Zufammenhanglofigkeif geffeigerfer 
Gegenfafj, der nur durdi die Beziehung zwifdien den Eckfafjen und eine fliidifige Be- 
riihrung zwifdien dem zweifen und vierfen Safje aufgehoben wird. 

Ein ffarkeres Band, Welches die alien Safjen gemeinfame Quelle erkennen laj3f, 
iff die Parallelifaf der gro)3enBewegungslinien und dieGemeinfamkeif eines Temperaments, 
Oder wie idi mif UJbernahme eines von Gundolf gepragfen Begriffs fagen modife: 
einer beffimmfen Temperafur. Diefe iff der Niederfdilag eines befonders reidien und 
perfonlidi gepragfen Gefdiehens. Sie iff felfen ffefig, vielmehr off flacfcernd, jah urn- 
fdilagend, ffeigend, fallend und wie alle diefe Linien innerhalb eines au£erordenflidien 
Umfangs'bewegf. Diefe bis an die Willkur grenzende Subjekfivifaf, weldie nofwendige 
Gegenwirkung gegen die Begrenzfheif des Ausdrucks iff, gibf dem ganzen Werke ein 
in hohem Grade individuelles Sfigma und bildef gleidizeifig feine grd£fe Gefahr. Die 
ffarken fekfonifchen und Gewidifsbeziehungen, weldie den Organismus fragen, halfen 
ihr die Wage Trofcdem werden Regionen befrefen, weldie audi unfer den Empfan- 
genden nur einer Minderzahl zuganglidi find. Das iff freilidi audi fonff im Kunffwerk 
der Fall Dodi iff es' hier in einem efwas andern Sinne gefagf. Die Sonafe iff ein 
Experiment Ein gegliickfes zwar, und darum eine ffarke Bereidierung. Aber idi 
glaube: kein Wegweifer. 

Es war fchon vorher gefagf worden, dap" die Sonafe audi vom Sfandpunkf der 
formalen BefraSfung ein fehr individuelles Bild ergibf. Audi die Form iff in hodiffem 
Se beweaf Sie iff nidif feff im Sinne der alferen Formen, weldie das lebendige 
rS u ?f ««™ Rahmen einfdiliepen. Sie iff audi nidif bewegend in dem Sinne, 
*T^ZZ ^^^TaSs in fidi birgf, nadi weldiem fidi das Gefdiehen voU- 
I <ESL^ Lm der Kraft unfergeordnef und von diefer bewegf. Audi das fdieinf 
mfr an def Sie P robTe2ch. (Nafurlich iff diefes Verhalfnis von Form und Kraff 
mir an aer^i d v ^ ~ radps zu den aewohnfen Er dieinungen.) 
^M'n ^T^t^ll^o^m von neuem prazifieren, ihn vor allem 

Man m f* ier ™™™ ] L t m nicht um Form im Sinne einer Folge von Themen, 
weif genug faffen.Es handelf hen "^ d hol oder einer logifdie n Beziehung 

eines Wedifels "f™*^*^ j* m die innere Form der Sonafe, weldie 
von Vorder- und Nathfafc. Es handelf >™ J Qrade umfa ^ t Die Infenfifaf 

ihre einzelnen Telle, wenr ^ aud m ganz £***£^ fc d ^ m Sinne umm die 
der Form reidif yon der Rhapl°di e _ ms . des lang{amen Sa ^ es 

Form den gefamfen V^^^Mi^aimoen der Bewegung, weldie bereifs 

be;zei<hnet .wuxde, 






Die formale Infenfifaf der Themen wurde bereifs bei dem Vergleidi zwifdien den 
beiden Gedanken der Eckfa^e beriihrf. Die formgebende Kraft des erffen iff gering, 
die des lefcfen auj3erordenflidi groj3. Ebenfalls fehr gro|5 iff die formale Spannung des 
zweifen Sa^es, welche aus der bei der Wiedergabe des Themas angegebenen Qliederung 
hervorgehf (2). In der hier immer geffeigerfen Auflofung der feffen Formbeziehungen 
naherf fich diefer Sa^ dem driffen. Deffen Thema iff formal befonders bemerkenswerf 
(3). Wahrend in dem Gedanken des zweifen Sa^es die feffen Beziehungen zwifdien 
Vorder- und Nachfafj (in zwei Dimenfionen) nodi von durdiaus verbindiicher Kraff find, 
find fie hier gerade im Begriff, fich aufzulofen. Man konnfe audi im Gegenfeil fagen: 
erff im Begriff fich zu feffigen. Zwifdien den beiden Linien beffehf eine klare formale 
Beziehung: 5/8 + 6/8 : 5/8 + 6/8. Dennodi fiigen fie fich nichf mehr nadi dem 
Gefe£ von Spannung und Lofung zu einander wie die parallelen Glieder des Zweifen 
Safjfhemas. Eine ffarkere formale Beziehung bildef fidi erff durch die worfiidie Enf- 
fprechung der ram folgenden, alfo bereifs aufSerhalb des erffen Gedankens liegenden 
Endungen. Das Thema des vierfen Sa^es loff anfangs vorharsdene fekfonifche Form- 
beziehungen in reine Bewegung auf. 

Die formale Sfrukfur der Sonafe liegf weniger in der bedingfen Regelmaj3igkeif 
ihrer Teilenfwicklungen als in dem Ablaufsrhyfhmus der ganzen Safje, Hier zeigf fich 
in der Halfung der einzelnen Sa£e eine erhebliche Verfdiiedenheif. Der Eigenarf in 
der Sfellung der Kraffe zu einander, wie fie der erffe Salj zeigf, enffprichf in gro)5eren 
Dimenfionen der le^fe. Das Wefenflidie in beiden iff, da]3 in ihnen zwar Konflikfe 
vorhanden find, deren Trager aber aus dem Thema heraus gewonnen werden. Beide 
Sa£e find zenfrale Enfwicklungen, Enfladungen einer Kraft welche dem ganzen 
Safje zur Bafis wird. Der gleiche zenfrale Ablaufsrhyfhmus liegf audi dem zweifen 
und vierfen Sa^e zu Grunde, doch wurde der Typus diefer Formen bereifs als ein 
wefenflidi moforifdier gekennzeidmef. Im Gegenfafg zu den vorigen beiden enfladf 
fidi hier das (in hohem Grade friebkraffige) Thema nidif in Form einer Enfwicklung, 
fondern loff fidi in Bewegung auf. Die Form in engerem Sinne iff in diejen beiden 
Sa£en abweidiend. Sie beffehf im zweifen Sa£e in einem regelmaj3igen Wechjel von 
formal feffer und lofer gefiigfen Teilen, weldie oben als Pfeiler und Bogen des Verlaufs 
bezeidinef worden find. So beffehf das Formgefefj hier gewifferma)3en in einem 
Wechfel von Schwer und Leichf. Sehr bemerkenswerf iff die Form des Preffiffimo: fie 
vollziehf fich nach dem Gefe^ einer rhyfhmifchen Evolufion, weldie von der Einheif einer 
Funffonbewegung ausgehf, dann iiber fieben zu fechs und adit fidi enffalfef und von 
hier uber die Sepfolenbewegung wieder zur Quinfole zuriickgehf, eine Enfwicklung 
von ffrengffer innerer Logik, welche eben dadurch einen vollkommen freien, beinahe 
formlofen Verlauf tiberzeugend zu fragen vermag. Der Miffelfafe durchbrichf in feiner 
von Anfang an gegebenen Spalfung der Kraffe das zenfrale Verlaufsprinzip der andern, 
feine Form iff durdi die Taffache eines primaren Kraffekonflikfs gegeben, aus dem 
zunadnff ein wefenflidi dramafifdies Gefdiehen herauswadift ehe der vorher befchriebene 
Sdiluj3feil den Konflikf in die Hohe des Abfolufen erhebf und ihm dadurch feinen 
Sfachel nimmf. 

Formale und ffiliffifdie Momenfe find kaum zu frennen; beide wiederum find in 
der anfangs gekennzeichnefen Gefamfhalfung der Sonafe bereifs zum gro|5en Teile 
enfhalfen. Daher iff es nur als Erganzung aufzufaffen, wenn im folgenden nodi fiber 
den Sfil der Sonafe zufammenfaffend gefprochen wird 

Hier liegf zunadiff ein Momenf von pofifivffer Bedeufung: es iff wohl nodi nie fo 
fiir Geige gefdirieben worden wie in diefer Sonafe, Wenn eine Sfilbefrachfung vom 

412 



Inffrumenf ausgehf, fo muj5 {ie vorerjf feffffellen, dap" die Grenzen feines Ausdrucks bis 
zu le&fen Moglichkeifen erweiferf worden find. Wenn audi hier einer der Jfarkffen 
Werfe der Sonafe liegf, fo foil die Taffadie an fidi doch nichf von vornherein als Wert 
aufgefaj3f werden. Abgefehen davon, da]3 die Sonafe nichf vielen Geigern vollig zu- 
ganglich fein wird, gehf fie in der Taf in der Ausnu^ung der Miffel iiber die Grenzen des 
Moglichen hinaus. Man konnfe bisweilen (efwa in der Behandlung des gezupf'fen 
Klanges) von einer Vergewalfigung des Tedinifdien und Klanglidien Jpredien, wenn 
diefe Sfellen nichf gerade mil hodiffer innerer Spannung verbunden waren. Und fo 
bleibendie allegewohnfenMape iiberfdireifenden Dimenfionen der beherrfchendeEindruch. 
Diefe ffiliffifdien Bereidierungen feffzuffellen kann hier nur in der Form heraus- 
gegriffener Einzelfalle verfuchf werden. Die Auswirkung des Sfiliffifdien liegf innerhalb 
mehrerer Linien: mu)3 zuerff fedmifch vom Sfandpunkf des Inffrumenfs aus befrachfef 
werden, liegf formal in der Linie vom Geffalfefen zum Ungeffalfefen, inhalflich in der 
Linie vom Subjektiven zum Objekfiven. Audi die elemenfaren Vorgange, denen fidi 
die Art der Sfimmfiihrung (Polyphonie) anfchlieJSf, fallen unfer den Sfilbegriff. Endlidi 
friff zu all dem die Linie, weldie durdi die Endpunkfe des Typifdien und Individuellen 

begrenzf wird. 

Es war eingangs gefagf worden, da]3 das Kraffzenfrum der Sonafe im Gegenfafc 
zu den andern Werken der gleidien Gaffung auperhalb des Inffrumenfs liegf. Diefe 
Taffadie iff die Wurzel aller fedinifdien Sfilmerkmale. Daraus, da0 das Inffrumenf 
nidif die bewegende fondern die bewegfe Kraft der Sonafe iff, erklaren fidi die Er- 
fdieinungen, weldie unfer diefem Gefidifspunkf auffallen: die Erfdnliepung neuer Aus- 
drucksgebiefe, weldie vom Inffrumenf aus kaum geahnf werden konhfen, die Dehnung 
und vSfeifige Verwendung der vorhandenen. Dabei liegf der Sdiwerpunkf nadi 
meinem Empfinden durdiaus in der zweifen Ridifung. Unfer den neu erfdilofenen 
Rpi?^ , dei^iefaerSdien Ausdrucks wurde die Umwerfung des gezupffen Saifenklangs 
^mJ^^^™** wurde das Pizzikafo wefenflidi ffiliffifdi gebraucht, 
SSflSTb eb es mif dem Ausdruck einer gefpannfen Energie verbunden, der f.di 
nidS TeMen dne komifdie Wirkung zugefellfe. Hier iff es immer wieder ,m Sinne einer 

^^L^T^m^ e e r r9 hIe Z r P Ungf \ul Zum weiferen Be.eg 
dfene et Sffick aus dem letfen.Saf* welches feine Anwendung in anderem Smne 

veranfchaulidif (12). tediniIdie n Momenfen weniger darum, dap ein Ausdrucks- 

Es handelf fidi bei dieien lemrr foldiem Umfange nichf vor- 

miffel zur Anwendung ^^^J^^^S^ in die Bewegung eines Aus- 
handen war, fondern darum, dap es aiS °^ ad , ffi die Ausn uf>ung der Hone 

druckskomple.es einbezogen wurde Das g* audi fur ^ ^ ^ 

und die wefenflidi ^eigenma^ge , Arfen ^^^ der vierge ffridienen Okfave 
einzelfen Sfellen das hemat^e Gefdieh^n bis ^ ^ eines geftejgerfen 

hinaufreidif, iff die Art in welder dje Hoh angegebe ne kann dies ver- 

Ausdrucks verwendef wird Eine ^^ einer konzer fierenden Paffagenfedmik 

deuflichen. Das Gleidiegilf fur die Em^u g Ausdruckswillen. Hierfiir 

fon frefen in gleidiem Siraie auf. e Leidl f ig keif, mit welcher die verfchiedenffen 

Am Wichfigffen ^^^^^ Das Gefefc diefer Verbindungen 
Qeffalfungsformen mif einander verounu 

413 



liegreben au£erhalb; daher frefen fie, der grojSen Linie der Gefamf bewegung unfer- 
geordnef, in immer wieder neuen Verfchlingungen zu einer farbig bewegfen Vielheif 
zufammen. 

Die zweife Richfung der ffiliffifchen Einffellung, welche durch die Endpunkfe des 
Geffalfefen und Ungeffalfefen bezeidmef wird, riihrf eben fo Jfark an das Wefen der 
ganzen Sonafe. Es iff hier das Gleiche, das {chon unfer dem Begriff der Form gefehen 
war, nur iff es hier in feinen einzelnen Auj3erungen um vieles greifbarer. Audi hier 
eine aujSerordenflich bewegfe Skala der Infenfifaf des Geffalfens. Es handelf fidi 
dabei ebenfalls weniger um abfolufe Werfe als um eine ganz ungewohnfe Vielfeifigkeif 
in der Verfchmelzung verfchiedenffer Geffalfungsgrade. Der Grad der fekfonifdien Durch- 
bildung half fidi in den gewohnfen Grenzen. Er erffarrf in der reinen Polyphonie der 
Fuge zur Imifafion, gehf fonff gelegenflich (wie an einer Sfelle des erffen Sa^es) bis 
zur worflichen Umkehrung. Die librigen logifdien Formbeziehungen, befonders die 
Sequenz, find in weifeffem Umfange genu^f. Wefenflicher aber als die Phyfiognomie 
der hoheren Geffalfungsgrade iff in diefer Sonafe die der geringeren. Hier iff der 
Spielraum au^erordenflich grofS. Die geffalfende Kraff zeigf fidi in alien Sfadien ab- 
nehmender Infenfifaf bis zur volligen Auflofung einer Bewegung. Es iff fchwerer, dies 
an einem einzelnen Beifpiel zu zeigen, aber kaum nofig zu fagen, daj3 gerade die Jich 
der formalen Auflofung nahernden Teile ffarkffe fpannende Kraffe in fidi enfhalfen. 
Ich zifiere eine Sfelle, welche dem unfer (9) angegebenen Sfxicke des erffen Safjes vor- 
ausgehf (14). Das Thema, in Rhyfhmus und Melodik felffam gebogen, brichf ab und 
wird von einer vollig ungefpannfen „begleifenden" Achfelbewegung abgeloff. Es ballf 
feine Kraff in langem Anffieg, — wieder frefen die drei Klange dazwifchen: Tonika — 
Dominanfe — Tonika, erff in cis-, dann in c-moll, das Einfachffe und Formlofeffe, das 
gedachf werden kann. Und darum an diefer Sfelle von einer faff unheimlichen Wirkung, 
die fich bei abermaligem Auffrefen diefer Wendung in gebrochenen Dreiklangen nodi 
verffarki Gefpannfeffe Kraff und dumpfe Geffalflofigkeif frefen zufammen. 

Meiff iff die Auflofung aller fekfonifdien Kraffe erff das Ergebnis oder das le&fe 
Glied einer Enfwicklung. Ich belege diefen Fall durch eine Sfelle aus der zweifen 
Halffe des langfamen Sa^es (1f). Das geffammelfe as, die fcheinbar ganz ungeformfen 
dazwifdien geworfenen Teile des Themas find Merkmale einer vollig erfchlafffen Infenfifaf 
des Geffalfens. Audi in dem Teile des SchlujSfa^es, welcher der Fuge vorangehf, find 
ahnliche Sfellen. Die Sonafe gehf hier fo weif, daj5 an folchen Sfellen hochffer innerer 
Spannung der Umfchlag in den gegenfeiligen Ausdruck volliger Geffalflofigkeif befiirchfef 
werden muj3, befonders wenn nichf eine hodiwerfige Reprodukfion diefe Spannung 
aufrechf erhalf. Dadurch werden audi an den Horer groj5fe Anfpriiche geffellf. 

Damif iff gleichzeifig der inhalfliche Sfil der Sonafe gekennzeidmef. Sie iff nichf 
fubjekfiv im Sinne des Bekennfniffes (fo weif diefe Begriffe fich iiberhaupf fcheiden 
laffen; in derTaf handelf es fich doch meiff um eine Synfhefe), obwohl fie vieles enfhalf, 
was als Spiegelung feelifdien Erlebens empfunden wird. Aber fie iff auf das hochffe 
fubjekfiv in der Darffellung eines an fich objekfiven Kraffegefchehens. 

Schlie#lich iff nodi iiber den Sfil der Sonafe vom Gefichfspunkf der elemenfaren 
Vorgange aus kurz zu fprechen. Sie verbindef fonale und afonale Ausdruckswerfe in 
einer freien, durch den Zufammenhang gegebenen Verfchmelzung. Die Tonalifaf, im 
Thema des erffen Sa&es deuflich fiihlbar und im le&fen Sa& in der immer ffarkeren 
Befonung des Durdreiklangs wieder erreichf, erfcheinf als Ausgangspunkf und ZieL 
Dazwifchen liegf, meiff zunehmend mif geffeigerfer Bewegung innerhalb der einzelnen 
Ablaufskurven, eine vollige Loslofung von diafonifchen oder kadenzierenden Zufammen- 
hangen. Die harmonifchen Werfe, welche in der Sonafe eine gro£e Rolle fpielen, find 
mei|^a^ Inffrument mifbedingt Von den Kopffhemen der ein- 






.__-: 



zelnen Safje zeigf der zweife (2) die abfolufe harmonifdie Spannkraff am ffarkffen, 
Wahrend das Thema des driffen Safjes in feinem reinen F-dur audi von diefem Sfand- 
punkf aus als vofiibergehendes, abfeifiges Ziel erfdieinf, als Bafis einer gleichfam frans- 
zendenfalen Enfwicklung, von welch er fkh die Linie wieder zu dem fiir die abjolufe 
Kraff des Melodifdien Jehr bezeichnenden Thema des le&fen Safces zuriichwendef. 

Die Homophonie iff Ausnahme und erfdieinf off als Abfdiluj3 einer Enfwicklung, 
dagegen iff die polvphone Bewegung der Kraffe ein wefenflidies Merkmale der Sonafe. 
Polyphonie iff fiir die Solovioline ein Problem, die mehrffimmige Fuge eine nafihiidie 
innere Unwahrheif, weldie auf fedmifdiem Wege nur fdiwer verhiillf oder iiberwunden 
werden kann. Die dreiffimmige Fuge ruhf auf der durdi Badis Polyphonie der Violin- 
fugen gegebenen Behandlung der Sfimmen, deren fedmifdie Moglidikeifen fie an 
mehreren Sfellen erweiferf. Sonff iff die Polyphonie der Sonafe wefenflich zweiffimmig 
und loff hier das Problem von innen heraus in einer Bewegung der Sfimmen, fiir 
weldie efwa eine dem Sdiluj5faf3 enfnommene Probe bezekhnend iff (16). Efwas fpafer 
ffeigerf fidi in diefer Enfwicklung die Polyphonie von einem ffiliffifchen zu einem in- 
halflidien Momenf und fefjf an die Sfelle der Imifafion den gleidizeifigen Gegenfaf3 
rhyfhmifdi gefpannfer und melodifdi geloffer Kraffe (17). Idi fiihre diefe Sfelle audi an, 
urn im Gegenfafj zu den bisher mifgefeilfen melodifdien Proben die Gefahr einer Me- 
lodiebildung anzudeufen, weldie, im Grunde rein fonal, nur durch leidife Biegungen 
(der beiden Sdilu^fone b 1 in h 1 und g 1 in fis 1 ) ihre Phyfiognomie doch nichf umzu- 

werfen vermag. tj .. , 

So bleibf nur nodi das Rhyfhmifdie der Sonafe zu erwahnen. Idi habe es zuruck- 
geffellf weil es einen eigenen Gefidifspunkf erforderf und unfer den elemenfaren Kraffen 
der Sonafe die ffarkffe iff. Nidif nur durdi die (gelegenflkh einwenigfchemafifche)Sfeigerung 
des rhythmifdien Fluffes und nichf nur durch die vollendefe Vielfeifigkeif des rhyfh- 
mifdien Gefdiehens. Sondern vor allem durdi die abfolufe (ffaff relative) Auswirkung 
der rhvfhmifchen Kraffe in ihrer Lofung vom Mefrum. Die Sonafe rntff nichf fondern 
nofierf den gefamfen Verlauf ohne Takf. Das gefdiiehf nidif nur, weil die komphz.erfe 
mefritoe Sfrukfur die Meffung der einzelnen Bewegungen auperorden^ erfchweren 
wSde fondern weil eine Meffung an vielen Sfellen fdiledifhin unmogbdi iff H.er ,f 
Xas ^gelungen, was als ffarke Bereicherung empfund en werden mu^: d,e Lime fchwebf 
freTLsgS von jeder mefrifdien Feffel, fie iff weder auffakfig nodi vollfahhg, in jedem 
Tone gleidima*5ig fdiwer oder leidif, vollendef, fie fdiwingf. 

vo^Ao qfndie ffehf mif der Aufffellung der lefcfen Sfilfrage, der Frage 
Die vorhegende Sfudie J^t mn ^ ihrem Ende Aus einer 

nadt den *<^»^ kann fie diefe 

langeren ^d mfenfiven Befmartigung Eindru* vielleidif un- 

Frage nur be^^^^sTJStaS 1T« Sfelle eines feff umriffenen We* 
h t ? gen 7«Z S ier SonaV hinzuweifen, nadidem bisher mehrfa* ihr indivi- 
urfeils auf das **^ **^ Das Individuelle lag in der bisweilen unerhorf 

dueller Charakfer befonf woraen war . Ausnahme der Eckfafce fur mem 
fubjekfiven Arf der GeflaLf ung tfT ^Xgder Einzelfafce zu Funkfionen einer 
QerOhl nodi nidif ^^^2"^^% Erweiferung und Begrundung aller 
bewegenden Urkraff. Ihr TyPJ^ " eo f , einze i n en Safcenfwicklungen, vor allem 
Ausdru&smiffeUn der P^*~*f^* ^^des 9 Qe fchehens, welches 

aber in der perf&nlidie* ^ 

allenurerreichbarenRegioner^ t und gro ^ er Gefinnung. 

Hohen zufammenfaPf zu einem KunftwerK von > 

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Bemerkungen zu Jofef Hauers Sdiriff vom 
„Wefen des Mufikalifdien" 

Von Egon Wellesz. 

Es iff mir unbekannf, ob der Name Jofef Hauers fiber den engffen Rahmen eines 
kleinen Kreifes von Mufikern hinausgedrungen iff. Er lebfe als Volksfchullehrer und 
Organiff in der Nahe Wiens und begann erff mif feinem dreij3igffen Jahr zu kom- 
ponieren. Was er da fchrieb, war fo abfonderlich, dap" feine Umgebung den Eindruck 
eines pafhologifchen Zuffandes haffe. Aber einige junge Mufiker wurden auf ihn auf- 
merkfam, und fpielfen feine kleinen Kompofifionen, die fiir Klavier und Harmonium 
gefchrieben waren. Schon damals empfing idi den Eindruck einer ganz ungewohnlichen 
Begabung, der fich beim Anhoren der fpaferen Kompofifionen nodi ffeigerfe. Wahrend 
der erffen Kriegszeif war Hauer eingeriickf, und idi fraf ihn erff, als er in einer mi- 
lifarifdien Kanzlei Verwendung gefunden haffe. Damals erfdiien eine kleine fheorefifche 
Sdiriff von ihm „UJber die Klangfarbe", deren erweiferfe Form die Sfudie vom „WeJen 
des Mufikalifdien" (Verlag Waldheim-Eberle A. G.) bildet 

Es muj3 zum Verffandnis der Sdiriff vorausgefdiichf werden, dap" Hauer in feinen 
Kompofifionen von Anfang an zu afonal iff, und ihm als einzig mogliche Inffrumenfe fur die 
Ausfuhrung der afonalen Melddie die femperierfen, Klavier und Harmonium er- 
Jdieinen, da ihre Klange neufral find. Nun bekampff er in der Sdiriff das Ordieffer, 
erklarf die modernen Inffrumenfe fiir unfahig, den Infervallen der afonalen Mufik 
geredif zu werden. Und empfindef in dem Quinfinfervall, auf dem Klavier angefchlagen, 
mehr Trompefenarf, als in der kunffvollffen Melodie, die wirklidi von einer Trompefe 
ausgefiihrf wird. 

In all dem ffeckf viel Wahrheif, Ridifiges, und Empfinden der Epodie. 

Es gibf aber Dinge, deren Wahrheif fo fubfil iff, da0 fie durdi das Ausgefprodien- 
werden Jchon an Bedeufung verlieren. Man kann bei kfinfflerifdien Angelegenheifen, 
die fidi auf das Handwerklidie beziehen, keine Theorie vor der Praxis aufffellen. 
Aus den gropen Werken einer Epodie fpridif ffefs ein neuer Geiff, der dann zur 
Spradie Aller wird. Diefe neue Spradie aber ohne das Erlebnis der gropen Werke 
konffruieren zu wollen, bleibf immer akademifdi. 

Diefe Gedanken drangen fidi mir auf, je mehr idi von Hauers uberaus geiffvoUen 
und mif dem Fanafismus des Enfdeckers vorgebra<hfen Sdiriffen lefe zu denen feme 
Kom'o ihonen den Kommenfar abgeben. Site ffeckf in ihnen, und * gehore zu 
de TX die dies anerkannf haben, viel Neues und Werfvolles. Aber d» von Hauer 
gewo^eld mif vielem Elan gegen das Grobfinnlidie einer *?^«*^ 
TbTfrakL der Mufik vom „Gegenffandlidnen" des Klanges, verier audi femen Kom- 
pofifionen den Charakfer einer 13bergangskunft 

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Ihm iff alles, Was nadi der Hochbliite der diafonifdien Mufik, nach Haydn und 
Mozart gefchrieben wurde, Symptom eines Verfalls. Die Mufik wurde ein „Gebraudis- 
gegenftand" im Dienffe der dichterifdien Geftaltung, der Idee, bei Beethoven, Wagner 
und den vielen Nachahmern. 

„Wer geiftig, intuitiv horen will, der muj3 fein Ohr — freimadiend von demZwang 
der „Gegenftandlichkeit" im unmufikalifdien und mufikentfremdenden „Ausbau" der 
Ordieftermufik im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts — imftande fein, jedes Infervall, 
unabhangig von den andern, als Klangfarbe und Urrhythmus aufzufaffen, es alfo ganz 
zu „vergeiftigen", zu „entmedianijieren". Die Ordiefterinftrumente mit ihren 
Nafurtongeleifen verleiten aber immer wieder das Ohr, diatonifch, „gegenftandlich" 
zu horen, wahrend die gleichfchwebend temperierten Inftrumente, bei denen die zwolf 
Halbtone gleichmaj3ig abgeftuft und ausgeglichen find, die Intervalle in der denkbar 
„vergeiftigften" Form zum Ausdruck bringen." 

Es ift ja, wie bereits gefagt, an all dem, fo kra£ es audi auf den erften Blick 
wirkt, vieles riditig, und wir haben felbft wohl Ahnliches erkannt; aber heikel ift es, 
diefe Dinge auszufprechen und feftzulegen, daruber Worte zu machen, wenn es nicht 
in fo bedeutfamer Weife gefdiieht wie etwa im „Geift der Utopie" von Ernft Bloch. 
Denn Jchon die Abftraktionen in Spenglers „Untergang des Abendlandes" gehen um 
eine Nuance — die aber in folchen Fallen alles bedeutet — zu weit. 

Idi wollte mich hier aber nidit in Einzelheiten einlaffen, fondern nur auf die eigen- 
artige Perfonlichkeit Jofef Hauers aufmerkfam machen, deffen Kompofitionen die 
„Nomoi" fiir Klavier op. 1, 2 und 19, die fieben kleinen Stiicke op. 3 und die 5 kleinen 
Stiicke op. 15 ftarker wirken als [das Meifte, Was man heute zu horen bekommt. 
(Leider find die le&ten Stiicke in einer reformierten Notenfchrift niedergefchrieben, die 
man erft lernen muj5. Dadurdi erfdiwert der Auf or die Verbreitungsmoglichkeif feiner 
Mufik.) Vielleicht liegt in diefer Mufik fogar viel Zukunff; aber dann wollen wir uns 
ihrer freuen, ohne an „Leittongeleife", „Obertonfchwebungen" und „Komplementare 
Intervalle" zu denken. (Hauer weijS gar nicht, wie fehr er romantifchen Geiftes ift 
wenn er bei den einzelnen Tonarten und Inter vallen Farbenvor ft ellungen hat I) Und 
wollen audi nicht das wunderbare Erlebnis, am Beginn einer neuen Epoche des mu- 
fikalifdien Schaffens zu ftehen, dadurdi abfchwachen, daj3 wir gleidi „Gefe^e" der neuen 
Kunft aufffellen, bevor wir wiffen, in welchen Bahnen fie fich entwi(keln wird. 



<£> 



^••: 




Verautwovtlichor Schriftleiter fur den besonderon Teil: 

Betreffende Einsondungen sind an obige Adrosso zu rirhion. 



Fritz Fridolin Windiseh, Borlin-Niodnrschnnhanscri, liimli'nstrafio •'(."> 1 1 



Spaziergang am Diefferweg. 

Einem halbfhemafifdien Rezenjenfen-Adolf ins Sfammbudi 
Von Erwin Lendvai. 



Der .stabile Dammerungszustand" verpflichtete Herrn 
Adolf Diesterweg im rauschenden Blatterwald der All- 
gemeinen Musik-Zeitung auf dflsteren Wegen die noch 
nicht niedergerungenen Melpsinsulaner anzua len Fur- 
wahr fur die Bewohner ein lebensgefahrhches Unter- 
nehmen. Mord an gesundem und ^^ff' ^'"J f™ 
Menschenvcrstand kann lch nicht ruhlgen Bluts beobac ten 
also ermuntere lch mich trotz meiner Scheu »«n«««ven 
Geeendiesterweg. Da ich prinzipiell keine Tages- und 
SulikSiUu.gen'a.salles.heilignehmenderAbonnenUuve, 

tilgen mlcli verpflichtet ffthle, beauftrage ich einen sorg- 
£&n Beobachter mir von Zeit zu Zeit Druckgek e f 
zuzLnden. Besagter Diesterweg und ,ch woll en au n- 
andcr wie zwei Schiefihunde aufpassen. - Nun glaube 
man ja nicht, daB meln Dienst ein le.chter » rt. Adolf 
Diesterwegistkolossal gebildet; wieman au. F gura ,,e h n 
kann.kcnntcrauflerderJuristereyauchdieWeltiterat^ 

kn.pp37 Zeilenzitiert derMusik-Zoozmann unto anderem 
das philippinische Wiedersehen und den seme : Raima 
xthmenden Petrucchlo Shakespeares der das bcneide s 
werte Qlflck hatte nicht Diesterweg* Ze.tgenos e gewe 
zusein. Liegt doch immer Gefahr vor, e.nem solchen 



wohlausgeriistetcn Rezcnscnten-Adolf auf Dicstcrwegcn 
zu begcgnen . . . 

I lervor, duBlcndlatcrne derErlcuchhmg auf dicstcrncn 
Wegen! Mut! Durch eine hohlc Gasse (beiin hciligcn 
Zoozmann, die Zitatraserei hat urn sich gegriffen), ja durch 
eine hohlc Gasse soil es gchen. Es fuhrt kein andrer 
Weg zur Rechtfertigung Busonis. Fine vicrtel Scite der 
Nr. 42 der obengenannten .Wochenschrift fiir die Reform 
des Musiklebens der Gcgenwart" anstamnivcrsdichtet 
Busonis Athcmatik. In Gedichtform wendct sich das 
gegenwartige Musiklcben gegen Rcformen, die sic aus 
Genies Handcn iibcrnchmen miifitc. Reform ist cine 
redaktionelle, nicht kunstlcrische Arbeit!... 

Das Gcdicht (urn Vertonung wird gebetcn) fiihrt die 
Oberschrift: .Abschied vom thematischcn„ und die 
Untcrbencnnung: .einem Expressionisten ins Siamrn- 
buch". banger als die Dichtung ist ihr Motto: 
Die Verwirrung auf dci Inse! Mcios 
nimmt nachgerade Katastrophencharaktcr 
an. So erklart Fe-ruccio Busoni nun- 
mehr den .definitiven Abschied 
vom Thematischen" fur unerlafilich. 



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vW#& 



Merkwtirdig, dies zur Endgiiltigkeit er- 
hobene,feierlichausdrucksvolleAbschied- 
nehmen von bewShrten Dingen und — 
PersOnlichkeiten ! Es gehort seit dem 
desastrosen Lebewohl Paul Bekkers an 
Hans Pfitzner zu den Wesenheiten des 
Expressionismus. Ob die neue Asthetik 
„des adieux" am Ende gar nur ein Adieu 
der Asthetik ist — wir wollen es ruhe- 
voll abwarten! (!!) Wie sagt doeh 
Shakespeare? „Bei Philippi sehen wir 
uns wieder!" 



Darauf folgt Diesterwegs Philippika als hoheres 
Kunstprodukt: 

Abschied von gar guten Sachen 
gilt's entschlossen nun zu nehmen: 
Futurist'sches zu entfachen, 
muB man sie sich — abgewdhnen. 

Also gibt Jiir immer" Urlaub 
dem Thematischen Ferruccio, 
Form zerkriimelt er in Urstaub, 
Musen zahmend — ein Petrucchio! 

Furchtbar, grausig, welterschiitternd die Gebarde 
und derFormentempel — wankt, stiirzt jachzurErde! 

Wird erneut er auferstehn? 

wird er — themenlos — auch aufrecht stehn? 

laB\ o Teurer, uns den Grundrifi sehn! 



Wie? Du schweigst, Maestro? Was soil man von 

Dir denken? 
LaB' ~ ma presto! — ihn von'einem -^ Gott dir 

schenken! 



Die Laterne funktioniert und wir konnen mit Mann 
und Pegasusrofi uns auseinandersetzen, Oder, wie man es 
in Deutschland so gerne tut, zu ihnen Steliung nehmen. 

ZunachstwuchernSundeundUnfahigkeitgetrennt, 
dann vereint miteinander. Wir wenden uns vorerst an 
die juristische Steliungnahme. 

Es liegt namlich eine Faischung vor. Namlich* 
Und der Deliquent ist ein Jurist, Da der gesetzbuchikh 
gestiitzte Gerechtigkeitssinn ihm im musikasthetischen 
Nebenamt (waswir'Musici alles vertragen miissen!) ver- 
sagte, wollen wir es ihm auf Melosfeldern plausibel 
macheri: 

Diesterweg, Diesterweg, man zitiert nicht fafsch, 
nicht halb* Man unterbricht nicht die sachlkhe Grund- 



lage die da ist (ich zitiere Busonis inkriminiertcn Brief- 
torso aus dem elften Melosheft): 

„Zur jungen Klassizitat rechne ich noch den 
definitiven Abschied vom Thematischen 

UND DAS WIEDER-ERGREIFEN DER MELODIE, 

nicht im Sinne eines gefalligen Motives — als 
Beherrscherin aller Stimmen, aller Regungen, als Tragerin 
der Idee und Erzeugerin der Harmonie, kurz: der 
hochstentwickelten (nicht kompliziertesten) Polyphonies 

Nichtwahr Herr Doctor juris utriusque, man zitiert 
nicht etwas Halbes. Der Virtuose, der nur den ihm 
konvenierenden Teil der Pressenotiz verwertet, begeht 
die ahnliche, von den Presseherren scharf verfolgte 
Faischung, wie Sie es hier taten, indem sie verschweigen 
wollten, dafi Busoni, der die grofien Polyphoniker Bach 
und Mozart um nicht Geringes besser kennt als Sie 
Hochverehrtester, daB eine Personlichkeit unsrer Zeit 
von hochster Bedeutung, zur Melodie, zu den Melodien 
zuriickkehrt. Er versucht Geist aus seinem All-liebenden 
Herzen uns zu spenden, und Sie empfangen ihn mit dem 
wahrlich nicht ,,ruhevoll abwartenden" Geschrei, ,,laB 
uns den GrundriB sehn!" Sie wollen wie Thomas der 
Unglaubige die Wunde sehn. Sie wollen ein winziges 
Samenkiigelchen in Ihre schwarze Tinte werfen, es sofort 
als aufgeschossene Blume brechen und in Ihr Knopfloch 
stecken .... 

Wenn wir Liebelosigkeit zur Sunde rechnen 
durfen, so konnen wir das Register schlieBen und nun- 
mehr den Unfahigkeitsnachweis bringen: 

Thematik und Melodie ist Grundverschiedenes. 

Folgt erste Hilfeieistung fur Kritiker: 

Ein Chorallied ist Melodie. Besteht auch ohne jegliche 
Zutaten. Bachs Orgelchoralvorspiele verarbeiten den 
Choral thematisch. Wie? Siehe Hunderte von ihm 
getoste Moglichkeiten. 

Stellen sie sich nun etwa funf verschiedene Choral- 
lieder vor. Diese (allerdings mit wissender Seele) 
ineinander gefiigt empfunden, entsteht ein Gefiige im 
Harmonischen, das ein Derivat der funf Melodien ist. 
Wer Busonis Worte nicht falscht, sondern sie bis zu Ende 
denkt, muB sich sagen: Busonis neue Klassizitat will die 
Renaissance Palestrinas. Aber wie gesagt, das zu merken 
braucht man Liebe im Herzen und Einsicht im Schadel. 
Und obendrein den Willen zur n Reform des Musiklebens 
der Gegeriwart". 

Andere Steliungnahme. Dichterbeleuchtung. 

So wie der Reim „Ferruccio-Petrucchio — so ist der 
ganze Fall. Signor Diesterweg glaubt in seiner deutschen 
Einfalt, dafi io mit io sich reimt. Danebengediestert. 
Italienischer Sprachkursus — Ferruccio wird Feruttsciio 
ausgesprochen ( 6 /s J^ | ^ +¥^ ) — wahrend Petrucchio 
Sich als Petrukkio ( e / 8 ^p | ^/^JT). anhOri Spractierj- 



4$ 



WX^Mk : 4M- ; MMr:SAM 






kenntnis: Reim mitsamt [des Zitats falsch. Na, und 
uberhaupt das Reimen, Adolf mit dem wildgewordenen 
Bleibiest brutet verzweifelt iiber Ferruccios Reim, Gym- 
nasiastenliteratur! — Stammtischlyrik. Qutgenug fur Kritik- 
hungrige Musikdilettanten. 

1st es nicht eine Unfahigkeit, wenn man in einer 
patriotisch warmherzigen Zeitschrift die undeutschen 
Worte schreibt: Katastrophencharakter, definitiv, the- 
matisch, desastros, des adieux und so weiter bis zum 
ma presto hetzenwollenden Maestro, der fur Diesterwegs 
Neugier als Beleg seiner neuen Klassizitat schnellstens eine 
Neunte Sinfonie komponieren miifite?! AufKommando! 

Der Katastrophencharakter der Melosinsulaner, die 
vermeinte „Verwirrung auf der Melos-Insel", verwirrt 
unseren Poeten am meisten; er will das Adieu der 
Musik-Asthetik „ruhevoll abwarten'* — und er ist es, 
der ;sich bis zum poetischen Weifigliihen erhitzt. Von 
Mitte Juli bis Mitte Oktober fiebert es in ihm. In so- 
zusagen Gedichtform gibt er seinen Geist auf. Hatte 
ihm ein besseres Ende bevorgestanden, waren ihm 
Fahigkeiten itn Lesen und Memorieren nicht abge- 
gangen, er hatte auch den folgenden Satz Busonis lesen 
miissen : 

„Zu jeder Zeit gab es — muB es gegeben haben — 
KUnstler, die sich an die letzte Tradition klammerten, 
und solche, die sich von ihr zu befreien suchten. 
Dieser Dammerzustand scheint mir der stabile zu 
sein." Eine Binsenweisheit, — und doch vergiBt man 
S ie. — Mochte sagen, warum sucht sich HerrDiester- 
weg nicht einen Komponisten, der ihm das Messianische 
verspricht, das zur positive* Beantwortung des 
desastrosen Fehlens der Thematik werden kQnnte. 
Warum immer an Dingen, die einem mififallen, herum- 
zerren, so wie ich es mit Herrn Diesterweg tue? 
Seid doch positiv! Sucht nach kongenialen Schfipfer- 
naturen, gibt ihnen das Privileg, nicht von Euch 
lernen zu mtlssen, und schreibt sodann eure Fach- 
zeitungen nicht mit belanglosen Vortragsleistungs- 
referaten voll. Das ist ja fur die Referenten. Wird 
zu gelber Makulatur. Euer Lebenswerk (hort!) 
wird zur Warenemballage. Nicht einmal die Pack- 
frauiein von Wertheim lesen euch hernach- Wenn 
ihr Fahigkeiten besitzt, so werdet ihr Rezensenten 
das Schaffensmoment iiebevoll ins Auge 
fassen. Seid dabei exklusiv, und schon bald wird 
das vielzuoffentliche Musizieren fflr Kritik, Ruhm und 
Geld, der musikalischen Produktion als dienende 
Kundry zur Seite stehri. Dann h5rt der Katastrophen- 
charakter der bis zum Er-pressionismus angewachsenen 
Solisterei auf. Sie wird von der Kritik, die nur aus 
dem Geist des Werkes einen Wert erkennt, zum Ab- 
lcgen ihrer Eitelkeit und damit zum Aufgeben des 
ungeheuren Konzertbetriebes mit Ungst Bekanntem, 



gezwungen. Aber der Demiurg schenkt sich nur 

liebeglQhendem Herzen. Nicht reformbeftlrchtenden 

Rezensenten. Naheres darllber in Oskar Wildes 
Intentionen. 



♦ 



Addieren wir sUndhafte Lieblosigkeit und wesens- 
bedingte Unfahigkeit, so sieht man den stabiien 
Dammerungszustand einer gewissen schreibenden 
Klasse etlicher Diesterwege. 

Der von Diesterweg verstammbuchdichtcte Brief 
Busonis stand schon am 7. Januar 1920 in der Frank- 
furter Zeitung. (Den vollstandigen Text des Briefes hat 
also Herr D. garnicht kennen gelernt. Hat ihn das definitiv 
verschwindenwollende WOrtchen Thematik zum Poeten 
erweckt, so dankt man Gott; denn wer weifi t ob ihn 
nicht der Brief in seinem totalen Umfang zum Epos* 
dichter der ruhevoll abwartenden Musikasthetik 
gestempelt hatte). Als mir von bekannter Seite Busonis 
abgedruckter Brief zufiog, wollte ich Busoni im Feuer der 
Begeisterung meine Freude tiber das Gefundene schreiben. 
Aber dann kam die Erkenntnis: was ist die Person eines 
Menschen, dafi sie dem Anderen mit Lob kflme, nur 
weil sein geistiges Bild mein Auge erreicht hat? Gewifl 
kann ich nicht genau so sehen, gerade in puncto Thematik 
kann ich nicht mitmachen, und es gehe jeder den Weg 
seiner inneren Notigung. Es war mir in der Erkenntnis 
des Werdens nicht moglich den persOnlichen Kontakt 
herzustellen, weil ich mich nicht erdreisten konnte, einen 
biogenetischen Durchgangspunkt als Resultat festzulegen. 
Indem Herr Diesterweg seine Bedenken zur Dichtung 
emporhebt, beweiBt er, daB er auBerstande ist 
sich in das transzendentc Wesen des Kiinstlers 
einzufiihlen. Er mag eine pianistische Leistung iiber 
Altbekanntes abmessen,dem Flug des Aufiergewohnlichen, 
Neuen, Autonomen wird er nie und nimmer folgen kdnnen. 
Einer von denen, dices nie erjagen! 

Armut an Liebe, Enge des BewuBtseins, Un- 
fahigkeit au inasfe/ Bcweglichkeit: der stabile 
Dammerungszustand. 

Vae mihi scribenti! 



m 



mmmm 



Wichiige neue Mufikalien, Biidier und Auffafze 

iiber Mufik, 

mitgeteilt von 
Professor Dr. Wilhelm Altmann, Berlin-Friedenau, Sponholzstr. 53-54. 

Diese Zusammenstellung, die moglichst in jedem Heft dieser Zeitschrift erfolgen wird, will auch noch un- 
gedruckte grofiere Werkc, vor allem Symphonien, symphonische Dichtungen, Konzerte, Kammermusikwerke, Opern, 
Chorwerke mit Orchester einbeziehen, um namentlich Dirigenten darauf aufmerksam zu machen. Diejenigen Tonsetzer, 
die derartige Werke (jedoch nicht etwa Klavierstiicke, Lieder, Mannerchore) fertig haben, werden gebeten, mich davon 
in Kenntnis zu setzen, doch behalte ich mir die Entscheidung iiber die Aufnahme vor. Diese kann auch bei gedruckten 
Werken weder durch ein Inserat noch durch Einsendung der betreffenden Musikstucke oder Biicher erzwungen werden. 
Riicksendung etwaiger Einsendungen wird grundsfltzlich abgelehnt. 

Die Hinzufiigung des Verlags wird Bestellungen erleichtern. Zu den angegebenen Preisen kommt immer 
noch der sogen. Teuerungsaufschlag seitens des Verlegers hinzu; er schwankt bekanntlich, meist aber betragt er 200°.' 
Der friihere Sortimenterzuschlag von 10% darf nicht mehr erhoben werden. 

Chelius, Oscar v.: Magda Maria in 3 Aufztigen. 
Dichtung von Max Treutler. Ries & Erler, Berlin 
[Urauffiihrung 28. l\. Dessau] 

Noren, Heinr. Gottlieb: Der Schleier der Pierrette. 
Text nach Schnitzler. In Vorbereitung beim 
Eos-Verlag, Berlin 

Schoeck, Othmar: Das Wandbild. Eine Szene und 
Pantomime, Text v. F. Busoni. Klav.-A. Breit- 
kopf & Hartel 4 M. 

Szymanowski, Karl: op. 25 Hagith. Klav.-A. Universal- 
Edition 20 M. 



I. Inffrumenfalmufik 

a) Orcheffer 

ReuB, August: Ibsen-Phantasie noch ungedr. [bevorst. 

Uraufftihrung 24. 11. Miinchen] 
Zilcher, Hermann: op 17 Symphonie Nr 1 (A). Breii- 

kopf & Hartel Part. 40 M. 

b) Kammermufik 
Blumer, Theodor: op. 43 Sonate (c) f. Viol. u. Pfte. 

Simrock 8 M. 
Busch, Adolf: op. 15 Trio (a) f. Viol., Velio u. Pfte. 

Simrock 12 M. 
Fritz, Gaspard: op. 3 Premiere Sonate (D) p. Piano 

et Viol. (Gabr. Grovlez). Chester, London 6 M. 
Gal, Hans: op. 6 Suite f. Vcello u. Pfte. Simrock 

7,50 M. 
Handel, G. F.: op. 1 Kammer-Sonaten Nr la (e) und 

4 fa) f. Fldte (od. Ob. od. Viol.) m. Klav. (Max 

Seiffert). Breitkopf & Hartel je 4,20 M. 
Hindemith, Paul: op. 11 Nr 2 Sonate (D) f. Klavier 

und Vioiine. Schott, Mainz 6 M. 
Jongen, Joseph: op. 61 Two Serenades for String 

Quartet. Chester, London Part. 4 sh.; St. 10 sh. 
Schumann, Rob.; Trios op. 63 u. 110. Viola-St. statt 

der Vcllo-St. (Wilh. Altmann). Breitkopf & Hartel 

je 1,50 M. 

c) Sonffige Inffrumenfalmujik 

Jongeo, Joseph: op. 60 Suite en Forme de Sonate p. 

Piano solo. Chester, London 8 sh. 
Tartini, Giuseppe: Concerto (G) p. Viol. (Emilio Pente). 

Schott, Mainz Orch.-Material leihweise; m. Klav. 3 M. 
— ; Variations p. Viol, sur une Gavotte de Corelli 

av. Accomp. de Piano (H. Leonard). Nouv. ed. 

(J. Barmas). Schott freres, Brussel 3 M. 

II Gefangsmufik 

a) Opern 

Bossi, Renzo: op. 20 Ronde vorbei! Drama. Klav.-A. 
m T. Chester, London 20 M. 

m 



b) Sonffige Gefangsmufik 

Moritz, Edvard: op. 6 Funf Lieder; op. 15 Vier chi- 

nesische Lieder f. 1 Singst m. Pfte Schott, Mainz 

je 0,80—1,50 M. 
Neubeck, Ludwig: op. 29 Lieder f. 1 Singst m. Klav. 

Kahnt, Lpz Nr 1 u. 2 je 1 M, Nr 3 1,60 M. 
Windsperger, Lothar: op. 23 Zehn Lieder f. 1 Singst. 

m. Pfte. Schott, Mainz je 0,80—1 M. 

Ill Biidier 
und Zeiffdiriffen-Auffa^e 

(alphabettsch sowohl nach Stichworten wie nach den 
Verfassern geordnet. Bei Zeitschriften - Aufsatzen ist 
immer mit Nr die des laufenden Jahrgangs gemeint). 

Adaiewsky, E. — s. Pembaur 

Albert, Heinrich. Ein physiognomisches Fragment aus 

altkonigsberger Zeit. Von Eugen Segnitz — in: 

Der Fuhrer durch die Konzerte und Theater 

Konigsbergs 1 
Altmann, Wilh. — s. Bruch; Preussische Staats- 

bibiiothek 
Baudet-Maget, A. — s. Violiniste 
Bellini. L'harmonie Bellinienne- Par H. de Satts- 

sine — in: Rivista musicale italiana 3 
Berichterstattung. Uber die Aufgabe u. die Grenzen 

der musikalischen B. Von Werner Wehrli — in: 

Schweizer. musikpadag. Blatter 19 
Berlin. Musikabteilung der Preuss. StaatsJDibliothek — 

s. Preussisch 



:ilK 



-<^A^dMmi^ 



Bossi, E. — s. Org el 

British Association, Music at the. By Alfred Kalisch — 

in: The musical Times (932) Okt. 
Bruch, Max -j- Von Wilh. Altmann — in: Allgem. 

Mus.-Ztg 41 und in anderer Fassung fn: Der Fuhrer 

durch die Konzerte und Theater Konigsbergs 2 
Brunck, Constantin. Von Hans Schmidt — in: 

Neue Musik-Ztg 23 
Busoni, Ferruccio. Par Jean Chantavoine — in: 

II Pianoforte (Torino) 6 
Button, H. Elliot — s. Notation 
Capeil, Richard — s. Indy 
Carraud, Gaston f. Par G. Samazeuilh — in: Le 

Menestrel 26 
Chantavoine, Jean — s. Busoni 
Chcvalley, Heinr. — s. Musikwelt 
Cimbro, A. — s. Gamme 
Composition, Musical. By C V. Stanford. Mac- 

millan, London 6 sh. 
Cyclopaedic Dictionary of music. By Dunstan Ralph 

3. edit J. Curwen, London 
Deutsch. An den Allgemeinen Deutschen Musikverein. 

Von Paul Marsop — in: Die Musikwelt 1 
— VgL a'uch Posen 
Deutsche Musik? Von E. Sedding - in: Allgem. 

Mus.-Ztg 40 
Deutsche Orchestermusiker — s. Orchestermusiker 
Diesterweg, Adolf — s. Lind 

Ebel, Arnold — s. Erziehung • - 

Elgar, Edvard — s. Notation 
Erziehung zur Musik. Von Arnold Ebel — in: 

Die Harmome 9 10 
Erziehungsanstalten. Offentliche Forderung musikal- 

Erz. — s. Offentiich 
Gamme, Le, terzi di tono. Par A Cimbro - in: 

Rivista musicale italiana 3 
Guerre, grander Le theatre et la musique pendant la 

gg. Par A. Pougin - in: Le Menestrel 27 ff 
Handel. Die Bearbeitung der Handelschen Rodehnde 

und ihre Urauffuhrung am 26. juni 1920 in Gottingen 

Von Oskar Hagen - in: Zfschr. .f. Musi.wiss. 12 
Hagen, Oskar - 8. Handel (Rodelinde) 
Heinitz, W. - s Nii-Nubien 
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Hucta; August — s. Posen :. - 

lody. Vincent d'Indys view of harmony. By Richard 

Capeil - in: The musical Times (932) Okt 
Italien. Neuitalienische Musik- Von Adolf WeifS- 

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italienische Methode. Von Hugo Rasch - in,- 

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Kalisch, Alfred — s. British 
Kapp, Julius — Sf. Meyerbeer 
KeuBIer, Gerhard v. : - s. Mode < 

Klein, Walther - s. Kosmisch 
Kobbe, G. .- a. Oper , 

Konzert-Spekulanten. Von Fritz Horwitz - m. 

Wort und Ton 34 . u/,ifhpr 

Kosmisch-musikal . Etitsprechungslelt^ * Walther 
Klein ^ in: Musikbjatter des An^ruch 14 



Krehbiel, H. E. — s. Oper 

Kroll, Erwin -■- s Pfitzner 

Kuhn, Walter -- s. Musikpadagogik 

Larkcom, Agnes J. — s. Singer 

Lind, Jenny. Dem Andenken einer grofien Kunstferin. 

Von Adolf Diesterweg - in: Allg. Musik-Ztg 40 
■*-,—, die schwedische Nachtigall. Von Karl Rattay — 

in: Der FUhrer durch die Konzerte und Theater 

Konigsbergs 1 
Lossen, Joseph M. L. — s. Offentliche Fttrderung 
Mahler. Zur Urauffuhrung von Ms- sechster Symphonic 

Von Klaus Pringsheim ;— in: Musikbiatter des 

Anbruch 14 
Marsop, Paul — s. Deutsch 
Meyerbeer. Biographic Von Julius Kapp. 

Schuster & Loffler, Berlin 20 M- 
Mode oder Stil? Von Gerhard v. KeuBler — in: 

Die Musikwelt 1 
Modern. Die Pflege moderner Musik. Von Rob. 

Miiller-Hartmann — ■ in: Die Musikwelt I 
Muller-Hartmann, Robert — s. Modern 
Musikabteilung der Preussischen Staatsbibliothek -- 

s. Preussisch 
Musikalische Erziehungsanstaiten — s. Offentliche 

Musikhochscbule. Von Franz Schreker — in: 

Musikbiatter des Anbruch 14 
Musikpiidagogik ais Wissenschaft. Von Waiter KUhn — 

in: Organum 7/9 
Musikpfiegeu.Weltschicksale. Von Josef Schneider — 

in: Signale f. d- musikal. Welt 39 l 
Musikwelt, Die. Monatshefte fUr Oper und Konzert 

Hrsg. v. Heinr Chevalley. Hamburg, Joh. Aug,, 

Bohme. Heft 1 Okt, jahrt. 11 M. 
Nettl, Paul — s. Rietsch 
Niecks, Frederick — s. Programmusik 
Nikisch, Arthur. Von Eugen Segnitz. Rabinowitz, 

Lpz 4 M. 
Nil-Nubien. Transkription zweier Lieder aus N.-N. 

Von W. Heinitz — in: Ztschr. f. Musikwiss. 12 
Notation, musical. By G G. - in: The musical 

Times (932) Okt. 
— ,— , System in. By H. Elliot Button with preface 

by Edward Elgar Novello, London 1 sh. 6 p. 
Offentliche F5rderung und Unterstutzung musikalischer 

Erziehungsanstaiten. Von Joseph M. H. Lossen — 

in: Neue Musik-Ztg 23 
Oper. Kobbe, G>: The complete opera book- 
Putnam, London 25 *h. 
— .. Krehbiel, H. ■ E;r A book of operas, their 

histories, their plots and their music. Macmilian, 

London 14 sh. 
Orchestermusiker, Der Zusammenschlufi der deutschen 

O Von A. Pfannenstiel - in: Musik-Ztg 40 
Orchestraziont, L'. Del V. Ricci. Hoepil, Milano 15L. 
Orgel. Bossi, E. u. Tebaldini: Storia del organo, 

costruzione detl' organo, gtt organisti, la musica per 

organo- Carisch, Milano 3 1. 
PearsaiFs Letters. By W. Barcley Squire ,- in: The 

musical Times (932) Okt 



42&>i 




Mm 



Schmidt, Hans — s. Brunck 
Schreker, Franz — Musikhochschule 
Pfannenstiel, Alex. — s. Orchestermusiker 
Pfitzner. Zur Kritik Hans Pfitzners. Von Erwin 

Kroil — in: Neue Musik-Ztg 23 
Physionomie, La. Par Paul R ougnon — in: Feuillets 

de pddagogie music. 19 
Pianist. Ober die Aufgaben des modernen Pianisten. 

Von Eduard Steuermann — in: Musikblatter des 

Anbruch 14 
Posen. Deutsches Musikleben in P. Von August 

Huch — in: Die Musikwelt 1 
Pougin, A. — s. Guerre 
PreuBisch. Die Musikabteilung der Pr. Staatsbibliothek 

in Berlin. Geschicbtliches und Organisatorisches. 

Von Wflhelm Altmann — in: Der Kunstwanderer 

2. Sept.-H. 
Pringsheim, Klaus — s. Mahler 
Programme Music in the last four centuries. A con- 
tribution to the history of musical expression. By 

Frederick Niecks. [Neudruck] Novello, London 

12 sh. 6 p. 
Ralph, Dunstan — s. Cyclopaedic Dictionary 
Rasch, Hugo — s. Italienisch 
Rattay, Kurt — s. Lind; Wagner 
Reznicek-Festnummer der Signale f. d. mus. Welt 40 — 

Musikblatter des Anbruch 5 
Ricci, V. — s. Grchestrazione 
Rietscb, Heinr. [Bibliographic seiner wiss. Arbeiten 

u. Kompos.]. Von Paul Nettl — in: Ztschr. f. 

Musikwiss. 12 
Rougnon, Paul — s. Physionomie; Suisse 
Samazeuilh, G. — s. Carraud 
Saussine, H. de — s. Bellini 



Pembaur, Josef. Par E. Adaiewsky — in: Rivista 

musicale italiana 3 
Scott, Charles Kennedy — in: The musical Times 

(932) Okt. 
Scott, Cyrill: Young hearts. For Piano. Elkin, London 

2 Hefte je 2 s. 6 p. 
Sedding, E. — s. Deutsch 
Segnitz, Eugen — s. Albert; Nikisch 
Singer's art, The. By Agnes J. Larkcom. Novello, 

London 1 sh. 
Squire, W. Barclay — s. Pearsall 
Stanford, C. V. — s. Composition 
Steinhagen, Otto — s. Unkultur 
Steuermann, Eduard — s. Panist 
Stil — vgl. Mode 
Suisse, La, et la musique. Par Paul Rougnon — 

in: Feuillets de pedagogie music. 19 
Tebaldini — s. Orgel 

Unkultur, Organisierte, der Musik. Von Otto Stein- 
hagen — in: Musikpadag. Blatter 19/20 
Violine. R Woof, Technique and Interpretation in 

Violin Playing- E. Arnold, London 4 sh. 6 p. 
Violiniste. Guide du V. Oeuvres choisies p. Violon 

ainsi que pour Alto et Musique de chambre. Par 

A. Baudet-Maget. Foetisch, Paris 
Wagner. Neue Wagnerdokumente. Von Kurt Rattay — 

in: Der Fuhrer durch die Konzerte und Theater 

KSnigsbergs 1 
Wetarli^ Werner — s. Berichterstattung 
Weifimano, Adolf — s. Italien 
Wien. Hat Wien eine musikalische Zukunft? Von 

Wiih. v. Wymetal — in: Allgem, Musik-Ztg 40 
Woof, R. — s. Vtoline 
Wymetal, Wilhelnvv. — s. Wien 



* 



MITTEILUNG1 

Vielfadien Nadifragen unferer ;verehrlidien 
enffprediend, feilen wir mif, da£ bis auf weiferes 
nodi famflidie bisher erfdiienenen Melosheffe 
zum Abonnemenfspreife nadigelieferf werden 
konnen. 

MEIOS-VERLAG Q. m. b. H. 



426 



■'£ 






Aus dem Inhalf der bisher erfdiienenen Melos-Heffe: 



Heff I 



HERMANN SCHERCHEN . . Geleitwort 

— An Busoni — 
HEINZ TIESSEN .... Der neue Strom, L 
HERMANN SCHERCHEN . Arnold Schonberg 

OSCAR BIB Musikalische Perspektiven, I. 

■ Prof. ADOLF WEISSMANN . Der Weg z. mod. Piamsten 
BILDNISSE: Ferruccio Busoni — Eduard Erdmann 



PAUL VON KLENAU 
Dr. LEICHTENTRITT . 
HERMANN SCHERCHEN 



Danische Musik 
Bucherbesprechung 
Zu Hans Pfrtzners Asthetik 
der musikalischen Jmpotenz 
Bedeutende Neuerscheinung. 
nnd Manuskripte 
BEILAGEN: Faksunile eines Reger-Briefes 

,,Das Problem", Lied von Eduard Erdmann in E'aksimile 



Prof. Dr. ALTMANN 



Heff II 



HEINZ TIESSEN 

Dr. HUGO LEICHTENTRITT 



EDUARD ERDMANN 
ALFRED DOBLIN . 



Der neue Strom, II. 
Die Quellen des Neuen in 
der Musik 

Moderne Klaviermusik 
Vom Musiker (Ein Dialog 
niit Kalypso) 

Musikalische Kulturfragen 
Musikphysiologie 
Paul Bekkers „Neue Musik" 
Bedeutende Neuerscheinung. 
und Manuskripte 
BEILAGE: ,,GrabIied", Lied von Heinz Tiessen in Faksimile 
(aus Shakespeares „Cymbelin"; ubersetzt v. Lud. Berger) 



Dr. HANS MERSMANN . 
FRITZ F1UD. WINDISCH 
SIEGMUND PISLING . 
Prof. Dr. ALTMANN . . 



Heff III 



OSCAR BIE 

HERMANN SCHERCHEN 
LORENZ H015ER ..... 
JURGEN VON DER WENSE 



Nikisch und das Dirigieren 
Nikisch und das Orchester 
D. Dirigierkunst Art. Nikisch's 
Die Jugend, die Dirigenten 
und Nikisch 

II W. DRABER Die Nikisch-Programme und 

der musikalische Fortschritt 

ARTHUR NIKISCH .... Erinnerungen aus meiner 

Wiener Jugendzeifc 

Prof. Dr. ALTMANN .... Bedeutende Neuerscheinung. 

und Manuskripte 

PORTRAIT- ARTHUR NIKISCH (Aus der Luxusausgabe 

Tm Konzcrt" v. Oscar Bie mit Steinzeichmmg^n 

von Eugen Spiro, Verlag Julius Bard, Berlin) 



Heff IV 



HEINZ TIESSEN . . . 
FRITZ FRJD. WINDISCH 

OSCAR BIE 

C&SAR SAERCHINCiER 
Dr. ALFRED DO 13 LIN . 



INAYAT KHAN . • 
Prof. Dr. ALTMANN 



Der neue Strom, III. 
Regers Verhaltnis z. To nab tat 
Musikalische Perspektiven, IT. 
Amerikanische Musik 
Bemerkungen eines musika- 
liscbon Laien 
Musikweisheit der Inder 
Bedeutende Neuerschemungen 
und Manuskripte 



BEILAGE: Alfred Mombert: ,»^ der Wm „ 

Heff V 

TTTrT\r7 TIESSEN . . . ■ • £> e * neue Strom, IV- 

^TABARTOK • • Das Problem d neuen Musik 

£ ~u\ hg MPpqifANN . Die Empi'angenden 

RP^OLF CAfff-^^R ■ DieNotderKonzertorchester 

RLDOLt lAUAOi^^ ^ d dje Enhvicklun g der 

syrnphonischen Musik 
nr TiTiaO LEICHTENTRITT Biicherbesprechung , 
S™f m AT TM\NN . • ■ . Bedeutende Neuersehem 
Prof. Dr. ALTMAJSiN un d Manuskripte 

BEILAGE: Ricbard Dehmel: „Zw«ier Seelen^d^ ^.^ 

vi 

T3 * Annn?WT?TMSMANN . - Moderne Musi kkritik 
I r t A A«A W M^T ANN • • ^t^T^^ 
t^_. n« t ,^.ritr«kt.nr Mahler 



truing. 



Heff 



Dr. FRITZ STIEDRT 
EDGAR BY1C 

OSKAR BIE 



Der Operudiraktor Mahler 

Mahlers Lkstase ein Ver- 

maehtnis 

Musikalische Perspektiven, 

III, Das Oratonum 

D. Mahlei-fest i. Amsterdam 

Willem Mengelberg 

^ . "XT __^ „ u^^lu^i n 



Dr. HUaO LEIOHTHNTRITT 

Prof. Dr. ALTMA.NJ* ^ Manuskri p t e 

Kodin^Khlertmste - Hortr. Will. Menwlbws 
ftoverSffentl. Uriel Giist. MaMer's id J?»tairoile 



Heff VII 

SIEGMUND PISLINC . . T«mi<>n/,en modtirimr Musik 

A. M. AWRAAMOKIi 1 . . Jensoils von T<ur.piw'i<>rung und 

TonatitJU , 1 ! . 
EGON WELLLC'/. . . . Die* Intzt. Wurkn riaudu Debussy* 
Dr. ALFRED GCTTMANN Dhs Tompn 
HUGO MARCUS .... La-<>apo, Lied, Onmiinni 

LOBLNX IIOHKH Din Nollagn uVrt IrrhesterniutfiUnr 

Prof. Dr. Al/IMANN , BimJimiIhikIo Neimrschfiiningeii u. 

Manuskripte 
BEILAGE: Heinrich Heine: „Hast, Du din Lippen rnir wnml 
gekulil", Hermann Srbereben. 



Heff VIII 



SIEGMUND PISLING 
A. M. AWRAAM0F1* 



. Temli'iizmi tnodernnr MumU 
. .Icnsnits von Tmnpnrioruiig und 
Tonalitiit, I II. 

Dr.UDO HIIKSEK Dio Situation dor hunt igim Musik 

Proi-LUIUUKMANN-Essen Zur Tonalitiit 

HEINZ TIESSEN .... Din Zukunit tins Allgnnnni.nn 

Deutscbon Musikvnrniiis 
Pro!'. Dr. ALTMANN . . . Mndeutondn NiMinrnchoinun^iMi 

n ml Mantiskripti* 
BEILAGE: Maskowski, (Jedicbt von (iippius 



Heff IX 



HERMANN SCHERCHEN . . . 

ROBERT MCLLEH -HARTMANN 

EDUARD ERDMANN 

OSAR BIE 

Dr OSKAR GUTTMANN . . . . 
Prof. Dr. ALTMANN 



BLILAGE: A. T. Wcgnor „Duinn 



Das Tonalittitsprinzip u. 

die Alperi~Svmj)honin von 

R. HtrauU, 1. 

Z u m Sti In rob I tun dtir 

rjonen Musik 

Von Hrhonberg u;nl 

sninfii Lindnni 

Opnret.tn 

Von dor Musikkritik 

Bndeut. Neiiersrheinung. 

it. Manuskripte 

laarn sinH braun*', 

Mruno VVoigl 



Heff X 



HEINZ TIESSKN 



FRITZ STIEDRY . . 
ALFRED DOBLIN . . 

GEBHA.UD STJJEKU . 
OSCAR. GUTTMANN . 
j'roi*. Dr. ALTMANN 



. Das Tonktinstlor-Fnst dos 
Allg- Doutschon Musikvoreins f 
Weimaror Krgobniflsn 
. Aus einor Denksrhrift 
. Din 8rIb.sthorrli(rhkftit dos 

Wort os 
. Arnold Schonborgs Oj). Xf'II 
. IJiit'herbespretjhung 
. Bedoutondft Nouerscbeinuiig. 
und Manuskripte 
BKTLAGE : Alfred Sohattmann „Nun die Blattor w«Ik u. braun/ 1 



Heff XI 



v Neu« Klassiisitat?* 
HERMANN SCHERCHEN . . Das Tonalitatsprinasip 



dio 



Al pen symphonic von Richard 

Straufl, II- 

D- takUosen, freion Rbytbmen 

in der alten u. nouen Musik 

Zukunftsaufgaben d. Opern- 

inszenierung 

Pantomime 

Wiener Konzorthibon in der 

Go gen wart 

Preisaussohreibung des New Yorker Schumann-Clubs 
Prof. Dr. ALTMANN .... Bedeutende iNeuorschemung. 

und Manuskripte 
NOTENBEILAGE: Heinz Tiessen: ^Reinigung" 



Dr. HUGO LEICHTENTRITT 

Dr. ADOLF ABER 

OSCAR BIE 

Dr. HEINRICH KNODT-Wien 



Heff 12 



Das dritto Regerfest in Jena 
Da.s Verstelu,u „hypennoderner w 
Akkorde 

Die Vcranderung des Orchost«r- 
klan^es 
. A , A , ItaUenisches TaRebuch 
Nachrichten aus dem Musikleben RatoruJSlanda 
Die Komponisten der in Melos ©rschioneneu Liedbeilagon 
Prof. Dr. ALTMANN . Bedeutende Nouerscbemungen und 
Manuskripte 

NOTUNBEILACE: n Du maebst mien tranrig hore" (Else 

* Lasker-Schiiler) von Paul Hindemitb 



ERAVINLENDVAI 
LUDWfG BIEMANN 

UDO RUKSER - - 

ADOLF WEISSMANN 



427 



Heff XIII 



'G JULIO BAS-Mailand . . . . 
Prof. CARL EITZ 

HEINRTOH KOSZNLCK - - . 
GERHARD STRECKE . . . . 

WALTHER HOWARD . . . . 
Dr. HUGO LEICHTEN T TRITT - 
Prof. Dr. WILHELM ALTMANN 



NOTENBEILGE: 



Dynamismus imd Ato.ualitiit 
Von den natiirlieu reinen 
StimmungsverhlUtnissen 
Klavierteohnik n. Welteinstell. 
Neuere d^utsche a eappella- 
Werk<> groBen Stils 
Die H&honlagon der Kuiist. 
Zur Asthetik" 

Bedoutonde Neuerschomnngen 
und Manuskriptt* 
Fritz 'J? rid. Windiseh: Zwoi Stticke aus don 
„Klangvisionun u : Nr. 1 fiir Yioline alloin, Nr. '2 
i'iir Yioline und Bratsche 



Heff XIV 



I Jr. HASTS MERSMANN 



. Die Untersuehung neut't'er niu- 
sikaltsciier KnustAvt-rkc 

Dr. ERNST KURTH Romantscite Harmonik u. ilnv 

Krisr in Wagners ..Tristan", L 
Dr. HERM. STEPHANT. . 

UDO RUKSER 

ALFRED DUBLIN .... 
H. SCHULTZE-RITTER . 



Tonmathrmatik — Tondeutung 
Das Moser-KJavier 
Wider die Yerleger 
Kritische Betrachtungen it her 
das moderne Lied mit 13 (-■ nick- 
si oh tig- ung von Liedorn und (U:~ 
sj-ingen von Mnnfrwd Ourlitt 

Prof- Dr. WILHELM ALTMANN Bodeutende Neuerseheinuugen 

und Manuskriptr 1 

NOTENBEILAGE: Arthur Sehnabel: II. Sat-z dor Sonate fur 
Solo-Violine 



Heff XV 



Dr. ERNST KURTH Romantische Harmonik u. ihre 

Krise in Wagners ^Tristan*. II. 

Molodie 

Das Wortmusikalisehe und die 

neue Diehtung 

Musikstenographio 

I'iir die Vorlegor 

Buchhesproohutig 



H. HEINZ STUCKENSCHM1DT 
ALFRED WOLFE NSTETN . . 



WILLIAM HOWARD . . 

Prof. Dr. WILHELM ALTMANN 

l)r HUGO LEICHTENTRITT 

Prof. Dr. WILHELM ALTMANN Bedeutendo Neuerseheinungen 

und Manuskripte 
NOTENBEILAGE: Hindemith: Nr. VL aus „Du cine Nacht", 
Traiimo und Erlebnisse. op. 15. Far Klavier 



Heff XVI 



GIULIO BAS Ein Fundamontal-Gesetz dor 

Musik 

Dr. ERNST KURTH Roraantischn Harmonik u ihre 

Kriso in Wagners ., Tristan", III- 



Dv. HANS JOACHIM MOSER. 
Dr. KATHI MEYER .... 
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Senl'l als Atonaiist 

Das Stilproblem in dor Musik 



Opor und 



Revolution 
Pro f . D r. W LL HE LM ALTM AN N B o do ut. ■ nd o No u o r s - hoi nun gen 

und Manuskrlpto 



Heff XVII 



Dr. ADOLF ABER Wobin des Wogs? 

BELA BARTOK Der EinfluU dor Yolksmusik auf 

die hexttige Kunstmusik 
Dr. HERM. STEPHANT 
AUGUST LEOPOLD SASS 



Parti turen 

t scire Sehuloim Geigenspiel 



H. HEINZ STUCKENSOHMIDT Nmie Lieder 

Dr. HEINRICH .KNODT-Wion . ZurPsychologio des Komponist 

Prof. Dr. WILHELM ALTMANN Bedoutendo Npuerschomungen 

und Maiuiskriptc 
NOTENBEILAGE: Ednard Erdmann : Zwoiter Satz aus dor 
Sonate fur Yiolino all ein 



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Erste Symphonie Cdur 
Zweite Symphonie Dmoll 
Russia. Poeme symphonique 



Partitur 24 M. Stimmon 40 M 

Partitur 20 M. Stimrmm 36 M. 

Partitur 8 M. Stimmtm 20 M. 



En Boheme. Poenic symphonique 

Partitur 10 M. Stimmen '20 M. 

Spanische Ouverture 



Symphonie Hmoll Op. 12 
Polonaise Op. 16 



Partitur, 10 M. Stimmon 20 M. 

S. Liapunow 

Partitur 24 M. Stimmon 40 M. 



Mustk zu Shakespeare's Tranbrfie „Konl0 Lear" 

Partitur :tO M. Mtimirum .*t0 M. 
Ouvrrturr zu Shakrnpoaivs Tra^'odin ,Koni^ l^ar" 
lun/.rln 

Partitur 5 M. Stimmon 10 M. 
Chopin Suite Vim- Htiirko von J'Y. Chopin 

fiir ^roIVs Orclirsti'i* inKtrnnu'ntiiwt 
1. Prvauibulo (KtuuV). 2. M;mii'k:i, X Intermezzo, 
4. Initial* 1 (Schcr/.u) 

Pariitur 12 M- Stimumn 30 M- 
Concerto Kir Klavior und Ordmstrr 

Partitur 40 M. Stiinnmn 40 M. 



Partitur 6 M- Stimmon 12 M. 



Jelasova Vola. Poeme symphonique Op. 37 

Partitur 8 M. Stimmon 20 M 



Hachisch. Purine svmplionique oriental Op, 5!1 

Partitur 20 M. Stimmon 36 M. 

Rhapsodie sur des themes de rOukraine 

J'iir Klavirr iiml Onhosfor 

Partitur 12 M. Stimmon 18 M- 
Second Concerto Op. '** I'iir Klavirr iintl Orchnstor 

Partitur 16 M. Stimmon 24 M. 



Festlicher Marsch Op. 12 
Zweite Suite Fdur Op- 14 



Partitur 4 M. Stimmen 8 M. 

Partitur 16 M. Stimmon 30 M. 
Deux Mazurkas Op^ j ^^ fi ^ Nr 3 stimmei) 4 M _ 



A. S- Taneiew 

Zweite Symphonie Bmoll Op. 2 



Hamlet Ouverture 



Partitur 21 M. Stimmon 40 M. 



Stimmon 16 M. 



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Der 

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dai-I nor cm rmt « >m Kenm o Q U(;ht „ votl h6 ,.h S u-, 1S 

■i(. 16 Versen. Dor *'" lit) "° ! I Tprn Kpiinwort dos Einsijndere, 
Vrosse fiber etwaige Vf T ° f 3 W 'o,|£" A dTosse ff lr di.eZnni«li- 

blo|^phi.^«n Notion. Ato-«tn^_ nD| ^ M-| , t 

Venvondt.ns in d«ji l»Aju U ^ Vol , strilldig keit wo If man 
Im Int.w«..e dor Q»™"£ k ^ZZn -«>™«r I)iohhverk« ... a. 

■ eill Sond\,-boftd < ..-nouisoh^^ ^ 

Das D113ttC" on ' 

dionen. GPflignete . Bsiti«*;e erbittet .• 

'■■.•■' 8 pHerau.B.«.erderDe«»U 6 <lor., 

■ ' : • ;: ' ■■■'■ : ' ' F r inkfdrb*-ft-B^h^oW,^nd,m^ 18 I. 



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Op. 96. Driiie Symphonic 
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Partitur 30 M. Studium-Partitur 8 M. 
Stimmun nach Vereinbarung. 

Eisherige Auffuhrungen: 
Kassel Stuttgart DUsseldorf Strasshurg 
Bremen Berlin Dresden MUnchen 
Gera Hagen Rosttck Chemnitz 
Wilhelmshav.Karlsbad Chicago Milwaukee 

Koln Wiesbaden u a. m. 



Op.92ErfleSuIte(M!irk.)in. r )8atzen 
No. l.MarkischeHoidf. No.2. Mi'nut»U 
No.SAbendstimimmg. No.4N T aehtgrsung 

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Partitur 24 M. Stimmon 36 M. 

Bishorigo Auffiih nmgon : 

Berlin Kassel Hagen I. W. 

Chicago Rostock Karlsruhe 

Hannover Graz Dresden 

Dortmund Kiel Melningen 

DUsseldorf Hamburg Duisburg Aachen 

u. a. in. 



Hanne NUte 



Eine Mlenschen- u. Vogelgeschichte f. grosses 
Orchester. Op. 107. Part. 16 M. Stimuwn 30 M. 



op. 90 Amllheln. OuvcrUlrc 

Partitur 12 M. SUmtnrn IK M. 

Hishorign Auffi"ilirungi>n : 

Berlin Teplitz Dortmund 

Leipzig New-York tiegnitz 

Hamburg Frankfurt a. M. Nordhausen 

Kiel Prag Chicago 

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Magdeburg, Berlin, Leipzig. 



Chorwerke 



Mutter Erde DerlZO.Pfalm Fesi-Kaniate 

~ , .. <t. _. _ ,]„.. t.t Ai,. C'nfnn,,,,,^,, r/.^wic fiir iriit-tiiKcliti-n Ohnr mil Orcliosl-iT 



Kin OhorwtM-k mit vier Solostimmen 

Tnxt von O P. S. CABANIS 
Klavierauszng: jnit Text . M. 10.00 no. 
Orhesterpartitur . . . M. 60.00 no. 
Jede Chorstimme . . . M. 1.50 no. 

Textbuch M. t 0.30 no. 

Orehosterstimmen nach Verembamng 
Bisherert'olgr. Anffiihr. Danzig (Binder), 
Dresden (StriegJev). Naehste Aufi'iihr. in 
DUsseldorf (PanznejiOsnabriick.Eisleben 



„Wenn dor Heir die GofangiMitni Zions 

erlosen wird" 
Fiir gem. Chor, Solostimtnon (ad libit.), 
Orchoster und Orgel und Pianoforte 
Klavierauszug M. ">.00 no. 

Orchestorpartitur M. 20.00 no. 
Jede Ohorstimme M. 0.60 no. 

Orchestorstimmrn M. 30,00 no. 
A ufgdu.a.i. Berlin, Dresden, Posen, Hagen 
Hermannstadt, Baden-Baden, Essen usw 



fiir gnmischtcn (Hior mil On-liosl-nr 
KlavirraiiMzug mit 'IV\t . M. 3.00 n<». 
M. t»-30 no. 



Jodn (')iorstiinme . 
OrehcHterpartitur . 
Orehester.stimmfMi 



Lied de$ Glockners 

Dichtung von GASAR FLAISCHLEN 

fiir Miinnerchor und Messzo-Sopran oder Alt-faolo 

Klavier-Auszug M. 6.00 Jede Chorstimme M. 0.30 

Oivlu-stor-Partitur „ 12.00 Orchesterstimmen „ 20.00 



M. 5.00 no. 
M. S.00 no. 

Aut'gefiihrt n. n. in Berlin, Bretlau, 

Erfurt, Kiel, Licgnitz. M.-Gladbach, 

MUhlheim, Kremsier, Broos, Essllngen, 

Krefeld, Danzig usw. 

Oiler- u.Wandervogellied 

Diehtung von OASAK FLATSOIi LKN 

fiir Mannerehor und Muzza-Hopran-SoUi 

Klavior-Auszug M. 6.00 Jede Chorstimme M. 0.30 

Orchestrr-Partitur „ 12.00 Ordiesterstiinmeu „ J0.00 



Teuerungszuscblag (einschlieBlich 



Sortimonter-Zusclilage): 2(>0 o/o aiif Orrhpsterwnrkf ; 150^) auf Chorstimnu- 



Verlag von Jul. Heinr. Zimmerman.* in \£ggg ™* JfSSS. 



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I im Winter 1920/21 

1 LE1TUNG- CARL SCHURICHT KONZERTTAOE: 0RC.IESTER: STADT. ORCHESTER 

■ 15. Oktober 1920: Solisten: AnniSilben HedwteRode 
1 Fritz Scherer, Alexander Kipnis. Chor Cac hen 
I Verein Anton Bruckner: Neunte Symphonie (zum 
1 1. Male); Te deum (z. 1. Male). 
1 29. Oktoberl920: Sollst: JtoxStrub (Violine). R-S^u- 

■ 26 No.br. 1920: Solid: Edwin """fof S" 

= Symphonie D-dur. 

S m nezbr 1920: Solist: Carl Flesch (Viohne). L. v. 

I 10 Be D e ovetr: Viohonkonzert; Dritte Symphon.e 

1 7 J r r i^ s f "dg? KfS? is °ST& 

i X, La -u L ( Mo iere ? s Biirger als Edelmann" (zum 

I r U MSe); U Frrichr S eker: Vorspie, ^nemDrjm.. 



21. Januar 1921: Solist: Hel^e Lindberg (Banton). | 

G Mahler: Adagio aus d. 6. Symphonic (z. 1. Mac); ^ 

Lieder eines fahrenden Gesellcn (zum 1. Male); g 

Erstc Symphonic g 

4 Febniar 1921: J. Haydn: Symphonic C-moll; | 

A. Bruckner: Achtc Symphonic (z. 1. Male). ^ 

11 Februar 1921: Solistin: Sigrid Hoffmann-Onegin | 

(Alt) A Schdnberg: Pelleas und Melisande uum 1 

1 Male); E. B. Onegin: Gesilnge m. Orch. S. v. | 

Hausegger: „AufkIange" (z. 1. Male). g 

4 Mar/ 1921: Solist: Adolf Busch(Violine). ^. S Bacii : | 

' Suite f. Orch.; M. Reger: Violinkonzcrt (z. 1. Male); g 

J. Brahms: Symphonie Nr. 4. | 

11. Marz 1921: G. Mahler: Siebcntc Symphonie | 

(zum 1. Male). . §§ 

18 Marz 1921: Solisten: Else Liebhold Rosy Hahn, 1 

LudwUoffmann.RichardBrcitenfeldXhonC^ m 
Verein L. v. Beethoven: Neunte Symphonie. 



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Jedes Blatt enthalt eine Originallithographie von Otto Griebe! und das von 
Erwin Schulhoff auf den Stein geschriebene Notenblatt. Ausgabe A Nr. 1—3: 
auf handgeschopftem hollandischem Biitten. Die Lithographien sind von 
OttoGriebel handaquarelliert. Jedes Blatt ist von beiden Autoren signiert Ausgabe B 
Nr. 4—15: auf deutschem Biitten. Jedes Biatt ist von beiden Autoren signiert. 

Ausgabe A: Mark 1500,— ; Ausgabe B: Mark 800,— 
Wir bitten Interessenten, sich zwecks Ansichtssendungen an uns zu wenden 



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Die Zeitschrift ruft zum ZusammenschluB 
aller kiinstlerischen Krafte auf. Sie entsteht 
aus der Gemeinschaft der radikalen Kiinstler 

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von alien Zugestandnissen an den Markt 

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Aus dem Inhalt der erschienenen Hefte: 



Heft I; 

Text: H. Kosnick: Der entfesseHo Prometheus 
Ui.W- lteimann: Zur Kunst / Moriss Melzer: 
Sehaustatt' / Das blaue Wander: Peter Leu: 
Worte zum \y"andbild irn Horsaal der Charity, 
Berlin / Ziele dor Kunst 7 Aui'bau: Kin ganz Neu- 
gieriger / Ignoranz / BeprasentatJonsprofessoren 
Ciraphiku. Abbildungen*. Gottfried Graf-Stuttgart: 
Kopf mit Stern / Bernhard Klein: Vignette 
Hans Spiepel: Spieler / Georg Tappert: Alte 
Chansonefcto 7 Oswald Herzog: Einsam 

. , , K 1) Kinzinger : Bild 1919/16 / Moriz Melzer : 
Ijinoleumschnitt 

■ Kunstbeilagen: Hans BraB: Bild 14 / W- Schrnid: 
Luna /Cesar Klein; Mondfrauen Spielon 
ttudolf Belling: Dreiklang 

Preis des Heftes Mk, 5,— , Abonnement Mk. 2,%— 
uhd Kxuisthandluiigen, alle Postanstaiten und 



ne« ii - 

Text: Oswald Herzog: Abstraction der bildenden 
Kuust / Max Krause: Kunst — Handwerk 
Heinrieh v, Boddien : Zu meinen Bildern 
BWJi: Anmerkungen / Auf ban: Das Dommosaik 
Keprasentationsproiessoren / Pensionsanstalten 
Hochhurgen der Kultur / Kotiz / Bildnis- 
aussteliung der PreuBischen Aiademie / Mit- 
teilung / Ausstellungen 

Graphik vind Abbiidungen: Originalholzschnitte 
von: Bernhard Klein / Arthur Goetz / Karl 
Volker / Albert Muller / Gottfried Graf 

Kunstbeilagen : Georg Scholz ; StraBenbahnkurve 
Oswald Herzog: t GonieBen /Max Krause: 
Intuition / Heinrich v. Boddien: Opposition 
halbjahrlieh. Zu beziehen durch samtliehe Buch- 
den Yerlag Keuendorff & Moll, Berlin-WeiBenseo 



eREIFTZUM KUNSTTOPF! 



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El „ llBi „,. a,n 1. „nd 16. Jeden Monads. Z» beziaben dureh die P=H,,, 1 -^-n^ah ; ~ S ",. AM,, !, 

IT,,- .,«„ Bu,bhnndel: X. Simrook, ft m .b.H, Leipzig:.- G,,oi,dHs S udb ; : M* „s-\ Vb, K - ; _ ; ' " ). f .' ,' „ .,„ ,„,, 

Lo,„,, f: W.BW.see 12G. - liedaktion: Hermann Soke,-, hen, Be, n,-L ru- ena,, U ■ *».*• • ; ' »' " ,,,,-„,„,,., 

V,,, I ,nvo, tl ic„ Kir den Watenteil: C Hermann, Be,. in-We, ensee . ,™ • J, ~ '' , ,,,„,„„,„„..,„. ,,,,, Mi... ,.,,, 

in, ViP^MaLr-Abonnement MI, 15.- (Anskand Mk.87,-) em. ehl.ebbeb /,,>.,-ll..,. lt . - ■„.■■■■■■ _J 



Nr. 19 



Berlin, den 16. November 1920 



1. CJahrgang 



INHALT 

v^r rnnwTn RIEMANN Exprefjionismus - Nafurmufik? 

& f SS B r M ' : : wte BeSens W Oeb««. fl aefeie,:, Ird 

FPTT7 Fmn WINWSCH '. '. • • Der Kampf der Ordielter 
FRITZ-FRID. WINUl&cn Programm-Reinhoif 

Pro^fwllHELM-AIIMANN: ! ! Bedeu.ende Neuer^einanaen »nd Manu,a,ip te 
Die Noienbeilage in di*m Heff W aus, da iatdem nadden Meioshef, eine .an 8 e r e 
Beilage ungetrennf erfdieinf- 



„MELOS" 

in einer Luxusausgabe 

erfdieinf monarch einmal im Kunjfverlag 

Frifc Gurliff, Berlin W 35 



■ -■_■ 



^V^fciv 



Expreffionismus — Nafurmufik? 

Von Prof. Ludwig Riemann. 

Helmhol^ ffellfe in Jeiner Lehre von den Tonempfindungen den Safj auf, da)3 die 
Schonheif an Gefefje und Regeln gebunden fei> die von der Nafur der menfchlichen 
Vernunff abhangen, und findef nun darin die Schwierigkeif, da(5 diefe Gefefje und 
Regeln nichf vom bewu]3fen Verffande gegeben find und audi weder dem Kiinffler, 
Wahrend er das Werk hervorbringf, nodi dem Befchauer oder Horer, wahrend er es 
geniej5f, bewuj3f find. Ihm erfcheinf es als eine Haupffchwierigkeif, zu begreifen, wie 
GefefjmajSigkeif durdi Anfdiauung wahrgenommen werden kann, ohne daj3 fie als 
foldie zu wirklichem Bewugffein kommf. 

Diefe Taffadie konnfe den denkenden Mufiker zur Verzweiflung bringen, wenn er 
dem heij3en Triebe, unfere beiden heufigen mufikalifchen Kunffarfen, Impreffionismus 
und Expreffionismus, zu begreifen, logifch blojSzulegen, forfwahrend folgen wollfe. So 
bin ich z. B. feif kurzem der Machf impreffioniffifdier Mufik verfallen. Bisher in den 
ffrengen Pfaden der Tonalifaf denkend, drangen fidi mir Geffalfen auf, die das biedere, 
ehrfame fonale Bewu£ffein verdunkeln und zwar mif der Waffe der reinen „Empfindung" 
und der Ausfchalfung bezw. Zuriickdammung des Verffandes, Befonders merkwiirdig 
erfdieinf mir die innere Logik des. Verlaufs fro£ der fehlenden Verffandeskrifik. Aus 
raffelhaffer Tiefe ffeigen Akkorde in uns auf, die wir willenlos, erdenfriickf dahin- 
fdireiben. Bemadifigf fidi nun der befrachfende Verffand diefer „Eindriicke", fo ffehf 
er kopffchiiffelnd (man verzeihe den Sprachfapfus) davor um vorderhand damif nidifs 
aunzufangen, d. h. fie in eine Tonarf oder Tonalifaf einzureihen. Gebraudie ich fpafer 
einen Klangjchliiffel (fiehe Heff 12 d. J.), fo enfzifferf der Verffand nadi vieler Mtihe ein 
Gebilde kornplizierfeffer Arf, eine Geiffesarbeif, die in gar keinem Verhalfnis ffehf zu 
dem uns gefchenkfen mufikalifchen „Einfall". 

Die Lofung diefer Frage aus der Infuifion zu holen, erfcheinf billig, weil diefes 
Worf manches decken mu{5, ohne efwas zu befagen. Das Infuifive kann nichf aus 
einem Nichfs enffpringen, fondern mug einen Inhalf haben, aus dem es fchopff. Diefer 
Inhalf iff wahrfcheinlich das „mufikalifche Empfinden". Da die mufikalifche Infuifion 
audi mif Empfindung iiberfe^f werden kann, erklaren wir demnach den Teufel mif 
Beelzebub. 

Mif dem Worfe Jnfpirafion" kommen wir dem Geheimnis des Einfalls audi nichf 
naher. Wie fagf Nie^fche in feiner Schriff „Ecce homo": „Infpirafion iff eine Offen- 
barung in dem Sinne, daj3 plofjlidi, mif unfaglicher Sicherheif und Feinheif Efwas 
fidifbar, horbar wird, das einen im Tiefffen erfdiiifferf und umwirff. Man horf, man 
fuchf nichf; man nimmf, man fragf nichf, wer da gibf; wie ein Bli£ leudifef ein Gedanke 
auf, mif NofWendigkeif in der Form, ohne Zogern, — ich habe nie .eine Wahl gehabf. 
Eine Gliicksfiefe, in der das Schmerzlichffe und Dufferffe nichf als Gegenfa^ wirkf, 
fondern als bedingf, als eine nofwendige Farbe innerhalb eines Lichfiiberfluffes; ein 
Inffinkf rhyfhmifcher Verhalfniffe, der weife Raume und Formen iiberfpannf. Alles 
gefchiehf im hochffem Grade unfreiwillig, aber wie in einem Sfurm von Freiheifsgefiihl, 
von Unbedingffein, von Machf, von Gofflichkeif." — 

Tro|i diefer Jchonen Worfe, die den Tafbeffand umfchreiben, nichf erklaren, frofj 
meiner eigenen, anfangs gefdiilderfen Erfahrung kann idi mich des Gedankens nichf 
enf Ziehen, dap dennodi eine diskurfive Erkennfnis dabei im Spiele iff, Wie Ware es 

m .;. ,..,„.,,■■■, 






fonff moglidi, da0 ein mufikalifdier Geniefunke in eine Form zu Tage friff, die dem 
jeweils herrfdienden Sfilprinzip enffpridif oder diefem eine Sfredte — wohlverffanden 
nur eine Sfrecke - vorauseilf. Bis zum Einfriff des Expreffionismus haben wir es 
nodi nidif erlebf, daj3 ein mufikalifdies Genie die drei Elemenfe: Melodie, Harmonie 
und Rhyfhmus ignorierf und efwas ganzlidi Neues geboren hatfe, weldies nidif die 
Wurzeln einer mufikalifdi-diskurjiven Erkennfnis in fidi frugel Diefe braudif nidif im 
Bewuj3ffein zu ffehen, fie bildef einen Nahrboden, aus deffen Kraffe der „Einfair ge- 
boren wird. Der infelligenfeffe mufikalifdie Orienfale z. B. wurde nidif imffande fein 
Infpirafionen im Geiffe unferer Mujik zu Papier zu bringen, Weil ihm die diskurfive 
Erkennfnis unferer Kunff fehlf. 

In meinen beiden lefjfen Auffa&en (Heff 8 und \1 d. J.) glaube idi nathgewiefen 
zu haben, da)3 fowohl Tonalifaf wie audi befdirankfe Afonalifaf die Echpfeiler dar- 
ffellen, zwifdien denen die mufikalifdien Infpirafionen fdialfen und walfen. Selbff der 
Imareffionismus, der fidi davon befreif glaubf, bedienf fidi der Grundlagen, die ffefs 
„rein mufikalifdi" wirken. Der Expreffionismus lehnf diefes Zugeffandnis ab. Die Jub- 
jekfive Vifion erwehrf fidi der objekfiven Wahrheif und Wirklidikeif d. h. der Ton gilf 
nidif mehr als mufikalifdies fondern nur als affhefijdies Ausdrudtsmiffel. Die heufige 
Geffalf des Zufammerthangs der Tone iff als Frudif einer jahrhunderfelangen Kulfur 
dekadenf geworden. Die Tone miiffen zu ihrer „Nalur" zuruAkehren, d. h. fie follen 
nidif mehr als „Mufik" wirken, fondern in ihrer Reine, von alien Sdila&en enfbl6J5f, 
zu unferer Seele fpredien. 

Wollen Wir diefe Wahrheif anerkennen, dann miij5fe die expreffioniffifdie Mufik als 
reine Nafurmufik anzufehen fein. Gehen wir diefem Begriff einmal auf den Grund. 

Die unferffe Sfufe der Nafurmufik iff die Laufauflerung, die bei Menfdien und 
Tieren nadi Urfadie und Wirkung durdiaus auf gleidier Sfufe ffehf. Bewegungsimpuls 
und Muskelkonfrakfionen konnen die Laufauj3erungen zu langerer Dauer anfreiben. 

Das Tier bleibf auf diefer Sfufe ffehen, wahrend der Menfdi durdi eine logifdie 
Tafigkeif aus feinen Korperbewegungen heraus den Ton in rhyfhmifdie und mefrifdie 
Form bradife Sfreng genommen unferfdieidef fidi hier fdion der Expreffionismus von 
den Nafurzuffand des Tones, weil diefer fidi der kulfurellen Einwirkung, nadi Anfidif 
des Expreffionismus, nidif unferwerfen dfirffe. 

Die Taffadie da0 die Laufe fidi zu feffffehenden Tonen enfwidtelf haben, laflf fidi 
aus dem Einzelmenfdien an fidi nidif erklaren, weil diefer fur fidi alleir .nidif das & 

rSf 8 l ttl £uff ^^ 

^d« a S^e^S?St dem Menfdien enfhalfen", fagf Feuerbadi. Fehlf diefes, 

o finkT der Menfdi ins Tierleben zuriid, Die Vervollkommnung des Tones als 
Ausdrud, fe^f deshalb die Einwirkung auf den Mifmenfdien voraus. Diefe Vorauaj 
AusdrucK egi a Expreffionismus enfgegengefefjf, denn diefer lehrt 

llTLnl^T^l^ onne Ma*** auf den Mifmenfdien. Ein Forffdiriff 
nur den -^^^X^, n ur aus dem Individuum an fidi zu erwarfen. Diefer 

^rff^^^^ 

JSe^^rC^ feines Gemaldes oder dur<n 

Vorfpiel femes ' Tto|ffiA«a Tonau g erung im Tierleben erkennen wir im Vogelgefang. 

Die ho diffe Sfu eder Tonauperu 8 k6nnen wir nur ver mufen- 

Da wir das Se elen leben der Tiere m* «^g ohne Rmm auf die Umge bung 

da)3 der ^ l ^ au %^^^T^ev ein Ausdru* der Gefdiledifsverhalfnille 

. 435' 






- j 



■*■*&*■ 



bewegung damif Verkniipff fdieinf, ferner, dag z. B. beim Nachfigallengefang eine" ver- 
fchiedene Wahl des Ausdruckes vorliegf. Diefe Nafurfonauj3erung aber als Kunff zu 
bezeichnen, der wir nachzuffreben haffen, halfe Idti fiir einen ungeheuren Irrfum. Der 
freie Willenstrieb, als erffe und wichfigffe KunffaujSerung, iff in der organifdien Lebe- 
\yelf auf das engffe bejdirankf. Die Tone werden zunachff aus der Nadiahmung geboren; 
genau vvie bei der Sprache, woraus die feif Jahrfaufenden Jfefs Wiederholende Gleidnheif 
des Gefanges jeder Vogelraffe fidi ergibf. Dann enfffehen diefe Tone als Reflexe einer 
iiberfchujjigen Kraft die aus deni Wohlbefinden refulfierf, eine Erfcheinung, die wir 
audi bei Menf'dien finden (Juchzen, Jodeln), 

Der Expreffionismus fchlie|5f aber die Nadiahmung vollffandig aus und wiinfchf 
nur die Tonreflexe, die fich aus den Gemtifsbewegungen ergeben. Wie follen denn 
nur diefe Tonreflexe befchaffen Jein, wenn fie, wie ich annehme, fidi nidif bloj3 auf 
Freudenfchreie, Trauer jammern, Inferjekf ionen, Juchzen, Jodeln befchranken wollen ? 
aus abgeffuffen Tonen, deren Zufammenhang einer Nafur, einem nafiirlichen Zuffand 
enffprichf? Was hei)3f hier Nafur? Wiffen wir nidif, daj3 jeder Klang einem ewigen 
Urgefefj der Nafur folgf, d. h. daj3 er fidi aus Tonen zufammenfe^t deren Zufammen- 
hang und Slarkeverhalfnis wir mif einer ganzen Reihe affhefifcher Begriffe beiegen?! 
Iff es efwa dekadenf, dag unfere Vorfahren und wir bis zur heufigen Sfunde diefen 
Zufammenhang als Grundlage eines Tonfyffems angenommen haben? Man konnfe 
mir enfgegenhalfen, daj3 audi der Expreffionismus feine Tone aus dem Reiche der 
Oberfone enfnimmf, da feine Lieblingskinder; die kleine und groj3e Sekunde ebenfalls 
der Reihe des 8. bis j2. Oberfones enfffamnien. 

Im gewohnlichen Begriff „Mufik" frefen diefe Oberfone nur bei ffarker Tonerregung 
in der Klangfarbe und in Geraufchen auf mif affhefifdien Begriffen, die nlcht einer 
angenehmen Empfindung enffprechen, z. B. klimpern, klirren, zirpen, kreifchen u, f, f. 
Wir lehnen Klange mif derarfig hohen." Begleif tonen affhefifch ab. In der prakfijchen 
Mufik erfdieinen groj3e und befonders kleine Sekunden als Difjonanzen, ebenj'alls 
aus akuffifch-affhefifchen Grunden, Zwar find diefe Griinde einer Wandlung unfer- 
worfen. Je mehr fie jedodi als Konfonanz gefuhlf oder aufgcffellf werden, umfomehr 
entfernen fie fich von ihrem nafiirlichen Zuffand, der phyfikalifdi einer Konfonanz 
widerfpridif. Es bedeufef diefes nidif eine „Riickkehr zur Nafur" fondern eine Abkehr 
von der Nafur. 

Nach diefer Sammlung von Griinden zu urfeilen, haffe Goefhe Unrechf, wenn er 
fchreibf: „Ich finge.wie der Vogel fingf, der in den Zweigen wohnefT — falls er damif 
die Freiheif des Tonausdrucks und nidif die ungehemmfe BeWegungsfreiheif des Korpers 
gemeinf . haben follfe. Worflich genommen gibf es tiberhaupf keine „Mufik" in der 
Nafur, Weil fie die Grundelemenfe der von uns gebrauchfen (audi expreffioniffifchen) 
Mufik nidif in fidi vereinf. Die Tone der organifdien Welf (Donnerrollen, Wafferfalle, 
fonender Sand, Heulen des Sfurmes u. f. f.) find phyfikalifdier Nafur, und die Tone der 
organifdien Tierwelf reflekfierenden Wefens, die einer blo]5en Willensauj3erung enfbehren. 

Das einzige, was von der Nafurmufik auf den Expreffionismus uberfragen werden 
konnfe,. iff die ungehemmfe BeWegungsfreiheif des Korpers auf die ungehemmfe 
BeWegungsfreiheif des Tones, ferner die unbewujSfe Ignorierung jeglidien Gefe^es in 
der.Tonau£erung. auf die bewujSfe Auj3eradiflaffung der von uns aufgeffellfen Tongeje&e. 
Das echfere je|$f eine affhefifche Wirkung des Tones an fich als Folge voraus. Dabei 
ergibf fich m. E, wieder ein unbeachfefer Wiederfpruch. 

Die nachffliegende Wirkung eines Tones iff enfweder eine unbewu)5fe UJberfragung 
auf unfere phyfifdien Sinne, oder eine UJberfragung des Nervenreizes auf unfer Gefiihls- 
leben. Wir wiffen, dag ein Einzelfon unfere Nerven auf das heffigffe erregen kann. 
Das graufamffe nach diefer Ridifung erfcheinf mir z. B. der Tod eines Deliquenfen 

456 



I": 



V SB!*'* '■ 

ife.: 



duroh unmiffelbare Einwirkung eines Glockengelaufes auf deffen Nerven, wie es in 
Indien vorkommen foil. Die phyfifdie Wirkung nimmf in der Mufik einen breifen 
Raum ein, befchrankf fidi aber zumeiff auf niedere Werfe (Tanz-Salon-Opereffenmufik), 
die hier wallenden Begleifurfachen: mefrifcher Rhyfhmus, hinfallige Melodie undHarmonie 
nadi fonalem Unfergrund lehnf der Expreffionismus aber ab. Bleibf alfo der Ton an 
fidi unfer fehlendem oder vorhandenem mufikalifchen Rhyfhmus. Den Nervenreiz des 
Einzelfones nun auf hohere mufikalifche Werte einfdialfen zu konnen, iff ein Trugfchlup\ 
weil die Vorausfefjungen des Einflufjes auf die Pfydie nur feilweife vorhanden find. 
Ein Ton an fidi, d. h. im Zufammenklang^auf fidi alleine ffehend, kann nur phyfifch. 
und erff dann pfydiifdi wirken, wenn er fidi in Beziehung zu feiner Umgebung fe^f. 
Ubrigens kennf die Nafurmufik audi keinen Ton an fidi, d. h. er friff ftets mif anderen 
Tonen bezw. Geraufdien (die Tone enfhalfen) auf, die wir im Zufammenhang erfaffen. 
Und wenn fie keine Folge darffellen (Vogelgefang), finden wir fie in der Klangfarbe 
(Wafferfalle) oder im Portamento (Lowengebriill). Wie gefagf, iff die Umgebung von 
gewalfigem Einfluj3 auf die pfydiifdie Wirkung der Tone, eine Tafjadie die der Expref- 
fionismus ignorierf oder beffer gefagf, nichf erfiillen kann. Ein Volkslied aus dem 
Munde einer Dorffdionen klingf eindrucksvoller wie im Konzerffaal. Em Sdialmaien- 
fon inmiffen der Tafigkeif eines Schafers wirkf beriickend, im Zimmer dagegen nudifern, 
nidifsfagend u. f. f. Eine enffprechende Umgebung laflt fogar das knhfdie Gefuhl I fur 
Tonreinheif zuriickfrefen. So erzahlfe mir ein Nahirforfdier, der d ie unerforlchfen 
Gebiefe Cenfralbrafiliens bereiffe, da£ fein Ohr beim Spiel der unreinen Pentafomfchen 
Skala auf der Flofe fidi nidif im mindeffen veriest gefuhlf habe, da die ^zenden 
Flofenfone inmiffen der fropifchen Nadif ihn vollffandig gefangen nahmen Ledigluh 
die Umgebung und die Modifikafionsfahigkeif des Ohres ermoghdien be. umeinen 

^^^^m^^^ erff durch die Reize der Umgebung zur Gelfung 
kommT^d^ 

einfadien Tongeffalf bedienf mup* er aus ^^^^ die Vorffellungswelf heran- 
Genuffes aus dem Tone an fich enfra ten und ^ n ^ f 7^ W j er i ges Beginnen. Wie er 
Ziehen, damif der Ton durdi die e . wi kf -^ « ^rffes Gefet5 
diefes erreidien Will iff m r ratfelh aft. uev ™ » d En f Ip annungen gelfen 

immer nodi die Wedifelbe^ehungen zwifdnen ^^ prmonis ^ 5 leiden derarf 
frofe alter fonalen Freiheifen. Die ^^^ D as bedeufef nichf 
anDberft*^ eine Enfarfung. 

eine Freiheif der Tonzufammenhange - Jondern e Expreffionismus, die 

5 * %^^^X^^^^-^ seele '' wie S(herin9 m 

iXMSi wtederfptegeln zu wollen oder zu konnen, 



<*> 



i:.': 437 



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Hildebrando Pizzeffi und seine Violinsonafe 

Von Mario Caffelnuovo-Tedesco. 
(l!)berfe^f aus dem Englifchen von Hermann Scherchen.*) 

Violiniffen, die in einem Programm die drei wichfigffen Sfafionen auf dem Enf- 
wicklungswege der Violinfonafe aufzeigen wollen, follfen neben Beefhovens „Kreuf$er" 
oder VIL und Cefar Franks Senate die Hildebrando Pizzettis fpielen. Alle anderen 
bedeufenden Sonafen fchliejSen fi<±i eng an Beethoven, oder an Franks cyklifche Form; 
keine aber iff fo die Fruchf einer ganz perfonlichen Konzepfion, wie Pizzettis Werk, 
das nach Form und Gehalt gleichermajSen neu erfcheint 

Der Komponift hat diefes Werk lange in feinem Geiffe getragen und feinefwegen 
voriibergehend nkhf nur geplante neue Blihnenwerke, fondern fogar die ihm fo Hebe 
„Deborah" zuriickgeffellf; es war innere Nofwendigkeif, die ihn zwang, dem Drama, 
das durch Biihnenmittel nicht verwirklicht werden konnfe, das aber leidenfchaffsvoll 
vibrierender Sfimmen bedurffe, um das heijSe Leiden gequaltenHerzens und erwachenden 
Gewiffens auszudriicken — dem„Drama desKrieges"als Violinsonafe Geffalfung zu geben. 

Der Krieg hat Jedem Wunden gefchlagenl Wenig Kiinftler vermochten gleidi 
Pizzetti diefem Leid Ausdruck zu verleihen; Jeine Sonafe, ganz ein Kind der Zeit, urn- 
Jpannf alles Fiihlen unferer Periode. Wer nur wahrend diefer Jahre des Hummers 
Leid trug, betete und weinfe, wird diefen Kiinftler lieben miiffen, der als Menfch-Bruder 
mif ihm Leid getragen, gebetet und geweint hat. 

<$> 

Die drei Sa£e offenbaren drei Seelen-Zuffande, vvelche den ganzen Gehalt der 
grojSen Tragodie umfpannen. Der erffe, fempesfuofo, jagf durch einen Sturm der 
Sdimerzen; der Menfchengeift ift in diefen furchfbaren Ausbruch aller Elemenfe, alien 
Elends geworfen. Eine grandiofe, grauenvolle Vifion von danfifcher Kraft, die keinen 
Hoffnungsfchimmer, kein Lichfzeichen laj3f: fur den Menfdien bleiben nur Schreie der 
Angf t und f di wache, erf terbende Ref ignation. Darauf f olgf als „preghiera per 
gi'innocenfi" das Gebet fur all die Unglucklidien und Leidfragenden, welche, nadi 
Pizzettis Worten „das Warum ihres Leidens nidif kennen". Der Menfdi beginnt zu beten, 
alles, was an gofflidie Giite glaubt, betet mif. Diefe Biffe wird audi fur jene Gelfung 
haben, die felbft nidif zu beten verffehen, Hier fprichf nicht nur wundervolle Mufik, 
hier font wahrhaff das Evangelium der Nadiftenliebe. 

Nadi fo viel Leid kommf (vivo e fresco) mif dem bliifenreichen Fruhling ein neuer 
Hauch von Leben wieder: darin offenbarf Jidi das ewige Gej'efe des Lebens, das Gefefj 
der Gufe, Der Menfdi gibf fich der Freude am Leben und an der Nafur hin; er vergiJSt 
nidif, aber feine grauenvollen Erinnerungen werden von einer Hymne des Glaubens 
durdibrodien, die dem Kulf des Fruhlings nur weihevollere Sdionheif verleihf. 

Analyfe der Sonafe. 
Der L Safz zerfallf in drei Epifoden und einen kurzen SchlujSfeil. Das Klavier 
infonierf ein fdmeidend dahinjagendes Thema, zu dem bald in der Violine eine Melodie 
bitterer Klage friff. Aber die Inffrumenfe faufchen — gegen das Schema der klaffifchen 
Sonafe — die Themen nidif aus. Wenige, heffige Akkorde leifen zu der zweifen Epifode: 
Das Klavier bringf deklamierend eine einfache, refignierfe Melodie, von Recifafiven der 
Violine unferbrodien, aus denen ein neues Thema von kraffigem Rhyfhmus auffauchf. 
Nadi einer langen Enfwiddung ffihrf die driffe Epifode zu den Anfangsfhemen zuriick, 
welche zu einem Sdilug von hoher Dramafik davonffiirmen. 

* The Chestcrian. Nr, IX. Edited by S. Jean-Aubry. London. September 1920. 

43S 



Der II. Safz iff eine Art ununferbrodiener, inffrumenfaler Deklamafion, mif langcn 
Perioden von gro)3er rhyfhmifcher Freiheif. Das Klavier beginnf das Gebef, das iiber 
breifen, monfeverdifch-einfadien Akkorden anffeigf; bald friff die leidenfdiafflidie Sfimme 
der Violine hinzu. Ein frauerfdiweres Rezifafiv leifef zu der Jo unfaglidi riihrenden 
Es-Dur Phrafe hinuber, dem kofflidiffen Sfiid? der ganzen Sonafe. Ein zweifes Rezifafiv 
ffihrf zur ffrahlenden Wiederholung des Anfangsfhemas, bis fidi alles in einer )'iiJ5en 
Afmofphare voll Geheimnis loff. 

Der lefjfe Safj, ahnlich der alfen Rondoform, i{f auf einem freudig bewegfen volks- 
liedarfigem Thema aufgebauf, ein wundervolles fresco, das Nafur in leuduenden 
Farben einfangf. Pizzeffi haf friiher fchon bezaubernde plein-air Sfimmungen gefchaft'en; 
lag denen aber feine Wilde, monofone Heimafebene zu Grunde, Jo iff es je§t Toscanas 
abwediselungsreidie, wellenformige Hiigellandfdiaff, die ihn erfullf. Ein erregfes Thema 
wedifelf mif dem Volksgefang und fiihrf gegen Ende zu einer heimwehfchweren Epifode. 
Endlioh verfchlingen fidi die verfdiiedenen Rhyfhmen und Melodien zu einem einzigen, 
gro)3en Freudenhymnus. 

Melodifdie Erfindung, Rhyfhmik, Harmonik, Konfrapunkf. 

Die Themen find originell, pragnanf und von bewunderungswiirdigem Ausdruck; 
fro&eneFormulierungwie Wiederholung in den beredinefen Infervallabffanden der alfen 
Konvenfion iff ihnen fremd. Sie wandeln fidi beffandig, erneuern fidi. Edife inffrumenfale 
Deklamafion kennzeichnef das Werk, feine Bedeuffamkeif und Logik wird aber kaum 
ganz erfaj3f werden, wenn man nidif die wundervolle Gefangsdeklamafion kennf, die 
Pizzeffis Lieder, dramafifdie Werke und vor allem „Phedra" auszeidinef. Diefer 
Verfuch zu inffrumenfaler Deklamafion liej3 die Sonafe zu foldiem Meifferwerk werden 
und bewirkf den gro)3en Unferfchied zwifdien ihr und dem friiheren Sfreidiquarfeff. 

Pizzeffis Rhyfhmik zeigf nidif jene abwedifelungslofeAu?einanderfolge von Takfen 
gleicher Lange, welche fogar die unregelma0igen^, A oder »/, ^ ™^ £«*" 
mf bei ihmfolgfen beffandig ungleiche Takfmape einander, fodap- der E.ndiuck ernes 
elnes wahrhaff rnyfhmifcnen Afmens von grower Kraff der Abwechfelung und Deklamafion 

^l^T^^*^ -StSS^Ssa" be9leiten - 

Das find Monfeverdis »* «™^ 

Konfr^S * ZESXS& - M^en der Gelehrfamke, 



* 



a a^ Pronrammufik erheben, fo iff daran zu erinnern, 
dap ^^a^^^^^^- - - Programm haf, die 
im Herzen des Komponiffen einsegraben fm d. _ 

Da unfer „Sonafe« ein o reies ^J^™ 1 ,,, ver Uen, der umfaffend 
gegenuber auf den ^nghd^en j*™^^ 
genug war, um audi Pizzeffis wer dramafifch fdieinf, den modifen 

Wem die Sonafe aber als *»"*££ Franks A . dur Sonafe erinnern. 
svir an Beefhovens „Appaffionafa oder an ^ei 



439 



*m 



v ^^> 



Das Orcheffer 

Von S. Francesco Malipiero 
(IDberfe^f aus dem Englifchen von Sonja Carmen Friedmann.)* 

I. 
DerUrfprung des Ordieffers. 

Die Sfimme, als das vollkommene nafurgefdiaffene Instrument war das erffe 
Element des mufikalifdien AusdruAs und beherrjdife bis zu der Zeif der groj3en 
Polyphonie die kirdilidie und die welfliche Mufik. 

Die groj3en ifalienifchen Meiffer der Gefangsmufik Jahen fich frofj der Taffache, 
daj3 fie nur die Sfimme zu ihrer Verfugung haffen, niemals gezwungen, irgend einer 
Form des mufikalifdien Ausdruckes zu enffagen, Jeiesum dasDramafifche, Befchreibende, 
Lyrifche oder Komifche. Es iff daher nichf verwunderlich, wenn die, die in der Sfimme 
ein mujiknlifch reiches Inffrumenf befaj3en, keine Veranlaffung fuhlfen, diefe zu Gunffen 
des Ordieffers aufzugeben. 

Den alfen, wie in Mofaik bauenden Meiffern der Mufik waren Violen und Oboen, 
Flofen und Pofaunen fur die zahlreichen Windungen eines komplizierfen Konfrapunkfes 
nichf biegfam genug.** 

Mif dem Verfall der Gefangskunff fauchfen zuerff Mufikinffrumenfe auf, weldie 
nichf nur zur Unferffii^ung der Sfimme dienfen; es waren im Gegenfeil diefen In- 
ffrumenfen die Tanze der prachfigen Hoffefflidikeifen vorbehalfen, und der Gebraudi 
von Symphonie und Conzerfo war wahrend des ganzen i6. Jahrhunderfs in Mode. 

Das Vorurfeil gegen die Einfiihrung von Mufikinffrumenfen in die Kirche beffand 
mehrere Jahrhunderfe hindurdi und erff am Anfang des 17. Jahrhunderfs Wurde iiber 
die Rechfferfigung ihres Gebrauchs zu chrifflichen Gebefsffaffen diskufierf. San Giuffino 
der Marfyrer lobf — in Frage 107 — den Gefang, verwirff aber den „Klang". Die 
Inffrumenf e wurden dann in der eleganfen Abhandlung des San Aelredi Abafe, 
eines Jiingers San Bernardas ganzlidi verdammf. Indeffen wird fdion zugeffanden, 
daj3 die Mufikinffrumenfe die kirdiliche Wurde nichf beeinfrachfigen; fie find audi nichf 
mehr ausdriicklich in den Kirchen verbofen.*** 

Ungeadifef aller Hinderniffe und des Aberglaubens faj3fen die Mufikinffrumenfe 
fchnell Fuj3; Jchon am Ende des 15. Jahrhunderfs begann man Chorbrudiffii&e mif 
Teilen inffrumenfaler Mufik abzuwechfeln, und langfam, fehr langfam drangf das 
Ordieffer empor, bis es die Haupfbedeufung gewinnf. Die urjpriinglidien Inffrumenfe, 
von denen die Einzelglieder der verfchiedenen Orcheffergruppen abffammfen,**** haben 
wohl eine ahnliche nafiirliche Enfwickelung gehabf, wie die Sfimme. 

Das Ordieffer haf immer beffanden, man muj3fe.es nur enfdecken. Es ffellf deshalb 
nichf fo fehr eine Erfindung als eine menfchliche Errungenfdiaff dar, die, unfer dem 
Anfrieb der mufikalifdien Infuifion gemadif, alle rein maferiellen Hinderniffe iiberwandf. 
Im gleichen MajSe, wie die Konffrukfion der Inffrumenfe vervollkommf wurde, madife 
audi* die Gefdiiddidikeif der Spieler Forffdiriffe. Die Keime des Ordieffers mogen in 
den aus dem i6. Jahrhunderf ffammenden Opern von Claudio Monfeverde, Tulli, 

* The Chesterian. No. X. Edited by S. Jean-Aubry. London. Oktober 1920. 

** H. Lavois, Fils. Histoire de 1'instrumentation depuis le seizieme siecle jusqu 'a nos jours. Paris, 1878. 
*** F. Bonanni, Sabinetto armonico pieno d'istvomenti sonovi, Rome, 1723. 

**** Floten, Oboen, Clarinetten, Horner, Trompeten und Vioten. Die Erfindung der Clarinette fand erst 1701 
statt, wahrend die iibrigen Instrumente ein sehr hohes Alter haben, 

440 



m 



Luigi Roffi und CaValli gefunden Werden; man kann da fogar Spuren foldier 
inffrumenfaler Kombinafionen, wie von Pofaunen, Trompefen, Flofen ufw. enfdechen. 
Aber folange das Ausffillen der bezifferfen Baffe der Umfidif der Cembalo- oder 
Laufefpieler fiberlaffen blieb, war es unmoglich, guf ausgeglichene, beffimmfe 
ordieffrale Klangfarben zu erzielen. 

Erff im 17. Jahrhunderf begann fidi der Sinn fur die Zufammenffellung und Aus- 
Wahl von „Farben" zu enfwickeln; fidierlidi haffe man wahrend des 15. und wahrend 
des ganzen 16. Jahrhunderfs die Inffrumenfe aufs Gerafewohl zulammengefan. Wenn 
audi der gufe Gefdimads und die Infuifion der Spieler des primifiven Ordieffers einen 
gewiffen Ausgleidi bewirkfen, fo ffehf dodi aus „Nadiridifen" etc. fejf, dap" die wahrend 
des 16. bis 17. Jahrhunderfs im Gebraudi befindlidien Inffrumenfe nidif auf befriedigende 
Weife gemifdif waren. 

Diefe Nadiridifen beziiglidi der Inffrumente des 15., 16. bis 17. Jahrhunderfs find 
geniigend zuverlaffig, obgleidi fie mehr von der Kunff der Inffrumenfenmadier, als von 
der der Spieler beridifen (wie aus den Dokumenfen der Zeif erfehen werden kann). 
Als Haupffadie ergeben fie, dap" der Inffrumenfenbau wahrend des 16. und 17. Jahr- 
hunderfs in hoher Bliife ffand. Die karglidien Aufzeidinungen fiber das Mifdien der 
Inffrumenfalfarben erfdiweren es fehr, |idi ein audi nur annaherndes Bild zu macnen 
befonders da die gezupffen Saifeninffrumenfe (Theorben, Laufen, Ba^gifarren efc.) faff 
durdiweg vorherrfdifen, was grof5e Monofomie und Dicfee des Tones zur Fo lge ^haben 
mu «. Die Btidier der Zeif fiber Mufiklnffrumenfe geben wohl genaue Befdireibungen 
von deren wunderbare Konffrukfion (die niemals fiberfroffen worden iff), em Minimum 
der Be ehrnng aber beziiglidi ihrer Gruppierung beim Vorfrag. Aus der Gleidigulfig- 

S^3£5£fi zu^dm^obgleidi der polyphone , «J ^^^S 

unrherrtdi e In der Vorrede zu leinem Rappresenfafione di *""<"**< dl corpore, 

fell, Emtio de Cavalieri einfa* fell dap .die In((rumen(e wohl kUngen und, ,e 

na* dem Raum, Iheafer Oder Saal, mehr oder weniger zahlre,* |em nrupten. 

, f n~„ a~ Hp nidif aefehen werden dfirfen, hmfer der Szene 
„Die Inffrumenfe foUen da fie nidif ^n _ Dieie 

gefpielf werden von Perfonen die dem Sanger ^/s honien ffir Solo . 

TntuSf nkSlK SetS^ie Ueffrale Verfeilung gefunden 

gro^en Anzahl von In ^ u ™ en *f\ ^' P eraebe « Aber wie die Violine von „emer 
Diskanf eine ausgezeuhne e Wirkung [ ergebe. ^ Mufmapung fiber- 

grojSeren Anzahl Inffrumenfen begle fef werd ten* inffrum enfaler Begleifung 

laffen. Giulio Caccim „d er als erf^er den* oio g ^ g ^^ ^ ^ 

einfuhrfe",* erhellf nidif das Gehe mms, wenn e m i we fenflidiffen 

Harmonie in der Enridice beru hf ^f einem be *^ 

Q-wrien.'SedUten.S^^^^^^J Marco d. Gagliano iff in 
Telle dem Verffand und der Kuntf u ^ la " e " c accini: _ „Es iff vor allem raffam, 
der Vorrede zu feiner Dafne jndrf Uaraab Caccrn^ ^ ^.^ ^ ^^ 

die begleifenden Inffrumenfe fo in den Ka ^ wenig Harmonie zu 

fehen konnen; fie Jf»J£^^£Scn muffen; das Spielen foil ohne Ve, 
geben, da immer die Worfe fciar genu 

* S Bonini, Discorsi e Regole sovra la tnusica. 

441 



JMfe»-«- 



zierungen gefdiehen, und ohne zu decken; ja, die Sfimme muj5 durch beffandiges 
Aufrechferhalfen der Harmonie fo viel als moglich unferjfufjf werden." 

Es iff felffam, daj5 fo viel Zeif vergehen mu)3fe, ehe die Komponiffen den Vorfeil 
erkannfen, jedem Spieler eine beffimmfe Parfie anffaff endlofer und fchwieriger Be- 
lehrung zu geben. 

Den Dokumenfen des 16. Jahrhunderfs kann keine prakfifche Andeufung 
zur Rekonffruierung einer Ordiefferparfifur enfnommen werden. Jeder 
Aufor bemerkf, daj5 der Klang verfchieden angewandf werden miij3fe, gemaj3 
den verfdiiedenen Arfen, fur die er gebrauchf werden foil; allein zu fpielen iff daher 
efwas anderes, als begleifef von anderen Inffrumenfen oder mif einer Sfimme zu- 
fammen zu mufizieren, ebenfo, Wie das Zufammengehen von Sfimmen und Inffrumenfen 
wiederum unferfdiieden iff von dem Begleifen eines Chores. Wenn der Spieler mif 
Anderen zufammen fpielf, muj3 er nichf fo fehr auf die Kunffgriffe des Konfrapunkfes, 
als auf die Schonheif der Kunff adifen; ein gufer Spieler wird deshalb nichf fo fehr 
feine eigene Gefchicklichkeif zeigen wollen, als Jich vielmehr den anderen anpaffenl — 
Wenn er mif einer menfchlichen Sfimme zufammengehf. beziehf fich das, was iiber das 
Zufammenfpiel mif anderen Inffrumenfen gefagf wurde, hierauf mif noch groj3erem 
Nachdruck, Weil die Insfrumenfe, gegeniiber der Sfimme als dem Hauffakfor der Mufik, 
keinen anderen Zweck haben Jollfen, als diefe guf zu begleifen, welch' le^feres die 
Spieler von heufe mif der groj3fen Diskrefion fun; es iff kaum anzunehmen, da)3 fie in 
diefer Hinfichf jemals iiberfroffen werden konnfen oder iiberfroffen worden find."* 

Gevaerf widmef in feiner Traife d 'inffrumenfafion der Orcheffrierungskunff 
von Haydns Vorgangern ein ganzes Kapifel und gibf ein Bild, das genau fein wurde, 
ware es nichf auf jene unbeffimmfen Nachrichfen begriindef, die niemals einen Erfa£ 
fur den vollffandigen Mangel an den allein zuverlaffigen Dokumenfen, den vollen 
Parfifuren, bilden konnen; anffaff deffen befif?en wir eine Fulle von Theorien, die es 
uns nichf ermoglichen, jene Werke enffprechend zu rekonffruieren. 

(§ 122 Gevaerf) „Das fundamenfale Elemenf des primifiven Orcheffers iff Harmonie- 
Begleifung auf polyphonen Inffrumenfen: demKlavier imTheafer und der Orgel in der 
Kirche. Diefe Erfcheinung der Inffumenfalmufik iff dem modernen Ordieffer fremd. 
Die Harmoniebegleifung wurde meiffens von dem Haupf des Mufikcorps, off dem 
Komponiffen felbft ausgefiihrf und war niemals vollig ausgefchrieben. Im Augenblick 
der Auffiihrung muj3fe alfo improvifierf werden. Dm das zu konnen haffe der Be- 
gleifer oder Maeffro al cembalo in Ermangelung der Parfifur den Baj3feil des Enfembles 
vor fidi, der ganz einfadi eine Vervielfalfigung des Baffes der Saifeninffrumenfe war. 
Gevaerf glaubf an die Moglidikeif einer genauen Wiederherffellung von Werken 
des 16. Jahrhunderfs; bei Priifung der Orcheffermufik jener Periode findef man aber, 
daj3 Parfifuren jener Werke (iberhaupf nichf beffanden haben konnen, weil die Inffrumenfe 
ad libitum gefpielf wurden. Die Inffrumenfalmufik des j6. Jahrhunderfs iff uns in einem 
unvollffandigen Zuffand iiberlieferf; vielleichf, dag einmal eine auj5erordenfliche Kraff 
der Phanfafie Gebrauch von diefen Fragmenfen zu machen verffehf, urn daraus ein 
neues Gebaude zu errichfen. 

Hinfidiflich des 17. Jahrhunderfs fdireibf ein Gelehrfer, der Padre Zaccaria Tevo 
(Venedig 1706) wie folgf: „die Violinen, die Cornefs und dieTrompefen fpielen den Dis- 
kanf. Die Viole da Braccio fpielf den Alt und den Tenor; die Viole da Gamba, Viole 
daSpalla, dieFagoffe undPofaunen beffreifen den Baj3, wahrend BaJ3geigen und Theorben 
das Confinno ausfiihrea 



* Pietro della Valle, Discorsi (1640). 

442 



t-Z^^Ci-'tii.., 



„Gew6hnlkh warden Violinen jftir den Diskanf gebrauchf, eine Viola da Braccio 
fur den Alt, und eine Viole, Fagoff oder eine Pofaune fur den Baj3; man vermehrl die 
inffrumenfe enffprechend dem Verhalfnis der Teile. 

Die Anzahl der Inffrumenfe iff mehr oder weniger dem Gufdiinken des Komponiffen 
iiberlaffen, der den Gefang von alien begleifen la)3f, oder audi nur 2 Violinen gebraudif, 
oder aber einen Teil der Inffrumenfe wie z. B. 2 Violinen und eine Baj3viola, 2 Baf3- 
violen mif einer Viola da Braccio und 1000 andere Inffrumenfzufammenffellungen 
nach feinem Willen." 

Obwohl dieLehren des Padre Zaccaria Tevo die ganze Theorie der Inffrumen- 
fafion im Laufe des 16. und zum Teil des 17. Jahrhunderfs umfaffen, werfen fie dennoch 
kein Lidif auf das urfpriinglidie Ordieffer. 

DieSfrenge,mifder Jean Jaques Rouffeau das Parifer Ordieffer von 1 764 krif if ierf, 
zeigf Wie die Enfwiddung der Inffrumenfal-Kunff nadi jener Vollkommenheif zielfe, die 
fdiliej31idi zu der Geburf des wirklidien Ordieffers gefiihrf haf: „Es iff bemerkf worden, 
fagf Rouffeau, da]3 von alien Ordieffern Europas das der Parifer Oper, obgleidi eins 
der grop^en, dasjenige iff, Welches die geringffe Wirkung hervorruf'f. Die Urfadien 
hiervon find nidif fdiwer zu finden: 1) Die fdiledife Konffrukfion des Orchefferraumes, 
der, in die Erde eingegraben, von madifigem, eifenverkleidef maffivem Holz umfdiloffen, 
jede Refonance erffickf; 2.) Die fdiledife Wahl der Mufiker, von denen die Mehrzahl, 
durdi Begiinffigung zugelaffen, kaum efwas von Mufik verffehf, und keinen Sinn fur 
das Enfemble haf. 3.) Ihre fdilimme Gewohnheif, unaufhorlidi und geraufdivoll zu krafcen, 
zu ffimmen und zu praludieren, ohne es jemals zu erreidien, wirklidi eingeffimmf zu 
fein 4) Die franzofifdie Eigenfiimlidikeif, alles, was die Form einer faglichen Aufgabe 
annimmf, zu vernachlaffigen und gering zu fdiafjen. 5.) Die fdiledifen Inffrumenfe der 
Spieler, die, immer am gleidien Orf, beim Vorfrage larmen, und in der ubngen Zeif 
faulen 6) Der ungiinffige Pla£ des Leifers, der, vor derBuhne und mif den Schaufpielern 
befdiaffigf unmoglidi das Ordieffer genugend beauffidifigen kann, das er im Rucken 
hinfer fich ffaff vor fich unfer feinen Augen haf; 7.) Das unleidlidie Geraujdi femes 
TakfffodW das die Wirkung der Symphonie zerfiorf; 8.) Die fdiledifen Ha rmomen der 
Kompofifionen, die, da fie niemals rein und ausgewahlf find, uns an Sidle von gufen 
Wirkungen dunkles und konfufes Quaken horen laffen. 9 . Nidif genugend 
Confrabaffe und zu viel Violoncdli, deren Klang die Melodie erfhckf und den Horer 
plagf, end lidi 10.) und lefcfens, der Mangel anRhyfhmus, fowie dei ^unenffch.edene Cha- 
rakfer der franzofifchen Mufik, bei der der Sdiaufpieler das Ordieffer bendif.gf, fteft 
dap der Ordiefferleifer den Sdiaufpieler fuhrf und wo der Diskanf den Bap" beherrfdif, 

*faff Hafi der Ba5 den Diskanf leifef. 

J J Rouffeau mu*5 einen fidieren Sinn fiir Orchefferklang befeffen haben, wenn 
P r das Parifer Ordieffer feiner Zeif Jo heffig fdimahen konnfe. 

i? Zr^li^er Beweife fur die wundervolle Infuifion der „Pnmifiven , beffehf 

Tage 5 den Erfolg. die (ragmenf an ften Par. '^des ^ mi Verun „ allungen zu 
Kef ^e™n ^uTL'tSJU*. «**« *«— ~ 

££$%^£%S^<&°« &*»*». beaann .nan m de„ Stadiu-n 

" -- 443 



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des Charakfers jedes Inffrumenfs, und nahm zum zahlen Zufluchf, bis endlidi audi das 
immer gegenwarfige Clavicembalo aus dem Ordieffer verfchwand. 

Gicin Bat f if fa Sammarfini fchrieb feine Symphonien auf und Haydn war es, 
der Sammarfinis Verfeilung der Inffrumenfe iibernahm; jene Verfeilung, die grundlegend 
wurde fiir die grojSe klaffifche und moderne Symphonie. 

(Forffefjung folgf.) 



4> 



Wie Beefhovens J50. Geburfsfag gefeierf wird 

Vorgeahnfes von Dr. Ludwig Mifch. 

Dem Erfuchen des Kulfusminff ers gemaj3 weiff der Direkfor des Vergil-Gymn?_fiums 
bei Verfeilung der Weihnachfszenfuren auf den J50. Geburfsfag L. van Beefhovens hin, 
nichf ohne die Ermahnung daran zu kniipfen, die Schiller der Anffalf mogen fidi dadurch 
nidif zerffreuen und von ihren Sfudien ablenken lafjen. Im Anfchluj3 behandelf Prof. 
Schulfudis in feffelnder Rede den Stand der Ciceroforfdiuug vor 150 Jahren. Sdiumanns 
,/Traumerei", vorgefragen von dem hochbegabfen Primus omnim, befchlieJSf die ffimmungs- 
volle Schulfeier. 

In der Hoheren Todiferfdiule Aurora- Amalia werden (nadi griindlicher I3bung 
der ,Sfoffe) als Auffa^fhemen bearbeifef: „Wie erlebe ich Beefhoven" (IL Klaffe) und 
„Beefhovens Frauengeffalfen" (L Klaffe). 

Der Erf olg des Dreimaderlhaufes wird gef dilagen durch das S i n g f p i e 1 „B e e f h o V e n" 
Mufik nach L van Beefhoven (L Akf: Der Kampf mif dem Schi&fal, IL Akf: Die unfferb- 
lidie Geliebfe, III. Akf: DerMarfyrerfeinerKunff). Zundende Schlager J Hifforifche Original- 
koffiimel Kein Kiffch, ein echfes Volksffiick. 



Kosmds-Lichffpiele: „Die Ruffe der Giulieffa Guicciardi". Erfdiiifferndes 
Seelengemalde aus dem Leben eines Tondichfers. Mufik von L van Beefhoven, zu- 
fammengeffellf von Prof. Schmiedebold, deffen Namen fiir den Jfreng kiinfflerifdien 
Geiff der Bearbeifung biirgi 

4> 



444 




Rafierklinge „Eroica' 

befeitigf Jfarkffen Barfwuchs. 



* 



Warenhaus Schundberger. 

Soeben erfdiienen: 
In erffklaffiger Ausftaftung: 

UNSER BEETHOVEN 

Vier prachtige Albums. Auswahl der 
fdionften Melodien aus Beethoven. 

Ein herrliches, vornehmes 
Weihnachts-Gefchenkl 



Das „Intelligenzblatt" fchreibf: „Diefe 
Bliifenlefe Beethoven'fcher Perlen , . . eine 
willkommene Gabe fiir das deutfche Volk . . . 
und wird beifragen, den Genius weiteften 
Kreifen nahe zu bringen." 



<$> 



Jede Hausfrau 

lobt dieKodikifte „Fidelio". Reicfcspatentl 



* 



Privafdozent Kleinlidi veroffenflidif eine Sfafiffik der Auffiihrungen Beefhovenfdier 
Werke in 24 Banden Folio. Mif Anhang: Wie fiihren wir Beethoven hifforifdi getreu 
auf? 



* 






Wohin gehf die gufe Gefelljdiaff nadr dem Theater? 

Ins Weinftubdien 
ZUR LETZTEN SYMPHONIE 

Heine Polizeiftunde! Ab 12 Uhr: Fideliofasl 

Cabaret zum „Muntern Rocco" 



* 



445 



^ii 



ammm 






/»0?te.. 



Edelffe Hausmufikl 

Potpourri aus der Neunfen Symphonie. 

Mif f angbarer Einlage : 

„Freude fchoner Gotterfunken". 

Audi fur Laufe bearbeitet. 



* 



Biiffenhalfer „Leonore" 

konkurrenzlosl 



Der JMufikalifche Wegweifer" (Zeiffdiriff fur Freunde der Tonkunft) veranftaltet 
eine Rundfrage: „Was iff uns Beethoven?" Wegen Papierknappheit konnen nur die 
Einfendungen von Beziehern (deutfdi: Abonnenten) veroffentlicht werden. Im gleidien 
Blatt weift Profeffor Notengraber, der Senior der Mufikwiffenfchaff, in geiftvollen Aus- 
fiihrungen die Klaffizitat Beethovens nach. 

Das Konfervatorium Fiedler-Pieper, hoheres Mujikbildungs-Inftitut 
ver{endet an die Angehorigen feiner Schiiler und fonftige Infereffenten ftenotypierte Ein- 
ladungen zu feiner Beethoven- \ 50- Jahrfeier. Die Anftalt wird das Andenken des 
groj3en Meifters durch Aufftellung einer Beefhoven-Gipsbiifte feiern, deren Anfchaffungs- 
koften durch freiwillige Spend en der Schiiler und fiinfprozenfige Abziige von den Ge- 
haltern der Lehrkrafte beftritten werden. Der Feffakt wird eingeleitet durdi die Jubel- 
ouvertiire von Weber, vierhandig gej'pielt von zwei Schiilerinnen der Ausbildungs- 
klaffe. Dann ergreift der Direktor das Wort zu einer Anfprache „Beethoven und die 
mufikalijche Erziehung". Es folgen Vortrage Jamtlicher Zoglinge der Anftalt. Den 
AbJ<Muj3 bildet die Kinderfymphonie von Romberg. Jedem Zogling wird zur Erinnerung 
eine Kunftpoftkarte mit Beethovenbildnis iiberreicht. 

Vereinsfaal im Reftaurant „Bierglo<ke", Berlin N. Anfpradie des Chor- 
meijters Riihrig in der Probe: 

Liebe Sangesbrrriider! In diefem Jahre vollendet bekanntlidi unfer grower 
klaffifdier Tonheros Ludwig van Beethoven (Zwifdienruf: „Wer"?) fein 150. Lebensjahr. 
Es iff Ehrenpflidit des Vereins „Polyhymnia" (Zuruf: Bravol) diefen Tag in wiirrrdiger 
Weife zu begehen. Da Ludwig van Beethoven nidits direkt fur Mannerdior gefdirieben 
hat, au£er dem erhabenen religiofen Chor: „Die Himmel riihmen" — fo habe idi die 
beriihmfen Lieder des Tonmeifters „Adelaide" und „Der Kuft" fiir vierftimmigen 
Mannerdior arrangierf. Audi habe idi in einigen Sonafen des gropen Tonheros mandies 
fiir Mannerdior Braudibare entdedst, und hat fidi unfer lieber Sangesbruder Kuhlmann 
in dankenswerter Weife bereif erklart (Zuruf: Bravo!), diefen Sfellen Texfe zu unterlegen, 
fodaff wir fie in fadigema)3er Bearbeifung in unfer Feftprogramm aufnehmen konnen. 
Herrn Kuhlmann diirffen dafur einige Ehren- und Freikarten bewilligf werden. Herr 
Kuhlmann befdiaftigt fidi audi bereifs fdion mit der Abfaffung eines Feffgedidites zur 
Verherrlidiung Beethovens. (Zuruf: Kuhlmann unfer Diditer Proff Reft!) Naturlidi 



446 



werden wir nidi fausfdiliej31idi Chore von Beethoven fingen (Zuruf: fehr richfifl!). fondern 
audi ein paar forrrfche Nummern und efwas fur's Herz, wie unfere Gaffe das den 
Tradifionen des Vereins Polyhymnias gemaj3 gewohnf find. (Bravo, Chormeifler, 
famos gefprodien, proft) 

Kleine polififche Nachrichfen. 
Dezemberparfeifag der Ungebandigfen Deuffchlands. Vorfrag „Beefhoven und 
Sinowjeff, zwei Revolufionare", anfdilie)3end Diskuffion. 

Das Reichsverwerfungsamf gedenkf die gro£en Fladien der Beefhovenfdien Sym- 
phonien zu Reklamezwecken zu vermiefen. 

o 

Die Freie Vereinigung mufikalifdier Pazifijfen glaubf das Andenken Beefhovens 
nichf wiirdiger ehren zu konnen, als da)3 fie feine milifariffifdie Eroica-Symphonie, mif 
der der Meiffer den Siffen einer roheren Zeif Tribuf zollfe, dem Volherbund ausliefcrf. 
Nur der Trauermarfch bleibe als warnendes Beifpiel des „Helden"-Schickfals erhalfen. 



Die Gewerkf chaff en verlangen mif der Lofung 
alsbaldige Sozialifierung der Beefhoven-Werke. 



,Beefhoven gehorf dem Volke" die 



Biicheranzeigen, 
Hindenburg und Beefhoven, zwei Deuffdie. Fur die reifere Jugend. 
Beefhoven der Jude. 

(Verfaffer weiff in (iberzeugender Argumenfafion den Einfluj3 judifchen Blufes 

in der Familie Beefhoven nadi.) 
Beefhoven - ein Myfhus. 

Ein auffehenerregendes Buck Auf Grund ffiliffifdier Erkennfniffe wird der Nadv 

weis erbradif, daj3 die Beefhoven zugefdiriebenen Werke unmoglidi von ein em 

Sdiopfer ffammen konnen. Der Name „Beefhoven" iff ahnlidi wie .Homer" 

„Shakefpeare" ein individualifierfer Sammelbegriflf. 

hoven haf vermuflidi niemals exiffierf. 
Los von Beefhoven! 

Der Noffchrei eines zeifgenoffifchen Kiinfflers, 
Der Lauferungsgedanke bei Beefhoven und Wagner. 
Beefhoven, Bebel, Bernffein, die drei gro^en B-e 
Beefhoven und ufw. ufw. 



Eine Perfonlichkeif Beef- 



's* 



Cafe „Mondfdieinfonafe* 

tfiinfflerkapelle / Kulfurfanze 
Prima Gebacfe! 



<*> 



Probieren Sie felbjf die deuffdie Kernfeife 

Adelaide". 



# 



447 



rifH 



'."*&!*-; 




Verantwortlicher Sehriftleitor 1'iir don besondereu Toil: Fritz Fridolin Windisch, lierlin-^iedersclionhauspji, .LincU'iisti'al.Jt' •!■'» b 

Betveffende Ein sen dun gen sind an obige Ad r esse zu He] it en. 



Der Kampf der Ordieffer 

Zerfplifferungskrife in den feffangeffellfen Ordiefferverbanden. 



Der wirtschaftliche Ruin Deutschlands setzt der 
deutschen Musikkulfurinihrerfreien, geistbestimmenden 
Entwicklung immer gewaltsamere Grenzen. Die Ent- 
kraftung von auBen her steigert die Anzeichen inner- 
licher Auflosung. Eine bedenkliche Krisis drohte in den 
letzten Monaten dem deutschen Musikieban in der 
Zersplitterungsbewegung innerhalb der einzelnen fest- 
angestellten Orchesterverbande. 

Bis zum Beginn des Weltkrieges waren die fest- 
angestellten, stadtischen Orchester durch den All- 
gemeinen Deutschen Musiker-Verband in ihren 
wirtschaftlichen und beruflichen Interessen vertreten. 
Mit der Datler des Kriegszustandes geriet die Tatig- 
keit der Organisation ins Stocken. Der als Sonder- 
vertretung innerhalb des Verbandes gegrtindete 
Orchesterbund festbesoldeter Orchester 
Deutschlands schied 1918 wieder aus dem Leben. 
Die neue Zeit nach der Revolution brachte neue Ver- 
haltnisse L und steilte auch die Organisation des AI1- 
gemeinen Musiker-Verband vor ganz neue Forderungen. 
Es kam zu einem ZusammenschluB zwischen dem 
Allgemeinen Musiker-Verband und dem Zentralverband 
der Zivilberufsmusiker Deutschlands; aus ihnen ging 
der Deutsche Musiker-Verband hervor, der die 

448 



Interessen des Gesamtmusikerberufes im Gebiete der 
Deutschen Republik vertreten soil. Mit der Neu- 
ordnung des Verbandes unter der veranderten wirt- 
schaftlichen und poliiischen Lage rttckte auch die Idee 
der gewerkschaftlichen Organisation in den Vordergrund. 

Der gewerkschaftliche Gedanke gab die erste Ver- 
anlassung zu Meinungsverschiedenheiten, Es ist 
selbstverstandlich, daB in einer Korporation ver- 
schiedenster pdiitischer Richtungen die Hervorhebung 
politischer Faktoren zersetzend wirken muB. Mit 
Recht wurde innerhalb der Orchester gegen die Ein- 
mischung der Klassenpolitik im allgemein kulturelie 
Fragen Stellung genommen. Aber gerade diejenigen, 
die in dieser Sache am hefsten Wort ergriffen, machten 
als erste aus der rein wirtschaftlichen Angelegenheit 
eine politische. 

Der Zweck des gewerkschaftlichen Zusammen- 
schlusses von Menschen aller politischen Richtungen 
kann doch vernunftsgemaB gar keine andere Bedeutung 
haben, als ein erprobtes wirtschaflliches Kampf- 
mittel zu schaffen, das innerhalb der kapitalistischen 
Gesellschaftsordnung eine durchgreifende Lohnbewe- 
gung ermoglicht. Trotzdessen wurde gerade von den 
Gegnern jegliche politische Einmischung in musik- 



IMMM 



organisatorische Fragen eine oppositionelle politische 
Antipathie innerhalb der Orchester gegen den Gewerk- 
schaftsgedanken heraufbeschworen, weil eine gewisse 
Schicht von Orchestermitgliedern glaubte, durch her- 
vorkehrung ihrer gehobenen, gesellschaftlichen Stellung 
in Sonderverhandlungen mit der Regierung und in 
Sondervertretung der Interessen iiber die Kopfe der 
iibrigen Kollegen hinweg zu einer gtinstigeren Ge- 
haitsregelung zu gelangen. 

Herrschte durch dieses unsolidarische Interesse 
bei dem einen Teil der Orchestermitglieder schon 
Abneigung und MiBstimmung gegen den Verband, so 
ausserte sich der Unwille in beruflfcher Hinsiaht all- 
gemein, weil die Organisation keine berufsreine 
Vereinigung bildet. Uber die Frage der Berufsreinheit 
muB noch in einem besonderen Artikel abgehandelt 
werden; sie wirft sich als ein schwieriges Problem 
innerhalb des Musikerverbandes auf, erscheint mir 
aber leicht losbar fur die Orchestergruppe, die sich 
inzwischen die Anerkennung einer Sonderstellung 
und die Zuerkennting einer weitgehenden Sonderver- 
tretung im Verbande erkamp*t hat. Urn bei der An- 
forderung von Aushilfe durch den Verband gegen eine 
„unreine" Vertretung gesichert zu sein, brauchte nur 
eine Priifungskomission aus je einem Vertreter der 
groBen Orchester gebildet zu werden, die jeweils aus 
den reichlich vorhandenen Qualitatskraften des Ver- 
bandes ihren Bedarf versieht und in Reserve halt. 
Auf der andern Seite ware berufslosgewordenen wert- 
vollen Musikern durch dies standige Infuhlungbleiben 
mit den Orchesterverbanden nicht jede Moglichkeit 
benommen, wieder zu einer wurdigeren Ausubung 
ihrer Kunst aufzuriicken. 

Die Zersplitterungsgefahren sind voriaufig durch 
die geschlossene Anerkennung der Einheitsorganisation 
auf der Hauptkonferenz der Orchestergruppe behoben 
Es erscheint mir aber fur kommende Faile histomch 
richtig, die zurUckliegenden kritischen Komplikattonen 
in diesem Zusammenhang noch einmal zusammen- 
fassend zu beleuchten. " 

Kurz, nachdem die allgemeine Bewegung der 
festangestellten Orchester eingesetzt hatte wurde erne 
VerfOgung erlassen, daB die neuzuregeinden Gehalts- 
tarife und Anstellungsverhaltnisse an den preuBischen 
Orchestern maBgebend fur alle ^ k ^\ un \ff' d 
tischen Orchester sein sollten. Der Verbandsvorstand 
b rS daraufhin im Dezember 1919 eine Konferenz vo 
Vertretern der 4 preuBischen ^ndestheater-Orcheste 
ein Der Deutsche Musikerverband wurde mit der 
Interessenwahrnehmung der Orchestermitglieder be- 

traUt Wahrend die Kommission noch tagte trat ein 
Vertreter des Berliner Orchesters mit der Regierui-g 
in Sonderverhandlungen ein, ^ ™?^?£ 
er auf auderer Grundlage, als von der K°^™*™ 9 
gesetzt war Dadurch wurde die emheithche Fuhrung 
der Bewegung gleich zu Beginn d« re hschnitten. 

Der Antrag der Konferenzteilnehmer beim Kultus 
minist daB zu alien weiteren Sonderverhandlungen 
el« Vertretung der Organisation zugelassen sein 



sollte, wurde mit dem Vorwande abgelchnt, daB man 
sich in diesen Sonderverhandlungen mit den An- 
gelegenheiien des gesamteu Biihnen- Personals be- 
fassen wlirde, zu deren Beratung keine der bcteiligten 
Organisationen hinzugezogen sei. Die verbands- 
gegnerische Seite wird die Ansicht vertrcten, der 
Deutsche Musiker-Verband sei zu den Verhandlungen 
ausgeschlossen worden, weil ilin die BehOrden nicht 
fu* 1 " kompetent zu Verhandlungen in Orchesterange- 
iegenheiten erachteten. 

Die Lage gestaltete sich so vcrwickelt, daB die 
Orchester-Vertreter allein verhandelten, wilhrend die 
Orchester nachtraglicu mit den Beamtenverbttnden in 
Verhandlungen traten, und der Verband zugleich in- 
folge des Organisationsdruckes eine Teuerungszulage 
fUr die Orchestermitglieder durchsetzte. 

Von d r e i verschiedenen S t e 1 1 e n wurde 
gleichzeitig mit den Behorden verhandclt. 

Unter diesen Zustanden hielt es der Verbands- 
vorstand fur dringend notwendig, eine Konferenz von 
Vertretern aller festangestellten Orchester nach Berlin 
zu berufen. Sie trat im Februar 1920 zusammen und 
beschloBerneut, nur durch bezw. mit dem Deutschen 
Musikerverband zu verhandeln. Dem Verbands- 
vorstand wurde die Vollmacht zuerkannt, die 
Orchester aufzurufen, falls der Verband nicht als 
Berufsvertretung der Orchester respektiert werden 
sollte. Trotz dieser Resolutionen verhandelten nahezu 
samtliche Orchester ohne den Verband mit ihren 
Behorden, vielfach unter Hinzuziehung von Beamten- 
verbanden. 

Der Verbandsvorstand lehnte unter diesen Ver- 
haltnissen die Verantwortung ab und nahm davon 
Abstand, einen Aufruf der Orchester zu veranlassen. 
Die Behorden, denen die zerfahrenen VerhaMtnisse 
nicht unbekannt blieben, verstarktee ihren Widerstand 
gegen die Forderungen der Orchester. Die Nachteile, 
die daraus erwuchsen, wurden immer schwerwiegender. 
Der Konflikt innerhalb einzelner Korporationen war 
derart zugespitzt, daB Gefahr der Auflosung bestand. 
Die Hauptkonferenz der Orchestergruppe am 
16 und 17. September 1920 sollte die Entscheidung 
bringen. Die gewerkschaftliche Einheits- 
organisation wurde erneut durch einheit- 
lichen BeschluB anerkant. 

In den neu festgesetzten EntschlieBungen muB die 
UnterstUtzung der AnschluBbewegung an die Beamten- 
organisationen durch den Verbandsvorstand als ein 
KompromiB innerhalb des Musikerverbandes ange- 
sehen werden. Eine weise Einsicht hat das Beamten- 
angestelltenverhaitnis in der deutsshen Musikerschaft 
aufgehoben. Die Interessen der festangestellten 
Orchestermitglieder ktfnnen ebenso wirksam von 
von der gewerkschaftlichen Organisation innerhalb 
desEinheitsverbandesalsvondenBesmtenorganisatonen 
vertreten werden. Es handelt sich in dieK-n Sender- 
bestrabungen urn weiter nichts als urn die Hervor- 
kehrung von Klassenprivelegien. 

Lebhal* zu befUrworten ist die engere Interessen- 
gruppierung der einzelnen Musifcerkategorien inner- 

449 



w- 



halb des Verbancles wie die Wahl eines besonderen 
Sekretars fQr die Orchestergruppe, die Einrichtung 
einer besonderen standigen Rubrik im Verbandsorgan 
fiir orchesterorganisatorische Fragen und eine weit- 
gehendere Verkehrsfreiheit der Orchester mit dem 
Verbandsvorstand. DagegenistjedeKlassengruppierung 
aufs entschiedenste zu verurteilen. Innerhalb des 
Verbandes gibt es nur eine Berufsklasse : Musiker. 
Die Beamtenqualifikation des Musikers steht im 
Gegensatz zu der freien Ausubung des Musiker- 
berufes und wirkt degenerativ. Alte verbrauchte 
Krafte stehen an vorderster Stelle und konnen nicht 
durch den jungen, lebendigen Nachwuchs ersetzt 
werden, wenn das pensionsfahige Alter noch nicht 
erreicht ist. Der ausubende Musiker ist ein 
qualifizierter Arbeiter, dessen Qualitat nicht mit zu- 
nehmendemAIterwachst, sondern sich eher vermindert. 



Auf der letzten Hauptkonferenz riickte das vvirt- 
schaftliche Moment stark in den Vordergrund. Es 
wurde einstimmig die EntschlieBung angenommen, 
daB die Orchestergruppe, die bisher nach kiinst- 
lerischen Gesichtspunkten geteilt war, nunmehr vom 
Verbandsvorstand in wirtschaftliche Gattungen 
(nach ihrem Angestellten-Verhaitnis) in eine Gruppe I A 
und I B zu scheiden ist. 



Die in der Februar-Orchesterkonferenz hinsichtlich 
der Anstellungs- und Besoldungsverhaltnisse auf- 
gestellten Forderungen wtirden erneut bestatigt und 
als richtunggebend anerkannt. Die damaligen Be- 
schliisse wurden dahin erweitert, daB ein einheitliches 
Anstellungsverhaitnis aller Mitgiieder innerhalb der 
einzelnen Orchester angestrebt werden soil. 



<8> 



I3ber Programm-Reinheif 



Von Felix Schmidt. 



Walter Fischer brachte neulich im Dom einen 
Regerabend, und zwar: zwei Orgelsonaten und da- 
zwischen die Phantasie iiber „Wie schon leuchtet der 
Morgenstern\ An dem Programm failt dreierlei auf: 

1. Den ganzen Abend nur ein Komponist! 

2. Den ganzen Abend nur ein Instrument, die 
Orgel (keine Geige, kein Gesang etc)! 

3. Die Dauer: nur eine gute Stunde! 

Was ich daraus herleite? Nehmen wir den 
einzigen Fall an, der einer ernsten Betrachtung zu 
Giunde gelegt werden kann, daB der Horer voll tiefen 
Verlangens vor das Kunstwerk hintritt; denn dies 
ist der Sinn: 

„Gleich wie der Regen und Schnee vom Himmel 
fallt und nicht wieder dahin kommt, sondern fruchtet 
die Erde, daB sie gibt Samen zu saen und Brot zu 
essen: also sol! das Wort, das aus meinem Munde 
gehet, auch sein; es soil nicht wieder zu mir leer 
kommen, sondern tun, das mir gefallet, und soil ihm 
gelingen, dazu ich's sende" 

Der Horer sucht also die seelische Einstellung 
auf den Komponisten in seinem vorliegenden Werk. 
Diese Einstellung ist naturlich nicht die Sache weniger 
Augenblicke, nach deren Ablauf etwa alles erledigt 
ware, worauf der Komponist nun bloB noch abzu- 
schnurren hatte; man kann die Sache auch so an- 
sehen, daB diese seelische Einstellung, und besonders 
wenn wir einem neuen Werke gegeniiberstehen, — 
sich erst mit dem Ablauf des Ganzen vollzieht. Ver- 
gessen wir nicht, daB diese Einstellung eine gewisser- 
maBen positive Leistung des Horers ist, und nun 
lehrt wohl jeden seine personliche Erfahrung, daB 
man sich, vorausgesetzt, daB man es mit bedeutenden 
Atitoren zu tun hat, an einem und demselben 
Abend nicht gut in deren viele vertiefen kann. Das 
ist vieileicht eine zu personliche Ansichi Nun, sei 
dies wie es sei, aber es kommt doch immer wieder 
nur auf die Intensitat unseres Erlebens an; und wenn 
eigentlich s-hon jeder Sterbliche eine Welt fflr 
sich ist t so werden wir uns von einem .ungewohn- 
lichen" SterbHchen skher noch weniger scbnetl 
trennen konnen; ---. wie gesagt; Auffassungssache! 



Aber hier kann ein Grund liegen, weshalb die 
Programm-Einfachheit hinsichtlich der Zahl der Kom- 
ponisten so giinstig sein kann. 

Sodann: Den ganzen Abend dasselbe Instrument! 
Die Einstellung des Sinnes auf ein Instrument ist 
auch eine gewisse Leistung des Horers. Wer z. Bt 
sonst allerhand, aber Orgel wenig gehort hat, wird 
sagen: ich muBte mich zuerst daran gewohnen. Das 
ist zwar nur der naive Standpunkt; aber auch sonst: 
Das Horen eines neuen Instruments in demselben 
Konzert bringt dem kultivierteren Horer, dem ver- 
tiefteren Horer, nicht sowohl eine angenehme Ab- 
wechselung oder Erlosung, als vielmehr, wie be- 
hauptet werden kann, eine gewisse Ablenkung von 
etwas Wichtigerem. Es wird vielen bekannt sein, 
daB man hohe und hochste Erhebung so einem Abend 
verdankt hat, wo aile zwanzig „MQIler"-Lieder, wo 
das ganze „wohltemperierte Klavier" von 1 bis 24 
gebraucht wurde, obwohl ich letzteres auch fiir eine 
Gewaltleistung halte. Aber man wird das oben Ge- 
dachte dennoch verstehen. Es entsteht auch bei 
einer solchen „Gewaltleistung" eine Vertiefung unseres 
Erlebens, die fur den liebevollen Horer etwas kost- 
liches hat. 

Was ist an jenem Fischerschen Programm noch 
von Belang? Vieileicht die Einheitiichkeit hinsichtlich 
der Kompositionsgattung. Zwei Sonaten und nur eine 
andere Sache dazwischen, eine Choralphantasie. Gut 
so; aber, da gerade von Programmreinheit die Rede 
ist, sei, rein programmtheoretisch, die Frage gesteilt, 
ob die beiden Sonaten allein nicht noch feiner da- 
gestanden hatten (zu wenig war es sicherlich nicht). 
Ja selbst zu einer solchen Sonate wiirde man 
den Weg nach dem Dom machen — im Ernst, — wie 
sollte das nicht genugen! Man woile sich dessen 
bewuBt sein, daB der reproduzierende Kiinstier nicht 
nur Stunden sondern ganze Wochen und Monate aus 
einem Werke, dem er sich gerade widmet, geistige 
Nahrung zieht und die ganze Zeit hindurch, ahnlich 
wie vieileicht der Schopfer damals, gleichsam auf 
einer hoheren Ebene wandelt! 



450 



" y??mik^iM^£smxx^. . . ■. 



:■! 



Wichfige neue Mufikalien, Bucher und Auffafze 

liber Mufik, 

mitgeteilt von 
Professor Dr. Wilhelm Altmann, Berlin-Fricdenau, Sponlioi/.sti. rvi-51. 
Diese Zusammenstellung, die moglichst in jcdein I left dicser Zcitschrift crfolgen wild, will ;uu h noch un- 
gedruckte groBere Werke, vor allem Symphonien, syniphonische Dichtimgen, Konzcrtc, Kamiuermusikwerko, Oporn, 
Chorwerke mit Orcbcster etnbeziehen, urn namentlicb Dirigenten datauf aufmerksam zu luachen. Diojenigen TonsetA-i, 
die derartige Werke (jedocb nicbt etwa Klavierstuckc, Lieder, Manncrchorc) fertig ...men, wcrdeu gebcten, mich davon 
in Kenntnis zu setzen, docb behalte ich mir die Entscheiduug uber die Aufnahme vor. Diese kann audi bei gcdinddcn 
Werken weder durch ein Inserat nodi durch Einscndung der bctrcflciidcn Musikstiicke oder Hiidier erzwungfu wcrdeu 
Riicksendung etwaiger Einsendungen wird grundsatzlich abgciehnt. 

Die Hinzufugung des Verlags wird Bcstellttngeii crleichtcrn. Zu den nugegebeuen Preisen kotunit imtiu-r 
nodi der sogen. Teuerungsaufsclilag seitens des Verlegcrs hinzu; cr sebwankt bekanntlidi, moist abei betriigl er 200" (l . 
Der fruhere Sortimenterzuschlag von 10% darf niclit melir crlmbcn werden. 

Sverdloff, Lazar: Konzert f. Viol ti Velio noch un- 
gedruckt [Uraufflihrung 1 11. Berlin] 



L In{frumenlalmufik 



a) Orcheffer 

Dornsch, Max: Fastnacht. Ouverture noch ungedr. 
HaaB, Hans [Aachen]: Sinfonietta in c noch un- 

gedruckt 
Scharwenka, Philipp: op. 60 6 Seestucke f. Klav. 

bearb. f. groB Orch. v. Erich Maafi ungedruckt, 

zu erhalten durch Erich MaaB Berlin NVV Altonaer- 

straBe 1 

b) Kammermufik 

Brahms, Joh.: op. 120 Zwei Sonaten f. Klarin. u. Pfte 
bearb. f. 2 Pfte zu 4 Hdn (Max Laurischkus). Part. 
Simrock je 4 M. 

Laurischkus, Max: op. 31 Trio f. Oboe, Horn u. Kiav. 
noch ungedruckt [Urauffuhr. 20 10. Berlin] 

Scharwenka, Philipp: op. 122 Streichquartett unge- 
druckt, nachgel. Werk. Part. u. St. im Besitz von 
Erich MaaB, Berlin NW Altonaerstr. 1 

c) Sonffige Inffrumenfalmulik 

Haas, Joseph: op. 3 Zehn Choralvorspiele I Orgel. 

Oito Forberg, Lpz 1,50 M- 
Kohler, F A.: op 56 Sotiate Nr 4 (h) f. Kiav. Kahnt, 

Lpz 3 M. . , 17 

Lemare, Edwin H.: op. 96 Variations seneuses, op. 97 

Air with variations. F. Orgel Schott, Ma.nz 

j e 2 M 
Melartin, Ertiti: op. 88a Mlniafnren f. Pfte. Lindgren, 

Helsingfors Nr 1-5 je 2 M. Wnrtpn 

Niemann: Walter: op. 71 Suite f. Pfte nach Worten 

von Hermann Hesse. Kahnt, Lpz 4 M. 
Peters, Rudolf: op 4 Sechs Charakterstucke f. Pfte. 

Simrock 4,50 M. . , . 

Petyrek F : 24 ukrainische Volksweisen f. Pfte ge^etzt. 

<W. Barclay Squire). Chester, London Bo. 1-4 

ip 1 M 
„ l, \, i ^n 9 Snnate (c) f Klav. noch tinge- 

Rathaus, Karl: op 2 donate ^ i. *\ 

druckt [Urauffuhrung 28. 10. Berlin] 



IL Gefangsmujik 

a) Opern 

Anton, F. Max|Osnabruck|: Die Getreuen. Trag. Oper 
noch ungedruckt 

Scarlatti, Doinenico: Le donnc di buon ntnore. Coin- 
media coregrafica. Klav.-A. (Vine. Tommasini) 
Chester, London 15 M. 

b) Sonffige Gefangsnuijik 

Kunz, Ernst: op. 15 Sechs volkstlimliche Lieder aus 

„Des Knaben Wunderhorn" f. gem. Chor. Hug, Lpz 

Part- je 0,30 M. 
Moritz, Edvard: op. 8 Drei Duette f. Sopran ur.d Alt 

m. Pfte. Schott, Mainz 3 M. 
Peterka, Rudolf: FUnf japanische Lieder f. 1 Singst 

m. Pfte. Steingraber, Lpz je 1,50 M. 
Rachmaninoff, S.: op. 35 Glocken Poem f Orch., 

gem. Chor u. Solost Gutheil, Moskau. Orchester- 

Mat. leihweise; Kiav. -A. (A. Goldenweiser) 20 M 
Sehoeck, Othmar: Trommelschlage f. gem. Chor und 

groB. Orch. Breitkopf & Hartel. Part. 12 M. 
Schreiber, Fritz: op. 10 Orei Lieder f. 1 Singst , Viola 

m. Pfte. Universal-Edit. 2 M. 
Weber, Fritz: op. 22 Kinderiieder I einst Kinderdior 

mit Pfte- Kahnt, Lpz 3 M. 

HI. B tidier 
und Zeitfdiriften-Auflai) 



(alphabetisch sowolil nach Slichworten wie n^i 
Vrfassern eeordnet. Bci Zeitsdiriften-Awlsfc? xj 



A Oft 

Vrfasserri geordnet. Bci /.eitscrirmen-Atii*«. .en ist 
inMU -.;- mit Nr die des laufcnden Jahrgangs ^emunu 



Arakischwili, Dimitri — s. Georgien 

Bach, J. - s. Wien 

Beethoven. Rezitativ-Sonate [op. 31, 2J, - /on Hieodor 

Frimmel — in: Neue Musik-Ztg 3 
Casella, Alfredo, unser Gast. Von Paul Stefan « 

in: Musikblatter des Anbruch.16. Vgl. audi Ravel 

451 



;'-:*ito*n 



Englander, Richard — s. Mraczek 
Oeorgieo. Das georgische Volkslied und die Kultur 
der Georgier. Von Dimitri Arakischwili — in: 
Neue Musik-Ztg 1 u. 2 
Gesang, Meister des Gesanges- Von Max Steinitzer. 

Schuster & Loffler, Berlin 10 M. 
Gugitz, Gustav — s. Mozart 
Handschin, J. — s. Petersburg 
Harmonik, Zum Wesen der. Von Ernst Kurth — in: 

Musikblatter des Anbruch 16 
Hensel, Heinrich [der Sanger]. Von Bertha Witt — 

in: Neue Musik-Ztg 2 
Hundoegger, Agnes — s. Tonika-Do 
Jarosy, Albert — - s. Sowjet-RuBland 
Klunger, Karl — s. Reinecke und Scheidemantel 
Kritiker — s. Musikkritiker 
Kurth, Ernst — s. Harmonik 
Lehmann, Lilli — s. Mozart 
Mahlers Kindertotenlieder, Betrachtungen des Ketzers 

L. — in: Rhein. Musik- u. Theater-Ztg. 42;3 
Marsop, Paul — s. Musikkritiker 
Meister des Gesanges — s. Gesang 
Mozart. Die Salzburger Don Juan-Auffuhrungen im 
Jahre 1906. Von Lilli Lehmann —in: Mozarteums 
Mitteilungen 1 
— . Zu Ms. Tod. Nach ungedrucktem Material von 

Gust. Gugitz — in: Mozarteums Mitteilungen 1 
Mraczek. Zum Schaffen Josef Gustav Mraczeks. Von 

Rich. Englander — fn: Neue Musik-Ztg 2 
Musik als volksverbindende und volkserziehende Macht. 
Von Hermann Unger — in: Feuer (Wiesbaden). 
Oktober 
Musikalien aus der zweiten Haifte des 16. Jahrh. — 

s. Zerbst 
Musikinstrumente, alte, in Wien — ff. Wien 
Musikkritiker und Zeitungsinserat. Von Paul 

Marsop — in: Neue Musik-Ztg 2 
Obertone. Von Curt WeiBe — in: Allgem. Musik- 

Zeitung 42 
Pannier, Karl — s. Urheberrechtsgesetze 
Petersburger Kunstnachrichten. Von J. Handschin — 

in: Signale f. d. musikal. Welt 43 
Puccini, Giacomo. Gesprach eines Wiener Musikers 

mit G. P. — in: Musikblatter des Anbruch 16 
Ravel, Maurice. Von Egon Wellesz — in: Musik- 
blatter des Anbruch 16 
— und Casella. Von Paul Stefan — in : Der 

Merker 19 20 
Reinecke [Willi] u. Scheidemantel. Eine metho- 
d >Iogische Unrersuchung. Von Karl Klunger — 
in: Neue Musik-Ztg 1 
Rufitoiid — vgL Sowjet-Rufiland 



Schaun, W. — s. Volksschullehrer 

Scheidemantel — vgl. Reinecke 

Schlosser, Julius ~~ s. Wien 

Schmutzler, Rolf — s. Stimmregister 

Schreker, Franz: Ober die Entstehung meiner Opern- 

biicher — in: Musikblatter des Anbruch 16 
Sowjet=Ru61and- Musikleben in. Von Albert Jarosy — 

in: Allgem. Mus. -Ztg 42 
Stefan, Paul — s. Casella; Ravel 
Steinitzer, Max— s. Gesang 
Stimmenregister, Ober. Von Rolf Schmutzler ~~ in: 

Die Stimme 1 
Stiickgold, Gretel. Von Richard Wiirz — in: Neue 

Musik-Ztg 1 
Thorsen, Inge [Sangerin]. Von Bertha Witt — in: 

Neue Musik-Ztg 2 
Tonika-Do-Methode, Die, und ihre Anwendung an 
hoher. Madchenschulen. Von Agnes Hundoegger — 
in: Die Stimme 1 
Unger, Hermann — s. Musik 

Urheberrechtsgesetze, Die, an Werken der Literatur 
und Tonkunst, hrsg. v- Karl Pannier. 5. Aufl. 
Reclam, Lpz ■ 4,50 M. 
Volkskunstwacht. Ein Beitrag zur richtigen Wertung 
des Volksliedes. Von Benno Ziegler — in: Neue 
Musik-Ztg 1 
Volksschullehrer. Ober die zuktinftige musikalische 
Ausbildung der V. Von W. Schaun — in: Neue 
Musik-Ztg 2 
Volksverbindende und volkserziehende Macht — 

s. Musik 
Weingartner, Felix, hat das Wort — in: Signale f- d. 

musikal. Welt 42 
Weise, Kurt — s. Obertone 
Wellesz, Egon — s. Ravel 
Werner, Th. W. — s. Zerbst 

Wien. Die Sammlung alter Musikinstrumente im 
kunsthistor. Museum zu Wien. Beschreibendes 
Verzeichnis von Julius Schlosser. A. Schroll, 
Wien 175 M. 
— . Statistik der Meisteraufflihrungen Wiener Musik 
(26. Mai bis 13. Juni 1920). Von J. Bach — in: 
Der Merker 19/20 
Witt, Bertha — s. Hensel; Thorsen 
Wiirz, Richard — s. Stiickgold 
Zeitungsinserat — s. Musikkritiker 
Zerbst. Die im herzogl. Hausarchiv zu Z. aufgefundenen 
Musikalien aus der zweiten Haifte des 16. Jahr- 
hunderts. Von Th. W. Werner — in: Ztschr. f. 
Musikwiss. 12 
Ziegler, Benno — s. Volkskunstwacht 



. .. ... **&»,. 



Ii o jixerte E£,t Konigsberg Pr. 

Musiialienhandlung K,. Jlitertoock, Prinzessinstr. 3a, Telefon 6362. 

Ctat><uh%ftsstelle 4ei- Kgb* KunsUer-Koazert* (G. J- Geeaiu) — der K#b, Sinfome-Konzerte und des Bund fur Neue Tonkunst 



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Inhalf aus den le^fen fedis Melos-Heffen: 



Heft XIII 



(HCLIO BAS-Mailand 
Prof. CART, EJTZ . - 



HE LNKICR KOSZNICK 
GEJIRARD STRECKE 



. . DynamJsmus unci Atonalita! 
, . Yon don natiirliidi rriiuut 
Stinirmingsverhaltnisson 
. KlaviorteOinik u. \YoM cinslni 1. 
. .Neuero douiscdio a eappolla- 
Werke gr often St i Is 
WALTHER HOWARD .... Die Hohenla-on dor Kunst 
Dr. HUOO EEICHTEXTRTTT . Zur Asthetik 
Prof. Dr. WILHELM ALTMAXN Bodeutondo Nruorschoinuni^n 

mid Manuskripto 
NOTEN T BEJLGE: Fritz Frid. Windisnh: Zwoi Stiioko aus don 
.JHangvisionon'C Nr. t i'iir Violirm alluin, Nr. 2 
i'iir Vioiine and Brats dun 



Heff XIV 



Dr. HANS MKliSM.WN 
Dr. KliNST Kl UTII . . 



Heft XV 



1 he I n1 ri .-ucltii n<; tti'th'i i-c tun 

>ik;ill>rJK'!' KtlM'-t U.'l k<> 

|{nin;nit m-Iic I la niioii ik n. ihiv 
K risi' in W.ir.ni'i"' ,.Tri--ta u", 1 
Tdiiih;iI h.-malik Tmidwil inip 
. I»a-. M..mt Klavi.-r 
. Wid.-r di« V.-rh-jit.r 

I\ cit. r-c In- Iti't cuhl -wi if.- 1 n til it t 
das nioilrrnt' I ,iml mil li.-nn k 
sirht i^um: vim 1 .it-di-rn uinl < *f 
:-ii ii ;-•• i] vnii iMaiil'ri'il ( iurlitl 
I'rol". Dr. WILHKDM ALTMANN In-d.-utmid.. N.-u.-rMdminm.;;.-!! 

und Manu'dinph- 
NOTENBEIPAOK: Arthur SOundi.d : II. Sntz d.-r Sonale fiir 
Holo-Violinu 



Dr. HKHM. STKI'IIANI . 
Mm IM KSKU . . . . 
Aid* KKD DuUI. IN . 

ii. scnid/rzivkiTTci; 



Dr. ERNST KURTH 



II. HEIiYZ STUCKEN SCHMIDT 
ALFRED WOLFENSTEIN . - 

WILLIAM HOWARD . . . . 
Prof. Dr. WIT, HELM ALTMANN 
Dr. HIGO LEDJHTENTRITT . 
Prof. Dr.WILHELM ALTMANN 

NOTEIsBELLAGE: 



Romantisehn Harmonik. u. 
Kriso in Wagners B Tri.stan 
Molodie 

Das Wortmu.sikali.soho um 
none Diehtun^ 
Musi kstonogra.pl) ic 
Fiir die Yorlegor 
Buchbosproohun^ 
Bodoutende NouorsOioinin 
und Manuskriptn 
Hindomith: Nr. VI. aus ; ,Du cino Na 
Traumo und ErJobnisse. op. li>. FurKP 



Heff XVI 



(ilDLK) PAS Kin Kundami'iital-dt'SHl 

Musik 
Dr. ERNST KDKTM . - . 



d.' 



Mr. MAN'S JOACHIM MnShIR 

Dr. KAT1I1 MKYKK 

lil'D. SOMCLZ-lMJRNBPKO- 

BoOllim 



Ktnn.'int i:-i In- I lanimiiik u iliir 
K rise in WajnnTs .,'IYr I an". I I I . 
Snnl'1 ;ils AimialM 
has St ilpnmlt-m in d<>r Mn.-ik 



)|MT 



und 



K.-vuhilinn 



ivirr 



fro I'. Dr. WI DHULM ALTMANN I1rdi-ut<>iid» NVii.TsHmiriinii.M-ii 

und Mauuskripti' 



Heff XVII 



Heff XVIII 



Dr. 

.BE I. 

D r. 
AUC 
II. \ 
D 
ProJ: 

i\0'l 



ADOLF AI3ER Wohin dos Wejrs? 

jA.BA.RT0K Tier EinlJoft dor VoLksmusik auf 

die houtigc Kunstmusik 
HERM. STEPHANI . . • - Parthuron 

H'ST LEOPOLD SASS . . Deutsche SchuLum Ootgenspiol 
EFTNZ STLCKENSCHMIDT Ntmo Liodor 
ILEENRIOH KNUDT-Wuui . Z»rPsy<dioIo^ie dos Konii>onjst. 
Dr. WILHELM ALTMANN Bedoutondo iVfniorsdteinnngon 

und Manuskripto 
-INTBEIIjACrE: Eduard Erdmann:' Zwoiter Satz aus dor 
Sonalo i'ur \'iolino alloin 



I'til/in-rs Aslliclik 
\>']f Sniuili' III i Viniim- 
vnn A rt nr Si lin.di'd mil '■ 
Nntcn hci, 1 -)ii'd«'li 
l(< , iM<'f'kiiN|_v , n /ii Jn>id 
SOiril'l v«nn AWvii d-- 
kalix In-iC 

innVIN Id';M)VAI Spa/ii-i-.'m- am hn-tn 

Pml". hr. Wl I. II I';CM ALTMANN ll.-rinn. ■(..!.- N< -m-i ■ -. d;n 

mid Maiiio k'lp 1 '' 



Dr. IMMt lillKSKH 

Dr. MANS MIIKSMANN 



Dr. KCON WKLLES'Z 



all. 'in 
>. ii.. n 



URAUFFUHRIJN6 

Anfang December glcichzeitlg in WIEN (Opcrntlicatcr), MAMIJUWi (Stncllllicjiicrt, KOI.N (Opcrnhaiis. 



ERICH WOLFGANG KORNGOLD 

Die tote Stadt 

Oper in drei Bildem, frei nadi O. Rodenbadis Sdiaufpiel 
,Das Irugbild" (Bruges la morfe) von Paul Sdiolf 



DEN BOHNENLEHUNOEN STELLEN WR ANS.CMTSMATERiAL njmTmU^:^ VEREOOUNOI 

B. Sdioii's SOlMie, Mainz-Leipzig 



453 



It.. 

I:'; 



*v*:. 



K O N X E RTE: 

Meisters., BuBtag, 17. Nov., 3. Jan., 2. Marz, Th U.: 

3 Kammermufikabende 
P e^ko -S diuberf -Q uarfe ff 

Therefe Pefeko-Sdiuberf i.vioi.,Loffe Trau 

II. Viol., Anita Ricardo-Rocamora Bratsche, 
Seta Trau Cello 

Karten 10— 3 u. Steuer. 



VERBAND DER KONZERTIERENDEN KUNSTLER DEUTSCHLANDS E. V. 

Gemeliniititxige Konzeriabteilung : Berlin W 57, Bliinaenirnalstraiie 17 

TaUphon: Amt NOLLEKDORF 3885 Telegramixi-Adresse: PODIUMKUNST 

Engagementsvermlttlung, Arrangements von Konzerten, Vortrags- und Kunsttanzabencien flir Beriin unti alle Orte des in- und Auslandes 

Alio Rabatte werden den KU-nsttem gutgebracht Niedrigere Provisioned als bei gewerbsmiiiiigen Konzertagenten. 






*(. F E R Tl G S:J E L LU N G ^A^L E R! - M1J S& ^A U F T R,A G E % 

- v "/ .- an. *''<■■/< 

Charlottenburg 4, Wielandstrasse 40. Telr'Amt Steinplatz 9515 




fi RAM MOPHONE 



Spezialitat: 

Salon- 
Schrank-Apparafe 



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USIK 



AUS 
BERLIN 0. 34 



SPAUL 
CHOLZ 



Frankfurter 
Aliee 337 



Pianos 

nur erffklaflige. 

Harmoniums 



Breitkopf & Hartel - Beriin W. 9 - PotsdamerstraBe 21 

Zentralstelle fflr in- und auslandische Musik 
Flugel . Pianos . Harmoniums 



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Papierfabrik- Lager 
Lilt2ow 5251 an der MargaretenstraBe 

Beriin W 9 PotsdamerstraBe 20 



Standig Lager in Hand-Butten 

Butten fiir Graphik / Japanfaser fiir Holzschnitte 

Bibliofilen-Papiere / Edle Bucherdruckpapiere 



m 



m 



^■"m^^:Cr^\:i^:^J 



llllillliliilllllillllllllllllllilllM Illlllll!ll(!|][|itr 

| E. M. von RE2WICEK 

| Die neue Symphonie in f-moll 

§• fand im 2. Nikifch-Konzerf in der Berliner Philharmonie 

| eine begeifferfe Aufnahme. 

= Aufterungen.der Presse; 

1 Ein Werk von reifen Qualitaten, in dem sich das vom Leben und VVirken gestaltete, 

H abgeklarte Bekenntnis zur reinen Kunst wiederspiegelt 

B Wundervoile, fest abgegrenzte Stimmungsbilder von hohem poetischen Keiz! . . - 
I Das Scherzo deutet in seiner Frische und Schlagfert igkeit direkt auf Beethoven. ... 
1 Ein Werk, das seinem Meister zur Ehre gereicht und eine willkommene Be- 
ll reicherung unserer symphonischen Literatur bedeutet 

| Nikisch war dem Werke ein liebend-sorgfaltiger Ausdeuter, die Zunorerschaf t 

1 nahm die Neuheit enthusiastisch auf und ehrte ihren Schopfer (lurch sturmische 

W Hervorruf e. 

| Friiher er{chienen: 

| SVMPHONIE Bdur 

1 VATER UNSER, Choralfartfafie fur gemifdifen Chor mif Orgel 

| PRALUDIUM UND FUQE. fur Orgel 

I DREI LIEDER mif Klavier, hodi und miffel 

| (Marz - Denk' es, o Seele - Der Gludchdie) 

| N. SIMROCK g:S: BERLIN ™» LEIPZIG 

w" 



Ililillil 



Ausgewahlfe rufiifdie Ordiefferwerke 



Mlli Balakirew 

Erste Symphonie Cdur v&ri - ltxxr 94 M. Stimmwi 40 M 

Zweite Symphonie Dmoll partitur , Mt stimmon 3H M. 

Russia. Poemo symphonique ^.^ g ^ SUmim , n 20 M. 

En Boheme. Poemo sy m P honi $£ ifclu . 10 M . stimmen 20 M. 



Spanische Ouverture 

Symphonie Hmoll Op- 12 
Polonaise Op. 16 



Partitur 10 M. Stimmen 20 M. 

S. Liapunow 

Partitur 24 M. Stimmon 40 M. 
Partitur 6 M. Stimmen 12 M. 



Musik in Shakespeare's Tragbdie . T Ktinig Lear" 

Partitur :w M. bttmm<ui >M M. 
OiiverUm- zu Shakospeares Tragml'm „KoniK Pmr' 
oinzeln 

Partitur 5 M- Stiimnon 10 M. 
Chopin Suite V'n-r Stik'ke von Vr. Chopin 

In I' profits Orrhesf.^r Lnbtnunrnticrt 
1. Proambnle (Eturir,. 2. M;i7.urka., 3. hit'.-rnu'Zzo. 
4. Finale (Scherzo) # 

Partitur 12 M. Stimmwn 30 M. 

Concerto Jm Klavier und Orehoster • 

Partitur 40 M. Stimniwi 40 M 



ielasova Vola. Poeme symphonique^.^7 ^^ 2Q M 



HachiSCh. Poiuno svmphoniquo oriental Op. 53 

Partitur 20 M. htirnmen «ib IM 

Rhapsodie sur des thftmes de rOukraine 

Jfiir Klavier unci Onlu^ter 

Partitur 12 M. Stimmen 18 M. 
Second Concerto Op. 3* fur Klavier und Ordmsfr 
° Partitur 10 M. Stimmon 24 M. 



A. S. Tan^iew 



Festlicher Marsch Op. 12 partritur 4 If. Stimmen 8 M. 
Zweite Suite Fdur Op. 14 parUtuT 16 M> stimmon 30 M. 
Deux Mazurkas Op^M ^ Sfcinimon 6 M . Nr 2 Stimmen 4 M. 



Zweite Symphonie Bmol! Op. 2^.^ ^ ^ ^^ ^ M _ 



Hamlet Ouverture 



Partitur 8 M. Stimuion Hi M. 



Tiniakow, A. 



Suite (Dem Audenken Balakirejvs g«wi._ln.<>t^ 

Partitur lb M- fatinunun .*0 M. 



Kopylow, A. 

Voh . von lul.HetorZlmmennanni.U g.Berlln 



455 



?\3to*v 



DER KUNSTTOPF 

Mortfitsfchrift herausgegebenvon der No^vemfoergruppe 

Die Zeitschrift ruft zum ZusammenschluB 
al!er kiinstlerischen Krafte auf. Sie entsteht 
atis der Gemeinschaft der radikalen Kiinstler 

F R E I 

von alien Zugestandnissen an den Markt 

OHNE BBEINFIAJSSUNO 

Aus dem Inhalt der erschienenen Hefte: 



Heft I: 

Text: [-1 . Kosniek: Dor en tfes.se Ite Pro mot hens 
B. W. Reimami : Zur Kunst / Moriz Melzer: 
yclKu.ista.tfc / Das blaue Winidcr: Peter Leu: 
Worte zum Wandbild im H'orsaal der Oharite, 
Berlin / Ziele der Kunst / Aufbau : Kin ganz Neu- 
gieriger / Ignoranz / R^prasentationsprol'essoron 

Graphik u. Abbildnngen : Gottfried Oral-Stuttgart : 
Kept mit Stem / Horn hard Klein: Vignette 
Hans Spiepel: Spieler / Go ore; Tapper! : Alte 
Chan so net to / Oswald Herzog: Einsam 
E. I.) Kinzinger: Bild 1919/16 / Moriz Molzor: 
Linoleumsohnitt 

10mstheilagen:Jtans^BralL- Bild 14 / \V Sr-hmid; 
Lu 1 1 a / Cesar K 1 ei.n : M ond fra n en Sp i e 1 e n 
Rudolf Belling: Droiklang 

Preis dps Heftes M'k. 5,— , Abonnement Mk. 25,— 
and Kuusthandlungen, alle Postanstalten unci 



HeSt II: 

. Text: Oswald Herzog: Abstraktion der bildenden 
Kunst / Max Krnriso: Kunst — Hundwork 
Heinrieh v. Hod d ion : Zu metnen Pi idem 
P.WR: Ariuierkung-n , Aulbnu: Das D-mimosaik 
l^prasentationsprotessoren , PiMr-eons^ns taken 
Hochburgen dor Knltur ,' Noi \v. Bi Id ni^- 

ausstoll ung dor Preu.fiistdien Akadernie ?.!it- 

teilung / A usstellungon 

Graph ik und A hbildungen: Originalholzsehnitte 
von: Bombard Klein / Arthur Geel/, Karl 

Volker .' Albert, Mailer , GotilVied Onif 

Kunstbeila^en ; Goorg Scholz: Strabonbahnkurve 
Oswald Herzog: Gene-Ben .' Max Krauze: 
Intuition / Heinrieh v. Boddlen: Opposition 
halbjahrlieh. Zu beziehon durch samtliche Bueh- 
den Verlag NeuendorlT & Moll, BerlinAVeibensee 



GREIFT ZUM KUNSTTOPF! 



^llllllllllllllllllllllllllllllllIllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllM IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIUHIIIIIIIHIIM^^ IIIHiillH (E 



AusgewHMte ruf niche Klavlermuflk 



Balaklrew, M. 

Complainte. Dumka 
5emo Mazourka. D dur 
2eme Scherzo. B moll . 
2eme Nocturne. Hmoll 

Novelette 

Some Scherzo. Fis dur . 
Valso di bravura . . . 
Valso melaneoliquo . . 

Gondellied 

Berceuse 

Tarantella 

Va.lse Impromptu . . . 

Capriccio 

Sonate B moll . . . . 
4eme Valse. B dur . . 

Toccata 

3erae Nocturne. D moll 
Ceme Mazourka. As dur 

Tyrolionne 

5eme Valso. .Des dtir 

Humoresko 

Chant du peeheur . . . 
6omo Valse. Fis moll . 

Reverie 

Phantasiestiick . , . 
Serenade espagnole . , 
La Fileuse ...... 

"erne Mazourka . . . . 

7eme Valse 

Esq ins sos ...... 

Akimenko/^h. 
Cinq Morceaux. Op. 55. 
No. 1 Prelude . . . . 

Polka . . . . • 

Reverie . . . . 

Etude Cismoll . 

Valse As dur . . 
Komplett in 1 



2,— 

2.50 
2^0 
2 — 
2,50 
2,50 
3,— 
2,— 
2 — 
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2,50 
3,— 
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3,- 
2,50 
2,50 
2.50 
2,50 
3.— 
2,50 



No. 2 
No. 3 

No. 4 
No. 5 



2 — 
2— 

X— 
2 

&0 
2,50 
2,50 
3,— 
3;— 



: : l- 

. . i,_ 

• • V~ 

. . 1,50 

Heft 3,— 



Liapunow, S. 

Op. 3. Re.verie du soir . . 1.50 
Op. 11. Etudes d-execution 
transcendanta. 

Etude T, Berceuse. Fis dar 2,— 

„ II, Rondo des fant- 

tdmes. Dismoli 2.50 

IT I, Carillon. Hdur 2,50 

IV, Torek. Gismoll 2,50 

,. V, Nuitd'ete. E dur 2,50 

VI. Tompete. CJis moll 2 — 

VJT, IdyJie. A dur . 2,— 
YX1T, Chant epique. 

Fis moll . ' . . 4,— 
IX, Harpes oollennes. 

dm- .... 2,50 
., X, Eesghinka. 

Hmoll .... 2,50 
„ XI, Ronde des 

S>Uphes. G dur 2,50 

„ XII. Elcgie en nie- 

moire de Frane. 

Liszt. E moll . 3,~ 

Etude I— VI kompl. in 1 Bd. 7150 

„ VII-XII „ „ 1 ,. 7.50 

Op. lb. Polonaise . . . . '. 2,50 

Op. 17. 3emoMazourka,Esmoli 2/>0 

Op. 18. Novelette 3,— 

Op. 19. 4emo Mazourka Fmoll %— 

Op. 20. Valse pensive ... 2 50 

Op. 21. 5eme Mazourka. B moll l\\— 

Op. 22. Chant du Crepuseule 2,— 

Op. 23. Valse Impromptu . . 2.50 

Op. 24. 6eme Mazourka. Gdnr 2^50 

Op 25. Tarantelle h_. 

Op. 20. Chant d'automne . . 2 - 

Op. 27. Sonate ^_ 

Op. 29. 2emoValseImpromptu 2,— 

Op. 31. 7eme Mazourka . . . 2,50 



Teuerungszuschlag 250%. (einschlieBlich Sortimenter-Zuschlage) 

Verlag von Jul. Heinr. Zimmermann in Leip^Icj 

Querstrasse 26 28 



Greischaninow, A. 

Op 53. Quatre Mazurkas . . 
Op ; 61. Pastels. 2me eoli- 
Huit .Morceaux mininturcs. 

Komplett 
S e p a. r e. mont: 
No. 1. PKdiide . . . 
No. 2. Oapric* . . . 
No. 3. Caresses . . . 
No. 4. Conte .... 
No. 5. Valse .... 
No. G. Reproehe .... 
No. 7. Moment douloureu 
No. 8. Epilogue .... 
Karpow, Michel. 
Op. l. 4 Morceaux. 

No. 1. Prelude .... 
No. 2. Pi'tit etude . . . 
No. 3. Reverie .... 

No. 4. Valse 

Komplot 
Op. 2, Nocturne .... 
Op. 3. 2emo Valse . . . 
Kryjanowski, jr. 
Op. 13. Tnis Morceaux. 

No. 1. Melodie 

No. 2. Valse 

No. 3. Romance . . . . 
Op. 14. Valse de Concert . . 
Maykapar, S. 

Op. i5. Suite pastorale a 

I'usage de Tenfance. 
No. 1. An matin. No. 2. La 
Plainte. No. 3. An soir. No- 4. 
Intermezzo: La flute du bor- 
der. No. 5. Dialogue. No. C. 
Epilogue: La imit. 

Komplett in 1 Heft 



2,50 



3,- 

1,— 
1,50 

1 — 
1.— 

1,- 
1.— 
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I — 



2.50 
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2.50 
3.- 



1.50 



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und Berlin 

Jagerstrasse 25. 



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Krsfheint: am 1. and 16. jeden Monats. Zu beziehen durch die J'ost.anst-alten, Uuch- unci MusikaUtmlmndl nngeri. A uslirfVrun-.u .din 
l'ur di,n lUudihandel: K. Sinrrock, G.m.b.H., Leipzig.- GeKdiaftsstcdlp^M.-los-Vnrlag, fi. m. b. II., H'Tlin-WVi ttmtsee, Il.-rlim-r All.-,. 71 
Fernrui'- W'eiftrnpoe 120. — Iledaktion: Hermann Seherrhen. Berlin-Fnedemni, WiesbadenerstraUe 7. FernruF: lilieiiigHu *'.»&». 
V.-./nitworMioh ffl'r den Tnseratenteil: C Hermann. Herlin-We^ensre. I-Vrnmf Ws. 126. - l>reis d«s Kirm-lbeRes Mk.3.- (Aiisland Mk.7,->. 
Vinru-ij.-Aboi n. Mfc. U - Auskmd Mk. 37.-) einschl. ZnstcIIung. - l'nstM-heckku.ilo VmW Berlin. ■ An/.M^npr-f d. vier^-sp. /...I.. Mk. I-^. 



Nr. 20 



Berlin, den j. Dezember 1920 



I. Jahrgang 



INHALT 

JOSEF HAUER Mufikalifdie Bildung 

H SCHULTZE-RITTER "Clodies a fravers les feuilies" (Images pour 

Piano seul, 2 C Serie Nr. 1) 

ARNiorn srHONBERG Da s Verhalfnis zum Text 

fSSS Hans Pfizer als Lehrer und Perlonlichkeif : 

Prof. OSCAR BIE Salzburg 

FRITZ FRIDOLIN WINDISCH . . . Berufsreinheif im Mu&kerffand 

frwTm TFMDVAI ... Auslandifdie Mufikbiidier 

Prof. Dr WILHELM ALTMANN . . . Bedeufende Neuerfdieinungen und Manufkripfe 

NOTENBEILAGE: Paul Hindemifh „Sfreffa (Basso ostinafo)" 



JMELOS" 

in einer Luxusausgabe 

erfdieinf mondflidi einmal im Kunffverlag 

Frifc Gurlift, Berlin W 35 



>-.'^lB»... 



Mufikalifche Bildung 



Nachtrag zu deni im Verlau Waldheim- 

Eberle, Wien-Lcipzig, erscliieucnen Werk 

„Vom Wesen des Musikaliselien" 

Von Jofef Hauer 

Seif Beethoven iff die Mufik in erffer Linie eine gefellf diaff lidie Veranffaltung ge- 
worden, zu deren Infzenierung meiffens ein groj3er Apparaf, viel Routine und eine 
gufe Organifafion erforderlich find. Die Fachleufe unferfcheiden daher (in vollffandiger 
Verkennung des Mufikalifchen) zwifchen Theater-, Konzerf-, Hammer-, Hausmufik etc. 
und erblicken darin fogar einen gewiffen Werfmaj3ffab. Sie frennen die mehr „be- 
fcheidenen" von den „anfpruchsvolleren", die „groj3en" von den „kleineren" Formen 
und bitten, Qoft moge fie davor in Qnaden bewahren, daj5 es in unjerer Zen (in der 
fich nur noch Kriegsgewinner den Befudi der Oper geftatfen konnen) nidif wieder fo 
werde wie nach dem Dreij3igjahrigen Krieg, wo die befte Mufik haupffadilidi im kieinen 
Kreife der Famllie gepflegf wurde. Ganz und gar diefer Anfchauung huldigen audi 
die maj3gebenden Faktoren der verfchiedenen Mufikinftitute (Mufikpolifiker) und richfen 
demenffprechend den ganzen Mufikbetrieb und die mufikalifche Bildung der augend 
ein. Jeder Mufiker bekommf fein Fach, fein Repertoire, das ein KoixipromijS zwifchen 
Publikum, Neigungen und Fahigkeifen darftellf und in kiirzejfer Zeif wird man den 
Kinomufiker als das Ideal, als das Erftrebenswertefte der mujikalifdien Ausbiidung 
hinftellen, Weil er fozufagen das ganze Repertoire (vom Trauermarjch der Erolca an- 
gefangen bis zum Heurigengftanzl), alle Facher beherrfchen muj3 und demenffprediend 
audi feine Lohnforderung ftellen darf. Sdirecklidi Ware es allerdings, wenn jernand 
dadurdi plo^lidi auf den Notenfilm verfiele, der mit einem Schlag alle ausiibenden 
Mufiker iiberfluffig madite. Das kann nafurlich nodi kommen, und wer wit der Film- 
tedinik nidit wie mit einem gewalfigen Fakfor redinef, der kann nodi manch grobe 
Enffaufchung erleben. Soviel fteht feff, das Kino iff heute „die Form" der gefellfdiaff- 
lidien Veranftaltung, die andern (hofifdien) Formen (Oper, Opereffe, Konzert) find 
langfam aber fidier im Eingehen begriffen. 

Was wird aber aus der Mufik als Kunft? Die Frage iff t'ur den mufikalifchen 
Menfdien wohl leidif beanfworfef. Er weij5, daj5 er die Mufik — und es gibt eben nur 
eine, die Melodie — in fich hat, daj3 er nur jene Mufik horen kann, die er in fidi felbff 
produziert oder nachproduzierf. Er weig audi langff, daj3 der Befudi von Opern und 
Konzerten fur ihn nur zerfforend wirkf, nidif aber fo, daJ5 er Mufik wirklich „hdren" 
kann. Er horf Mufik am liebften bei vollffandiger Ruhe und alleln, ohne gejellfdiaff- 
lidie Ablenkung, ohne mufikfremdes Beiwerk (Libretto, Geraufdieffekfe, wie ' bei der 
Programmufik). Er „lieff" Mufik - fo wie man ein Gedidif, eine Erzkhlung iieff - 
oder er madit fie fich eben felbff. Dazu bedarf es aber keiner gefellfdiafflidien Ver- 
anffaltung, keines organifierfen Larms. Der geiffige Mufiker infereffierf fidi fiir die 
mufikalifchen Erzeugniffe (Miffeilungen) feiner Vorfahren und Zeifgenoffen, indem er fidi 
die Nofenwerke anfchafff und (falls er fie nidif direkf lefen und in fidi erklingen laffen 
kann) hodiffens ein paar Tone auf einem Instrument anfpielt Nofen gufer Mufik- 
werke find immer die billigffen, ein Klavier oder ein kleines Harmonium fteht wohl 
bald in jedem Haufe und wenn der Vorfrag keine virfuofe Technik erforderf (wie es 
la bei jeder edifen Mufik iff und fein foil), fo kann ein mufikalifdier Menfdi ohne Fadi- 
bildung, ohne jahrelangen Drill, audi ohne viel Larm feinen mufikalifchen Bediirfniffen 
Genuge leiffen, 

^. ^ 9ibf x! W e e l We S® der ™liteKIdien Bildung, die zu verfdiiedenen Zielen fiihren. 
Die auftere Mufikausbildung; fie wird in Konfervaforien und ahnlichen Inffifufen durdi 

458 



den Mfemafijdien Ruin der Nerven, durdi geiff- und mufikfofendes UJben crworben 
und fuhrf zum Mufikanfen, Kapellmeiffer, Dirigenfen, Manager, Routinier, Tondidifer, 
Tonmaler, evenfuell zum feiner „Geniej3enden". Die mufikalifche Innenkulfur; fie wird 
durdi infenfives inneres Horen der Melodie (ohne Larm und Drill) erworben und fuhrf 
zum geiffigen Mufiker, zum Kiinffler, Dileffanfen, Komponijfen. Den erffen Weg gehf 
die Mehrzahl der Menfchen und ihm verdanken die Mufikvergniigungslokale die 
Ausiibenden und das Publikum. Der zsveife Weg iff einfam, er fdionf die phyfifdien 
Ohren und die Nerven foviel wie moglich, fiihrf aber gerade dadurdi zur Erkennfnis 
des rein Mufikalifchen, zur Infuifion. 

In unferer Zeif find die beiden Wege vollffandig voneinander gefrennf. Kin 
Kompromij3 zu ihrer Vereinigung ware ganz unmoglidi. Daher meidef ein rnufikalifdier 
Menfch alle geraufdivollen Mufikveranffalfungen unferer Zeif, gehf Opern und Konzerfeu 
in weifem Bogen aus dem Wege und — fparf dadurdi viel Zeif, Geld, unnofige 
Plage. Den „Genuj3", die „Erbauung" aber uberlaj3f er famf der nuifikliferarifdien 
„Bildung" ruhig den Sdiiebern und Verdienern. 



„Cloches a f ravers les feuilles" 

(Images pour Piano seul, 2 e Serie, M j) 
Von H. Sdiulfze-Riffer 

Diefes Stuck gibf anffelle klarerBorm Vermifdiung und Beredinung aller deuflithen Bildung. 

Die Impreffion wird mufikalifdi in ihrer unmiffelbarffen Tiefe fdiopferifdi erfdiloffen. 
Es iff Debuffys wunderbare Kunff, die Myffik, die in jedem blof5 pfydiologifdien Erlebnis 
verborgen ruhf, aufzudetken und zu geffalfen, ohne das Erlebnis in feiner Eigenart zu 
zerfforen. Hierin liegf die Groj3e eines Rembrandt, eines Rodin, iff das wahre Ziel 
jedes Impreffionismus gegeben. . . , 

Wie die Attitude des Impreffionisnus den Dingen gegenuber in alien Kunffen die 
gleidie iff to audi die fedinifchen Miffel. Man beachfe die reibenden Sekunden und 
Nonen in Beifpiel I und II (3. Takf), die die reinen Klange fruben ahnhdi wie die 
AfmolDhSre in impreffioniffifdien Gemalden die Reinheif der Farbe bridif und ffumpf 
mad T^eZZ^ diefem Stuck die Luff in wundervollffer Weife eingefangen und 
u- m -r* , 13 Jf Fiihl man nidif geradezu beim Erdrohnen der groj5en Glochen 
r k R Un tler f* SIT 4 die "hy hSen sLankungen erfdiufferfer Luffmaffen? Oder iff 
( ^ VSat drei gegen einander wirkenden Ganzfonfyffeme (Beifpiel III) wie 
nidif das ^^g^^e^fen, der nidif erlaubf, den wirklichen Tafbeffand 
mif einem leidifen Sddeiei J^™ ^ > pf . vibrfe rende in die Tiefe fidi auflofende 
tk:L:Te^:X^Jn a e H erab P Liffern eines lefcfen verwehfen Klanges! 

(Beifpiel IV). Ri] , ]no wirkf dies Streben nadi Verwifdiung aller Konfur, 

Auch in der me lodger BiWung wnkf ^ imifiven Gefang aber einer dunffig- 

nadi blojSer Andeufun i Man hore enen ^ Gedanken Mae ferlincks 

wirbelnden Figur (Beifpiel V), d ex : einem a * } erfchlieflen. So iff 

gleichf, die nMif zu Ende ^^^^^Zimi flebannt (Beifpiel III), aber 

jedes melodifdie Gebilde zu fprod ier^ ) m ^ Wangli(hen Lebens . 

nichfs blo)3e Arabeske. Audi a e umfpieh ^«Jf * d das Ganze vibrier end 
fie erzeugen jenen «««"*«^^ 

einhiillf. (Die riadifdiwingeriden ■ Ak^ne aus den g P ^ ^ ^.^ 
Takf 2 und 3), das hell klingende Tonfpiel der oiock 



V>te:,- 



II, Takf 3), das madifvolle Braufen und Nachklingen des wudifigen Schlages in Beifpiel 
I (Takf 41 Wie fein zifelierf iff ferner die Linie der umfpielenden Figur in Beifpiel VI, 
die die leidif befonfen Nofen der Unferffimme nadi bben reflekfierf; dazu das faffende 
Sdiwanken der Unferffimme felber und der affinafe fdileppende Halbfonfdiriff cis— d 
in der Miffellage. Mif fo einfadien Miffeln vermag Debuffy zauberhaffeffe Klanggebilde 
zu geffalfen. Nidifs iff didif bepackf oder im Klang liberladen: Alles iff durdifichfig, 
luffdurdilaffig, filigranhaffe Arbeif, und auf reinffen Wohlklang geffellf. Es freibf ihn 
hier nodi nidif Wie gelegenflidi fpafer der refflofen Charakferifierung wegen die Schonheif 
des Klanges zu opfern. Sdieinbar mi)3klingende Elemenfe, wie die f; .'* Note els' und 
die 3 /h Nofen dis' und eis' in Takf 2 und 3 von Beifpiel I find nidifs als blaffe Triibungen 
und Brediungen des Klanges, das fdieinbar harf diffonanfe f [ und f- in Takf 4 nur 
miffchwingende Oberfone des fiefen B und f, gleichfam als ob man nidif genau, aus 
der Feme horfe. Hier iiberall gilf es beim Vorfrag nidif das Diffonanfe zu befonen, 
fondern zu mildern. Die Heraushebung des Diffonanfen wiirde den Sinn des Ganzen 
verkehren und zu qualerifdi-brufalem Kampfe machen, was zarfeffe Sfimmung und 
myffifche Verfunkenheif iff. 

Und die Form? — Sie laj5f fidi nidif herausanalyfieren und auf ein gangbares 
Schema bringen. Sie iff fiihlbar vorhanden, aber fie iff fdieinbar nur zufallig geworden: 
in der Abgefonfheif feinffer Nuancen, im abgewogenen Spiel kleinffer Kraffe. So 
jene feinen UJbergange zwifdien einzelnen Abfdmiffen, wo der Schluj3fakf des einen 
widifige Anfriebe fur den andern in fidi birgf, wie die Adifel b' — a' im 2. Takf von 
Beifpiel II zu dem Mofiv ais' — gis' im nadiffen Takf fidi umgeffalfen, oder in Beifpiel 
VII die Folge cis" — his' — ais' des 2, Takfes zur Triole h' — a — q im nadiffen 
wird. Dodi dies find Einzelheifen, kleine fedinifdie Kunffgriffe. Die Form als Ganzes 
bleibf unausfpredibar. Sie kann nur unmiffelbar in der Hingabe an die Impreffion 
erlebf werden. Denn die Impreffion iff hier Anfang und Ende. Sie bewujSf in eine 
ffarre Form zu zwingen, hiej3e fie ihrer finnlidien Frifdie und myffifdien Tiefe, des 
Kerns diefes Erlebniffes berauben. 




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Das Verhalfnis zum Text 

Von Arnold Schonberg 

Es gibf relafiv wenig Menfchen, die imffande find, rein mufikalifch zu verffehen, 
was Mufik zu fagen hat. Die Annahme, ein Tonffiick miiffe Vorflellungen irgendwelcher 
Arf erwecken, und wenn folche ausbleiben, fei das Tonffiick nichf verffanden worden 
oder es fauge nichfs, iff fo weif verbreifef, wie nur das Falfche und Banale verbreifef 
fein kann. Von keiner Kunff verlangf man ahnliches, fondern begniigf fich mif den 
Wirkungen ihres Materials, wobei allerdings in den anderen Kiinffen das Sfoffliche, 
der dargeffellfe Gegenffand, dem befdirankfen Auffaffungsvermogen des geiffigen 
Miffelffandes von felbff enfgegenkommf. Da der Mufik als folcher ein unmiffelbar er- 
kennbares Sfoffliches fehlf, fudien die einen hinfer ihren Wirkungen rein formale 
Schonheif, die anderen poefifche Vorgange. Selbff Sdiopenhauer, der erff durch den 
wundervollen Gedanken: „Der Komponiff offenbarf das innerffe Wefen der Welf und 
fprichf die fiefffe Weisheif aus, in einer Sprache, die feine Vernunff nichf verffehf; wie 
eine magnefifche Sonnambule Auffdiliiffe gibf fiber Dinge, von denen fie wachend 
keinen Begriff haf", wirklich erjchopfendes fiber das Wefen der Mufik fagf, verlierf fich 
fpafer, indem er verfudif, Einzelheifen diefer Spradie, die die Vernunff nichf verffehf, 
in unfere Begriffe zu liberfefjen. Obwohl ihm dabei klar fein mu)3, dag bei diefer 
Oberfe^ung in die Begriffe, in die Spradie der Menfchen, welche Abffrakfion, Redukfion 
aufs Erkennbare iff, das Wefenfliche, die Spradie der Welf, die vielleichf unverffandlich 
bleiben und nur fiihlbar fein foil, verloren gehf. Aber immerhin iff er beredifigf zu 
foldiem Vorgehen, da es ja fein Zweck als Philofoph iff, das Wefen der Welf, den un- 
iiberblickbaren Reichfum, darzuffellen durdi die Begriffe, durch die nur allzuleichf zu 
durdifdiauende Armuf. Und audi Wagner, wenn er dem Durdifdiniffmenfdien einen 
miffelbaren Begriff von dem geben wollfe, was er als Mufiker unmiffelbar erfchauf haffe, 
fuf redif, wenn er Beefhovenfchen Symphonien Programme unferlegfe. 

Verhangnisvoll wird foldi ein Vorgang, wenn er Allgemeinbrauch wird. Dann 
verkehrf fidi fein Sinn ins Gegenfeil: man fudif in der Mufik Vorgange und Gefiihle, 
zu erkennen, fo als ob fie drin fein mu]3fen. Wahrend es fidi bei Wagner in Wirklich- 
keif fo verhalf: der durch die Mufik empfangene Eindruck w vom Wefen der Welf" wird 
in ihm produkfiv und regf eine Nachdichfung im Maferial einer anderen Kunff an. 
Aber die Vorgange und Gefiihle, die in diefer Dichfung vorkommen, waren nichf in 
der Mufik enfhalfen, fondern find bloj3 das Baumaferial, deffen fich der Didifer nur 
darum bedienf, Weil der nodi ans Sfoffliche gebundenen Dichfkunff eine fo unmiffelbare, 
durch nichfs gefriibfe, reine Ausfprache verfagf iff. 

Iff nun fchon diefe Fahigkeif des reinen Schauens auj5erff felfen, und nur bei hoch- 
ffehenden Menfchen anzufreffen, fo begreiff man, wie einige den Weg zum Mufikge- 
nuj3 verfperrende zufallige Sdiwierigkeifen diejenigen, welche unfer alien Kunfffreunden 
den niedrigffen Sfandpunkf einnehmen, in eine iible Sifuafion bringen. Daj3 namlich 
unfere Parfifuren immer fchwerer lesbar werden, die relafiv felfenen Auffuhrungen 
aber fo rafch vorbeigehen, da£ off felbff der Senfifivffe und Reinffe nur fliichfige Eindriicfee 
empfangen karn, machf es dem Krifiker, der beridifen und beurfeilen mufr dem aber 

462 



meiff die Fahigkeif fehlf, Jidi eine Parfifur lebendig vorzuffellen. unmoglidi audi nur 
mif jener Ehrlichkeif fein Ami zu verfehen, zu der er fidi vielleidif wenigffens dann 
enffdiloffe, wenn fie ihm nidif Jchadef. In abfolufer Hilflofigkeif ffehf er der rein 
mufikalifdien Wirkung gegeniiber, und deshalb fdireibf er lieber iiber Mufik, die fidi 
irgendwie auf Text beziehf: iiber Programmmufik, Lieder, Opern efc. Man konnfe ihm 
das faff verzeihen, wenn man beobachfef, da)5 Theaferkapellmeiffer, von denen man 
efwas iiber die Mufik einer neuen Oper erfahren mochfe, faff ausfdilie)31idi vom Texf- 
budi, von der Theaferwirkung und von den Darffellern fdiwafjen. Es gibf ja wirklidi. 
Jeif dem die Mufiker gebildef find und meinen, das beweifen zu miiffen, indem fie fidi 
vor dem Fadifimpel hiifen, kaum mehr Mufiker, mif denen man iiber Mufik red en 
kann! Aber Wagner, auf den man fidi fehr gerne beruff, haf enorm viel iiber rein 
Mufikalifdies gefdirieben; und idi bin fidier, er wiirde diefe Folgen feiner mi)3verffandenen 
Beffrebungen unbedingf desavouieren. 

Nichfs als ein bequemer Ausweg aus diefem Dilemma iff es daher, wenn ein 
Mufikkrifiker iiber einen Aufor fdireibf, feine Kompofifion werde den Worfen des 
Didifers nidif geredif. Der „Rahmen des Blaffes", in welchem es immer gerade an 
Raum mangelf, wenn nofwendige Beweife zu erbringen waren, kommf ffefs bereif- 
willigff dem Mangel an Ideen zu Hilfe und der Kiinffler wird eigenflidi wegen „Mangel 
an Beweifen" fdiuldig gefprodien. Die Beweife fur foldie Behaupfungen aber, wenn 
fie einmal erbradif werden, find vielmehr Zeugen fiirs Gegenfeil, da fie nur ausfagen, 
wie einer Mufik machen wiirde, der kerne madien kann, wie die Mufik alfo keinesfalls 
ausfehen diirfe, wenn fie von einem Kiinffler fein foil. Das frifff fogar in dem Fall zu, 
wo ein Komponiff Krifiken fdireibf. Selbff wenn's ein gufer iff. Denn im Moment, wo 
er Krifiken fdireibf, iff er nidif Komponiff: nidif mufikalifdi infpirierf. Ware er 
infpirierf fo befdiriebe er nidif, wie das Sfiich zu komponieren isf, fondern kompo- 
nierfe es. Das gehf fur den der's kann, fogar fdineller und bequemer und iff 
iiberzeugender. 

In Wirklidikeif kommen foldie Urfeile von der allerbanalffen Vorffellung, von einem 

konvenfionellen Schema, wonadi beffimmfen Vorgangen in der Didifung eine gew.ffe 

Tonffarke und Sdmelligkeif in der Mufik bei abfolufem Para llelgehen enffpredien 

miif e Abaefehen davon, da? felbff diefes Parallelgehen, ,a ein nodi v.el fieferes, 

al dann f a£den kann, wenn fidi au^erlidi fdieinbar das Gegenfeil davon zeigf, 

lit X ein zarfer Gedanke beifpielsweife durdi ein fdinelles und heffiges Thema 

wtederaegeben wird, well eine darauffolgende Heffigkeif fidi orgamfdier heraus enf- 

w *el t abXhen davon, iff ein fokhes Sdiema fdion deshalb verwerfhdi, weil es 
wickelf, abgeienen aav , . der k eine Spradie zu ma(hen) 

£TK^^^ er 9eUe stel,en komponierf 

haffe, wenn Wagner ihm "™— ^ 

Idi war vor em paa ^^^W^ haffe, was in dem zugrundeliegenden 

bekannfenSdiuberfliederngarkeneAnnung ^ ^ ^ 

Gedidif eigenflidi vorgehe Alsuh ab er dan ^^ ^ ^^ 

midi heraus, daj3 ich dadurch ur da J Ver £ a t ^ meine Au?fa ffung des mu- 

haffe, da ich nidif im ?S^ fa 2^^ zeigfe fidi mir, da£ ich, ohne das 
fikalifchen Vorfrags zu i wdern. Im Gege ^^ ^ ^.^ ^ ^ ^ 
Gedichf zu kennen, ^n I^hah, den Worfgedanken haffen geblieben ware, 

als wenn idi an der Obafladw der e^ ^ ^ ^ ^ ^^ 

Noch enffdieidender als diefes Erleoms wa 

463 



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Lieder, beraufdif von dem Anfangsklang der erffen Texfworfe, ohne midi audi nur Im 
geringffen urn den weiferen Verlauf der poefifdien Vorgange zu kiimmern, ja ohne 
diefe im Taumel des Komponierens audi nur im geringffen zu erfaffen, zu Ende ge- 
fdirieben und erff nadi Tagen darauf karri, nadizufehen, was denn eigenflidi der 
poefifdre Inhalf meines Liedes fei. Wobei fidi dann zu meinem groj3fen Erffaunen 
herausffellfe, daj3 idi niemals dem Didifer voller geredif geworden bin, als vvenn idi, 
gefiihrf von der erffen unmiffelbaren Beriihrung mif dem Anfangsklang, alles errief, 
was diefem Anfangsklang eben offenbar mif Nofwendigkeif folgen mu)5fe. 

Mir 4 war daraus klar, daj3 es fidi mif dem Kunffwerk Jo verhalfe, wie mif jedem 
vollkommenen Organismus. Es iff fo homogen in feiner Zufammenfefjung, daj3 es in 
jeder Kleinigkeif fein wahrffes, innerffes Wefen enfhullf. Wenn man an irgend einer 
Sfelle des menfdilidien Korpers hineinffidif, kommf immer dasfelbe, immer Bluf heraus. 
Wenn man einen Vers von einem Gedichf, einen Takf von einem Tonffiick horf, iff man 
imffande, das Ganze zu erfaffen. Genau fo wie ein Worf, ein Blick, eine Geffe, den 
Gang, ja fogar die Haarfarbe geniigen, um das Wefen eines Menfchen zu erkennen- 
So haffe idi die Sdiuberflieder famf der Didifung bloJ3 aus der Mufik, Sfefan Georges 
Gediciife blo)3 aus dem Klang heraus vollffandig vernommen. Mif einer Vollkommen- 
heif, die durdi Analyfe und Synfhefe kaum erreichf, jedenfalls nidif iiberfroffen 
worden ware. 

Kein Menfch zweifelf daran, daj3 ein Didifer, der einen hifforifchen Sfoff bearbeifef, 
fidi mif der grogfen Freiheif bewegen darf, und dag, wenn ein Maler heufe nodi 
Hifforienbilder malen wollfe, er nidif genofigf ware, mif einem Gefdiidifsprofeffor zu 
konkurieren. Weil man fidi an das zu half en haf, was das Kunffwerk geben will, und 
nidif an das, was fein au)3erer Anlaj3 iff. Weil alio audi bei alien Kompofifionen nadi 
Didifungen die Genauigkeif der Wiedergabe der Vorgange fur den Kunffwerf ebenfo 
irreleranf iff, wie fur das Porfraf die Ahnlidikeif mif dem Vorbild, wo dodi nach hunderf 
Jahren keiner diefe Ahnlidikeif konfrollieren kann, wahrend nodi immer die Kunff- 
Wirkung beffehen bleibf. Und nidif deshalb beffehf, Weil, wie vielleidit die Impreffioniften 
meinen, ein wirklidier Menfdi, namlidi der fdieinbar dargeffellfe, fondern der Kunftler 
uns anfpridif, der fidi hier ausgedrii&f haf, der, dem in einer hoheren Wirklidikeif 
das Porfraf ahnlidi zu fehen haf. Haf man das eingefehen, fo iff es audi leidif zu 
begreifen, dag die augerlidie IDbereinffimmung zwifdien Mufik und Texf, wie fie fidi in 
Deklamafion, Tempo und Tonffarke zeigf, nur wenig zu fun haf mif der innern und 
auf derfelben Sfufe primifiver -Nafurnadiahmung ffehf, wie das Abmalen eines Vor- 
bildes. Und das fdieinbare Divergieren an der Oberfladie nofig fein kann wegen eines 
Parallelgehens auf einer hoheren Ebene. Dag alfo die Beurfeilung nadi dem Texf 
ebenfo verlaglidi iff wie die Beurfeilung der Eiweigffoffe nadi den Eigenfdiaffen des 
Kohlenffoffs. 



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Hans Pfi^ner als Lehrer und als Perfonlichkeif 

Von Oskar Guttmann 

Als ich das erjte Mai zu Hans Pfifzner kam (im Jahre 1906) als junger Student, 
der Jurifterei frifdi entlaufen, wohnfe er irgendwo im Weften Berlins in Wilmersdorf 
in einer ziemlich finfteren Gartenwohnung. Er betraditete die Sdiiiler, wekhe das 
Sternfdie Konfervatorium zu ihm fdiichfe audi feinerfeifs als eine Art Kuriofitaf immer 
mif einem etwas mitleidsvollen Adifelzucken (zugunffen des Sdiiilers, in dubio pro reo. 
Pfi^ner galf damals nodi, befonders in Berlin, als „verrudtter M Komponilt). Und im 
Gropen und Ganzen hat er fidi wohl heimlidi oft genug, nidit mit allzuviel Unredit, 
iiber alle moquiert. Viele kamen nach der erften „Sfunde" garnidit mehr wieder; lie 
hatten einen Jyjtematifdi vorgehenden" Lehrer, urn ein harteres aber treffenderes 
Wort des fogenannten Anftands wegen zu vermeiden, vorzufinden erwartet - keinen 
Kiinjtler Sie behaupteten, man konne bei ihm nidits lernen. Dies aber war durdiaus 
falfdi, Abgefehen davon, dnjS Pfifmer fogar oftmals ernffhaft den Anlauf nahm, einen 
mit zwei- und dreiteiliger Liedform zu plagen und fidi auf das Jdiliipfnge Gebiet 
mufikalifdier Hermeneutik begab, war das Erlernbare bei ihm ganz anderer Art Aus 
gelegentlidien Bemerkungen und Hinweifen, aus Unterhaltungen, aus den meift Jdiroffen 
und (mit Redit) ablehnenden Kritiken der vorgelegten Arbeiten konnte man fenr viel 
Nufcen Ziehen. Vor allem aber aus feinen Bosheiten und Grimmigkeiten, wenn er in 
fiA zufammengezogen fdirag vor dem Fliigel lap und fidi ladielnd das Bo&sbartdien 

o^wungvTftrS SL fchwer zu vergeffende Perfonlidikeit, die audi mit Anerkennung 
niAf zurfl&Wdf und mi Sdiarfblick den Wert einer Arbeit erfah, fell* wenn man He 

u u if 7 m i Im Finfier vorfuhrte. Ein Safe, ja ein Wort geniigte, urn von 
Sin WeTk oS oT dnerKompoUen das Befondere das Wefentlidie, pofitiv und 
neaaTiv zu umreipen und dadurdi zum Nadidenken und zur Knhk anzuregen. So 
negativ, zu umreipen u sdiumannfdie Lieder, die feinem Herzen wohl 

bleiben mir ma ndie bemerkungen UD * f werde icn nie mehr ein zarteres 

audi am nadtfen ^ ™^™ ^^^L damals, da Otto Klemperer lie 
und tieferes Darlegen der Mu ler "^der nor e . pfifener 

t^^^i^^SBh£ - oeiv und eeftthl zu 

Werke oft welt mehr ^"^^^f^ f einem gefcharften Intellekt, der ihn aus- 
lebende oder tote em Er erkannte n ^ ^ ^^ ^^ ^ ^ ^^^ 

zeidinet, die Sadtgalfe in der )itfi ai p rog rammftu<ke und Wagnerepigonerei 

drohte. Und in die he , !«h ja dur* 1 ifera 1 ^^ ^.^ ohne ^ k d p 

gliicklich verrannt hat, und ^ warnte _ ) um dJe stagnanon> die er 

er fidi dabei mufikdramanfdi ffl«««j ^ ^ ef klajmdie Form> 

kommen fuhlte, zu vermeiden, .^rmuanm r Brahms ^ zukunfts . 

moderne Gedanken und neuze^hdien .Qeffl verem^ 1 & Lehriafigk eit redit an- 

traditig, er liberate ihn m «? 10 *; *f* ei gentlidi nidit redit verftandlich und man 
»K WS£* - 3. »— p— K» B one„ 

465 



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ihm wirklich von Herzen kamen, ihm, der ein Romanfiker echfefter und (das Worf 
pa)3f hier, die Romanfik in diefer Form iff eine deuffche Angelegenheif), 
deuffcher Art war und iff. Kam er z. B, auf feinen Liebling E, Th, A, Hoffmann 
zu fpredien, konnfe er ffundenlang dozieren, wie er ja iiberhaupf liferarifch aujfer- 
©rdenflich infereffierf iff und wie alle Romanfiker, gern zur Feder greiff, ohne {reiiidi 
audi dabei die nofige Selbffkrifik und Selbffeinfdiafjung zu befi^en. Denn, wenn ich 
das hier nodi zur Kennzeichnung feiner Perfonlidikeif anfiihren darf, die Selbff- 
einfchafjung Pfifcners iff nidif klein. Er half fich, nidif ganz in dem Maj3e, wie Richard 
Wagner, aber doch immerhin Jchon fur einen Nafionalgipfel von befradifliche:^ Hohe. 
Es iff nafiirlich nur zu begriij3en, wenn der lebende Kiinffler iiberzeugf iff von feinem 
Wert, den die Mifwelf off nidif Wiirdigf und erkennt Beefhoven bleibf da ein Vorbild. 
Sdiuberf und Bruckner find eine Warnung, Wagner aber iff ein Schreckbild. Doch 
nur aus diefer, off ans Pafhologifche Jfreifende Selbffeinfcha^ung iff mir, der idi die 
polififchen Anfichfen Pfi^ners aus einem langerem Tifchgefprach, in Miilhaufen i. E. 1918 
gefiihrf, langff kannfe, audi die Wiirdelofigkeif der lefjfen Pfi^nerfchen Schriff erklarbar. 
Ich halfe die Meinung fur falfch, daj3 ein Kiinffler nichf liber Polifik fpredien foil. Im 
Gegenfeil. Es iff Zeif, daj5 fich mif den Auj3erungen des Sfaafslebens nichf eine berufs- 
oder unberufsmaj3ig zugelaffene Kaffe von Schafskopfen befchaffigf, fondern daj3 endlich 
Geiff und Klugheif in das polififche Leben einziehen. Da kann die Meinung eines 
Kunfflers nie fchaden, gleich in welchem Sinne er fich audi auJ3ert Aber hier bei 
Pfi^ner iff die Lage dodi fo, daj3 ihm Deuffchland eine unmundige Kinderffube und er 
der, Lichfbringer iff. Es zeigf fich da diefelbe Krifiklofigkeif, die bei Pfifjner gegeniiber 
feinen eigenen mufikalifchen Werken fo off zu fpiiren iff und die fie bisweilen nidif 
jferfig werden, nidif zur Klarheif durchdringen laj3f. Ich bin heufe noch iiberzeugf, daj3 
Pfigner auf feine Schmahfchriff immer ebenfo ffolz fein wird, wie auf feine O— uverture 
zum ,/Kafhchen von Heilbronn" .... 

Wenn ich an die nichf allzulange Lehrzeif bei Pfi^ner zurii&denke, ffehf er mir 
fo mif alien feinen Wefensziigen vor Augen: Ein anregender Lehrer, eine romanfifche 
Perfonlidikeif und ein Menfch, — nidif mif feinem Widerfprudi, fondern mif feinen 
Widerfpriichen. 



Salzburg 

Von Oscar Bie 

In Salzburg bildef fich feif einigen aahren fo efwas ahnliches, wie eine Bayreuther 
Sfimmung. Verfchiedene Schrifffeller haben dorf ihren Wohnfifj aufgefdilagen. Hermann 
Bahr refidierf mif der Mildenburg im erffen Sfocfc des Schloffes Arenberg. Stefan Zweig 
bewohnf die einzige Villa, die man auf dem Kapuzinerberg findef. Im Sommer 
kommen die Schriffffeller und Kiinffler aus Oj'ferreidi und Deuffdiland fehr gern dorf- 
hin, weil fie enfweder die Liferafur anziehf, oder die Mufik, oder die Malerei, die in 
letter Zeif dorf frifdies Infereffe findef. Man fifjf dann in Mirabell oder im Cafe Bazar 
diskufierend zufammen, wie einff in der Eule oder in der Harmonie Bayreufher An- 
gedenkens. Dodi es iff ein anderes Milieu. Nichf fo fehr Theafer und Singerei 
fondern eine eigenfiimlidie Mifchung aus Tradition und Zukunff, halb hifforifch und 
padagogifch, halb ideal und ufopifch. Und vor allem univerfeller. Im Zufammenffo)3 
der mufikalifchen, liferarifchen und malerifchen Infereffen liegf eine Sehnfuchf nach 

466 









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einem wirklidien Gefamf kunff werk, das irgend eine lefcfe Verbindung der Kiinffe als 
Ausdruck moderner Kulfureinheif bedeufef. Man fuhlf in der Unferhalfung jene Ge- 
meinfdiaff und Zerlegung der Kiinffe, die in unferm Blufe liegf, die durch die Zeif gcht, 
als deuflicher Sfilwille, und dodi urn das eine gro)3e Zenfrum kreiff : die Mufik. Polzig, 
Hofmannsfhal, Reinhardf, Paumgarfner, die Sdiaufpieler und die Maler ffehen auf 
demfelben Boden. 

Das Mozarfeum iff die gegebene Grundlage fiir die mufikalifdien Beffrebungen. 
Der fdione Doppelbau neben dem Theater mif dem gro)3en Konzerffaal, dem kleinen 
Saal und den zahlreidien Schulzimmern, i{f Jchon zu klein geworden fiir die Zahl der 
Sfudierenden, die aus aller Welf hierhin ffromen. Lili Lehmann half dort ihre Sommer- 
kurfe ab und eine begeifferfe Schar von jungen und alfen Sduilern umgibf lie. Die 
alfe Frau arbeifef mif einer beifpiellojen Unermiidlichkeif vor- und nadimiffags in 
diefem Haufe. Der Direkfor Paumgarfner, ein junger Mann voll Zukunff in feinen An- 
Jdiauungen, Werken und Lehrmeinungen, uberzeugf von der Tradifigkeif des Salz- 
burger Mufiklebens, gehf aufs hodiffe. Er haf Joeben eine kleine Brofdiiire veroffenf- 
lidif, befifelf „Eine mufikalifdie Hodifdiule in Salzburg", die jeder lefen mii£fe, der fidi 
mlf ahnlidien Problemen befdiaffigf. Er denkf bei feinem Injfifuf nichf blop an die 
praktifche Kunfflehre, fondern audi an eine organifdie Angliederung der Mufikwiffen- 
fdiaff Er will eine Verbindung der Kunff und Wiffenfdiaft durdifefcen, die fidi gegen- 
feifig befrudifen In einem Collegium muficum follen alfe Meifferwerke Jyffemahfdi 
durch die Wiffenfchaff der lebenden Kunff wieder zugefiihrf werden. Man denkf an 
die Beffrebungen der Parifer Schola canforum, die wohl fein einziges Vorbild dafur 
geblieben iff. Denn alle ahnlidien Erfdieinungen. wie zum Beifpiel die Madrigaldiore 
fn Berlin oder in Amfferdam, ffehen doch in einer lockeren Verbindung m.f der Sdiule 
elb| Salzburg wTdiefes Gebief nodi erweifern nadi der Volksliedforfdiung und 
n d der Mozarfforfchung, Mozarf, deffen gofflidies Lidif ewig uber d.efer Sfadf 
n^ch der Moz a rI '° 1,ullulu ' an ,. Frridifuna einer Mozarfffilfdiule. Als vor dem 
leudifef. Man^f^rato » id /^fung ^ ^^.^ dorf ^^ 

Kriege nodi unfei iem ^"* *°" on|mea j^f mu alles neu begonnen werden. 
war man diefem Ziel fdion nahe ^geKom b ^ ^ ^ verbindung 

Man konnfe das Ordieffer und den tnor o e ^ wjeder in eine re inere 

mil dem Theater ? bnngen und ^ aus f emex .e^gen^ 1 ^^.^ Maferial 

Spieloper hma ^f r ^ m JlZnsZanen und |o eine ffandige Beziehung von Sdiule 
fiir das kommende Feftfpielhaus fenanen una , an 

und Kunff herffellen. P^^MtSSi Te u die derive Ausgeffalfung des 
die Angliederung ^^* W **f ol*e Ausbreif ung hofft man die fdionen Raum- 
Theafers nu&bar zu madien jmd Be )OKn ^^ ^ bekommen Ware 

lidikeifen und Anlagen aus f*J^ fl * ^ dem fdl6 nffen Treppenhaus der Welf, 
es nidif beffer, das SdiloP Muabe^ ™ J den Verwalfungsbeamfen 

neben dem Mozarfeum ^.^^ScUer Garten, die Sale des Sdiloffes Hell- 
zu iiberlaffenj Das Nafarih ^™ £££ ^ die lnferieurs d D 

brunn, das Sfeinerne Theater dor OD wundervoll abgefdiloffene Domplafc, 

Oder der KaUegi ejJ^JJ* f ^ ^S^fauffflhrung von „aedermann« - weldie 



den man 



Moglidikeifen! „,,,.. wie man we i|5, die Idee eines Feftfpielhaufes. 

Als Zukunff fdiwebf I uber ^^ bUdef aus aller iei Intereffenfen, der man 

Es hat fidi dorf eine W*«dh^^^ b ara der grope n Welf zuzufiihren hofft. 
in ruhigen Zeifen noch das no f ge Vermo i ^ ^ jm der Q 

Ein praditvolles Grundffu* , mi ten mtt e ^ ^ ^ MQ(feen ^ „ d . 

aetes 6 iahf ^2 M^W ^ W3S Mn ^ "^ ^^ 

467 



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ridifiger Theaferbau ware heufe unerfdiwinglich. Augenblicklidi haf man die Idee ein 
Fachwerk aufzufiihren, das fidi ja in Bayreufh fowohl akuffifch. als fechnifdi fehr be- 
wahrf haf. Aber vielleichf bleibf audi diefer Plan nodi einige Zeif liegen und man 
befdirankf fidi auf die Propaganda fur die Qemeinde durdi die Tat durch Auffiihrungen, 
wie dies Jahr „Jedermann'\ nachffes Jahr das Calderonfche „Welffheafer" auf einem 
geeignefen Pla£. Leider: es regnef in Salzburg im Sommer fehr viel. Diesmal 
fiigfe fidi die Sonne bei der erffen Jedermann-Auffiihrung vorfrefflich der Regie. Beim 
zweifen mal piaffe der Regen miffen hinein, vom driften mal an verhinderte er jede 
freie Auffuhrung. Man kennf den alfen bijdioflidien Reifffall in Salzburg, einen Riefen- 
faal und daneben eine freie Arena mif Galerien, die in den Felfen gehauen find. Ich 
denke mir, daj3 die alfen equeffrifdien Auffiihrungen der Bifchofe je nadi dem Weffer 
zwifchen diefen beiden Lokalifafen wechfelfen. Es iff kein Wunder, daj5 man bei den 
Fefffpielen fchon an die Moglidikeif dachfe, wie einff die Pferde, Jo die Menfdien jefjf 
hier fpielen zu laffen. Wer weiJ3, was nodi alles kommf, 

Augenblicklidi ffehf der Plan jo, da]3 man mif dem reinffen Idealismus an die 
Fefffpielhausunfernehmung herangeht Die Kunffier diefes Jahres fpielfen wie einff in 
Bayreufh ohne Honorar. Man modife alles fun um ein Gegengewichf gegen die In- 
duffrialifierung des Theafers in der GrojSffadf zu fchaffen. Man will audi nichf mit dem 
Repertoire der Sfadf konkurieren, fondern irgend efwas fchaffen, was zeiflos und 
monumenfal iff. Am liebffen efwas neues, vvorin Didifung und Mufik, ffaff in der her- 
gebradifen Form der Qpei\ fidi wirkungsvoll ablofen unci ffeigern. Man kame darnif 
auf die Form miffelalferlidier Myfferien zuriick, die aus dem Geiffe unferer Zeif neu 
erffehen follfe. Schon diesmal beim „3edermann" verfudife Paumgarfner, der einen 
Teil der Mufik dazu gefchrieben haf (fie iff meiner Anfidif nadi zu hyperfroph fur den 
naiven Sfil der Didifung), gewiffe reine mufikalifdie Sdiluj3wirkungen und UJbtrgange 
von Deklamafion zum Gefang, die haffen wirken konnen, wenn fie herausgenommen 
waren. So follfe die Mildenburg als Glaube vom Sprechen ins Singen iibergehen. 
Dann gab die Bleibfreu die Rolle und es anderfe fidi vieles. Wie es audi fei, die 
Mufik wird innerhalb diefer neuen Aufgaben Bedeufendes zu fagen haben, in einem 
Sfile, der das Alfe in das Neue enffcheidend himiberfuhrf, alfo in einem Salzburger 
Sfile. Reinhardf, der die Seele diefer Auffuhrung iff, weig mehr als einer diefe Be- 
deufung zu Jdia&en und auszubauen. Es iff faff wie ein Hafen, in den er fidi fluchfef. 
Aber nodi find die Konfuren unklar, die Form mehr Sehnfuchf als Geffalf. Man ffehf wie 
an den Anfangen neuer Kiinffe. Solange man rein und naiv bleibf, iff die Hoffnung groj3, 

Indeffen diskufierf und fchreibf man heffig fiber das kommende Fefffpielhaus. 
Paul Marfop haf foeben in einer Brofchiire w Auf dem Wege zum Salzburger Fefffpiel- 
haus" feine Raffchlage und Meinungen zufammengeffellf, die fechnifch Beadifungswerfes 
enfhalten. Aber foweif iff es leider nodi lange nichf. Man modife immer wiinfchen, 
dag die Sadie nichf zu lauf wird. Es iff fo fchon auf kleinem Pla£e neu anzufangen! 
Aber nichf die Sole von Hallein heriiberleifen, einen Welfkurorf madien, Riefenhofels 
bauen und Befrieb fchaffen. Dann ware der Gewinn doppelf verfpielf. 



c£> 



468 






*M" 



i' 







'i lit wort 1 icSu-M' 



diMi besonileri:'!! TVil : KriU Fridolin Windisr-.li. 
Hotrefi'ondo ttinsundungpn s?ind nn obifft; Adnzsso zn nc'lifrw, 



M'tlin- NicdcrsrlH'inli.-IHScTl, 



Berufsreinheif im Mufikerffand 



Von Frits Fri 

Die Taktik des „Deutselien Musiker-Verbandes", allcs, 
was nmsikahsch mit .der Offcritlicl.keit in Bcriihrung 
stciit in eincm Einheitsvcrband zu ergreifen, ist gcgeii- 
iiber' cler Intcressenfachsimpelci allcr bistierigcn Ver- 
cinicnmcren von auBerordentllcher sozlologlsclier Be- 
deutung Die Friichte dieses weitfassenden Gedankens 
batten sich schon zcigeii mflssen, wenn erstens der 
Verband nicht bis zum heutigen Tage immer w.eder die 
Schla.nperei begehen wiirde, sich Arbeitsgebern gegen- 
uber die den Verband in Anspruch nehmen, als durcli- 
aus unzuverlasslg in derZulellung der Krafte zu erwesen 
Das ist cine Liederlichkeit in der Verwaltimg, ab , ken. 
Feh.er in der Organisation. Zwcltens wenn sic das 
Unternchmertum nicht so .krupellos geberden * , z 
UiPEehung der Tarife ganz minderwerhge Spiel . in 
n £ nbelcher Stellung zn verpHlchten. 0.be « kcjne 

des Einlieitsvcrbandes, dann wurde cue ur 
durch den Druck von auflen her gezwungen sen qua 
f e end die Krafte zuzuteilen. Wohlgemerkt, qua!.- 
i'c™ d nd ,« d .«te..en. Die Aufnahme so,, M— vj 

dann noch kerne Quahfiluition <unv t A rbeit geber, 

immer Musikvorgesetztbekommi, u 



dolin Windifcft. 

rcifende Kritiktahigkcit tatkraftig ausiosen. 

DieGesundimgausden hcstchencicti Obelstandcn kiinn 
nicht durch die Abgrenximg einer l'art pour I'.irl-Kastc 
crreicht werden, sondern die Bernfsrcinheit des Mnsiker- 
st;rridcs (als gesellscbaftlidier Fakior eingeschatzl) nitiB 
mis dein gereinigtcn [mipfinden der Masse liervorgehcn. 
Von unten licrauf mnfi die Saubenmg kommen. wenn 
sic nicht nur cine Schtnierkur sein sol!, die das Gcschwur 
an cincr expouierlen Stelle zwar nicht mm Ausbrueh 
kommen laBt, dafiir abcr den gesamten Organismus 
innerlieh vcrscucht. Die Nachteile, die dem ktinstlcrischcn 
Musikcrstand durch das Zusammengewurfcltscin mil un- 
qiialifizierbaren Filementcn im Einheitsverband erwaehseiv 
stehen in keiueni Vcrhaltnis zu den unlieilbarcn Schadcn, 
die immer tiefer in die Masse des Volkcs cinschneiden, 
wenn der einzige erzieherische mid kuitureile Einflufl 
einer abgeschlossencn Musikergildc nur noch von exklu- 
siven Opcrnhausern und Konzertsalen auf einc pekuniar- 
bevorzugte Minderheit ausgeht. 

Urn die Qualitatsorchester in Hirer Leistungsfahigkeit 
keinen Zuiailen auszusetzen, habe ich in mcinem ietzten 
Artikel „Der Kampf dcr Orchester" eine Prufungs- 
kommission vorgeschlagen, die - aus je eincm Orchester- 
vertreter zusammengesetzt - innerhalb des Verbandes 
selbstSndig ihre Krafte in lebendiger Ftihlungnahme mit 
alien Verbandsmitgliedem auswahien soli, Ich betonte, 
daB dadurch ein notwendiger, fruchtbarer Ausgleich vog. 
unten nacli oben stets offen gehalten wird. Andrerselts 
gehort der echte Musiker, der von seiner Kuiturmission 

469 



*m 




.'.:>***■. 



durchdrungen ist, in den Verband, um sich an freien 
Tagen (ich meine nicht die abgehetzten Orchesterspieler) 
zur Verfiigung stellen zu konnen, — z. B. zum Engagement 
in ein groBes Bierlokal, wo bisher nur die Sinne der 
Masse durch roheste Militarlarmmusik verdorben worden 
sind. Das ist keine Utopie. Ich bin in Miinchen in ein 
gewohnliches Bierlokal geraten, wo die Menschen um 
Tische saBen, ihren MaBkrug vor sich stehen batten, 
rauchten und l&rmten — und plotzlich mauschenstill 
wurden, als der Kapellmeister aufs Podium stieg. Auf 
dern Programm, das an jedem Tisch auslag, war zu 
lesen: Wagner, Berlioz, Johann StrauB 



Der auserwahlte Musiker mufi mit weit hoherem 
Ernst seine kulturelle Aufgabe erkennen : bis in die 
untersten Schichten hinah den Musiksinn seiner Mit- 
menschen zu erziehen und zu reinigen, dann wird er 
schneller die Berufreinheit seines Standes erkampft haben 
als durch unzahlige standesehrenhafte Verrenkungen und 
ungerechtfertigte Absonderungen. Ein Volk, dessen 
Musiksinn rein ist, dutdet keinen Musikerstand, der nicht 
berufsrein ist. 



c£> 



Auslandifche Mufikbucher 



Von Erwin Lendvai. 



A. Vandet-Maget. 
Guide du Violoniste. — CEuvres choisies pour violon 
ainsi que pour alto et musique de chambre (Lausanne- 
Paris, Foetisch freres). 

Das sorgfaltig geordnete Nachschlagewerk will einen 
umfassenden Uberblick ttber die gesamte Violinliteratur 
geben. Die einleitenden Worte sind franzosisch, englisch, 
italienisch und deutsch abgefafit. Die deutsche Vorrede 
spricht mehr zu einem Leserkreis, der am zeitgenossischen 
Schaffen Interesse nimmt. ,Die Neuen, Debussy, Reger, 
Glazonnow, Scott und Pfitzner werden hier genannt, 
wShrend sie in den anderen Vorreden nicht erwahnt 
werden. Stehen dem deutschen Musiker die Neuen 
nSher als dem Franzosen, Engender und Italiener? — 

Nicht nur die Violonisten und Bratschisten, sondern 
auch Pianisten,FR)tisten, Cellisten und Organisten werden 
dieses kleine und doch ausreichende Lexikon der Streicher- 
literatur mit Nutzen gebrauchen konnen. Es ist nach 
Gattungen (Schulen, Etiiden, Vortragsstucke etc.) einge- 
teilt und diese sind wiederum in 8 Schwierigkeitsgrade 
gegiiedert. 

Einige wichtige Werke der Violinliteratur wurden 
leider nicht genannt. So z. B. Joseph Bloch's 24 Etiiden 
(Ries & Erler), — ein Studienwerk, das vor den Kreutzer- 
Etiiden gespielt dem Schiiler den Weg durch Kreutzer 
zu Fiozillo ungemein erleichtert. Warum wurde das 
sch6nste, weil lebendigste Klavierquartett unserer Zeit, 
das in A-dur von Jongen iibergangen? Statt dessen 
findetman leider auch Opernpotpourris fur groBstadtisches 
Cafeleben verzeichnet. Was gehen die Violinliteratur 
Neubearbeitungen aus den Opern Mascagnis,Leoncavallos 
und Puceinis an? 

Im bibliographischen Anhang, der Spezialwerke tiber 
denGeigenbau, unterGeigengeschichte verzeichnet, fanden 
ausschlieBIich nur franzosische Werke Aufnahme, nicht 
zum Nutzen fur das im Vorwort versprochene Interesse 
Jur jeden* Violonisten. Eine gerechtere Behandlung 
dieses Stoffgebiets hatte etwa 20 Druckseiten beansprucht, 
denen man der Wahrheit wilien in der papierreichen 
Sehweiz Rechnung hatte tragen konnen. 



* 



Rivista Musical e Italian a. 

Anno XXVII. — Fasc. 3° Settembre 1920. (Torino, 

Fratelli Bocca). 

Wer jemals Einsicht in diese idealste atler Musik- 
zeitschriften genommen hat, versteht nicht, warum die 
so lautgepriesene deutsche Griindlichkeit mit ihr nicht 
mitzutun im Stande ist. Die heute leider tote Zeitschrift 
„Die Musik" wurde in den letzten Jahren zu philologisch, 
wahrend die irn vorigen Jahr neuentstandene B Zeitschrift 
fur Musikwisserischaft" die Wissenschaft nur aus ver- 
gangenen Kulturen schopft. Die „Rivista Musicale" ver- 
einigt historischc Forschung mit Pionierdicnst fiir das 
Zeitgenossische. Vorliegendes Heft wtirde besonders 
die Melosleser stark interessieren. Attilio Cimbro befaBt 
sich im Abschnitt arte contemporanea mit derTheorie 
der Dritteltonskalen. Sie geht aus von den beiden tiber 
c und ;is laufenden Ganztonskalen und baut diese wie 
folgt: - 

C c + ] / 3 -Ton c H 

D d + Va-Ton d + 

E e + Va-Ton e + 



Fis fis -i- Va-Ton 



fis + 



Gis 
Ais 



gis + Vs-Ton gis + 



. . . ais + Vs-Ton . . . 
und abwarts 

C c + i/ :J -Ton . . , 

. . . . b 



ais -f- 



7'3-Ton 
2 /3-Ton 
2 /3-Ton 
2 /y-Ton 
2 , ; 3-Ton 
2 /3-Ton 



B 



2 /'. i-Ton 
2 /.i-Ton 
'■Vs-Ton 
2 / 3 -Ton 
+ 2 /':j-Ton 
+ 2 /3-Ton 



+ Vs-Ton b + 

As as H- 73-Ton as + 

Ges ges + 7 3 -Ton ges + 

E (!) * e + 7 3 .Ton e -f 

D<!)* d + 7i-Ton d 

Dann von Cis aus auf- und abwarts. 

So wie er mit 7a bezw. 2 /s-Ton erhoht, erniedrigt 
er auch die Tone. In der Notation erhalten die um 
73-Ton erhohten Grundtone ein kleines s-, die erniedrigten 
ein kleines n-Zeichen. Die um -/3 sich dehnenden oder 
zusammenziehenden Grundtone werden mit ss, bezw. 
durch nn gekennzeichnet. 

* Irgendwo im Verlauf der Ganztonskala meldet sich 
immer dasAlogische, das Musikwidrige. Denn entweder 
rniifite Cimbro von His ausgehend Ais -- Gis — Fis -- 
E — D, oder von C ausgehend B — As — Ges — Fes 
— Eses — notierenl 



470 



I. 


c 


d 


II. 


cis 


dis 


III. 


c s 


d» 


IV. 


c s* 


d ss 


V. 


cis" 


dis " 


VI. 


cis»u 


dis"" 



gis 


ais 


a 


h *) 


gis s 


ais s 


gis« 


ais ss 


a«i 


h« 


a nn 


h "" 



Das Vierteltonsystem verabschiedet er, weil die 
oktavspannende Skala nicht fiereichert wird, da jedes 
zweite Viertel den im aiten System bereits enthaltenen 
Halbton gebiert. Blieben die Additionen mit 'At und 
3/ 4 Tonen, die aber nur eine einmalige Erhohung odcr 
Erniedrigunggestatten wiirden. So: c — h + 2 A; c-H/4 = 
h -+■ 3 A ; c + 2 /4 = cis ; c + 3 A — cis -f V4 usw. 

Hingegen mit dem Va-Tonsystem entstehen sechs 
Ganztonskalen aufwarts und fiinf Ganztonskalen abwarts; 
flinf nur, indem die Skala I fur beide Richtungen in 
Permanenz bleibt. 

Alte Skalen: 
e fls 

f(!) g 

Neue Skalen: 
e» fis« 
e S;i fis ss 

f ( f)u gn 

f(f)un gun 

Vcrschwunden sind die biederen 12 Halbtonc der 
Oktave. - Die Zukunft wird vor einer sechsunddreifiigfach 
geteilten Oktave erwachen. Cimbro meint: „wer weilJ, 
ob wir nicht eines Tages im Orchester etwas erblicken 
werden, was uns heute grotesk erscheint: ein Instrument 
getragen von einem Dreifufi, eingefugt in einen Tasten- 
apparat und in ein System, z/B. von drei Fagotts, 
welche mit einem einzigen Mundstiick intonierbar wSren; 
der Fagottist halt mit einer Hand an semen Lippen das 
Mundstiick, wahrerid seine andere Hand am Tastwerk 
arbeitet" . . . . (Wenn der Fagottist in den sechs Skalen 
nicht irregeht, so konnte er in atonaler Dreistimmigkeit 
einen ganz sonderbaren Genufi bieten. Aber auch wenn 
er sich in viermal 36 Tonen nicht irrt, entsteht auf 
alle Falle der Wunsch des nur zweiohrigen Dingenten, 
aus dem Tonirrenhaus baldmoglichst entrinnen zu konneu!) 

Cimbro bleibt aber nicht allein bei physikomathe- 
matischen Formeln stehen, sondern bringt auch khngende 
Beispiele (a) [siehe am Schlufi]. 

Dieses Beispiel ist gefahrlich. Seine Zweiteilbarkeit 
und die Miindung im dominantgehorten a zcigt den ein- 
gewurzelten Tonalisten, der die oh und «-h garmcht 

emP DafBei S piel (b) [siehe am Schlufi) ist hingegen 
* bei Cimbro irrtumlich his. 



(wenn auch mathematisch aufgestellt) von einnchmendercr 
Art. 

Cimbro scnsibilisicrt sodann unsere biirgerlichstcn 
Akkordvcrbindungen (Beispiele c und d), die cine Hyper- 
sensibilisienmg garnicht fordern. Auch wird mit Hilfc 
der DritteltOne modtiltcrt ; ein Beispiel (e) bringt die 
Modulation von (>-dur nach CI— j-dur, ein nndcrcs von 
CU nach O. H 

Und wohin mit dem ganzen Plunder von doppelt 
und dreifachen Scnsibilitiiten? Cimbro sagt: sorpresa, 
s tu pore. Also Uberraschuug, Krstaunen, Krstarrung. 
Waiirend die zeitgcnOssischc Malerei nach Abstntktiou 
strebt, wird die aus vollkoinmcnster, edelster Al>straktion 
kommende Musik im Naturalismus der Oberempfind- 
samkcil verebben. Cimbro verspricht von der Drittelton- 
musik mit ihrem Hang nach sorpresa und stupore spczielle 
Wohltaten fiir die dramatischc Musik. Scin Kchobcispiel 
(f) geht nocli weiter und endet im Naturalismus des 
physikalischcn PliSiioiiic'us. 

Und nun lescn wir die Wortc Tscliuang-Tscs*. der 
sic vor 2000 Jahrcn nicderschricb: 

.Uberfeinerung des Sehcns fiilirl zur Ausschweifung 
in Farben; Oberfeincrung des llorens fulirt zur Aus- 
schweifung in Tonen; Ubcrfeinerung der Mcnsclicnlicbc 
fulirt zur Verwirrung der Tugend; Ubcrfeinerung der 
Gerechtigkeit fulirt zur Verkcnnung der Grundsfttze; 
Ubcrfeinerung der Riten fuhrt zur Abweicliung voui 
wahrcn Ziel ; Uberfeinerung der Musik fuhrt zur Loekcrung 
des Geistes; Uberfeinerung des Wissens fuhrt zur Vor- 
herrschaft des Wcrkzcugs; Ubcrfeinerung des Scharfsinns 
fiihrt zur Ausdehnung der Tadclsncht. 

Ruben die Mcnschen in den natiir lichen 
Bedingungen des Daseins, dann mogeu diese 
achtElementc scin oder nicht, cs rnacht nichts 
aus. Ruhen aber die Mcnschen nicht in den 
naturlichen Bedingungen, dann werden dicsc 
acht Flementc zu Hindernisscn und zu Raub" 
machtcn, und sic stiirzcn die Welt in Ver- 
wirrung/ 

Ruhen wir in den Bedingungen der Natur, oder 
berechnen wir sorpresa und stupore mit Plus und Minus 
von Vs ""d 2 /:» ? 

^RcdciTiind Gleichnisse des Tschuang-Tse. (Deutsche 
Auswaht von Martin Buber, Leipzig, Inselverlag). 




471 



Ci"fol£CT: 



.UsngeniCi; 
t.i^dcr, Mi 

IK' id >»!'!.'■ In 



•-. coe r n-t.-t: 



wird, will audi nodi uii- 

K;:ruMer)VMKsikwcrke, Opern, 
i-.'Mc;. D'^enigeti Tonsetzer, 
v-v-j^.:-! oeb'^en, uuch davon 
-so ;v J:t i; ^eh bei gedrnckten 
M-zvvun^en we.rden 



Wichfige neue Mufikalien, Biidier und Auffafze 

iiber Mufik, 

mitgctciit von 
Professor Dr. Willi cl tn Altniaun, Bcriiu-Friedenau, Spotiliolzstr. 53-54 
Diese Zusammcnstellimg, die moglichsi in jedem I left dieser Zeitsdirift 
gedruckte grofiere Werke, v'or allein Symphonien, synphoiiische Dirh'ti.-i^e:;, K 
Chorwerke mit Orchester einbezichen, inrt Tiaiiieiitlic.r 
die derartige Werke (jedocli nicht etwa Kiavierstiicke, 
in Kenntnis zu setzen, doeli bchalte idi mir die r:n:s 
Werken weder durch ein Inserat noch durdi KinsewV 
Rucksendung etwaiger Einscndungen wird grundsai/iirir abpe^-'r,-';. 

Die Hiuzufugung des Verlags wird Best e!!:n =<-;!;■.;: ^:\r^::[\-:::: Zv •:> ■ "-vvreebencn Pro^*::'- : .:cv:im£ immer 
noch der sogen. Teuerungsaufschlag seitens des Verlegcrs hinzu; er sebwankt bekanntlicb, ineist aber betragt er 200%. 
Der friihere -Sortimenterzuschlag von 10% darf nicht mchr erhoben wcrden. 

Pijper, W.: Sonate f. Viol. u. Kiav.; dsgl. f. Vcelio 
u: Kiav- P. M. Brockmann & van Poppel, Amster- 
dam je 6 M. 
Rabel, Anton: op. 2 Romantische Stiicke f. Viol. u. 

Pfte. Wunderhorn-Verl., Mtinchen 3 M- 
Ravel, Maurice: Duo p. Viol, et Violoncelle erscheint 

demnachst [bei Durand] 
Schmaistich, Clemens: Sextett f. Kiav., Flote, Oboe, 
Klarin., Fag. u. Horn noch ungedruckt [Urauf- 
fuhrung 25. 10. Berlin] 
Schmid, Heinr. Kaspar: op. 30 Paraphrase iiber ein 
Thema von Liszt fiir zwei Klaviere. Part- Schotr, 
Mainz 3 M. 
Schmitt, Fiorent: op. 68 Sonate in franche forme p. 

Viol, et Piano- Durand, Paris 12 fr. 
Siegl, Otto [Leoben]: Sonate f. Geige u. Kiav. noch 

ungedruckt Urauffiihrung 7. 5. Graz 
Simon, James [Berlin-Grunewald]: Quintett f. Oboe 
u. Streichquartett in einem Satze) noch ungedruckt 
UrauffUhrung 4. 11. Berlin 
Straesser, Ewald: op 42 Viertes Quartett (e) f. 2 Viol., 
Br. u. Vcell. Peters, Lpz Part. 1,50 M.; St. 5 M. 



L Inffrumenfalmufik 

a) Ordieffer 

Biickmann, Robert [Munchen-Gladbach]: Suite noch 

ungedruckt 
Goossens, Eugene: The eternal rhythme. Symphonic 

poeme noch ungedruckt. Urauffuhr. 19. 10. London 
Heger, Robert [NOrnberg]: Symphonie Nr 1 (d) noch 

ungedruckt 
Herzig, Frank [Waldenburg in Schles.]: op. 22 Ein 

Tannhauser, phantast Symphonie; op. 33 Stimmungs- 

bilder aus Russisch-Polen; op. 37 Aus unseren 

Tagen, Suite noch ungedruckt 
Indy, Vincent d*: Poeme des rivages. Suite erscheint 

demnachst [bei Durand] 
Nielsen, Carl: op. 39 Sagentraum. (Symphon. Dichtung) 

Hansen, Lpz Part. 12 M.; St. 12 M. 
Siegl, Otto [Leoben]: Galante Abendmusik in 5 Satzen 

noch ungedruckt. Urauffuhr. 11. 4. Graz 
Suter, Hermann: op. 17 Symphonie (d). (Part. u. St. 

schon fruher erschienen) Klav.-A. zu 4 Hdn Hug, 

Lpz 12 M. 

b) Kammermufik 

B.ose, Fritz: op. 13 Duo (B) if. 2 Pfte zu 4 Hdn. 
Siegel, Lpz 8 M. 

Casella, Alfredo: Streichquartett in 5 Satzen noch 
ungedruckt 

Dtirey, Louis: Sonate p. Flute et Piano noch un- 
gedruckt 

Handel, G. F.: Kammersonate f. Flote (od- Oboe oder 
Viol.) m. Kiav. u. Vcell ad lib. (Max Seiffert) Nr 10 
(h) 4,20; Kammertrios f. 2 Viol (Fl. od. Ob.), Vcell 
(6d. Fag.) u. Kiav. (M. Seiffert) Nr 12 u. 13 (g) 
je 4,80 Breitkopf & Hartel 

Kahn, Robert: op. 69 Suite f. Viol. u. Pfte. Bote & 
Bock, 12,50 M. 

Malipiero, G. Francesco: Rispetti e strambotti. 
Preisgekr. Streichquartett erscheint demnachst bei 
Chester, London 



c) Sonffige Inffrumenfalmufik 

Albeniz, J.: op. 165 Espana. Six Feuillets d'Album p 

Piano. Schott, Mainz 3 M. 
Bach, Joh. Seb.: Konzert (c) f. Viol. u. Oboe (oder 

2. Viol.) bearb. v. Max Seiffert. Mit Kiav. Peters, 

Lpz 2 M. 
— : Klavierwerke (Busoni) Bd 13 (Italien- Konzert, 

Partita in h). Breitkopf & Hartel 4 M. 
Becker, Hugo: op. 13 Sechs Spezial-Etuden zur 

F5rderung groBerer Leichtigkeit im Bewegungssystem 

des Violoncellisten. Hansen, Lpz 6 M. 
Bizet, Georges: Bilder vom Rhein. Sechs Lieder 

ohne Worte f. Kiav. Peters, Lpz 1,50 M. 
Geierhaas, Gustav: op. 5 Passacaglia (cis) f. Org. 

Peters, Lpz 1,50 M. 
Gohlisch, Wilh. Ferd.; op. 8 Scherzo f. Viol. m. Orch, 

Gries & Schornagei, Hannover Part. 5M-, St 4M.; 

mit Kiav. 3 M. 



m 



wsmm 



Bsk&afe*'£fftv 



I 



Haas, Joseph: op. 53 Hausmarchen. Neun Klavier- 
stucke. Wunderhorn-Verl., Munchen 2 M. 
Handel, G. F.: Konzerte f. Orgel (Max Seiffert) Nr 13 

(— op. 7 Nr 4, F). Breitkopf & Hartel 4 M. 
Haydn, Jos.: op. 84 Sinfonie concertante f. Viol., Vcell, 

Oboe u. Fag. Mit Klav. bearb. (Hans Sitt). Breit- 
kopf & Hartel 6 M. 
Heinze, Walter: Orchesterstudien I Oboe. Breitkopf & 

Hartel 3 M. 
Karg-Elert, Sigfrid: op. 58 Innere Stimmen. Acht 

Charakterstiicke f. Harmon. Simon, Berlin 4 M. 
Klemetti, Heikki: Historische Tanze aus Finnland. 

F Pfte H. 3. Lindgren, Helsingfors 1,60 M. 
Klengel, Julius: op. 57 Hymmis'f. 12 Violoncelle. 

Breitkopf & Hartel Part. 8 M.; St. 6 M. 
Koch, Friedtich F.: op. 44 Gethsemane. Lamenfo f. 

Org. Kahnt, Lpz 2 M. 
Kodaly, Zoltan: op. 3 Neun Klavierstucke Neue 

revid. Ausg Albeiti-Verl., Berlin-Wilmersdorf 4 M. 
Kubelik, Jan: Konzerte f. Viol. Nr 1 (c), 2 (D), 3 (E). 

Mit Pfte. Stary, Prag-Smichow je 60,00 M. ['!] 
Melartin, Erkki: op. 11 Skizzen. 5 Klavierstucke 

2,50 M.; op 91 Licht und Schatten. 7 kleine Stucke 

f Pfte 3 M. Lindgren, Hetsingfors 
Merikanto, Oscar; op. 101 Klavierstucke. 5,50 M. 

ders. Verl. 
Miller, Karl: Hibernia. Grofte irische Fantasie f. Pfte 

mit Streichquartett. Verlag Aurora, Dresden 12 M. 
Palgrem, Selim: op. 63 Klavierstucke. Lindgren, 

Helsingfors 12,50 M 
Pesenti, Gustavo: op. 6 Suite I Pfte. Breitkopf & 

Hartel 3 M. 
Rabel, Anton: op. 21 Sommertage. Kleine Stimmungs- 

bilder f- Pfte. Wunderhorn-Verl ., Munchen 3 M. 
Sibelius, Jean: op. 94 Klavierstucke. Westerlund, 

Helsingfors 14 M. . 

Tapped, Wilhelm; Obungen fur die iinke Hand allein 

(Klav.). Neue Ausg. (Paul Wittgenstein). Simrock, 

Berlin 5 M. . 

Windsperger, Lothar: 15 Improvisationenf. Viol, allein. 

Schott, Mainz 6 M. . 

Wiuternitz, Arnold: op. 19 Fflnf KlavierstQcke. 

Bote <£ Bock je 1,80-2,00 M. 
Zilcher, Hermann: op. 21 Konzertstuck (a) f. Vtell. 

Mit Klav. Breitkopf <fc Hartel 3 M. 

II, Gefangsmufik 

a) Opern (a |on|fige fheafraliJAe Mufik) 

Benda,Georg: Ariadne auf Naxos. EinDuodrama 
mit musikal. Zwischensatzen. Siege Lp* 0-1, 

Mat. laicise; «*-* C^-£ tt 1 HBch- 
Braunfels, Walter: op. 30 Die v»„ej >. . 
phantasms Spiel n»c» 'Ari.lophanea Kl.i. A. 

noch ungedruckt 



Lortzing, Albert: Rolands Knappen Marchenopet. 

Neue Bearb. (GR Kruse), Stahl, Berlin Klav.-A.30M. 
Niehr, Gusiav: Der Schelm von Bergen. Romantische 

Oper. Hansa-VerL, B.-Wilmersdorf Klav, -A. (.Arthur 

Dette) 15 M. 
Paer, Ferd.: Diana und Endymion, Dramat. Kantate. 

Stahl, Berlin Klav. -A. (Preben Nuclermann) 12 M. 
Zilcher, Hermann: op. 39 Musik zu Shakespeares 

Wintermarchen. Part. u. Orch.-St. Breitkopf t V- 

Hartel. Preis nach Ubereinkunft 

b) Sonjfige Gefangsmujik 

Bach, J. S: Arien aus Kantaten. Mit Pfte i Karl 

Straube, Max Schneider) (a) f. Tenor, (b) f Bali 

Peters, Lpz jeder Bd 2,50 M. 
— . Die [Jeder aus deui Notenbuch der Anna Magda- 

lena Bach f. d. prakt. Gebrauch hrsg. (Herm. Roth). 

Peters, Lpz 1,50 M. 
Bach, Nicolaus: Messe (e) f. d. prakt. Gebr. hrsg. 

(Victor Jung, Alex. Fareami). Part. Breitkopf \- 

Hartel 15 M. 
Blech, Leo: Wiegenlied (Bliithgen). Fur cine Singst. 

mit Klav. -■ in: Sang u. Klang-Almanach 1921 
David, K. H.: op. 21 Sechs Gesiinge f. vierst. Frauen- 

chor m. Orch. Breitkopf & Hartel. Klav.-A 6 M. 
Duis, Ernst: Das Rosenband. Lieder zur Laute aus 

derempfindsamenZeit. Zwiftler,Wolfenbtittel 5,50 M. 
Duvosel, Lieven: Sanctus fUr Knabenchor, kl. u grofV 

gem. Chor, Orch. u. Org. Klav.-A. Breitkopf * 

Hartel 4 M. 
Fiebach, Otto: GroBe Liturgie f. 8st. Chor u. Kinder- 

chor (dauert Vh St.) noch ungedruckt 
Haas v loseph: op. 52 Lieder des Glucks (Sieben Gc- 

dichte von W. H. Metz); op. 54 Heimliche Lieder 

der Nacht. 6 Lieder. Fur erne Singst. u. Klav. 

Schoit, Mainz jedes Heft 3 M. 
Humperdinck, Engelbert: Altdeutsches Liebeshed. Air 

eine Singst. m. Klav. - in: Sang- u. Klang- 

Almanach 1921 
Kluge, Karl [Plauen]: Sturmlied f. groB. Mannerchor 

u. Orch. noch ungedruckt 
Koch, Friedr. E, op. 43 Drei Terzette f. Sopr. u. Alt 

m Pfte. Kahnt, Lpz 4,50 M.; op. 45 Heitere Ma- 

drigale f. gem. Chor. Ders. Verl Part 1 1,20 M„ 

Nr 2-4 je 1 M.; jede Chorst. jeder Nr 0,30 M. 
Koschitz, H.: Die Lieder der Ukraine. 18 Lieder fur 

Mannerchor. Part. G- Brauns, Lpz II M- 
Levvin Gustav: Neun moderne Kinderheder f. eine 

Sin«3t. m. Klav. Stahl, Berlin je 1 M. 
Merikanto, Oskar: op. 96 Drei Lieder II Singst. im 

Klav Westerlund, Helsingfors je 2 M. 
Pfirstinger, Felix: Kirchliclics Liederbuch Fine 

Sammlung religioser Gesange f. gem. Chor Hug, 

Reufi! Augtt: op. 36 Acht Lieder f. 1 Singst. m. Pfte. 

ZierfuB, Munchen je 1,25-2,00 Ma 
Rottenberg, Ludwig: Vier Gedichte von R M. Rtlte 

I hohe Singst m. Klav. Univcr8al.fcd. " 2,5Q> 
- Zwei Lieder f. hohe Singst. m.KJv. U-^ 2J0M- 
^ Zwei Lieder far Bariton m. Kiav. ,y.-E 1,50 M. 

475 



f0 L 




■'.-^V 



Schreiber, Fritz: op. 13 Sechs Lieder f. 1 Singst m. 

Pfte. Univers.-Ed., Wien 2,50 M. 
SeidI, Stefan: op. 122 Alpengluh'n. Album bayr. Dorf- 

Heder gesetzt mit Gitarre (Heinr. Albert) Halb- 

reiter, Munchen 9 M. 
Sibelius, Jean: op. 90 Sechs Lieder f. Singst. m. Klav- 

Westerlund, Helsingfors je 3,00-3,50 M. 
Wickenhausser, Richard: op. 82 Chrysanthemen. Drei 

vierst Frauenchore m. Orch. nach altjapan. Poesien. 

Siegel, Lpz Klav.-A. je 2,50 M ; jede Chorst. zu 

jeder Nr 0,25—0,30 M- 
Winter, M. Georg: op. 144 100 Volkslieder u. volks- 

tiimliche Lieder als Wechselgesange mit Gitarre. 

Siegel, Lpz 6,50 M. 
Wolfurt, Kurt: op. 10 Fiinf, op. 11 und 13 je Vier 

Lieder f. 1 Singst. m. Klav. Ausg- f. none, mittl. u. 

tiefe St. Madrigal-VeH., B.-Wilmersdorf je 1,00 

bis 1,40 M. 



III. Biidier 
und Zeiffdiriffen-Auffa^c 

(alphabetisch sowohl nach Stichworten wie nach den 
u crfassern geordnet Bei Zeitschriften -Aufsatzen ist 
'innir/ mit Nr die des laufenden Jalirgangs gemeint) 

Ansermet, Ernest — s. Stravinsky 

Bartok, Bela. By Leigh Henry — in: Musical 

Opinion. Oct. 
Beethoven. Wie feiern wir B 's 150. Geburtstag? 

Von Waiter Baer — in: Ztschr. f, kirchenmusik. 

Beamte 5 
Berlin. Blatter der Staatsoper . . . hrsg. v. Julius 

Kapp. Berlin, Schuster & Loffler Heft 1 5 M. 
Beriihmt. Wie werde ich beruhmt? Betrachturigen 

von Elvira Schmuckler — in: Rhein. Musik- u 

Theater-Ztg 44/5 
Bewertung von Kunstleistungen. Ist eine prazise, 

eindeutige B. von K. moglich u. notwendig? Von 

Leonid Kreutzer — in: Sang u. Klang- 
Almanach 1921 
Blech, Leo: Meine „Entgleisung" in die Operette — 

in: Sang- u. Klang-Almanach 1921 
Blessinger, Karl — s. Impotenz 
Blom, Eric — s. Flattery 
Bruch. Zur Erinnerung an Max B. Von Wilh. 

Nagel — in: Neue Musik-Ztg 3 
— Von Arnold Ebel — in: Deutsche Tonkunstler- 

Ztg Nov. 
Bruch, Max f. Von Max Stein itzer — In: Ztschr. 

f. Mus. 21 
Carlsruhe in Oberschlesien, eine schlesische Kunst- 

statte des 18. Jahrhunderts und seine Beziehungen 

zu Carl Maria v. Weber. Von Martin Klose — 

in: Ztschr. f. Mus. 21 
Carriere, Paul — s. Farbe 
Chop, Max — s. Reznicek 
Cohn, Arthur Wolfgang — s. Riemann 
Conze, Jorj- — s. Neue Kurs, der 



Corner, David Gregor, und sein Gesangbuch. Eine 

biobibliographische Skizze. Von Robert Johandl — 

in: Archiv f. Musikvviss. 4 
Davies, H. Walford — s. New scales 
Dette, Arthur — s. Mikorey 
Deutsche Musik auf geschichtlichen und nationalen 

Grundlagen. Von Hermann Frhr. v. d. Pfordten 

2. verb. Aufl. Quelle <fc Meyer, Lpz geb. 30 M. 
Deutsche Oper im Ietzten Drittel des 18. Jahrh, — s. 

Dresden 
Deutscher Humanismus. Aus der Musikgeschichte 

des dtsch. Hum. Von Peter Wagner— in: Ztschr. 

f. Musikwiss. 1 : 
Deutsches Opernschaffen der Gegenwart. Die Ent- 

wicklung der deutschen Oper seit 1900. Kritische 

Aufsatze. Von Julius Korngold. Leonhardt, 

Wien I geb. 48 M. 
Dirigent. Die Kunst des Dirigenten. Von Ernst 

Kunewald in: Sang- u. Klang-Almanach 1921 
Dresden und die deutsche Oper im Ietzten Drittel 

des 18. Jahrhunderts. Von Richard Englander — 

in: Ztschr. f. Musikwiss. 1 
Einstein, Alfred — s. Spengler 
Englander, Richard — s. Dresden 
Erpf, Hermann — s. Schonberg 
Extremists versus the rest. By Ernest Newman — 

in; The musical Times. Nov. 
Farbe und Ton. Von Paul Carriere -- in: ANgem. 

Mus.-Ztg 45 
Film und Musik. Von Leopold Schmidt — in : 

Sang und Klang-Almanach 1921 
Finnlandischer Musik, Von. Eine Skizze v. Ferd. 

Pfohl — in: Die Musikwelt 2 
Flattery and malice in music. By Eric Blom — in: 

Musical Opinion. Oct. 
Flesch, Carl — s. Vergilbt (Pariser Konservatorium) 
Georgii, Walter — s. Reufi 
Henry, Leigh — s. Bartok 
Hoesslin, J. K. v. — s. Melodie 
Humanismus — s. Deutsch 
Impotenz. Die Oberwindung der musikal. Imp. Von 

Karl Blessinger. Filser, Stuftg. 9 M. 
Impressionistische Musik. Von Siegmund Pis ling — 

in: Sang u. Klang-Almanach 1921 
Johandl, Robert — s. Corner 
Kahse, Georg Otto — s. Musik 
Kapp, Julius — s. Berlin; Reznicek 
Karpath, Ludwig — s. StrauB, Rich. 
Klavier. Rund urn mein Klavier. Von Walter Nie- 
mann — in: Die Musikwelt 2 
Klaviernote. Von Konstantin Br u nek — in Neue 

Musik-Ztg 3 
Klose, Martin — s. Carlsruhe 
Korngold, Julius — s Deutsches Opernschaffen 
Kretzschmar, Hermann — s. Musikgeschichte 
Kreutzer, Leonid — s. Bewertung 
Kfihn, G. F. — s. Unbewuiite, das 
Kunstmusik und Schulgcsang. Von Otto Stein- 
hagen — in: Ztschr. f. Musikwiss. 1 



474 



Kunwald, Ernst — s. Dirigent 

Kurs, der neue — s. Neu 

Kurth, Ernst — s. Wagner 

Lehmann, Lilli: Mein Weg. 2. verm. Aufl. Hirzel, 

Lpz 100 M. 
Listening. The psychology of 1. to music. By Roilo 

H. Meyers — in; The Chesterian. 10 
LSwenfeld, Hans — s. Operndammerung 
Malice vgl. Flattery 

Melodic, Die, als gestaitender Ausdruck seelischen 
Lebens. Von H. K. v. HoeBlin - in: Archiv f. 
d. gesamte Psychologie 39 H. 3/4 
Mikorey, Franz- Von Arthur Dette - in: Neue 

Musik-Ztg 3 
Musik des 16. |ahrhunderts. Takt und Sinngliederung 
(darin). Von Arnold Schering - in: Arch. f. 
Musikwiss. 4 
Musik, mcht Gesang in den Schuien. Von Georg 

Otto Kahse - in: Der Chorleiter 21 
Musikgeschichte — vgl. Spengler 
- Einfuhrung in die. Von Hermann Kretzschmar. 

Breitkopf & Hartel 6 M. 
Myers, Rollo H. - s. Listening 
Nagel, Wilibald - s. Bruch 
Neue Kurs, Der, und andere Wege. Von joh. 

Conze - in: AHgem. Musik-Ztg 46 
New scales. Some n. sc and chords. By H. Walford 

Davies - in: The musical Times Nov. 
Newman, Ernest -- s Extremists 
Niemann, Walter - s. Klavier 
Not, unsere |d. h- der MusikerJ Von Lrnst 

Schliepe - in: Allgem- Mus-Ztg 44 
Opcr, deursche, im letzten Dritlel cles 18. Jahrh. - 

s. Dresden ># , : 

Operndammerung. Von Hans Lowenield - in. 

Die Musikwelt 2 to „u o0 s 

Opernschaffen der Gegenwart, Deutsches - b. 

Deutsch M«ij«urn - in- 

Orchestra, The. By G- Francesco Malipiero in. 

The Chesterran 10 
Paris. Konservatorium - s. Vergno 
Pfohl, Ferd. - s. Finnland s . Deuts he 

Pfordten, Hermann, Frh- v. aer 

Musik . s impressionistische 

Pisling, Siegmund - s - * 

ReX^us, Vo„Wa 1 terpeor g ii-in:R h ei, 

in: Sang- u. Klang-Almanach 1921 igche 

-. SeinLeben und seine Werke. ^ K 

Studie von Max Chop. ^"'^^ D i r igentenlauf- 
Reznicek-Heft (Rexnlcek, An « ner D. ^ _ ^ 

bahn; Kapp Uber R. u. seine 

Blatter der (Berliner) Staatsoper H. 1 



/ 



von 



Riemann, Hugo, als Systematikcr der Musikwissen- 
schaft. Von Arthur Wolfgang Cohn in: Zeit- 
schrift f. Musikwiss. 1 

Rivista nazionale di musica erscheint seit Ende 
Oktober wdchentlich in Rom, Via Leonardo da 

Vinci 76 
Sang u. Klang-Almanach 1921. Hrsg. Leop Schmidt. 

Neufeld & Henius, Berlin 3,50 M. 
Scales — s. New scales 
Schering, Arnold s. Musik des 16. Jahrh. 
Schliepe, Ernst — 8. Not 
Schmid, Otto - s. Weber 

Schmidt, Leopold - s. Filmmusik; Sang u. Klang- 
Almanach 
Schmuckler, Elvira - s- Berlin mt 
Schfinfierg. Fur Arnold Sen. Von Hermann Lrpf 

in: Neue Musik-Ztg 3 
Schreker, Franz: Der Schatzgraber. Opcr. Thema- 
tische Analyse. Einfuhrung in die Musik von 
Richard Specht. Univers.-Edition 3 M- 
Schubert, Franz. Fantasie op. 15. [Analyse! 

Heinr. Schwartz in: Ztschr. f. Mus. 21 
Schuien - s- Musik 
Schulgesang - vgl. Kunstmusik 
Schwartz, Heinr. — s. Schubert 
Seelisches Leben - s. Melodic 
Specht - s. Schreker 
Spengler, Oswald, und die Musikgesch.chte 

Alfred Einstein - in: Ztschr f Musikwiss. 1 
Steinhagen, Otto - s. Kunstmusik 
Steinitzer, Max s. Bruch 
Straufl, Richard, wie ich ihn kenne. Von Lidw.« 

Karpath - in: Sang u Klang-Almanach \JZ\ 
Stravinsky. L'histoire du soldat AusfuhrL Be- 
sprechung von Ernest Anscrmct - in. I he 
Chesterian 10 
Ton — vgl. Farbe 

Typen-Stimmbildnng, zugleich die neue Ausdrccks- 
kunst fUr Biihne und Konzert. Von Ottmar Rut, 
RrpitkoDf & Hartel 10 M 
UnbeCte, Das, in der Musik Von O. F KUhn - 

in: Neue Musik-Ztg 3 . 

Vergilbte Blatter (Vom Pariser Konservatonunr. Von 

Carl Flesch - in: Sang u. Klang-Almanach 1921 

waaner Peter - s. Deutscher Humanismus 

w«5ner* Richard. Romantische Harmonik und ihre 

Se in ^gners Tristan. Von Ernst Kurth 

Haupt, Bern 32 M. 
«r u r Karl Maria v. — s. Carlsruhe 
* eb 2r HunderJjahrfeier der FreischiUz-OuvertUre 

Von Otto Schmid in: Musik-Ztg 43 
Zallner, Heinrich. mit besonderer BerOck.lchl.gujjj 

seiner Chorwerke (von ihm selbst, in. Der 

Chorleiter 21 



Von 



475 



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-), Vifsrtflj. Almnn. Ml*. I-V 
Anzci^'nprois Fiir <lio vw^sp.illwM> /.oil" Ml<- ' ■■'"■ 



Nr. 21 



Berlin, den 16. Dez ember 1920 



I. Jahrgang 



INHALT 

„«KTxi*^«r . Mulik und Utopie 

KARL SPANNAbbL .....■•• pr j mefheus von sbrjabin 

I.. SABANE3EW . . Einiaes uber lnffrumcnfalion 

HEINRICH KAMINSKI ...-•• ^ ^ fahaM dcr TonKnm) , 

WALTHER HOWARD DmmQ oder Libretfo 

3UL1US BITTNER • ' ' Zum Bau der Berliner Volbsoper 

fTn WMELM ALTMANn'. ' ". '. Bedeu.ende Ne U er,che:„un fl e„ und ManulNnp.c 
NOTENBEIUeE: Stefan Wo.pe .Adagio fur Kfavfer" 



JMELOS" 

in einer Luxusausgabe 

eridieinf monallkh einmal irn Kun|lverla« 

Frife.aurlitt,BerbnW55 




Mufik und Ufopie 

(Anlaj31ich Beefhovens 150 jahrigen Geburfsfages.) 
Von Karl Spannagel 

„Deine Musik, dafi sie hatte urn die 
Welt sein diirfen, nicht um uns!" 

(Rilke.) 

Jedem, der unferes Glaubens iff, dammerf einmal die fchmerzliche Erkennfnis auf, 
da^ mufikhaffer Raufch uns le^fen Endes eine Luge fein muj3. Einfamkeif iff unfer 
fiefffes Gefe£ geworden und audi der ufopifche Glanz unferes augenblicklichen Er- 
lebens hilff nidif dariiber hinweg. Keiner kann mehr darunfer leiden als der Mufiker, 
der von der Nafur dazu beffimmf iff, das a priorifdie Sein aller Dinge zu erklaren. 
Ihm haf die Zeif feine Welf geraubf, und was (ibrig geblieben iff, reichf zu lefjfem 
Klang nidnf mehr aus. So gofflos find wir freilich fdion geworden, daj3 uns Mufik 
nur nodi eine qualvolle Ridifung, eine Sehnfudif bedeufet. So freulos, dag wir 
wahnen, ein neuer Goff verfriebe mif feiner Wiederkehr zugleidi die Mufik von unferer 
Erde. Vergeffen haben wir alien feligen Gefang vor uns. Mozarfs Canfabile leuchfef 
uns an einem fremden Himmel auf, der uns verffoj3en haf. 

Was iibrig geblieben iff, iff allein die Sehnfudif, fiir die es kein a priori, alfo 
audi keine Mufik gibf. Die Mufik der Sehnfudif bleibf zufallig, nur dem Einzelhen 
ein Anker in der Zeif, deshalb von jedem angreifbar. Harmonie als Symbol — eine 
verziickfe Vereinigung im Glauben — iff finnlos geworden. Wir wiffen, daj3 Kunff eine 
Sphare iff, die fich durdi ihre eigene Exiffenz rechfferfigf. So iff uns nur geblieben 
Diffonanz als Waffe gegen unfere finnlofe Urn welf. Enffaufchf wenden fich die Menfchen 
von foldiem Klang, nidif ahnend, daj3 wir Mufiker mif harfeffem Fluch beladen find. 
Wohl find wir uns bewu£f unferer Veranfworfung gegen ein a priorifdies Dafein. 
Uns alien fdiwebf ein ferner Klang vor, in dem Symbol und Ding zufammenf alien. 
Doch die Formel iff uns geraubf, und ubriggeblieben iff nur die Qual und Zerriffenheif. 

Hier leudifef Beefhoven wieder auf. „Diefe unerbiffliche Selbffverdidifung forf- 
wahrend ausdampfen wollender Mufik", fagf Rilke von feinem Anflifc. Zerriffenffes 
Menfdienfum ruff aus feiner Tiefe. Der Gefang fdiwand mif dem Tage feiner Geburf 
aus der Welf, ungeheuere Mufik fpringf aus den Fugen feiner Zerriffenheif, der Aus- 
einanderjefcung mif feiner Sendung. Er gehf nidif verklarf zu Goff ein, fondern 
fdieidef in harfer Qual im Bewu£ffein eines dammernden Anfangs aus dem Leben. 
So ungeheuer iff zwar feine Gewalf — und das mag uns ein Troff fein — , daP uns 
fein Klang umfangen will wie ein bliihendes Eden, doch wiffen wir es und bekommen 
es zu fpiiren, daj5 hier ein Menfdi gewefen iff voller Sehnfudif, den Blick vifionar fiber 
die Grenzen feiner Kraff gerichfe.f. 

Retfung wurde ihm im Kampf die Form. Symphonifdie Form wurde fur ihn 
geniale Synfhefe feines ausbrechenden Gefanges und feiner QuaL Hierin ruhf 
Erlofung fiir ihn. Sie wird ihm Symbol fur feine Taf, zwar ein Symbol, das nidif 
a priori vorhanden war, doch mif Keulenfdilagen formf er ein Gefa£ fiir fich deshalb 
leuchfef fein Name iiber feiner Mufik. Le$te mefaphyfifche Kongruenz blieb audi 
ihm verfagf. Aus feiner lefcfen Symphonie rufen Menfdiendtore, - Fludif aus der 
Mufik. - Triimmer feiner lefcfen Klange find uns iiberkommen - idi denke haupf- 
fadilidi an die lefjfen Sfreidiquarfeffe — deren Skin wir heufe fiihlen, aber nodi nidif 
auszudrijdten vermogen, vor denen wir heufe nodi ratios ffehen, nidif-wiffend ob es 
em Anfang iff oder die Folge verfagenden Qehdrsfmnes, ein Ende. 

478 ' : :':;-K:\ 




Beefhovens Titanenkampf mif fidi und der Umwelf blieb ohne Reflexion das, was 
er im fiefffen Sinne bedeufef: Die Unmoglidikeif einer le&fen Kongruenz. Nie wurde 
hier Zernffenheif fidh felbff zum Objekf, nie wurde Verzweiflung Sakramenf. nie Chaos 
Stoff. Heine Ufopie leudifef in feiner Mufik auf. Deswegen bliihf efwas wie Seligkeil 
und Erlofung in feinem Klang. Hein Zufall, dap" Beethoven weder Form nodi Klang 
revolufionierfe. Hodiffens iiberlaffef er die gegebenen Moglkhkeifen. Alles was vor 
ihm fieri abfpielfe urn Sonafe und Symphonic erfdieinf als gofflidier Auffakf in feiner 
Sphare. Klang und Form ergriff er und fdimolz beides in der einzigen qualvollen 
Geburfsjfunde feines ganzen Lebens zum einzigarfigen Kosmos feines Sdiidtfals ein. 
Im Glanz und der Infenfifaf diefes fymphonifchen Kosmos verblajSf alles nach ihm. 
Dariiber hinaus fiihrf kein Weg fur uns. 

Es niifjf nichfs, an der Erinnerung zu zerren. Kein Reigen feliger Geiffer will 
uns mehr erklingen. Hinfer alien Verfuchen grinft uns die Einfamkeif des Menfchen 
an, ein vollig mufiklofes Phanomen, und aus der Frommigkeit des Einzelnen font uns 
eine graue Homophonie enfgegen, zu der die antwortenden Chore der Betenden und 
Heiligen fehlen. 

Es darf uns nur darauf ankommen, Herr der Verzweiflung, das heiflf unferes 
Untergangs zu werden. Nur dem Mufiker wird es moglich fein, wieder unfdiuldig zu 
werden, bluhende Infel im Strom der Zeif, auf der ein unbegreiflidier Gefang ertonf. 
Muj3 es moglich {ein, damit er den Boden feiner gofflidien Exiffenz nidit verlierf. 
Infel freilidi bleibf er. 

Vergeffen wir die Ufopie unferes Dafeins! Dann bliihf durch unfere Klange Goff 
Wieder auf in unferer Zeif - gegen unfere Zeif. 



Prometheus von Skrjabin 

Von L Sabanejew 

k •« tAw-r hri der Analyfe des Skrjabinfdien Sdiaffens die einzelnen Geffalten 
Es iff fdiwer , ^ °er Ana iyie r „ K unffidee" des Komponiffen zu 

f^^.^^^^^^^^A^ zumErreichen eines ehffatifdien 

frennen. Die K W h f*%™ 7 n hoheren Planen der Nafur. Wir finden eine logifdie 
Erlebniffes dien -d em Sehenm hoheren Fiane^ 

Enfwiddung diefer Idee von a^^g^tate driffen die Befreiung des Geiffes 

Symphonic ^^gXSS" £^U* *> * es im » Po * me **?*"' 
von Keffen, die ^f$3™L die Sd iaffensekffafe. Dies alles find verfdiiedene 
die Freude des freien *W*** die M £ in skrjabins Sdiaffen: die Idee eines 
Enfwicklungsffadien emer und ^^ ZweA des ekmmen Auffdwunges alle 
grandiofen ^^^ZbklZn" (anfangend mif Mufik bis zum Tanz - mif 
Erregungsmiffel, alle f mnenl \^fS n ) ausgenufzf werCen. Wenn man fief in das 
Lidhffpielen und ^^^^^S^S. wird es War, da*5 man weder Grund 
Wefen der "VJflJ^^f^^S^ &!& abzugrenzen. Die myftifdi-religiofe 
nodi Redif hat, diefe Kunff ausfdil^ ^ men Fahiflke ifen des Menfdien, de* 
Kunff, die dent Ausdru* der J«*™*gJ^ und von je her alle Miftel zur Wirkuiig 
Erreidien der Ekftafe dienf, Jraudife imm ^ ^ gegenwarfigen Goftesdlentf, 

*1/^ in diefem Fall. w CTO 



l,<i 




;•**** 



audi im kleineren MajSsfabe, die Idee der Vereinigung der Kiinfte in eins nicht*korv 
ferviert, >ehen wir hier nichf die - Mufik (Gefang, Glockenklange), plaffifche Bewegungen 
(das Kni^n, das Ritual der priejferlichen Handlung), Spiel der Diifte (Weihrauch), Lichf- 
fpiel (Keizeh, die allgemeine Beleuchfung), Malerei? — Alle Kiinffe find vereinigf zu 
einem haononifchen Ganzen, zu einem Ziel ■-■ dem religiofen Auffchwung, 

Dieftr Auffdiwung kommf zuffande trotz der Einfachheit der famflichen hier ge- 
brauchfen Miff el: von den Kiinffen, die heufe in der Kirche gebrauchf werden, iff die 
Mufik alLein zu einer groJ3en ausgefprodienen Enfwicklung gekommen; die iibrigen find 
jchwach, boinahe afrophierf. Die einzelnen Zweige der Kunff haben fich feif der Zeif 
der anfiki n religiofen Handlungen felbffandig gemachf uncT erreichfen gefrennf eine 
verbliiffentle Vollkommenheif. 

Es iff die Zeif der Wiedervereinigung diefer famflichen zerffreufen Kiinffe ge- 
kommen. Diefe Idee, die unklar fchon von Wagner formulierf wurde, iff viel klarer 
durch Skrjabin formulierf. Alle Kiinffe, von denen jede eine enorme Enfwicklung er- 
reidif haf, miiffen, in einem Werk vereinigt die Sfimmung eines fo fifanifchen Auf- 
fchwunges geben, dajS ihm unbedingf eine richfige Ekffafe, ein richfiges Sehen in 
hoheren Planen folgen muJ3. 

Es find aber nichf alle Kiinffe in diefer Vereinigung gleichberechfigf. Die Kiinffe, 
die um liffelbar fich den Willensimpulfen unferordnende Subffanz als Material haben, 
d. h. die fahig find, den Willen unmiffelbar zum Ausdruck zu bringen -- diefe Kiinffe 
werd -n dominieren (Mufik, Worf, plaffifche Bewegung). Die Kiinffe aber, deren Material 
von den Willensimpulfen nichf abhangf (Lichf, Duff), bleiben unfergeordnef: ihre Be 
ffimmung iff Refonnanz, um den durdi die Haupfkiinffe hervorgebrachfen Eindruck zu 
verffarken. Dies find die Kiinffe, die bis jefzf unenfwicfeelf blieben, was audi voll- 
kommen klar iff, da, wie gefagt fie zu felbffandiger Exiffenz ohne Mifwirkung der 
Haupfkiinffe nichf fahig find. 

Solange aber die Idee des „Myfferiums" d. h. die Idee im ganzen, noch nichf ver- 
korperf iff, ware der Verfuch einer feilweifen Vereinigung der Kiinffe (wenn auch furs 
erffe von nur zwei Kiinffen) angebradif. Einen folchen Verfuch madite Skrjabin in 
feinem Prometheus: er vereinigfe die Mufik mif einer der „begleifenden" Kiinffe, mif 
„FarbenJpier, das dabei, wie audi zu erwarfen iff, eine fehr unfergeordnefe Sfellung 
haf. Die Farbenfymphonie des Prometheus beruhf auf dem Prinzip der korrefpon- 
dierenden Klange und Farben, uber welche wir fchon fruher in der ,, Mufik" gefprochen 
haben *.. Jede Tonarf hat eine korrefpondierende Farbe, jeder Harmonienwedifel hat 

■•) hi diescm Artikel uMusik", Moskau, Januar 1911, Nr. 9, S. 199) sagt Sahanejew: die musikaiisehen Farb- 
empfinduugen Skrjabins konnen gewissermaften eine Tlieorie darstellen, die nffmabiich das Bewufitsein des Komponisten 
selbst enekid. Die Tnbelle: 

<*< .. Rot Fis . Blau, greli 

G . Orange-rosa Des. Violett 

D .. Gefb As . Purpur-violett 

A . Grrn Es . \Stahiartig mit 

E . Blau-weifilich B . /Metallglanz 

r I . aliniich dem E F . Rot, dunkel 

Bei Verteilung dieser Tone auf den Quintenkreis spring! die ■ Regelmafiigkeit ins Auge, Die Farben verteilen 
sicli beinahe . voll oramen der Spektralprdnung entsprechend, indem Abweicliungen nur im Sinne der Geiubisintensitat 
zu konstatieren sind u. B. E-dur- Mo-dweislich). Die Tone Es und B finden im Spektrum keinen Plate; nach Skrjabin 
haben diese Tone eine unbestimmte Farbe, aber ein ausgesprochen prazises Metallkolorit. - Dieses Farbenentspreclieii 
ururde- von Skrjabin in seinem .Promethetrs* gebraucht. Diejenigen, welclie den „Prometheus (< mit entspreciiendeu 
Lichteffekten gehort haben, rnufiten eingesfelien, daB der musikalische Eindruck tatsaehlich vollkommcii durch die enl- 
sgcechenden Beleuditungen gedeckt wurde und durch dieselben eine verdoppelte KraFt bekam und bis zur let/ten 
>l r S|eigeruiig.,gebracht wurde.. Und dies trotz des sehr primitive!) Beleuchtitngsappandes, welclior die Farben nur an- 
nktie r'rid ■ ! i e f e r t e . --■'•- - " 



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einen horrefcondierenden Farbenwechfel. Dies alles ruhf auf der Farbenhlanginfuition, 
uber weldie A. N. Skrjabin verfiigfe. Im Prometheus iff die Mufik von der Farben- 
harmonie beinahe unfrennbar. Diefe Jonderbaren fchmeichelnden und zur felben Zeif 
fief myffifdien Harmonien find in diefen Farben enfftanden. Der durdi die Mufik ver- 
urfachfe Eindruck wird durch diefes Farbenfpiel unbefdireiblich verffarkf; hier wird das 
Tieforganifdie diefer Skrjabinfchen „Laune" und ihre ganze affhefifche Logik klar. 

Wir wollen die mufikalifche Seife des Prometheus unferfuchen. In der „Mufik" 
habe ich Jchon Gelegenheif gehabf, darauf aufmerkfam zu madien, da(3 der Prometheus 
eine Kriffallifafion des Skrjabinfchen Sfils der lefzfen Periode darffellt. Seit dem 
erffen Kompofifionsverfudi fuchfe Skrjabin ununferbrochen nadi jenen Akkorden, nach 
jenen myffifdien Klangen, welche feine Ideen verkorpern konnen, Einem Kenner feines 
Schaffens fallf es nichf fchwer, die Evolution der Jpezififch Skrjabinfchen Harmonic 
von dem erffen Werke bis zum Prometheus zu verfolgen. Diefe Evolution ging auf 
einem rein infuifiven Weg vor fich, Erff ki feinem lefzfen Werk find die harnionifchen 
Prinzipien, welche er fchon friiher unbewuj3f benufzfe, feinem Bewuj3ffein klar geworden. 
Es iff unmoglich, darin die Auj3erung der verbltiffenden Eigenfchaffen der mufikalifchen 
Intuition nichf zu Jehen. Iff es denn nichf wunderbar, da£> die von Skrjabin zu ver- 
fchiedenen Zeifen unbewuj3f gebrauchfen Harmonien, die er ohne jede „fheorefifche" 
Abfichf zu finden verffand — daj5 diefe famflichen Elemenfe plopch fich einer ffrengen 
Gefe^majSigkeif unferordnefen, fich in Qrenzen einer beffimmfen Tonleifer, eines be- 
ffimmfen mufikalifchen Prinzips finden liej3en? Da iff diefe Tonleifer, welche aus fechs 
Klangen beffehf, und die Grundharmonie, beffehend aus den fechs Klangen diefer Ton- 
leifer mif der Verfeilung derfelben nach den Quarfen. 



<frj j j|j^ j i^ 



In diefer Harmonie und bei diefer Anordnung derfelben laflf fidi die groflfe 
Mannigfalfigkeif der Infer valle beobadifen: die reinen Quarfen e-a, a-d, die uberma^igen 
Quarfen c-fis, b-e, und die verminderfe fis-b. Die Tonleifer felbff c d e fis a b wird 
akuffifdi gerechfferfigf. Diefe Klange find Oberfone der fogenannfen harmomfdien 
Reihe der Klange, d. h. folcher, deren Sdwingungen zueinander als erne Reine fich 
folgender Zahlen ffehen. 

\, % 3, 4, 5, 6, 7,8, 9, 10, 11, 12 ■ ■ ■ ■ 

Die erwahnfe Tonleifer (c d e fis a b) beffehf aus Klangen 8, 9, 10, 11-13, 14, wo- 
raus zu fdalie^en iff, das wir in diefem Falle fheorefifch nnfcf 4e jj^jen £» fiwdb 
finden, die uns bekannfen fis a und b, fondern andere, d. h. fie klmgen alle fiefer als 
bei der femperierfen Sfimmung. 

Den erhalfenen Akkord half Skrjabin fur eine Konfonanz, und Jaffa ddkh iff« ^eine 
Ausdehnung des gewohnfen Begriffes eines Konfonanzakkerdes, d, h. en.es Akkordes 
Welder keine Aufidfung verlangf. ;^ 



I,- 1*,:,. . ■ -■■.e»w'*. ^ 




Unfer gewohnlidier Dreiklang iff nur ein Fall diefes Akkordes, ein Fall, weldier 
durdi Auslaffen einiger Klange beffimmf wird: 

— d — fis — a (dur) 
(ausgelaffen c e b) 

ace (moll) 
(ausgelaffen b d fis) 

— fis — a — c — (verminderf) 
(ausgelaffen b d e) 

— d — fis — b — (iibermaj3ig) 

(ausgelaffen c e a) 

In diefer Harmonie finden wir eine eigenarfige „myffifdie" Sfirnmung, efwas, was 
an den Klang einer fiefklingenden koloffalen Glocke erinnerf und andererfeifs efwas 
leuchfend Sfrahlendes, Irrifierendes, gehoben Nervofes, wenn diefe Harmonie in einer 
hohen Lage verwendef wird. Sie fdiliejSf ein bedeufend gro^eres Element der Mannig- 
falfigkeif in fich als der^gewohnfe Dreiklang, der felbff nur ein Fall diefer Harmonie 
iff. Im Prometheus gebrauchf Skrjabin beinahe ausfdiliej51idi diefes Harmonieprinzip, 
Was zu einem eigenarfigen Eindruck fiihrf. Der Zuhorer, der fich in die Welt diefer 
Harrnonien verfieff hat und der ihre ,,konfonierende" Nafur fiihlf, fangf an, das ganze 
Gewebe des Prometheus als efwas in hohem Grade Durdijichfiges zu fehen: es wird 
Mar, daj3 Prometheus unendlich einfach iff und vollkommen „kon?onierend", fo dap hier 
keine einzige Diffonanz zu finden iff. Das erklarf fich audi cladurch, daj3 infclge 
einer groj3en Anzahl von Klangen in diefer Harmonie der Aufor beinahe vollkommen 
die Wechjel- und durchgehenden Nofen vermeiden kann, die in der Harmonie nichf ein- 
gefdiloffen find, alle melodifchen Sfimmen find auf den Klangen der begleifenden 
Harmonie gebauf, alle Konfrapunkfe find demfelben Prinzip unfergeordnef. 

Nur diefe Taffache gibf die Moglidikeif, — bei dem vollkommenen „Konfonieren" 
und bei ausfchliejSlicher Durchfidifigkeif des Werkes — zur felben Zeif fiinf bis fechs 
verfchiedene Themafa und den fhemafifchen Urfprung der Figuren zufammenzubringen. 

Es iff nichf uninfereffanf, die Evolution der Skrjabinfchen Harmonie von feinen 
frtiheffen Werken an zu verfolgen. 

Sdion im Walzer op. \ (Verlag Jiirgenfon) gibf es die Harmonie, 

as fes (as) c ges (ges c fes as) 
in weldier wir ohne Schwierigkeif die Ziige des kiinffigen ekffafifchen Skrjabins erkennen. 
Hier fehlen nur zwei Nofen bis zur Harmonie des Prometheus, b und es. 

Nadi einer ziemlich langen Paufe erfchienen zur Zeif der zweifen Symphonie und 
der driffen Sonafe diefe Harrnonien wieder, wenn audi nodi immer nichf vollffandig, 
in der Form des fogenannfen Nonakkordes mif iibermaj3iger (oder vermindefer) Quinfe. 
In diefer Form gehorf der Skrjabinfche Akkord in die Tonleifer der Ganzfone, wenn 
audi fein organifdier Urfprung weif von der Ganzfonfkala ffehf. 

Diefer Akkord fangf an in der Mufik Skrjabins zur Periode der driffen Symphonie 
zu „dominieren", als im Laufe eines Sommer annahernd 40 kleine Werke komponierf 
worden waren, einfchliej31idi der „fragifchen" und „fafanifdien" Poeme, der Poeme op. 32, 
und der vierfen Sonafe. Hier erfcheinf die Harmonie des Prometheus zum erffenm^l 
in voller Geffalf, z. B. in „Preludes op, 37 No. 2 (der fediffe Takf): 

gis fis ais his cis cisis. 

Diefe voile Form finden wir aber doch nichf fehr off in diefer Periode. Offer in 
der le£fen Phafe (Poeme de Fexfase, fiinffe Sonafe). 

Im Poeme de l'exfase erfcheinf die fynfhefifche Harmonie im Augenblick des 
Kulminaficnspunkfes (Seife M der Parfifur): 
:j. .?%>, es a fis c g b (es g), 






KPK-^p"'-^^ ?■:*■■■■/■.■ ■■ 



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In der funffen Sonafe, die harmonif* dem Prometheus naher ffehf, linden wir fie im 

iirS o^ber i VaQ f 6 ] Und f nd6ren MeinCn Werke " d£r >^en ZeirXi 
lie Jehr off. Aber ihre konfequenfe und voile Durchfiihrung beobadifen wir nur 

im Prometheus. 

Damif beginnf das Promefheus-Poem des fdiopferifdien Geiffes, wel*er f*on frci 
geworden, frei die Welt fdiafft Das iff feine Art fymphonif*en Konfpekfes des 
Myfferiums, dur* wekhe die Mifwirkenden einff gezwungen werdcn, die ganze Evolution 
des fdiopferifdien Geiffes mif zu erleben, und von wo her die Teilung in cmpfangende 
paffive und in kunfffdiopfende Menfdieninferprefion ihr Ende finden wird. 



* 



Einiges liber Inffrumenfafion 

Von Heinridi Kaminski 

Wie? Inff rumenf af ion ? 

Als ob heufe nodi einer kommen muj5fe, um fiber Inffrumenfafion zu predigen 1 ?! 
Nidif wahr? 

Hm, fehen wir uns das Ding einmal genauer an. 

Was iff eigenflidi „Inffrumenfafion"? 

Oder fragen wir zunadiff: Was verffehf man heufe darunfer? 

Nun, einen farbigen Ordiefferfafj, die (mifunfer audi im Anfprudisvollen ffechen- 
bleibende) Inanfprudinahme des Ordieffers und feiner Farben fur ordieffral (oder audi 
nidif ordieffral) gedadife Mufik. Genauer: „inffrumenfieren" hei)3f heufe, die Klangfarben 
der einzelnen Ordiefferinffrumenfe in moglidiff reizvoller Weife benuf3en, fei es nun zu 
erhohfer Charakferifierung oder zu rein coloriffifdien Zwecken (Farbreizwirkungen). 

Sdion. Und jeder wird zugeben, dap" in diefer Hinfidif heufe Erffaunlidies ge- 
leiffef wird. Ja, man konnfe faff fagen, da]3 diefe, alsErgebnis einer nofwendigen 
und berechfigfen Enfwicklung gewonnene Ordiefferfedinik heufe fo zu'r Bliite ge- 
bradif, fo ausgebauf und eingebiirgerf iff, daj3 audi der harmlofeffe Con ferva fori urns- 
zogling miihelos jedes gewiinfdife Sffidt .modern inffrumenfierf". 

Idi erlebfe wenigffens derarfiges an der Hodifdiule in R„ wo damals im Unfer- 
richf allerhand Klavierffucke zu „inffrumenfieren" aufgegeben wurden -was mi* ver- 
anlaj3fe, den geheiligfen Raumen diefer hohen S*ule kurz enff*lo)fen den Riidten zu 
kehren. Heufe mag wohl au* dorf ein anderer Geiff eingezogen jein. Hoffen wir 

63 ^fem^dfefe Moali*keif der Ordiefferberiufcung (die man heufe eben unfer „In- 
IfrumenSfion" verffeh ?* Ure alfo errungen, ausgebauf und fru*fbar gemadifc S*6n. 
1 Sire es aber nl* fori** und ganz verkehrf diefe eine M6gli*keif der Orthfeffer- 
behaTd^g (^Sf sL eines Dogmas) als die Or*efferbehandlung f*le*fhin 

" C beengen — *^ ^ ^ innC ' 

W ° hn D e atn ^^ * das Leben mif E«g 

bed "enT; JnffrumenfafionM^llt alfo eipe Moglkhkeif der Or*efferbehandlung dah 



Iff aber damif Sinn und Wefen des Ordieffers erfchopff? 

Oder audi nur annahernd erreichf? 

Haf die „moderne Inffrumenfafion" die Orchefferbehandlung erheblidi verfieft? 

Oder kommt fie nichf vielmehr einer Bereicherung der Miffel, i. e. einer Ver 
breiferung der Oberflache, der Vordergriinde gleidi? (Wie gefagf ohnc das Beredifigfe 
und Nofwendige diefer Enfwicklung zu verkennen). 

Ergibf fidi daraus nidif das Poffulaf, nun wieder nadi der Tiefe, nadi dem Wefen 
hin zu frachfen? 

Und worin liegf das Wefen des Ordieffers? 

Es liegf befdiloffen im ureigenffen Wefen der Mufik. 

Und Wille und Wefen der Mufik iff: „Leben" zu kiinden, „Leben" zu offenbaren 
w Leben" fchlechfhin. Goff. 

Sicher, fie vermag audi zu ladien und zu weinen und jedweder Empfindung Aus- 
druck zu verleihn. Ja, mehr als das, demiifig-willig dienf fie audi unheiligem Willen 
zu rein auj3erlicher Wirkung, zu Reizwirkung, Raufdiwirkung und wozu immer fie 
einer gebrauchen mag* 

Aber abgefehen von Verge waif igungen le^ferer Arf erhalfen audi alle Au£erungen 
eines wahrhaffen perfonlidien Empfindens nur infoweif Sinn und Berechfigung, als da- 
durch (wenn audi nur unbewujSf) dem eigenflidien Ziel und Willen der Mufik (und jed- 
weder wahren Kunft) in irgend einer Weife gedienf wird. 

Grundfafjlich gefprodien: von perfonlidiem Empfinden und Erleben ausfagende 
Mufik (Kunff) erhalf ihren primaren Werf erff durdi den darin irgendwie in Erfdieinung 
frefenden Willen (oder die unbewujSfe Fahigkeif dazu), iiber das Perfonlidie hinaus 
zum „Leben" felbff vorzudringen, darein zu miinden und, wenn audi nur ffammelnd, 
davon zu fingen, zu fagen und zu kiinden. 

Eben diefer Wille und das giganfifche Kampfen um diefes vom Idti erlofende Ziel 
iff es ja audi, das Beefhoven, diefem erfdiiiffernden Sanger foldien Ringens, feine 
einzigarfige Gro£e verleihf, und eben darum audi verdankf gerade ihm die Mufik 
diefe unerhorfe Bereicherung und Verfiefung ihrer Spradie. 

Auf unfere Frage angewandf hei)3f das: die Enfdeckung und Nufjbarmachung all 
der Farbnuancen der einzelnen Orchefferinffrumenfe erhalf ihren eigenflidien Werf erff 
dadurch, da£ diefe neuerworbenen Ausdrucksmoglichkeifen des Ordieffers als Be- 
reicherung der Sprachmiffel eben jenem angedeufefen Ziel und Zweck der Mufik zu- 
gefiihrf und dienffbar gemadif werden. 

Das heij3f: die fich gerade als Selbffzweck gebardende Herrfchaff des beinahe zum 
alleinjeligmachenden Dogma gewordenen w Ordiefferkolorifs" iff zu brechen, und von 
der vorwiegend coloriffifchen Benufjung des Ordieffers iff forfzufdireifen zu einer 
Jeinem eigenflidien Wefen wieder geredifer werdenden Schreibweife. 

Eigenflidiffes Wefen des Ordieffers aber iff: ein Chor vielfalfiger Sfimmen 
und eine lebendige Gemeinfdiaff zu fein, in der jedes Glied auf feine Arf 
und feiner Nafur enffprediend redef und fingf und einffimmf in den Chor des Ganzen. 

Nafur und Wefen diefer Glieder deuflidier gemadif, zu reicherer Enffalfung ge- 
JMfa<$*f zu haben, iff zweifellos das nidif zu unferfchatende Verdienff der „modernen 
to#m5ienfef ion* in ihrer bisherigen Enfwldtlung. 










,./" zu lebendigen Einheifen und beredfen, wiirdigen Gliedern einer von Hohem 
kundenden Qemeinfdaft weifer fich entfalfen zu laJIen, das bleibf no* zu fun 
Prakfifdi gefprodien: genug der Nur-Farbigkeif! 

»„« f * f "° dl f / i ^ renzierfe re, nodi raffinierfere Klangfarbenmifdmngen gilfs heute 
aus dern Orche^er herauszuholen (das TAlfefSlfd. dc* hein Farbenfopf, fondern eine 

TT ?f r* b ? dCr Wef6n iff!) ~ W ° rQber nodl mandies zu ' a 8 en «** befonders 
audi hmjidiflidi der nofwendigen Rucfcwirkung einer foldien die Inffrumenfe nur als 

Farbe frakherenden Orchefferbehandlung auf den Ordieffermufiherl* 

Weffen es nun bedarf: den unbegrenzfen Reidifum der Spradie des Ordieffers 
zum Bluhen zu bringen, die unerfchopflidie Fulle, die ihm die Spradimoglidiheifen 
jedes emzelnen feiner Qlieder verleihen, zur Enffalfung zu bringen. 

Angewandf: jedem Inffrumenf fein Redif. Jedem feine Spradiel 

Und fort mif der fpradiverwirrenden Willkiir, die (urn nur einige Beifpiele zu 
nennen) irgend einer aparten Farbe zuliebe efwa der Pofaune zumufef, ganz gegen 
ihre Nafur und Wiirde der behenden Luffigkeif einer Klarineffe nadizueifern, oder 
efwa der Trompefe foldie Tone enfpre£f, dap* man beinahe ganz vergelfen konnfe, wie 
edel diefes fdione Inffrumenf zu Jpredien vermag und feiner Nafur nadi Jpredien modife. 

Aber die Charakferiffik (efwa eines burlesken oder grofesken Sujefs) kann der- 

nrfiges nofwendig madien? 

Sicher, Aber, unfer uns gejagf, haben wir derarfige Charakferiffik nidtf nachge- 
rade fdion efwas reichlich vorgefe&f bekommen? 

Wer modife diefer gepfefferfen und mif alien Gewiirzen Arabiens gefpickfen 
Gourmand-Delikafeffe nidtf endlidi iiberdriifjig werden?] 

Zum Teufel mif den gefiillfen Wadifelmagen, den gefruffelfen Sdiweinslebern und 
all dem raffinierfen Zeugsl Brof her! Wein herl 

Im Ernff: mup" nidif a lie Reizwirkung fdilie£lidi ermuden und des Reizes uber- 
driiffig machen ? 

Und liegf nidif in der bereifs von Erffarrung und Manier bedrohfen modernen 
Behandlung des Ordieffers (die eben durdi den Begriff „Inffrumenfafion" bezeidwef 
wird) an fidi fdion die Tendenz zu einem immer ausfdiliepiidieren Sidigelfenmadien 
der Farbreizwirkung? 

Ein Ordieffer aber, in dem jedes Inffrumenf auf feine Arf redef und fingf (efwa 
audi ein Thema feiner Nafur gemap- ausfprediend, d. h. umwandelnd) und in frei enffalfefer 
Selbffandigkeif und dodi organifch mif den andern Sfimmen zu emem lebendigen 
Ganzen verfchmelzend in der vielfalfigen Einheif mifwirkf, w, em fokhes in i ungen 
redendes" Ordieffer nidif nofwendig das geeignefffe Inffrumenf fe.n, „Leben zu offen- 
baren in feiner Vielfalf und Fulle? 

O Mufik! Du reidiel du hohe, umfaffende! 
Dein iff die Kraff und Fiille, Madif und jeglidie Gewalf. 

Dei: 3^« der 0-e « d^ in Wahrheif und von ^ 
Herzen deinem Geiffe, deinem innerffen Wollen dienen. 

:re „, nichf einfach nur als Farbf.eck (a.s farbigc O.uhbirne) funktionieren wiH ! 

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Zweck und Inhalf der Tonkunff 

Von Walfher Howard 

Die Qefe^majSigkeif der Welf iff fo komplizierf, daj3 es fchwer fallf, Wirkungen 
bis auf ihfe lefjfen Urfadien zu verfolgen. Die auj5erffe, von uns erreidibare Grenze 
liegf im Menfchen, deffen letter Zweck im Dunkel liegi 

E$ muj5 uns gentigen, diefe lef^fen im Menfchen felbff liegenden Urfadien auf- 
zudecken, und diefe als Wurzel fur alle vom Menfchen ausgehenden Wirkungen zu 
befrachfen. 

Fiir alle Wirkungen, die vom Menfdien zu verandern find, muffen wir ein Zuriick- 
gehen auf die hodiffen geiffigen Urfadien unferes Innenlebens fordern. Ein Verzidif, 
in fich felbff auf feine hochffen Kraffe zurii<h zu gehen, iff menfchen-unwiirdig. Die 
enfwukelfe Fahigkeif, es weifgehendff zu fun, iff Kulfur. 

' Wirkungen, die aus den fiefffen Urfadien des Menfdien geboren werden, 
nennen wir Kunfi 

- Die Nafur des geiffigen Lebens forderf Selbff-Enfwicklung, diefe fdiafff nofwendig 
aus fidi heraus Wirkungen, Auj3erung"en, maferielle Symbolifierung ihrer felbff. (Den 
Zweck diefer Symbole konnen wir nur fdiliej5end erfaffen.) Alles um uns feiende 
dienf unferer Enfwicklung. Wir nehmen an, daj3 das ein Zweck der Umwelf JeL 

Daraus folgf, daj3 audi die Auj3erungen der Menfdien den Dafeinszweck haben, 
Urfadie fiir die Enfwicklung der Menfdien abzugeben. 

Hieraus ergibf fidi ohne weiferes die Anfworf auf die Frage, was der Inhalf der 
Tonkunff fei. 

■ t Ihr Inhalf find alle Urfadien, die wieder Wirkungen werden, um die Tonkunff 
felbff zu fdiaffen, ihre oberffe, von uns erkennbare Urfadie iff das Geiffesleben, refp. 
Ausfchniffe aus dem Geiffesleben des Komponiffen. 

Die lefjfe Urfadie iff audi der fiefffe Inhalf, 

Da der hochffe Gewinn, den ein Menfch aus einem Kunffwerk ziehen kann, die 
Bereidierung feines eigenen Geiffeslebens iff, fo erfcheinf es felbffverffandlich, anzu- 
nehmen, da)3 der Zweck der kiinfflerifchen Formen die Vermifflung geiffiger Werfe iff; 
ja/das befeffigf die Vermufung, daj3 der wahre Inhalf der Tonkunff geiffigen Lebens 
fei bis zur Gewij3heit 

Das geiffige Leben in uns iff aber nidif nur von ungeheuerer Mannigfalfigkeif, es 
haf audi die verfchiedenjfen Abffufungen in fich felbff, fo daj3 es nofwendig wird, audi 
dariiber einiges zu fagen, um zu einer genaueren Beffimmung des Inhalf es der Ton- 
kunff zu kommen. 

Nidif nur die Sinneseindriicke, fondern alles durch fie zu unferem Bewuj3ffein 
dringende, alle Gedanken, Erfahrungen und Schliifje, die wir aus dem Eindruch der 
Umwelf auf uns Ziehen konnen, bilden Inhalfe unferes geiffigen Lebens. Deffen Hinfer- 
grand, auf dem fidi alles fpieg^lf (audi feine Wirkung auf den Geiffes Inhalf iff dabei) 
iff das Ich. . : Wiryerffehen darunfer daseinzige im Menfdien unveranderliche (alfo nichf 
zum Werkzeug gehorige) fein Wefen felbff. 

Diefes Ich wird von den wenigffen Menfdien fcharf genug erkannf, als daj3 fie zu 
einem Urfeil fiber die ZwedsmajSigkeif, (fur das Ich) der Tafigkeif ihrer Werkzeuge, 
Hofrpet, Gefiihl und Infellekf befahigf waren. Diefe Tafigkeifen fpielen fich vielmehr 
als Herren auf, und wahrend fie dem Wefenflidien in uns eigenflich zu Dienffen fein 
follfen, ffellen fie uns Selbffzwecke dar. 



"X. 



Das Ich kann allerdings nie ganz ausgefdialfef werden. aber die Selbffherrlidikeit 
des Gefiihls oder lntellekfs beeintrachtigt je nadi dem Grade ihrer Herrfdiaft allc 
Auj3erungen des Menfchen mehr oder wcniger nadifcilig. So enfffehf verfdiieden- 

arfige Kunff. 

Was uns audi erfiillen moge, ob es werlvoll oder ob es wcrflos iff, es kann in 
fich zu einer gewiffen Vollendung kommen, es kann fidi zu einem gefdiloffenem Ganzen 
zufammenfiigen und dann drangf es zur Realisation in finnlidi faflbaren Symbolen. 
oder beffer, die Symbole, die vvir innerlidi zur Einklcidung unferer feelifdicn Bewegung 
verwendefen, qualen uns wie ein Fremdkorper folange, bis wir fie aus uns hcraus 

projezierf haben. 

Aber nichf alle Arfen von Geiffesinhalfen eignen fich zur Kunff. 

Unbrauchbar find alle die, die rein infellekfueller Nafur find. Die begriifTuhe 
Klarung eines Bewuj3ffeinsinhalfes entziehf ihn der Symbolificrung in Kunffwerken. 
Begriffe haben zwar audi ihre Symbole in den Worfen, aber diefe find an Jidi bar 
aller kiinfflerifchen Momenfe. (In der Didilkunft werden die Begriffe zu Symbolen und 
die Worfe find dann, well im iiberfragenen Sinn gebraud.t, kiinfflenfdn w.rkfam ) 

Auf zwei Arfen konnen wir alle Bcwu<5t|einsinhalfe befrachfen. naml.di mlcllcWucll 
und ge uhlsmaf5ig. Die infellekiuelie BefracWung fchafft Begriffe; we.l f,e nach der 
Organisation fuchf, fa[3t lie die Form, nur diefe iff zu „begreifen (zu befallen). IX. 
Tnfellekf ifi der Tafttinn in der Geiffeswelf. 

We gefuhlsmapige Belrachtang aber fchajfi [eelilche Eindrud,e. Nur dem G«n.< 

Un9e ,n ld vtrkennun g die!er VerhaHnille I«i 6 en lid, die Menld.cn eWeHig auf den 

Infellekt Oder das Gefuhl. sinneseindrudre ror, vor-efwas-lfehen, vorllellcn 

Der Infellekf verjfehf, er tellt die Sinn£«ndru<Ke , vorgelfellte hinein. 

bezeichnef urlprilngli* dasjelbe. Das Qe|uh ^"'J'*^ ^ idl , in clwas 

MeUeMuelleUnMarhei, - W t"h m T^ZZ^L eindrddaen. Das Re,ul,a, 

Unvollkommenes kann man )icn eDen 

des Eindriicfcens iff dann: Inffinkf. - -_ n Be(l ff e n der BewuPtfeinsinhalte 

Bei befferer Vorffellungskraf Udarerem ^^^^ ^^^rer Be- 
enfffehf die Intuition, und aus ^ ^^af^ ger Durmarmg 9 arhei( an , j(h 

grifte wachff die Infpirafion. Es *J^ £*^j£^l Symbole gefunden 
davon unabhangig iff, ob die oeguu^ Ausdruck denkbar, ja nadiweisbar 

haben. Iff dodn audi Infpirafion ohne ^e^nl^r immer wieder geneigf fein 
vorhanden. Das iff umfo m ^ e " Z ^^ u ^ en . Und dodi mut3 jene diefer 
werden, unfere Vollendung an ^n Au^eiung zu meje ^ ^ mboIif|erung 

voran gehen, ja es ^^^^^^^m aus der erfolgfen Vollendung 
erffrebf wird, fie mug enf feher i und lentften ^ unvollkornmeneni 

des inneren Bildes. Voreil ^s Symbol fteren der g n ^ ^^ unbewup(c8 
Menfdienfum,zur„lnfellekualifaf im om inofen b ^ unvollho 

Denken: fraumen); voreihges ^o^eren der r unbe wuf3fes Fuhlen: 

e nr^ *-*" " komp,izierf ' da * ™ und Gefahl 

Jidi gegenfeifig ins Auge faffen Wnnen. 



#S 




Doch enfffehf dadurdi das hohere Geiffesleben. 

Aus der infellekfuellen Befrachfung der Sinneseindriiche (in der Vorffellung!) enf- 
ffehen die konkrefen Begriffe, aus der gefiihlsmagigen Befrachfung der konkrefen 
Begriffe enfffehf der Inffinkf. Aus der infellekfuellen Befrachfung der Inffinkfinhalfe 
enfffehf der eigenfliche Verffand, die abffrakfen Begriffe, aus der gefiihlsmaj3igen Be- 
frachfung der Verffandesinhalfe enfffehf die Infuifion, aus der infellekfuellen Befrachfung 
der Infuifion enfffehf die Vernunff, aus der gefiihlsmaj3igen Befrachfung des Verniinffigen 
enfffehf die Infpirafion. Aus der infellekfuellen Befrachfung des Infpirafonifchen 
enfffehf das Geiffige. Aus der gefiihlsmaj3igen, infpirafonifchen Befrachfung des 
Geiffes enfffehf das Goffliche, das ewig Uniiberfreffliche und Unerforfchliche. Der Geiff 
kann das Unendliche wohl befrachfen, aber nichf durchdringen. Infellekf und Gefiihl, 
das mannlidie und weibliche Elemenf in unferem Bewuj3ffein enganzen fich einander 1 
und fchaffen durch diefe Erganzung die hochffen Bewuj3ffeinszuffande. 

Zur Darffellung, Form werden Symbole verwendef (die analog den Verfchlingungen 
in unferem Innenleben in die komplizierfeffen Verbindungen gebrachf werden). Die 
Elemenf e der Form (alles was nichf iiber das Wefen eines fchaffenden Menfchen - 
ausfagf, gehorf zur Form feiner Werke) die Konffrukfion, die Fabel, die Ideen, die 
Gefiihle, die Affekfe und Sfimmungen, alles iff Miffel zu dem Zweck efwas vom ob- 
jekfivierfen Teil des eigenen Ich aus fich heraus zu projezieren. 

Der Inhalf der Kunffwerke iff demnach zwar qualifafiv verfchieden, aber lefjfen 
Endes dodi ffefs efwas goffliches. 

Nichf alle dringen beim Aufnehmen eines Kunffwerkes dahin durch, manche bleiben 
bei den Sinnesreizen, im Einzelnen Jfechen, manche bei der aujSeren Form, bei .der 
Konffrukfion hangen, alfo beim infellekfuell faj3baren, andere bei dem Gefiihls-Erleben, 
das dem Kunffwerk zu Grunde liegf. Sinnesreizungen als den Zweck des Kunffwerkes 
anzufehen, heij3f den Infellekf und das Gefiihl mij3braudien, iff ein Verzichf auf deren 
bewuj3fe Vereinigung im erffen Stadium. 

Derjenige, welcher die Form, die Konffrukfion des Kunffwerkes fur feinen Zweck 
half, begehf denfelben Fehler dadurdi, da£ er auf dem infellekfuellen Sfandpunkf ffehen 
bleibf. Im Grunde brauchf er doch das Gefiihl audi, denn Freude an efwas haben, 
heij3f es gefiihlsmaj3ig befrachfen, ja der Infellekfuelle verwendef, ohne daj5 er es weijS, 
die meiffens von ihm veradifefe Gefiihlswelf ffarker als der Sinnliche, denn infellekfuelle 
Befrachfung fe£f wefenflidie Gefuhlsvorgange voraus, und iff nur wieder ein Befchranken 
des Bewuj5ffeins auf die begriffliche Konffafierung der Form, die ohne gefuhlsmaj3iges 
HJberblicken aber garnichf moglich iff. Nur das Gefiihl kann in Beziehung fefeen 
Einzelheifen zu einem Ganzen verkniipfen. Der Verffand kann dann nur die gefchehene 
Verkniipfung konffafieren, und begrifflich fefflegen. Den Verffand iiber das Gefiihl 
fe&en, hei£f die Grundlagen der infellekfuellen Tafigkeif mij3achfen. Der das 
Gefiihl verachfende Infellekfuelle fagf den Aff ab, auf dem er fi^f. Ihm iff nur bewu£f, 
was er durch den Gefiihlseindruch haf, nichf da£ er es durch einen Gefiihlseindruck 
hat; Was das Gefiihl nichf in fich fragf, iff vom Infellekf nichf begrifflich zu faffen. 
Weldie Torheif liegf darin, aus einem Kelche alle Lebenskraff, alles eigene Dafein zu 
fchliirfen und dann feinen Inhalf minder werfig zu fchelfen, Nafiirlich gibf es minder- 
werfige, das heigf eigenflich richfiger gefagf; primifive Gefiihle, es gibf aber audi 
primitive Begriffe, 

So tut der Gefiihlsmenfch Unrechf, wenn er begriffliche Klarheif miJSachfei fie war 
auf niederer Sfufe das Material fiir die Gefiihlseindriidse und wenn diefe wieder be- 
fitiffli* geklarf find, werden diefe hoheren Begriffe wieder Material fiir das Gefiihl 












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Nur an das Hochffe, an das Ewige darf fich unfer Wunfch und Trieb, darf fich unfer 
Infellekf und Gefuhl hangen, weil eine Luff an Qedanken und an Gefiihlen feinen 

Schleier vor eigenes und fremdes Wefen ziehf. 

Luff an der Form urn ihrer felbff willen, Luff am Inhalf um feiner felbff willen 
iff von den Gefiihlsmenfchen und den Infellekf uellen als unzulanglich langft erkannf. 
Jeder iff dem Sfandpunkf des anderen gegeniiber hellfichfig gewefen. Die Form der 
Kunffwerke verbirgf uns das Wefen des Kiinfflers ebenfo wie ihr Inhalf, wenn unfere 
Luff an ihnen hangf, anffaff an deren Zweck, der iff: das Wefen ihres Schopfers aus- 
zudriicken. 

Iff einmal erkannf, dag das Wefen des Menfdien weif hinfer und hodi fiber allem 
Infellekf und Gefuhl ffehf, dann ergibf fidi von felbff, das Luff an diefe Werkzeuge 
des Idn nur um der Erkennfnis des Wefens, des Idi, gehangf werden darf. 

Nidif der Infellekf iff zu lieben, und nidif das Gefuhl. fondern der Goff in uns, 
dann wird jede Auj3erung, jedes Kunffwerk im Welfall bis zur Nafur felbff Miffel zum 
Zweck der Offenbarung des Wefenflidien in uns und um uns. 

Der Zwe* des Kunffwerkes iff, das zum Selbffbewugfein gekommene Id) zu 
maferialifieren. Der Inhalf der Kunffwerke iff ein Komplex von Gefiihlen, die dem 
zu offenbarenden Sfadium des Individuums enffpredien. Die Form enffpridif in ihrer 
Konffrukfion dem den Inhalf bildenden Gefuhlserlebnis und feinen Elemenfen. Die 
Elemenfe der Form enffpredien dem Zweck der ganzen Form, und alfo, den Elemenfen 
des Gefiihlsorganismus, den wir als Inhalf erkennen. Diefe vielfadie Enffprediung 
wachft nafurnofwendig aus dem Idi, denn das Kunffwerk enfffehf wie eine Blume aus 
dem Samen, dem Zwange der Nofwendigkeif folgend. Im edifen Kunffwerk herrjdif 
ied- nofwendige Kongruenz zwifchen den Teilen, weshalb derjenige dem nur der 
sfnneseindrudAewugf iff, ebenfo vor dem Wefen to Sd^JfeH wie der, dem 
nur die infellekfuelle oder nur die gefuhlsmaj5ige Befradifung bewugf iff. 

Den Sdileier vom Wefen des Schopfers hebf aber nur der religiofe Jtfenfch. Die 
o ,- *Z WiPdervereiniaung des eigenen Wefens mif dem anderer Menfdien, die 

Rel T£ • ™^JtaS^ eto find, erlebf nur der, deffen Bewugffein zur lefcfen 
KeV^ffi^ VoUoe in feinem Inneren vorgedrungen iff. Nur 
das Genie kann das Genie verffehen. 

. , ■ w «;n qfiirfc unferes Wefens, wir erkennen auper uns nur, 

Das Gemale in uns iff einS fu*u nf eres w , ^ ^ ^ 

was wir bereifs in uns enfdeck *ggj* ™ f 9 ^ ^ ^ veredele 

Wefen auger ^ M v f^ fl ^ ^"lor, hinf i r dem die Meiffer ffehen. Sdnweige, 
StJ^rT*™ S^deff, *2* Nh damif du wieder reif zum Schweigen 
werdeff. Benu^e Kunff, erzeuge Kunff. 



* 



489 



£•1- - .■ 




Vera n t wortli cli it Sehrii'tleiler 1'ur deji besouderen Teil: Fritz Fridolm Win disc h, Berlin-Nioderschonliausen, Lindtfiistrafie 3~> 

"Betrf i'iVndo Ein^endim^en sind an obige Adn.isse zu .richtt.-n. 



Dichtung oder Libretto 



Von Julius Biffner 



Conner, denen man so hie und da in die Hand 
fatlt, pflegen in dem nachsichtlich-mitleidsvollen Tone 
untersuchender Psychiater zu sagen: „Sie sind audi ihr 
eigener Librettist?" Obwohl nicht mehr in der ersten 
Jugendbiute, werde ich dariiber noch jedesmal wild, 
erwidere etwas Grobes und babe dadurch schon manche 
keimende Macenatenbliite erstickt. 

Der Kampf fur die Dichtung und gegen das Libretto ist 
ganz einfach der Kampf urn die Eroberung bisher noch 
unentdeckter Kunstprovinzen. Die Anhanger der Libretti 
stehen audi meist in den Reihen derer, denen es nicht 
so sehr urn Provinzen, als vielmehr urn Profite zu tun 
ist. Die Dichtung will ein Kunstwerk an sich sein, das 
sich mit der Musik zu einem hoheren Kunstganzen ver- 
mahlt. Das Libretto ist etwas Appretiertes, etwas ge- 
horsamst ftir den gutigen Gebrauch Seiner Gnaden des 
Herrn Musikers submissest Vorbereitetes. Der Librettist 
versteckt sich demiitig hinter dem Musiker, der Dichter 
verlangt Gleichberechtigung im gemeinsamen Dienste 
des Gesamtkunstwerkes. Er will vom Musiker, daB 
dieser ebenfalls unentwegt das Ziel des Gesamtkunst- 
werkes vor Augen habe, daB dieser es verstehe, sich, 
wenn es sein mufi, den Forderungen des Dichters 
unterzuordnen. 

Aus einem schlcchten Drama kanri audi ein Beethoven 



keinen Erfolg machen, naturlich audi kein Hebbel ein 
Opernkunstwerk, wenn er an cinen minderen Musiker 
gerat. Die alte Opcr hat sich in dem K.onflikte zwischen 
dem absoluten Musiker, der derlei komponieren wollte, 
und dem arrnen Dichter, der audi zu Worte kommen 
wollte, den Notausgang der zwischen zwei Musikstucken 
gesprochenen Dialogc geschaffen. . Das ftihrt naturlich 
zu der rein klanglichen bosen Diskrepanz zwischen dem 
schnarrenden, knarrenden Sprechton der Menschenstimme 
und dem Wohllaut des Gesanges. Man schwankt 
zwischen Gerausch und Ton und wird schliefilich see- 
krank von dem ewigen Wechsel zwischen Meckern und 
Floten. Aber audi das Rezitativ kann dem musikalischen 
Dichter nicht geben, was des Dichters ist. Der musikalische 
Dichter will in Melos aufgelost sein. Er will auch nicht 
im sogenannten Sprechgesang vorgetragen, er will immer 
und jederzeit gesungen werden. Da kam Wagner. Bei 
ihm mufiten sich Wort und Metodie vennahlen, da sie 
als palladische Zwillinge dem Haupte Kronion's ent- 
sprungen waren. Wagner nun traf auf Sanger, die jahr- 
hundertelang entwohnt waren, beim Singen audi noch 
deutlich auszusprechen. Im Zeitalter der Librettos war 
das Wort unbedenklich der Cantilene geopfert worden, 
und ganz Wien saB bei italicnischen Operu, von denen 
es kein Wort verstand, und vergniigte sich an virtuosen 



490 



Stimmkonzerten im Kosttkn. Denn man wircl mir docli 
nicht einreden wollen, dafi jeder Mtiller oder Maier im 
Karntnertohrtheater fliefiend itatieniscli gekomit hat. 
Nun kam also Wagner an diese menschlichen Klarinetten 
und Trompeten und verlangte von ihnen, sie sollten un- 
geheure Ideen eines groflen Philosophen verstandlich 
vortragen. Sie taten es naturiich nicht, kauten und ver- 
knullten die Worte wie ehedem und waren auf nichts 
bedacht wie auf Ansatz, Atem etc. Wagner abcr liattc 
einen Bundesgenossen. Das waren die damaligen audi 
wahrend des Spieles matt erliellten Opernhauscr. Icii 
behaupte, dafi der Tristan nur durch diese Mauser cr- 
halten wurde, in denen man das Textbuch cntziffern 
konnte. Und jedermann, der sich auf etwas mehr ais 
dreiflig Jalire zuruckerinnem kann, wird wissen, datf 
damals jeder gebildete Opernbesucher sein Biichlein in 
der Tasche hatte. Wagner hat in seiner zweifellos uber- 
spannten, viel zu weit gehenden Foidcrung nach Mit- 
arbeit des Pubiikums selbst das Opernliclit ausgeblasen 
und jenes stichdunkte Grabgewolbe erzeugt, in welcliem 
spaterhin die Dichtungen zur ewigen Ruhe bestattet 
werden sollten. Auch die, die er selbst geschaffen hat. 
Denn heute halt sich mehr denn je das Publikum bei 
Wagner an die melodisdicn „Schlager B und klettcrt von 
siebcn bis elf Uhr an den einzelnen Melocliesprossen 
seine Leiter hinan. Was dazwischen liegt wird vergahnt 
und verschlafen. Die mangelhafte Textaussprache der 
Sanger und die Rabennacht unserer Theater sind die 
I lauptfeindc des Dichters. Sie begflnstigen das Libretto 
und damit Stoffe, die enlweder aus einer Verlobtmgs- 
und Mariagehandlung mit cinigen dazwischen einge- 
streuten, komisch sein sollenden Trotteln oder aus einer 
arauslichen Moritat mit Liebesszene und darauffolgcnde 
Abumrksung des Tenors bcslcheii. Also Balletpantomine 
„,it Orchester- und Menschenstimmbegleitimg. Neu 
dabei sind die Maler, die als Ausstattungsluinstlcr nun 
auch die sittiichc Forderung erhoben haben, daB m 
einem kohlschwarz verdunkelten Zuschauerraum nur 
Horer und Seher, nicht aber Versteher sitzen solicn 
Sie verlangen kategorisch vom Publikum, es sol c u 
Hause vor der Oper zwci Stunden lang den xt 

- so saaen sie namlich herablassend zur Dichtun > - 



memoriercn, und dann woim'iglidi nach der Oprr stait 
das Nachtmahl zu verzelircn ihr pensum rcpetieren 
Was wiirdeii die Maler dazu sagen, wenn ich ihnen in 
ihre t'eierlich stillen Kunstausstelhmgeu eiu Hektrisch 
betriebcues Larmwerk, bcsteheml aus em paar grotien 
Trommclu, mchrercn (longs um\ /elm Aiitomobil- 
hupen stellteV Wetui ich den Bcsuehem, die dadurch 
gestort davon liefen, sagte, sie ktmnleii sich ja Photo- 
graphieu der Bilder kaui'en und sie zu llausc ansehtnV 
Da die Sanger immer noch die Spradir milmamUdn, 
wird also der Dichtcr durch die hinstemis dor Theater 
niedergesduiem denn es isl keineut Mcnschen niciglich, 
sich im Buche tiber das zu orientierem was ebon von 
der Buhue aus in einer an das linlokudische crinncrrulen 
Sprache zu einem mdgcregt arbeitendeu Orchester und 
alieiiei zauberhafteu Uchlcffekten euuu/ierl wild. Das 
man Singen und Sprcclien kann, weif,', jeiler, der Skdria 
und Vogl, Winkcimanu und Urban mid eiihge lebende 
weiBe Raben gehort hah Konneii muB man's h.ilt. Die 
Sanger werden sich doch eutschlieBen mussen, es zu 
leruen. Wahrend ihrcr l.ehrzeil werden sich die Aus- 
stattungskunstler auch an I ein KomptoinilS zwischen 
halbhellcn Zuschauerraum und der Buhueubeicuchtung 
besinncn mussen. Sons! gcimrl. die Zukuuft den librettos, 
die Dichter werden dem Operntliealer den Rueken kehren, 
nnd die Besucher desselben werden rubig vuu sieben 
bis zehn Uhr den Verstand zu Manse )assen koimen. 
Das ganze Neuland aber, das dort liegt, wo Gedauken 
wohnen, die durch Worte verstaudheh gemachl der Musik 
verbuuden zu einem hoheren gemeinsamen Ausdruck 
gcbracht werden koiiuen, wird uuentdeckt bleiben, wenn 
nicht wieder cin Wagner korumt, der es anshalt, drelBig 
lahre m hungeru, unentwegt seincm Ideal naeh/mgehen 
nnd schlieBlich die Kraft crlangt, alles aus dem Tcrapel 
des Opernhauscs zu treiben, was sich in dem luterrcn&um 
zwisclien ihm und seincm Vorgauger Richard darin un- 
KchOrV brcit gemaclit hat, als da sind Baliettregisseure. 
aussdilieBliche Nnr-Musik-Kapclhiicisk-r, exklusiv starre 
Buhnenbildmeister und Beleuehtungsdogmatikcr, ins 
Opernhans venrrte Quarlett- und Symphonic-Kompomsten 
n „d schlieBlich ja, was wuselt denn so traurig und 
demiitig im Winkelchen herumV Ubrettisten. 



* 



Zum Bau der Berliner Volksoper 



Von Bruno Taut 



Wird dem Archttekten ein kl.re. Programn, ^ 

eine solclie kflnstlensche Lo " s c S 
baues heute keine ungewOhn hch Sc ,«itr J • 
sich der Ar:.hitckt bewufit „t. d»- ■ ^- 
cin-Haus fiir Masscnfeste 1st und desnalb 



festUcl.cn Q.arakter Haben rauB. der jeder Monumentalitlt 

entacgenjjesetzt ist. Die Dimensionen entscl.eiden nie- 

aPs Uber die Fragc der MonumcnWllUt. fe.er. h 

»rnst «nd strcmr k.mn ein sehr klcincs Baiiwcrk seui. 

J „ o, seinen InLalt criordert (Orabmal des Theoderich,. 

arbi" lebendi, und in alien, ein Spiegel der v.elge- 

• .n Masse -nuB ein groBes Theater sein, das d.ese 

Me zur Festesfreudc Z „sa.n.ncnruft. Vcrkannt ae. 

r e ndlici. ein,„a, jede sehwere Gra«,m« t ^e 

sentimentale Sd.«...ers(imm..ng von c.ncn. solthen Hause, 

491 




unci wenn es audi tausende von Zuschanern in sich 
fassen soil. Die Monumentalisis, diese absterbende 
Epidemie einer verkommenen Zeit, soil endlich einmal 
beseitigt werden. 

Das Bauproblem liegt, von diesem Gesichtspunkt 
aus betrachtet, verhflltnismafiig einfach. Der Arcliitekt 
mufi erkannt haben und wissen, dafi der Ban innen and 
aufien nttr dann festlicli sein kann, wenn aites an ihm 
den Mafistab des einzelnen Menschen, des einzelnen 
Gliedes der vielgestaltigen Masse, tragt. Das dieser 
Erkenntnis nicht bios monumentale Wucht, sondern 
ebenso audi das bloB rhythmische Aufreihen gicichartiger 
Formelcmente in militarischcr Parade zuwiderlauft, diirfte 
ebenso einleuchten.* 

Sobald der Arcliitekt sich aber nicht blofi als Bau- 
fachmann fiihlt, sondern den Dingen die letzte Form 
geben wijl, tritt die Aufgabe in ihrer ganzen Schwere 
mit schopferischen Voraussetzungen an ihn heran. In 
diesem Falle wird er zum umfassenden Gestalter, der 
aus der hiillenlosen Erkenntnis des Wesens seiner Auf- 
gabe eben nicht hlofi die Hiille dafiir schafft, sondern 
das organische Leben des Baues, seine inneren Vor- 
g&nge selbst beeinflufit und in diese oder jene Richtung 
lenkt. 

Dieser Arcliitekt wird in Gefuhl und Wollen selbst 
zu jedem einzelnen Gliede, das den grofien Organismus 
fiillt, also nicht blofi zum Zuschauer, sondern auch zum 
Schauspieler, Musiker, Sanger, Regisseur, technischen 
Spielleiter, Beleuchtungsleiter und dergl. mehr, kurz er 
mufi die gesamte Vielgliedrigkeit in sich tragen, urn zu 
dem Bilde ihrer Einheit zu gelangen und dieses Bild in 
seinem Bau gestalten zu konnen. Diese Fahigkeit setzt 
voraus, dafi sein Verstandnis die gesamten Beziehungen 
durchdringt, und hat zurFolge, dafi diese Durchdringung 
im Gegensatz zum fachmannischen Handlangertum ein 
Mitleben ist und ein Mitschaffen nicht blofi am Bau, 
sondern am eigentlichen Theater selbst. 

Ein schoner Wunsch: das Volk in grofien Massen 
an den Werken des Musikdramas teilnehmen zu lassen, 
das nur einer kleinen Auslese bisher vorbehalten blieb. 
Aber notwendig ist bei dieser Fassung des Wunsches 
die Untersuchung, ob nicht die Auslese eine Voraus- 
setzung einbegreift, und ob man beim Hinweggehen 
iiber diese Voraussetzung nicht eben iiber die Oper und 
das Musikspiel selbst hinweggeht. Dadurch ware die 
GroBe des beabsichtigten Baues selbst in Frage gestelit, 
wenn man nicht mit dem Bau selbst ein kimstlerisches 
Neuland eroffnen wolite, die Schopfung des riesenhaften 
Musikspiels, die noch geschaffen werden mufite. 

Die Wege dazu konnten vielleicht folgende sein: 
den auftretenden Menschen ganz zu entmenschiichen, 
ihn durch Maske abstracter Art zum „Wesen w zu machen, 
ktibisch, spiralformig, komentenartig, im ungeheuerlichen 
Qegensatz zwischen Zwerg und Riesenerscheinung, auf- 
tauchend und sich bewegend als tanzendes Ding, Drei- 
iimensional, d. h. nicht mit Gesicht und Mund nach 
Mntx Richtung, verwachsen zunachst mit einer felsen- 



^ijcti habe Naheres hierzu bereits im w hohenUfer ft in 

:^^n0t!|^i!rag^: ? Zum neuen Theaterbau* ausgefiihrt. 



artiggeiialtenen Kulisse, aus der sich die „Dinge" lier- 
auslosen, ihr Sein und Leben spielen, in Wort und Laut 
aus der Materie geboren und ihr Entstehen gebarend, 
sich erganzen mit Gebilden, welche von unten herauf 
tauchen, von oben herniederschweben, in sich gliihend, 
glitzernd in Scheinwerferbeleuchtung, in reinster Farbe 
bedeutungsvoll, sich vermischend mit den Elementen, 
Wasser, Feuer, Licht, Finsternis, und so der unmittelbare 
Trager einer Musik, welche den Raum gleichermafien 
fiillt. Eine solche abstrakte Groteske wiirde das Skelett 
geben, das . alien heutigen Bemtihungen urn den 
tanz fehlt. 

Eine andere Moglichkeit bestande im Gegensatz 
dazu in einer neuen Realistik: Marchenspiele mit auf- 
fahrenden goldenen Karossen, Elefanten, fliegenden 
Vogeln, Fontanen undWasserkiinsten, Efektbeleuchtungen, 
bunten Menschenmassen, Fabelwesen und dergl. mehr, 
womit eine volkstumliche Musik mit Marschen, Tanz- 
weisen mit allem instrumentalen Aufwand, wie es der 
Raum braucht, sich verbinden liefie. Oder auch: 
Darsteilung von Weltanschauungskatastrophen, z. B. 
„Mammon und Moloch", Besitzund Macht gegen Gemein- 
schaft und Gute, oder „Die Erdteufel", Europa im Zu- 
sammentreffen mit Mexiko, Java, Indien, China usw. 
oder M Die Maschine", Ausbeutung der Elementargeister 
und ihre Rache, oder M Die Tiere", oder n Der grofie 
Spafigott", relativistische Wcltclownerie und dergl. Die 
Nahe des englischen oder Zirkusausstattungs-Stucks, in 
welche diese Veranstaltungen riicken, soil nicht be- 
unruhigen. Die Lust der Masse an solchen Dingen 
,darf nicht abgelehnt werden, sondern mufi auf die 
kiinstlerisch starkste Weise bejaht werden. Circenses 
sind a priori nicht Kitsch, sondern der starkste Ausdruck 
der Lebensfreude. 

Es bleibt freilich die Frage offen, ob solche Dinge 
ein Dauerdasein haben werden, weil das Grofidimensio- 
nierte nicht eigentlich gemacht werden kann, sondern 
sich im reihenweisen Aufstieg traditionsgemafi ergeben 
mufi. Aber wenn die Erkenntnis, dafi darin allem die - 
richtigen Beziehungen zwischen Raum undFuIlung liegen, 
da ist, so miissen sie auch geschaifen werden. Es ware 
nur die Forderung der Einzigkeit aufzustellen, damit 
derartige Festdarbietungen nicht verblassen, und -deshalb 
sollte man sich wohl mit dem einen Hause begniigen, 
solange das kunstlerische Problem noch nicht einmal in 
Angriff genommen, geschweige denn geklSrt ist. 

Bei diesen Betrachtungen iiber das Massenspielhaus 
ist die Frage der Raumform d. h. ob Amphitheater oder 
Range, nicht beriihrt worden, weil die Dimensionen in 
jedem Falle bleiben, beim Rangtheater eben nur ent- 
sprechend in die Hohe gezogen gegeniiber der ausladenden 
Breite des Zirkusraumes. Sie treffen deshalb fur jeden 
Fall zu, wobei ich darauf hinweise, daB alle Projekte 
fur die neue konigliche Oper vor dem Kriege an dem 
zu weiten Abstand der oberen Range von der Bithne 
litten, obgleich diese Projekte nur 4000Zuschauer zu fassen 
brauchten, gegeniiber der weit groBeren Zahl der geplanten 
Volksoper. Es kami wohl gesagt werden, dafi das Standard- 
mafi ftir die vorhandenen Opernwerke, wenn sie nicht 
leiden soUen, kaum ube r 2000 Zuschauer hinausgeht. 






Iliernacli scheint sich mir die Klarung der Volks- 
operuirage so zu ergeben: bleibt der Wille nach dem 
Rtesentheater unumstofilich bestehen, so wiirde ihm die 
Begeisterung alier Kunstler trotz der vorherigen Be- 
denken gehoren miissen, da er ihre Schaffenslust in ein 
Neuland treibt, das in verheiBungsvoller Feme die Er- 
oberungsfreude weckt. Musiker, Dichter, Sanger, Schau- 
spieler, Maler und alie anderen werden ihre Schaffens- 



fretule einsctzcn und der Areliitekt hat die hcrrlichc 

Aufgabe, ein Haus zu baucn, das diescr Schaffcnsfreude 
keinc Grenzcn sctzt. Ein Raum, der jedc Trenmmg 
zwischen den Uarbictenden und den Aiifiichmcndcn 
aufhebt und sie alle m eincr Einheit verschmilzt. Krhfllt 
dasProgramm fur den Neubau diese eindeutige Eassung, so 
ist die Losung des Arclutckten durcliaus mAglich und 
so konnte etwas sehr Schttncs cntstchen. 



In einem folgendcn Aufsatz solien architektonisch weiterc Ausfuhrungen foigen. 



c£ 



MITTEILUNG1 

Unfere verehrlichen Lefer, weldie unjere 
Zeiffdiriff durdi den Budihandel be- 
Ziehen, biffen wir um reditzeitige 

Mmm, 1. ^nngrnents bej dern Buchhandler, 

damif in der Zuftellung der Zeif- 
fdiriff keine Verzogerung einfrift. 
VJnferen Abonnenten, weldie die 
Zeitfdirift direkt vom Verlag be- 
Ziehen, wird diejelbe audi nut Be- 
ginn des neuen Jahrgangs zugeftellt, 

L a I U_ni*I_ausdru^^ 

MELOS -VERLAG G.m.b.H. 



r 

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I! 



arrangiert undJU^Jjj^lQ^berO P*- 

flbern j^!^ocR^ PrinzessJstr. 3a, Telefon 6362. 

Musikalienhandlung K. ^ 




PREISAUSSCHREIBEN 



DES 



MELOSVERLAGS 



Dem Melosverlag ist eine bestimmte Summe zur Verfugung ge- 
stellt worden, die zur Forderung zeitgenossischer Musik verwendel 
werden soil. Es ergeht hiermit die Aufforderung, dem Verlage 

Klavierwerke 
Kammermulik flir Blafer 

mUfleren und grolieren Umfang$ 

einzusenden, Die Einsendung mu6 ohne Namensnennung bis 
zum 16. Marz 1921 an den unterzeichneten Melosverlag erfolgl 
sein. Das eingesandie Werk soil ein neuirales Erkennungszeichen 
tragen, Name und Adresse des Einsenders mussen in ver- 
schlossenem Brief umschiag mit gieichem Erkennungszeichen 
wie fur das Werk beigefugt sein, In Betracht kommen nur un- 
gedruckte Werke, uber welche den Einsender das voile 
Verfugungsrecht besitzt, 
Das Preisrichteramt haben ubernommen 

HERMANN SCHERCHEN Prof. Dr. GEORG SCHUNEMANN 

HEINZ TIESSEN 

Es ist zunachst ausgesetzt eine Ehrengabe von 

Mc*rK £000,— 

welche fun das von den Preisrichtern b^zeichnete 

Wenk durch den Verlag gezahlt wird, Soil ten 

noch andere Arbeiten fun preiswurdig befunden 

werden, so behalt sich den Veriag vor, 

auf besondere Fursprache 
der Jury 

weitere Arbeiten durch Ehnengaben auszuzeichnen. 



Der Verlag erhalt das Recht, die preisgekronten Werke, sowie 
weitere von der Jury empfohlene Kompositionen in den Melos- 
blattern zu veroffentiichen. Der Erwerb des Verlagsrechtes isi 
mit der Ehrengabe nicht verbunden, doch verpfiichten sich 
die Einsender vor AbschluB eines Verlagsvertrages das 
Werk dem Melosverlag anzubieten. 

Das Ergebnis dieses Ausschreibens wird spatestens binnen 6 Wochen nach 
dem EinsendungsschluB, also zum 1. Mai 1921 andieser Stelte mitgeteilt werden. 



MELOSVERLAG G. M. B. H. 






M 



Wichtige neue Mufikalien, Budier und Auffatze 

uber Mufik, 

vnitgeteilt von 
Professor Dr. Wiihclm AWninnn, Beriin-Friedeuau, Sponholzstr. r>3-51 

die derartigeWerke (jedoch nicl.t eiv/a Klav.erstucke l..ckr, M....ncn m- «u . . gcdrljc k»cn 

5r^rr^:.ri 1 rr,rs d ri^ fc ^--. ■■— 

Rucksendung etwaiger Einsendungcn wird Krnndsiii^h ^hnk :iW ^U-v,u ITHsrn I-""" immcr 

110Ch d r:t=gSr^ — - - - ^ ■ - 

Der ffnhere & Sort im e„tem,sch1»g von 10-A. dart nicht mcl.r crl.nhcn «rdu,. 

I. Inffrumenfalmufik 

a) Orchetfer 

Pcier,, Guido: III. Symphonie (fis). Universal-Edition 

Part. 40 M. 
Zachert, Walter [Breslau]: Symphonie Nr 2 (Des) noch 

ungedruckt 

b) Kammermujik 
Graener, Paul: op. 54 Streichquartett erachelnt dem- 

nachst bei Bote & Bock 
Lach, Robert [Prof. Or, Wien|: Trio f. Viola d amour, 

Gambe u. Klav. [noch ungedr.] 
Wewc.cr, August [DetmoldJ: Rokoko-Seren.de (b,*. 
Flote Ob., 2 Klarin, 2 Horner ... 2 Fag. nod. 
Jedr'ackt[Ur.uffflhr»ng24.1I.BerHn] 

c) Sonffige Infirumenfalnrufik 

auffUhrung 10. 11. Worms] 

v~ on fifi«i 17671: Konzert (G) t. 4 \ ioi. 

Telemann, G. Ph. MbB »»l Hj , ar v . 

Dameck. Raabe & Plothow, Berlin 4 .w 



^ ,v "S&. 



II Gefangsmufik 

•w Rhaosodic fur Alt, Streichinstr. 
Qraencr, Paul: op. o Rhapwfl & Bock 

« Klav. er.che.nt e*c fc ; 

Lewy, Franz IW°™*J L ed e, ^^ 

n Hafislieder 6 beta at d ,J ^ yeder 

3 Li eder „, idea ] -^^ elgesange f. 2 Sings, 

f. l Singst. m. Kiav., J 

mi t Klav. noch ungedruckt 



*& 



HI. Budier 
und Zeiffdiriffen-Auffa^e 

(;llpl , 3t ,et,sch sowoh. ^^^^tuwSnl- 
^r:„ ^ r< d 1 e , des B UdeiuJe 11 "jah,ga„ 8 s fi c,ncin» 

Adler, Karl - s. Volkserzlehuim 

Altmann, Arthur ■ s. Haydn 

Bach, I. S. Bachs Einf.uo auf die Entwick.ung de. 

Geigenspie.s Von OH" Voig. .»: Evangel 

Musikztg (Adliswil-Ziirich) 10 
Bach. Mein Weg zu Bach. Von rn.z Jode in. 

D ;>;Sn.!u'gvonBac.,Kontrap. 1 nk,ik. : Zu R .elc h 

ein Beitrag der Ingendbewe^ung zur Mus.k). Von 

T H Reich en bach ebendort 
Bachs Verhal.nis zur Lau.e u Uu.enmusik. Von 

Hans Dagobert Bruger ebendort 
Beethoven. Glossen zum' ..cfctcn- ! K • Vo" ^ 

Scherber: Olier Hs- Klaviersonaten. Von Walter 

Pe et is. letzte Quartette. Von James S.mon 

Dorchester Von Paul Ertel - in: S.gna.e f. d. 

nu.si ai. Welt 47 
Br u E er, Hans Dagobert s. Bach 
Cadenza ad libitum Von Albert Jarosy .n. A.I 

meine Musik-Ztg 47 
Chopin. 'Das NMxentropfe,. - Pre. „de von Chop... 

Von Martin Hrey i«: /ts ' ;hr f ' MlKS "' . 

Ch orp«e K e Zur Emeuerung der Chorp , K e n 

Deutschland. Von Joseph M. H Zossen 
Der Chorleiter 22 
Daffner, Hugo «• Oante ,, 3ffn er- 

Dante. Die Tonkunst bei D Von Hugo Daffner 

in- Deutsches Dante-Jahrbuch 5 
Ertel, Paul - s. Beethoven 

KS.'St."- •£&' *.«—"«<« * 

in: MusikblStter des Anbruch 17 




Futuristvis, rnusikalischer. Von T. Nichciol ■- in: 

Ztschr^f. Mus. 22 
Haydn, Jcseph, als Reformator. Von Arthur Alt- 
man n v in: Der FUhrer durch die Konzerte und 
Theater Kinigsbergs 3 
Hennig, R. s. Warner 
Howard, Washer — s. Weg zur Musik 
Jarosy, Albert — s. Cadenza 
Jenner. Zum jedachtnis Gustav Jenners. Von Paul 

Natorp — ii : Netie Mus.-Ztg 4 
Jode, Fritz — s- Bach 
Kalenter, Ossip — s. Vignette 

Kontrapunkt und Polyphonic Von Reinhold Zimmer- 
man — in: Neue Mus.-Ztg 4 
Kranichleld — s. Merkel 
Krohn, Ilmari — s. Mongolische Melodien 
Kunststimme — vgl. Naturstimme 
Lasso, Orlando di. Von Bertha Witt — in: Ztschr. 

f. Mus- 22 
Lautenmusik — vgl. Bach 
Lossen, Jos. M. H. — s. Chorpflege 
Mahler* Zur Mahlerfragc Von Gerhard Tischer — 

in: Rhein. Musik- u. Theater-Ztg 46/7 
Malerische Musik. Von Adolf WeiBmann — in: 

Musikblatter des Anbruch 17 
Merk?l* Johannes. Von Kranichfeld — in: Neue 

Musik-Ztg 4 
Mobiusj Richard — s. Musikerbriefe 
Mongolische Melodien. Von Ilmari Krohn — in: 

ZtsthV f. Musikwiss. 2 
jVerzeichnis, bibliographisches. Von Andrij 

Ru.dlnev. dsgl. 
Mosikejbriefe, ihr Charakter und ihr Wert. Von 

Richird Mobius — in: Neue Mus.-Ztg 4 
Natorp ,| Paul — s. Jenner 
Naturstimme und Kunststimme. Eine psych, -phy- 

siologische Betrachtung. Von Zumsteeg — in: 

Die ftimme 2 
Nichciol, T. — s. Futurismus 
Petzet, Walter — s. Beethoven 
Piano, < Le travail au Piano. Par E. Wichmann — 

in: Reuillets de pedagogie musicale 22 



Polyphonic vgl. Kontrapunkt 

Rattay, Kurt - s. Schwedische Musik 

Reichenbach, T. H. — s. Bach 

Rudnev, Andrij — s. Mongolische Melodien 

Sammarfini, Giovanni Battista. Von Robert Sond- 

heimer — in: Ztschr. f. Musikwiss. 2 
Scherber, Ferd. s. Beethoven 
Schmitz, Arnold — s. Schumann 
Schmitz, Eugen — s. Wagner 
Schumann, Robert. Die asthetischen Anschauungen 

R. Schs. in ihren Beziehungen zur romantischen 

Litteratur. Von Arnold Schmitz — in: Ztschr. f. 

Musikwiss. 2 
Schwedische Musik. Von Kurt Rattay — in: Der 

Fiihrer durch die Konzerte und Theater Konigs- 

bergs 3 
Simon, James — s. Beethoven 
Sondheimer, Robert -- s. Sam martini 
Specht, Richard ~ s Fried 
Tischer, Gerhard — s. Mahler 

Vignetten^musikalische. Von Ossip Kalenter — in: 
Ztschr. f. Mus. 22 

Voigt, Otto — s. Bach 

Volkserziehung. Gedanken zur musikal. V. Von 
Karl Adler — in: Neue Mus.-Ztg 4 

Wagner. Eine niederlandische Quelle fiir Ws. Lohen- 
grin? Von R. Hennig — in: Ztschr. f. Mus. 22 

— . Wie Tannhauser zu seinem Erfoig kam. Von 
Eugen Schmitz — in: Allgem. Mus.-Ztg 47 

Wege, Auf dem, zur Musik. Von Walther Howard 
Bd 2 (Rhythmik, Metrik, Ton- und Stillehre) 
Howard Verl., Jena (C F. Fleischer, Lpz) 

WeiBmann, Adolf — s. Malerisch 

Wellesz, Egon — s. Wo 

Wichmann, E. — s. Piano 

Witt, Bertha — s. Lasso 

Wo halten wir hin? Von Egon Wellesz — in: 
Musikblatter des Anbruch 17 

Zimmermann, Reinhold — s. Kontrapunkt 
Zumsteeg — s. Naturstimme 



* 



R Drift? Berlin. N. 54 
* rrlllZ Brunnenstr. 25 

2SI Benfch, 

erschienen! 9 bekannte 

Mk. 1.50 *ar 2 Violinen 

od. Man dolinen 

in. progress. JJeihenfolge 

geordnet und teicht bearbe.it«t 



Erich Wolfgang Korngold 

Die tote Sfc/c/f 

Oper in 3 Bi/dern 

Olanzvnder, durchschlagendcr HrloU] 

hei den 
Urauffuhrungen in Hamburg and Koln 

Einige /lusziige aus Kritiken: 



Hamburger Fremdenblatt (»■!. ('hevaliey): ..... TCml- 
li<-lt ubfj' ist- diesr Op^r, als Gauzes unbedingt die 

., ,. 1 1 ,", j, st ^ nihl wurtvullste lil rse heinu n# _ tl e i* 
IH'/irii J.'ihri' . . . audi due gllinzende Thea'ter- 
,,|u-r . . ■ An ilcr Nadihitltitfkoit unci Yt-rtiefun^ dieses 
i'jvniirn>n*<i'lid^es is! kauni zu zweifeln." 

Hamburger Nachrichten fPml'. Ferd. Pl'ohl): *. ..J r dn 
fciiiiil'-s Werk der Itonwint.ik. cin hewundeniriffs- 
w ft r\i i ir «* s /.■ u ^ n i s d e r K r i\ It r e i fV . (I e r i n s p i r i h r - 
l(Ml nud / ti g I e i c h wisse n d on Meisrers c h a f t . 
stein das Week vor uns." 

Koinische Zeitung (W.Jakobs); ... . '\7St0fr i*t 
wio nur s«ltcM finer ..innsikalisch". Seme ,J ot« Stadt 
Nt oine Tlii'ateroper. die zu^ieieh viele poetise 1- 
m u * i k a 1 i s e h e Widens e hal't e n in sielt t ragt, die 
: inch den dem Mob Tbeatralisehen abholden Hbrer an- 
zioben und fesseln." 

Berlins fedrsenk rier: „. . . 20 Hervomiie nadt dem 
ersten SO na«.-li dem zweiteo, unzahlbare nacli ;'lem 
driten Akt... Eino Fulle - ] u <■ k 1 . e h e r K 1 11 - 

Ion wertvollem melodisehetn fehat 

li d Konioold mono1o-isienM.de Solo-Szeuen mid Uiio e 

vol! » a e k - n d m d r a m a.iseli e m P* << J'" 3 , dan 1 

v -der S chon, Ivrisdin Dialog, em host l,che> hu- 

is,i;„ Ensemble und interessant ^esetzte k eine 

( r .ehaffen, wahrend sein im Smn von b trauH m 
ill, n Au.drueksvaria.nte,, -lanzend beherrschtes Or eh ester, 
„d 1 id", bei den nTachtigen Akzonten als \ isioii 
"^hauler Trapk wie in seelenvolier Siimnumgsmnlem 
den OnVm der Wahrhdt zn imden sdieint . - - 



Berliner Tageblatt (Dr. la-op. Schmidt): „. . . Den 
ersten Akt t'inde Kth meisterliul t , durdiaus »>■«- 
hm^en ... das s I n d I) i n g v , d i o n 11 r e i n B *• - 
rule n e r s eh re i b <, und wio klingt in diosnm Akl 
das (')rchest.er, wcteho Fiille von Wolilktaiig, \v«lcho 
(ieschJossenhuit bei uMem Keiehtuin der Mittel ! --;• 
ZusainmHni'assend motdite itii ya^en : „I)i« toteSiadi" 1st 
ein tinner Hfweis f ur das u n e r li 6 r t o K (i n n e n und 
die m tt sikilr.i m a t i s e li e B e •> a b u n g Korn^olds, 
ein 'Kortsrliritt. in der Sieherheit, riitt der er die Bnhne, 
diu Mittid dt's-Orubtsters beherrsc'lifc und aUe Fakt-oren 
zu t'iidnviilieber Wirkuno- zusajiinienzufasseii vermag . . ." 

Frankfurter Zeitung \Vtiu] Hekker}: Korngold 

lint i in m e r g e 1' ii I 1 i g e tn e I o d i. s c be K i n g e - 
bun^en znr Hand, w e i ft sie gut aufzuhauen und 

a 11c h i) v e b v s t r a 1 \v i r k n 11 jr .s v o I 1 zu bebandulu 

So entstand diesn Hper. naeb deren Anhcireji man wieder 
die a' u JS e r o r d e n t I i v h e M u :- i k lj e g a, b u n g des 
Komponisten, die siehwre itelierrsc.hu ii£ des grolien 
Apparates, dazu eine ersta.unli*di kluge Uerwhnuo" und 
Kinsetzungdervers.diiedenenAVirkun^smittel konstatieren 

mufi . . " 

Leipziger Neueste Nachrichten ((> t .to Sehabbel): 

Das /encrnis eines aus <,-enialer Fiille schoplferiden 

iiii bikers, mq seiner or«-h#'str;i.'Jcn 1 Att,s*:estaltung, o nii.be r- 

!> i e t b aV v o n k e i n e m M eiste-r der J o t z t z e i t." 

MUnchener Neueste Nachrichten: „Komgolds Musik in 

ihrer (b^anitbeit ein it b e r z e n g e n d e r deniali- 
t a tdte w e i s fesselt von An fang an dutvh «fr»iS« 
Stiniinuii^swerte. luiftriebfiltriiftigeB Temperament und 
eine blifhende Aleiodik. Die AnfnaJtme war be- 

<>■ ■ e i s t e r t . . • e -s w a r ein u n b est nttfntu- 
d u re li s e h ] a. 1? e n d e r K r f o 1 ^r. v; 



Vollstaml^e Orchester- Partitur, Klavierauszug 

sowie zahlrekhe Einzelausgahen liegen vor 

B. Schoii's Sohiw — Mainz i Leipzig 




Inhalf aus le^fen Melos-Heffen: 



Heff XIII 



OrCUO UAS-Mailand . . - 
Prof- OAKL KIT'/ 

HEINRKJH. KOS'/NMVK . . 
GKK1IAKD STHEOKK . . 

WALTHKR MOW A IU) . . . 

i>r. .m;no lkioiitkxtiutt 

Prof. Dp. WTLIJELM ALTMANN Hed.-utende Neueraeheimmgen 

i n id Manuskripte 
NOTEXHKTLOK: Krit/ Krid. Windiseb: Zwei Stiieke aus den 

..Klangvisionen" : Nr. I t'iir Yioline allein, N r. 'I 

I'iir Yioline und Bratsehe 



Dynamismus und Atonalilat 
Voi i den uatiirlieh re men 

Stiurmungsverhaltnissen 
KLaviertnehnik u. Welt-unst.ell. 
Ncii err deut.se he a rappelbt- 
Wt-rke groBen Stils 
Die Ilohenlageu dec Kunst 
Zur Asthetik 



Heff XV 



Dr. ERXST KURTH 



. . . Romantisehe Tlarmoiiik n. ihre 
Krise in Wagners /Frisian", 1 1. 
H. HEIXZ STl r CKKNSCMM!DT Melodic 
ALFRED WOLFENSTEIX . . Das Wortmusikalisehe und die 

neue Dichtung 
WILLIAM HOWARD .... Musikst.-nographie 
Prof. Dr. WLLHELM ALTM'AXX I'iir die Yerleger 
Dr. HV(H) LKICHTKMTJMTT . Buchbespreeluing 
Prof. Dr.WJLHELM ALTMAXX Bodeutonde Xeucrseheinungen 

und Manuskripte 
NOTEXBEJLAOE: Hindemith: Xr. VI. aus JUi einr Naehf\ 
Traume und Erlebnisse. op. 15. Fur Klavier 



Heff XVII 



.Dr. ADOLF ABER 
BELA BARTOK . 



Dr. HRRM. STERHAXT . . 
AUGI'ST LEOPOLD SASS 
H. HEINZ STtTKENSCHM 
Dr. HEIXRIOH KXODT-Wnm . 
Prof- Dr. WfLHKLM ALTMANN 



NOTENBEILAfiE: 



Edna re 
Senate 



Wohin des Wegs? 

DerEinfhdJder Vol! 

die heutige Kunstn 

Pariituren 

Deutsche Schule im 

Neue Lieder 

Zur Rsychologie des 

Bedeutende N'euers< 

und Manuskripte 
Krdmann : Zweiter Sat 
itr Yioline allein 



I DT 



Heff XIV 



HANS MERSMAXX 
ERXST KLRTII . 



DERM. STE'PHANI 

DO RLKSER . . . 
LKRED DO B.LIN - . 
SCIIl'LTZK-RTTTER 



Dr. WLLHELM ALTMAXX 
OTENBEILAGE: 



Die Untersuehung neuerer mu- 
sik alisrher Kunstwerke 
Romantsehe llarnionik u. ihre 
Krise in Wagners ..Tristan". I. 
Ton.nuathe.mat.ik -■ Tondeutung- 
Das Moser-Klavier 
Wider die Yerleger 
Kritisehe Betradhtungen iiber 
das modeme Lied m.it Beriick- 
sielitigung von Liedem und (re- 
siiiigen von Manfred Onrlitt 
Bedeutende Neuwse helium gen 
und Manuskripte 

Arthur Sehnabe] : IL Satz i\i)r Senate fur 

Solo- Vio.line 



Heff XVI 



GIULTO HAS Ein Fundamental-G-esetz der 

Musik 

Dr. ERNST KTJRTH Romantisehe Harmonik u ihre 

Krise in Wagners ., Tristan'*, ITT. 
1 1 A X S JO A C H I M M O S ER . S e n f 1 ai s A to n a li st 

KATHI MEYER Das S til problem in der Musik 

RID. SCITLLZ-DORXBLRG- 

Boehuni . Oper und - Revolution 
P ro I'. I ) r. W T LH E L M A LT M A X X B e d e u te nd^ N cue rs eh e i n nugnu 

und Manuskripte 



Dr. 
Dr. 



Heff XVIII 



ksnuisik aiif 


Dr. TJDO RUKSER 

1 ) r. H A N S M E R S M A N X ... 


nisik 




Geigenspie'l 


Dr. EHOX WELLESZ . . . . 


Komponist. 

eheinungen 


ERWIX LEXDVAT 

l'roi*. Dr. WILHELM ALTMAXX 



['fitzuers Asthetik 

Die Son ate t'iir Yioliue alio in 

von Artur Sehnabel mit '6 Seiten 

Xotenbeispielen 

Bemerkungen zu Josef Hauers 

Sehrift vom .. Wesen des Musi- 

kalisdien" 

Spaziergang am Dlestei'weg 

B( '(lent ende Neuerscheinungen 

und Manuskripte 



Die Neuerldieinungen des Mufi k verlages 

N. Simrock i I in Berlin W. 50 

warden in zwei schmueken Verzeichnissen zusammengefaUt. wo von Nl*. 1 die in 
den J ah run 1Q14— 19 ersehionenen und das so e ben i'ertiggewordene Veraeichnis 
Nr.* 2. die Xeuerscheinungen von 19*iO enthalt. Beide Heftchen sind durch 
jede Musikalienhandlung oder unmittelbar vom Yerlag unentgeltlicli zu beziehen. 



Werf voiles f. dWeihnadifsfifdi biefef in reidier Auswahl: 

Simrpck Yolksausgabe 

mit Werken von Br£kl\ir»s, Bohm, Bruch, Ovoi*^lc, RubinOeln, 
Sefcrc&Si&fe, Sehiutt u . A. 

D*s neue vollstandige, ubersiehtlieh geordnete und samtliche 
Neuauinahmen von 1919 und 19ZO 

enthalt. Verzeit-hnis ersehien soeben u. ist d. j. Musikalienhandk od. unmittelbar v. 
Yerlag uuentgelt). z. be/aehen. N. Simrock, O.m.b.H. Berlin u. Leipzig. 






/ n '-/: .j.l..\ 



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2S» 



nhalfs-Verzeichnis 

1. 3ahrgang 1920 



der 



„M E L O S" 

Halbmonafsl'diriff fur Mufik 



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ZufammengelielH 


■ /■-■ f 


von 
. f Dr. WIIHELM AITMANN 

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I. Abhandlungen und kurzere Arfikel 



Aber, Adolf — - s. Operinszenierung; 

Won in des Wegs? 
A capella-Werke, Netiere deutsche, groBen 

Stils. Von Gerhard Strecke 
Aesthetik, Zur. Von Hugo Leichtentri ti 

- vgl. Pfitzner 

Akkorde — vgi. Hypermodern 
Allgemeine deutsche Musikverein, Der — 

s. Musikverein 
Alte Musik — vgl. taktlos 
Altmann, Wilhelm — s. Verleger 
Amerikanische Musik? Von Cesar 

Saerchinger 
Amsterdam — s. Mahlerfest 
Atonalitat — s. Dynamismus 

vgl. Senfl 
Bartok y Bela -- s. EinfluB der Volksmusik; 

Problem der nenen Musik 
Has, Giulio — s. Dynamismus; Funda- 
ment algesetz 
Beethoven. Wie B.'s 150. Geburistag ge- 

feiertvvird. Vorgeahntes von Ludvv. Misch 
Bemerkungen eiues musikalischen Laien. 

Von Alfred Doblin 
Berliner Opernhaus. Denkschrift Liber 

Kunstprobleme. Von Fritz Stiedry 

- Volksoper,Zum Bander. Von Bruno Taut 
Berufsreinheit im Musikerstand. Von 

Fritz Fridolin Windisch 
Bie, Oskar - s. Nikisch; Operette; 

Pantomime; Perspekti ven; Salzburg 
Bildung — s. Musikalische Bildung 
Bittner, Julius — s. Dichtung 
Busoni, An. Von Wolfgang Gurlitt und 

Hermann Scherchen 
Busoni, Ferruccio - s. Neue Klassizitat? 
Byk, Edgar -■ s. Mahler 
Castelnuovo-Tedesco, Mario ~s. Pizzetti 
Da-Capo, Lied, Gesumm. Von Hugo Marcus 
Deutsche Musik. Von Paul v. Klenau 
Debussy- Cloches a travers les feuilles. 

Von H. Schultze-Ritter 

. Die letzten Werke Claude D.'s. Von 

Egon Wellesz 
Deutsch — vgl. A capel la -Werke 
Deutsche Musikverein, Der allgemeine - 

8. Musikverei n 
V- Schule im Geigenspiei. Von August 

Leopold Saii 
D^ichtung Oder Libretto. Von Jul. Bittner 



Seite 



297 
304 



90 



444 

95 

220 
491 

4G9 



175 

19 

459 

m 



389 
490 



Naturmuaik? Von 
Ein, der Musik. 



Dichtung, neue — s. Wortmusika- 

lische, Das 
Diesterweg, Adolph. Spaziergang am 

Diesterweg. Einem halbthematischen Re- 
zensenten -Adolf ins Stammbuch. Von 

Eiwin Lendvai 
Doblin, Alfred — s. Bemerkungen; 

Musiker; Verleger; Wort 
Draber, H. W. ■— s. Nikisch 
Dynamismus und Atonalitat. Von Giulio 

Bas 
EinfluB der Volksmusik auf die heutige 

Kunsimusik. Von Bela Bartok 
Eitz, Karl — 's. Stimmungsver haltnisse 
Empfangenden, Die. Von Hans Mers- 

maim 
Erdmann, Ediiard — s. Moderne Kiavier- 
, musik; Schonberg 
Expressionismus — 

Ludvvig Riemann 
Fundamentalgesetz, 

Von Giulio B as 
Geigenspiei — vgl. Deutsche Schule 
Gesumm — vgl. Da-Capo 
Gurlitt, Manfred. Kritische Betrachtungen 

iiber das moderne Lied mit Berucksichtigung 

von Liedern und Gesangen von M. Gurlitt, 

Von H. Schultze-Ritter 
Gurlitt, Wolfgang — s. Busoni 
Guttmann, Alfred — s. Tempo 
Guttmann, Oskar — s. Musikkritik; 

Pfitzner 
Hauer, Josef — s. Musikalische Bildung 
— . Bemerkungen zu Josef Hauers Schrift 

vom Wesen des Musikalischen. Von 

Egon Wellesz 
Harmonik, romantische — s. Romantisch 
Harmonium — vgl. Reinharmonium 
Heutige Kunstmusik — vgl. Volksmusik 

— Musik. Die Situation. Von Udo Rukser 

— vgl- Modern 

Hober, Lorenz - s. Nikisch; Orchester- 

musiker 
Hohenlagen . der Kunst. Von Walter 

Howard 
Howard, Walter — s. Hohenlagen; 

Musiksteno graph ie; Ton kunst; 
Hypermodern e Akkorde. Das Verstehen 

hyp Akk. Von Ludvvig Riemann 
Jenaer Regerfest -■- s. Reger 
jenseits von Temperierung — s. Tem- 

perierung 



Seite 



421 

290 
384 

Ml 

434 
354 



325 



419 



188 



301 



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- "- 



I nay at Khan s. iiuier 

Inder, Musikweisheit der. Von I nay at 

Khan. Ubersetzt von Edgar Istel 
Instrumentation, Liniges Liber. Von 

Heinrich Kami n ski 
Italienisches Tagebuch. Von Adolf 

WeiBmann 
Kaminski, Heinrich s. Instrumentation 
Kampf der Orchester - s. Orchester 
Klangkorper, moderne - - s. Umformung 
Klassizitat - s. Nene Klassizitat 
Klavier - vgl. Moser-Klavier 
Klaviermusik vgl. Moderne Klavier- 

nuisik 
Klaviertechnik unci Welteinstellung. Von 

Heinrich Kosnic k 
Klenau, Paul v. s. Danische Musik 
Knodt, Heinrich — s. Koniponist; Wiener 

Konzertleben 
Kurth, Ernst s. Romantische Harmonik 
Ko m p o n i s t. Zur Psychologic des Kom- 

ponisteu. Von Heinrich Knodt 
Konzert orchester, Die Not der — s. Not; 

vgl. auch Orchester 
Kosnick, Heinrich s. Klaviertechnik 
Kritik ~ s. Musikkritik 
Ku It u rf rag Jn, musikalische. Von Hans 
Mersmann 

Kunst musik vgl. Volksmusik 

Kunst — sHohenlagen 
Leichtentritt, H ugo — s. A e s t h e t i k ; 
M a h 1 e r f e s t ; Q it e 1 1 e n ; R i e m a n n ; 
taktlos 
Lendvai, Erwin •■- s. Di.esterweg; Reger 
Libretto — s. d'ichtung 
Lied — vgl. Da-Capo 
Lied, Das moderne vgl. Gurlitt 
Mahler, 'Der Operndirektor. Von Fritz 

S t i e d r y 
— 's Ekstaso, ein Vermachinis Von 

Edgar By k 
Mahlerfest, Das, in Amsterdam. Von Hugo 

Leichtentritt 
Mali pier o, S. Francesco — s. Orchester 
Marcus, Hugo — s. Da-Capo 
Mengelberg, Willern. Von Fritz Fridolin 

W i n d i s c h 
Mersmann, Hans — s. Empfangenclen, 
Die; Kult.urfragen; Schnabel; Unter- 
suc.hung 
Melodie. VonHans Heinz Stuckenschm kit 
Melos. Von Hermann Scherchen 
Meyer, Kathi — s. Stilproblem 
Misch, Ludwig — s. Beethoven 
Moderne Klangkorper — s. Umformung 
v~ Klaviermusik. Von- Eduard Erdmann 
^,ied* Das vgl. Gurlitt 

'sjlc Tendenzen Von Siegmund 



Seite 

96 
483 
279 



296 



397 



42 



134 
149 
146 

148 



334 
1 



34 



\S& 182 



Moderne Musikkritik — s. Musikkritik 
-- vgl. heutig; hypermodern; neu 
Moser, Hans Joachim -- s. Senfl 
Moser-Klavier. Von Udo Rukser 
Mull er-Hartmann, Robert — s. Neue Musik 
Musik — vgl Stilproblem 

— Fundamentalgesetz der — s. Funda- 
mentalgesetz 

— und Utopie. Von Karl Spannagel 
Musikalisch. Vom Wesen des Musi- 

kalischen — s. Hauer 
Musikalische Bildung. Von Josef Hauer 

— Perspektiven — s. Perspektiven 
Musiker, Vom- Ein Dialog mit Kalypso. 

Von Alfred Doblin 
Musikerstand — s. Berufsrein heit 
Musikkritik, Moderne- Von Adolf 

W e i ft m a n n 

— Von der. Von Oskar Guttmann 
Musikstenographie. Von William Howard 
Musikverein. Das Tonkiinstlerfest des 

Allgemeinen deutschen Musikvereins. 

Welmarer Ergebnisse. Von Heinz Tiessen 

— . Die Zukunft des Allgemeinen deutschen 

Musikvereins. Von Heinz Tiessen 
Musikweisheit der Inder -- s. Inder 
Natur musik — s. Expression ism us 
Neue, Das, in der Musik — s. Quell en 
Klassizitat? Von Ferruccio Busoni 
und Hermann Scherchen 
- Lieder. Von Hans Heinz Stuckenschmidt 
Musik. Das Problem — ' s. Problem; 
vgl. taktlos 

— — . Das Milproblem der neuen Musik. 
Von Robert Miiller-Hartmann 

— Strom, Der — s. Strom 
~- vgl. heutig; modern 

New York — s. Preisausschreibung 
Nikisch u. das Dirigieren. Von Oskar Bie 

— u. das Orchester. Von Herm. Scherchen 

— Die Dirigierkunst Artur Nikisch's. Von 
Lorenz Hober 

■- Die Jugend, die Dirigenten und Nikisch. 
Von Hans Jurgen von der Wense 

— Die Nikisch-Programme und der musi- 
kalische Fortschritt. Von H. W. Draber 

Eriunerungen a. meiner Wiener Jugendzeit 
Not, Die, der Konzertorchester und die Ent- 

wicklung der symphonischeu Musik. Von 

Rudolf Cahn-Speyer 
der Orchestermusiker ~ s. Orchester- 

musiker 
Oper und — Revolution. Ein Notschrei. 

Von Rudolf Schuiz-Dornburg 
Operette. Von Oskar Bie 
Operninszenierung. Zukunftsnufgaben. 

Von Adolf Aber 
Orchester, Das. Von S. Francesco 

Mtalipiero 



Seite 



320 



478 



458 



38 



136 
211 
34 i 



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204 

54 
59 

62 

68 
71 

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371 | 

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Kampfder. Zersplitterungs- 
festangestellten Orchester- 
n Fritz Fridolin Windisch 
ker. Die Not der O 
3ber 

on Oskar Bie 
m Hermann Stephani 
musikalische. Von Oskar 
11 

itik. Von Udo Rukser 

Lehrer und Personlichkeit 

tittmann 

leg zum modernen Pianisten. 

eifimann 

und — s. Mod erne 

ando, und seine Violinsonate. 

astelnuovo -Tedesco 

eibung des Schumann-Clubs 

s, der neuen Musik. Von 

nheit, liber. Von Felix 

des Komponisten — s. 



Seite 

448 

176 
254 
387 

87 143 

402 

465 
15 

430 
259 
107 
450 



28 
282 
266 

83 



:, des Neuen in der Musik. 
eichtentritt 

Nachrichten aus dem Musik- 
ifilands 

dritte Regerfest in Jena. Von 
vai 

is zur Tonaliiat. Von Fritz 
n disc h 

ngsverhaltnisse - s. Stim- 
a 1 1 n i s s e 
.iiini — s. Tonmathematik 
■ - vgl. Oper 
- vgl. Taktlos 
-lugo Riemanns letzte Werke. 
Leichtentritt 
udwig — s- Expressionism us; 
derne Akkorde; Tonal itiit 
■le Harmonik und ihre Krise in 
nstan. Von Ernst Kurth 309 330 361 

Jdo s. Heutige Musik; 

avier; Pfitzner; Umformung 
- s Raterufciand 
F L. — s. Skrjabins Pro- 
n Reg. II 
er, Cesar — s. Amerikanische 



Von Oskar Bie 

t Leopold s Deutsche Schule 
, Hermann s. B u s o n i ; M e i o s ; 

assizitat?; Nikisch; Pf/tzner; 

erg; Temperierung; / Tona- 

i n z i p 

Felix s. Prograrwfc-Einheit 



20 



466 



Schnabel. Die Sonate flir Violine allein 
von Artur Schnabel. Von Hans Mersmann 

Schonberg, Arnold — s. Verhaltnis 
zum Text 

— Von Hermann Scherchen 

— Von Sen. und seinen Liedern. Von 
Eduard Erdmann 

Schultze-Ritter, H. — s. Debussy; 

Gurlitt (Das moderne Lied) 
Schulz-Dornburg, Rudolf — s. Oper 
Schumann-Club— s.Preisausschreibung 
Selbstherrlichkeit des Wortes — s. Wort 
Senfl, Ludwig, als Atonalist? Von Hans 

Joachim Moser 
Skrjabins Prometheus — s. Reg. II. 
Situation der heutigen Musik — s. 

Heutige Musik 
Spannagel, Karl — s. Musik 
Stephani, Hermann — s. Partituren , 
Stiedry, Fritz — s. Berliner Oper.nhaus; 

Mahler 
Stilproblem, Das, in der Musik. Von 

Kathi Meyer 

— der neuen Musik — s. Neue Musik 
Stimmungsverhaltnissen, Von den na- 

tiirlich reinen. Von Karl Eitz 
StrauS, Richard: Alpensymphonie — vgl. 

Tonalitatsprlnzip 
Strecke, Gerhard — s. A capella-Werke 
Strom, Der neue. Von HeinzTiessen 5 26 
Stuckenschmidt, Hans Heins — s. Me- 

lodie; Neue Lieder 
Symphonische Musik — vgl. Not der 

Konzertorchester 
Taktlos. Die taktlosen, freien Rhythmen 
in der alten und neuen Musik. Von 
Hugo Leichtentritt 
Taut, Bruno -- s. Berliner Volksoper 
Temperierung, Jenseits von, und Tonalitat. 
A. M. Awraamoff (iiberselzt von Her- 
mann Scherchen) 131 
Tempo, Das. Musikalisch-psychologische 

Studie von Alfred Guttmann 
Tendenzen moderner Musik — s. Mo- 
derne Musik 
Text — s. Verhaltnis zum Text 
Tiessen, Heinz — s. Musi kverein; Strom 
Tonalitat, Zur. Von Ludwig Riemann 

— vgl- Temperierung 
Tonalitatsprinzip, Das, und die Alpen- 

Symphonie von R. Strauft. Von Hermann 

Scherchen 
Tonkunstlerfest zu Weimar — s. Musik- 

verein 
Tonkunst, Zweck und Inhalt der. Von 

Walther Howard 
Tonmathematik — Tondeutung. Allerlei 

Nachdenkliches vor dem Reinharmonium 

Von Hermann Stephani 



Seite 
406 

9 
207 



364 



369 



293 



77 102 



247 

160 184 

169 

190 

198 244 

4B6 
316 



505 



Musi k- 

M u s i k - 

II a ti e r 
N i k i s c li 



Seite 
276 
310 



462 
346 
323 



257 



378 



227 



Umformung, Die, der modcrnen Klang- 

korper. Von Udo Rukser 
U ii te r s u c h u n g neuerer niusikalischer Kunst- 

werke- Von Hans Mersrnann 
Utopie s. Musik 
Verhaltnis, Das, zum Text. Von Arnold 

S c h o n b e r g 
Verleger, Fur die. Von Willi. Altmann 

, Wider die. Von Alfred Dublin 
Vol ksmu sik — vgl. Kin flu fi 
Volksoper — s. Merlin 
W a gn e r. Tristan vgl. R o m a n t i s c h e 

Harmonik 
Weim are r Tonkiinstlerfest — j 

v e r e i n 
WeiLWnann, Adolf - s. Italien 

k v i t i k ; Pianist 
Weliesz, Hgon s. Debussy; 
Wense, Hans Jiirgen von der, s 
Welteinstellung — s Kla vier teclmik 
Wiener KonzertIebe:i in di^r Gegenwart. 

Von Heinricli Knodt 
W i n d i s e h , Fritz Frid. - s. B e r u f s r e i n h eft; 

Mengelberg; Orehester; keger 
Wohin des Wegs? Von Adolf Aber 
WoHenstein, Alfred — s. Wortni usika- 

lische, Das 
Wort Die Seibstherrlichkeit des Work's. 

Von Alfred Dob 1 in 
VVortmusikalische, Das, mid die neue 

Diehtung. Von Alfred Wolfenstein 
Z nk tin ft, Die, d^ allgemeinen deutsehen 

Musikvereins — s. Mnsikverein 
Zukunftsaufgaben d. Operninszenierung - 
s. Operninszenierung 



II. Verzeidinis der befprodienen Mujik- 
werke und mujikalijdien Biicher. 

A n s o r g e , Conrad : Klavier-Sonaren (Ed. 
Erdmann 

- Lieder (Stuckenschmidt) 
ESartok, Beia: Klavierwerke(Ed. Erdmann) 
Berg, Aiban: op. i Kiavier-Sonate (Ed. 

Erdmann) 

— Lieder (Stuckenschmidt) 
B es c h , Otto ; Phantastische Ouverture 

E. T. A. Hoffmann (H. Tiessen) 
B us oni, Ferruccio : Klaviervverke (Ed. 
Erdmann) 

Debussy, Claude : Klavierwerke (Ed. 
Erdmann) 

— Letzte Werke: Douze Etudes; Six Epi~ 
graphes antiques ; Sonates (Ego i Weliesz) 

— : Cloches a travers les fetiilies (H. 

Schtiitze-Ritter) 
Dccsey, Ernst: Bruckner (H Leichtentritt) 



36 

39b 

37 

35 
395 

218 
37 
36 

166 



459 
119 



E r d m aim, Ed. ; Symphonic (\ 

- Lieder (Stuckenschmidt) 
Graener, Paul : Schirin und 

(H. Tiessen) 
G u r 1 i 1 1 , Manfred : Lieder um 

(H. Schultze-Ritter) 325; (Stucke 
H a a s , Joseph : op. 46 Klav, 

(H. Tiessen) 
Hauer, Josef : Das Wesen i\^ 

sclien (Weliesz) 
Hausegger, Siegmund v. : He 

quiem (G. Strecke) 
H orwitz, Karl : Lieder (Stucke. 
Krug, Walter: Die neue Musi 

Guttmamr 234; (Erwin Lendvai) 
Lendvai, Erwin : Lieder (Stucker 
M edtner, Nikolai : Lieder ( 

schmidt) 
M jaskowsky, N. : Lieder ( 

schmidt) 
M o o s , Paul ; Die deutsche Astr 

Gegenwart (HL Leichtentritt) 
P f i t z n e r , Hans : Die neue Asth 

rnusikalischen Impotenz (H. Scherc 

(Udo Rukser) 

op 16 Columbus (G. Strecke) 
P i z z e 1 1 i , Ildebrando : Violin ■ 

(Castelnuovo-Tedesco) 

P r o k o w jew, S. : Lieder (Stucfcens 

Ravel, Maurice: Klavierwerke (Ed. Er 

Reger, Max: Klavierwerke (Ed. Er 

Verschiedene Werke (Erwin Lend' 

— op. 110 Drei Motetlen (G. Strec'^ 
R i e m ami, Hugo : Beethovens .., 

sonaten und Musiklexikon 9. h 

(Hugo Leichtentritt) \ 

R i v i s t a nutsicale Italiana VII, 3 (Le 
Sachs, Kurt: Handbuch der lustrum 

kunde (H. Leichtentritt) 
Schattmann. Alfred : Lieder (Ties 
S cher chen, Hermann : op. 1 S; 

quartett (H. Tiessen) 
Schnabel, Artur : Sonate fiir Viol. 

(Mersrnann)' 
Sch on b erg, Arnold: op. 11 u . 19 Kl. 

stucke (Ed. Erdmann) 
— : op. 11 Nr. 1 Klavierstuck(Stuckensch 

— op. 13 Weilinachts-Motette (G- Stret 

— op. 16 Kammer-Symphonie u. Orclu 
stucke (Scherchen) 201; (Tiessen) 

— Lieder \ Erdmann) 

S e k I e s , 'Bernh. : Lieder (Stuckenscb 
S k r j a b i j] t Alexander : Klavserwerki 

ErdmannX s 

7 Prometh^g ( L , Sabanejew) , 

s Pengler,|Oswald: Der UntergaiiU 

AbendlandelLfA. Aber) 
StrauB, Rkhaid: Alpen - Symph 

(H. Scherchc " 



506 



m 



Seite 

Strand, Richard: Gesange kir 16 si. Choc 

op.34 u Deutsche Moiene op, 62(0- Strecke) 21)8 

Stravinsky, Igor: Lieeier (Stuckensch mrclt) 396 

S»k, Joseph: op. 30 Eriebtes unci F.rtramntes 

fiir Klavier (Ed. Erdmann > 36 

S z y m a n o w s k y , Karl : Lieder (Stueken- 

schmidt) 39(j 

T lessen, Heinz : op. 18 Naturtriiogie 

(Ed. Erdmann) 35 

Vaudet-Magit, A-: Guide du Yioiinisie. 

(Euvres choisies p. Violon ainsi que pour 

Alto et musique de ciiambre (Lendvai) 470 

V rieslander, Otto : Lieder {Stucken- 

schmidt) - 395 

Warner: Tristan (Ernst Knrth) 314 330 

\V a Iter s li a u s e n , W. v : Musikalische 

Stillehre (II. Leichte'ntritt) 340 

\V e 1 1 e s z , Egon : op. 9 Klavierstiicke 

(Ed. Erdmann) 35 



III. Wichfige neue Mufikalien, Btieher unci 
AuVfage liber Mulik 

mitgeteilt von Wilhelm A 1 1 m a n n am Sclilusse 
jedes Hefts 



IV. Mufikbeilagen 

E r d in a n n , Eduard [vgl. S. 2831 : Es gilt 
last mehr (Christl. Morgensiern). Lied fiir 
1 Singstimme mit Klavier Heft 1 

■— II. Satz der Sonate fiir Violine allein „ 17 

Gurlitt, Manfred [vgl. S. 283]: op. 14 n 
Zweier Seelen Lied (Rich. Dehmeh fiir 
1 Singstimme mit Klavier „ 5 



Hek 



Hindemith, Paul [vgl S. 28 -1|: op. 15 
Nr 6 aus: ,J)u cine Nadir'. I'raume und 
Erlebnisse. Fiir Klavier 
Stretta (Basso ostinato) I'iir Klavier 

— : op. 38 Nr 7 Du maelist micli tr urig 
(Else Lasker-Sehiiler) f. 1 Singst. 111. Klav. 

M a s k w s k i |vgl. S. 28^Jj : kuss. Lied 
(OipPens) f. 1 Singstimme mit Klavier 

S c h a 1 1 m a n n , Alfred (vgl. S. 38 I] : op. IS 
Nr 4 Nun die Blatter vvelk mid braun 
(A. Ostermann) f. 1 Singstimme mit Klavier 

S e h e r c h e n , Hermann [vgl. S. 283]: op. 2 
Nr 5 Hast Du die Lippen inir wund gc- 
kiilU. Fiir 1 Singstimme mit Klavier 

Schnabel, Artur: II. Satz i\cv Sonate lur 
Solo-Violine Heft 11 : vgl. 

Tiessen, Heinz [vgl. S. 283|; Orablied 
aus Shakespeares Cymbelin f. I Singst. 
mit Orchester im Klavierauszug 

— : Reinigung (Ernst Stadler) fur 1 Sing- 
stimme mit Klavier 

Weigl, Bruno [vgl. S. 2831: op. 2!) Nr 1 

Deine Haare sind braun (H. T. Wegner) 

fur 1 Singstimme mit Klavier 
W e use, Hans Jurgen von der [vgl S. 2S3|: 

Strophe aus Bliite des Chaos (Mombert) 

fur 1 Singstimmme mit Klavier 
Windisch, Fritz Frid. : Zvvei Sttieke aus 

den Klangvisionen, Nr 1 fiir Violine allein, 

Nr 2 fiir Violine und Bratsehe 
Wolpe, Stephan : Adagio fiir Klavier 



V. Bilder, Fakj'imiles von Briefen 

B 11 s ti i , Ferruccio Bild 
1: r d m ann, Eduard Bild 
M a h 1 e r , Gustav : Portrat; Biiste von 

Rodin ; Brief im Faksimile 
M engelber g , Will em Bild 
Nikisch, Arthur als Dirigent, Bild 
R e g e r , Max : Brief v. 15.3. 03 im Faksimile 



15 

20 



10 



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11 



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Seite 


18 


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Mufikaiiera~Orofi~Sorfimeiif 

Mufik-Inffrumenfe und Saifen 
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Fliigel . Pianinos . Harmoniums 

Kunfffpiel- Pianinos 

Piano -Vermieiung 

Niederlage der welfberuhmfen 

Gienm-Melsier -Oelg en 

Brafjchen und Celli 

Leiuien . Oil arren . Mandolinen 

Konzerf- und Akkordzifhern /. Waldzifhern 

Mund- und Hand-Harmonikas 

.'. Geigen- und Cello-Bogen .'. 

Geigenkasfen und Form-Etuis 

Sfoffhiillen fur Laufen, Gifarren und Mandolinen 

Saifen fur Sfreidi- und Zupf-Insfrumenfe 

Besfandfeile fur Insfrumenfe 
TAMBOURINS . TROMMELN 

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