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Full text of "Monatshefte für Musikgeschichte 35 Jg 1903"

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., MONATSHEFTE 

FtfR 

ITTSIK-&ESCIICHTE 

HERATJSGEGEBEN 
VON DEE 

GESELLSCHAFT FOR MUSIKFORSCHUNG 

35. JAHRGANG. 

1903. 

REDIGIERT 
VON 

EOBERT EITNEB. 



» O «g 



LEIPZIG, 
BREITKOPF & HiRTEL. 



InlLaltsverzeicliiiieL 



Chinesische Musik-Aesthetik, von IF. Cokn-Antenortd ....... 1 

Beethoveniana ...................... 8 

Die Orgelwerke der Kirche zu St. Elisabet in Breslau, von Remh. Starke 17. 33 
Ein Schreiben Chrstph. Bernhardt an den Hamburger Senat (1663) . . 39 
Marcesso's (BartoL) Saromelwerk 1656 ............. 40 

Kantoren ini Organisten der St. Elisabetkirohe zu Breslau, von B. Starke 41 
Der Minnegesang und sein Vortrag, von C. Weinmann und P. Range 51. 83 
Die Tonarien, von Paul Runge . ............... 69 

Musik in Hannover, von Dr. Oeorg Fischer ........ 86. 99. 149 

Totenliste des Jahres 1902, von Karl Lustner 115 

Guitarrentabulaturen, von Eug. Sekmitz ............ 133 

Geschichte der Kantorei-Gesellscb aften, von Arno Werner ...... 151 

Musiker-Briefe aus dem Anfange des 16. Jhs. .......... 165 

Rechnungslegung fur 1902 188 

Register 191 



Mitteilungen und Besprechungen : Wotquenne's Brtweler Katalog 11. Em. 
Krause's 2. Aufl. Vokalmusik, Kunstgesang 12. Prfifer: Seb. Bach 12. Rob. 
Schumann, von Abert 12. Clara Schumann, von Litzmann 13. Mozart-Ge- 
meinde 13. Mozarteum 13. Leopold und Wolfgang Mozart, von EngJ 13. 
Beethoven in Baden 14. Agost. Steffani's Servio Tullio von Neisser 14. Nieder- 
landsche Dansen 14. Seb. Bach's Brandenburg. Konzerte 15. Riemann's 
grofee Kompositionslehre 15. Der Bohn'sche Gesangverein 15. Peter Wagner's 
gregorianische Melodien 29. Tschaikowsky, Biogr. von Bruby 30. Menieli- 
sohn und Schumann 30. Dr. Grunsky's Musikgeschichte 48. Bulthaupt's 
Dramaturgic 48. Theater und Musik in Aachen, von Dr. Fritz 49. Dr. 
Fischer, von Bfilow in Hannover 49. Beethoven's Geburtshaus 49. Briefe 
Frz. Liszt's an Gille 64. Tijdschrift der Vereenig. voor Noord-Nederlands 
Muziekgescb. 65. 178. Barth, Herm., Geschichte der geistlichen Musik 66. 
Breitkopf & H&rtel's Mitteilungen 80. 180. Bohn'sche Gesangverein 80. 
v. Bojanowski, Das Weimar Joh. Seb. Bach's 95. Katalog des Breitkopf 
& Hartelschen Verlages 97. Madrigal - Vereinigung in Berlin 97. List & 
Francke's Katalog 353. 98. KOnigshofen's Tonarius 109. Rob. Volkmann's 
Biogr. 109. Die Kaland brfiderschaf ten von Rautenstrauch 111. Kgl. akadem. 
Institut fur Kirchenrausik 113. Tappert's Tabulaturen 114. Molitor ttber 
die offiziellen ChoralbQcher 129. Na? el: Beethoven's Klaviersonaten 130. 
Seb. Bach's Gesangswerke 131. Thu^^ing8 , schweizerisohe Tonmeister 131. 
Tiersot fiber Ronsard 147. Thorn. Ludov. Victoria's Werke 147. Dav. 
Killer's 10 Psalmen 147. Bftuerle's Messen von Palestrina 147. Gleich- 
scbwebende Stimmung im Orchester etc. 147. Riemann's Neuausg. alterer 
Instrumentalwerke 148. Otto Dienel's Orgelkonzerte 148. Ebstein fiber Fr. 
W. Weis 159. Leichtentritt fiber R. Keiser's Opern 159. Ottzeun fiber 
Teiemann's Opern 160. Thfirlings und Kroyer fiber Ludw. Send 161. Chor- 
ordnung fur das evangel. Kirchenjahr von Liliencron und Eyken 162. Die 
Anfange der Chromatik von Kroyer 176. Handel's Orgelkonzerte von M. 
8eiffert 177. Challier's Chor- Katalog 17a Hesse's Musiker-Kalender 179. 
Georg Forster's teutsche Lieder 188. Keller's lllnstr. Gesch. der Musik 189. 
Springer's Musiktypograph. 190. 

Beilagen: Katalog der Westminster Abtei in London von W. B. Squire, 
5 Bogen. — Katalog fiber die Musik -Codices des 16. und 17. Jhs. auf der 
Kgl. Landes-Bibliothek in Stuttgart, von A. Halm, Bogen 3—7. — Neue 
Erwerbungen der Kgl. Bibl. zu Berlin. 



deselsohaft fir M^MmwA^^ 



Kitgliederverseiohnis. 



Dr. Bum Abert in Hale a. 8. 

J. Angeratein, Buttock, f 

Dr. Wilk Baumker, Pfarrer, Burich. 

H. Benrath, Bedakteur, Hamburg. 

Lionel Benson, Esq., London 

Bich. Bertling, Dresden. 

Ber. H. Bewerunge, Maynootb (Irland). 

GrofsherzogL Hofbibliothek in Darmstadt 

Stadtbibhotbek in Frankfurt a. M. 

Universit&ts-Bibl. in Heidelberg. 

(Jnivereit&ts-Bibl. in Innsbruck (Tirol). 

Bischofl. Proskescbe Bibl. in Begensburg. 

Universit&ts-Bibl. in Strafsburg. 

Ffirstl. 8tolbergiscbe Bibliotbek in 

Wermgeroio. 
£d.Blrnbaum t Oberkantor ? Kdnigsberg i.Pr. 
Dr. Peter Boecker, Pfarrer in Aachen. 
Prof. Dr. E. Bohn, Breslau. 
P. Bohn in Trier. 
B. Bornewasser, Aaoben. 
Dr. W. Braune, Prof., Heidelberg. 
Breitkopf & Hartel in Leipzig. 
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Dr. Alfr. Dorffel, Leipzig. 
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Prof. Eickhoff in Wandsbeck. 
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Br. Hugo Goldachmidt, Berlin. 
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Kirchenchor an St. Marien in Zwickau. 
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Freiin Therese von. MUtitz, Bonn. 

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A. Beinbrecht in Verden. 

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Bioh. Schumacher, Hermsdorf (Mark). 

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Seminarbibliothek in Voorhout 
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Breslau. 
Wilhelm Tappert, Berlin. 
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Martin Vogeleis , Pfarrer, Behlenheim 

(Elsafa). 

G. Voigt, Halle. 

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Wilh. Weber, Augsburg. 
Bruno Weisenborn, Mublbausen. ' 
Ernst von Werra, Cbordir. , Konstanz 
i. B. 

Prof. Ik. F. Zdle, Berlin, Buktor. 



Bob. Eitner in Templin (U./M.), Sekret&r und Kassierer der Gesellscbaft 




fllr 



MUSIK- GESCHICHTE 

herau8gegeben 
von 

ier 6e8ell8chaft fttr Musikforschung. 



Preii det Jfthrgangei S Mk. Monatlioh erioheint 

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nimmt jede Buoh- and Muiikhuidlang entgegen. 



Cliiieslscte Mnslk-lstbettk. 



Von W. Cohn-AntenoridL 

Selbst wenn die von den alten Chinesen getriebene Musik, welche 
gr6£stenteils wie z. B. die zum „Lieder-Kanon u (Schi-king) verloren 
gegangen 1st, dem Geschmack des zeitgenossischen Europaers und 
Amerikaners 1 ) so wenig zugesagt haben sollte, wie es mit der des 
heutigen Chinas der Fall ist, so ware das nach Kiesewetter 1 *) noch 
kein Grand uns mit ihren musikalischen Theorieen nicht zu be- 
schaftigen. Eeichbaltig genug ist dieser Zweig ihrer Litteratur trotz 
der beruchtigten Bticherverbrennung 1 b ) im dritten Jahrhundert vor Chr. 
Geb. Zahlt doch der Katalog 2 ) der kaiserlichen Bibliothek in Peking 
voni Jahre 1790 liber diesen Gegenstand ausschliefslich der Noten 
fast 500 Nummern auf, darunter den Yo-M d. h. „Musik-Regeln" 
betitelten Abschnitt einer von dem berlihmten Kaiser Khang-hi 
aus der gegenwartig noch herrschenden Mandchu - Dynastie heraus- 
gegebenen Encyklopadie der Musik. 3 ) Ambros 4 ) bedauert es mit 
Recht, dass die chinesische Musikwissenschaft bisher immer nur 
auf Grand der alteren Missionsschriften der Franzosen dargestellt 
worden ist, ohne dass die neueren Werke englischer und deutscher 
Sinologen zu Rate gezogen wurden, zumal da, wo in ihnen original- 
chinesische Texte zuganglich gemacht worden sind. Naehdem indes 
die aknstisch- physikalisehen Momente neuerdings schon einer ein- 
gehenden Darstellung 5 ) gewxirdigt worden sind, brauchen im folgenden 
nur die Ssthetischen Anschauungen der Musiktheoretiker Chinas er- 

MMsMM,, t MMMlkMmsA, Jafcrgaag XXXV. Ho. 1. 1 



mi m. 

1903. 



2 



Chinesische Musik-Asthetik. 



ortert zu warden, urn den dort wie in Europa vorhandenen Trieb 
nach Erkenntnis des sich in der Musik offenbarenden Geistes 5 *) auf- 
zuzeigen. 

Schon die altesten Theoretiker aus dem zweiten vorchristlichen 
Jahrtausend, welche den „Musik-Kanon" (Yo-king) zu einer Zeit 
abfassten , wo das Gefuhlsleben des chinesischen Volkes ein viel 
tieferes war als heutzutage und im klassiscben Schi-king, der, wie 
gesagt, den Text fir die Melodieen lieferte (so dass wir es also 
nicht mit reiner Musik zu thun haben 6 ) seinen Ausdruck fand, 
geben eine ganz psychologische Erklarung der Musik. 6 *) Die- 
selbe besagt Wort fur Wort nur mit den zurn Vorstandnis notigen 
(in runde Klammern gesetzten) Zusatzen, dass „bei alien Tonen ihre 
Entstehung aus mensehliehen Herzen hervorgeht. (Betreffs) Menschen- 
Herzens Erregung (ist zu sagen) aufsere Dinge veranlassen dieselbe 
derartig, (dass) Eindriicke durch Gegenstiinde und (daraus hervor- 
gehende) Erregung verursachen Aufeerung in Lauten. Laut (und 
Gefiihl) einander entsprechen, deswegen Mannigfaltigkeit (der Figu- 
ration). Mannigfaltigkeit vollendet dann besagte Tonweisen." Es 
wird also hier bereits im Sinne Hegel's 7 ) die Hauptaufgabe der Musik 
nicht in der Gegenstandlichkeit gesehen, sondern in der Art und 
Weise, wie das innerste Selbst zur Erregung gebraeht wird. Der 
Philosoph Lig-dsg 8 ) fuhrt das dann bei Besprechung eines finger- 
fertigen, aber im Grunde genommen unmusikalischen Saitenspielers 
folgendermafsen aus: „Was man nicht im Herzen erlangt, dem kann 
aufsen kein Instrument entsprechen." Diese Beziehung zwischen 
Stimme und Stimmung aufsert sich bei traurigen Menschen in dem 
langsamen Tempo ihrer Rede, bei Zornigen in den durchdringenden 
Tonen. 9 ) Tiefe Tone bringt abnlich Wundt in Verbindung mit dem 
Ernst und der Wiirde, hohe mit der Heiterkeit und dem Scherz, 
wahrend die mittleren Hohen der llb ) Tonskala mehr einer gleich- 
formig angenehmen Stimmung entsprechen sollen. Thatsachlich horte 
Professor Futterer neuerdings auf seiner Keise 10 ) „durch Asien" 
haufig im Gebirge Gesang, der ohne melodisch zu klingen nach Art 
mancher Karnthner Lieder eine elegische Stimmung verriet So war 
ja auch fiir 11 ) Eichard Wagner die Musik eine „Sprache der Leiden- 
schaft". An dieser Steile sei nur kurz darauf hingewiesen, dass schon 
die gesprochene Sprache der Chinesen von jeher ganz abgesehen vom 
lauten und leisen Sprechen gewisse Tone besitzt, von denen der eine 
die Stimme merklich boher, ein anderer, der sogenannte Khjti schong 
d. h. „weggehender Ton" sie tiefer erklingen lasst, also ein cres- 



Chinesische Musik- As thetik. 



3 



cendo und diminuendo. 11 *) Vielleicht kdnnte man das recitative 
secco der italienischen Oper zum Vergleich heranziehen. Rousseau 
hatte also Recht, als er erklarte, dass Sprache und Musik urspriinglich 
eins waren. 12 *) 

Von der Sprache ausgebend kannten jene altchinesischen Musik- 
JLsthetiker ebenfalls schon den Unterschied zwisehen Poesie, Musik 
und den verwandten musischen Eunsten. Heifst es doch am Schlusse 
des Musik- Kanons ganz ahniich wie bei 12 ) Herder in der Terpsi- 
chore (wiederum ganz wortlich, wobei nur die Schlusspartikel jl 
durch unser Semikolon wiedergegeben werden musste) : „Singen ist 
langgezogenes Sprechen ; Freudigkeit verursacht Ausrufe. (Da bis- 
weilen gewohnliches) Sprechen nicht geniigt, deswegen verlangert 
(man das) Sprechen ; (da bisweiien sogar) gedehntes Sprechen nicht 
ausreicht, deswegen (verwendet man) Eunst-Singerei, (da bisweUen 
selbst) Eunst-Singerei nicht geniigt, daher (ergeben sich) unwill- 
kiirliche Hande-Gesten, Fiifee - Bewegungen . M Unter letzteren sind 
offenbar Mimik und Ballet zu verstehen, dessen Entwicklung Rudolf 
von 18 ) Gottschall behandelt hat. Was den chinesischen Ausdruck 
fur Eunstgesang (dsig-thann-dcho) betrifit, so hat derselbe eigentlich 
die Bedeutung Wehklagen v wird aber in dem Kommentar des Ting 
Hjiinn zu der Ausgabe u ) des Li-ki (Ceremonial - Verzeichnis) vom 
Jahre 1791 einmal mit Fallen (yi) und Steigen (yang) der Stimme, 
ein andermal durch die Worte ' fan fu erklart, welche zunachst hin 
und heigehen und dann Wiederholung bedeuten. Moglicherweise 
handelt es sich dabei also um eioe Art Triller. Ein interessantes Bei- 
spiel aus dem heutigen asiatischen Volksleben fur diese verschiedenen 
Funktionen des Ton-Elementes liefern die tibetanischen 15 ) Kinder am 
Neujahrsfest: Alle diese kleinen Sanger bezeichnen fortwahrend den 
Takt vermittels eines langsamen Hin- und Herbewegens; sie wiegen 
ihren Korper wie in Pendelsch wingungen ; sobald aber der Refrain 
eintritt, stampfen sie mit den Fufsen in strengem Takt, der bei dem 
Schellengeklingel und dem Elappen ihrer eisenbeschlagenen Schuhe 
etwas ungemein Charakteristisches hat Nach Biichers 16 ») Forschungen 
ist ja auch das Tolkslied aus den Arbeitsbewegungen hervorgegangen. 
Der altchinesische Arbeitsgesang heifst sziang, was „Alternierung u 
bedeutet 15 b ) Auch der Japaner liebt es, seine Arbeit mit einigen 
recht eintonigen (monotonen) Lauten zu begleiten. 15 °) Insofern fiihrt 
Hausegger mit Recht den Rhythmus auf korperliche Vorgange zu- 
riick. — 

Noch friiher als diese psycho-physiologischen Erwagungen musste 

l* 



4 



Chiaesisclie Musik-Asthetik. 



sich den chinesischen Asthetikern die Frage nach dem Zweck der 
Musik aufdrangen. Ganz wie Hegel 16 ) erkannte bereits Kaiser Schunn 
urn die Mitte des 23. Jahrhunderts vor Chr. als deren Aufgabe, die 
Wildheit der Begierden zu mildem, ohne deren Beachtung nur leerer 
Schall hervorgebracht werde. 17 ) Instruiert er doch im Schu-king 18 ) 
(„Biicher-Kanon u ) einen von ihm ernannten Oberaufeeher der Musik 
— ganz ahnlich wie unlangst unser Kaiser den Direktor Joachim 
beziiglich deren erziehlieher Bedeutung 18 *) — mit Bezug auf den 
Unterricht der prinzlichen Kinder dahin, dass sie sanft, hoflich und 
ernsthaft werden sollen. Die altchinesische Musik scheint wirklich, 
nach den vorhandenen Hymnen zu urteilen, mit ihrer monotonen 
Folge gleichlanger Tone sGrieuse 19 ) gewesen zu sein in der Art des 
cantos 19 *) planus und auf die Frage 

Begreift Ihr denn den Zweck nicht der Musik ? 
erfolgte eine ganz andere Antwort als die von Shakespeare: 20 ) 

Er ist: Der Menschen Seele zu erfrischen 
oder zu erheitern, wie Bierbaum es ausdriickt, 20 *) eine Auffassung, 
die neuerdings sogar dazu gefiihrt hat, musikalische Darbietungen 
als Heilmittel zu verordnen. Vielmehr war ihr Wahispruch der des 
Leipziger Gewandhauses 21 ) 

Res severa est verum gaudium. 
Noch heute sind die bei religiosen Festen gespielten Tondichtungen 
nach Navarra 21 *) durch tiefen Ernst gekennzeichnet ; denn der Ein- 
wurf, dass Musik (y5) so viel wie Ergotzlichkeit (15) bedeute, in An- 
betracht, dass beide Worte nicht nur gleichen Auslaut, sondern auch 
dasselbe Schriftzeichen haben, wird im Li-ki 22 ) folgendermafsen wider- 
legt: ,,Edler Meister Vergnugen (ist) Erlangung des (rechten) Weges, 
niedrig(stehend)er Menschen Vergnugen (ist) Erlangung (des Gegen- 
standes der) Begierde. 14 Das Orchester war also im aiten China recht 
eigentlich ein Tempel der Musik, eine moralische Anstalt im Schiller- 
schen Sinne, wahrend Goethe, gleich Ed. von Hartmann, sich dagegen 
erklarte, dass die Musik direkte moralische Wirkungen ausiiben 
sole. 28 ) Wie iiberall, 23 *) so giebt es in China neben der geistlichen 
eine weltlicbe Musik. Gleichwie die dorische Tonweise von Plato 24 ) 
als Nachahmung der energischen Kampfesrufe empfohlen wird, so 
werden die entnervenden wie Liebkosungen wirkenden sinn lichen 
Tonweisen als „schadlich fur Tugendhaftigkeit 1 * nicht nur von den 
Theoretikern 24 *) der chinesischen Musik verworfen , sondern that- 
sachlich erliefs Kaiser Ngai eine Verordnung gegen die weichliche 
Musik, infolge wovon eine grofse Anzahl solcher schlechten Musikanten 



Chinesische Musik-Asthetik. 



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abgeschafft wurde, 25 ) welche nicht gerade musica divina 25 *) getrieben 
hatten. 

Erecheint in Luther's Gedanken von der Musica aus dera Jahre 
1538 die Musik als eine Zuchtmeisterin, welche die Leute gelinder 
uid sanftmutiger, sittsamer und verniinftiger macht, so ging Kong- 
fucius urn 500 vor Chr. Geb. viel weiter in dieser Musik-Ethik. 
Nicht zufrieden damit, in seinen ,,Disputations-Gesprachen u (Lunn-yii) 
zu erklaren : „Menschen, die nicht human, wie Musik denn (sollte 
von ihnen ausgeibt werden!)," schreibt dieser chinesische Keformator 26 ) 
ihrer Yerschlechterung ganz konkrete Verschuldungen zu wie „Straf- 
vollstreckungs - Unregelmafsigkeit" d. i. Korruption in der Justiz. 
Diese sonderbare Anschauung wird uns allerdings etwas verstand- 
licher , wenn wir bei einem beinahe gleichzeitigen sozialistischen 
Schriftsteller 27 ) von der iibertriebenen Pracht musikalischer Auf- 
fuhrungen lesen. Hierdurch erklart es sich, dass Mencius, 28 ) der be- 
deutendste Nachfolger des Kong-fu-dso, den Zustand der Regierung 
eines Landes aus der daselbst gehorten Musik erkennen zu konnen 
glaubt, so wie auch nach Ansicht eines neueren Autors 29 ) aus der- 
selben nicht nur auf die personliche Gesittung des Komponisten, 
sondern auch auf die moralische Beschaffenheit des Gemeinwesens, 
welchem er angehort, sich Schliisse machen lassen. 

Nach dem „Ceremonial - Verzeichnis" der alten Chinesen sollte 
insbesondere die Tonkunst ihr Inneres veredeln, das Ritual hingegen 
ihr Aufseres. 30 ) Wahrend letzteres die einzelnen Stande von einander 
trennt, stellte die Musik im alten China, wie P. Noel bemerkt, den 
Einklang unter dem Volke (populorum concordia) her, indem sie 
voriibergehend wenigstens das Bewusstsein dei Standesunterschiede 
verwischte. Bei dem musikalischen Reigen vereinten sich First und 
Yolk zu edler Geselligkeit. So wird die Musik im Sinne 30 *) Herbart's 
zu einem Ausdruck schoner Sittlichkeit 

Auch das Verhaltnis der musikalischen Kunst zur Natur hat 
die Chinesen beschaftigt Sehr schon weifs es Bierbaum 81 ) aus- 
zumalen, wie Ling Lunn als ein chinesischer Pan den Stimmen in 
der Natur folgt: 

Und sorgsam lanschend schnitt er Rohr auf Rohr 
Sich aas dem grofsea schwanken Bambuswald. 

Wie De Guignes in der Vorrede zur franzosischen tlbersetzung 
des „Biicher-Kanon" 82 ) indes bemerkt, ahmte dieser Minister des 
Gelben Kaisers aus dem dritten vorchristlichen Jahrtausend den 
siDgenden Phonix, also einen fabelhaften Vogel nach, d. h. m. E. er 



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Cbinesische Musik-Asthetik. 



phantasierte auf dem natiirlichsten, von ihm zufallig in seiner Heimat 
im westlichen China entdeckten Blasinstrument. line feingeregelte 
Wissenschaft, die Musik an den Hof zu bringen soli er nacb 
Dr. Besl, 8S ) der aber ebenfalls keine Quelle angiebt, den Auftrag ge- 
habt haben. Nach einem originalchinesischen Bericht 84 ) hat auf des- 
selben „Hoang Ti Befehl Ling Lunn zehn (und) zwei Glocken ge- 
gegossen". Yielleicht stimmte er nach ihnen seine zwoif Bambus- 
pfeifen ab, wobei er nach Dr. Matignon 35 ) ganz mathematisch 2 / 3 und 
4 / 5 zum Verhaltnis der gegenseitigen Lange nahm. Im ,,Lieder- 
Kanon" (Schi-king) wird freilich das Locken der Vogel geschildert 86 ) 
und noch Prinz Tchunn sen. vergleicht daher das Klavierspiel von 
William Costa mit einem Vogelkonzert 36 *) Ahnlich heifst es in der 
Liang- Chronik, welche die in der ersten Halfte des sechsten Jahr- 
hunderts u. Z. iiber China herrschende Dynastie behandelt: „Thao 
Hung-king liebte den durch die Fichten wehenden Wind. In dem 
Vorhofe und in dem Schlosse pflanzte er lauter Fichten. So oft er 
ihr Rauschen horte, hatte er Freude." 37 ) Dass aber die Chinesen 
von kiinstlerischer Musik gemafs der Kant'schen 88 ) Forderung etwas 
anderes erwarten wie blo&e Kunststiicke, die in der sklavischen 
Nachahmung von Naturlauten bestehen und somit den Schwerpunkt 
aus dem Gebiete des Horbaren in das des Sichtbaren verlegen, geht 
daraus hervor, dass dabei abgesehen von den die Tierstimmen imitie- 
renden Artisten 38 •) nicht von einer Wirkung auf Menschen, sondern 
nur von einer solchen auf Tiere die Rede ist. Einst spielte namlich 
Kung Ming-i vor einem Rinde die Tonweise des klaren Homes. Das 
Rind lag und frafs wie friiher. Er kehrte die Harfe urn und brachte 
das Summon der Miicken und Bremsen hervor. Das Rind erhob den 
Schweif und stampfte mit den Fiifsen. 39 ) Im modernen chinesischen 
Theater allerdings wird beim Auftreten des Gottes Mammon im Or- 
chester das Klingen fallenden Goldes und Silbers nachgeahmt, wie 
Herr v. Minnigerode selbst horte. Jedenfalls erscheinen die natiir- 
lichen sich an das Gehor wendenden Kundgebungen den Chinesen 
nicht als vernunftwidrig auch nach der Zeit, wo die Moralistik des 
National-Heiligen Kongfucius allgemeine Anerkennung gefunden hatte; 
denn der um 800 n. Chr. schreibende Hann Tii 40 ) zahlt niter den 
Stimmen der Natur in den einzelnen Jahreszeiten u. a. v Donner- 
Schall w (lei'-ming) auf, ohne hierbei, wie Plato 41 ) dem Gedanken an eine 
der Nachahmung unwurdige Raserei irgend einen Ausdruck zu geben, 
freilich auch ohne in der Art vorderasiatischer Theoretiker eine ma- 
terialistische Erklarung zu versuchen. Anderseits habe ich bei 



CMnesiielie Musik-Asthetik. 



7 



chinesischen Schriftstellern vergeblich nach jener hochgradig roman- 
tischen Beseelung der Natur gesucht, welche den Konig Ludwig von 
Bayern am 13. September 1865 als holden Schirmherrn, wie er in 
der Widmung der Walkiire genannt wird, an Richard Wagner 
schreiben lisst: v Sogar im Rauschen des Gebirgsbaches erkannte und 
horte ich die Tone und Melodien aus den Werken des heiligen 
F^nndes." 41 ) 

Das Geheimnis der kunstlerischen Wirkung zu ergriinden hat 
lange vor Reinhard Keiser der chinesische Philosoph Tchuang, welcher 
urn 300 vor Chr. Geb. lebte, mit Hulfe des von Lao-dso (d. h. „ Alter 
Meister") hinterlassenen Werkes unternommen. Letzterer hatte nam- 
lich dem absoluten Tao (eigentl. „Weg", daher Entwieklungs - Gang 
bezw. -Gesetz, womit man den babylonischen Gottbegriff vergleiche, 
der nach Prof. Delitzsch Ziel bedeutet) u. a. die Eigenschaft beigelegt, 
diss man es „horchend nicht hore". i8 ) Daher ist in einer mir vom 
Lector des Orientalischen Seminars zu Berlin aus Shanghai besorgten 
commentierten Ausgabe des Tchuang-dso vom Jahre 1876 und zwar 
in dem die „Himmels - Schickungen" behandelnden Abschnitt Wort 
fir Wort zu lesen : „(Wenn des) Herzens Inneres nicht empfangt Tao-s 
Substanz, so, obgleich vernommen, Tao doch voruber geht! u Ohne 
Selbstbewusstsein kann man eben auch die Tone nicht empfinden. 44 *) 
Die esoterischen Elemente des TJnendlichen, der Mystik, von denen 
neuerdings Mauke in einem Artikel 44 ) iiber komponierbare Gedichte 
spricht, . enthiillen sich auch in der Musik nur dem gottbegnadeten 
Kunstler, nicht dem blofsen Techniker, wie wir schon oben fanden. 
Ich verstehe also verschieden von 45 ) Giles, dessen tJbersetzung mir 
unverstandiich geblieben ist, die Hauptstelle im Original text folgender- 
mafsen: „Weise (Leute) sicherlich die dringen in Stimmungen und 
reagieren auf Eingebungon ! (Erfolgt) himmlische Inspiration ohne 
(virtuosenhafte) Vorbereitung, aber (doch so, dass die) fiinf Erkenntnis- 
organe alle funktionieren, dieses heifst himmlische Musik" oder, 45m ) 
um mit E. T. A. Hofftnann zu reden, iiberirdische Sprache des Himmels. 
Neben don vier Sinnen des Horens, Sehens, Schmeckens und Riechens 
wird hier als fdnfter Faktor nicht nur, wie bei Mencius, eine denkende 
Intelligenz, sondern auch „Hjmraels-Vemunft u (thlen-li) vorausgesetzt, 
offenbar ein ftir jene inneren Stimmen aufnahmefahiger Zustand des 
Gemutes. Eine noch eingehendere Erklarung dieses musikalischen 
Genies findet sich viele Jahrhunderte spater in der philosophischen 
Encyklopadie des Tchou-dso (um 1000 n. Chr.). Die interessante 
Stele, bei deren Obersetzung ich mich an Henn Dr. Grube 46 ) an- 



8 



Chinesische Musik-Asthetik. 



lehnen kann, besagt Wort fir Wort nur wieder mit einigen (in rande 
Klammern gesetzten) erlauternden Zusatzen: 

„Genialen Mannes Musik, da nicht ohne (inneren) Beweggrund, 
etwa (auf aufserliche) Einwirkung gemacht, sondern die (aus) ge- 
regelter Ausfiihrung hervorgehende Yollkommenheit dennoch kann 
erlangen der Ton-Kraft Urspriinglichkeit, deswegen (betreffend) sofche 
seeMsche Energie (ist zu sagen :) Himmcl (und) Mensch wechselseitig 
einander beriihrend anregen und (eben) jenes (geniale) Wirken er- 
reicht dies." Das ist der von Richard Wagners 47 ) Lieblingsphilosopben 
ausgesprochene metaphysische Gedanke, dass Musik ohne die mit den 
ubrigen Kunsten, einhergehende Objektivation die ideale Darstellung 
des Willens, des An-sichs der Welt sei; denn er wird von den 
chinesischen 48 ) Glossatoren auch so ausgedruckt : „Die unempfind- 
samen Herzen werden geriihrt und der Mensch vereinigt sich mit 
dem Geist 14 Infolge dieser sinnlich - ubersinnlichen Eigenschaften 
eignet sich die Musik wie nichts anderes sonst fiir den Ahnenkult 
und nach dem altchinesischen Wandlungs-Kanon i9 ) (Yi-king) wird 
ihre Zaubennacht daher dazu verwendet, die Torfahren zum Genuss 
des Opfers einzuladen, wofiir bei der kaiserlichen Ahnenfeier das 
Musik- Bureau (yo-bu) sorgt. Die Erweckung von Todesgedanken 
wird besondere dem Klangstein zugeschrieben. Derselbe dient n&m- 
lich „dazu auszuhalten (schou, eigentlich empfangen) den Endton". 50 ) 
Die Anschauung, dass ein Mustergeist einerseits nicht von der 
knechtischen Kegel befreit sein, anderseits doch selbstandige Ton- 
8ch6pfangen hervorbringen soil, ist wohl nach den Ausfuhrungen 
Lessing's an Marpurg*s Adresse 51 ) dahin zu verstehen, dass die ge- 
niale Personlichkeit eben die Regeln, welche die Kritik aufstellt oder 
vielmehr ableitet, von Natur aus in sich trage. 

Wenn auch die chinesische Asthetik in Jahrtausenden kein voll- 
standiges System zustande gebracht hat, so ist doch, wie ich dar- 
zuthun versucht habe, eine Verstandigung zwischen uns und den 
Chinesen fiber die Grund-Ideen der musikalischen Theorie nach dieser 
Richtung wohl moglich. (Schluss folgt.) 



Beethoveniana. 

Im Jahre 1864 wurde von dem Maler August von Klober auf meine 
Yeranlassung ein© Mitteilung desselben iiber Beethoven, der ihm im Jahre 
1817 in Modling zm emem Portrat in der AMgomeuien MnsikaliBchen 
Zeitung in Leipzig auf Seite 324 verdfifentlicht. Da die Mitteilung unter 



Beethoveniana. 



9 



der Miss© dee gedrncMeii Stoffes whekbar keine Beachteng gefimden hat 
mud die Erlebnisse eines Zeitgenossen dieselbe jedenfalls verdienen, wird 
©in nochmaliger Abdruck vielleicht semen Zweck erfullen. Das von Klober 
gemalte Olbild wurde dann spater als Lithographie vervielfaltigt. 

M. R 

„— — — Nach den Feldzugen von 13 und 14 trat icb aus 
der Armee und setzte meine kunstlerischen Studien in Wien fort, 
wo damals schon die reichen Gallerien der Fiirsten mm Studium 
der Malerei voile Gelegenheit boten, welche hier in dem damals noch 
kunstarmen Berlin nicht zu finden waren. 

Ein jetzt langst verstorbener Schwager von mir, Baron von 
Skrbensky (Gutsbesitzer in Osterreichisch Schlesien), bat mich, ihm 
ein Bild Beethoven's zu einer Gallerie bertihmter Wiener Kiinstler 
der Zeit zu malen. 

Die Bekanntschaft Beethoven's zu machen, besonders aber ihn 
zum Sitzen zu bewegen, war eine schwierige Aufgabe. Die gliick- 
liche und zufallige Bekanntschaft eines Freundes Beethoven's, des 
Violoncellisten Dont beim kaiserl. Hof-Operntheater, half mir gltick- 
lich daiiiber hinweg, besonders da derselbe sich selbst sebr fur diese 
Sitzung interessierte. Dont riet mir bis zum Sommer zu warten, da 
Beethoven gewdhnlich seinen Sommeraufenthalt in Modling bei Wien 
nahme und dann am gemiitlichsten und zuganglichsten sei. Durch 
einen Brief des Freundes wurde Beethoven von meiner Ankunft da- 
selbst benachrichtigt, und auch auf meinen Wunsch, ihn malen zu 
wollen, vorbereitet. Beethoven war darauf eingegangen, doch nur 
unter der Bedingung, dass er nicht zu lange sitzen musse. 

Ich liefs mich am friihen Morgen bei ihm melden. Seine alte 
Haushalterin liefs mich wissen, dass er bald kommen wurde, er ware 
nur noch beim Fruhstiick, hier waren aber Etcher von Goethe und 
Herder, womit ich mich unterdes unterhalten mochte. Endlich kam 
Beethoven und sagte: „Sie wollen mich malen, ich bin aber sehr 
ungeduldig." Er war schon sehr taub, und ich musste ihm, wenn 
ich etwas sagen wollte, dasselbe entweder aufechreiben, oder er setzte 
das Rohr an, wenn nicht sein Famulus (ein junger Verwandter von 
etwa 12 Jahren)*) zugegen war, welcher ihm dann die Worte in 
das Ohr schrie. 

Beethoven setzte sich nun, und der Junge musste nuf dem 
Fltigel iiben, der ein Geschenk aus England war und mit einer 
grofsen Blechkuppel versehen war. Das Instrument stand ungefahr 



*) Ohne Zweifel Beethoven's Neffe. 



10 



Beethoveniana. 



4—5 Schritte hinter ihm uid Beethoven korrigierte dem Jungen, 
trotz seiner Taubheit, jeden Fehler, liefs ihn Eiizelnes wieder- 
holen etc. 

Beethoven sah stets sehr ernst aus, seine aufserst lebendigen 
Augen schwarmten meist mit einem etwas finsteren gedriickten Blicke 
nacb oben, welchen ich im Bilde wiederzugeben versucht habe 
Seine Lippen waren geschlossen, doch war der Zug am den Mund 
nicht unfreundlich. — Er sprach gern von der anmafeenden Eitel- 
keit und dem verkehrten Geschmacke der Wiener Aristokratie, auf 
die er niemals gut zu sprechen war, denn er fand sich eigentlieh 
zuriickgesetzt oder nicht genugsam verstanden. 

Nach ungefahr */ A Stunden fing er an unruhig zu werden ; nach 
dem Rate Dont's wusste ich nun, dass es Zeit sei aufzuhiiren, und 
bat ihn nur, morgen wiederkommen zu diirfen, da ich in Modling 
selbst wohne. Beethoven war damit sehr einverstanden und sagte: 
„Da k5nnen wir ja noch ofter zusammenkommen , denn ich kann 
nicht lange hintereinander sitzen; Sie mtissen sich auch in Modling 
ordentlich umsehen, denn es ist hier sehr schon, und Sie werden 
doch als Kunstler ein Naturfreund sein." Bei meinen Spaziergangen 
in Modling begegnete mir Beethoven mehrere Male, und es war 
hochst interessant, wie er, ein Notenblatt und einen Stummel von 
Bleistift in der Hand, ofters wie lauschend stehen blieb, auf- und 
niedersah, und dann auf das Blatt Noten verzeichnete. Dont hatte 
mir gesagt, dass, wenn ich ihm so begegnen wiirde, ich ihn nie an- 
reden oder bemerken sollte, weil er dann verlegen oder gar unan- 
genehm wiirde. Das eine Mai, als ich gerade eine Waldpartie auf- 
nahm, sah ich ihn mir gegeniiber eine Anhohe, aus dem Hohlwege, 
der uns trennte, hinaufklettern, den grofskrampigen grauen Filzhut 
unter den Arm gedriickt; oben angelangt, warf er sich unter einen 
Kieferbaum lang hin und schaute lange in den Himmel hinein. — 
Jeden Morgen safs er mir ein kleines Stundchen. Als Beethoven 
mein Bild sah, bemerkte er, dass ihm die Auffassung der Haare auf 
diese Weise sehr gefalle, die andern Maler bitten sie bis jetzt immer 
so geschniegelt wiedergegeben, so wie er vor den Hofchargen er- 
scheinen miss©, und so ware er gar nicht. — Ich muss noch be- 
merken, dass das Oelbild fur meinen Schwager grofser als die Litho- 
graphie ist, und dass er dort ein Notenblatt in der Hand hat, und 
der Hintergrund in einer Landschaft aus Modling besteht 

Beethoven '8 Wohnung in Modling war hochst einfach, sowie 
iiberhaupt sein gauzes Wesen; seine Kleidung bestand in einem licht- 



Beethoveniana. 



11 



blauen Frack mit gelben KnSpfen, weifser Weste und Halsbinde, wie 
man sich damals trug, doch war alles bei ihm sehr negligiert Seine 
Gesichtsfarbe war gesund und derb, die Haut etwas pockennarbigt, 
sein Haar hatte die Farbe blau angelaufenen Stahls, da es bereits 
aus dem Schwarz etwas ins Qrau liberging. Sein Auge war blau- 
grau nnd hochst lebendig. Wenn sein Haar sich im Sturme be- 
wegte, so hatte er wirklich etwas Ossianisch-Damonisches. Im freund- 
lichen GesprSch nahm er dagegen einen gutmiitigen und milden 
Ausdruck an, besonders wenn ihn das Gesprach angenehm bertihrte. 
Jede Stimmung seiner Seele driickte sich augenblicklich in seinen 
Zugen gewaltsam ans. Noch fallt mir ein, dass er mir selbst er- 
zahlte, dass er fleifsig in die Oper gehe, und zwar gerne ganz hoch 
oben, tails wohl wegen seiner steten Neigung sich abzuschliefsen, 
teils aber auch, wie er selbst sagte, weil man oben die Ensembles 
baser horn" 



MltteUiiigei. 

* Catalogue de la Bibliotheque dm Conservatoire royal de Musique de 
Bruxelles, preset par ordre de Matieres, Chronologique et Critique par 
Alfred Woiquenne, Secrtfaire-PrSfet des Etudes et Bibliothecaire. 2 me Volume. 
Bruxelles 1902, Imprimerie Coosemans freres & soeurs. gr. 8°. 603 8. 
16 M. Einen Musik-Katalog in sogenannte wissenschaftliche Ficher ge- 
teilt ist immer eine misslicbe Sache, nicht nrnr, dass er ernes Inhalts- 
verzeichniBses und eines Registers bedarf, Bondern die Musikwerke selbst 
haben oft einen so verschiedenen Inhalt, dass eine Bestimmung in ein 
Fach kaum moglich ist. Ich er inn ere nur an Hassler's Lustgarten, der 
Lieder und Instrumentalwerke enthalt und so viele andere Werke. Moge 
man Anonymi, Handschriften, Sam mel werke und Sammlungen eines Autors 
trennen , aber nicht jede Variante fur sich ordnen. Der vorliegende Ka- 
talog huldigt letzterer Art in strengster Weise, er trennt sogar die Opern 
nicht nur nach den Spracben, sondern auch die Parti turen von den 
Klavierauszugen und was er im Band© von Seite 240 ab in Partituren 
verzeichnet beginnt im 2. Bande mit Seite 3 in Klavierauszugen und 
reicht bis Seite 99, darauf werden auf 2 Seiten Opern verzeichnet, an denen 
mehr als einer gearbeitet hat Danu folgen S. 101 — 137 Klavierausziige 
italienischer Opern, resp. Opern mit italienischem Text, darunter sich auch 
iemtuehe Opern in der tJbersetzung befinden, wie Haydn's Orfeo, Mum- 
mel's Mathilde, Mozart, Meyerbeer, Rich. Wagner mit 8 Opern u. a. 
Diesen schliefsen sich S. 137 — 162 Opern im Klavierauszuge mit deutschen, 
englischen, fiamlandischen etc Texten an, stets nach den Autoren alpha- 
betisch geordnet, darauf folgt eine Abteilung Opern mit „Textes diverses" 
nur 7 Nummera nnd so fort Man bewnndert die Sorgfalt, die Grind- 



12 



Mitteilungen. 



lichkeit, bedauert aber, daw der Yerfawer seinon Fleifs auf etwas ver- 
wendet hat was Niemandem zum Vorteile gereieht, sondern dem Snchenden 
Miihe and Zeit kostet. Was die Wiedergabe der Titel betrifft, bo sind 
si© sorgfaltig and genaa mit Verlag und Format wiedergegeben, seltene 
Werke sogw mit Facsimiles verseben. Das lnstrumentsJfach iat sehr 
reichhaltig and reicbt von Nr. 5511 — 8211, darunter wird sicb manches 
Work befinden, welches im alteren Kataloge von Lamperen nicht stent, 
oder fehlerhaft mitgeteilt ist and daber in meinem Quellen-Lexikon fehlt 
oder feMerhaft ist. Merkwirdig ist es, dass man in Brissel am Conser- 
vatoire im Jahre 1891 nocb keine Ahnung davon hatte, wie fehlerhaft 
der gedruckte Katalog von Lamperen ist und dass erst durch meine An- 
fragen der damalige Bibliotbekar daraaf aufmerksam wurde und soweit er 
die ausgegebenen Exemplare erreicben konnte, einzog. 

* Krause, Emil, Professor der Musikgescbichte und Theorie am 
Kouservatorium in Hamburg. Yokalmusik (und) Kunstgesang. Histori- 
sches and Padagogisches. Vollatandig umgearbeitete and erweiterte Auf- 
lage des „Einstimmigen Liedes am Klavier". Hamburg 1902, C. Bovsen. 
8°. 95 Seiten. Der zweite Abschnitt handelt fiber die Kunstformen des 
ein- und mehrstimmigen Sologesanges mit Begleitung in Kirche, Oper und 
Konzert und greift historisch zuruck bis zum Jahre 1570 auf Monteverdi, 
Yiadana, Carissimi u. a. Wenn die Abhandlung auch nichts Neues bietet, 
so giebt sie doch eine ubersichtliche Darstellung der Arie, des Duetts und 
anderer GfoeaiigBformen. 

* Sebastian Bach und die Tonkunst des neunzehnten Jahrhunderts. 
Antrittsvorlesung gehalten am 10. Mai 1902 in der Aula der XJniversitat 
zu Leipzig vcn Dr. jur. et phil. Arthur Prufer, aufserordentlicher Professor 
der Musikwissenschaft. Leipzig 1902, Druck von Poeschel & Trepte. 8°. 
23 Seiten. KJagen uber die Zurucksetzung der Musikwissenschaft gegen 
die anderen wissenschaftlichen Facher; Leistungen in Neuausgaben alter 
Kompositionen der Neuzeit, Bach's Erstehung und Neubelebung seiner 
Werke seit der Mitte des 19. Jahrhunderts und die Bestrebungen durch 
Klavierauszuge und Bearbeitungen seine Werke weiteren Kreisen zugang- 
lich zu macheu, bilden den Stoff zu obiger Vorlesung. 

* Robert Schumann von Hermann Abert. Hit ca. 80 Abbildungen, 
Portrats, Original illnstrationen, Facsimiles und Kunstbeilagen. (Band XY 
der illustrierten Monographiensammlung „Beruhmte Musiker", heraus- 
gegeben von Prof. Dr. Heinrich Beimann.) Elegant gebunden Preis M 4. 
Verlagsgesellschaft „Harmonie" Berlin W. 35. Der bekannten Saramlung 
schliefet sich der neue Band wurdig an* Kurz und lebendig schildert 
Hermann Abert das Leben Hubert Schumann's, mdem er ihn selbst viel 
aus seinen Briefen mud Auisatzen sprechen Usst, und die Kunstler- 
erscheinung im Hinblick auf ihre Zeit betrachtet, also gewissermalsen ein 
Charakterbild auf dem kulturhistorischen Hintergrunde seiner Zeit ent- 
wickelt. Im zweiten Teile des Werkes wird erne mit vidtem Verstindiiis 
geschriebene, durch zahlreiche Notenbeispiele erlauterte Einfuhrung in die 
Werke des Mewtere gegeben. Die Ausstattimg ist wieder ganz hervor- 



Mitteilungen. 



13 



ragend schon ; abgesehen davon, dass erste Kunstler, wie Fidus, Paul Thu- 
mann, Sascha Schneider, Max Klinger etc., zur Illustration beigetragen 
haben, befinden sicb bo viele Portrlts und interessante Abbildungen in 
dem Werke, wie noch kaum in einem fruheren Bande dieser durch ihre 
bervorragend reicbe Aasstattung bereits bekannteu Sammlang. 

* Clara Schumann, ein Kunstlerleben nach Tagebuchern und Briefen 
von Berthold Litzmann. 1. Bd. Madchenjabre 1819 — 1840 mit drei Bild- 
nissen. Leipzig 1902, Breitkopf & Hartel. 8°. 431 S. Preis 9 M. Eine 
aufserordentlich fesselnde Biographie, nicht nur in Hinsicht der Dar- 
stellungsweise, sondern besonders durch die zablreicben Einstreuungen von 
Briefen und Auszugen des Tagebuches Klara's, die dasselbe von fruhester 
Zeit bii zu ihrem Lebensende gefuhrt bat. 

* Mitteilungen fur die Mozart - Gemeinde in Berlin. Herausgegeben 
von Rudolph Genie. 14. Heft, Oktob. 1902. Berlin bei Mittler & Sobn. 
8°. Seite 115 — 152, enthaltend Mozart als Freimaurer in der Wiener 
Loge „Zur gekronten Hofkiieg". — Cber einige Musikhandschriften M.'s. 
In Koburg's herzogl. Sammlung befinden sicb 12 Autograpbe: Arien, 
2 Duette, 1 Sonata per 2 Clavicembali, Bdur (K 448), 1 Sonata per 
2 Violini, Organon e Basai, Cdur (K 328), 1 Solfeggio, nach Kochel der 
funfte „p«r la mm earn consort© 41 . Einige Partitiireiitwirfe sum Titus. 
Amfier den Mozart'schen Autographen besitzt die Bibliothek noch ein 
Sanctus 8 vocibus von /oh. Sek Bach und. eine Kopie von Beethoven'* 
Kantate r Der glorreiche Augenblick" mit eigenhandiger Aufschrift. Biesen 
folgt Mozart und die Wiener Tonkunstier-Wittwengesellschaft, die ihn nicht 
aufnahm, weil M. den Taufschein nicht einsandte. Aloysia Lange, geb. 

# Weber und Joseph Lange mit den beiden Bildnissen , im ubrigen hin- 
reichend bekannt. In breiter Ausfuhrung behandelt Dr. A. Leander das 
Thema: die Grenzen jeder Kunst und verwirft die Bestrebungen der Neu- 
zeit Programm-Musik zu schreiben. Genee schreibt uber die neuesten 
Buhnenaufiiihrungen von M. f s Bon Juan. Beurteilt werden die Aufluhrun- 
gen in Berlin mit der Textubersetzung von Levi in Munchen. Eine Bio- 
graphie des jungat verstorbenen Alois Schmitt und „der Text der Zauber- 
fiote und C. A. Vulpius" bilden den Schluss. Vulpius verfasste fur die 
Aufiuhrungen der Zauberflote in Weimar einen neuen oder eigentlich ver- 
bwsernden Text, der aber jimmerlich ausieL 

* Einundzwanzig8ter Jahresbericht der Internationalen Stiftung : 
Mozarteum in Salzburg 1901 , verfasst und vorgetragen bei dem XXII. 
Mozarttage am 7. August 1902 von /oh. Ev. Engl, z. Z. Sekretar. Salz- 
burg 1902, Mozarteum. gr. 8°. 60 Seiten. Enthalt den Bericht uber 
die Vereins- und offentliche Musikschule, die Vereins - Konzerte, das Salz- 
burger Musikfest am 5. — 9. Aug. 1901, Schul- und Vereins - Chronik, 
Konzerte, das Archiv, Kassenbericht, Personenverzeichnisse u. a. 

* A us Leopold und des Sohnes Wolfgang Mozarf* irdischem Lebens- 
gange. Von /. Ev. Engl. Ein Vortrag vom 13. Febr. 1902. 8°. 22 S. 
Sonderabdruck aus den Mitteilungen der Gesellscbaft fur Salzburger 
Lande8kunde, 42. Bd., mit Leopold's Portrat von 1789. Der Vortrag 



14 



Mitteilnngen. 



beginnt mit Mitteilnngen iiber das Kind W. A. Mozart, neben dem der 
Vater als Lehrer end Erzieher auftritt, anch im Verfolg desselben steht 
der Sohn obenan and der Vater nebenbei. tTbrigens sind alle Thatsacben 
binreichend bekannt. 

* Beethoven in Baden (bei Wien). Biographischer and stadtgeschicht- 
licher Beitrag von Dr. Hermann Rollett, Stadtarcbivar in Baden bei Wien. 
2. erganzte Aufiage mit 5 Abbildungen. Wien 1902, Gerold's Sohn. 8°. 
24 8. und 1 Tafel mit Abbildungen von 4 Wohnhausern. Die Scbrift 
bietet mit grofser Belesenheit alles was je fiber Beethoven's Aufenthalt in 
Baden gescbrieben worden ist, nebst wen i gen Nachricbten die aus Baden 
selbst herruhren. Nen and sehr lastig ist die Erzahlung von den holzernen 
Fensterladen, die Beethoven zn Notizen benutzte and die der Wirt dann 
als Aatographe verkaufte. 

* Arthur Neisser aas Berlin: Servio Tallio, eine Oper aus dem Jahre 
1683 von Agostino Steffanu (Doktor-Dissertation.) Brack von C. G. Roder 
in Leipzig, 1902. 8°. 161 Seiten und 3 Abbildungen alter Buhnen. Eine 
auf grundlichem umfassenden Quellenstudium wertvolle Arbeit. Um die 
Einflusse zu kennzeichnen denen Steflani in seinen 8tudienjahren unter- 
worfen war, greift der Verfasser weit zuruck und geht besonders auf 
Lull/s Leistungen ausfuhrlich ein, um nachzuweisen, inwieweit Steflani 
davon beeinflusst sein konnte, doch merkt man im Verlaufe der Arbeit 
nur wenig von dem etwaigen Einflusse, so dass die Einleitung eigentlich 
nur fur rich von Wert ist. Das Biographische fiber Steflani erfahrt 
manche genauere und quellenmaTsige Verbesserung gegen die bisher bekannten 
Biographien, die in fortlaufenden Anmerkungen, von denen der Verfasser ein 
grofser Liebhaber ist, sodass zuweilen die Anmerkungen mehr Raum ein- 
nehmen als der Text, richtig gestellt werden. Die Oper Servio Tullio 
bildet erst von Seite 77 ab den ausscbliefslichen Stoff der Abhandlung, 
der dann Seite 132 ein Abschnitt fiber die Dekorationen und fiberhaupt 
der alten Bubnendarstellung folgt, der viel Interessantes und sorgfaltig Ge- 
sammelte8 enthalt. Der Herr Verfasser ist sehr oft entzuckt fiber Steffani's 
musikalische Erflndungsgabe und bringt zum Beweise zahlreiche Notenbei- 
spiele. Diejenigen , die in alter Notation nur kopiert sind, weisen keine 
Schreibfehler auf, dagegen diejenigen, die aus alter Notation in den Violin- 
schlussel fibersetzt sind, wimmeln von falscben Noten. Also, lieber Herr 
Neisser, lernen Sie die alten Schlfissel lesen. Ihre historische Veranlagung 
ist vortrefflich und durcb Cbung ist obigem Mangel bald abgeholfen. 

* Nederlandsche Dansen der 16 do Eeuw voor vierhandig Klavier, 
bewerkt door Julius Rontgen, met eene Inleiding van D. F, Scheur/eer. 
1. BundeL Uitgave XXV der Vereeniging voor Noord-Nederlands Muziek- 
geschiedenis. Verrijgbaar bij Fred. Muller & Cie., Amsterdam, en bij 
Breitkopf & Hartel in Leipzig, fol. 19 S. mit 16 Tanzen, die zum Teil 
aus Susato's Musjckboexken 1551 gezogen sind (16 Nrn. in der Original- 
behandlung befinden sich in Eitner's Alten Tanzen, Beilage zu den M. f. 
M. 7. Jahrg. ff. S. 89 — 99). In der vorliegenden Ausgabe sind lie aber 
nicht naher bezeichnet, sowie die aus der Orchesographie von Thoinot 



MitieiluDgen. 



15 



Arbeau (Jehan Tabourot) und dem Premier Livre de Danseries, ediert von 
Pbalese 1571. Letzteres Werk ist nicht bekannt und ersacben wir Herrn 
Schenrleer am den Fundort und nabere Angaben des Jnbaltes, nebst An- 
gab© der Stimmbucber. Das vierbandige Arrangement ist wobl nur fur 
einen scbwacben klavierspielenden Dilettanten berecbnet. 

* Seb, Bach's Becfas Brandenburgiscbe Konzerte fur 6 und mebr 
Streich- und Blas-Instrume^te mit Cembalo, aind in Payne's kleiner Partitur- 
Ausgabe mit den Vortragszeichen und Stricbarten Fritz Steinbach'%, der 
dieselben von der Meiningscben Hofkapelle spielen Jasst, neu erscbienen 
und mit einem Vorworte von Arthur Smolian verseben, welcbes uber die 
Autograpbe, den Originaltitel u. a. bandelt. Trotz der Kieinbeit der Par- 
titur ist die Notenscbrift in ibrer Sauberbeit sebr gut zu lesen. Der 
jetzige Besitzer der Payne scben Ausgaben ist Ernst Eulenbuig in Leipzig, 
der aucb ein tbematiscbes Verzeichnis der 250 Partituren unBerer Alt- 
meister bis zu Brahms, Volkmann, Herzogenberg, Verdi u. a. modernen 
Meistern gratis versendet. Von Haydn sind z. B. 83 Streiobquartette auf- 
genommen zu dem billigen Preise von je 40 bis 50 Pf. 

* Hugo Riemann: Orofse Konipositionslebre, 2. Band, der polypbone 
Satz (Kontrapunkt, Fug© und Kanon). Berlin und Stuttgart 1903, W. 
8pemann. 8°. 446 S. Preis 14 M, gebunden 16 M. Obgleicb die Monats- 
befte neue tbeoretische Werke nicbt anzeigen, ist die Ausnabme bier ge- 
recbtfertigt durcb die zablreicbe Anfubrung von alten Meistern und Aus- 
zuge aus ibren Werken. Vom 15. Jabrhundert ab bis ins 19. werden 
die Meister citiert und an Beispielen die Lehre erlautert. 

* Der mnidkftMiscbe Ham- ond Eatnitien-Almanach fur 1903 (Harmonie- 
Kalender) ist soeben im Verlage Harmonie, Berlin, erscbienen und gegen 
den vorigen Jabrgang wiederum stark vermehrt und verbessert worden. 
Er entbalt 4 Musikbeilagen, darunter Lieder von Wilbelm Kienzl, Victor 
Hollaender etc., aulserordentlicb viel Portrats und andere Bilder , einige 
Handscbrii ten-Facsimiles etc., Textbeitrage von Camille Saint-Saens, Rimsky- 
Korssakow , August Klugbardt , Philipp Scharwenka , Reinhold Becker, 
£duard Lassen, Wilbelm Kienzl etc. Der Preis . von M 1 fur das elegante 
und apart kartonierte Bandcben von uber 70 Beiten ist aufserordentlicb 
billig. Der Kalender bildet ein bubscbes Gescbenk fur musikalische Leute. 

* Der Bohn'scbe Gesangverein in Breslau gab sein 89. und 90. 
Historische8 Konzert. Ersteres entbielt Lowe'scbe Kompositionen auf 
Goethe'scbe Gedicbte. Das zweite war Mendelssohn'schen Liedern mit und 
obne Wort© gewidmet. Man bewundert die Findigkeit des Herrn Direk- 
tors und die Abwecbselung in den Programmers 

* Herr Prof. Emil Krause in Hamburg bait aucb diesen Winter 
seine historischen Vorlesungen mit Erganzung von Musik - Beispielen fur 
die er besondere Erafte engagiert. Das Honorar betragt 20 M. 

* Catalogue V. Libraire Fischbachcr, Society anonym e au Capital de 
420000 Francs. Paris 33 rue de Seine, Musique et Tbeatre, 1902. 8°. 
14 Seiten. Eine reicbbaltige Sammlung franzosiscber Musik - Literatur 
meist neuester Zeit mit einem Register. 



16 



Mitteilungen. 



* Die Antiqnariate - Hand] ting von Rich. Bertling in Dresden -A. 
Victoriastr. 6 versendet einen Katalog fiber Antograpbe, unter denen sicb 
aucb Masiker befinden. 

* Mitteilungen der Musikalienbaiidlnng von Breitkopf ft Hartel in 
Leipzig-BruBsel-London-NewYork. Nr. 70 nnd 71. Enthaltend Portr&ts, 
Anzeigen von nenen Verlagswerken nnd Neaausgaben alter bistoriscber 
Werke. Die Mitteilungen werden gratis versendet. 

* Heinrich Keller in TTlm a./D. Antiqoarischer Katalog Nr. 309. 
Enthalt Liturgik and Hymnologie zn mafsigen Preisen. 

* Friedrich Meyer** (Leipzig) Antiquar - Katalog Nr. 43, entb&lt von 
Nr. 684 — 707 eine kleine Sammlung literariscbe Werke fiber Mnsik aus 
der Neuzeit. 

* Der Mitgliedsbeitrag nebst Monatsbefte ist im Laufe des Januars 
1903 mit 6 M an die Kasse abzoliefern. 

Templin U./M., Jannar 1903. 

Rob. Miner. 

* Hierbei 1 Beilage, Katalog aus Stnttgart, Bog, 3. 



Anzeige. 



12 Sonaten 

for Violine nnd ansgesetzten Generalbass 

nebst einem Trio 

fur Violine, Violoncell und Generalbass 
komponiert von 

Jean-Marie Leclalr Fatn6 

Paris circa 1732. 

Herausgegeben 
von 

Robert Eltner. 



27. Band der Publikation alterer Musikwerke. 



Frets 15 M. 

Nr. 1, 7 und 8 (Trio) sind ancb einzeln zn baben. 
Leipzig 1903, Breitkopf & Hlrtcl. 



Verantwortlioher Bedakteur Bobert Eitner, TempliB (Uckerm*rk). 
Druek ron Hermann Beyer * 80hne (Beyer A M*nn) in Langenieisa. 



fOr 



MUSIK-GESCHICHTE 

herausgegeben 
von 

der Gesellechaft filr Musikf orechung. 



iii7. mi 

1903. 



Preii dee Jahrganges i Mk. Monatlieh ertoheint 
•in* Nummtr ron 1 Mi S Bogen. Iniertiontgebuhren 
fttr die Z«U« S© PI 



Kommisiiom rerlag 
worn Braitkopf A Hirttl in Leipslg. 
Best«Uungen 
nlmmt jed« Baoh- and Matikhandlung entgegen. 



Jfo. 2. 



lie irgelwerte der Klrehe zu St. Ellsabet 
in Breslau.*) 

(Beinhold Starke.) 

Die Elisabetkirche zu Breslaa batte im Laufe der Jahrhunderte 
4 grofse Orgeln. Nebenbei ist erne zweite kleinere Orgel aus dem 
16. Jabrhundert bis 1649 nachzuweisen und von 1630 an ein „Positif 
ins Singechor", d. b. ins Presbyterium vor den hohen Altar. Dasselbe 
hatte 8 Stimmen and wurde darch die Ergebnisse einer Sammlung 
angeschafft, urn welche sicfa der damalige Kantor Qotfried Wagner 
und der Kirchschaffer Han verdient machten. So kam es, dass die 
Elisabetkircbe wahrend der Zeit von 1630 bis 1649 zwei Orgeln 
und ein Positif zur Verfugung hatte. - 

Die erste groise Orgel wurde gebaut zu der Zeit, als Kaspar 
Schaffenroth und Hans Gartner Kirchvater waren.**) Der Orgel- 
macber, der sie gebaut hatte, hiefs Stephan Kaschendorff. Sie muss 
noch in der Art und Weise der Orgeln gebaut gewesen sein, welche 
Michael Praetorius die alten nennt Letzterer schreibt von diesem 
Orgelmacher: ***) „Kurtz zuvor, als nemblich Anno 1483, ist die 
groise Orgel im Thumb zu Erffurt durch Magistrum Steffan von 



*) Auf onerklarliche Weise ist der Schluss des Artikels Obiiieiische 
Mnsik-Asthetik verloren oder verlegt worden, bo dass nur die An- 
merkimgeti bis 51 ) am Schlusse von Nr. 2 Aufnahme finden konnten. 
**) Schmeidler, die Elisabetkircbe pag. 49. 
***) Michael Praetorius: Syntagma II. 1619 pag. IIL 



M^mm. 1 " ' Jahrfuig XXXV. No. S 



18 



Die Orgelwerke der Kirche zu St. Elisabet in Breslau. 



Brefsla, Caspar Melchior, vnd Michael seine Sohne geferdiget worden : wie 
ich dann denseiben Dingezettel vnd Brieff selbsten gesehen vnd gelesen." 

Die damaligen Eirchvater miissen sehr unternehmende Manner 
gewesee sein, denn in den Jahren 1452—56 wurde der gro&e 
Tarmbau begonnen und 1482—86 die friihere schlanke Spitze auf- 
gesetzt — und 1455 ward das kunstvoile Sakramentshauschen auf- 
gefuhrt, welches heute noch den hohen Altar ziert — Die erste 
Orgel wurde schon am 8. Juli 1497 durchs Wetter angezfcndet und 
so zerstort, dass unter dem Hauptmann zu Breslau, Herrn Conrad 
Sauermann im Jahr 1514 eine neue Orgel zur Abnahme kam.*) 

Auf einem Oktavblattchen des E. A. M. M. findet sich folgende 
darauf beziigliche Notiz: 

De Monochordio 
Iudicium S. Zangi 

Nota: Dafs grofse vnd fiirnembste Stuck an dem Monochordio 
oder an dem Werg der Orgel 1st die Wintlade. Wie Ich von 
meinem Tetter Meister Simon Orgelsetzer, welcher dz Grofs wergk 
zue Sanct Maria in Arena vnd ander vil zu machen gehortt vnd 
gesehen: Weil aber diese Eunst zu Vnsern Zeitten sehr abgenommen, 
dz ©Is Ja vnmtiglich Jtzo wie die alten: bestendige Werg zu machen : 
1st wohl zu erwegen. Meines Weibefs grofsvatter H. Conrad Sauer- 
mann, Hauptmann zu Prefslaw f 1561, der dafs grofse Werg zu S. 
Elisabett fundiret, hat den Meister damalfs ex Hallia fordern lassen. 
Da aber die alte Wintlade Wurmstichig oder verfaullet, Mufs Man 
Nach denseiben gengen der alten Laden einen Rechten abdrug 
machen, wie den durch Subtil Eunst dz geschehen kan: vnd ein 
ander also darnach Machen, Wo aber einer Eine Newe Laden nach 
Seinem Eoppe nach Seiner Aufsteilung machen will, So Jst ein 
Jedefs Werg verterbet Experto .... 

Nam Geometria et Begula Buperto 

Caput: Pitagor — 's fuit Raptim. 
Gnientor hujus Artis, 

Que venit ex Geometria et Arihtmetica de qua 
Arte moderni scripserunt. 

Doct. Gemmez (oder Hemmez?) frislms. 

D. Henricus Grammateus. 

*) Jahrbucher der Stadt Breslau: W. Pohl. 1514: Den 18. Februar 
wurden die (?) Orgeln zu St. Elisabet renoviret und von den Kirch- 
vatern Herren Konrad Sauermann und Balthasar Hbrnig gewehret (uber- 
nommen). 



Die Orgelwerke der Eircbe zn St. Elisabet in Breslan. 



19 



Diese Orgel, 1514 erbaut, durfte nun in der Weise gebaut 
worden sein, wie sie Arnolt Schick in seinem Organistenspiegel be- 
schreibt,*) denn wenn Conrad Sauermann einmal von weither einen 
Orgelbaumeister kommen liefs, so wird er sicher auch einen der 
besten baben kommen lassen. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts, vor 
der grofsen Renovierung in den Jahren 1627 und 28, waren nun 
folgende Stimmen in dem gro&en Werk zu St Elisabet: 

Im Oberwerk: 
1. Principal, 2. Octava, 3. Mixtur, 4. Rauschquinta. 

In der Brust: 
1. Principal, 2. Octava, 3. Flote, 4. Cymbel. 

Im Pedal: 

1. Untersetzt Principal, 2. Octava, 3. Sedecima, 4. Mixtur, 5. Cymbel. 
Im Rurk'Positiff: 

1. Quintadena, 2. Mote, 3. Spitzflote, 4. Cymbel, 5. Principal, 
6. Rrerabfaorner* 

Mehr ein Zug Pfeiffen, zu forderst pro forma eingesetzt Bey 
diesem Wergk mangeln 36 Pfeiffen, so herausgenommen worden. 
Im Pedal liegen etliche Pfeiffen, etliche auch sehr zusammengedruckt. 

Zunfichst sollte die Renovierung des Werkes dem Orgelsetzer 
Zaeharias Friedel in Brefslaw iibertragen werden, welcher schon am 
5. Decbr. 1603 die Renovierung der kleinen Orgel beendet und am 
13. Decbr. desselben Jahres ein Testimonium mit dem gewohnlichen 
Decret der Stadt Brefslaw erhalten hatte, nachdem die beiden Orgel- 
setzer Mathes Nebd und Abraham Grasse, so wie Johann Ellner, 
Organist zu St Elisabet, Michael Beiisler, Organist zu St Maria auf 
dem Sande, Yndt N. Malwitxer, gewesener Organist zum heiligen 
Creuze, ihr Gutachten mit einigen Ausstellungen dariiber abgegeben 
hatten. Am 17. April 1613 schrieb Priedel dem Organisten Gregorius 
Beck fiber die M&ngel der gro&en Orgel bei St Elisabet und forderte 
ihn auf, sich die von ihm in Reichenbach aufgestellte Orgel an- 
zusehen. Am 10. Decbr. 1619 war sogar schon ein Kontrakt mit 
Priedel, der unterdess nach Bunzlau libergesiedelt war, geschlossen 
worden, dass er die notigsten Reparaturen, besonders an den Balgen 
vornehmen solle. Es muss aber nicht dazu gekommen sein, denn 
erst am 18. August 1627 wird von den KirchenvStern, den Herren : 
^Dietrich von Gartz auf Ritze defs Rahtes zu Brefslaw vnd Sebaldt 
Vogtt auf Sacherwicz defs Brefslawischen Landrechtens Assessor© 



•) if. f. M. 1. Jahrg. 



2* 



20 Die Orgelwerke der Eirche zu Si Elisabet in Breslau. 

mit dem Orgelbauer Wilhelm Haupt von Ratz aus der Mark Branden- 
burg nachfolgende Vergleichung abgeredet, volnzogen vndt geschlofsen:" 
„Es baben vorgedachte Herren Kirchen Titer die renovation 
dels grofeen Werckes oder Orgell vnd defs Ruck Positives in der 
Kirchen zu St. Elisabet, gemeldtem Orgelbawer dei-gestalt verdinget, 
das er das Obere grofse Werk mit alien den Eegistern vnd Zugen, 
wie es jetzo an Ihm selber vorhanden, vnd mit den Altten Wiend- 
laden durch aufsbesserung derselben, wo die etwa Schadhafft sein 
mochten, ganz Richtig vnd vollkommlich verfertigen vndt gewehren; 
Im Riick Positief aber, eine ganze Newe Windlade, So wohl dafs 
Principal anrichten vnd in gedacbtem Riick - Positif durch all© 
Stiipmen die vornehmsten Claves: C D uud E mit binein bringen, 
Bey nebens auch an Stadt defs alten Schnarrwerckes ein Newes auff 
Trommeten Arth darein machen, vnd dan An dem Oberwerck vnd 
Riick-Positief newe Clavir anrichten, vnd dieses alles vnd Jedes, 
geliebtes Gott, Im halben Jahre, womoglich richtig gewehren vnd 
vber Antworten Solle vnd Wolle" Es folgt nun, dass von Seiten 
der Kirchvater die ganzen Materialien und Hilfskrafte gestellt, und 
dass ihm dafiir 360 Reichsthaler gezahlt werden sollen. Da sich 
aber noch unverhofite Mangel gezeigt haben, so musste der Kontrakt 
noch erweitert werden , die mittlere Windlade des Oberwerks war 
so schadhaft, dass sie ebenso wie „Die Windladen des Brust- und 
Riick-Positifls, New und auff ein ander Modell gerichtet, sowie viele 
grofse und kleine Pfeiffen gantz Eingeschmeltzet vnd aufls Newe 
umbgegossen werden mufsten. 44 Aus den Rechnungeu diirften nun 
folgende Posten Interesse beanspruchen : 1627: 9. Octbr. Einem 
Meurer und 2 Handlangern , da die Locher zum Geriiste an der 
Orgelwandt gebrochen worden. 

(Kcinnte nicht auch diese Erschiitterung schon nachteilig auf 
die Festigkeit des 8 ten Pfeilers eingewirkt haben, der 22 Jahre 
darnach einsturzte?) 

Zweyen Jungen, die dafs httlzerne Vnderdach vber den Plals- 
belgen abgereumet, denn viel Ziegelgrauis .... gelegen — Thlr 3 gr. 
Fur 6 Flederwische, auff der Orgel damit abzukehren. 2 gr. 3 h. 
Mehr einem Handlanger, der diese Woche die Pfeiffen aufs heben 
helffen vnd neben den Zimmerleuten den Staub von der Orgel 
kehren helfen. Dem Fewermauerkehrer, dafs er die Mauer hinder 
der Orgel vnd dariiber abgekehrt 7 gr. 6 hi. 

Es mag wohl ein Jahrzehnte alter Staub dort gelegen haben. 

1628: Den 24 Martij den Fe wermauerkehrern , da sie dais 



Die Orgelwerke der Kirohe zu St. Elisabet in Breslau. 



21 



alte hangende Gesprenge voter der Orgel besichtigt Trankgelt 
geben : 9 gr. 

D. 29. Aprilis den Zimmerleuten vnd Handtlangern, da sie die 
Migel von der grofsen Orgel abgenohmen vnd herundter gelassen 
.... 3 Thlr. — gr. — h. 

Vor 20 Bastene Strenge zum Geriiste bey den Fliigeln der 
grofsen Orgel, dafs der Mahler darzu gekunndt. 12 gr. 6 hi. 

D. 6. Maij: Zweyen Zimmerleuten, da sie dafs Gesprenge vnter 
der Orgel abgenohmen, Ihnen gegeben ..... 

D. 21. Junij : Fir 12 kleine Eyserne Klemmerlein, dais zer- 
brochene Gesprenge defs Gelenders an den Fugen damit zu ver- 
he&ten. 2 gr. 3 hi. 

d. 21. Julij: vor kleine Zwecken, die leimet an den Blindt 
Bahmen vnter der Orgel vnd den Fliigeln damit anzuheften. 30 gr. 

Fir 23 Ehlen rohe flachfsene leimet za den Blindt Bahmen 
vndter die Orgel zu 4 gr. = 2 Thlr. 20 gr. 

d. 28. Julij: Dem Tischler zu den kleinen Fliegeln, rohe flachfsene 
Leimet bolen lafeen : 17 Elen vnd 1 / 4t = 1 Thlr. 33 gr. 

d. 29. Julij: Hanfs Honischen dem Zimmermanne dafs er die 
Fliegel an die Orgel angehangen und die Windtladen hinauffgezogen : 
1 Thlr. 18 gr. 

d. 23. August: Einem Pawern von St Niclafs fur 1 Linden 
Klotz dem Bildtscbnitzer zum Engel vnter die Orgel, dafdr geben: 
1 Thlr. 9 gr. — hi 

d. 16. Septbr. Der Frau Gatharinen Tobias Walters des Drechslers 
Wittib, was zu der Orgel an Bosen u. andern Sachen bey ihr ge- 
drehet worden. 10 Thlr. 18 gr. — hi. 

d. 28. Octbr. Vor 4 x / 2 Elle rohe Leimet zu 4 gr. Zu den 
Orgel Fligeln am Brust Pofsitif duppelt damit zu verkleiden 18 gr. 

d. 26. Novbr. 1628. Vor 7 2 Top Wein auff die Orgel. Alfs 
im beysein (titul) Herr Valten Sebisches defs Bathefs Etliche Zuge 
vereuchet und beschlagen worden. 

Vor 4 grofee und 4 kleine Blech zu den Posaunen ... 1 Thlr. 
— gr. — hi. Endlich erhielt der Kollermacher noch 15 gr. dass er des 
Organisten Banck auf der Orgel mit Botem Leder beschlagen vnd aufs- 
gefuttert hatte. Das Leder dazu hatte Herr Lorentz Dennich verehret 

Das fertige Werk hatte nun 1395 Pfeiffen und zwar: 

Im Manual dm Oberwerks 6 Stimmen. In der Mixtur auff 
Jeglichen Claues 7 pfeiffen, Die Cimbaln Jeglich Claues 3 pfeiffen, 
Sein also Vierzehn mahl 41 macht 574. 



22 



Die Orgelwerke der Kirche m St Elisabet in Breelau. 



In Pedal Sell 7 Stimmen, In der Mixtur auff Jeglichen Claues 
8 Pfeiffen. In der Cimbal auff Jeglichen claues 3 pfeiffen, noch 
fiinf andre Stimmen, jegliche Stimm 18 pfeiffen. 

1st die Summa 288. 

Im Riickpositiff Sein 7 Stimmen Jegliche Stimme hat 41 pfeiffen 
macht also 287. 

Im brustpositiff Sein 6 Stimmen, Jeglich Stimme hatt 41 pfeiffen 
macht also 246. 

1st die Summa 1395. 
Die Namen der Register waren folgende: 



Im Oberwerk Manual: 
Principal v. 16 
Gedakt v. 16 
Octaua v. 8 
Sup. octaua v. 4 
Mixtur 7 pfeiff 
Cimbel 3 „ 
Tremulant 
Vogelgesang. 



Im Rueckpositiff: 
principal v. 4 
gedact od. flott v. 8 

2 

v. 8 
¥. 4 

v. 2 
v. 8 



Octaua 
Quintadena 
Klein© flott 
Quinta 
Trometten 
Tremulant 
Interessant ist 



Im Brustpositiff: 
Diese beiden Clauier konnen zu- 
sammen gebrauchet werden, da- 
rumb das man liebliche Stimmen 
zum Oberwerk In der Brust ge- 
brauchen kann. 

Regal v. 8 

principal v. 4 

Quintadena v. 4 

Eleine floten v. 2 

Octaua v. 2 

Sedecima v. 1 
Im pedal die Stimmen: 

Sub Bas v. 32 

principal Bas v. 16 

Octaua Bas v. 8 

Floten Bas v. 8 

Mixtur Bas v. 4 7 pfeiff. 

Cimbal Bas v. I 3 pfeiff. 

Baur pfeiffen Bas v. 2. 



nun eine Zusammenstellung von den ver- 
schiedensten Registercombinationen. Leider steht nicht dabei , von 
wem dieselbe gemacht ist Zun&chst kommen 15 Combinationen, 
welch© im Oberwerk allein, oder im Brustwerk allein oder auch 
aus beiden Werken zusammen gekoppelt werden konnen: 

1. Das principal v. 16 zur octaua v. 8: 1st guet zu Musiciren. 

2. Das gedact von 16 zur octaua von 8: 1st auch gut 

3. Die Octaua v. 8 allein ohne vnd mit dem tremulant: 
Ist guet 



Die Orgelwerke der KJrcbe zu St EHsabet in Breslaa. 



23 



4. Die Octaua v. 8 vnd octaua v. 4 1st auch guet zu musiciren. 

5. Das principal v. 16 octaua v. 8 vnd octaua v. 4 wird zur 
starken Musik gebraucht. 

6. Octaua v. 8 Im Oberwerck vnd Quintadena v. 4 in der Brest: 
1st guet 

7. Octaua v. 8 Im Oberwerck u. Regal v. 8 in der Brust: 
1st guet 

8. Quintadena & Regal beide in der Brust: kan gebrauchet werden. 

9. principal & Regal beide in der Brust ist auch gut zu 
gebrauchen. 

10. Regal u. kleine Floten: 1st guet zu gebraucben. 

11. Regal & Octaua v. 2 beide in der Brust: ist gut 

12. principal v. 4 u. octaua v. 2: 1st guet 

13. Quintadena v. 4 u. octaua v. 2: Ist guet 
14 „ „ 4 u. sedecima „ „ 
15. Regal und sedecima: „ „ 

Die beiden ietzten Zusammenstellungen diirften fiir unsre Ohren 
docb nicht geeignet sein, ebenso mtissen die Kombinationen 10 u. 
11 etwas scharf geklungen baben. 

Elangfarben & 1 

Es folgen weitere 15 Kombinationen J im Riickpositiff. 

1. Floten v. 8 ohne und mit dem tremulant: Ist guet zum 
Musiciren. 

2. Quintadena v. 8: 1st auch guet etwas lieblicher. 

3. „ und principal v. 4: Ist guet 

4. „ und Floten v. 4 „ 

5. „ octaua v. 2 „ „ 

6. Floten v. 8 und principal v. 4 „ „ 

7. F15ten von 8 und floten v. 4: Ist guet 

8. Floten von 8 und floten v. 4 u. octaua v. 2: Ist etwas 
stercker. 

9. Floten von 8 und octaua v. 2. 1st gut. 

10. „ „ und quinta „ „ 

11. Trometten und Floten v. 8: Ist gut 

12. „ „ kleine Fldten v. 4: 1st gut 

13. „ „ Quintadena: 1st gut. 

14. „ „ principal: „ „ 

15. „ „ floten v. 8, principal v. 4 octaua v. 2: 1st guet. 
Hier wiren wohl die Kombinationen 5, 9 u. 10 fur uns nicht 

xecht geniefebar. 



24 



Die Orgelwerke der Kirche zu St Elisabet in Breslau. 



Am 13. December 1628 wurde das fertige Werk worn einer ganzen 
Anzahl Organisten gepriift. Fur dieselben wurde nebst ibren Ad- 
juvanten, sowie dem Orgelbauer Haupt und dem Kan tor Wagner am 
14. Decbr. eine grofse Qasterei veranstaltet, die allein 44 Thlr. 
22 gr. 6 hi. kostete. 

Das Outachten iiber die renovierte grofse Orgel zu St Elisabet 
lautete: 

Die Edlen, Erenvesten vnd Wolbenambte Herr Dietrich von 
Gartz auf Ritze, des Raths zu Brefslaw vnd Herr Sebaldt Vogt auf 
Sacherwitz, der Koniglichen Landgerichte des Brefslawischen Fiirsten- 
thumbs Assessor: als vnsre verordnete Vorsteher der Pfarr Kirche 
zu St. Elisabeth alhier vnd haben vns mit bericht verbracht. Dem- 
nach der Erbare Kunstreiche Wilhelm Haupt Orgelbawer das grofsere 
Alte Orgel wergk in gedachter Kirche zu St. Elisabeth, (welches nach 
aufsweisungen der alten Zeit register vnd Anmerkungen lengst vor- 
gangenem 1494*) Jahr durch Ungewitter vnd mit Donnerstrahl der- 
mafsen geriihrt vnd geschadigt worden, dafs es im darauffolgenden 
1514 wieder angerichtet vnd gebessert werden miifsen, nachfolgends 
aber durch langwierigkeit der Zeit dermafsen ruiniret vnd fast zu 
Grunde eingangen gewesen , dafs solches zu restauriren und an- 
zurichten der hochsten notdurfft befunden worden,) in halts den mit 
ihme getroffenen Vergleichung renoviret neben dem, was er anitzo 
von newem hineingefertigt auch mit mehreren stimmen vndt mit 
einem ganzen Clavir, weil deren zuuor nur xwey gewesen, verbefsert, 
alle stimmen, so im Ruck- vnd Brustpositiv gesetzet, new gemacht, 
Jnmassen da auch im Oberwergk die grossen Pfeiffen im Principal- 
bafs vbern hauffen gefallen gewesen von newem : sowol die Mixtur 
sambt dem Cymbal-Jeglichen new verfertiget worden. 

Dafs er solches grofses Orgelwergk durch die Ernvesten, Erbaren, 
Kunstreichen: 

Adam Drofsden, Fiirstlich Briegischen Hof- vnd Thumb Organisten, 
Balthasar Keilen, des hohen Thumbstifftes vnd Collegialkirchen zu 
St Johannis Organisten in Brelslaw: 
Gregorium Becken, Organisten zu St Elisabeth alhier, 
Johannem Weichhold Organisten zu St. Maria Magdalenen alhier, 
Bartholomaum Herman Organisten zu St Bernhardin in der Neustadt, 

Hansen George Trachat, Organist zu St Barbara. 
Den 14. Decemb. dels Jungst abgewichenen 1628 Jahrefs habe 



*) 1494 1st felach, muss heiHsen 1497. 



Die Orgelwerke der Kirche m St Elisabet in fireslau. 



25 



beschlagen vnd gewehret nehmen lassen, welche ..... berichten, 
dafs sie geregtes renovirtes Orgelwerck was er obgemelter mafsen 
zq endern vnd zu verbefsera vber sich genommen, richtig befunden 
b&tten. Damit sie die H. Vorsteher, all dieweil er der Haupt ge- 
lobet in Jahr vnd Tag von jetzt gemeldter geschehener gewehr an- 
zunehmen denn dieses gewOhnlichen branch noch vor richtdge be- 
stendige Gewehr zu stehen vnd zu hoffen , wohl zufrieden 
wehren." 

Da Haupt die grofee Orgel so gliicklich renoviert hatte, so iiber- 
trugen ihm die Vorsteher auch die Renovation der kleinen Orgel 
und desgleichen musste er ein neues Positiv vors hohe Altar aufs 
Singechor liefern. Auch mit diesen beiden Arbeiten Haupt's ist man 
sebr zufrieden gewesen, so kam es, dass ihm auch im Jahre 1634 
der Neubau der grofsen Orgel bei Maria Magdalena ubertragen 
wurde, fiber welchen ich schon bei Ambrosias Profe berichtet habe. 

Die Kircbenv&ter battel keine Kosten gescheut, um die Herrlichkeit 
des hohen Qotteshauses noch grofser zu machen , wenn auch nach 
meinen jetzigen Erhebungen nicht daran zu denken ist, dass die 
Renovierung 12 000 Thlr. gekostet haben soil, wie iiberall ge- 
schrieben wird. Um so mehr zu bedauern war es, dass dem schonen 
renovierten Werke nur eine Lebensdauer von 21 Jahren be- 
schieden war. 

Nachdem durch den Einsturz der drei Pfeiler auf der Nord- 
seite, resp. durch den Nachsturz des Daches am 14. August des 
Jahres 1649 die Elisabetkirche zu einer Ruine geworden war, Melt 
man den Gottesdienst zunachst in der Barbarakirche ab. Von 1652 
an behalf man sich mit dem Positif, welches im Presbyterium vor 
dem hohen Altar stand. 

Als aber die Kirche wieder hergestellt war, dachte man auch 
daran, derselben eine neue Orgel zu geben. Da aber der Einsturz 
darauf aufmerksam gemacht hatte, dass die Belastung mit dem iiber- 
hangenden Orgelchor an der Nordseite eine zu grofse war, so kam 
man auf die Idee, fur die grofse Orgel auf der Westseite der Kirche 
ein besonderes Chor zu errichten, welches nicht mehr frei Mngen 
sollte, sondern an beiden Mauern des Mittelschiffes seine Unter- 
stutzung fande. Dieser Anschauung wurde Ausdruck gegeben von 
den Erbschauem und Werkleuten in der Nota an den Magistrat : 

^achdem aber von den Erb Schawern vnd Werckleuten das 
Orgelwerck wiederumb an die Mauer gegen dem Ringe, wo die 
Heine Orgel gestanden laut Ihrer Einem Gestrengen Rath den 



26 



Die Orgelwerke der Kirche zu St. Blisabet in Breslaa. 



23. Octbr. des 1662. Jahres (ibergebenen Testification zu bawen 
nicht rathsarab befinden; Also hat ein Gestrenger Bath auf Ihr be- 
findnifs vndt Vorschiag geschlossen, das Orgelwerk iber dem 
Banckischen Chor zwischen beide Mauern zu bawen, welches auch 
alsobaldt ins Werck gerichtet." 

Dazu hat der Sat aber noch ein spezielles Zeugnis eingefordert, 
welches ich zufallig miter alten Quittungen in der Elisabetkirche 
entdeckte: 

„Anno 1652 den 13. Novembris seindt auff fiefehl vnd An- 
ordnung lines Gestrengen, bochweysen Bathes wier hernach ge- 
schriebene Werckleuthe, der Maurer vnd Zimmerleutbe, Friedrich 
Wolff, Hannfe Hanisch, Simon Bottig, Christoph Tschernicher vndt 
Christoph Klinckert in die Kirche zu St. Elisabeth erfordert, vndt 
vnser Guttachten, Ob vnd welcher gestalt die Newe Orgel fiber dem 
Benckischen Chor, gutt vndt bestendig zu erbawen wehre, derwegen 
abzugeben, befehligt worden, welches wir denn flei&ig in augen- 
schein genommen, reifflich erwogen, vndt nach vielem guttachten 
befunden, dafs am ffiglichsten vndt thunlichsten sey, dafs fiber er- 
wehntem Chor drey vnterschiedene gutte gespante Biespen neben 
einander in Beyde Mauern eingezogen, an den orten wohl vermauert 
oder veranckert, vndt allfsdann darauf der Baw der Orgel gerichtet 
werde, welche weder biegen, noch sich amis der Mauer Ziehen 
Konnen, sondern standthafiPt halten mfissen. Welches Einem Ge- 
strengen Hochw. Bath wir gehorsamblich berichten sollen." 

A Is das Chor, auf welches die grofse Orgel zu stehen kommen 
sollte, fertig war, dachte man an den Orgelbau selbst. Die Dis- 
position derselben wurde von dem gewesenen Organisten : Ambrosim 
Profe und dem gegenwartigen : Bernhard Beyer festgestellt 

Dass nun unsre Vorfahren auch schon gern ihre Angelegen- 
heiten bei einem guten Schoppen zu erledigen pflegten, geht recht 
augenscheinlich aus den Bechnungen ffir diesen Orgelbau hervor. 

1652, d. 11. Julij heifSBt es: Alls Herr Ambrosius Profe und 
Bernhardt Beyer Organist zu St Maria Magdalena bei Nicks 
Eesthnern Orgelbawern, umb der Stimmen halber in die Orgel ge- 
gehdrig sich mit einander zu vernehmen, sindt ausgetruncken 
worden: 

6 quart Wein i 7 argt — 1 Thlr. 27 gr. 
7 argt — loy, gr. X 6 — 63 gr. — 1 IMr. 27 gr. 
Die Disposition, fur welche man sich geeinigt hatte, war nun 
folgende: 



Die Orgelwerke der Kirche m St. Elisabet in Breslam. 



27 



In Haupt Manual waren 11 Stimmen. 



1. 


Principal von Zinn im Gesichte 


8 Fufs 


2. 


Quintadena . . 




16 „ 


3. 


Gemshorn . . 


• 




4. 


Salicet . . . 


• 


8 „ 


5. 


TCI m> « 




8 v 


6. 




. von Metall 


4 „ 


7. 


Bausch Qainte 




3 „ 


8. 


Super Octave . 






9. 


Quintadecitna . 






10. 


Sedecima und 




1 „ 


11. 


Milter . . . 




5 fach. 



Im BrusUQavier 6 Stimmen. 



1. Flaute . . 

2. Octave . . . 

3. Quintadecima 

4. Cimbel . . 

5. Sedecima . . 

6. legal . . . 



Metall 



4 Fuls 

iVi ii 

lfach 
1 Fub 

8 „ 



Im Unter-Clavier zum Kuck-Positiv 8 Stimmen: 
1. Principal von Zinn ins Gesicht, die Pfeiffen mit Gold 

und verschiedenen bundten Farben gezieret ..... 4 Fufs 



Flaute . . 
Quintadena 

Flaute . . 



5. Super Octave 

6. Quint© ....... 

7. Cimbel ....... 

8. Erummborn im Kohrwerck 



Metall 



8 

8 
4 

2 

1 

8 



Im Pedal, 10 Stimmen. 

1. Principal von Zinn im Gesichte 16 Fuls 

2. Sub Bafs offen von Holz, welcher auf einer a parten 
Lade allein stand und auch erst spater noch hinzu- 

vrurde 32 „ 



28 



Die Orgelwerke der Kirche m Si Elisabet in Breslau. 



3. Sub Bifs gedeckt 

4. Octave .... 
8. Flaute .... 

6. Octave .... 

7. Sedecima . . . 

8. Mixtur .... 

9. Pommert . . . 
10. Posaune . . . 



MetalL 



16 fills 

8 * 
8 „ 

4 „ 



3fach 

16 Fufe 
8 „ 



Neben- Register waren : 

1. Ein Ventil mm Ober-Wercke. 

2. „ „ ins Brust-Werck. 

3. „ „ ins Rtick-Posiiv. 

4. „ „ ins Pedal. 

5. Drommel von 2 16fu&igen Pfeiffen F & G. 

6. Ein Tremulant. 

7. Das Calcantenglocklein. 

Der Bilge waren sechs. Das Vogelgeschrey, Glockenspiel und 
eine umlaufiende Sonne im Rtick-Positiv mit Cimbeln wurden erst 
im Jahre 1712 durch Horatio Casparini bei der sebr notigen Reno- 
vierung des Werkes hinzugefiigt 

Die Klaviatur ging im Manual von: = 
C D E F Fis G Gis A B H C cis bis ins c, 
im Pedal aber war nur die kurze Octave von: C D E F G A B 
H C cis bis wieder ins c. Das Manual bestand also aus 47 Clavibus 
und das Pedal aus 21. * 

Das ganze Werk enthielt 115 zinnerne, 1479 metallene und 
21 grofse bolzerne, folglich also zusammen 1615 Pfeiffen. 

Die Hauptkontrakte zur Erbauung dieses Werkes waren mit 
dem Orgelbauer Nicolaus Kesthner und dem Tischler Hanls Leidteritz 
geschlossen worden, aber aucb viele andere Handworker und Kauf- 
leute machten dabei Geschfifte. Merkwiirdigerweise ist der Drechsler 
nicht genannt, welcher die Lindenstamme lieferte, welcbe als weiches 
Holz zu Bildhauerarbeiten gebraucht wurden. Es heifst: 1653 
d. 10. Aprilis: Dem Drechsler N. N. auf der Altbufsergafs wohnende 
fir 2 St Lindenholz an das Corpus 4 Thlr. So wol fir 1 St zu 
dem mittekten Engel auf das Rtick-Positiv 1 Thlr. 18 gr. 

d. 15. Mai fiir 2 St ausgearbeitetes Eichenholz zu den Ankem 
4 Thlr. 15 gr. 



Mitteilungen. 



29 



An dem grofsen Fenster fainter der Orgel musste der Steinmetz 
David Boch jedeofalls grofse Veranderungen vornehmen, denn die 
Kosten 1653: d. 10. Mai & 10. Octbr. beliefen sich auf 76 Thlr. 

Anfangs war die Orgel ohne einen 32 fiifsigen Subbass dis- 
poniert, dann heifst es aber: 

„Vber dieses ist fur gutt befunden worden, das fainter das Werck 
am Fenster ein Sub-Balis von Holtz sollte gemacht werden fir 
200 Thlr. u (Schluss folgt) 



mttellmigeii. 

*) Wagner, Dr. Peter, Einfuhrung in die gregorianischen Melodien. 
Ein Handbuch der Choralwissenschafi Zweite vollstandig umgearbeitete 
and vermehrte A ullage. Enter Teil\ TJrsprung nnd Entwicklung der 
litnrgischen Gesangsformen bis znm Ansgange des Mittelalters. Freiburg 
(Schweiz), TJniversitatsbuchhandluug (B. Veith), 1901. Die „Monatehefte u 
machten schon 1896 auf die erste Auflage dieeea Werkes aufmerksam. 
Die zweite Auflage hat mit der erst en nur den Titel gemeinsam. Aug 
dem einen Bande der ersten Anflage erwachsen drei Bande, die ,,in kleinem 
Bahmen eine Summa Gregoriana werden, die Scbopfungen des Mittelalters 
in ibrem Werden und Wachsen, ihrer kunstlerischen Eigenart und ihrem 
liturgischem Werte uns vorfuhren sollen". 

Der vorliegende erste Band berichtet fiber das Wesen und den Nam en 
des gregorianischen Gesanges, fiber Psalmen und Psalmodie in den ersten 
christlichen Jahrhunderten, fiber die Hymnen und deren Vorlaufer, Fixierung 
der romischen Liturgie und des romischen Gesanges durch Gregor I, 
Verbreitung desselben und Weiterbildung in Sequenzen, Tropen und Beim- 
officien. 

Es ist schwer, in wenig Worten einen Begriff von der reichen File 
des Inhalts zu geben. Soviel aber darf ich nach sorgfaltigem Durch- 
arbeiten des Buches behaupten : Was der Verfasser bietet, finden wir in 
keinem musikgeschichtlichen Werke. Was bisher von choralistischem 
Wissen durch Forschung erzielt wurde, ist verwertet, bereichert dureh 
neue Funde handschriitlichen Materials, besonders in der Pariser National- 
bibliothek. Zu den alten und den altesten Handschriiten zu greifen, ist 
eine dringende Notwendigkeit, wie es P. Ambrosius Kienle in dem ge- 
dankenreichen Aufsatze „tTber den gregorianischen Choral", Monatshefle 
1901, Nr. 8 War gelegt hat. 

"Oberraschend ist der Nachweis, dass Zeugoisse fur die Existenz des 
melismatischen Gesanges in der Liturgie des Officiums bis ins 4. Jahr- 
hundert zurfickreichen, dass die Sequenzform byzantinischen Ursprungs ist 
Neu war mir der Beweis, dass im Frankenlande zu Metz die erste Tochter 
der romischen schola cantorum war, nicbt aber zu St. Gallon. 

Diese von mir herausgegriffenen Punkte mogen zeigen, dass Wngner'i 



30 



Mitteilungen. 



Buch nicht nur fur Theologen und Liturgen bestimmt ist. „Wie der 
gregorianische Choral zweien wissenschafttichen Discipline^ der GeecMefat®, 
der Liturgie und der Musik angehort", so gehort das Bach auch in die 
Hand der Vertreter dieser Discipline^ aach dann, wenn letztere (wie es 
bei dem Schreiber dieser Zeilen der Fall ist) nicht Glieder der romisch- 
katholischen Kirche sind. Denn der gregorianische Choral ist die Brucke, 
die von der antiken Musik ins Mittelalter fuhrt. Paul Runge. 

* Peter Tschaikowsky, £ine monographische Stadia von Karl Hruby, 
Leipzig 1902. Hem. Seemann Nachfolger. 8°. 57 S., mit Portr&t 
Die vorliegende Biographic gehort in eine Sammlung „Moderne Musiker" 
in der bereits erschienen sind Arthur Nikisch, Richard Strauls , Karl 
Reinecke, Gustav Mahler, J. J. PaderewsH, Ernst von Schucb und Earl 
Goldmark. Preis je 1 M. Die obige Biographic Tschaikowsky's zeichnet 
sich durch eine einfache den Thatsachen entsprechende Darstellung aus 
und Bchildert den Komponisten als Mensch und Kunstler in einer sehr 
ansprechenden Weise. Den Schluss bildet ein Verzeichnis seiner Werke 
von opus 1 bis opus 74, diesem folgt ein Verzeichnis seiner 5 Opera, 
einer Ouverture, einem Kr6nungsmarsch und einer Kantate „Moskau". Warum 
der Verfasser seine geistlichen Kompositionen ausschliefst ist nicht recht 
verstandlicb, auch fehlen alien Titeln die Angaben des Druckes und Ver- 
lages. Mit den Opern hatte Tschaikowsky kein Gluck, toils lag es an 
den Texten, tells an der Veranlagung des Komponisten. 

* Die vielfach in Schriften verbreitete Ansicht, dass Mendelssohn zu 
Rob. Schumann in einem nicht kameradschaftlichen Verkehr gestanden 
haben sollen, wird durch die Briefe in dem jungst erschienenen bio- 
graphischen Werke „Klara Schumann's Madchenjahre" grand lich wider- 
legt; gerade das Gegenteil beweisen die dort mitgeteilten Briefe. Mendels- 
sohn und Schumann verkehrten in der freundschaftlichsten Weise, Schumann 
blickte mit hoher Verehrung zu dem fruhreifen Freunde empor und 
Mendelssohn erkannte ohne Neid die Genialitat Schumann's an. 

* Hierbei 1 Beilage Katalog aus Stuttgart^ Bog. 4. 

} BIMlogf if liseli© 1 Anmerkangeii 

zu dem Artlkel Chlnesisehe Muslk-Aesthetlk In Nr. 1. 

1) Navarra, China und die Chinesen S. 952 [Bremen-Shanghai] ; Legge, 
Chinese Classics IV 246 note [Hongk u. Lond. 1871]; Giles, Chaang p. 440. 

la) S. Cber die Musik der neueren Griechen S. 32 [Lpz. 1838]. 
1 b) Legge, Chinese Classics I Proleg. p. 8sq. ; Schott, Litterat. des Buddhism. 
S. 55 [Akad. Buchdr. 1873]. 

2) Chine Moderne I 14 note [Paris 1853]; Navarra, China u. die Chinesen 
S. 854. 

3) Du Halde, Ausffihrl. Beschreib. des chines. Reiches III 348 f. [Rostock 
1750]; Giles. Biogr. Diet. p. 699 [London-Shanghai 1898]. 

4) Gesch. der Musik I 558 f. [3. Ann. Lpz. 1887]; wieder angefOhrt in 
Kurschners China I 348 [Lpz., Zieger]. 



Bibliographische AnmerkaDgen. 31 

5) Mitteil. der deutschen Gesellsch. f. Natur- u. Vdlkerkunde Ostas. Heft 12, 
5 a) Paul Moos, Moderne Musikftsthetik in Deutschland [Lpz. 1902]. Vorw.; 

vgl. Ehrlich, Musik-Asthet. S. 4, 19 u. 53 [Lpz. 1881]. 

6) Philosophia Sinica Authore P. Franc. Noel p. 245 8q. [Pragae Anno 1711]. 
6a) Kodatis in der Kritik XVII 172 [Berlin 1902] spricht einer solchen 

veredelnde Wirkung ab. 

7) Vorlesaogen fiber die Asthetik herausgeg. v. Hotbo, Bd. Ill, S. 129 
[Berl. 1838]. 

8) Faber, Die samtl. Werke des Licios 8, 119, s. a. 8. 121 [Elberf. 1877], 
e. a. Legge, Chinese Classics I 188 [Hongk. m. Lond. 1861]. 

9) Mem concernant Fhistoire, lea sciences etc. des Chinois par les Miss, 
de Pekin tome IX note 31 [Paris 1783J. 

10) Bd. I S. .73 [Berlin 1901]. 

11) Vgl. Xirschmann, Philos. Bib). 8. 195 f. [Berl. 1872]; Gesammelte 
Scbriften V 72 [Lpz. 1898]. 

11a) Platb, Tonspracbe der alten Gbinesen, S. 241 n. 248 [Munch. Akad. 
1861]; P. Le Comte, Das hentige Sina 8. 258 fFrankf. n. Lpz. 1699]. 
lib) Moos a. a. 0. 8. 353. 

12) Fragmente 8. 176 in der Hempel'schen Aosg. 
12a) Moos a. a. O. S. 430. 

13) Theater nnd Drama der Cbinesen S. 188 [Breslan 1887]. 

14) Libr. sinic. Bibl. Reg. Berol. Nr. 668 sq. vol. VIII p. 41. 

15) Hao & Gabet, Wanderongen darcb die Mongolei naoh Tibet 8. 305 f. 
[Lpz. 1874]. 

15 a) 8. Rhythmus and Arbeit [Lpz. 1899]. 

15 b) Couvreur, Diet, chin.-franc,. p. 671 [Ho-kien 1890] ; vgl. Kfihnert, Sprache 
m Nanking 8. 36 [Wien Akad. 1894]. 

15c) Wilb. von Ricbtbofen, Cbrysanth. 8.40 [Berl. 1902]; Moos a. a. O. 8.311. 

16) a. a. 0. Bd. I 8. 64 [Berlin 1835]. 

17) Ersch & Gruber, Bd. XVI 8. 375 

18) Asiatisck Magaz. I 476 [Weimar 1802]. Gaubil, Chou-king reva par 
de Guignes p. 20 [Paris 1770]. 

18a) Berl. Lok.-Anz. v. 3. Nov. 1902 Ab. 

19) Varigtes Litt^raires tome I p. 440 [Paris 1804]. 

19 a) van Aalst, Chinese music q. 27 sq. [Shanghai 1884]; Dr. Riemann, 
Mnsik-Lexikon 8. 824. [Lpz. 1894]. 

20) Der Widerspanstigen Zahmnng Act III. Sc. 1. 

20a) Einleit. z. d. deutschen Chansons [Berl. n. Lpz.] 8. XXVI; Berl. Lok.- 
Anz. v. 8. XU. 1901. Beil. 3. 

21) Dr. Zopf, Grundz. einer Theorie der Oper 8. 19 u. 64 [Lpz. 1868]. 
21a) A. a. O. 8. 956. 

22) Callery, Memorial des rites p. 96, append, p. 46 [Turin u. Paris 1853], 

23) Moos, a. a. O. 8. 395; Becens. u. Auff. z. auswart. Lit. S. 492 i d. 
Hempelsch. Ausg. vgl. Pudor i. d. Welt am Mont VII, Nr. 1 [Berl. 1901]. 

23a) Bulthanpt, Dramaturgic der Oper 8. 5; Moos, a. a. 0. 8. 77. 

24) Der Stoat, deutsch. von Prof. Dr. v. Prantl 8.111 [Berlin, Langenscheidt]. 
24a) Gallery a. a. 0. p. 69; vgl. die Insel 8. 140 [Lpi. 1902]. 

25) Da fialde a. a. 0. U 464 [Boetook 1748].J 



I 



32 Bibliograpbieche Anmerkungen. 

25 a) Br. Riemann, a. a. 0. S. 721. 

26) Miss. Faber, Lehrbegriff des Con facias 8. 44. 

27) Faber, Micks S. 52 [Elberf. 1877]. 

28) Bern, Staatslehre aaf ethischer Grandlage S. 246 [Elberf. 1877]. 

29) Dr. Reich, Gedanken and Betrachtungen S. 72 [Arnsberg 1899] ; vgl. 
dagegen uber Musik and Moral H. Ehrlich i. d. „Gegenwart". 1880, Oktober. 

30) Willi. Schott, Entwurf einer Beschreibung der chines. Litt. S. 21 
[Eerl. 1854]. 

30 a) Moos a. a. O. S. 75.; s. jedoch Gervinus H&ndel u. Shakespeare 
S. 71 u. 202! 

31) Der bunte Vogei S. 143 f. [Berl. n. Lpz. 1899]. 

32) Le Chou-king trad, par P. Gaubil p. OXXX sq. [Paris 1770]; P. 
Couvreur, Diet, chinois. franc,, p. 90 sq. et 170; Giles, Chinese biograph. Diet, 
p. 488. 

33) Kurschner, China I 347. 

34) S. van Aalst, Chinese moaic p. 48 sq. 

35) Superstition en Chine p. 329 [Lyon-Paris 1902]. 

36) S. Navarra, China u. die Chines. S. 863. 
36 a) Toung Pao p. 132 note 1 [Leide 1900]. 

37) Pfizmaier, Denkwurdigk. v. d. Baumen Chinas S. 11 [Wien 1875]. 

38) Hegel, a. a. O. Bd. I, S. 57 f.; Ztschr. f. pad. Psychol. I 363 [Berl. 
1899] ; s. a. Georg Hirth, Wege zur Kunst [Munch. Jugend]. 

38 a) Globus LXXVIU 170 [Braunschweig 1900]. 

39) Pfizmaier, Denkwurdigk. v. d. Insecten Chinas S. 16 [Wien 1874]. 

40) v. d. Gabelentz, Anfangsgr. der chines. Gramm. S. 116 n. 118; Journal 
of the North China Branch of the Royal As. Soc. VII 166 sq [Shangh. 1873]. 

41) Prantl a. a. O. S. 108; Dicterici, Philosophic der Araber II 137 
[Lpz. 1879]. 

42) Dr. Magnus Hirschfeld, Jahrb. f. sex. Zwischenstuf. Bd. Ill S. 596 
[Lpz. 1901]. 

43) Couvreur a. a. O. p. Ill ; B. L. A. Jhg. XX Nr. 22 Ab. 

44) Lit Echo IV 367 [Berlin 1901]. 

44a) Dr. Kirchner, Katechism. der P&dagogik [Lpz. 1890] S. 47. 

45) Chuang Tzu, Mystic, Moralist and Social -Reformer [London 1889] 
p. 177—79 and 437; Couvreur a. a. O. p. 317, 424 et 744. 

45a) Samtl. Werke hrsg. v. Grisebach. I 35 u. 310 [Lpz. 1900]. 

46) Probevorles. S. 43 [Wien 1880]; s. a. Remusat, Deux cousines III 54 
[Paris 1826]. 

47) Ges. Aufs. uber Schopenhauer von Hans Herrig, hrsg. v. Ed. Grise- 
bach [Lpz. Reclam] S. 17; vgl. Bayreuther Festblatter 1884 S. 16 f.; „Die 
Feen' 4 S. 59 [Mannh., Hecker] ; s. a. Mey, Die Musik als tonende Weltidee I 
[Lpz. 1901] ; Drews, Rich. Wagners Ring d. Nibel. in s. Bezieh. z. mod. Philosophie ! 

48) Abhandl. sines. Jesuiten S. 426 [Lpz. 1778 a. d. Franzds.]. 

49) Couvreur a, a. O. p. 607; Plath, Unsterblichkeitslehr. S. 482 [Munch. 
Akad. 1866]. Navarra a. a. O. S. 49; s. a. Kaeuffer, das chines. Reich vor 
Abrah. S. 101 [Dresd. 1850]. 

40) M^m. cone. 1. Chinois VI 255 sq. ; van Aalst a. a. O. 

51) V. 165 ff. S. 182 s. d. Ausg. v. Hempel. 

52) Kant, Kritik der Urteilskraft hrsg. v. Kehrbach S. 177 [Lpz., Reclam]. 



VarantwortUober KedAktenr Robert Bltner, Templii (Uokernuurk). 
Drook Ton Hermann Boyer *ft SObne (Bejrer A Mann) in Tiangenealee. 



MUSIK-GESCHICHTE 

heransgegeben 
von 

der Gesellsohaft fir Musikforsohnng. 



r, * 



in? . Jin. 

1MB. 



Pnfi det Jahrgang*! S Mk. Mooailioii erioheint 
•ine Nummer Ton 1 bit g Bogan. Inter tionigebdhran 
Mr di© Zeil« 80 Pfc 



Komml«tioniT«rlag 
▼on Breitkopf A K&rtel in Leipaig. 
Betiellncgen 
nimmt j*d« Bneh~ and Moiikh&nditrag •nlgeg«nu 



So. 3. 



II© Orgelwerke der Kirehe 21 St. Elisabet 
In Breslam. 

(Beinhold Stark©.) 
(Schluss.) 

Den 18, Decbr. I6S4 sind 6 Undone Dielen angeschaffi worden: 
Diese sind oben zu dem Schnitzwerk kommen, welches liber die zwei 
Thtiren gemacht worden, damit die Orgel inwendig kan verschlossen 
sein, damit wenn von Mauern, Zimmerleuten, Handtlangern vnd Aa- 
deren, die auf der Andern Seite zu thun haben, an& Vorwitz zu 
den Clavieren vndt Zugen Jemandt geben wolle, Er nicht hinein 
kan, der Organist auch die Partes vnd Instrumenta desto sicherer 
mag liegen lafeen, vndt dann das „die Org©! nicht mit zu vieien 
Leuten beschwert wird" 

Ben 20. Septbr. 1655 heifst es bei dem Titel Hanfe Leidteritz: 
„Ihm gegeben wegen Verkleidung des Sub-Bafs, sowoi da® er anf 
beiden Seiten der Org©! wegen sicherheit, vndt das nicht so viel Yolck 
gich darauf halten kan, verkleidet, Thiiren eingemacht vnd geschnitzte 
AuszQge dariiber gemacht. 11 — 1b den meisten Berichten heifet es, 
dass das Werk von ChrisUanus Orellim gefertigt worden set; es 
war fiber in der That fast fertig, ale der Orgelbauer Kesthner stark 
Crettms hat es nur vollends fertig gemacht und Ms jetzt dee Ruhm 
davon getragen, der Verfertiger dieser dritten Orgel von Si Elisabet 
gewesen zu sein; dieses Yerdienst wird er toe mum m dem Orgel- 
bauer Kesthner abtreten mussen. — Als endlich am IS. Decbr. 1657, 
lfeutfh. t uvdkgmdk. s^smm xxxt, Ho. s. 3 



34 Pie Orgelwerke der Kirche zu St. Elisabet in Breslau. 

genau 29 Jahre spater, als die vorige Orgel nach ihrer Renovation 
gepruft worden war, die Abnahme der Orgel stattfand, hatte man 
wiederum als Ersten den fast 69 jahrigen Ambrosias Profe hinzu- 
gezogen, ein Beweis, wie boch Profe immer noch als Organist ge- 
schitzt wurde. Ihm und dem neu gewahlten Organisten Bernhardt 
Beyer, welcher seit Ende 1655 von Magdalenen nach Elisabet ver- 
setzt worden war, wurde fur die Abnahme jedem ein 1. Ungarisch 
= 2 Thlr. 18 gr. verehrt, wahrend den 4 andern Organisten, Tobias 
Zmtsehmr von Maria Magdalenen, Christian Hilscher von St Bern- 
hardt, Haupt von St. Barbara und dem Organisten von Eilfftausend 
Jungfrauen jedem nur 1 Reichsthaler = 5 Tlr. Schlesisch zusammen 
iiberreicht wurde. — Die Abnahme wurde diesmal nicht durch ein 
solennes Festessen gefeiert, sondern es wurden nur bei dem Kirchen- 
vater 6 Topfe Wein ausgetrunken. Den Topf zu 1 Thlr. — 6 Thlr. 

Wie schon oben bemerkt wurde, musste die Orgel im Jahre 
1712 einer grofsen Renovation durch Adam Horatio Casparini 
unterzogen werden. Dabei wurde das Chor, welches bis dahin gleich 
war, auf „Einrathen und Gutbefinden des Weil. Titl. H. Inspector 
Neumann in einen halben Oval Zirkel umgewandelt, auch ward zu 
befserer Befestigung des Orgelchores an beiden Seiten untenher auf 
das Bankische Chor ein von starkem Holze verfertigter Stuhl oder 
Trager aufgesetzt, der auch schon so eingerichtet war, dass, wenn 
zwischen die Orgel und das Bankische Chor noch ein Chor sollte ge- 
baut werden, derselbe zu Auflegung der Balken gutte Dienste thun 
wurde, welches Niemand siehet, weil alles mit Brettern und Rohr 
verdecket und mit Kalk uberworfen worden." — Von einer zweiten 
kleinen Orgel ist nach 1649 in dem K. A. E., woher alle diese Nach- 
richten stammen, nichts mehr zu finden, sie war uberflussig geworden, 
wohl aber hat bis zum Jahre 1824 das Positiv ira Presbyterium 
oder Singchor gestanden und zwar bis zum Jahre 1718 auf der 
rechten Seite, von da an aber direct vor dem hohen Altar, so dass 
dieser zum Teil ttber 100 Jahre durch das Positiv verdeckt worden 
ist Erst im Jahre 1824 liefs der Tuchkaufmann Gollner mit Ge- 
nehmigung des Rates in der Nahe des Hochaltars die zwei Seiten- 
chore errichten, auf dessen sudliches das zu einer kleinen Orgel er- 
weiterte Positiv von da an gestellt wurde. Die grofse Orgel wurde 
im Jahre 1752 den 9. August zum letzten Male vom Organisten 
Herrn George Siegismund Oebel gespielet. Schon am 21. Septbr. 
1750 war durch die Torsteher der Kirche die Herren Johann Ferdi- 
nand Scholtz und Friedrich Wilhelm Brecher mit dem beruhmten 



Die Orgelwerke der Kirche zu St. Elisabet in Breslau. 35 

Breslauischen Orgelbauer Michael Engler, welcher sehon vorher die 
grofsen Orgelwerke in der Stadt- Kirche zu St. Nicolai in Brieg, in 
dem Cistercienser-Kloster in Grissau, in der Stadt- Pfarr- Kirche zu 
St. Moritz in Olmiitz und andern Orten in und aufser Schlesien seine 
besondere Geschicklichkeit und ausnehmenden Fleifs erwiesen , ein 
Kontrakt geschlossen worden, dass er eine ganz neue Orgel bauen 
und das alte Werk mit in Kauf nehraen solle. Die Pfeifen , deren 
Material noch brauchbar war, warden von Engler gewogen, si© er- 
gaben zusammen ein Gewicht von 31 Centnern. 

Es wurden also mit Zuziehung einiger Kunst-Verstandigen foi- 
gende 54 Stimmen beliebet: 

Im Haupt-Manual 16 Stimmen. 





.... 8 fufs 




.... 8 „ 




.... 8 „ 


4. Salicet von Metall vom tieffen B an, die unteren Tone 


sind in die Quintadena 16 Fufs gefiihret . 


.... 16 „ 




.... 16 „ 




.... 16 „ 


7. Violon von Holtz vom tiefen C bis ins e . 


.... 16 „ 




.... 8 „ 




.... 4 „ 




.... 4 „ 


; von Metall 




.... 8 „ 


.... 2 „ 


13. Vox humana labial von Zinn ins Gesicht . 


.... 8 „ 






J von Metall. 






aus 2 Fills 6 „ 



16. Trompete fangt vom ungestrichenen dis an .... 8 Fufe 
Die Corpora sind von Zinn, die Mundstiicke aber von Mefeing. 
Hernach in das Brust- Clavier ocfer Ober-Werck 14 Stimmen : 

1. Principal von Zinn ins Gesicht vom Dis an .... 8 Fufe 
Die beiden untersten PfeiSen C u. D sind von Metall: 

2. Flaute traverso oder Trimma ......... 8 „ 



3. Rohr-Flaute Metall ............. 8 „ 

4. Unda maris von Holtz ........... 8 n 

5. Flaute minor von Metall ........... 4 „ 

6. Spitz-Flaute von Metall ........... 4 „ 



3* 



36 



Die Orgelwerke der Kirche m Si Elisabet in Breslau. 



Fids 



Chor 



7. Octave .... ............ 4 

8. Quinte .... ............ 3 „ 

9. Super Octave . . ............ 2 „ 

von Metall 

10. Sesquialtera . . ............ 2fach 

11. Quinta .... ............ IV, Fab 

12. Sedecima ... 1 

13. Mixtur .... J ............ 4 

14. Chalumeau fangt vom ungestrichenen 6 an, die Corpora 

auch von Zinn und die Mundstiicke von Mefsing . . 8 Fufs 

Alsdenn in das auf 2 Seiten des Chors angelegte Ruck-Positiv 
von 10 Stimmen : 

1. Principal von Zinn ins Gesicht, vom tieffen F an; die 
unteren Pfeiffen C D Bis E sind von Holtz .... 8 Fufs 

2. Quintadena von Metall ........... 8 „ 

3. Flaute Allemande von Metall fangt im O an. Die un- 
teren Tone C D Dis E F Fis sind ins Principal gefuhrt 8 „ 

4. Flaute amabile von Holtz .......... 8 « 



5. Octave 

6. Quinte 



4 
3 



von Metall. 

7. Superoctave . . ........... 2 „ 

8. Umbel . . . . 2fach 

9. Mixtur . ... J ......... ^ .. 4 Chor 

10. Hautbois durch die ganze Claviatur von C bis c von 

Metall, die Mundstiicke von Mefsing 8 Fufs 

Und in das Pedal 14 Stimmen: 

1. Principal von Zinn ins Gesicht ........ 16 „ 

2. Principal oder Octave von Zinn auch ins Gesicht . . 8 „ 

3. Salicet die unterste Helfte von Bob und die obere von 

Metall ................. 16 ,» 

4. Violon-Bafs von Holz ............ 16 „ 

5. Sub-Bafs gedeckt von Holz 16 „ 

6. Qintadena Holz 8 „ 

7. Flaut von Holz .............. 8 „ 

8. Gemshorn Quinte von Metall 6 

9. Super-Octave von Zinn im Gesicht ....... 4 „ 

10. Mixtur von Metall 5 Chor aus 3 „ 

11. Major Bafg gedeckt von Holz 32 „ 



Die Orgelwerke der Kirche zu St. Elisabet in Breslau. 



37 



12. Posaune, die Corpora von Holz, die Mundstticke von 
Mefsing 32 Fufs 

13. Posaune, die Corpora von Holz, die Mnndstiicke von 
Mefeing ................ 16 v 

14. Trompete ebenfalls von Holz, die Mundstticke von Mefsing 8 „ 
Das dabey pedaliter ang9brachte Glockenspiel bat sein Daseyn 

von der ganz besonderen Giittigkeit des obbenennten mit vielem 
Buhm zu erwehnenden Herrn Vorsteher Brechers erbalten, welcher 
nicht allein auf eigene Kosten die Glocken giessen, und das Regier- 
werk dazu anlegen, sondern auch den ganzen Bau moglichst zu be- 
fordern sich bestens angeiegen seyn lassen. 

Die zwey schonen ansehnlichen kupfernen Paucken, welche auf 
die zwey hochste Orgelthiiren placirt werden, konnen vermittelst der 
Fusse eben so wohl, als sonsten mit den Hlnden tractirt werden. 

Neben Register sind: 

2 Ziige zu beyden Seiten zum Ventil ins Haupt-ManuaL 

2 dergleichen ins Ober-Werk. 

2 zum Ventil ins Riick-Positiv. 

2 zum Ventil ins Pedal zu dem Rohr-Werke und 

2 zu dem Ventil in die Labial Stimmen des Pedals. 

1 Zug zu dem Glockenspiel. 

2 Ziige zur Eroffnung des Spiegels um das Altar sehen zu konnen. 
1 Zug zu den Pauken und 

1 Zug zu dem Calcanten-Glocklein. 

Der Balge sind Achte. 
= Die Manual - Claviatur gebt von C D Dis E P Pis etc. bis ins 
c und besteht aus 48 Tasten; das Pedal aber von C D Dis E etc. 
bis ins e aus 28 Clavibus. Das ganze Werk stehet Eammerton und 
enthalt 336 zinnerne, 2279 metallene und 462 hSlzerne, also zu- 
sammen 3077 Pfeiffen. 

Wegen Kr&nklichkeit des Orgelbauers und anderer Vorfallen- 
heiten halber, ging dieser neue Bau gar langsam von Statten, so 
dass der Baumeister davon, obbemeldter Herr Engler, endlich den 
15ten Januar Anno 1759 dariiber mit Tode abging. Es wurde aber 
doch nach einer ziemlichen Pause von dessen hinterlassenem Sohne 
Herrn Benjamin Gottlieb Engler und seinem Schwager Herrn Karl 
Gottlieb Ziegler aus Sachsen gebiirtig, der schon zu Anfang ein paar 
Jahre daran arbeiten helffen , anjetzo beyden Biirgern und Orgel- 
machern allhier, unter gottlicbem Beystande vollends in den Stand 
gesetzt; dass es den 23. und 24. Septenibris dieses 1761. Jahres in 



38 



Die Orgelwerke der Kirche zu St. Elisabet in Breslau. 



Gegenwart einer hohen Magistrats Deputation und vieler andern 
hohen und niedrigen Anwesenden, vom Directore Chori zu St Elisabet 
Herrn Martin Wirbarh\ vom Organoedo loci Herrn George Siegis- 
mund Qebel, dem Organisten zu St. Maria Magdalena Herrn Jokann 
George Hofmann und dem Organisten an der Dom-Kirche Herrn 
Kristen konnte examiniret werden, wobey es auch vollkommen gut 
und dauerhaft befunden wurde. 

Das neue um 6 viertel Ellen niedriger angelegte Orgelchor er- 
baute der ordentliche Stadt-Zimmermeister Herr George Simon 
Haberkern. Das Orgel -Gehause verfertigte der Stadt-Tischler Herr 
Matthias Christoph Holland und die Bildhauer- Arbeit daran Herr 
Siegwitz und nach dessen erfolgtem Ableben Herr Leopold Jaschke. 
Die Vergoldung und Ausstaffierung erfolgte auf Kosten des Herrn 
Christian Gottlieb von Riemer und Riemberg durch Herrn Johann 
Heinrich Kihnast, Burger und Maler allhier. Bei der Belagerung 
Breslaus durch Vandamme im Jahre 1806 hatte die Elisabetkirche 
besonders zu leiden, auch die Orgei blieb nicht verschont. In der 
Nacht vom 22. zum 23. Decbr. drang eine feindliche Kugel vom 
Nikolai thore her in das hinter der Orgel befindliche hohe Fenster ein 
und zerstorte 4 Balge und mehrere Pfeifen, so dass das Oberklavier 
unbrauchbar ward; doch auch diese Drangsal wurde uberwunden. 

Im Jahre 1879 wurde der letzte grofeere Umbau der grofsen 
Orgel durch die Firma Schlag & Sohne in Schweidnitz ausgefiihrt 
und so hat dieselbe jetzt folgende Disposition : 



Hauptwerk : 
Principal 8 1 
Praestant 8' 
Gambe 8' 
HohW5te 8' 
PortunalEOte 8 # 
Principal 16' 
QuintatOn 16' 
Trompete 8 1 
PortunalflOte 4 # 
Nachthorn 4' 
Octave 4* 
§ Quinte 2%' 
I Octave 2' 
Cymbel 3fach 
Mixtur 6fach 
Cornet 4 fad 
Trompete 16' 

Snmma 16 



Oberwerk : 
Principal 8' 
Salicional 8' 
Fl. allemande 8* 
RohrflSte 8' 
Gedakt 8* 
Bordun 16' 
Salicet 16' 
Spitzldte 4* 
RohrflOte 4' 
Octave 4* 
Quinte 2%' 
Octave 2' 
Progression 3 bis 

5facb. 
Clarinette 8' 

Snmma 14 



Umterwerk : 
Geigenprin- 

cipal 8* 
Salicional 8' 
Gemshorn 8* 
Fugara 8' 
Fl. amabile 8' 
Gedakt 8, 
Oboe 8' 
Fugara 4* 
Fl. traverso 4' 
Octave 4' 
Nassard 2 2 / 8 # 
Octave 2* 
Gedakt 16' 
Vox angelica 16' 
Summa 14 



Pedal: 

Principalbals 16' 
Salicetbafs 16' 
Violonbafs 16' 
Violoncello 8' 
Octavba/8 8' 
Majorbafs 32' 
Violonbafs 32 J 

offen. 
Posaune 16' 
Subbafs 16' 
BafsflOte 8' 
Quinte 10 V 8 ' 
Quinte 5 1 // 
Octave 4* 
Mixtur 2 — 4fach 
Trompete 8 1 
Glairoo 4' 
Posaune 32' 



Summa 17 



Summa : 61 Register ohne die Coppeln und Collectivtritte. 



Ein Schreiben Christoph Bernhardt an den Hambnrger Senat. 



39 



Mm Schreiben Chriitoph Bernhardt an ten 

Hamburger Senat. 

Herr Prof. Jos. Sittard fand in den Akten des geistlichen 
Ministeriums in Hamburg, Band 8 No. 67 ein Schreiben Bernhard's, 
welches die bisher irrige Meinung, Bernhard habe ohne Erlaubnis 
des sachsischen KurfQrsten das Eantorat in Hamburg angenommen 
und Dresden heimlich verlassen, schlagend widerlegt. Mit Erlaubnis 
des Herrn Prof. Sittard teile ich das in der Hamburger Konzert- 
und Theater-Zeitung veroffentlichte Schreiben mit: 

WohlEdle, Vest!. Grossachtbahre, Hochgelahrte Hoch- und 

Wohlweise Herrn. 
Eurer Magnificenz : Hoch- und Wohlweissheiten, Hochansehent- 
lichste Vocation zu dero vacirendem Officio Cantori, die ich fur 
14 tagen empfangen; also hatte ich gewlinschet, dieselbe mit ebenso 
gewisser Freyheit zu beantworten, alss mit schuldigem respect ich 
solche angenommen. Weil aber die gnadigste Erlassung Seiner 
Churfiiretl Durchl, meines bishero gnadigsten Herrn, nicht sobald zu 
erlangen, alss zu veriangen gewesen : Alss habe ich dafur gehalten, 
meine antwort wiirde ihres fiirnehmsten stiikkes ermangeln, in dem 
sie an Statt der gewissheit meiner dienste, nur deren Verheissung 
ertheilen solte. Nachdem aber Hochgemeldeter Churfiiretl. Durchl. 
Gn&digster Zufriedenheit, ich endlich erhalten : alss bedanke gegen E. 
Magnif. Hoch- und Wohlweissheiten, ich mich zu forderst, deren zu 
meiner wenigkeit geschopften Affectum und Vertrauens, sowohl da- 
hergeflossenen Wahi und Vocation zu wohlgemeldeten Officio, welche 
ich auch hiemit nochmahlen in gebiihrendem Respect acceptive] alss 
welche ich, sowohl wegen des hohen Buhms Ihrer Weltberuhmten 
Respublica, alss auch desswegen in hohem verehrt halte, weil ich 
selbige, als eine Gottliche Beruffung ansehe, ie weniger ich fur an- 
dere bekanntere Subjecti in consideration zu gelangen mir einbilden 
konnen. Verheisse auch solchem nach, mich ehistens alss moglich, 
bei E. Magnif: Hoch- und Wohlweissheiten Personlich einzufinden, 
am wiirklich anzutreten den Dienst des Cantorats, und nichst Gott- 
licher Verleyhung mich dafiir zu bearbeiten, dass Dero beliebteste 
Musica durch meine geringe Fiigigkeit, an Ruhme nicht ab- sondern 
zunehmen solle: wie ich denn nicht allein in solchem, sondern auch 
im iibrigen alien zu wohlgedachtem Officio gohorigcn, mir nicht 



40 Ein Schreiben Ohrigtoph Bernhardt an den Hamburger Senat. 

weniger in Schuldigster Oeflissenheit zu seyn und m bleiben ver- 
spreche 

Euer Magnif: Hoch- und Wohlweissheiten dienstergebenster 

Christoph Bemhard. 

Dresden, den 28. Xbris 
Ao 1663. 



Bartolomeo Marcesso. Der Antiquar Jacques Rosenthal besafe 
1891 folgendes Sammelwerk in 4 Stb., betitelt: 

Sacra Corona Motetti a 2 & 3 voci di diversi eccelentissimi 
Autori Moderni novamente raccolti & dati in luce da Bartolomeo 
Marcesso. In Venetia MDCLVI apresso Francesco Magni. C 1. 2. 
B. Be. in 4°. 

Tavola: 

■ 1. Nigram suam a 2 Canti del Sig. Oio Rovetta, Maestro di 
Capella della Serenissima Republica di Venetia. 

2. Dulce sit a 2 voci (C. & A.) De Sig. D. Natal Monferato, Vice 
Maestro di Capella della Ser. Rep. di Venetia. 

3. 0 bone Jesu a 2 v. (C. & A.) del Sig. Francesco Cavalli^ Or- 
ganist! di S. Marco in Venetia. 

4. Ad charismata coelorum a 2 v. (C. & A.) del Sig. MaorimiUano 
Neri, Organista di S. Marco. 

5. Jesu mi i 2 v. (2 CC.) del Sig. D. Oio. Battisia Volpe, detto 
Rovetta. 

6. Surge propera a 2 v. (A. & B.) del Sig. CavagUer Biagio 
Marini, Maestro di Capella del Domo di Vicenza. 

7. Salve mundi a 2 v. (A. & B.) della B. M. Virg. del Sig. D. 
Mmiritio Cazzati, Maestro di Capella in Santa Maria maggiore di 
Bergamo. 

8. Spargite flores a 2 v. (C. & B.) del Sig. Horatio Tarditi, 
Maestro die Capella di Faenza. 

9. Victoriam, victoriam a 2 v. (C. & B.) del medesimo. 

10. Stellae discedite I 2 C. C. del Molto Rev. P. Baccillier Stefano 
Filippini detto r Argentina. 

11. Quis dabit mihi a 3 v. (A. T. B.) della Virtuosissima Signora 
Barbara Strozzi. 

12. 0 quando suavissimum a 3 v. (A. T. B.) del Sig. Oio. 
Rovetta. 



Kantoren and Organisten der St Elisabetirirche m Breslau. 



41 



13. Plaadite ft 3 v. (A. T. B.) del Sig. Franc. CavaUi, Organista 
di S. Marco in Venetia. 

14 In virtute toa ft 3 v. (A. T. B.) von dems. CavaUi. 

15. Peccator si tu times ft 3 v. (C. A. & Bariton) del S. D. Natal 

Momferato. 

16. Jesu dulcissime U v. (A. T. B.) di Biagio Marini. 

17. Obstapescite gentes ft 3 v. (2 CC. & B.) di Maur. Caxxati. 

18. Salve regina ft 3 v. (A. T. B.) del Sig. D. Pietro Andrea 
Ziani. 

19. 0 sacramentum ft 3 (A. T. B.) del Sign. D. Qio. Battista 
Volpe detto Bovetta. 

20. Salve Virgo clementissima ft 3. (A. T. B.) del Signor Neri. 

21. 0 vos omnes ft 3 (A. T. B.) del Sign. D. Simm Yesi, Maestro 
di Capella di Padova. 

22. Laetare mater ecclesia ft 3. (A. T. B.) di Filippmi. 
Mitgeteilt vom Pfarrer Dr. Boecker. Das Sammelwerk wurde 

ins Ausland verkauft, doch ist der Besitzer nicht mehr festzustellen. 



Kantoren i ml Organlsten der Si UsalelMrcI© 

m Ireslam. 

Quellen: 1. Martini Harikii Yratislavienses Eruditionis Propa- 
gatores etc. 1525—1763. Vratislaviae 1767 bei Wilhelm Theophil 
Korn. 

2. Die Geburts-, Trauungs- und Totenregister der Eiisabet- and 
Magdalenen-Eirche. 

3. Die Legatbicfaer derselben Kirchen, welche von 1702—1834 
vollst&ndig gefiibrt sind. 

4. Die handschriftlichen Aufzeichnungen des Oiganisten bei der 
Kirche zu St Christophori: Samuel Gottfried Atxe. 

Diese Aufzeichnungen finden sich in dem Exemplar© der Ehren- 
pforte von Mattheson, welches jetzt die Konigl. Bibliothek zu Berlin 
beritzt*) — Da ich gerade diesen Aufzeichnungen verechiedene 
wichtige Beitrfige verdanke, so halt© ich es fir angezeigt, die wenigen 

*) Dta Exemplar gehorte anfanglich iem Organisten Hofmann m 
Maria Magdalena in Breslau uud gelangte dann in den Besitz Atzfs, wie 

oi dann in den Besitz der KgL Bibliothek zu Berlin gelangte, ist mir un- 
bekannt. 



42 Kantoren mud Organisten der Si Elisabetkircbe m Breslaa. 

biographischen Notizen, die er fiber sicb selbst giebt, hier mit zu 
verzeichnen. Gerade seine SchUchtheit und Ehrlichkeit 1st es, welche 
mich fur ihn so eingenomnien hat, dass ich ihm trotz vieler Miihen 
seinen letzten Wunsch erfiillt habe. Lassen wir ihn selbst sprechen : 
„Indem ich seit dem Ableben des geachteten Organisten Hoffmann 
zu St. Maria Magdalena das Buch, die Ehrenpforte, aus dessen Nach- 
lafs an mich gekauft, welches nur selten noch zu haben sein durfte: 
So kann ich nicht unterlassen, die Veranderungen der verewigten 
Organisten (spater auch Kantoren) in den 3 Hauptkirchen Breslaus 
wahrend der 58 Jahre meines Hierseins anzumerken : In Gottesberg 
wurde ich 1759 d. 25. Marz geboren. Mein Vater war daselbst 
wiederum der erste Cantor und damals zugleich Organist, auch 
2ter Schul College ; denn 88 Jahre hatte Gottesberg kein Evangelisch 
Lutherisch Gotteshaus, bis endlich Fried rich der Konig, genannt der 
Grofse eine neue Kirche zu bauen erlaubte. Ich entschloss mich 
1777 nach Breslau zu gehen, den 20. Septbr. traf ich allhier ein. 
Anfanglich besuchte ich das Maria Magdalenen - Gymnasium. Um- 
stande aber anderten meinen Entschlufs, dass ich bei der Musik blieb, 
denn ich fand mein Auskommen durch Unterricht in der Musik. 
Bereits indem ich dieses schreibe, bin ich 42 Jahre als Cantor und 
Organist bei dieser Kirche zu St Christophori, vorher war ich in 
2 andern Kirchen angestellt, es sind also 55 Jahr, dass ich in Breslau 
ununterbrochen Organist bin. Anno 1829 an Pfingsten feierte ich 
das Jubilaum 50 Jahre von der Anstellung der ersten Kirche ganz 
im Stillen. Erlebe ich 1837 den 8. Junij, so kann ich es von der 
zweiten Kirche auch feiern. Meiner Neigung zu Folge bei einer 
Kirche ohne Collegen zu seyn, habe ich nicht gestrebt weiter be- 
fordert zu werden. 

Samuel Gottfried Atze Organist 
Ich bitte den kunftigen Besitzer des bei der Kirche St. Christophori. 
Buches Ehrenpforte mein Lebens 
Ende gefalligst anzumerken. 

t d. 28. Februar Mittags 12 % Uhr 1837 an Altersschwache, 
begraben d. 3. Marz, also alt: 78 Jahr 11 Monate 3 Tage. R. Starke. 

5. Nic. Pohl: Jahrbucher der Stadt Breslau. Weiter© Quellen 
werden besonders angegeben. 
A. Kantoren. 

1. Erasmus Badewaldm Pirnensis. Misnic. geb. 1543. 1563 bis 
7. Januar 1593 f. 

2. Simon Lyra Olsnensis, geb. 1547, seit 1578 Lehrer am Elisabet- 



Kantoren on Organieten der Si Elisabctkirche im Breslau. 43 

gymnasiunj, vorher: Signator bei Elisabet. 1593—1601 d. 

28. Febr. f. 

3. Michael Strigelius, geb. 1568, vor 1601 Cantor Fraustadiensis 
1601—15. Januar 1615 f. 

4. Gothofredus Wagnerus, geb. 1583: Cantor bei Elisabet und 
Barbara u. Coll eg. primarius am Elisabetgymnasium. 1615 
bis 27. Januar 1643 f. 

5. Johann Balthasar Car gins: Trauungsregister bei St Maria 
Magdalena vom 29. Novbr. 1650: 

Der Ehrenveste und Wolgelarte J. M. Johann Balthasar Karg, 
Cantor bei der Pfarrkirche zu St. Elisabet u. S. Barbara, wie auch 
Collega beim Gymnasio zu St. Elisabet, des weiland Ehrwiirdigen 
und Wohlgelehrten Herrn Simon Kargs, Pfarrers zu klein Langtreu, 
in Franken gelegenen, Nachgelassener Sohn mit der Viel Ehr und 
Tugendreichen Jungfrau Maria, des Ehrenvesten, vornehmen Herrn 
Balthasar Kermans, Burgers und Handelsmanns allhier, nachgelassenen 
Eheleiblichen Tochter, etc. 

d. 8. Mai 1643—24. Juli 1686 : Emeritus. 

6. Davides Buchsius, geb. 1630, vorher Signator bei Elisabet, 
d. 25. Juli 1686—8. Mai 1688 f. 

7. Jacobus Wilisius Aurasiensis, vorher PrSceptor und Cantor 
bei St Bernhardin in der Neustadt 

d. 14. Juli 1688—18. Januar 1695: Emeritus. 

8. Jacobus Wilsius Junior, geb. 1666, vorher Praceptor und Cantor 
bei St Bernhardin in der Neustadt 

d. 10. Februar 1695— 17. Septbr. 1732 f. 

9. Joh. Davides Riegerus Vratisl., geb. 1692, vorher Cantor Juliob. 
d. 24. Octbr. 1732—28. Aug. 1748 f. 

10. Martinus Wit backus, antea Organoedus ad S. Trinit 
d. 23. Octbr. 1748 -Novbr. 1776 f. 

tlber ihn schreibt Atxe: Kurz vor meinem Eintritt in Breslau, 
1st der Cantor Wirbach bei der Kirche St. Elisabet gestorben. Er 
soil auch ein guter Eomponist gewesen sein. Eirchen-Eompositionen 
fur aUe Sonntage, wie auch andre Gelegenheitstiicke fir Festlich- 
keiten, sind damals sehr geschatzt worden. Bei solcher Besetzung 
wie 68 jetzt geschieht, wiirde manches Feststiick Beifall haben. 

Oeftera habe erzehlen horen, das jedesmahl als Friedrich, genannt 
der Grofee als Ednig, selbst die Revid zu halten nach Breslau kommen 
ist, der Cantor Wirbach geruffen worden, Denenselben zur Floete zu 
accompagniren. Der Ednig soli vexirent ihm einmal zugeruffen haben, 



44 



Kantoren und Organifiten der St. Elisabetkirche in Breslau. 



wir sind nicht recht; nein, rufft Wirbach, wir sind recht. Dieses soil 
dem Konige so gefalien haben, dass er denselben mit Gratial von 
mehrerem Inhalt entlassen hat wie sonst. 

11. Samuel Ostermeyer: Von 1744—1774 Signator bei St. Maria 
Magdalena, von 1775—1777 Cantor daselbst: 1777—1784. 

Atxe schreibt fiber ihn: Nach dem Ableben des Cantor Wir- 
bach ist der Cantor Ostermeyer von St Maria Magdalena nach Eli- 
sabet versetzt worden. Er soli ein geborener Ungar gewesen sein. 
Von Musica : Vorziigen ist mir nichts bekannt. Seine Kirchen- 
musiken zu damaliger Zeit waren mit Beifall anzuhoren. 

12. Christian Friedrich Herrmann: 1774 — 78 Choralist bei St 
Maria Magdalena, 1778—84 Subsignator bei Elisabet. 1784 
bis 1832 Cantor. 

Atxe berichtet von ihm: Nicht nur, dafe er durch eine gute 
Bafsstimme sich beliebt machte, sondern auch in Musica: Hinsicht 
stets Beweise der Sachkenntnifs bei Auffuhrung der Kirchen Musiken 
und andern Amts Angelegenheiten gab. Bis in das spatere Alter 
war er unermtidet, die Orgelbasse fiir jede Orgel zu beziffern und 
zu transponiren , da die 2 Orgeln , die obere niedrige die untere 
hohe Stimmung hatten. Er war geboren zu Breslau d. 19. Febr. 
1753 u. starb d. 19. Januar 1832. Sein Vater war Burger und 
Bottgermeister zu Breslau. Vorhin war er Choralist bei St. Maria 
Magdalena, im Jahre 1778 wurde er als Subsignator nach Elisabet 
versetzt und 1784 den 16. August als Cantor daselbst ernannt 

13. Joh. Carl Pohsner: 1832 — 1862. 

Atxe schreibt iiber ihn: Er ward geboren d. 27. May 1786 zu 
Neuhaus bei Waldenburg, woselbst sein Vater Herrschaftlicher Ober- 
forster war. Vor der Beforderung als Adjunctus seines Schwieger- 
vaters Herrmann war er Cantor und Schulcollege in Wohlau, wegen 
geringen Einkiinften aber suchte derselbe die Entlassung bei dem 
KonigL Ober-Coisistorio zu Glogau nach und trat den 14. Marz 1808 
den neuen Beruf als Choralist bei der Kirche zu St Elisabet in 
Breslau an. Den 16. April 1828 wurde er als Cantor adjunctus an- 
gestellt und 1832 den 10. Febr. zum wirklichen Cantor an derselben 
Kirche ernannt Ich habe das kostspielige Verzeichnifs der Parti- 
turen grofser Meister und deren Besitz bei demselben selbst gelesen, 
folglich konnen seine amtlichen Musiken und andere obwaltende 
Bemiihungen ihm nur Ehre machen. 

14. Rudolph Ihoma: 1862—19 . . Siehe Biemann: Lexikon. 



Kantoren mid Organisten der St. Elisabetkirche zu Breslau. 45 

B. Organisten. 

1. Melchior Blum : 1614— . 

Bei W. Pohl heifst es: Den 18. Pebruar 1614 warden die 
Orgeln zu St Elisabet renoviret, und von den Kirchvfitern Herrn 
Eonrad Sauermann und Balthasar Hornig gewehret — d. h. ab- 
genommen. Zu der Zeit war Organist Melchior Blum. Dieser ist 
der erste Organist, welchen icb mit Namen nachweisen kann. 

2. Georg Schnabel: 1527 — 34 nachweisbar. 

Bei Pohl beifst es: Nur das Organistenhaus, in welchem der 
Organist Georg Schnabel wohnt, wurde bei dem Thurmeinsturz 1529 
bescbadigt In den Rechnungen der Elisabetkirche heifst es: 1531: 
Bern Schnabel dem Urganisten geben : 4 Mrk. 16 gr. pro QuartaL 

3. 1535 heifst es in den Rechnungen nur: 

Bern neuen Urganisten thut geben 10 Thlr. pro Quartal. Dieser 
Organist diirfte Herr Mertenn gewesen sein, denn fir diesen Herrn 
Mertenn wurde nach den Rechnungen des Kirchscheffers oder Signatoris 
1544 ein Sandseiger fiir 8 gr. beschafft. 

Da aber nur der Pfarrer und der Organist einen Sandseiger 
brauchten, der Pfarrer jedoch Ambrosius Moibanus hiefs, so diirfte 
Herr Mertenn der Organist gewesen sein. Es fragt sich allerdings? 
ob die Bezeichnung „Herr" schon in so friiher Zeit fir den Or- 
ganisten zu St Elisabet gebraucht wurde. 

4. Jochayn Herbig 1564. 

Im Trauungsbuche zu St Elisabet vom Jahre 1564 steht: 
Thomas Schordach Organist zu Wole = Wohlau, uxor: Anna Jochayn 
Herbigs, des Organisten Tochter zu St Elisabet zu breflau. 

5. Georgius Qotthart 1568—1585. 

Trauungsbuch zu St. Elisabet von 1568 fol. 233a steht: Der 
Erbare Kunstreiche Georgius Gotthart, Organist bei dieser "Kirchen, 
virgo: Margaretha Math, brethschneiders des Eretschmers relicta filia. 

Von ihm wurde im Jahre 1569 d. 13. Novbr. zu St. Elisabet 
die kleine Orgel, welche im Parterre der Kirche stand zum ersten 
Male geschlagen (wortlich: erstlich beschlagen). 

6. Johannes Miner 1685—6. Marz 1609. 

Sohn NicUafs Elinors, weiland Mittburgerfs und Reichkramerls zu 
Lignitz. Er war verheiratet mit Emmerenciana, Tochter des Pfarrers 
zu Elisabet, des Herrn Esaias Heidenreich's. Joh. Ellner war auch 
Hausbesitzer, nach dem Signaturbuche vom Jahre 1591 kaufte er 
das Haus zwischen Cyprias Landeks und Hannsens Bandis Ecke iiber 
der Ohlau bei den sieben Raden gelegen. 



46 Kantoren uod Organisten der St. Elisabetkirche zu Breslaa. 

7. Paul Kader Zawet: 1609 -18. April 1613 f. 

Er war zuerst Onanist bei Barbara und Christophoro 12 Jahre, 
dani 8 Jahre bei Maria Magdalena und nur 4 Jahre bei St. Elisabet 
Er wurde 50 Jahre alt, war demnach geboren 1563. — Seine Frau 
hiefs Eva, sie iiberlebte ihn 24 Jahre und starb 71 Jahre alt d. 
12. Decbr. 1637, sein Sohn Daniel war geboren 1592, bis ins 19. Jahr 
Organist in Luben und starb erst 44 Jahre alt am 24. Januar 1636. 

8. Gregorius Beck, 1613—16. Septbr. 1633 f. 

Er war bis ins 21. Jahr Organist bei St. Elisabet, wurde 56 Jahre 
alt, war demnach geboren : 1577. 

9. Ambrosius Profe: 1633—10. Aug. 1649: Einsturz der Elisabet- 
kirche und Zerschmetterung beider Orgeln; deshalb 10. Aug. 
1649—29. Septbr. 1655. 

Organist — vacat. 

10. Bernhard Beyer: geb. 1601: Erst von 1634—55 Organist bei 
Maria Magdalena: 1655, d. 29. Sept.— 1671, dann Emeritus: 
f d. 10. Juni 1674. 

11. Christophorus Elfsner: 1671-1. Trinitatis Sonntag 1681. 
Nach Mattheson's Ehrenpforte pag. 383—86 wurde er 1681 nach 

Thorn an die Neustadter Kirche als Organist berufen. x / 4 Jahr lang 
wurde die Organistenstelle verwaltet von Baniel Vinzens. 

12. Christian Span: 1681— Michaelis 1690. 1690 erhalt er einen 
Kuf nach Stettin und nimmt ihn an. 

13. Johannes Olettinger: 1690 — 28. Februar 1739 also 49 Jahre 

lang. 

Er starb in dem hohen Alter von 77 Jahren, 6 Monaten und 
1 Woche. Seine Frau hiefs Johanna Maria, 4 Kinder starben in 
jugendlichem Alter. Seine Grabstatte ist auf dem Kirchhofe bei der 
Thurmthur an dem Wagenknechtischen Steine. Durch einen kleinen 
StoJs an den Schenkel, wozu gleich der kalte Brand schlug, starb 
er so schnell. 

14. David Wilhelm Haber: 1739—8. Marz 1749. 

Haber hatte iiber seine Verhaltnisse gelebt, musste deshalb, um 
dem Schuldthurm zu entgehen, mit seiner Frau, 3 Sohnen und einer 
Tochter Breslau heimlich verlassen. Selbst von dem Diakonus zu 
St Elisabet Herrn M. Johann Ernst Klapper hatte er 30 Thlr. ent- 
liehen, wovon der letztere nur das Quartal-Organisten-Gehalt im Be- 
trage von 22 l / t Thlr. wiedererhielt Nach einer handschriftlichen 
Bemerkung in Mattheson's Ehrenpforte (Berliner Eonigl. Bibliothek) 



Kantoren nnd Orpmliten der St Elisabetkirche zu Breslan. 



47 



von J. G. Hoffmann pag. 115 soil Haber nach Prag verzogen sein, 
dort den katholischen Glauben angenomroen und Organist an der 
Nicolai-Kirche geworden sein. Vorher war er Organist im Hospital 
zur beiligen Dreifaltigkeit in Breslan. 

15. George Sigismund Gebel 1749 eine Woche vor Pfingsten bis 
1762. 

Er war verheiratet mit Maria Johanna Hoffmann , Tochter 
J. G. Hoffmann's, Organist bei Maria Magdalena seit dem 17. Junij 
1744. Daraalg war er dort Unter-Organist, w&hrend sein Vater Ge- 
orge Qebel Organist bei St. Christophori war. 

16. Christian Gottfried IMnrich. 1762—1777. 

17. Johann Georg Berner: 1777—1810. 

Ueber ihn findet sich Manches in der Biographie seines Sohnes 
Wilhelm Berner. Horen wir, was Atze uber ihn schreibt: „Zu 
seiner Zeit gewifs als guter Orgel- und Fliigel-Spieler geachtet, denn 
die damals befiederten Fliigel wufste er mit solcher Nettheit und 
Pertigkeit zu spielen, dass kein Ton versagte, welches bei der Be- 
fiederung, ehe die Hammer- Einrichtung stattfand, oft vorkam. Als 
Orgelspieler suchte er sich zwar nicht durch Fugen-Vortrag m zeigen, 
sein Praludieren aber war stets sehr angenehm, seine Zwischenspiele 
im Choral so angemessen und einleitend, dais eine singende Gemeinde 
den Anfang einer folgenden Strophe nicht verfehlen konnte. Zu 
spat habe ich raich nach dessen Geburtstag und Ort erkundigt, dafs 
er aber im Jahre 1777 von damaliger unteren Orgel im Parterre der 
Kirche (damit kann nur das Positiv vor dem Altar gemeint sein) zur 
oberen Orgel versetzt sein mufete, ist zu schliefeen, (die Legatbiicher 
beweisen es) denn er liefs ohngefahr im October a. c. eine Musik 
auf oberem Chor ankiindigen, wobei er sich mit Orgel-Solo verbinden 
wurde, weil keine Probe nothig befunden worden. Die Lob- und 
Dank- Can tate von Ditters (damahls noch nicht H. von) wurde 
adgefiihrt, worinnen meist Orgelsolo vorkommt. Er starb 1810 d. 
30. Novbr. hinterliefs 2 Sohne, der Uteste Friedrich Willem wurde 
sein Nachfolger, der 2te Heinrich Ludwig wurde Organist zu St. 
Barbara, lebte aber nicht lange. 

18. Friedrich Wilhelm Berner 1810— 1827. Siehe seine Bio- 
graphie in der Stadtbibliothek Breslau. Breslau 1829 be- 
8onder8 abgedruckt aus der Eutonia. Siehe auch: Hoffmann, 
Die Tonktinstler Schlesiens: Breslau 1830. 

19. Ernst Friedrich Kohler : geb. d. 28. Mai 1799. 1827 bis 
26. Mai 1847 f. 



48 



Mitteilangen. 



Atxe schreibt liber ihn: „Als Zeitgenosse kann ich mit Ge- 
wifisheit sagen, dais (lessen Geschicklichkeit im Orgelspiel seinem 
Antecessor nicht nacbstand und im Fortepianospielen sich oft m all- 
gemeiner Achtung auszeichnet. Seine Kompositionen, kirchliche und 
galante Piecen sind eben sehr beliebt" Biemann bringt iiber ihn 
eine kurze Notiz, Hoffmann: Die Tonkiinstler Schlesiens, einen l&ngeren 
Artikel. Letzteren habe ich desbalb nicht als Quelle angezogen, weil 
er absolut unzuverlassig ist. Eine umfassende Biographie Kohlert 
existiert noch nicht 

20. Karl Freudenberg, 1847 — 1869. Siehe seine Biographie v. Dr. 
VioL Leipzig 1872. 

21. Gustav Adolf Fischer 1870—7. Decbr. 1893 f. Siehe Riemann 
Lexikon und Prospekt des Schlesischen Conservatoriums in 
Breslau vom Jahre 1895 pag. 36 ff. 

22. Friedrich Reinhold Starke: 1894, d. 1. April— 19... 

Siehe seine Biographie: Musikalisches Deutschland, Verlag: Ernst 
Eckstein, Berlin-Charlottenburg 1902. 

NB. Die zweiten Organisten habe ich deshalb nicht angegeben, 
weil sie entweder mehrfach zum ersten Organisten aufriickten oder 
als erster an eine andere Kirche berufen warden;*) aber auch des- 
halb, weil dieselben, wenn sie nicht befordert wurden, als Positiv- 
schlager des Erwahnens nicht wert sind; denn seit 1649 existierte 
eine zweite Orgel nicht mehr. 

Breslau, d. 18. Januar 1903. 

Reinh. Starcke. 



Mlttellmgeiit 

* Dr. Karl Grunsky hat in der Sammlung Goschen eine Musik- 
geschichte des 19. Jahrhonderts heraasgegeben (in 2 Teilen in kl. 8 0 zu 
131 und 111 Seiten. Preis je 80 Pfg.). In gedrangter Darstellang sind 
in geschickter Weise die wichtigsten Ereignisse and Leistungen der Eom- 
ponisten des Jahrhanderts besprochen and in anregeoder Weise fur den 
praktischen Masiker und Dilettanten geechildert. 

* Heinrich Bulthaupt: Dramaturgie der Oper, mit Notenbeispielen 
als Anhang im 2. Bande versehen* 2. nea bearbeitete Auflaga Leipzig 
1902, Breitkopf & Hartel. 8°. VI, 403 und 347 Seiten mit Register 
und 139 Seiten Notenbeispiele. Ein mit grolsem Meifs and grundlicher 



*) Adolf Mesa. 



Mitteilungen. 



49 



Kenntnis der Literatur gewandt geschriebenes Werk. Nach eioer histori- 
schen Einleitung in die deutsche Oper, die nicht immer den Thatsachen 
entspricht, wird den Opera Gluck's besonders den spateren. dem Orpheus, 
der Alceste, Iphigenia in Aulis, Armida und Iphigenia in Tauris ein 
Eaum von 73 Seiten gewidinet, in denen er Text, Komposition nnd 
Sceniemng fast Scene um Scene bespricht und das Fur uud Wider ab- 
wagt. Biesen folgt ein kurzerer Abschnitt fiber GHuck und Wagner, der 
sehr interessant behandelt 1st. In gleicher Weise werden nan die Mozart'- 
schen Opera, bei denen stets ein© Vorgeschichte des Textes beigefugt 1st 
nnd einzelnes bei der hentigen Begi© getadelt wird, durchgesprochen ; 
diesen folgt Beethoven's Fidelio mit Bezugnahme der ersten und zweiten 
Bearbeitung. Weber's Opera bilden den Schluss des ersten Ban des. Der 
zweite Band ist Meyerbeer, nur 32 Seiten, gewidmet, alles ubrige Richard 
Wagner und seinen Nachfolgern. Trotz aller Anerkennung die er Wagner's 
Leislungen zugesteht, findet er doch manches zu bemerken, was seinen 
Ansichten nach, die Texte betreffend, zu vermeiden, oder anders zu moti- 
vieren war. In der Ausfuhrlichkeit der Behandlung der einzelnen Opern, 
in denen alles bemerkt und auf alles und jedes hingewiesen wird, steht 
das Werk bis jetzt einzig da und wird sich seine Anerkennung bei jeder- 
mann erwerben. 

* Dr. Al/ons Fritz, Theater und Musik in Aachen seit dem Beginn 
der preufsischen Herrscbaft. Erster Theil. Aachen 1902. Sonderabdruck 
aus Bd. 24 der Zeitschrifb des Aachener Greschichtsvereins. 8°. 67 Seiten. 
Eine auf Qutjlleniorschung beruhende Arbeit in der auch die zur Zeit er- 
schienenen Zeitungen Material lieferten. Dadurch wird manche bisher irrige 
Nachricht und Annahme richtig gestellt, Vornamen verbessert und vieles 
andere. Zur Musik liefern die Konzertprogramme und Zeitungsanzeigen 
nebst Recension en trefflicbes Material , so dnss man nach alien Seiten bin 
die bisherigen Angaben verbessern kann. 

* Dr. med. Georg Fischer, Hannover: Hans von Billow in Hannover. 
Zum Besten der Chor-Krankenkasse des konigl. Theaters in Hannover. 
Hannover und Leipzig 1902, Hahn'sche Buchhandlung. 8°. 64 Seiten. 
Preis 80 Pfg. Ein sehr beachtenswerter Beitrag zur Biographie und 
Direktions-Thatigkeit von Bfilow's, der noch den besonderen Vorzug hat, 
dass er sich auf die Theaterakten und damaligen Zeitungsberichte stutzt 
und eine Un masse brauchbare Notizen fiber die damaligen Sanger und 
0rche8termitglieder enthalt. Nebenbei liest sich das Buch sehr gut und 
gewahrt trefflichen Auf schluss fiber von BuIow'b leidenschafllichen excen- 
trischen und dabei genialen Charakter. 

* Beethoven* Geburtshaus in Bonn ist in einer kunstlerisch aus- 
gefuhrten Abbildung in der Grofse von 18 X 23 auf steifem Kartonpapier 
bei Emil Strauss, Kunstverlag in Bonn erschienen zu dem billigen Preis© 
von 3 M. Die Ausffihrung des Bildes ist so geschmackvoll, dass es ein- 
gerahmt eine Zierde jedes Zimmers bildet. 

* Der Hamburger Tonkunstler-Verein veranstaltete am 17. Jan. einen 

Monfttsh. f. Maaikgesoh. Jahrgang XXXV. Nr. 3. 3 



60 



Mitteilungen. 



Handel-Chrysander- Abend , In dem Handel'sche Arien and Iiistrumental- 
piecen zum Vortrsge gelangten. 

* Die Soci6t6 des Sciences zu Lille gab am 22. Dez. 1902 ein 
Hstorischei Konzert, in dem sie Instrumentalpiecen von Be Caix dUervelois, 
F. Couperin, Ariosti , Rameau, Marin Marais, Roland Marais, Dom. 
Scarlatti und Milandre zur Auffuhrung brachte. 

* Breitkopf <& Hdrtel in Leipzig versenden ihren 72. Bericht fiber 
neu erschienene Werke neuester und alterer Zeit, nebst Biographies fiber 
Komponisten, ihrer Portrat und Bearteilung ihrer Werke. 

* Se. Excellenz der Kultas- Minister Herr Dr. Studt, hat dem Re- 
dakteur dieser Blatter in Aubetracht seiner Verdienste am die Erforschung 
der Musikgeschichte, den Professor-Titel verliehen. 

* Quittang fiber eingezahlte Mitgliedsbeitrage fur das Jahr 1903 
von den Herren : J. Angerstein, Dr. H. Abert, Dr. W. Baumker, Lionel 
Benson, Rich. Bertling, Dr. P. Boecker. H. Bewerunge, Prof. Bohn, Prof. 
Br aim e, Direkt. Bornewasser, Dr. A. Dorffel, Prof. Eickhoff, Dr. Hart- 
mann, Dr. Haym, Dr. Hohenemser, Dr. R. Kade, Prof. Kostlin , P. U. 
Kornm filler, Prof. E. Kraiise, Dr. Th. Kroyer, G. S. L. Lohr, Dr. Lfirken, 
Dr. Fr. Ludwig, G. Meinhold, von Miltitz, Prof. Fr. Niecks, F. Curtius- 
Nohl, Joh. Oswald, P. Pannier, Praetorius, A. Reinbrecbt, B. Fr. Richter, 
L. Riemann, P. Runge, Rich. Schumacher, Direktor Schweikert, Prof. 
H. Sommer, Wm. B. Squire, Direkt. R. Starke, Pfar. Vogeleis, 6. Voigt, 
Dr. Waldner, K. Walter, Direktor von Werra. Von Instituten: Ge- 
sellschaft der Musikfr. , Nord-Niederl. Verein , Kirchenchor in Zwickau, 
Paulas Museum, Universitaten in Innsbruck , Heidelberg und Strafsburg. 

* Hierbei eine Beilage: Katalog aus Stuttgart, Bog. 5. 



18 Sonaten von Jean -Marie Leclalr Faint m r Vioiine and aus- 

ge8etzten Generalbass, nebst einem Trio ffir Vioiine, Violoncell and 
Generalbass. Partitar and Stiromen 15 M. Einzeln Nr. 1, 7 and 8. 
Leipzig, Breitkopf & H artel, fol. 

Quellen-LexlkOIl fiber die Musiker and Musikgelehrten der christlichen 
Zeitrechnung, 7. Band, von Rob. Ettoer. Subskriptionsprei s a Bd. 10 M. 
Leipzig, Breitkopf & H artel. 8°. 480 Seiten. 



Verantwortlicber Red*kt«ur Bobert Bitner, ftmplto (Uckermark). 
Draok won Hermann Beyer A SOhne (Beyer & Mann) in LangenMls*. 




fir 

MUSIK- GESCHICHTE 

hfflaisgegeben 
▼on 



der Ge8ell8chaft fttr Muukforschung. 





Prali des Jsiurganges 9 Mk. Monatlieh ersoheint 




III?. JaUri 


«fn« Nwimnw too 1 bit S Bogen. IntertiontgebOhren 




ffer die Zeile Si Pt 


lo. 4. 


1903. 


ls«Ili«!lyIIi|?s!iiiL| 


▼on Breitkopf * Hlrtel in Leipaig. 
Bestellangen 
nimmt jede Buch- mud Mns1th»ndlnng entgegen. 





r )%f . _ r Der MlnnftgesMig ml seln Ttrtrag. 

■ " Tk (Von C. Weinman n.) 

Unter der Benennung ^Minnesinger" versteht man herkoramlich 
die ljrischen Dichter des ! ritterlichen Mittelalters; bedeutsam genug, 
weil die Minne zugleich die beiden Hauptriehtungen dieser Singer, 
die himmlische, wie die irdische Liebe umfasste.*) 

Die Weisen nun dieser Minnesinger warden in textlicher Hin- 
sicht schon vielfach Objekt fur die gelehrte Forschung, noeh wenig 
in musikalischer Beziehung. Aufser dem bereits eben angefiihrten 
4bandigen Werke v. d. Hagen's besitzen wir nur zwei gro&ere 
— alierdings rnonumentale — Arbeiten, welche dieses schwierige 
Gebiet behandeln und zura Gegenstand eingehendster Uniersuchung 
gemacht haben : „Die Sangesweisen der Colmarer Handschrift und die 
Iiederhand8chrift Donaueschingen" **) und die herrliehe photographische 
Facsimilierung der Jenaer Minnesangerhandschrift. 

Angesichts der Grofse der Litteratur — sagt Br. Riemann,***) 
welche durch die veranderte Leseweise (durch P. Runge) mit 
einem Male erschliefsbar wird und ein ganz ver&ndertes Bild von 
der Musik des Mittelalters ergiebt, bedarf es kaum des Hinweises, 
dass diese neue Deutung das Interesse nicht nur der Historiker, 



*) Vgl. Friedrich Heinrich v. d. Hagen ^Minnesinger^. Leipzig, 
Barth, 1838. 4 Bd. 

**) Herausgegeben v. Paul Runga Leipzig, Breitkopf & Hartel, 1896. 
***) Musik-Lexikon (a. v. „Minnesanger u ). Leipzig, Max Hesse. 

Xonatsh. L MvslkgMoh. Jahrgs** XXXV. Ho. 4 4 



52 



Ber Minnegeeang nnd sein Vortrag. 



soadem jailer, die sich ftir Musik interessieren, im hochsten Grade 
auf sich ziehen muss. 

Diese Worte des grolsen Theoretikers auf musikwissenschaft- 
lichem Gebiete und seine Anregungen im „Musikalischen Wochen- 
blatt"*) mogen die nachstehenden Zeilen rechtfertigen. In den zunachst 
folgenden Darlegungen schliefsen wir uns moglichst eng an die For- 
scbungsresultate Dr. Riemann's und Runge's an. 

Der Hauptkern der Colmarer Liederhandschrift wurde im 15. Jahr- 
hundert niedergeschrieben ; den Beweis hierfur liefert der Schrift- 
eharakter. Die Handscbrift selbst berubt aber auf einer alteren Vor- 
lage, auf dem (verloren gegangenen) „grofs Buch von Menz u . Sie 
riihrt von verschiedenen Haoden her, aber die Einheitlichkeit der 
Notierung weist darauf hin, dass die Niederschrift an einem Orte er- 
folgte und dieser Ort diirfte wohl kein anderer als Mainz gewesen 
sein. Die Handschrift en thai 108 Melodien von 36 Dichtern des 
12.— 14. Jahrhunderts, darunter finden sich aber Leiche, die aus 
vielen (bis 25 Liedern) zusammengesetzt sind. 

Die Donaueschinger Liederhandschrift enthalt nur einen Teil 
des reichen Melodienschatzes der Colmarer, ist aber mit derselben 
eng verwandt, und da beide in Text**) und sogar in Lesefehlern 
fast voUstandig tibereinstimmen, so bleibt keine weitere Annahme iibrig, 
als dass der Schreiber von Donaueschingen dieselbe Vorlage benutzte, 
welche Colmar zu Qrunde lag, so dass also von der Mainzer Hand- 
schrift Colmar eine Abschrift und Donaueschingen ein Auszug ist 

Die Jenaer Handschrift endlich weist 89 Singweisen von 27 
Dichtern des 12.— 13. Jahrhunderts auf. Jena tragt mehr den Cha- 
rakter einer Spezialsammlung, fiir welche ortliche und zeitliche Riick- 
sichten bestimmend waren, wahrend Colmar universeller erscheint 

Der Typus der Notientng in Colmar entspricht im allgemeinen 
der sogenannten Hufnagelschrift; den Grundstock der Notenzeichen 
bildet die Virga, deren wechselnde Gestalt ( |^ ^ ^ *| ) keinen Unter- 
schied in der Bedeutung bedingt Der Punkt (als Neumenzeichen fiir 
einen Ton, der tiefer ist als der benachbarte, durch eine Virga be- 
zeichnete) kommt nur in zusammengesetzten Neumen, den sog. Con- 
juncturae vor (f w m m f% ist aber dem Gesamtcharakter der No- 



*) „Die Melodik der Minnesanger". Leipzig, Jahrg. 1897, S. 1 ff. 
S. 154. 

**) Nur ein Lied ,Jn Bomers Sangwis von Zwetel a findet sich nicht 
in Colmar, sondern nur in DoDsueschingen. 



Der Minnegesang und sein Vortrag. 



58 



tierung entsprechend uberall verdickt und eckig, bezw. geschweift. 
Haarstriche, welcbe aus den Pankten und der zugehorigen Yirga 
Ligaturen machen, laden sich nur vereinzelt. 

Die Donaueschinger Handschrift 1st mil schiefliegenden Druck- 
strichen «H) fir Einzeltone notiert; eine Vergleichung der in 
beiden enthaltenen Melodien erweist die vollkommene sachliche tJber- 
einstimmung beider Notierungsweisen. 

In der Jenaer Handschrift findet sich durchweg mit Ausnahme 
der Ligaturen die nota quadrata (^). Die Lieder Nitharfs dagegen, 
welche v. d. Hagen der Jenaer Handschrift nach einem ihm ge- 
hSrigen Manuskripte beigab, sind von der Notierungsweise derselben 
gfinzlich verschieden und weisen die sog. Hufnagelschrift auf. (f ♦) 

Durch die Verechiedenheit nun dieser Notenformen verleitet, hat 
man dieselben frtiher im Sinne einer, wenn auch noch schwankenden 
Mensuralnotenschrift gelesen, was ein sehr unbefriedigendes Besultat 
ergab. 

Von solchen falschen Voraussetzungen aus wurde z. B. die Wieder- 
gabe der weltlichen Lieder des Monchs von Salzburg durch Dr. H. Ritsch 
unternommen*) Auch v. d. Hagen bringt in seinem Werke**) die Trans- 
scription von 4 Liedern in stronger Mensur: „WeUe grofs wunder 
schauen will", „Die Erde ist umflozen", „Loybere risen", „Der kuninc 
Bodolp". Aber bei alien diesen Qes&ngen erkennt man sofort das 
Steife und Unnaturliche des Taktes, man fiihlt, dass die Melodien in 
das Taktmafe hineingezw&ngt wurden. Besonders klar tritt dieses 
bei dem zweiten Liede: „Loybere risen" zu Tage; der Bearbeiter 
mufste zwischen dem 8 / 4 und f / 4 Takt wechseln und zwar in so auf- 
faUiger Weise, dass von den 6 Takten des ersten Stollens die ersten 
2 Takte in 8 / 41 der 2. Takt im 2 /ti der 3.-6. Takt wieder im 8 / 4 Takt 
gezeichnet steht. Professor Fischer, von dem die kurze Abhandlung 
fiber die Musik der Minnesinger in v. d. Hagen's Werke stammt, 
war offenbar mit dem Besultat© dieser Bearbeitung sehr wenig be- 
friedigt, so dass er in obiger Abhandlung schreibt: ,,Giebt man sich 
Miihe durch wiederholte Ausfuhrung sich in diese Art von Musik 
hineinzudenken, so wird man bemerken, dass in der That im Qanzen 
eine Bewegung sei, die doch nicht durchaus mit unserem heutigen 
Takt vergleichbar ist Wenn man freilich in denjenigen Stellen (und 
so haben es zuweilen diegenigen gemacht, die alte Melodien in neue 

*) Meyer und Ritecb, )f Dio Mondsee-Wiener-Liederhandschrift'' 1896. 

*♦) 1. c. 4. Bd. p. 93S I. 



f 



54 Der Minnegesang nnd mim Vortrag. 

Notenschriften tbertrogen), welche im 8 / 4 Takt gehen, die lange Silbe 
auf eine halbe Note nimmt, so lafst nur das gauze Stuck sich wie 
ein modernes im 8 / 4 Takt absingen, aber wir glauben, dass es als- 
dann vollig seinen Charakter verliert. Bei anderen Melodien wird 
es noch schwerer werden, sich eine bestimmte Vorstellung zu machen 
wie sie ausgefiihrt werden, denn der 3 / 4 Takt, der in unserem Liede 
vorherrscht, giebt schon einen bestimmteren Gang an als diejenigen, 
in welchen durchweg eine trochaisehe oder jambische Bewegung ist" 
Und an einer anderen Stelle: 

„Nimmt man nun an, dass in diesen Liedern gleiche Zeichen 
auch gleichzeitig sind, so wird es schwer sein, viele Melodien auf 
unseren heutigen Takt zu bringen, eine Bemerkung, die in einem 
gehaltreichen Aufsatze K. Kretschmars *) aufgestellt ist; und gelange 
es auch wirklich, so wird nun der Gesang doch nicht ais musikalisches 
Ganzes erscheinen. Man wird nicht, wie in unserem Tonstiicke be- 
merken, jdass eine gewisse Anzahl Takte eine grofeere rhythmische, 
oft wiederkehrende Periode bilden, auch nicht, dass die Accente durch 
den Anfang der Takte gehorig ausgedriickt waren; aber vieles leitet 
dahin, ein solches Taktieren unstatthaft zu machen." 

Eine Vergleichung also der verschiedenen Notengestaltungei| 
untereinander lafst uns voUstandig im Unklaren, nach welchen^ 
Prinzipe die einzelnen Formen Verwendung fanden, nur soviel eri 
giebt sich aus diesen Untersuchungen, dass jedenfalls eine strenge 
Anwendung nach dem Prinzipe der Quantitat nicht stattfand. Denn 
es kommen ganz unterschiedslos lange Silben auf kurze Notenwerte 
(mensural betrachtet) und umgekehrt, oder bei gleichlangen Silben 
werden ganz verschiedene Notenformen gebraucht Deswegen sagt 
auch Br. Riemann**) in Bezug auf die obeu erwahnten Lieder des 
Monchs von Salzburg : „Hermann , s Lieder sind ebensowenig mensural! 
notiert wie die s&mtlichen Melodien der Jenaer und Colmarer Hand- 
schrift, der v. d. Hagen'schen Nithart- Handschrift und der Frank- 
furter Nithart - Bruchstiicke. Schon jetzt kann man mit ziemlicher 
Bestimmtheit behaupten, dass auch andere, noch unerschlossene, mit 
Melodien versehene Minnesanger -Handschriften choraliter notiert 
(neumiert) sein werden, weil iiberhaupt ftir die Monodie die Neu- 
mierung, wenn nicht ausschliefslich, so doch vorzugsweise sich in 
Gebrauch erhalten hat, bis an die Schwelle des 16. Jahrhunderts. 



*) Berliner mosikalische Zeitung 1827. 

**) a. a. 0. S. 4016. 



Der Minnegesang ond sein Vortrag. 



65 



Die ersten Anfange der Mensuralnotierung bedienen sich sofort der 
fur den Choral xuerst aufgekommenen nota quadrata mit den Formen 
der Longa, Brevis und Semibrevis." Und uber den Codex „Chan- 
sonnier de St Germain des Fr&*) urteilt er: „Dieser Codex zer- 
streut auch die letzten Zweifel an der Thatsache, dass die in nota 
quadrata notierten Melodien der Troubadours und Minnesanger nicht 
Mensuralnotieruogen, sondern wie so viele Antiphonarien und Gra- 
dualien der Zeit nur in einer gefalligeren und deutlicheren, den 
Mensuralnoten ahnlichen oder vielmehr ihnen als Muster dienenden, 
nur kalligraphisch von den anderen verschiedenen Form aufgezeicbnete 
Neumierungen sind." 

Aus einer Wiener Handschrift bringt v. d. Hagen**) 5 Zeilen 
eines Liedes, welches die verschiedensten Notenfonnen aufweist 
Bunge, der in seinem Werke ebenfalls die Anfangszeilen wiedergiebt, 
bemerkt dazu:***) 

„Jeder Vereuch aus diesem Qemengsel der 3 Werte Maxima 
(Longa?) Brevis und Semibrevis etwas verntinftiges heraus zu men- 
surieren, mufs hoflhungslos scheitern, dagegen 1st alles leicht zu er- 
kiaren, wenn wir Neumierung annehmen." 

igz w | | w I = 

Ioh ban ▼or-lorm den ly - by-ityn bn - lam myn 

^j^^- tri — 

daz ich vff er-dyn ye %e - wan. 
Angesichts solcher Unregelmfcfsigkeiten in der Notierung der 
Minnes&nger-Handschriften mochte man zu der Frage kommen, ob 
bei ienselben in der Notierungsweise tiberhaupt ein festes Prinzip 
gait, oder ob ihre Niederschrift nur nach der wiUkurlichen Darstellung 
des Schreibers erfolgte. Unmoglich ware diese Annahme nicht, zumal 
wenn • man bedenkt, dass die Schreiber dieser Handschriften nicht 
gerade Personen von hochmusikalischer Bildung waren, denen wahr- 
scheinlich ein tieferes, auf den Grund gehendes Verstandnis der 
Mensuralnotenschrift der damaligen Zeit tiberhaupt fehlte.JI Freilich 
ist diese Ansicht etwas befremdend, fast mochten wir sagen unwissen- 
schaftlich, aber sie lost das Batsel der Notierung jedenfalls ebenso 



*) Cod. 20050 der Pariser Bibl Nat. 

**) a. a. 0. 4. Bd., S. 7S8. 
***) a. a. 0. S. XV. 



66 



Der Minnegesang und eein Vortrag. 



gut wie manche andere Eonjektur; vSllige Klarheit kann nur eine 
auf das peinlichste gefiihrte Untersuchung und Vergleichung aller 
Handschriften ergeben, vielleicht warden wir sie auch nie erhalten. 

Runge's Verdienst ist es mm^ dea bahnbrecbenden Sate auf- 
gestellt zu baben: „Die rhythmiscbe Struktur der Melodien wird 
lediglich vom Text© bestimmt." Hat er nun aber auch ein be- 
friedigendes Endresultat erreicht, bat er aus dieser Erkenntnis 
die notwendigen Konsequenzen gezogen? Unserer Ansieht nach 
] eider nicht; denn, indem er die eine Klippe gliicklich vermied 
und endgiltig von den vergeblichen Versuchen abgekommen ist den 
Text nach den Noten in Mensur zu zw&ngen, ist er an der anderen 
Klippe gescheitert und hat nun die Noten nach dem Texte in Mensur 
gezwfcngt, eine Inkonsequenz, die uns um so auffallender erscheint, 
als er ja von der ganz richtigen Anschauung ausging, dass die Hand* 
schriften-Notierung durchwegs Neumierung ist 

In der Vorrede zu seinem Werke*) wendet er sich gegen 
Dr. Baumker, dass dieser in seinen „Niederlandischen geistlichen Sing- 
weisei aus Handschriften des 15. Jahrhunderts" sich verleiten liefs, 
Mensuralmusik zu sehen, wo Neumierung vorliegt und nun verfallt 
er in den gleichen Fehler. Denn Mensuralmusik bleiben dann nach 
unserer Meinung die Minnelieder, da es in Bezug auf das Resultat 
ganz gleichgiltig ist, ob die Mensur aus den Noten oder aus dem 
Texte hergeleitet wird. Freilich miissen wir dabei zugestehen, dass 
das letztere in dem vorliegenden Fall© viel naturlicher sich ergiebt, 
wenigstens in den Liedern 0 Nietharfs, welche Dr. Riemann im 
„Musikalischen Wochenblatt" in moderner Notation publiziert. Mit be- 
wundernswerter logischer Scharfe geht er Schritt fir Schritt vorwarts 
und lifet aus den unformlichen Tonschlangen an der Hand eines 
einheitlichen Orundmafses flir die Messung der Verse wohlgegliederte 
Satze erstehen. Aber dennoch glaube ich nicht, dass die Minne- 
lieder in diesem Taktmafse vorgetragen wurden, sondern mochte 
den Satz au&tellen: 

Die Minnegesange wurden, da sie Form und Aufbau vom gre- 
gvrianischen Choral entlehnen, auch wie der Choral d. h. im sog. 
freien Sprach-Rhythmus vorgetragen. 

Dass die Minnelieder die lufser© Form, d. h. die Notation vom 
Chorale nehmen, ist durch die Thatsache bewiesen, dass die Notierung 
aller erhaltenen Minnesangerweisen nichts anderes als Neumierung ist. 



*) S. XIV. 



Der Miinegssanf and win Vortrag. 67 

Auch der Aufbau der Melodien stammt vom Choral, indem ihnen 
die 8 Kirchentonarten za Grunde liegen, woftir im einzelnen der 
Beweis leicht za erbringen 1st, und Runge hat bereits Mr jede ein- 
zelne Weise die betreffende Kirchentonart bezeichnet Warum sollte 
nun gerade der Vortrag ein anderer als der der Choralgesange sein? 

Bass der Choral aber im freien Rhythmus von jeher gesungen 
wurde, daftir spricht die Tradition und wir wollen uns mit der An- 
fiihrung zweier Schriftbeweise begniigen. Martinus Agrieola*) z. B. 
schreibt: 

„Musica activa est triplex, videlicet Plana, Figurata et Instrumentalis. 
Plana sive Choralis est, quae planum vel choralem can turn tradit 
Cujus singulae notulae perpetuo aequalem retinent quantitatem" 

Der berttbmte Joannes Tinctoris**) sagt: „Notae vero incerti 
valoris sunt illae, quae nullo regulari sunt limitatae; cujusmodi sunt 
quibis in piano cantu utimur, quarum quidem forma interdum est 
similis formae longae, brevis et semibrevis [et interdum dissimilis, 
ita quod pedes musicarum a plerisque nominantur] et hujusmodi notae 
nunc cum mensura nunc sine mensura nunc sub una quantitate per- 
jfecta, nuns sub alip imperfecta canuntur secundum ritum ecclesiarum 
aut voluntatem canentiura" 

Es mufe zugestanden werden, dass das von Dr. Riemann und 
Runge verfochtene Prinzip bei sehr vielen Minnegesangen sich mit 
grofeer Leichtigkeit anwenden lUst, warum wohl? 

Der innere Qrund hierfiir liegt darin, dass alle diese Texte 
metrisch (meist jambisch oder trochaisch) abgefasst und in Bezug auf 
die Melodien syllabischer Natur sind; deswegen finden die Bearbeiter 
bei denselben auch keine besonderen Schwierigkeiten im Aufbau der 
Melodien, da fast auf jede Silbe eine Note trifft. Wir wollen zum 
Beweise hierfiir das erste von Niethart's Liedern in der Obertragung 
von Dr. Riemann folgen lassen; das ganze Iiedchen sieht schmuck 
und schdn aus. 



Nr, 1. ..Der swarze Dora. 44 



Der swar-ze Dora 1st wor-den wm 9 mm hat der Mei- e sei- nen 
Yor gan-sem ist der kal« te Sue, n»m sieht hinr a - ber al - to 



*) „Duo libri musices", Yitebergae 1561. 
**) Bei Cousaemaker, Script IV., p. 45. 



A 



58 



Der Minnegeeang and tein Vortrag. 



1 



Vliz g© - le - get an den Am - ger. 
© din lich - ten Bltt-mel swan -ger. 



=t 



> 



Der Mei - e hat die 



Welt gar schon be • sez - zet, mil man - ger - han - de Bin - men in; 



vroli -lich iim- gent vo - ge - lin: ir Mds sint si© er- gez - zet. 

Wie leicht 68 1st, aus metrischen Texten eine Mensur der 
Melodie zu konstruieren, mag man daraus ersehen, dass selbst im 
Choral alle metrisch abgefassten Texte wie die Hymnen und Sequenzen 
im Taktrhythmus gebracht werden konnen, wie folgendes Beispiel dee 
im VIII. ton. abgefassten Hymns „Iste confessor 41 deutlich zeigt 



Hymns: „Isto Confessor," 

(Mack der Choralmelodie in Mensnr gebracht) 



VIH. ton. 





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- ste Gon-fe8 - sor Bo - mi - mi oo - Jem - tes qaem pi - e 



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5 



5 



laa - dant po - pa - li per or • bem hao di - e lae 



i 



me - ra - it su - pre - mos lan - - dis ho - no - res. 

Und doch wird niemand behanpten wollen, dass dieser Choral- 
hymnus in diesem Marschtempo vorgetragen werden soil, wenn er 
nicbt Art und Bedeutung des Choralgesanges vollst&ndig verkennt 

Freilich ist es richtig, dass die grofsen Meister der Polyphonie 
des 15. and 16. Jahrhunderts, ein Palestrina, ein Lassus etc. den 
Choral in Mensur gebracht and in ihren Schopfungen als Motive 
verwendet haben. So hat z. B. Palestrina liber den obigen Hymnas 
,Jste confessor 44 eine ganze Hesse komponiert, welch e den gleichen 
Titel fuhrt und den Hymnus als Cantus firmus in der mixolydiscben 
Tonart zur Grundlage hat Der Komponist teilt den Hymnus in 



Der Minnegesang und sein Vortrag. 



59 



7 Perioden und verwendet sie in den verschiedenen Teilen der Messe 
als Motive, so z. B. in Eyrie das I. Motiv, im Christ© das II., im 
3. Eyrie das DX, im Gloria und Credo mischen sich die verschiedenen 
Motive. Aber alles das sind kunstvolle Verarbeitungen einxelner 
Teile, kmrxer umd prMgrnomiet Meh^efmfnm des Chorales im poly- 
phonen Satze. 

Solange also der syllabische Charakter vorherrscht, lasst sich 
abgesehen von der Eintonigkeit — die Mensurierung leicht 
durchfiihren; kommen nun aber grofeere und reichere Notengruppen 
in der Melodie vor, d. k kann von einem syllabischen Qesange nicht 
mehr die Rede sein, so tritt das Unnattirliche der Mensur klar zu 
Tage. Doch lassen wir zum Beweise hierfiir eine tJbertragung des 
Tageliedes Peter von Reichenbach's durch Runge folgen und kniipfen 
wir unsere Bemerkungen daran. 

Peter yon Relehenbach's „Tagelled". 
I. 

Phrygisch. 

[Golmar fol. 60.] *) Range: Nr. 13a. pag. 49. 



ly 
Wo 



fro - ner wech-ter weckol 
sie sint, tS sie wichen 



T 



it 



▼fa elaffea twalm zwej iieb her - schrecke, 
▼er-stor der sun den lauff snel - li - chen; 

If?) 



ee dann daz 
vil bal - de 



^. ^ 

sie en - blecke 

dan - nen flichen m. s. £, s. Range's Ausgabe. 

Range: pag. XVI. 



By 

Wo 



fro - ner wechter we - eke 
sie sint ta sie wi - chen 




▼fa slaf-fes twalm zwey lieb her - sohre - eke, 
ver - stor der san den laaff snel - li - chen; 



*) Ein Ersatz fir die schiefliegende Virga. 



60 



Der Minnegesaog mil win Vortrag. 



m dum daz 
vie! bal - de 



ne en 

dun - men 

n. 



ble - eke 
•li - ohen 
n. 8. t, 8. Range's Ausgabe. 

mi 



, ,, m 



Die syt die ne - het ri • cher-lioh Die zyt die ne - het si - eher-lich 
Dei ti - ohes tarn auch re - ret fast, Des ti - ehes tam auch re - ret fart 



nu gein dem ta - ge scho - ne; 
die frucht be - gym - met zyt - tern, 



mm gein dem ta - ge scho - ne; 

die frucht be - gym - met zyt - ten, 



it 



9E£ 



f^-f 



he wol-vff wer-den re-cken rich 
die su - len wi-ohen swe-ren kit, 



na wol-vff wer-den recken rich 
die su - lem wi-chen sweren last. 



bald vfe der sum - den ho - ne; 
graft dort in tal in ly - ten; 



bald vis der snn-den ho - ne; 
grafs dort in tal in ly - tern; 



3- 



11)^ 

End wa-chet daz ist am der zyt: 
der je - ger ist dem wil-de much, 



and wa-chet daz ist an der zyt: 

dor je - ger ist dem wil - de nach, 



. i i i m n & 

die ackest by dem bau-me lyt, 
daz ez Mm smil-zet vor der vaeh, 



die ackest by dem ban-mi© lyt, 
daz ei hin smil-zet vor der vach, 



ge - slyf - fen ser in scherpfe ; 
daz we - sel fblt die werfft. 



ge - slyf-fen ser in soher - pfe; 
daz we - sel fait die wer - ffe. 



Bis Lied soil also in der bezeichneten Form in stronger Mensur 
geeungen werden; docb welche Verwaltigungen! 



Der Mmnegesaiig mil mm Vortrag. 



SI 



Nicht einmal die einzelne Verszeile konnte eingehalten werden, 
8ondera die erste Note der zweiten Zeile muss noch in den letzten 
Takt der ereten Zeile genommen werden und so durchgangig. Wo 
soil da noch der praktisohe Vorteil M©g©n f von dem Dr. Eiemann 
bei der Choralnotierung ganz mit Becht sagt:*) „Ganz neu, aber ge- 
wiss praktiscb ist das von Eunge angewandte Verfahren des Ab- 
setzens der Melodie nach Reimzeilen. Dann betrachte man die 
Fermate liber die Silbe »schre-" auf e— f und die andere ttber der 
Silbe n cM l auf e — d mitten in der Triolenbewegung mit Hintan- 
haltung des Tones c; beide sind rhythmisch undenkbar. Welche 
Kehlenfertigkeit mtisste dem Minnes&nger zu Gebote gestanden sein, 
um acht Noten in Zweiunddreifsigstelbewegung auf einen Taktschlag 
zu singen, ganz abgesehen von den vielen Pliken, tiber deren melis- 
matische Ausftthrung uns zudem Rungs im Unklaren lasst. 

Auf diesen notenreicben 1. Teil folgt dann der im monotonen 
Rhythmus einherschreitende 2. Teil, dessen andauernd gleichm&feige 
Bewegung wie Keulenschlfige wirkt Scion dieses einzige Lied ist 
im stande den Beweis zu erbringen, dass die Minnelieder unmftglich 
in Mensur gesungen wurden. 

Is bleibt uns also als richtige Vortragsweise allein diejenige im 
sag. freien Sprach-Rhythmus, welche auf dem einfachen Prinzipe be- 
ruht: „Singe den Text mit Noten, wie du ihn ohne Noten eprichst." 
d. h. also die Noten nehmen ihre QuantitiU turn freien Vortrage 
vom Texte. 

Wir lassen nun obiges Tagelied Peter von Reichenbach's in der 
von uns gedachten Notierungsweise folgen. 

Zu diesem Zwecke wahlen wir ganz gleichwertige Notenformen, 
welche nur bei der betonten (langen) Textsilbe etwas gedehnt und 
hervoigehoben werden, die leichten (kurzen) Textsilben dagegen 
werden auch leichter gesungen. 

Es ist selbstverstandlich, dass die Darstellung der Vortragsweise 
auf dem Papier ungemein schwierig sich gestaltet, so leicht auch 
der Vortrag in der Praxis ist Wer nie selbst den gregorianischen 
Choral gesungen oder wenigstens denselben hat richtig vortragen 
hSren , wird sich allerdings nur schwer ein wahres Bild davon 
machen konnen, Wenn wir in der *modernen Musik nach etwas 
Ahnlichem suchen wollen, so finden wir es in dem freien Recitativ, 



*) a. a. 0. 



62 



Der Minnegesaiig nai sein Vortrag. 



bei dem auch die Lange und Ktirze der Texteilben fttr die tecb- 
nische GestaltaDg malsgebend 1st 



Phrygisch. 



Peter wm Belehenbaeh's „Tagelied", 

(tJbertragmif im sog. Sprach-Rhythmus.) 

S. Range, pag. XVI. 



By 
Wo 



fro-ner weoh-ter we -eke! 
sie nnt, tu rie wi - chen 



r r r r - 



vfe sla-fes twalm zwey lieb her - sohre - eke, 

ver-stor der sum den lauff snel 1 - chen ; 



ee, dfum da* 

viel bill - i© 



ne en 

dmi-iiiii 



- Me -eke 
sli • chen 



fles ta-gee schin, aim 
vfs ke-me mot, .trot 



h»rrf r f f f 



der si-cher-lich tot of - fen - bar so ' clar 

heilfl sie, ee dann des ta - ges claat sin last 



mit rech-te al - le ding be - - Inch - tet, 

kam, das wet-ter gols surer - lich fuch - tet 



Ay, ta aie ho - ren schier 

r f f f ft 



den raff 



des her-ren elar, der sie ge - schoff, 



Der Minnegesang und soin Vortrag. 

T-r* rT?r 



63 



der lie bring wk der 

?77 



deo 



stuff 




lange ieht da-rynne slaffen. 



Die zyt die ne - het si - cher-lich 
Des ti-ches tarn anch re - ret fast 



na gein dem tm 
die fracht be - gym 



ge soho - ne; 
net zyt - ten, 



na wol-vff wer-den re-oken rich 
die sa - len wi-chen sohweren last. 



it 



bald vfs der son-den ho - ne ; 
grals dort in tal in ly - ten ; 



nnd wa-chet daz ist an der zyt: 
der je - ger ist dem wil-de nach, 



die a-ckest by dem bau-me lyt, 
daz ez hin-smil-zet vor der vach, 



# p * # P i P Tf 



ge - slyf-fen ser in scher - pffe; 
daz we - sel fait die wer - fife. 



Verliert nun Rungtf* Publikation durch seine, unserer Meinung 
nach irrige Anffassung der Vortragsweise an Wert? Nein, diesem 
hervorragenden Werke wissenschaftlicher Akribie and staunenswerten 



64 



Dor Minnegesang und sein Vortrag. 



IMfses wird dadurch nicht im mindesten Eintrag gethan , fleam 
unsere Darlegungen beziehen sich nur auf das fiu&ere Moment, den 
Vortrag. Hatte Runge das Original darchweg in der Transkription 
gegeben wie z. B. das Tagelied von Peter von Reichenbach, so ware 
durch die subjektive Auffassung der Wert des Originals verloren 
gegangen, so aber liegt das entzifferte Original in genauer Choral- 
notierung wohlgegliedert vor uns, so dass dasselbe ohne weitere 
Anderungen nacb der von uns gedachten Vortragsweise benutzt 
werden kann. Deswegen glauben wir aach Runge vollstandig bei- 
pflichten zu konnen, wenn er in seiner Vorrede schreibt : *) 

„Der Umstand, dass Br. Riemann das drockfertige Manuskript 
an der Hand der von der Verwaltung der Miinchener Hof- und 
Staatsbibliothek freundlichst nacb Leipzig gesandten Handschriften 
nochmals nachpriifte und aucb die Drucklegung beaufeichtigte, be- 
rechtigt mich zu der Hofifnung, dass meine Ausgabe der Sanges- 
weisen der Colmarer *Liederhandschrift fur die Benutzung zu wissen- 
schaftlicben Untersuchungen an Stelle des Originals treten kann." 

Mogen diesem Qebiete von Seite ernster Forschung mehr Auf- 
merksamkeit und Beachtung gewidmet werden wie bisher, dann 
werden sich auch ganz neue Gesichtspunkte fiir eine unbefangene 
Kritik eroffhen. 



Mttteilnngen. 

* Franz Liszt's Brief© an Earl Gille. Mit einer biographischen Ein- 
leitung, herauagegeben von Adolf Stern. Mit einem Bildnisse Karl Gille's 
Leipzig, Breitkopf & Hartel, 1903. 8°. LXf und 96 Seiten. GUle 
war Jurist und betrieb die Musik nur als Dilettant, besafs aber ein vor- 
zugliches Organisationgtalent, was er an seinem Wohnorte Jena in geradezu 
gtaunenswerter Weise durch Errichtung von Konzerten entwickelte und 
sich den Dank des gebildeten Publikums erwarb. Als Gymnasiast, er 
war am 8. Oktober 1813 zu Weimar geboren, hatte er ofter Gelegenheit 
Goethe zu sehen und von ihm als hervorragend begabter Schuler beachtet 
zu werden. Seine Hndrttcke in der Zeit brachte er einst zu Papier und 
werden von Stern aufgenommen. Seine jmristische Stellung in Jena war 
anfanglich das Amt einee Polizeisekretars und seit 1842 zweiter und 1844 
enter juristischer Sekrettr, tin Amt wekhei die iiclisisch - ernertiaischen 



*).* a. o. a VHL 



Mitteilungen. 



65 



Lftnder gameinsani mit den anhaltischen Herzogtumern and den sehw&rz- 
bnrgi8chen Furstentumern unterhielten. Die eigentlichen Bite des Ober- 
appellationsgerichts, mm grofseren Telle juristische Professoren der Jenaer 
Universitat, traten nur zu einigen wdchentlichen Sitzungen zusammen und 
der Sekrettr, der die ausgearbeitete Korrespondenz grdfstenteils za fuhren 
und den Unterbeamten die notigen Weisungen zu erteilen hatte, war m 
den meisten 8tanden in den Geschaftsraumen des hoben Gericbts der 
AUeinberr. In dieser gesicberten Stellang, die ibm nocb viel Zeit ubrig 
liefs, entwickelte er nacb and nacb eine organisatorische Thatigkeit in Er- 
ricbtung von Lesezirkeln, eines Liebhabertheaters und Hebung der be- 
fitehenden Konzerte, die bisher an Mangel an Kraften and Teilnahmslosigkeit 
des PubHkum8 krankten. Unter seiner geschickten Fuhrnng entwickelte sicb 
in Jena ein ungeabntes Kunstleben, was sicb bis auf Bilderausstellungen 
erstreckte, so dass Gille's Name alle Kanstheroen anzog und Jena mit mancber 
Grofsstadt wetteifern konnte. Als eifriger Verebrer Wagner'scher und 
Liszt'scber llusik konnte es nicbt fehlen, dass er zu Liszt, der im nabe 
gelegennn Weimar lebte in n&bere Verbindung trat, aus der sich nacb and 
nacb eine innige Freundscbaft entwickelte, aos der nun obige Briefe ent- 
sprangen. Sie beginnen mit dem Jabre 1856 und reichen bis 1886 (74 
Briefe). Die ersten Briefe bieten wenig Interesse, Danksagungen fur Be- 
burtstags-Gratulationen und Gbersendung von Komposition, erst als Liszt 
in Bora lebte, erhalten dieselben einen boheren "Wert und gewabren einen 
Blick in das Seelenleben des Scbreibers. Hier findet man aucb die Er- 
klarung fiber das einst so auflalhge sprungweise Leben Liszt's. So schreibt 
er 1864 aus Bom „Mein hoherer Beruf" ist: frei empfinden und scbaffen, 
— nicbt: Spielen und Erfolge erbetteln. Demnach bedarf ich alleinig der 
rubigen abgescblossenen Selbstandigkeit, die icb endlicb bier errungen und 
die mir kein Konigreieb zu ersetzen vermag. Wabre Freunde durften den 
bestimmenden Grand meines definitiven Verbleibens in Bom nicbt ver- 
kennen 4 ' . . . Ein ander Mai scbreibt er: Icb muss komponieren, wie der 
Esel scbreien muss, der Frosch quaken und der Vogel singen. Wie all- 
gemein die Thatigkeit Gille^s anerkannt wurde, beweisen die im Anbange 
mitgeteilten Briefe von Richard Wagner und Peter Cornelius an Gill©. 
Der zweite Brief von Wagner aus Luzern von 1871 ist sebr bissig, ent- 
halt aber viel Wahres, wenn aucb manches ubertrieben ist. 

* Evangeliscber Chorverein zu Nordlingen, geleitet von Ft. Wilhelm 
Trautner. Zweiter Bericbt 50 8. in 8°. Der Verein wurde im Jabre 
1882 gegrundet und singt an Festtagen in der Kircbe, sowie Oratorien 
im Saaie. Der Chor bestebt zur Zeit aus 70 Personen von denen nur 14 (!) 
Stimmen auf die Mannerstimmen kommen, furs mannlicbe Gescblecht ein 
ungunstiges Zeugnis. An Kompositionen werden sowobl die klassiscben 
Werke unserer Meister aufgefuhrt, wie neuere und zum Teii auch Werke 
des 16. und 17. Jabrbunderts. Der Dirigent zeicbnet sicb aucb als Kom- 
ponist und als ein in der Musikliteratur wobl bewanderter Musiker aus. 

* Tijdschrift der Vereeniging voor Noord - Nederlands Muziek- 
gescbiedenis. Deal ¥11, 2. Stuk. Der IiiMt besteht mm mum Bechen- 



66 



Mitteilungen. 



scbaftsbericbt iter das Jahr 1901, einer Aufforderung ein Instrumenten- 
Museum za grunden, einer Biographie Cornelius de Leeuw's and ekes 
Verzeichnisses von niederlandiscben Druckwerken mit Musik verfiwrt von 
B. F. Scheurleer. Wie kann ein bo fleifsiger Bucbersammler ein so un- 
praktiscb angelegtes Verzeichnis von Druckwerken heransgeben? Als 
1. Abteilung liest man ^Algemeene Verzamelingen". Das ©rate Buch 
ist ohne Jabr and soil ins 16. oder 17. Jabrbandert gehdren, daraaf 
folgen Bacber von 1828, 1832, 1833, 1836, obne Jabr, 1839, 
1842 and so fort in chronologiscber Ordnung, ofters unterbrocben darcb 
andatierte Drucke. Die 2. Abteilung tragt die tJberscbrift: „Zestiende 
Eeuw" und beginnt mit 1544, gebt cbronologiscb bis 1564, springt auf 
1614 uber, kebrt nacb 1570 zuruck, springt nacb 1641 uber, kebrt nacb 
1571 zuruck u. s. f. Wenn die spateren Drucke aucb nur neue Auflagen 
sind, so gebdren sie bei einer cbronologiscben Ordnung nicbt dabin und 
konnen dort nur als Hinweis angefubrt werden. Die Gtemsen Liet Boexken 
reicben bis zum Jabre 1872, wozu dann die tlberscbrift „16tes Jabr- 
bandert"? Bei kleinen Verzeicbnissen von Werken eines Autors ist die 
cbronologische Ordnung wobl angebracbt, docb bei einem so mannigfacben 
Yerzeicbnis von mehreren Bogen ist die alpbabetische Ordnung das einzig 
ricbtige. J. W. Enschedfs Biograpbie de Leemw's ist sebr ausfubrlicb 
bebandelt und mit Musikbeispielen verseben , Leeuw war Musiker und 
Musikdrucker, sein Geburtsjabr ist zweifelbaft, die Einen geben 1613, 
1617, die Anderen 1621 in Edam an. Er ist besonders bekannt durcb 
die Herausgabe der geistlicben Liederbucber von Campbuysen's und 
Datbenus'. 

* In Gustav Schloessmann's Bucberei far das cbristlicbe Hans, 
Band II, erscbien 1903 aucb eine GescMchte der geistlicben Musik von 
Hermann Batth, kl. 8°, 180 Seiten. Dieselbe ist fur einen grofseren 
Leserkreis bestimmt und daber flucbtig alle Perioden der Musik beruhrt, 
Man darf bei einer solcben Darstellung nicbt verlangen, dass der Ver- 
fifflser woH bewandert in den neuesten Erforachuiigen der Musikgeschicbte 
ist, docb kommen mitunter recbt wunderlicbe Aussprucbe zu Tage, so 
z. B. Seite 45 wo es beifst: „Die itaUeniseben Komponisten baben nach 
dem unubertrefOicben Palestrioa wenig mebr fur die geistliche Musik ge- 
leistet ? u Dass der Palestrinastil in Italien bis ins 18. ja selbst nocb im 
19. seine zablreicben Komponisten fand, scbeint dem Herrn Verfasser un- 
bekannt zu sein. Es liefse sicb nocb gar mancbes anfuhren, docb halten 
wir das ganze Unternebmen fir verfeblt, da sicb scbwerlicb jemand finden 
wird, der fur die flucbtige, dem Leser mit unbekannten Namen gespickte 
Darstellung interasieren wird. 

* Hierbei eine Beilage: Katalog aus Stuttgart, Bog. 6. 



Verantwortlicher Bedaktenr Bobert Bitner, TentpHa (Uckerm&rk). 
Drock iron Hermann Beyer A SOhne (Beyer A Mann) in Iiangeiiaalaa. 



fir 

MUSIK- GESCHICHTE 

hermusgegoben 
▼on 



der Gesellsohiift ftk liiisikforsohiiiig. 





Preii dei Jahrgangei 9 Mk. MonaUioh ericheiut 




mi mi 


eine Nonuner ▼om 1 bit i Bo gen. Iniertiomgebttbren 




fir die Zeile SO Pfc 


So. 6. 


1903. 


KommiitioniTerlftg 


▼on Breitkopf A Hlritl in Leipaig. 
BeiteUangen 
ntmmt jede Bnoh- and Mturikhandlnng entgegen. 





lie Tonurlen. 

Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwiirde bei der 
philosophischen Fakultat der Universit&t Leipzig von F. X. Mathias. 
Graz, Yerlagshandlung Styria, 1903. 

Was ist ein Tonarius? Em Tonarius ist — ein Tonarius. Ich 
bekenne freimitig, dass ich im ersten Augenblicke eine kurze, biiodige 
Erklarung des Wortes nicht zu geben vermochte. Den Versuch, in 
die WiJdnis mittelalterlicher Musiktraktate einzudringen, urn wohl- 
vorbereitet an die Lektiire der Arbeit gehen zu konnen, gab ich bald 
auf, zumal von alien Seiten nach einer kritischen Neuausgabe ge- 
rufen wird, mir auch neben Spezialarbeiten Eitner's Monatshefte fir 
Musikgeschichte, HaberPs Kirchen musikalisches Jahrbuch, die Viertel- 
jahr8schrift fir Musikwissenschaft, „Bicher, die heutzutage kein Musik- 
historiker entbehren kann, da sie durch ihre immense Fiille von 
Notizen und Forschungsresultaten seine Fiihrer, seine Magazine bilden", 
zu Gebote stehen. Aus „der Fiille von Notizen" hebe ich einige heraus. 

„Regino von Priim teilte die Antiphonen nach Tonen ab und 
die Differenzen und Schlussklauseln (divisiones tonorum sen diffe- 
rentiae, quae in extrema syllaba in versu solent fieri) ordnete er 
nach der Tradition und nach den Oesetzen der harmonischen Wissen- 
sehaft. Ebenso verfnhr er mit den Kommunionen, Introitus und Re- 
spensorien. Diese Zusammenstellung ist sein Tonarius." „Ein Tonarius 
enthalt die Anfange der Antiphonen, Introitus, Gommunionen und Re- 
sponsorien." „Gewisse Tonformeln MeJsen das Wesen einer Tonart 
leicht erkennen. Diese Formeln oder neumae waren nie den Ge- 

MonatslL. f. Mnittg— ch. Jafarguif XXXV. Ho. 5. 5 



88 



Die Tonarien. 



singen beigesetzt, sondern finden sicb nur in den Tonarien auf- 
gezeichnet, d. b. in Verzeichnissen von Gesangen, von denen jedoch 
nur die Anfangsworte angegeben siid. 4< „Ein Tonarius ist eine nacb 
den modis geordnete Liste fast aller Antiphonen des Offiziums und 
des Missale, sowie der Hauptformeln and Psalmausglnge." „Die beste 
Kenntnis der Veranderungen, welch© im Laufe der Zeit die Melo- 
dien in Bezug auf den modus (Ton art) erfahren haben, giebt eine 
Vergleichung der drei Hauptdenkmaler der liturgischen Gesange: 
1. der Tonarius von Regino, 2. der von Guido von Arezzo, 3. der 
Traktat De modorum formulis von Pseudo-Odo." 

Mein freimiitiges Bekenntnis, das ich oben abgelegt, kann ich 
nur wiederholen und es wird es mir wohl niemand verdenken, wenn 
der Titel „die Tonarien" mir wie Sirenengesang entgegen tonte. Doch 
bald kam ich zu der tJberzeugung, dass mit Dr. Franz Xaver Mathias, 
Organist am Strafsburger Minster, eine neue, fahige Kraft in die 
Reihen der Forscher auf dem Gebiete der mittelalterlichen Musik- 
geschichte und speziell des Gregorianischen Chorals tritt. Zwar ist 
die vorliegende Studie nur das aligemein orientierende Einleitungs- 
kapitel eines grofseren Werkes: „Konigshofen (der Strafeburger 
Chronist) als ChoraJist. Sein Tonarius", doch weckt diese Probe der 
Geistesarbeit des Herrn Dr. Mathias eine giinstige Meinung von dessen 
Wissen und Konnen. Weitere Beweise werden gewiss nicht lange auf 
sich warten lassen. 

Beschr&nkten sich liter© Versuche der Yerbesserung des romi- 
schen Kirchengesanges darauf, entweder auf Grund der uberkommenen 
Theorien der Kirchentonarten einzelne Wendungen anzufechten, oder 
aber mittels Vergleichung alterer Handschriften jiingere, verdorbene 
Lesarten zu berichtigen, so ist die neueste Zeit zu einem ganz 
anderen Verfahren iibergegangen , in dessen leitender Idee sich die 
ganze Eiihnheit modernen Forschergeistes offenbart Man erkannte 
die enge Verwandtschaft der Melodien von Gesangen gleicher Gattung 
(Antiphonen, Responsorien etc.), aber verschiedener Textunterlagen 
und schloss daraus, dass eine nur beschrankte Anzahl urspriinglicher 
Gesange im Yerlaufe der Jahrhunderte durch Anpassung langerer 
oder kttrzerer Texte vervielfaltigt und damit der reiche Schatz des 
Gregorianischen Gesanges, welcher hente den stolzen Besitz der katho- 
lischen Kirche bildet, angehauft worden sei. Meines Wissen s war 
Hugo Riemann, Studien zur Geschichte der Notenschrift, 1878, S. 144, 
148, 190, der erste, der gleiche Melodieen mit verschiedenen Texten 
zusammenstellte. Seither haben die Benediktiner von Solesmes (in 



Die Tonarien. 



69 



der Pal6ographie musical© seit 1889) dureh die Abhandlungen iiber 
den Bluings des lateinischen Sprachaccents auf die melodische und 
rhythmische Struktur der Gregorianischen Gesange zur voUsten Klar- 
beit erwiesen, dass je nach dem gro&eren oder geringeren Silben- 
reichtum der jedesmaligeii Texte die Melodien dureh Einschiebsel 
erheblich erweifcert oder dureh Auslassungen zusammengedi&ngt werden, 
ohne dass darum ihre Identitat in Frage gestellt ist Dieser ktihn 
entworfene Gedanke eroffnet Aussichten auf fest formulierbare rhyth- 
mi8che Grundlagen der Struktur der alten Gesange, welch© 8chon 
jetzt deren eigentliches Wesen in ganz anderem Lichte erscheinen 
lassen als die fruheren verschwommenen Ideen von einer freien 
Deklamation in annahernd gleichen Zeitwerten der einzelnen T6ne 
und Figuren. Die Erkenntnis ist nicht mehr von der Hand zu 
weisen, dass es unter den konkreten Einzelmelodien eine Anzahl 
Melodietypen giebt, deren rein musikalische Konzeption zwar zweifellos 
ursprungiich dureh einen Text inspiriert worden ist, aber moglicher- 
weise nicht dureh einen prosaischen lateinischen, sondern vielleicht 
dureh einen metrischen griechischen oder auch dureh einen hebrai- 
schen Text Selbst wenn dieser TJreprung sich niemals ganz sollte 
aufdecken lassen (ist doch die liter© byzantinische liturgische No- 
tation heute noch ein Buch mit sieben Siegeln), so scheint es trotz- 
dem moglich, rein musikalisch befriedigende melodisch-rhythmische 
Grundlagen festzustellen, aus welchen sich bindende Nonnen fir den 
Vortrag der Kirchengesange ableiten lassen, so s. B. die Einhaltung 
annahernd gleicher Zeitabst&nde fur die Folge von Hauptaccenten und 
demgem&Is starke Beschleunigung von Partien mit gehluften accent- 
losen Silben einerseits und stark gedehnter, getragener Gesang fiir 
8ilbenarme Texte andererseits. 

In den Dienst solcher Ideeen stellt sich Dr. Mathias' Arbeit, ja 
sie geht noch iiber die Annahme einer immerhin ziemlich grofeen 
Anzahl von selbstandigen Melodien verschiedener Anlage hinaus, zur 
Aufweisung weniger, fiir die einzelnen Tonarten und die besonderen 
Gattungen der Gesange charakteristischen Formeln, deren Kenntnis 
jeden mit den leitenden Prinzipien dureh die systematische Lehre 
vertraut gewordenen Sanger in stand setzt, sozusagen in jedem 
Einzelfalle die Komposition des betreffenden Gesanges aus sich heraus 
frei zu reproduzieren. 

Die Bekanntschaft mit diesen Formeln zu vermitteln und zugleich 
ihre Handhabung im konkreten Falle dureh systematische Einftihrung 
in altiiberkommene Praxis zu lehren, ist der Zweck der Tonarien. 

5* 



70 



Die Tonarien. — Hektor Berlioz. 



Die im Abendlande bis zuriick ins neunte Jahrhundert nach- 
weisbaren, auf altere Muster in Byzanz, beziehungsweise Syrien ver- 
weisenden Tonarien sind systematische Zusammenstellungen der 
Kirchengesange zunachst in Hauptrubriken nacb den Tonarten, in 
denen sie sich bewegen, und innerhalb der Tonarten nach liturgisch- 
musikalischen Gesichtspnnkten gegliedert (Mess- und OfBziumsgesange, 
oder Antiphonen und Responsorien). Einerseits geben sie den musi- 
kalischen Schematisms der Gesange unter Voranstellung allgemeiner 
Formeln und Modelltexte (Noeane, euouae) und waren darum form- 
liche Lehrbiicher des liturgischen Gesanges, andererseits waren sie 
Sammlungen der tonartlich und der Gattung nach zusammengehorigen 
Texte und daher Handweiser, Schliissel fiir das Verstandnis der be- 
sonders vor Geido's Reform der Notenschrift nur andeutenden No- 
tierungen der Gesangbiicher (Antiphonarien, Graduation). Die letztere 
Bedeutung der Tonarien trat zuriick, nachdem die Notierung sich zu 
▼oiler Bestimmtheit entwickelt hatte. Vom 13. bis 16. Jahrhundert 
hatten sie nur noch Wert als kurzgefasste Lehrbiicher, danach ver- 
schwinden sie. 

Is ist das besondere Verdienst von Dr. Mathias' Arbeit, einmal 
eingehend f ber Wesen, Zweck und spezielle Anlage der Tonarien 
sich verbreitet zu haben. Paul Runge. 



* Briefe von Hektor Berlioz an die Furstin Carolyne Sayn- Wittgenstein, 
heraasgegeben von La Mara. Leipzig, Breitkopf & Hartel, 1903. 8 °. 
188 8. Eine deutsche Biographie von Berlioz ist noch nicht geschrieben. 
Die Aafgabe wire verlockend, aber zugleich sehr schwer. Bei keinem 
anderen Musiker hat man so sehr, wie bei Berlioz das Gefuhl, einem 
moderDen Menschen gegeniiber zn stehen, dessen Seelenlebeo reich genug 
ist, urn auch fur sich allein betrachtet zu interessieren. Mit einer Er- 
zahlong der Lebensschicksale und einer Analyse seiner Werke wurde man 
diesem Kiinstler nicht gerecht. Die vorliegende Briefeammlung wird das 
einem jedem beweisen, der es nicht schon wnsste. Sie enthalt wirklich 
einmal Bekenntnisse, die eine gewisse nervose Ursprunglichkeit besitzen. 
Berlioz' eigene Memoiren erscheinen diesen Briefen gegenuber konventionell 
und kalt. Freilich entbehren sie nicht einer gewissen journalistischen 
Technik , aber hier ist ein ganz eigenartiger Stil, fiber den der Autor 
selbst die feine Bemerkung macht: „J'ai trop de violence, j'ai voulu me 
calmer et n'y suis pas parvenu ; cela donne aux allures de ma prose 
quelque chose d'in&gal, de tibutant, comme k marche d'an homme core." 

Wir ertahren durch diese Briefe wohl eine ganze Menge musik- 
ge8chichtlich interessante Binge, aber gerade das scheint mir nicht das 



Hektor Berlioz. — Schubartstndien. 



71 



Beste an ihnen hi sein. Abgesehen von allem wissenschaftlich Bedeutsamen, 
besitzen sie einen grofeen litterarischen Wert. Das Franzosisch ist elegant, 
naturlich. Dabei ist das Bach voll von geistreichen Bemerknngen. Sorglos 
werden sie hingeworfen. Man empfindet unwillkurlich, dass der Aotor 
nicht notig hat, mit semen Einfallen sparsam nmzugehen. Scharfe Satire 
wechselt mit uitereseaiifw Selbstbeobachtmig; es fiiefsen allerlei Bemerknngen 
iber Kunst and 8chaffen mit ein, wm lernen Berlioz bei seiner Arbeit 
wie in seinen Mnfsestunden kennen. Zwar klagt er viel iber korperliche 
und seelische Schmerzen, aber die Lekture dieser Briefe bleibt doch ein 
grolser Genuss. 

Die Heransgeberin hat das Bach nicht ohne eine kleine Vorrede in die 
Welt geschicki Ihre intensive Beschaftigung mit Liszt scheint sie dabei ein 
wenig gegen Berlioz eingenommen m haben. Sie macht es ihm z. B. zona 
Vorwurfe, dass er „kaum vorubergehend fur das naheliegende Gefuhl der 
Dankbarkeit gegen Liszt" Worte gefunden habe, and stellt der „Ichsucht 
dee Irmiizosischeii Meisters" die „mit frommem Glaaben, selbstioser Mensehen- 
liebe und kunstleriBohem Idealismas er Mite Seele" Liszt's gegenib«r. Das 
Urteil, das in einer iwlcheii Parallele Heft, ist unberechtigt. Bemihen 
wir mns, jeden Knnstler ana sich herams zu verstehen! Berioz schreibt 
gelegentlich an die Furstin: „Vous n'avez rien a pardonner, je n'ai point 
d'excmsee a vous faire, puisque vous comprenez." Zudem weils in diesem 
speziellen Falle die Herausgeberin selbst, dass die Briefe von Berlioz an Liszt 
Mder verloren sind. Sicherlich wird der tempemmentvol© Franzos© in ihnen 
jenem naheliegenden Gefuhl Aosdruck gegeben haben. Bei Erwahnung 
ekwlner Namen orientiert La Mara den Leser durch kurze Fpfmoten. 
Das ist sicherlich notwendig. Aber wenn man weiJfi, dass mit Heine der 
Dichter, mit Paganini der Geiger gemeint ist (was ubrigens nor wenigen 
der Lcner zweifelhaft sein wird), so gentgt das vollkommen. Worn die 
Notiz, „der grofse Dichter*', ; ,der beruhmteste aller Geiger 41 . Die 
schmuckenden BeiwHrter sind dmrchaiis nicht angebracht. Auch in solcheii 
Kleinigkeiteu mutate die HemiuBgeberm ©ine§ stark iathetisch nvkenden 
Baches vorsichtig und sorgfaltig sein. 

Koln, im Februar 1903. Dr. Gerhard lischer. 

* Schubaristudien von Ernst Hoker. Mit einem Bilde Schabart's and 
Masikbeilagen. Ulm 1902. (Sonderabdruck aos der Tllmer Vereins- 
pablikation. 4°. 51 Seiten. Schon im Jahre 1899 veroffentlichte der- 
selbe Verfasser zwei kleine Arbeiten, betitelt Schubertiana (M. f. M. 32, 
19 a. 167), die sich mit seinen Leistungen als Schriftsteller and Kompo- 
nist beschaftigten. In vorliegender arofangreicherer Arbeit giebt er Bio- 
gmpMielies, bespricht neine Hterariechen and MuBflcarbeiten, teilt Gedichte 
and Masikpiecen, Lieder and Klavierpiecen mit Der Verfasser sieht bei 
aUer Begabmug Sch/s dessen zerfahrenes Wesen, was ohne griiidMch© Vor- 
studien in kekiem Fache etwaa Hervorragendes leistete. Nor als Kritiker 
stellt er ihn als Master hin and sacht dies aos Beispielen zu beweisen; 
ebenso muss man Sch. zom Teil aaoh als Dichter von Volksliedern eine 
gewisse Anerkennang nicht versagen, obgleich sie fitter ins Bohe aber- 



72 



Schubartstudien. 



achlagen, dennoch den Volkston irteta treffeD. Sehr sorgwwi ist der bio- 
graphische Tell behandelt Sch/s Vater war sehr musikalisch and in 
seinem Hause spielte die Masik eine grofse Bulla Daniel, der Sohn, 
zeichnete sich schon mit 8 Jabren ale musikbegabt ans, komponierte 
aucb schon mit 9 Jabren Heine Stucke. In Nordlingen besuchte er die 
Schule, wo er wenig Gelegenbeit fand Masik za treiben, dennoch geriet 
er in die Gesellschaft Hederlicher Fiedler, die, wie er selbst sagt, ihm 
seine Bitten verdarben. 1756 kam er nach Nurnberg, dort erhielt er 
vom Stadtkapellmeistcr Gruber Unterricht im Generalbass nnd Kompo- 
sition, lernte die Werke Sebastian Bach's kennen, die er zeitlebens als 
hochste Leistungen in der Eonst sch&tzte and in Zeitschriften daraaf aaf- 
merksam machte. Der Unterricht bei Gruber scheint die einzige An- 
weisnng gewesen m sein, die er in der Masik erh&lten hat and es ist bei 
seinem Natarell sehr fraglich, wie weit derselbe anhaltend war. Noch 
Schuler, erhielt er schon eine Stelle als Fruhmesser, gab Klavieronterricht 
and spielte oft in Familienkreisen. Einige Lieder auf durchziehende 
preufsi8che Husaren gedichtet and komponiert fallen in diese Zeit, sie 
flogen in alle Welt, warden iu Schwabach gedruckt und vom Volke ge- 
sungen, ohne den Komponisten za nennen oder za kennen. Das gleiche 
Treiben setzte er in Erlangen als Student fort. Von hier kam er mit 
ziemlich wtstem Kopfe nach Hams© and fuhrte mm Bammelleben in Aalen, 
wesentlich dorch Masik ausgefullt. Er organisierte eine Stadtmusik, eine 
Art Orchesterverein, worin aach der Handworker Aafnahme fand, kom- 
ponierte Kirchenstuoke, Sinfonien, Sonaten, Arien and under© Kleinigkeiten 
in Menge, die spater onter seinem und fremden Namen in alle Welt aus- 
flogen. Nach einer planlosen Streiferei im Limpurgischen trat Sch. die 
Stelle eines Prazeptors and Organisten in Geislingen an, wo er — am 
wenig Geld — neben der Schale noch die stadtische Masik nebst dem 
Organistenamte am ¥ereah«i hatte. In dieser elenden Stellong heiratete er 
eine jener hansbaekenen deutschan Franen. Em Besmeh in Ludwigsburg 
reifte den Entschluss, Geislingen mit Ludwigsburg, der pr&cht gen Besidenz- 
stadt, m vertanschen. Hier whwamm er mit Wonne so ganz in seinem 
Element. Die Hofkapelle unter Jomelli's Leitung bestand zur Zeit aus 
ausgezeiohneten Musikern, denen er teils vorspieite, teils von ihnen lernte. 
Bald war er in den hochsten Kreisen der gesuchtetste Mosiklehrer. Eine 
Liebesafiaire brachte ihn ins Gefangnis mid dann wurde er Landes ver- 
wiesea. Auf dem nun folgenden Wanderleben war die Musik allein die 
Ern&hererin. In Mannheim hatte er fast an Kurfurst Karl Theodor's Hofe 
eine Anstellung erhalten, doch sein „loses Maul" brachte ihn darum. Er 
ging nach Augsburg und wurde Zeitungsschreiber. Hier fand er eine 
sesshafte burgerliche Existenz und verlebte die gluckliohste Zeit seines on- 
ruhigen Lebens. Er grundete 1774 die ^Deutsche Chronik", ein politischee 
Blatt mit Bahlreicheii Kritiken von Musikwerkea, Konzerten mud anderen 
Kmnstwerken, welches sich bald einen weiten Leierkreis erwarb und Sohm- 
bart gut© Geldemnahmoi verschaffte; doch die freimutigen religidsen An- 
aichten schafen ihm viel Feinde, die den Karfursten zu bestimmen wussten, 



Schubartetudien. — Jahrbooh der Mosikbibliothek Peters. 78 

Suk das Lund so verbieten. Er guig nach TJlm, setasto die Heramsgabe 
der Deutsche! Ohronik fort, liefs seine Familie nachkommen, bis ihn audi 
Mer seine Feinde starzten, ihn am 22. Januar 1777 nacb Blaabeuren 
Jockten, wo der Arglose festgenommen and nacb der Forte Hohenasperg 
transportiert word©. Erst in ebem itsteren Felsemlocli© eingesperrt, wo 
er 377 Tage sehmachtete, dann erst in ein freondEiheres Ziminer im Kom- 
mandantenban gehmcht, doeh ©rat 1782 wurde ihm eine humanere Be- 
handlong m tel. Fir die Familie sorgt© der Herzog. Am 11. Marz 
1787 scblug §ek© Erlosttngsstnnde and der Her»g kundigte ihm selbst 
seine Freilassang im, ernannte ihn sun Direktor der Hofmmsik and ram 
Themterdichtcr in Stuttgart, damit ©r im Land© bleibe and nicht ©turn 
im Auslande sein© g«r©chten Anklagen lant werien Imsse. Ferner erhielt 
er die Erlaabnis, seine Zeitung anter dem Titel ,,Vaterlands-Ghronik u fort- 
fahren za darfen, die aach von 1787 — 1791, seinem Todesjahr, erschien. 
Geistig and korperlioh gebrochen lebte er nar noch vier Jahre and starb 
den 10. Oktober 1791. — Die von Holzer mitgeteilten 6 Lieder and 
3 JOaYierpiecen leigen in keiner Weii© em bervortreiendeB masikalisohes 
Erfindnngstalent and «»ch«i den Ekdrmck einer reaht nieiereii DH©ttant»n- 
masik, bowoH die Lieder, besondors ab©r die Klavierpieoen. Ein volks- 
tamlieheB Lied mans einfach aber meloiiis sein, das enter© sind si© im 
hdohstam Grade, mm zweiten aber fehlt alles, timber lasst ihn ah Konipo- 
nisten when, mis Diohter leistete er weit Bewares. 

* Jahrbuch der Musikbibliothek Peters far 1902. Neanter Jahrgang. 
Heraosgegeben yon Rudolf Schwartz. Leipzig, 0. F. Peters, 1903. 4°. 
135 Seiten. Die Bibliothek worde im Jahre 1902 von 3651 Personen 
besacht, die 5540 theoretische and 3539 praktisehe Masikwerke lasen. 
Obenan stehen im Gebraache die Monatshefte fur Mosikgeschichte, die 
von 66 Personen benfttit warden. An Artikeln enthftlt der Jahrgang: 
Boxtehude, H&ndel, Bach von Max Seiffert» der sich urn die Frage droit, 
wai ist in den Abendmuaikeii in Libeck outer' Boxtehade aafgefiOirt 
wordenf Di© Antwort daranf ist sehr fraglioh, da alle and jedwede doka- 
m«ntar»clifi Nachricht dumber fehlt. Nur 5 Textbicher aos den Jahren 
1678, 1683, 1688, 1700 and 1705 haben rich erhalten and legen Zeagnis 
ab, dan an 5 Donnerstagtn in der Adventzeit die Aofuhriiiigeii itattfsuideii 
and am Noojahrstage der Organist and Leitor derselben das Reaht hatte, 
bei den Borgern sich einen Geldbeitrag zu erbitten. Trotzdem sich 150 
Xantaten von Boxtehade erhalten haben, die teils in Labeck (gegen 20), 
die abrigen in IJpsala sich befinden, giebt keine davon Sonde, class sie 
fir die Abendmasikeii beatimmt war. . — Der nftchste Artikel ist dem 
1902 verstorbenen Dr. Friedrich Chrysander von Hermann Kretzsckmer 
gewidmet tTberraschend ist die Eonde, daes Cfcrjwyiidap nor ©me Semi- 
narbildiiJig in der Jogend gemots and all sein nmfaBBendee Wissen dmreh 
eigene Kraft and Selbststadiam sich erwarb. Am 8. Joli 1826 in dem 
mecklenborgischen Fleoken Labtheen geboren, konnten die Eltern, die dorch 
dem Brand iurer Mnhle glmlich verarmt waren, fir die Enaelimig Fried- 
rich T s nichts aofwenden, jedoch stets fand sioh ein freondlicher Heifer, der 



74 



Jahrbuch der Musikbibh'othek Peters. 



den wissbegierigen Knaben wetter forderte, nnd bo lernte er nenere 
Sprachen, horte Vorlesungen auf der Bostocker Universitat, bezog 1847 
das Lehreneminar in Ludwigalust, wurde 1849 Lebrer an der Birger- 
Bcbule zu Doberan, kam von hier nach Scbwerin an die Guffi'sche hdhere 
Tochterschule, die ibm aacb ein reichliches Einkommen bot Von Jugend 
ab far Musik • empfanglich, obne je Gelegenheit zu finden sie irgendwie 
auszuuben, erwachte die alte Lust, als er in Scbwerin yielfacb Gelegenheit 
fand Oper und Konzert zu besucben. Hit Eifer warf er sicb auf das 
Selbststudium der Tbeorie der Musik und bracbte in kurzer Zeit eine 
Oper zu stand©, docb nicbt als Eomponist sollte er sein Leben beschlieisen, 
sondern als Musikscbriftsteller und zwar f&hrten ibn die Mchard Wagner- 
scben Opern auf den Weg, denen er mit leidenscbafUicher Verehrung an- 
Hug und lie gegen die Ver&cbter verteidigte. Als Komponist trat er nur 
im Jabre 1870 mit patriotiscben Liedern hervor, die er in der damals 
von ibm redigierten Allgemeinen musikaHscben Zeitnng veroffentlichte und 
die den Dilettanten in jeder Hinsicbt verraten. Man wundert sicb nur 
daruber, wi© ein so stranger Mcbter seine eigenen Erzeugnisse so wenlg 
zn beurteilen im stande ist. Ebenso diiettantenbafl waren mme Klavier- 
auszuge von Handel'schen Opern, uber die Julius Schaffer 1876 eine 
Broachure veroffentlichte, worin er sebr scharf gegen Chrysander vorgebt. 
1855 erwarb er sicb an der Rostocker Universitat durch Einreicbung 
seiner musikbistoriscben Arbeiten und einer mindlcbeii Prfifong in 
Asthetik und Akustik den Titel eines Doktors. Noch mehrfach wecbselte 
er den Aufentbaltsori. In Vellabn heiratete er die Tocbter eines fruheren 
Lehrera seines Geburteortes, eine Jugendgespielin ; von Vellahn ging er 
nacb Lauenburg, bis er in Bergedorf bei Hamburg eine Gartnerei erwarb, 
nacb und nach Treibhauser baute und einen eintraglichen Handel mit 
Gartenfruehten betrieb, die ibm den LebeiiBunterhalt und die Mittel air 
Herausgabe H&ndel'scher Werke gewahrten. — Derselbe Verfasser schreibt 
nocb einen zweiten Artikel: Anregungen zur Forderung musikaliscber 
Hermeneutik — Dolmetschkunst — Programme uber Musikwerke, die in 
der Jetztzeit humor mehr nnd mehr in Gebraucb kommen und von B#» 
rmfeneii mid ITnberufenen massenbaft auf den Markt gebracbt warden, viol 
gekaaft nnd znr Unzeit gelesen warden. Brahms Yolkslieder von Max 
Friedlander bilden den letzten Artikel in dem 49 Bearbeitaiigeii von Volks- 
liedern besprocben und die Quelle nacbgewiesen wird. Die meisten sind der 
ZuccalmaghVschen 8ammlung entnommen, von denen aber nicbt alle Volks- 
lieder sind, sondern Eompositionen von Zuccalmaglio nelbst, der Bie als 
Volkslieder in seine Sammlung einscbmuggelte. Seite 71 wird ein TTrteil 
Brahms' uber Franz Magnus Bohme's vermebrte Ausgabe von Eric's Lieder- 
bort mitgeteilt, was nicbt sebr schmeichelhaft klingt nnd sie mit Recht 
ah wnMnsflerisA und imwissenscbaftHch bezeichnet. Man kann noch hm- 
zufugen: und ionfiis, wi© der ganze Mensch. Wie Spitta denselben als 
Herausgeber dringend empfehlen konnte, bleibt unbegreiflich und ist nur 
dadurch zu orklfiron, dass er Bohme's Lioderoammluiigen ganz oberflachlich 
kannte, denn scbon sein Altdeutsches Liederbuch leidet an denselben 



KircbenmuflikalischeB Jahrbuch. 



76 



Fehlern. Max Priedl&nder teilt noch als Anhang zwei Lieder von Karl 
Maria von Weber mit, die bisher wenig bekannt waren, namlich die 
Kerze: TJngern flieht das sulse Leben, and Ein G&rtchen nnd ein Hauschen 
iriii, fir 1 8ing8timme mit Klavierbegleitung, nur auf 2 Notensj steme 
notiert. Den Schluss dee Jahrganges bildet wie gebrauchlich ein Ver- 
zeichnis der im Jabre 1902 in Enropa erschienenen Bacber nnd Schriften 
uber Musik. Man staant uber die Fulle der erscbienenen Bacber. 

* Kirchenmusikalisches Jahrbuch fur das Jabr 1902. Heransgegeben 
von Fr. X. Haberl. Bedaktionsschluss am 28. Dez. 1902. 17. Jabrgang. 
Begensburg bei Priedr. Pnstet. gr. 8°. 240 Seiten nnd 96 Seiten Par- 
titor von 7 Motetten von Luca Marentio als Portsetzung za Jabrbucb 
1900. Der Band enthalt wertvolle mnsikbistoriscbe Arbeiten nnd beginnt 
mit einer Biograpbie uber Adam von Pnlda uber dessen Leben zwar nur 
wenig zu bericbten ist, dessen Kompositionen aber in so reicblicbem Mafse 
vorbanden sind, dass eine "Wiedergabe und kritische Beleucbtung wohl an- 
gemessen ist, und dieser Aufgabe wird der Yerfasser Dr. W. Niemann 
in jeder Hinsicbt gerecbt. Adam lebte im 15. Jahrhundert, war wahr- 
scbeinlicb in Pulda geboren und diente einem deutscben Furstenhause. Er 
hinterbefs eine tbeoretiscbe Abhandlung, die Gerbert abdruckt und eine 
Reihe mebrstimmige Tons&tze, darunter aucb zwei deuiscbe Lieder; s&mt- 
licbe Tons&tze, 16 an der Zabl, teilt der Verfasser in kleiner Partitur, 
d. h. die Stimmen auf 2 bis 3 Notensvsteme verteilt, mit. Leider ohne 
Teatfantarliig© in der VommBsetzungj dass er derselben nicbt fibig ist. 
tTber diesen Gegenstand findet man aber Belebrung im Zarlino, Abdruck 
derselben in M. f. M. 27, 45, in Bellermann's Kontrapunkt und im 4. Bde. 
Publikation Seite 39, wo derselbe ausfuhrlich und mit Beispielen be- 
bandelt ist Die im Ms. Ganonici misc. 213 in Oxford Bodleian unter 
Adam vorkommenden Satze die in Stainer's Dufay verofFentbcht sind, er- 
klart der Yerfasser als nicht dem obigen Adam angehorend. Sein Urteil 
fufst nur auf dem Obarakter der Tons&tze selbst und bei seiner genauen 
Kenntnis derselben wird man ihm woM zustiinmen mtesen. Der nachste 
Artikel bringt den Brief des Papstes Leo XIII. an die Hymnologen der 
neueren Erforscbung des ursprunglicben gregorianiscben Gesanges, speziell 
m dm AM d©§ einstigen Benediktinerklosters in Soleimee gericbtet in 
lateiniscber Spracbe nebst deutscber TTbersetzung. In langer Beplik von 
J. Bogaerts, welcber die frubere "Wiedergabe des katbolischen Cborals ver- 
teidigt, spitzt sicb dieselbe zu dem uberraschenden Aussprucbe „Billigt 
der Jfflge. Yater durcb sein Breve den liturgiscben Gebrauch der frag- 
licben Ges&ige? Nein, der Hlge. Yater billigt ibn weder, nocb empfiehlt 
er ibn irgendwie/ 4 Und docb beifst es in dem p&pstlichen Breve: „W©r 
also immer mm den IMhen des Welt- ©der Ordensklerus sicb berafen 
fnblt^ znr wissenscbaftlichen Yervollkommnung oder mr Pfiege dieser Kunst 
beizutragen, der m5ge nacb seinen Fahigkeiten eifrigst und in voller 
Preibeit daran mitarbeiten", und daran scbhefst sicb nocb ein besonderes 
Lob an dm Abt zu Soloames far seine Besteebungen. Beit© 64 bescbreibt 
Htrr Edmund Lomgi „Ein mnsikalisches Mannskript dec 11. Jabrbunderts". 



76 



Denkmftler der Tonkunst. 



(Sferkwardig, wms doch ales „musikalisch a sein soil; einst hmtte auoh die 
KgL Bibliotbek in Berlin eine musikalische Abteilung, die sich dann in 
eine MujuJ^Abteilung entpuppte. Dresden hat sogur eineii mnflikaliBchan 
Lastrumentenmacher !) In der Tetschner Schloes - Bibiiothek befindet sich 
obiges „musika1isohe" Ms. unter der Bezeichnung Ms. 273 in kL 8 °-Format, 
148 Blatter mit mehreren Musik-Abhandlungen, die der Yerfasser Seite 69 
verzeicbnet and deren er 9 aufzablt. Seite 73 druckt er den zweiten nebst 
3 photographischen AbbiJdungen von Schriftseiten, zum Teil mit Neumen 
versehen, ab. Seite 79 werden 35 Verazeilen mitgeteilt nebst einem photo- 
graphischen Abdruck der Folioseite 136a mit Neumen. Die ubrigen 
Artikel betreffen die Neuzeit. Die Motetten von Marentio bilden den 
Anhang and zeichnen sich sowohl darch ibren harmonischen Wohlklang, 
al8 durob ibre kontrapunktische Fuhrung der Stimmen aos. 

* Denkmdler der lonkunsi in Osterreich. X. Jahrgang, 1. Teil: 
Orazh Benevoli, Festinewe and HymnaB zar Einweihnng des Domes in 
Salzburg 1628 mit 53 Stimmen (16 Vokal- und 34 InstwimeiiM-Stimaiai) 
nebst 2 Orgeln und dem Basso continuo. Partitur nebst einer Seite des 
Original-Manuskriptes in Facsimile. "Wien 1903, Artaria & Co. gr. foL 
18 Seiten Vorwort des Herausgebers Guido Adler und 99 Seiten Par- 
titur, der nocb ein Revisionsbericht folgt. — Benevoli lebte von 1602 
bis 1672; in Bom geboren und gestorben, zuletzt Kapelmeiilar an San 
Pietro in Bom. Benevoli schrieb die Messe im Alter von 26 Jabren und 
sie ist bistoriscb von Interesse, da sie ein lebhaftes Bild giebt, wie scbnell 
die Grnndiitze und strengen Vorscbriiteii des 16. Jahramderte dnrch den 
Einfloss der Oper vergessen sind. Die Armseligkeit der Motive ist die- 
selbe geblieben, nur singt man nicbt mebr in langen Jfoten, sondern in 
scbnellen Secbzehnteln, man schreibt nicbt mebr melodiscb gefuhrte Stimmen, 
sondern Akkord an Akkord. Trompeten, Posannen, Cbraetten und Garini 
nebst 2 Pauken musaen den inueren Gehalt durch Linn erfetieiL Ein 
Kontrapunkt der billigsten und langweiligsten Art soli dem Tonsatze die 
kirchlicbe Stimmung ersetzen. Das Kyrie- Motiv ©rinnert weit mebr an 
einen Marscb ale an eine Anrmang Gbttw. Nirgends entdeckt man ek 
der Handlung entsprecbendes Motiv, nirgends irgend eine Stele, die nur 
halbwege von Interesse ist. Man kami dem Herausgeber nur dankbar 
sein, dass er das Monstrum von Partitur — dan Ms. im Bentae des 
stMtwolien Museums in Salzburg bat eine Grefse von 83 can Hdhe m 
56 cm Breite — nem betmusgigeb«i hat, denn daas der Verfa! der 
Kurchenmusik in m tameer Zeit erfolgte, ist eke gum neme IMabrEmg. 

Der X- Jahrgang 2. Teil enthalt den 3. Band (Schlnasband) von 
Jobann Jakob fYoberger'i Orgel- und Klavienrerken. Der 1. B«nd er- 
schien im 4. Jahrgange and der 2. Band im 6. Jahrgange. Im ganzen 
warden auf Grand von 37 Vorlagen veroffentlicht: 25 Toccaten, 18 Cap- 
priccios, 14 Ricercare, 6 Canzonen, 8 Fantasien, 30 vollst&ndige Suiten 
und 4 Einzelsfitee. Im BavMoimbericiit© des 3. Bandes folgen nocb einige 
zweifelhafte und untergeschobene Kompoeitianen. Der Hemu^geber Prof. 
Dr. Gwdo Aikr spricht smM i ber die Bedevtang Froberger's Kmponitioiien 



Das ©nto evangeliscbe Ohoralbaoh. 



7? 



folgendtamafaen mm: Froberger bat nicht nur im von FrescoMii ib«r- 
nommene kunstleriscbe Erbe auf dena Gebiete der Fugenkomposition mit 
grofeem Erfolge fbrtgefubrt, sondern auch im Anschluss© an die franzosi- 
scben Klavieristen and Lantenisten die Kiaviersuite an das erste Ziel 
ibrer Vollendung gebracbt. In den Variationen and variationenbaften Ge- 
bilden treten aacb engliai&-iuederl8n6^che Einfiisse bervor. Seine Toocaten 
bMen ein wicbtiges MittelgHed zwiscben den italieniacben Scbmlen friiberer 
Zeit and den mitteldeatscben Meistern der Folgezeit. Froberger 's Bicer- 
mr% Ganzonen, Cafriccioe mad Fantisieen sind als Vorformen dor Massi- 
scben Fuge anzuseben. Die Grenzen innerhalb der einzelnen genannten 
Grappen dieser Fagengebilde sind nicbt genau gezogen; ibr bistoriscber 
TTrsprung verwiscbt rich, je weiter die Formen iortscbreiten. £s sind 
zameist mebr &uiserHcbe Bucksicbten and bistoriscbe Momenta, welche 
diese Terminologie eine Zeitlang nocb aafrecbt erbalten, bis dieselbe dann 
am End© des 17. Jabrbimderti yersinkt raid in der unmittelbar folgenden 
Zeit nor nocb ab und zm als Beminiaoenz auftaucbt. Wir inden bei 
Froberger's Werken dieser Art manchmal ein and dasselbe Stuck bier als 
Fantasia, dort als Capriccio, wieder einmal als Canzona and aucb als 
Bicercare bezeicbnet. For alle aber finden wir in der Zeit am die 
Wende des 17. zam 18. Jabrhandert die Bezeicbnang ^Fugue" („Faga u , 
jjFig© 44 ). £s wird notwendig sein, die bistorisoben Verbindungsfaden der 
ZwiMsbenformett nocb genaner nacb raekwlrta m mehm und ibre Ver- 
bindung und Yerknupfung in der Folgezeit prazis nacbzaweiflen. 

* Das erste evangelisebe Gboralbucb (Osiander, 1586). Von Prof. 
Dr. Ftiedrich Zelle, Direktor. Wissenscbaftliche Beilage zum Jabresbericbt der 
Zehnten Reak chnle m Berlin. Osfern 1903. Berlin, Weidmann'sche Bucb- 
bandlang 1903. Programm Nr. 136, 4°. VI Seiten EinJeitung, 20 Seiten 
mit 50 vierstimmig. Cboralen. Lucas Osiander, 1534 geboren, 1604 gestorben, 
war Tbeologe, seit 1555 Prediger, zuletzt Pfarrer in Esslingen, also ein 
Dilettant in der Mosik, dennocb besafs er eine tbeoretiscbe und praktiscbe 
Musikbildung, die ihn befabigte gleicb einem Mosiker sicb in der Kompo- 
aition, dem mebrstimmigen Tonsatze, regelrecbt auszudrucken. Die einstige 
Scbalbildang aaf den Lateinscbalen behandelte die Mosik mit gleicber 
Grundlicbkeit wie die Lebre der lateiniscben Spracbe; die Scbuler er- 
bietten ein Lebrbacb in die Hand und lernten nicbt nur die Elementar- 
kenntniase in der Mosik, sondern warden aacb in der Setzkunst anter- 
ricbtet, daber konnten sie nacb vollendeten Universitatsstudien, ebe sie eine 
Faohauristelimg ©rlangten, den Poaten einei Organisten oder Kantors be- 
kleiden. Osiander's Sate ist zwar kein Mustersatz, was man kaum ver- 
langen kaim — von Harten and Ungescbicklicbkeiten ist kaam ein Satz 
frei — dennocb bat er das Verdienst mit der alten Praxis, die Melodie 
in den Tenor zu legen, gebrocben and die Melodie in den Diskant 
gelegt, nm der Genrieinde das Mitaingen der Cboralmelodie zu ermog- 
icben. Zwar batten scbon vor Osiander Mattbaeus Le Maister 1566 
and David Wolkenstein 1583 in ibren Cborals&tzen bin und wieder die 
Melodie in die Oberstimme gelegt, aucb in den mehrstimmigen firanzosi- 



78 Mftteilnngen ftr die Mozart-Gemeinde in Berlin. — Timotheos. 

scben Psalmen und im deutschen weltlichen Lied© (Ach Elsiein, liebes 
Elsiein mein) land dasselbe Yerfahren statt, dennoch bleibt OBiander das 
Verdienst, mit wohluberlegter AbBichtlichkeit durchweg die Melodie in die 
Oberatimme gelegt mi haben. Die Vorrede zu Beinem Choralbncbe legt 
dafur das sicherste Zeugnis ab. Die vorliegende NeuauBgabe besteht aus 
einer Einleitung, die sich haupt&achUch mit obiger Einrichtung beschaftigt 
nnd einem Nachweise der 50 Choral - Melodien. Falscb 1st nnr die An- 
gabe, dass sich der Osiander'sche Druck von 1586 nnr in Breslan be- 
fmden soil, wahrend sich Exemplare in Munchen, Gcittiiigen, Brieg, Liegnitz 
und in Darmstadt befinden (siehe muter Osiander im Qnellen-Lexikon). 
Der Nendrack bringt ferner das facsimilierte Titelblatt des Discantus, die 
Dedication an die Scbolmeister Wtrttemberg's, das Lied-Register und die 
50 vierBtimmigen Chorale auf 2 Notensysteme zosammengezogen nebst dem 
nnter dem Bass mitgeteilten Texte der ersten Strophe. 

* Mitteilungen fur die Mozatt- Gemcinde in Berlin. KerauBgegeben 
von Rudolph Genee. 15. Heft. Marz 1903, mit einer Notenbeilage. Berlin 
1903, Mittler & Sohn. 8°. Enthalt: Mozart's thematiBches Yerzeichnis 
seiner Werke von 1784 bis 1791, nach der Originalhandschrift mit einem 
Lichtdruckblatt der letzten 2 Seiten von R GenSe. Der Lichtdruck zeigt 
una, dass Mozart auf die linke Seite den Titel des Werkes nebst dem 
Datum und auf die rechte Seite des folgenden Blattes den Anfang jeden 
Tonsatzes im Klavierauszuge niedersclirieb. Das Verzeichnis amfasst vom 
Februar 1784 bis zum 15. November 1791, also in einem Zeitraume von 
nicht ganz 8 Jahren, 145 Tonstucke, darunter 5 Opern, Sinfonieen, Quar- 
tette, Sonaten und GesangBwerke. Wie leicht ihm die Gedanken aus der 
Feder flossen, zeigt das Verzeichnis im Jahre 1788, welches drei seiner 
bedeutendsten Sinfonien in einem Zeitraume von noch nicht ganz einem 
Vierteljahre aufweist und zwar die Es dwr-Sinfonie (vollendet) am 26. Juni, 
die in Gmoll ist mit dem 25. Juli gezeichnet und die in Cdur (genannt 
J upiter-Sinf onie) am 10. August vollendet. Sehr beachtenswert ist der 
zweite Artikel ,,Mozart's Verhaltnis zu Seb. Bach" von Ernst Lewicki 
(Archivar des Mozartvereiiis zu Dresden). Nach dieser Darstelmng lernte 
Mozart Sebastian Bach im Jahre 1782 durch van Swieten kennen, der 
ein eifriger Verehrer Bach's und se'ner bedeutenderen Sonne, nebst H&ndel 
war and in seinem Hans© regelmifsig Aoffunrongen stattfmiiden. Dass 
Mozart den Messks von Handel fur Swieten instraineotierte, ist bekannt, 
dass aber Mozart von da ab auch Bach'sche Fugen und Pr&ludien kennen 
lernte, sie abschrieb und seine eigene Schreibweise danach umbildete, wird 
Her mit Sorgfalt imchgewiesen und durch Musikbeilagen bewiesen, erstens 
dorch 3 Adagios, von denen zwei die Bach'schen Fugen in Gmoll und 
Fmoll aus dem wohltemperierten Elaviere einleiten, die leider Mozart's 
Namen nicht tragen, aber Mozart's Ausdraoksweise ohne Zweifel bekunden 
und ferner aus dem Jahre 1782 die Cmoll-Fuge: gesfgefeedes, 
die er far Streicliqaariett ftrntngierte. 

* Timotheos. Die Perser, aus einem Papyrus von Abusir. Im Auf- 
trage der deutschea Orientgesellsobaft htrauiigegebai von Ulrica von WMa^ 



Timotheos. — Zwei Trobadorlieder. 



79 



mowitz - Mollendorff. Mit einer Lichtdrucktafel in Pol. Leipzig 1903, 
J. C. Hinrichs. 1 Bd. in gr. 8° 126 Seiten and 1 Lichtdrucktafe], 
ferner 1 Bd. in Folio, Lichtdruck-Ausgabe. Der Timotheos-Papyros wurde 
gefnnden bei Abusir am 1. Februar 1902. Die 8 °- Ausgabe 3 M, die 
Folio-Ausgabe 12 M. Der Yorstand der deutschen Orient - Gesellschaft 
versendet foJgende Benacbrichtignng : Die Perser des Timotheos von Milet. 
Die alteste griechische Handschrift, die bisher gefnnden ist, erscbeint so- 
eben in zweMkcher Bearbeitung dnrch den ersten GracMsten der Berliner 
TJniversitat Gek Bat U. von Wilamowitz - MoUendorff. Die Handschrift 
stammt ans dem yierten Jabrhundert vor Chr.; si© ist Figentum der 
Deutschen Orient-Gesellschaft, bei deren Grabnng in Abusir in Agypten 
sie vor Jahresfrist gefunden worden ist. Sieben Li chtdr ucktafeln bringen 
das genane Facsimile in Originalgrdise ; Herr von Milamowitz-Mollendorff 
giebt dam ©me fir Laien berechnete allgemeine Einfuhrong mud eine an 
den defekten Stellen erganzte Lesong des Textee, wahrend die kleine Ans- 
gabe daa voile philologische Btstzeug fur den Faehmann darbietet. — 
Aus der Finleitung des Herrn Prof. v. Wilamowitz sei erwahnt: In der 
Erzahhuig, soweit wir sie haben, steht kein Eigenname, keine kgendwi© 
speziabsierte Ortsbezeichnung. Aber wenn eine Perserflotte geschlagen 
wird, und der Konig das ansieht und die Flucht befiehlt, so kann es nur 
die Schlacht bei Salamis sein. Somit ist das Gedioht identisch mit dem 
Homos des Timotheos, der „Die Perser" bids und noch zur Zeit des 
PMopoimen (ca. 150 Jahre spater) die Griechen entzuokte. — Durch den 
Fund lemon wir einen Nomos — ein Gedicht, daa der Dichter salbst bei 
den grolsen Yolksfesten sang und mit der Leior selbst begleitete — auch 
erst richtig kennen. Der Gesang scMldert, wie die Schiffe gegeneinaiider 
fahren, so oder so den Stofs aufnehmen, wie mit Lanzen und Pfeilen ge- 
schossen wird mid Brandpfeile fliegen. Mm Ertrinkemder flucht dem ver- 
raterischen Meere, hofft aber noch auf den Sieg seines Herrn. Die Perser- 
flotte wendet sich zum Buckzuge; das wird kurz geschildert, ausfuhrlicher 
die Klagen der nackt und frierend auf den Klippen Sitzenden. Die Nieder- 
lage geht weiter. Die Sieger nehmen die Uberlebenden gefangen. Fin 
Phryger wird eingefuhrt, der Griechisch radebrecht. Dann folgt die 
SchUderung der Flucht des Hoflagers; in edelstem tragischen Style klagt 
der Konig und giebt den Befehl zum allgemeinen Buckzuge. „Die druben 
aber hatten dem Zeus das Siegesmal errichtet, sangen das Siegeslied und 
stampften mit den Fuften in hochspringendem Tanze." — Der ScHumi 
ist peraonlich, gestattet aber noch interessante Schliisse fur die Geschichte 
der Musik und der Dichtkunsi Leider hat sich die Musik nicht dabei 
befbndeD. 

* Zwei Trobadorlieder fur eine Singstimme mit Klavierbegleitung ge- 
setzt von Emil Bohn, im Archiv ffir das Studium der neueren Sprachen 
und Litteraturen, Bd. CX, Heft 1/2 Seite 110. Braunschweig 1903, 
George Westermann. 8°. Trobadorlieder des 12. und 13. Jahrhnnderts 
sind zahlreich veroffentlicht nebst Melodieen in A. Bestori's Per la storia 
musicale dei Trovatori provenzali. Appunti e Note (Bivista musicale dei 



80 Breitkopf A Haertel's Mitteilungen. — Wiegen-Drucke. 

Trovatori, vol. II, fasc. I. Torino 1895 in moderner Notation (die Na- 
tionalbibl. in Paris besitzt si© in alten Handschriften). Eine Auswahl zu 
treffen war nicht bo leicht nnd sie in ein geschmackvolles Gewand za 
kleiden, was dem heatigen Verstandnis sich nihert noch schwieriger, denn 
die Lieder sollten bei der 10. deutschen Neuphilologen-Versammlung am 
20. — 24. Mai 1902 zum Vortrage gelangen. Prof. Br. Bohn wahlte die 
beiden Lieder „Eeis glorios" and „Manta geas me maIrazona u . Besonders 
das erstere Lied ist ihm sehr geglflckt, wenn es auch nicht den Eindrack 
eines frei vorgetragenen mit der Harfe begleitetes Troubadoorliedes macht, 
doch war dies gerade die gewunschte Aufgabe eine Vortragsweise za 
wahlen, die dem heutigen Fassungsvermogen angepasst ist. Das zweite 
Lied bewegt sich dnrchweg in gleichmafsig langen Noten, so dass es dem 
heatigen Chorale sich nahert. Diese Ahnlichkeit wird dorch des Be- 
arbeiters Achtelbegleitang in der Mittelstimme noch verstarkt and verwischt 
g&nzlich den Charakter eines Troubadour-Liedes. 

* Breitkopf &> HacrteFs Mitteilungen Nr. 73, Marz 1903 enthalten 
viel Interessantes. Geschmuckt ist die Brochure mit Theodor Gouvy's 
Portrit, dessen Biographie nebst Kompositionen Seite 2849 mitgeteilt 
werden. An musikhistorischen Werken werden angezeigt eine Neoaosgabe 
von Ludwig Senf?s Werken in den Denkmalern deatscher Tonkanst in 
Baiern, 2. Folge, 3. Jahrgang, 2. Bd. 1. Teil, heraosgegeben von Dr. Theodor 
Kroyer mit der Biographie Dr. Adolf Thiirlings. Nach den neaesten 
Forschangen hat sich ergeben, dass Senfl nicht in Basel, sondern in Zurich 
geboren ist and dass sein Geburtsjahr wahrscheinlich am das Jahr 1486 fill 
Eine photographische Abbildong der Hagenaaer Senfl-Medaille von 1526 
ist Seite 2823 aufgenommen, sie variiert wesentlich mit dem Portrit in 
Publikation Bd. 1 — 3. Der 1. Bd. der Neoaosgabe enthalt die Magni- 
ficats octo tonorom von 1537 and 12 zwei- bis vier- (5, 6)stimmige 
Motetten. — Johann Peter SweelincKs Werke liegen nan in einer Gesamt- 
aosgabe von 12 Liefernngen vor, die folgenden Inhalt haben: 36 Orgel- 
oder KlavierkompoBitionen. 4 Bficher Psalmen zu 4 Btimmen. 37 Can- 
tiones (Motetten), Magnificat u. a. zo 4 and mehr Stimmen. 17 Chansons 
zu 5 Stim. 28 Bimes francoises et italiennes za 2, 3 a. 4 Stun. 19 
Gelegenheits - Kompositionen and die Kompositionsregeln nach den Manu- 
skripten der Stadtbibliothek in Hamburg. — Die Aosgabe von Jean- 
Philippe Rameau's Werken ist bereits bis zom 8. Bande fortgeschritten, 
der die Oper Castor and Pollux in Partitur and Klavieraaszug enthalt. 
500 Seiten Text und Musik, Preis 40 M. 

* Das 91. and 92. historische Konzert des Bohn'wjhsa Gesangvereins 
in Breslau ist Breslauer Komponisten gewidmet and zwar Julius Schdffer^ 
geb. 1823 za Crevese, gestorben am 10. Febr. 1902 zu Breslau. Das 
Programm enthalt 10 Lieder fur 1 Singstimme und fur Chor und 4 Hi- 
vierpiecen, das nachste Konzert ist Joseph Ignaz Schnabel (1767 — 1831) 
gewidmet, von dem 11 geistliche Ges&nge fur gemischten und M&nnerchor 
air Auffuhrung gelangten. 

* Wiegen-Drucke and Bibliographie der vor 1501 gedruckten Bacher. 



Martin Gerbert's Neudruck. 



— Mitteilongeii. 



81 



Katalog CV von Ludwig Rosenthal's Antiquariat. Munchen, 16 Hilde- 
gardstrafse (1903) mit 48 Facsimiles. Musikdrucke sind nur dorch litur- 
gische and einige tbeoretische Werke vertreten. Ein Kegister fasst die- 
Belben miter Musik znsammen. 

* Martin Gerberfs Neudrack seiner Scriptores ecclesiasiici de Musica. 
Die Firma lUrich Moseys Buchhandlung (/ Meyerhoff) in Graz beabsichtigt, 
sobald die Beteiligung an der Subscription genugend 1st, Herbert's Scrip- 
tores in 3 Banden neu beranszugeben. Das Werk wird beute antiquariscb 
mit ca. 400 M =■ 500 Kronen bezablt. Der Nendrnck soil fur den 
Band 16 M 50 Pt (= 20 Kronen oder 20 Francs) betragen. Die Zah- 
lung erfolgt erst nach Lieferung des Bandes. Nach der Ausgabe des 
Bandes tritt eine Erhdhung des Preises ein. Einen Prospekt liefert obige 
Bucbbandlung. 

* Die Monatshefte /. Musikgeschichte sind in Band 1 — 3 (1869 bis 
1871) wieder nen gedrnckt and dadurch das Yerzeichnis nener Ausgaben 
alter Musikwerke wieder kergestellt und durcb Erwerbung von Band 2 
und 3 wieder kauflich. Band 11 — 14 (1879—1882) fehlen, ale ubrigen 
sind vorratig. Die Mitglieder zablen bei Abnahme von 5 B&nden h 5 M. 

NB. Soeben teilt mir die Musikalienhandlung von Breitkopf & Haertel 
mit, dass sie nnr den 2. Bd. nen bergestellt haben. Ein soeben bei 
List «5f Francke in Leipzig erscbienener Katalog 353 zeigt nnter Nr. 35 
den 3. Band und andere zahlreicbe Bande an. 

* Soeben sind bei Breitkopf ft Haertel in Leipzig die Einzelausgaben 
ans LeclaiSs 2 ten Bucbe Sonaten fur Violine (oder Flote) mit Pfte. er- 
schienen und zwar Nr. 1 «nd 7, Nr. 8 ein Trio fur Violine, Violoncell 
(oder Viola) und Pfte.-Begleitung. Ladenpreis von 1 und 7 je 1,30 M, 
von Nr. 8: 2,10 M. 

* Quitting fiber gezahlte JabreBbeitrig© ftr 1903 mit AmsacHttss 
derer, die durcb Nacbnabme erhoben sind: Schullehrer-Seminar in Plauen, 
8tadtbibliothek in Frankfurt a/M., der Herren H. Benrath, Baron Aless. 
Krans (figlio). Bev. J. R Milne, G. Odencrantz, C. Pauls, A. Roth, 
Wilk Tappert und Wilh. Weber. 

* Mit dieser Nummer schliefst der Katalog ans Stuttgart, der in 
mehrfacber Weise von Wichtigkeit ist, nicbt nur ersiebt man daraus, was 
die Hofmuaik im 16. und Anfang des 17. Jahrhdts. sang, und da feblen 
nur wenige der damaligen Meister wie Isaac und Stoltzer, Bondern man 
lernt aucb eine Anzahl in Stuttgart angestellter Musiker kennen, fiber die 
man bisher nur Weniges oder gar nicbts kannte, wie den Sohn von Jo- 
bann Walther, Wolfgang Ganfs, Johannes de Bach n. a. Die Herzoge 
von Wurttemberg erhielten aber zur selben Zeit jahraus jahrein zahlreiche 
Znsendungen von Kompositionen auswartiger Komponisten , wofur letztere 
stets eine Verehrung in Geld erhielten — das einzige Honorar, was damals 
die Komponisten empfingen — sollten sich diese Kompositionen nicbt auch 
noch in irgend einem Arcbiv oder Bibliothek zu Stuttgart befinden? 

* Hierbei eine Beilage: Katalog aus Stuttgart, Bog. 7. 



82 



Bitte. — Anzeigen. 



Bitte. 

Der Unterzeichnete ist seit Jahren damit beschaftigt, Material zm 
einer „Gio€kenkiiade u und zu einem „OrgelhM-Leiikra" m sammeln. Auf 
wiederholtes mud dringendes Verlangen von bedeutenden Fachmannern habe 
ich mich bereit erklart, dies© Arbeiten zum AbscHmae zu bringen mud 
der Offentlichkeit zu ubergeben. Ich wend© mich daher an alio Fach- 
genossen und Freunde der guten Sache mit der hoftichen Bitte am Zu- 
sendang von diesbezuglichem Material, bestehend in Glockenbeechreibnngen 
and G-lockeninschriften (auch Schriftproben und Abbildungen sind will- 
kommen) nebst Notizen fiber Glockengiefser (aus alterer and neaerer Zeit), 
Bispositionen and Beschreibungen (auch Abbildungen) interes&anter Orgel- 
werke (besonders aos alten Bom-, Stilts- and Klosterkirchen) and Mit- 
teilungen fiber Orgelbauer (aus alter and neaer Zeit. Bei der Veroffent- 
lichung wird der Name ernes jeden Einsenders mit beeonderem Bank© for 
die geleistete Unterstutzung die gebuhrende Erwahnung finden. 

MMtafcur (Nasaau). . I. Walter, Seminarlehrer. 

Bie Kgl. Landesbibliothek in Stuttgart (Prof, von Stockmayer) sucht 
den 2. Bd. von Eitner's Beatschem Liede. Berlin 1880, Traatwein, als 
Beilage zu den Monatsheften. 



Amelgen. ' 

Quellen- und Hilfewerke beim Stadium der Musikgeschichte. 
Zusammengestellt von Robert Eitner. Leipzig 1891, Breitkopf 
& Haertel. 8°. 55 Seiten mit einem Sachregister. Preis 2 M. 

Annalen der englischen Hofmusik von Br. Wilibald Nagel Lpz. 
Br. & H. 1894. 8°. 82 Seit Preis 2 M. 

Zur Geschichte der Musik am Hofe von Barmstadt von Br. Wil 
Nagel. Separatabzug. 8°. Pieis 2 M. 

M. Andreas Raselius Ambergensis, sein Leben und seine Werke 
von J. Alter. Lpz. 1892 ibid. 8°. 48 S. Preis 2 M. 

Arnold Schlick: Spiegel der Orgelmacher c. 1511, 1,50 M. — 
Orgeltabulatur 1512, 1,50 M. 

Register I. II. III. zu den Monatsheften fir Musikgeschichte 
1869—1898, je 10 Jahre. Preis i 2M. 

Virdung's Musica gedeutscht Basel 1511. Facsimilierter Um- 
druck. Preis 10 M. 

Mich. Praetorius' Syntagmatis musici, Tom. 2, de Organographia 
(Instrumentenabbildung fiacsimiliert) 1618. Preis 10 M. 



Ver*ntwortlicher Badaktanr Bobart Bitnar, fonpfii (Uekannark). 
Draok Ton Hermann Bayar A 80hne (Bayer * Mann) in htxkgnumhuk. 



.3 



MU8IK- GESCHIC ' 

herausgegeben 

▼01 

der 6e8ell8chaft fiir MusikforschuDg. 




in?. Jaiiit 

1903. 



Preii dot Jfthrgangu 9 Mk. Monatlioh ertobeint 
tine Nummer Ton 1 bit i Bogen. Intertiomgebobren 
fllr die Zeile 30 P£ 



Kommliiiont verlag 
tou Breitkopf A H&rtel in Leipsig. 
Bettellungen 
nlnxmt jede Buoh- and Mutikhandlang entgegen. 



Ho. 6. 



Der Mtamesang nl seln Ttrtrag. 

(Zum Artikel in Monatshefte Nr. 4.) 

Obgleich eine Stellungnahme zu den Ausfuhrungen des Herm 
C. Weinmann kaum erforderlich ist, da dieselben ja nicht neuer, 
8ondern nur die Riickkehr zu einer alteren Art der Deutung der 
mittelaJterlichen Monodienotierungen bedeuten , so mochte ich doch 
nicht durch Schweigen den Schein der Zustimmung weeken. 

Der Standpunkt, auf den Herr C. Weinmann sich befindet, ist 
ungefahr derjenige R. v. Iiliencron's in seinen alteren Auslassungen 
zu dieser Frage, die aber durch die neueren Aufserungen desselben 
auch schon yeraltet sind. Der Vergleich der Minnesinger- und 
Meistersangermelodien mit dem Oregorianischen Choral ist alt; dass 
derselbe zu sicheren Ergebnissen nicht fiihrt, liegt einfach daran, 
dass die rhythmische Leseweise des Gregorianischen Chorals selbst 
noch ein Problem ist. Die Legende vom freien Sprachrhythmus ist 
neuerdings doch recht wacklig geworden, weil man anfangt zu be- 
greifen, dass ein Rhythmus ohne eingehaltene Zeitteilung kein Rhyth- 
mus ist 

Dass der freie, d. h. undefinierbar gewordene, weil in Form- 
losigkeit entartete Rhythmus des Gregorianischen Chorals, wie er 
etwa seit der Zeit gedacht wird, wo die Sequenzen aufkamen, weil 
man mit den endlosen Notenreihen der Hallelujajubilationen nichts 
mehr anzufangen wusste, dass dieser freie Rhythmus nicht eine „Form", 

Moo»Ub, t Mnrtky— ch. Jalirgaiig 3QQ1V. No. f. 6 



84 



Der Minnesang oni sem Vortrag. 



nicht einen „Aufbau w vorstellt, den man fiir eine Kunstgattung als 
Grundlage nehmen kann, liegt auf der Hand. Wenn also wirklich, 
was ich gem nnterschreibe, eine innere Verwandtschaft zwischen 
den seit dem elften Jahrhundert aufgekommenen neuen geistlichen 
and weltlichen Monodien und dem Gregorianischen Choral besteht, 
so kann dieselbe nur in der Gemeinsamkeit eines wirklich formalen 
Prinzip, nicht aber in der eines Prinzips der Formlosigkeit bestehen. 
Herr C. Weinmann ahnt das auch, wenn er S. 57 zugiebf, dass „das 
von Dr. Riemann und Runge verfochtene Prinzip bei sehr vielen 
Minnegesangen sich mit grofser Leichtigkeit anwenden lasst, weil 
namlich alle diese Gesange metrisch abgefasst sind. a Er soilte doch 
nun aber auch zugeben, dass gegenuber einem metrisch abgefassten 
Texte von einem freieri Sprachrhythmus nicht gesprochen werden kann. 

Ferner ist Herrn C. Weinmann entgangen, dass seit meiner Ver- 
offentlichung der Colmarer Handschrift (1896) mehr als sechs Jahre 
verstrichen sind. In dieeer Zeit hat die aufgerollte Frage mancherlei 
eingehende Beleuchtung erfahren. Insbesondere hat Professor Dr. 
Hugo Riemann duich seine Aufeatze im Musikalischen Wochenblatt 
(nicht nur 1897, sondern auch 1898, 1900 und 1902) die Frage der 
rechten Lesung gegenuber gehaufter Melismen in ein anderee Licht 
geriickt So hat sich z. B. aus dem Vergleiche der Ges&nge des Monchs 
von Salzburg, des Oswald von Wolkenstein und anaiogen Erscheinungen 
in den mehrstimmigen Chansons in „Stainer's Dufay and his Con- 
temporaries", 1898, ergeben, dass auffallend lange Melismen zu An- 
fang und Ende der Verszeilen nur als instrumental Yor- und Nach- 
spiele gedeutet werden konnen. Den strikten Beweis instrumental 
Einlagen hat Riemann fiir Wizlav's Tagelied „List du in der minne 
dro" (Mas. Wochenblatt 1902, S. 471) geliefert In jttngster Zeit hat 
auch Professor Oswald Roller in einem Vortrage fiber „die instrumentale 
Begleitung des Minnegesangs u gesprochen. Ich bitte den Redakteur, 
Herrn Professor Eitner, Koller's Ausftihrungen durch die Monatsbefte 
bekannt zu geben. Meine ftbertragung des Tageliedes Peter von 
Reichen bach's in der Einleitung zur Colmarer Handschrift kann ich, 
besonders auch in Riicksicht auf die von Riemann aufgedeckte Not- 
wendigkeit mehr als achtsilbige Verse in zwei zu zerlegen, nicht 
mehr vertreten, der erste Teil musste sich wohl so gestalten : 

[instnimdiitai Krammhorn f l By fro-ner wech-ter we-oke! vls'slaf-fes 



Der Minneesng nnd sein Vortrag. 



85 



m 



t f ^ 



twalm zwey lieb her - scire - eke, ee dann daz sie en 



ble - eke des ta - ges schin [instrumental ] fin der si - cher - lich tot 



of - fen - bar so 



clar mit reck -to ml - le ding be - 



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] den raff des 



herren clar, der sie geschuff, der sie bring ufs der sun - den stuff, I 1 *- 



■tnrawntal 



1 daz sie in 



Ian - ge lent daryn-ne slaf-fen. 



Ich beansprucfae nicht, nun eine endgiiitige Deutung aufgedeckt 
ill haben, aber diese Leseweise ruht auf einem Prinzip. Mit C. Wein- 
mann's tJbertragung werde ich mich nie befreunden konnen, doch 
winsche ich mit ihm y „diesem Gebiete moge von Seite ©raster 
Forechung mehr Auftnerksamkeit und Beachtung gewidmet werden, 
damit sich neue Gesichtepunkte fiir eine unbefangene Kritik er- 
Sffhen." 

Paul Runge. 



6* 



86 



Music in Hannover. 



Mislk in Hannover 

lautet der Titel eines von Dr. med. Oeorg Fischer in Hannover in 
zweiter Auflage bei Hahn in Hannover jiingst (1903) erschienenen 
historischen Werkes, welches sich auf Dokumente, Eammerrechnangen 
des Staatsarchivs, Biiefe und in spaterer Zeit aucb auf Tagesblatter 
stiitzt. Es umfasst die Zeit von circa 1636 bis 1866. Trotz des 
massenhaft aufgespeicherten historischen und biographischen Materials 
ist es fliefsend geschrieben, so dass es selbst den Laien interessieren 
wird; fur den Musikhistoriker aber ist es eine Fundquelle von grofsem 
Wert, da es authentische Nachrichten fiber benlhmte und unberiihrnte 
Musiker enthalt, die vielfach die bisherigen Biographien berichtigt, 
sogar umstofst. Da das Werk chronologisch abgefasst ist, so ver- 
streuen sich die Nachrichten liber einen Musiker oft auf weit aus- 
einander liegende Seiten , und da dem Werke ein Register fehlt, so 
soil ein Auszug, oder vielmehr ein Zusammenfassen der Nachrichten 
iiber jeden erwahnten Musiker dem Historiker eine gewiss will- 
kommene Gabe sein und zugleich meinem Quellen-Lexikon zur Ver- 
vollstandigung der Biographien dienen. 

Im Jahre 1667/68 (Wintersemester) bastand die herzogliche 
Kapelle aus folgenden Sangern : 

2 Diakantisten : Antonini und Gimonini, 1 Tenorist: MuHo; 
1 Contraltist: Felicen; den Bassisten: Cottini, C. Venturini und 
Bunder, Instrumentisten waren: Clamor Heinrich Abel aus West- 
Men, wurde schon an Weihnachten 1665 als Violdagambist mit 
220 Tblr. Gehalt angestellt und kam wahrscheinlich vom Hofe Ernst 
August's, da er das Schloss Iburg dankbar erwahnt. 1687 ging er 
ab. Ferner 

N. A. Strunck aus Braunschweig, hatte die Universitfit Helm- 
stadt besecht und trat dann in die Kapelle des Herzogs Christiaii 
Ludwig in Celle als Violinist ein. Vor Kaiser Leopold I. hatte er 
sich als Violinist und Klavierist horen lassen und kam nach des 
Herzogs Tode (1665) an die Hofkapelle in Hannover mit 300 Thlr. 
Gehalt. 1680 nahm er seinen Abschied und wurde in Hamburg 
Ratsmusikus. 

Als Violist wird noch Recaldini genannt, dann der Bassviolist 
Stefel, der Lautenist Zimmermann, der Organist Mathio Trento, der 
1667 auf einer Reise in Frankfurt a. M. starb, der Lautenmacher 
Otten und ohne Angabe des Faches 

Vicenxo dc Grandis, der aber nach einem Jahre Ende Mai ab- 



Mnsik in Hannover. 



87 



ging and in Modena den Eapellmeisterposten erhielt Von 1675 bis 
1680 war er wieder in Hannover und leitete den Chor in der ka- 
tholischen Schlosskirche. Am 9. Febr. 1680 hob der Herzog den 
katholischen Gottesdienst auf and samtliehe Sanger und Musiker nebst 
Grandis warden entlassen. 

1666 war Antonio Sartorio Kapellmeister mit 600 Thlr. Gehali 
1675 warde er aaf Befehl entlassen und trat obiger Grandis an seine 
Stelle. — Aufser den oben genannten Kapellmitgl iedern wird noch 
L. Weyhe als Hoforganist erwlhnt, der um 1680 wieder abging. 

Matteo Lotti, der Vater des Antonio, soli zu der Zeit Kapell- 
meister in Hannover gewesen sein, doch melden die Akten davon 
nichts and ist daher die Angabe vorl&ufig als unsicher zu bezeichnen. 

1669 wurde eine franzdsische Sangerin Namens Bonnen aus 
Osnabriick (?) mit 250 Thlr. angestellt, die bis 1678 verzeichnet wird, 
sodann der Violist 

J. A. Coberg; derselbe hatte in Hannover die Schule besucht, 
war von Abel und Strunck ausgebildet worden und wurde noch vor 
seiner Anstellung zu alien musikalischen Unterhaltungen bei Hofe 
hinzugezogen, da er flielsend franzosisch und italienisch sprach, auch 
hatte er Verkehr in alien vornehmen Hausern. Er bekleidete den 
zweiten Organistenposten und war zugleich Violist im Orchester. 

Im Jahre 1678/79 bestand die Kapelle aus den Musikern Abel, 
Strunck, Recaldini, Morselli, Brothage, den Organisten Trento und 
Coberg, Orgelbauer Martin Vater; aufserdem aus acht italienischen 
S&ngern, den Diskantisten Antonini und Ghimonini, den Tenoristen 
Borgiani, Constantini und Quiliani, den Bassisten Qratianini, JVa- 
varren and Venago. Der Etat betrug jahrlich 8562 Thlr. , doch 
waren damit auch die Gehalte fir den Bischof, Hofkaplan, Kiister 
and Calcant eingeschlossen. 

Als Herzog Ernst August am 3. M&rz 1680 die Regierung an- 
tral, sang bei der Huldigung am 12. Oktober der Kantor Oumprecht 
eine von ihm komponierte Hymn©, die sich auf der Kgl. Bibl. zu 
Hannover befindet (siehe Quellen-Lex. IV, 427). 

Corbetti, Fr., Guitarr- Virtuose, diente 1652 ein Jahr lang dem 
Herzoge Ernst August von Hannover. Er ist jedenfalls derselbe den 
das Quellen-Lexikon unter Francisque Corbett verzeichnet 

Eine der wichtigsten Mitteilungen betrifit diejenige fiber die 
FarinelWs. Im Quellen-Lexikon sind ein Oristiano und ein Giu- 
seppe genannt Letzterer gehSrt wahrscheinlich einer anderen Familie 
an, wahrend Cristiano kein anderer als 



88 



Monk in Haanover. 



Jean Baptiste Farinelli sein kann mid Prof. Fr. Nieoks im Irr- 
tume ist. Die beiden Vornamen befiaden sich in katholischen 
Kircheobuche zu Hannover, doch ist dort Turin als Geburtsort an- 
gegeben, wahrend das Kirchenregister von St Hugues in Orenoble 
seine Taufe am 30. Januar 1655, 15 Tage alt, anzeigt. Der Vater, 
Robert Fari?ielli, war Musiker bei der Herzogin Christine von Sa- 
voyen, hatte 1646 den Hof von Turin verlassen und war nach Ore* 
noble iibergeeiedelt, wo er sich mit Charlotte Reymond verheiratete 
und in ftrmlichen Verhaltnissen starb. Er hinterlieb drei S5hne: 
Michel, geb. im Mai 1649, Francois und obigen Jean (Baptiste). 
Michel iibernahm die musikaiische Erziehung seines Bruders Jean, 
der bereits in Grenoble durch seine friihreifen Leistungen in der 
Musik die Bewunderung der Einwohner erregte. Jean erhielt darauf 
in Bern eine Anstellung als „Regente u bei der Instrumentalmusik 
mit einem Gehalte von 500 Thlr. (Jean hatte sich als Violinist und 
Komponist ausgebildet). 1680 wurde er in Hannover als Kapell- 
meister angestellt, 1689 heiratete er am 8. Januar die Vittoria Tur- 
quini aus Venedig. Er hatte die Direktion iiber die Instrumentisten, 
verliefs aber 1691 Hannover, da man den Gehalt nicht erhflhen 
wollte und fand an der Hofkapelle in Osnabriick Anstellung, wurde 
aber 1695 von Neuem mit 700 Thlr. statt 500 in Hannover an- 
gestellt Im Jahre 1713 gab er seine Stellung auf, liefe sich in 
Venedig nieder und wurde von 1714 — 1720 hannoverischer Agent 
Fieberkrank suchte er in der Umgegend von Venedig einen Land- 
besitz zu kaufen. Seitdem ist sein Name verschollen. An Kompo- 
sitionen warden genannt: eine Oper (Komodie) „L'inconnu", Text von 
de Viz6 und Thorn Corneille. Die Kgl Bibliotbek in Hannover be- 
sitzt im Ms. 10 Floten-Konzerte die mit Farinelli gezeichnet sind, 
womit nur Jean Baptiste gemeint sein kann, da sein Bruder Michel 
nie in Hannover war. Sie tragen die Daten von 1697 — 1706 und 
beetehen aus einer Beihe kleiner Sitze, die mit Ouverture und vav 
schiedenen Tanznamen bezeichnet sind, wie es am Ende dee 17. Jahr- 
hunderts Gebrauch war. In demselben Ms. befinden sich noch Fldten- 
kompositionen von Venturini mit der Bezeichnung versehen: zum 
Neujahr 1707 — 1709 komponiert Ferner von Baron von Kielmans- 
egge und Corelli, von J. Balthasar Loutter 78 Stttcke und 3 Sniten 
fit Flote und Bass, eine Gavotte von Le Bigue (nicht la Begne wie 
Dr. Fischer schreibt), eine Courante von Chamboru&res und 4 Collate 
im folies fir Guitarr© oluie Autor. Chrysander erw&hnt das Ms. 
und dessen Inhalt auch und lieet noch den Komponistennamen Now* 



Musik in Hannover. 



Si 



velau, doch ist dies ein Lesefehler, da es auf dem Ms. als Titel heifst: 
„Concert pour le Nouvel an 1697," also ein Konzert fur das neue 
Jahr 1697. Ebenso falsch scheint Chrysander's Angabe in betreff 
der Kantate: Herr gedenke mein, wenn du in dein Reich kommst, 
die Farinelli dem 1714 gew&hlten Kurfiirsten von Hannover, als m 
Konig von England wurde, iiberreichte und dafiir nach Venedig ver- 
bannt wmrde. Da Farinelli aber schon 1713 den Abschied nahm und 
sich nach Venedig zuriickzog, so hatte diese Anspielung auf eine 
bohere SteUnng keinen Sinn. Dr. Fischer mutmalst auf Farinelli's 
Nachfolger den Francesco Venturing der 1713 die Direktion iiber 
die Instrumentisten erhielt Farinelli's ftlterer Bruder 

Michel Farinelli, geb. 1649, konzertierte 1668 in Ldssabon vor 
der Konigin von Portugal, ging sp&ter nach Paris und komponierte 
1672 mehrere Arien fur Dumanoir, den Konig der Geiger. Von 
hier ging er nach London und lebte dort in den Jahren 1675 — 79 
muter Konig Karl I. Herr Ecorcheville, dem alle obigen Nachrichten 
m danken sind, besitzt eine Biographic im Ms. in der F. schrieb: 
„m6B preludes, mes sonates, awe follies d'Espagne et d'Angleterre ont 
para avant 1« pieces de Mr. Corelli ... et, en effet, mon rass. cxm- 
taent la Basse continue de Follies traditionelles." Demnach scheint 
F. diese Melodie aus Portugal mitgebracht und in Frankreich, dann 
in England bekannt gemacht zm haben. Die unter dem Namen 
^Farinell's Ground" in England beriihmt gewordene Melodie stammt 
also wahrscheinlich von dem damals schon rtihmlichst bekannten 
„pensionnaire u Karl II., von Michel Farinelli und nicht, wie bisher 
angenommen wurde, von seinem weniger bekannten Bruder Jean 
Baptisie F. her, dessen Aufenthalt in England nirgends erwahnt ist 
In John Playford's Division Violin, 1685, 2. Aufl. [Exemplar auch in 
Hannover] befindet sich die Melodie von 16 Takten mit 10 sehr ein- 
fachen Variationen, iiberschrieben „a division on M. Farinell's Ground" 
und „FarinelP8 division on a ground". Corelli war mit Farinelli 1672 
zu gleicher Zeit in Paris und lernte die Melodie kennen, iiber die 
er 24 Variationen schrieb und sie in seine Sonaten opus 5 parte II., 
letzte Sonate, aufnahm. Er dedicierte sie am 1. Januar 1700 der 
Kurfiirstin Sophie Charlotte von Brandenburg. Dr. Fischer erwahnt 
noch Seite 26, dass Corelli das Thema zur Follia etwas abgeSndert 
gegen die Lesart im Playford haba — Der Artikel Farinelli im 
Quellen-Lexikon III, 388 trigt den Vornamen Oristiano nach Prof. 
Hecks' Angabe. Wie sich nun aus obigen Dokumenten ergiebt, ist 
der Hannover'sche Farinelli v Jean Baptisie" und der die Follia 



Musik in Hannover. 



variierte v Michel", der Artikel bedarf daher einer volligen Um- 
arbeitung. 

Ebenso wichtige Aufschliisse erhalt man fiber 

Steffani, Agostino. Sein Anstellungsdatum als Kapellmeister in 
Hannover ist aus den £kten nicht ersichtlich, doch da seine fur 
Hannover koraponierte Oper „Henrico Leone 41 im Januar 1689 zur 
AuffuhniDg gelangte, so muss er sich schon 1688 in Hannover 
befunden haben, um die Sanger fur die er schrieb kennen m lernen. 
Die einzige Notiz in den Kammerrechnungen lautet: „Dem Capell- 
meister Stephani fiir Papier zu Opern 22 Thlr. 14 Gr. u Dieselbe fallt 
zwischen Pfingsten 1688 und 1689. Sein Gehalt betrug 1200 Thlr. 
jlhrlick In den Akten heifst es: „Dem Herrn Abt Stephani sein 
unterm 25. Februar 1691 als Capellmeister Monatlieh 100 Thaler und 
also jahrlich 1200 Thaler assigniret, diese Gelder sein bei Lebzeiten 
des Hochseligsten Herrn von denen Osnabriicksehen Geldern bezahlt, 
nachdem aber selbige cessirt, werden dem Herrn Abt Stephani die 
Monats 100 Thaler aus der Cammer fiber seine taglich 18 Thaler 
bezahlet als Besoldung. u Jene 18 Thlr. konnen wohl nur fiir die 
Naturalverpflegung gelten. Schon 1691 sandte ihn der Herzog Ernst 
August an den Ksl. Hof, um die Kurwurde zu erhalten. 1692 
brachte er die Nachricht des ksl. Beschlusses seinem Herrn aus Wien 
mit, hatte sich aber die Gegengabe ausbedungen den Eatholiken 
freie Religionsfibung, eine Kirche und Schule zu gewahren. 

Steffani befand sich unter Georg Ludwig vielfach auf poli- 
tischen Reisen , stand auch mit dem musikalischen Kurfiirsten Jo- 
hann Wilhelm von der Pfalz, der in Dtisseldorf residierte, in fort- 
laufender politischer Korrespondenz und trat am 2. Marz 1703 ganz 
und gar in dessen Dienst, wurde zum Geheimrat und Prasidenten 
des geistlichen Rats, resp. zum RegierungsprSsidenten ernannt mit 
einem Gehalte von 1500, spater 1800 Thlr., Kostgeld fiir 4 Diener 
und Fourage fiir 8 Pferde. Mit dieser Ernennung war der Adel 
verbunden. Am 13. September 1706 ernannte ihn der Papst Inno- 
cenz XI. zum Bischof von Spiga i. p. i. (im spanischen Westindien). 
Damit fallt die bisherige Annahme, dass St. den Posten in Hannover 
erst 1710 aufgab, als Handel angestellt wurde. Der Kurfiirst von 
der Pfalz enthob ihn auf seinen Wunsch seiner Amter, ernannte ihn 
daffir zum Eleemosinario der Grand Aumonier und fibergab ihm 
die italienische und lateinische Korrespondenz mit dem Hofe Braun- 
schweig. Vom November 1708 bis April 1709 war St in Rom. 
Der Papst hatte grofses Vertrauen zu ihm, ernannte ihn zu seinem 



Musik in Hannover. 



91 



Hauspr&aten, Thronassistenten, zum Propst von Selz und Abt von 
St Stephan in Carrara, womit reiche Einktinfte verbunden waren. 
Den 6. April 1709 wurde er noch apostolischer Vikar von Nord- 
deutschland, als welcher er die Aufsicht iiber die Eatholiken in der 
Kurpfalz, Braunschweig and Brandenburg hatte. . Seine Riickreise aus 
Bom erfolgte tiber Venedig, wo er Mitte Mai einige Tage verweilte 
und yon Georg Ludwig dessen Palast zum Logis angeboten erhalten 
hatte. Vermutlich auch dort, in Begleitung des Barons von Kiel- 
mansegge, die Bekanntschaft von Handel machte. St reiste iiber 
Diisseidorf nach Hannover, wo er als Vikar von Norddeutschland 
wohnen sollte. Im November 1709 langte er in Hannover an und 
trat mit dem Geprange eines Kirchenfursten auf. Da er bis zum 
1. August 1710 ununterbrochen hier anwesend war, so ist die bisherige 
Annahme, dass er zu Anfang 1710 Handel in Venedig kennen gelernt 
habe, nicht haltbar. Seite 30 wird noch mitgeteilt, dass die Gelder 
fur die Pfriinden und der Propstei Selz sehr sparlich einliefen, sodass 
St sein Vermdgen von 30000 Thlr. zusetzte. Er geriet schliefslich in 
Not und vetkaufte seine Eunstschatze. Ein sparsamer Hauswirt war 
St schon als junger Mann nicht, wie viel weniger in spaterer Zeit, 
wo er an Luxus gewohnt war. Der Tod rettete ihn am 12. Febr. 1728, 
bei einem Aufenthalte in Frankfurt a. M., 74 Jahr alt, aus aller Not 

Georg Friedrich Hitndel, der sich einen Ruf als Opernkomponist, 
Elavier- und Orgelspieler in Italien erworben hatte, liefs sich von 
den beiden Mannern (Steffani und von Eielmansegge) iiberreden, den 
Kapellmeisterpo8ten beim Eurfiirsten Georg Ludwig von Hannover 
anzunehmen, da dies der beste Weg sei, bei der in Aussicht stehen- 
den Erhebung des Eurfiirsten auf den 9nglischen Thron, in London 
sein Glick zu machen. Im Fruhjahr 1710 war H. in Hannover und 
wurde von Steffani bei Hofe vorgestellt und empfohlen. Am 16. Juni 
1710 wurde H. zum kurhannoverschen Eapellmeister ernannt mit 
der Erlaubnis London vorher besuchen zu durfen. Dort komponierte 
er binnen 14 Tagen die Oper Rinaldo die auch aufgefiihrt wurde. 
Im Herbst 1711 trat er seine Stellung in Hannover an. Da hier 
keine Oper vorhanden war, so war er nur auf Eammermusik an- 
gewiesen. Sein Gehalt betrug im ersten Jahre 1000 Thaler; in den 
folgenden wurde der Invalidenbeitrag abgezogen und erhielt er nur 
916 Thlr. 24 Gr. 

Das Orchester zu H.'s Zeit bestand aus 18 Mann: Farinelli, 
Fr. Venturing P. Vezin, Barrey, van der Perre, Lutter, Schmidt, 
Schtvanebeck, Oronemeyer, Bertrand, Ennuy ) Schiller, Esaias, Rewend, 



MMwik m Hannover. 



Klotz, Seefarth, WoUe und Graep. Die Franzosen erhielten 115 Thlr. 
Gehalt, die Deutsche! nur 100 Thlr. Dm Johanni 1712 nahm Hlodal 
voa Neuem Urlaub nach London und kehrte nicht wieder zuriick, 
da ihm die regierende Konigin, Anna von England, eine Leibrente 
von 200 Pfd. bewilligte. Dass er in Ungnade beim Hannoveraner fM 
und ihn erst die Auffuhrung der sogenannten Wassermusik (am 
22. Aug. 1715) wieder hoffahig machte ist bekannt Dass dagegen 
der Konig Georg am 10./21. Oktober 1715 seinen Gehalt fiir das 
Halbjahr 1712 mit 500 Thlr. nachzahlen liefs, wie die Kammerrech- 
nungen berichten, war bisher unbekannt Chrysander's Annahme, 
dass die Versohnung erst 1717 erfolgte, ist nach obigen Dateo aus 
den Akten nicht mehr haltbar. 

Gailoni, G..., aus Italien, ein Violinist, wurde an Stelle Fari- 
nelli's 1691 aus Italien verschrieben. Dr. Fischer glaubt, dass er 
dann an die EsL Hofkapelle kam, doch ist dies nach Kdchel ein 
anderer (siehe Quellen-Lex. Gioseffo Gailoni). 

La Vigne, Philippe, war in den 70er Jahren des 17. Jhs. Kapell- 
meister am Hoftheater in Cella . 

Marechall, P. . ., Oboist an der Hofkapelle in Celle in im 70er 
Jahren des 17. Jhs., war der Lehrer von J. E. Gaillard. 

Palmieri, Conte Francesco aus Pisa, war Ende der 90er Jahre 
des 17. Jhs. in Hannover Hofjunker mit 200 Thlr. Gehalt und be- 
sorgte auch die Gescfaifte eines Intendanten. Er war nicht allein 
Dichter, sondern auch Sanger und Eomponist. Man nennt die Oper 
Briseide, die in Hannover bei Hofe aufgefiihrt wurde und P. dafiir eine 
Vergiitung von 400 Thlr. erhielt Er starb 1701. Kurfurstin Sophie 
liefs ihm in Liitzenburg (Charlottenburg bei Berlin) ein Denkmal 
setzen mit einer Grabschrift von Leibnitz. Die Kgl. Bibliothek zu 
Hannover besitzt von ihm eine italienische Eantate, bezeichnet mit 
Academia per musica und geschmiickt mit 5 Figuren, die am 
18. November 1695 zur Auffuhrung gelangte als sich die Tochter 
des Herzogs Johann Friedrich mit dem Herzoge von Modena, Ri- 
naldo L, verm&hlte. 

Pigrrietta, ein Lautenist kam 1695 mit 300 Thlr. Gehalt ins 
Orchester. 

Die Kapelle bestand 1680 aus den 6 franzosischen Musikern: 
Pierre Vezin, Valoix und Bertrand (die Namen der anderen teilt 
der Yerfesser nicht mit), aufeerdem dienten noch die frtiher genannten : 
Abel, Brothages und Coberg, so dass die Kapelle fortan aus 10 Mann 
(sic?) bestand. 



Mneik in Hannover. 



93 



Unter Johann Friedrich's Regierung wurden zahlreiche Italiener 
far die Oper engagiert. 1695 sangen in der Oper Bacchanal: 
Ruggiero, Oranara, Hamburghese, Dianina, Landini, Nieoletto, 
FerdinandO) Nieolino mid Clementirio. Auch die CettareUi aus 
Venedig wurde engagiert Obige S&nger and grofstenteils mit ihren 
Vornamen verzeichnet und nur bei einigen gelingt es ihren Vaters- 
namen zn erfohren, so ist Euggiero Fedeli und Ferdinando Chdacanelle. 
1696 tauchen die beiden eben genannten Singer wieder mit 400 und 
800 Thlr. Gage auf und die S&ngerinnen Torafly und Clementine, 
die sogar 2000 Thlr. Gage erhieit. , 

Das Orcheeter bestand bei Steffani's Antritt aus den 4 Franzosen : 
Valoix, Pierre Vezin, Bertrand und le Comte (Violinisten), aus den 
Oboisten Babel, Barrey und Heroux, HoforgaDist war Coberg und 
Orgeimacher Vater. Amfeerdem 8 Trompeter und 2 Pauker. La 
Croix war pensioniert Der Gehalt der Musiker (Instrumentisten) 
betrug jShrlich 115 Thlr. Besoldung und wochentlich 2 Thlr. Kost- 
geld. Die Oboisten hatten nur 57 Thlr. Besoldung. Wie hoch der 
Wert des Geldes damals war llsut sich aus folgender Preisliste er- 
sehen: Im Jahre 1690 kostete ein Kalb 1 Thlr. 6 Groschen, 1 Gans 
6 Groschen, 1 Pfd. Rindfleisch 14 Pfg., 1 Schock Eier 8 Gr., da- 
gegen fir elm Pair Stiefeln musste Berzog Ernst August 9 Thlr. 
bezahlen, das sind 27 Mark. 

Kurfiirst Oeorg Lvdioig liefs die Oper eingehen, verstarkte aber 
die Kapelle. Zu Ostern 1698 bestand dieselbe aus 17 Musikern. 
Farinelli (J. B.) an der Spitze von 9 Franzosen : P. Vezin, Maillart, 
Fr. Venturini (Franzose?), Bertrand* Mignie; die Oboisten: Fr. Des* 
noyers, M. Desnoyers, Loges und der Bass - Violist Monare. Die 
deutschen Musiker wmm : van der Perre, BwMem f Behnsen, Schwann 
beck, Oranemeger, Fr. Lotti und Ennuy. Der Organist Coberg gab 
der Kurprinaessin Sophie Dorothea Elavierunterricht und erhielt da- 
ffir jahrlich 60 Thlr. 1704 bekam die Kapelle noch einen Zuwachs 
von 5 Oboisten aus Berlin, welche Mattbeson bei seinem Besuche in 
Hannover, wobei er auch Farinelli und Venturini kennen lerote, 
„absonderlich als auslesene Bande Hoboisten" sch&tzte. 

Thielken, ein Yiolagambist wnrde 1695 mil 300 Thlr. angestelli 

Pierre Vezin war laut Familienchronik der Sohn eines adeligea 
Weingutsbesitzers in der Champagne und als r6fugi6, entblolst von 
alien Mitteln, nach Hannover gekommen. Er hatte anfangs gro&es 
Heimweb nach seinem schonen Frankreich ; die Kollegen nannten 
ihn deshalb hohniscb „le saule pieure" (die Tlraaerweide) oder „le 



Mu8ik in Hannover. 



gros campagnard douloureux" (den gro&en schmerzensreichen Bauern- 
tolpel). Er heiratete 1689 die 17jahrige Marie de Chateauneuf, Tochter 
des Schauspieldirektors. Die Familie wurde mit 10 Kindern gesegnet 
Er starb am 10. September 1727 zu Hannover. 

Vezin, Jean Baptiste, war 1712 zu Hannover als 9. Kind des 
Pierre geboren. Der Vater sandte ihn zur weiteren Ausbildung nach 
Mailand und Turin, spater ein baibes Jahr nach London. Nach des 
Vaters Tode (1727) wurde er der Nachfolger desselben in Hannover 
und 1765 (oder 1768) Konzertmeister, dass faeiM Direktor der Instru- 
mentisten. Sein Gehait betrug 355 Thlr. Er starb am 8. Januar 1794 
im 82. Lebensjahre, nachdem er von seinem Bruder Francis, der in 
London Konzertmeister gewesen war, ein bedeutendes Vermogen ge- 
erbt hatte. 

Francesco Venturini wurde an Stelle Farinelli's 1713 „Maestro 
dei Conceiti", spater Kapellmeister und starb am 18. April 1745. 
(Seite 32.) Vermutlich ist er und nicht Farinelli, der 1714 nicht 
mehr in Hannover war, der Komponist des biblischen Textes: „Herr 
gedenke mein, wenn du in dein Reich kommst", was er Kurfiirst 
Georg Ludwig iibeneichte als er die Konigswiirde in England er- 
hielt. Chrysander schreibt dieselbe Farinelli zu und sagt: er fiel 
in Ungnade und wurde ihm Venedig als Wohnort vorgeschrieben. 
Man sieht, es giebt in der Musikgeschichte noch viele dunkele 
Punkte. 

1745 wurde Venturini's Schiiler J. B. Lutter aus Hannover sein 
Nachfolger. Nach dessen Tode erhielt die Direktion der Hofmusikus 
Preuss und 1765 der Geiger Yexin (J. B.). 

Jakob Herschel, der alter© Bruder, war seit 1759 im Orchester 
angestellt und vertrat ofter den alternden Vezin mit Eifer und Ge- 
schick bei der Direktion. 1774 ging er nach Amsterdam. Er empfahl 
seinen in Bath (England) lebenden Bruder Friedrich Wilhelm, den 
spateren Astronom, als tuchtigen Tioloncellisten, doch wurde er nicht 
gewahlt Jakob H. war auch Komponist von Sinfonien, Yiolin- 
konzerten, Klavier- und Streichquartetten (siehe Quellen-Lexikon. Das 
Biographische nach F6tis ist falsch). Dr. Fischer berichtet noch Seite 
57, dass man ihn Ende Juni 1792 im Lister Felde vor Hannover 
mit einer Schnur erdrosselt auffand. Ob ermordet oder Selbstmord 
ist nicht aufgeklart 

Sein Bruder Joh. Dietrich war ebenfalls ein tiichtiger Geiger 
und starb 1827. Er hinterliefs eine ansehnliche K&fer-Sammlung. 

Preuss gab 1789 Subskriptionskonzerte wahrend der Fastenzeit 



Mitteilungen. 



98 



in denen Sinfonien, Konzerte und Gesangswerke aufgefiihrt wurdcn. 
Er selbst splelte ein eigenes Klavierkonzert 

Schlager, Ch... Dietrich, Violinist unter Vezin , war ein tuch- 
tiger Musiker, wie die Violoncellisten Jr. E. und PL F. Benecke 
end die Gebriider Herschel. Nach dem Tode Jakob Herschel's (1792) 
vertrat Schlager den alternden Vezin als Dirigent der Instrumentisten. 

In den 60er Jahren bestand die Kapelle aus 4 ersten und 4 
zweiten Geigen ( Vezin, Raacke, drei Schlager, zwei Herschel und 
Zimmermann\ 4 Bratschen {Peixold, Wiichen, Humbert, Prenss\ 
3 Violoncells (Fr. E. und Ph. Fr. Benecke, Wichl), 1 Contrabass 
(Ehrhard), 2 Oboen (Topfer, IAnde jun.), 2 Fagotte (Linde sen., 
Malsch). Unter diesen Musikern befanden sicb viel alte Herren, 
manche dienten schon im 30sten Jahre. Der Orcbester-Etat betrug 
jahrlich 3736 Thlr. Die Gehalte ruckten von 80 bis 180 Thlr. je 
nach der Dienstzeit herauf. War Musik bei Hofe, so erhielt jeder 
Yi Quart Wein a 3 gr., 1 Quart Bier a 5 pf. und ein Wei&brot 
von 14 loth. Bei Komodien ein Talglicht Anfangs wurde alles in 
natura verabfolgt, spater in Geld umgerechnet, auiser dem Brot. 

Zu Vezin 's Zeit (1765) waren an Musikalien vorhanden: 26 Opern 
von Handel, 3 Oratorien (Saul, Samson und eins ohne Namen), 4 
Alien, 12 Concerti grossi und die Wassermusik. Ferner 8 Opern 
von Steffani, 17 von Lully, 18 Symphonien von Graun, 6 Opern 
und 4 Symphonien von Hasse, 13 Symphonien von Bach (Em.), 
1 Oper und 2 Symphonien von Qaluppi, 1 Oper von Orlandini, 1 
Oper von Attilio Ariosti und seine 6 Gantate tint A. A. gez. Nur 
letztere besitzt heute noch die Egl. Bibl. in Hannover. Dr. Fischer 
bricht hiermit ab. (Schlass folgt.) 



mtteflnngen. 

* Paul von Bojanowski: Das Weimar Johann Sebastian BacFn. Zur 
Erionerung an den 8. April 1703, von . . . Mit der Abbildung des Inneren 
der Schlosskirche zur Zeit Bach's. Weimar 1903, Herm. Bdhlaus Nach- 
folger. In 8°. 50 Seiten. Preis 1 M. Bach trat bekanntlich am 8. April 
1703 in die furstliche Hofkapelle in Weimar ein, verliefs schon im Herbst 
die Stellung urn in Arnstadt die stadtische Organistenstelle zu ubernehmen, 
teils des besseren Gehaltes halber, teik urn die Violine mit der Orgel zu 
vertanschen, doch schon nach funf Jahren (1708) kehrt er nach Weimar 



96 



MMmiMmmi, 



ab Hoforganist znrfick, nachdem er 1707 im Jani eiiie Kantorstelle in 
Muhlhau8en bekleidet hatte. Der schnelle Wechsel wurde toilweise audi 
hier darch die bessere Besoldung hervorgerufen, deni in Mfihlhausen betrog 
der Gehalt 85 Gulden jahrlich nebst dem Deputat von 3 Malter Korn, 

2 Klafter Holz mid 6 Schock Reifsig, w&hrend ihm "Weimar 156 Gulden 
15 Gr. nebst 3 Klafter FJossholz bot. Spater, als er Konzertmeister 
wurde, erhielt er 210 Gulden und bei einer nochmaligen Erhdhung 225 
Gulden. Bei der stetig wachsenden Familie ein wicbtiger Faktor. Der 
Verfaaer teilt aus Akten und Handschriften der Weimarer Hofbibliothek 
mebrfach beachtenswerte Notizen mit, bo aucb fiber den Bestand der Hof- 
kapelle im Jabre 1700, die aus folgenden Mitgliedern bestand: 

Jobann Samuel Dtese, Kapellmeister; Georg Cbristopb Siratner, Vice- 
kapellmeister; an S&ngerinnen: Magdalene Elis. Dobrichtin, Christine 
Elis. Dobriehtin , Justine Elis. Dobriehtin. — A. Emanuel Weldige t 
Falsetist und Pagenbofmeister; Jos. Friedr. Banz 1 Altist und Prinzen- 
Informator; Jos. Peter Martini, Altist; Joh. Doberniz, Tenorist; Gottfr. 
Epbr. Thiele, Bassist; Christph. Alt, Bassist — Job. Ejfler, Organist; 
Job. Paul Wcsthoff, Violinist, aucb Kammersekretar; Job. Georg Hoff- 
mann, Violinist; Christ Gustav Fischer, Fagottist, auch Gorichts-In- 
spektor; Job. Andreas Violiste; Joh. Andreas Westphal, Kapellist; 
2 Hof- und Kammerfouriere, 5 Trompeter und 1 Pauker. 
Demnach bestand die Kapelle 1700 aus 2 Kapellmeistern, 3 Sangerinnen, 

3 Altisten, 1 Tenorist, 2 Bassisten, 1 Organisten, 2 Violinisten, 1 Bratschisten, 
1 Kapellist (?), 1 Fagottist, 5 Trompeter und 1 Paucker. — In Gemer*! 
De institution© Oratorio Libri XII. (Gottingen 1738) findet sich folgende 
Stelle: „Quintilian rfihmt die Citbardden des Altertums und ihre Leistungen. 
Diese wurde man Behr gering finden, wenn man Bach hort; mit beiden 
Handen und alien Fingern bearbeitet er entweder unser Polychordon 
(Klavier) als ein einziges viele Lyren umfassend, oder die Orgel; er fliegt 
bald hier bin, bald dort hin mit beiden Handen, unter der behendeaten 
Mitwirkung der Fulse; er ailein entlockt gleichsam mehrere Beihen der 
verschiedensten aber doch unter sich zusammenstimmenden T6ne; was er 
da tut, wurden viele Citbaristen und unzablige Flotenblaser nicht ver- 
mdgen". Und weiterhin fiber Bach als Dirigenten: „Er fuhrt seine Bolle 
nicht etwa durch mit einer Stimme wie ein Citharode, sondern 1st zu- 
gleich durch alle in Ansprucb genommen, indem er von 30 — 40 Musikern, 
den einen mit einem Wink©, den anderen mit einem Aufklopfen des Fuises, 
den dritten mit einer Fingerdrobung zum Einhalten von Takt und Rhyth- 
mus notigt, diesen mit der hochsten, jenem mit der tiefsten, d©m dritten 
mit gemafsigter Stimme den Ton angiebt, den er anstimmen mfisse, sogar 
selbst bei dem starksten JOange der Begleitung, trotz seiner eigenen bo 
scbwierigon Bolle, dennoch gleich bemerkt, wem etwas nicht stimuli raid 
wo dies der Fall ist fibemU entgegen kommt, wenn ein Schwankeii eintritt> 
das Gleichgewicbt herstellt, mit alien Gliedern den Takt angiebt, alle 
Manttomai mit scharfem Guhor ermisst, und so glaichsam allein alle Worte 
ana «n«r EflUe hervorbringt Ich bin gewiss dar grSftte Verohrer des 



Mititttuigeti. 



97 



Altertumfl, aber wirklicfc, mein Bach allein fasst in sich viele Orpheuse, 
and zwrnnrig Arions". Solum Job. Gottfr. WnWier erw&hnt in seinera 
Lexikon den Soln des Weimarschen Henop gkichan Namens Johann Ernst, 
der am 26. Best 1696 geboren und stets kr&nklich war, aber die Masik 
leidenschaftlich liebte mid grundliche Studien miter obigem Walther machte. 
Die im Lexikon knrz aoigufuhrtan Konzerte bafkdeii «cb in Weimar anf 
der Grofsherzogl. BibHotbek und baben den Titel: Six Concerts a on Vio- 
Ion concertant, deux Violons, une Taille, et clavicin od Basse de Viole de 
Feu S. A. S. le Prince Jean Ernesto, Due de Sax©- Weimar Opera l m *. 
Par les soins de Mr. G. P. Telemann 1718. A Leipzig et Halle, chez 
Kloss Jfc M. Sellins. Titelblatt mit Wappen and allegoriscbea Emblemen 
der Masik sowie des Krieges in Kupfer gestochen. Seito 48 ist aber B.'s 
Yerbaftung in Weimar am 6. Nov. 1717 bm amm 2. Dea. niheres mit* 
geteilt, soweit es sich aus Aufserungen anderer noob ermittoln lasst, denn 
die Akten fehlen. Die kleine Scbrift ist zor Kenntnis der Persdnlicbkeit 
Bach's von grofsem Wert 

* Breitkopf & Hartel in Leipzig baben 1902 ein „Verzeicbnis 
des Musikalien - Verlages" herausgegeben, welcbes in gr. 8° aus XXV, 
1200 Seiten and 36 Seiten bestebt. Ein Katalog von einem Umfange, 
wie ibn wohl keine zweite Yerlagsbandlung aufweisen kann, trotzdem der 
alto Verlag von 1719 — 1728 nicbt aufgenommen ist, sowie fiber den 
Bucbverlag ein besonderes Verzeiehnis ersckienen ist. Die 25 Vorblatter 
des Kataloges entbalten einen Vorbericbt fiber die Anlage desselben, eine 
kurze Gescbicbto des Hauses, gegrfindet 1719 von Bernhard Chrisioph 
Breitkopf, 1795 trat Gottfried Chrisioph Hdttel als Teilbaber ein, nacb dem 
Tode der beiden Sfthne des letzteren ging das Gescbaft auf die weibliche 
Linie Hartel's fiber and traten 1860 die Enkel Wilhelm Volkmann aus 
Halle and 1869 Oskar von Hase aus Jena als Leitende ein. Der Erstere 
starb 1896 und trat sein Sobn Dr. pbil. Ludwig Volkmann an seine 
Stelle. 1883 wurde in Brfissel ein Zweiggescbaft erricbtet, 1890 in 
London and 1891 in NewYork. Nacb einigen notwendigen Wortorklarungen 
folgt das Musikalien - Yerzeichnis, durebweg auf ein Alphabet geordnet, so 
daa8 man stets eine Cbersicht der vorbandenen Werke eines Komponiston 
faAilt Me Mute Abteihmg ist dem Luger fremder Vetiagsartikel ge- 
widmei. Da im Archive von jedem Werke ein Exemplar anfbewahrt 
wird, so konnen auch von den vergrifienen Werken auf Wunsch Kopien 
angefertigt werden; der Notenbogen zom Preise von 75 PI., Partituren 
von 1 M. 

* In Berlin bat sich die Madrigal - Vereinigung muter Dr. Gold- 
Schmidt's Direktion aufgeldst und sich unter dem Namen Barth'sche Madrigal- 
Vereinigung neu gebildet. Sie besteht unter der Leitung A. Barth's aus 
den Damen Frl. E. von Linsingen und Frl. Betty Schot (Sopran), Frl. 
Falser and Frl. Bakke (Alt), den Herren A. Michl and Schonfeld (Tenor), 
Herren A. N. Harzen-Muller und Fabian (Bass). Die Vereinigung wird 
sich ganz allein der Pflege und konzertmalsigen Vorffihrang der Madrigale 
dee 16. and 17. Jahrbunderts widmen. 



§8 



Mitteilungen. 



* List <& Ftancke in Leipzig, Thalstr. 2, Katalog Nr. 353 enthalt 
2817 Werke in die Facher geteilt : Musik - Zeitechriften , Geschichte and 
Theorie der Musik, Masikijistraraente: Geschichte, Technik raid Gebraach 
(Schulen etc.), Kirchenmosik, Kirchengesang etc., Praktische Mmaikwerke, 
Theater, Tanz. Die Neuzeit, d. b. das 19. Jahrh. 1st vorwiegend vertreten. 
Warum sich die Herren Antiqaare nicht entschliefsen konnen die Werke in 
ein Alphabet zu bringen, oder nur Buch- and Masikliteratar za trennen, 
ist nicht recht begreiflich, nachdem schon so vielfach nachgewiesen ist, wie 
sehr die Trennang die UbersicM erschwert. Sind doch selbst angestellte 
Bibliothekare nicht za bewegen von ihrem Teilangssystem abzagehen. Wie 
wenig obige Klassifizierang von Wert ist, beweisen einige Beispiele : 
Gumpelzheimer's Compendium steht Nr. 1937 anter praktischer Masik. 
Die Gesangbuch - Literatur steht teilweise 8. 45 onter Kirchenmosik, teil- 
weise unter praktischer Masik. 

* Hierbei eine Beilage: Katalog der Masikwerke in der Weetminster- 
Abtei in London von Wm. B. Squire, Bog. 1. 

Am 1. Juni erscheint der 

8. Band 

von 

Rob. liimert 

Quellen-Lexikon 

uber die 

Muslker und Musikgelehrten 

der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des 19. Jahrh. 

Po— Schelffler, 

Subscriptionspreis a io M. Einzelpreis 12 M. 
Der 9. Band erscheint am 15. November. 
Mm eintretenden Subscribenten wird eine TeHzahltuig gewihrt. — 
Bachhandlerische Bestellongen sind dorch Breitkopf & Hartel in 
Leipzig m vermitteln. 

Templin U./M., 1903. Robert Eitner. 



Verjuatwortliofaer Bedakteur Bobert Eitner, Ttmplia (Uokermark). 
Draok ron Hermann Beyer A 80bne (Beyer 4 Mann) in LangenuealBa. 



■2* ' 



fftr 



MU8IK- GE8CHICHTE 

herausgegeben 
von 

der Geeellschaft fflr Musikforsohnng. 



mi Jabrc 

1903. 



PreU det Jahiganget 9 Mk. Monatlioh •rtoheint 
eint Nnoniir too 1 bit t Bogen. Intertiontgebobren 
fttr die Zeile SO Pt 



KommiiaioniTerUg 
▼on Breitkopf A Hirttl in Leipsig. 
B««t«lliu>gen 
nimmt jedo Bnoh- and Matikhftndlung entgegen. 



So. 7. 



A X 



Muslk In Hannover. 

(Schluss.) 

Im 2. Abschnitte 1st nur das Verzeichnis Seite 52 — 55 von 
Opera und Singspielen aus den Jahren 1769 bis 1810 die in Han- 
nover gegeben wurden vom musikhistorischen Standpunkte beachtens- 

wert 

L'Eveque, ein Violinist, Konzertmeister beim Fiirsten von Weil- 
burg, dann beim Fiirstbischof von Passau, kam bald darauf als 
Konzertmeister und Diligent an die Hofkapelle in Hannover als 
Prinz Adolf, Herzog von Cambridge regierte, mit einem Gehalte von 
600 Thlr. Er trat den Dienst am 1. Mai 1798 an. Von franzosi- 
schen Eltern stammend, sprach er lieJsend deutsch und franzosisch 
and hatte feine Umgangsmanieren. Sein Violinspiel und griindliche 
Musikkenntnisse fanden den vollsten Beifall. Die Eapelle wurde neu 
eingericbtet, die alten bejahrten Mitglieder entlassen und neue Krafte 
eingestellt. L'Eveque starb 1811 in London, wahrscheinlich auf einer 
Reiae. 

Sein Nachfolger wurde 1812 der Oldenburger Konzertmeister 
Karl Kiesewetter. 1814 war die Kapelle bis auf 6 Hoftnusiker zu- 
sammengeschmolzen, auch Kiesewetter war nicht mehr da, trat aber 
bald nach der Reorganisation der Kapelle wieder ein (1814/15). Am 
12. Oktober 1812 erklarte der Prinz-Regent von Gro&brittannien, 
spaterer Georg IV. auf dem Wiener Kongress, dass er seine han- 
noverschen Lande zum Konigreich erhoben habe und ktinftighin den 
Titel eines Konigs von Hannover annehme. 

Mon*tah. t Mntikgetob. Jahrgftng XXXV. No. 7 7 



•ncr^ nnoi 



100 



Musik in Hannover. 



Ltiders, . . . war 1815 kurze Zeit Direktor des Operaorcbesters, 
zeigte sich aber als unfahig und man beschrankte ihn daher auf 
die Einiibung des Chores. 

Sutor, Wilhelm, wurde nach Liiders Direktor des Opernorchesters; 
er dirigierte am 7. Sept. 1815 zum ersten Male. Bis dahin war er 
Konzertmeister und Chordirektor am Hoftheater in Stuttgart gewesen. 
Bei obigem Antritte in Hannover zahlte er 44 Jahre. Am 2. Jan. 
1818 wurde er zum Kgl. Kapellmeister in Hannover ernannt mit 
1000 Thlr. Gehalt , resp. 400 Thlr. Pension. Seine Oper „Pauline" 
wurde darauf einstudiert. Er starb am 7. Sept 1828 zu Linden bei 
Hannover, 54 J. alt, geboren in Edelstetten in Baiern. Sein Vater 
war Bassist an der Miinchener Hofoper. Wilhelm wurde von Valesi 
im Gesange ausgebildet. 1800 kam er als Chordirektor an die Hof- 
biihne in Stuttgart, wurde 1801 Konzertmeister und kam von da an 
die Hofbuhne in Hannover. Schrieb noch an Opern „Apollo's Wett- 
gesang" und „Das Tagebuch", ein Oratorium „Der Tod Abel's" Musik 
zu „Macbeth u und zum Drama „Die Waise aus Genf", eine Scene 
zur Festvorstellung „Theseus u und die Kantate „Die Zwillingskronen", 
aufeerdem noch ein Adagio mit Polonaise fir Fagott. 

1817/18 traten als Konzertisten die Hofmusiker: Benecke, Vio- 
loncellist — R. Dressier, Flotist — Seemann, Klarinettist — Hun- 
stock, Fagottist — Bachmann, Waldhornist, auf. 

Karl Nicola aus Mannheim wurde 1818 Vorgeiger und brachte 
auch Kompositionen zu Gehor; nach einigen Jahren trat er in die 
Wiirttemberger Hof kapelle , kehrte aber bald zuriick und wurde 
Mtisikdirektor. 

Seemann aus Nordhausen, der mit 21 Jahren Musikdirektor 
bei der Jagergarde war, trat 1818 als erster Klarinettist in die Opern- 
kapelle in Hannover. 

Rose, Oboist, trat 1818 als erster Oboist in die Kapelle in 
Hannover. 

R. Dressier ging 1820 nach London. 

Christian Heinemeyer, geb. 25. Sept 1790 in Celle, trat 1820 
als Flotist in die hannoversche Kapelle. Hatte 1805 bis 1816 als 
Pfeifer zur Fahne des 3. Linienbataillons der Kgl. deutschen Legion 
geschworen, nahm Teil an der Belagerung Kopenhagens u. a. Expo- 
ditionen, zuletzt an der Schlacht bei Waterloo. Diente darauf in der 
Hildesheimer Jagergarde, trat darauf ins hannoversche Orchester, 
ging mit Seemann an das neue Hoftheater in Braunschweig, kehrten 
aber wieder zuriick, da ihnen eine Gehaltszulage versprochen 



Musik in Hannovef. 



101 



wurde. 1830 wurde er zu den besten Flotisten Deutschlands ge- 
rechnet. 

Stumpf, . . . Violinist, ging 1822 ab. 

Stoiviczek, . . . Schiiler von Pixis in Prag, trat 1822 als Violinist 
in die hannoversche Eapelle und zeichnete sich als Theoretiker und 
Komponist aus. Die Musik zum Scbauspiel „Der Lowe vom Kur- 
distan" wurde in Hannover aufgefuhrt. 

Enckkausen, . . . Diligent der Singakademie in den 30er und 
40er Jahren des 19. Jhs., fiihrte jahrlich bis 4 Oratorien auf. 

Matys, . . . Violoncellist aus Prag. 

Qantxert, . . . Violinist aus Braunschweig (1822), 

August Pott aus Northeim, Violinist, Schiiler von Kiesewetter 
und Spohr, auf Eosten des Herzogs von Cambridge ausgebildet 
(1823) und 

Prell, . . . Violoncellist aus Meiningen, Sohn eines Violoncellisten 
in Hamburg (1824), traten in den verzeichneten Jahren in die 
Eapelle ein. 

Der Gehalt der Hofmusiker betrug jetzt anfanglich 270 Thlr. 
und stieg bis 400 Thlr. 

Aloys Schmitt, Hofpianist des Herzog von Cambridge, trat in 
Konzerten mehrfach offentlich auf. Er war ein tiichtiger Pianist 

(Chr. G.) Karl Kiesewetter hatte zwei Winter hindurch die Eon- 
zerte geleitet und wurde am 28. Oktober 1814 als Eonzertmeister 
angestellt E. war zur Zeit 37 Jahre alt, stammte aus Ansbach und 
brachte eine zahlreiche Familie mil Er war ein kunstlerisch aus- 
gebildeter und empfindsamer Geiger. Sein Gehalt betrug 700 Thlr. 
und wurde auf 900 Thlr. erhoht. 1821 konzertierte er ohne Urlaub 
in London und wurde ihm sein Gehalt deshalb in Hannover zuriick- 
behalten, dariiber erziirnt, ktindigte er am 4. Marz 1822 seine Stel- 
lung, siedeite sich in London an, hatte anfanglich Gliick, doch unter 
den Eabalen seiner Eollegen musste er viel leiden, kam finanziell 
immer mehr zurtick, so dass er am 27. Sept. 1827 in kummerlichen 
Verhiltiiissen starb. Die Zeitgenossen urteilten sehr gttnstig iiber 
mm Spiel. Der Theateragent Weisse schreibt z. B. „Eiesewetter, den 
ich personlich kenne und mit dem ich in Hamburg eine sehr an- 
genehme Zeit verlebt habe, gehort zu den ersten Geigern durch sein 
ganz vollendetes Spiel, Reinheit, Fertigkeit und einen angenehmen 
Ton; ich achte ihn als Eunstler sehr hoch". 

. Paganini konzertierte 1830 in Hannover und hatte von zwei 
Eonzerten eine Einnahme von 1739 Thlr., eine Summe die bis dahin 



102 



Musik in Hannover. 



keiner erreicht hatte. Er komponierte hier sein erstes Lied zur 
ThronbesteiguDg Wilhelm IV. von England, gedichtet von seinem 
Geschaftsfiihrer Georg Harry's. Die StadtbibL in Hannover besitzt 
das Lied „Chant patriotique" im Autograph. 

Pott, ... Violinist in Hannover wurde 1832 in Oldenburg 
Kapellmeister. 

1842 bestand das Orchester aus 4 ersten Violinisten: Nicola, 
Gantzert, Stumpf und Kolbe. 6 zweiten Violinisten: Klingebiel, Osten, 
Wallerstein, Staude, Witte, Kaiser. 3 Bratschisten : Stowiczek, Vahl- 
bruch, Vaas. 4 Violoncellisten : Prell, Matys, Lindner, Wedemeyer. 

3 Contrabassisten : Bollmann, Kyber, Kirchner. 2 Flotisten: Heine- 
meyer, Kuhn. 2 Klarinettisten : G. Seemann, Albes. 3 Oboisten: 
Rose sen. u. jun., Willige. 2 Fagottisten: Schmidtbach, Schroder. 

4 Waldhornisten : Lorenz, Bachmann, Schriever, Koch. 2 Trompeter: 
Sachse, Hoth. 3 Posaunisten: Haake, Schulz, Barthe. 1 Pauker: 
Gotze. 1 Harfeni8tin : Fraulein Pingel. (40 Personen.) Im ganzen 
wurden die Mitglieder so schlecht bezahlt, dass viele Not litten. Der 
Etat wurde daher vom Konige auf 16 500 Thlr. erhoht Marschner 
und 7 Hofmu8iker erhielten Zulage. Auf Drangen Meyerbeer's kamen 
noch ein Viola-d'amour-Spieler und ein Bass-Klarinettist an die Hof- 
kapelle. 

Von 1831—52 waren Konzertmeister: Maurer, Bohrer, Litbeck 
und Hellmesberger. Ihnen lag die Direktion der Instrumentalmusik 
in den Abonnement- Konzerten ob, wahrend Marschner die Gesang- 
vortrage zu leiten hatte. 

Liibeck, F. . . W. . . wurde am 28. Febr. 1845 als Konzert- 
meister rait 1000 Thlr. Gehalt angestellt mit balbjahriger Kiindigung. 
Er geniigte weder als Violinist, noch als Dirigent. Sein Spiel war 
unrein, unsauber und unruhig, und als Direktor leistete er noch 
weniger, so dass die Konzerte bergab gingen. Am 1. August 1850 
kiindigte man ihm. 

Hellmesberger, Oeorg, wurde am 1. Sept 1860 der Nachfolger 
Ltibeck's als Konzertmeister. Erst 20 Jahr alt, zeigte er sich bereits 
als vortrefflicher Violinist Als Komponist wurde die Oper „Die 
beiden K6niginnen u , eine Ouverture, ein Marsch und Violinsoli auf- 
gefiihrt Leider war er lungenkrank , wurde im September 1852 
dienstunfahig und starb am 12. November 1852, kaum 23 Jahr alt. 

Bohrer, Anton, ubernahm nach Maurer's Abgange provisorisch 
die Konzertmeisterstelle und wurde am 23. Nov. 1835 fest angestellt 
1836 war er im Sommer in London, 1839 kam er um einen 15monat- 



Masik in Hannover. 



103 



lichen Urlaub ein, den man zwar bewilligte, aber den Oehalt ein- 
behalten wollte, auch wurde ihm der Abschied freigestellt, sobald 
man einen Ersatz gefunden habe. Im Juni 1844 nahm er seinen 
Abschied. Er hatte eine sehr musikalisch begabte Tochter, die er zur 
Klavier-Virtuosin ausgebildet hatte und die mit 12 Jahren staunens- 
wertes leistete. Selbst Berlioz spricht in einem Briefe an Osborne 
seine Bewunderung aus (Seite 134). Mit dieser Tochter reiste er in 
Europa jahrelang herum und gab Konzerte. 

Maurer, . . . libernahm 1828 die Direktion der Oper bis man 
Heinrich Aloys Prager am 8. April 1829 mm Kapellmeister 
w&hlte. Derselbe stammte aus Amsterdam und war vorher Musik- 
direktor in Magdeburg gewesen. Am 3. Januar 1831 verliefs Prfiger 
Hannover. An Komposittionen von ihm werden erwfibnt die Oper 
lf Bie Versohnung 44 , Ouverture und Chore zu „Frithiof und Ingeborg", 
Musik zum Ballet „Arlequin's Entstehung-' 4 und mehrere Konzert- 
piecen. 

K&mpel, August, Violinist, Schiiler Spohr's, diente zuerst in der 
Kasseler Kapelle, dann auf Bott's Empfehlung in Hannover. (Siehe 
H. Riemann's Lexikon.) 

Wehner, A... Universitfits-Musikdirektor in Oottingen , wurde 
1855 Direktor der Oesangkapelle fir die Schlosskirche in Hannover 
mit dem Titel Kapellmeister, auch erhielt er die Leitung der Sing- 
akademie, musste die kgL Kinder im Klavierspielen unterrichten und 
die Kompositionen des Konigs ordnen, d. h. wohl musste sie aufs 
Papier bringen und korrigieren. 

Heinemeyer, Chr., Flotist, feiert 1855 seinen 59. Geburtstag und 
glinzt immer noch als Virtuose seit 50 Jahren. 

Heinemeyer, Wilh., trat 1851 wieder ins Orchester als Flotist, 
nachdem er 10 Jahre am Petereburger Hoftheater gedient batte. 

Lange, Otto Heinrich, Schiiler von Hauptmann und Gade, lieJfe 
sich 1855 in Hannover als Klavier- und Oesanglehrer nieder; auch 
bei der Neuen Singakademie tibte er neue Werke ein. 

Fischer, Karl Ludwig, wurde am 30. Dez. 1852 als zweiter 
Kapellmeister mit 1000 Thlr. angestellt. Er war am 8. Febr. 1816 
in Kaiserslautern geboren, trat schon mit 8 Jahren als Violinist 
dffentlich auf, trieb bei Eichborn in Mannheim theoretische Studien, 
wurde darauf Musikdirektor an den Theatern zu Trier, Koln, Aachen, 
Ntbrnberg, Wiesbaden und 1847 Kapellmeister in Mainz. 1851 wurde 
in Hannover seine „Maeresstille und gliickliche Fahrt 44 Mr M&nner- 
chor aufgefiihrt. 



104 



Musik in Hannover. 



Herner, Karl, Sohn des d&nischen Militar - Musikdirek tors in 
Rendsburg, besuchte das Konservatorium in Prag und bildete sicb 
Enter Mildner zum Violinisten aus. Am 1. Febr. 1850 trat er ins 
bannoversche Opernorchester. 1855/56 liefs er sicb in Kopenhagen 
als Virtuose horen. 1858 war er 22 Jabr alt. In Brussel hielt er 
sicb mehrere Monate auf. Nach Hannover ging er urn bei Joachim 
sicb zu vervollkommnen. 1865 wurde er dort Correpetitor, 1867 
Direktor der Masik auf der Biihne, 1869 erhielt er Langer's Chor- 
direktorstelle und am 15. Aug. 1877 nach Fischer's Tode die zweite 
Operndirigentenstelle mit dem Titel Kapellmeister, die er noch 1900 
bekleidete. An Kompositionen 1st das Ballet „Ein Hexenfest", 1876 
aufgefiihrt, zu erw&hnen, sowie die Musik zur Posse „Der Nacht- 
wandler wider Willen" und die Recitative zu Weber's Oberon. 

Niemann, Albert, geb. 15. Jan. 1831 in Exleben, wurde Lehr- 
ling in einer Schlosserwerkstadt in Magdeburg, ging zum Theater in 
Dessau als Statist und Chorist Kapellmeister Schneider erkannte 
seine schone Stimme und musikalische Begabung (S. 157 ausfuhrlich)- 
Am 1. Sept 1854 wurde er in Hannover vorlfiufig auf ein Jabr 
engagiert. 1857 betrug sein Gehalt 4300 Thlr. 

Betx trat den 1. Juni 1856 in die Oper ein, erst 20 Jabr alt. 

Wachtel war von 1854 — 1858 angestellt. Er ging nach Kassel. 

Langer, . . . Chordirektor an der Oper von 1858—1869. 

Doppler, Franz, schrieb 1858 die Oper: Ilka oder die Husaren- 
werbung, eine magyarische Oper in zigeunerhaft abgebrochener Form 
In Ungarn wurde sie mit grofsem Beifall aufgenommen. Sein Bruder, 
ein Flotist, studierte die Oper in Hannover ein. 

Ernst, Herzog von Sachsen - Coburg- Gotha. 1858 gab man die 
Oper: Diana von Solange, melodios, aber ohne Gestaltungskraft 

Joachim, Joseph, wurde im Herbst 1850 Konzertmeister an der 
Hofkapelle in Weimar und am 30. Dezember 1852 in Hannover. 
Am 1. Jan. 1853 erhielt er den Titel und das Amt eines Konzert- 
meisters und hatte die Instrumentalpiecen zu leiten, wahrend Marschner 
die Gesangpiecen dirigierte. Am 3. Mai 1855 trat er zur christlichen 
Religion liber. Konig und Konigin iibernahmen Patenstellen und 
gaben ihm die Namen Georg Maria (S. 235). 1859 erhielt er den 
Titel eines Konzertdirektors. Am 1. M&rz 1865 kiindigte er seinen 
Kontrakt, tells wegen des Intendanten von Platen's Verhalten, teils 
urn unbeheiligt seinen Studien obzuliegen (S. 270). 

Billow, Hans von, war vom 29. September 1877 bis 3. Nov. 
1879 an der Oper Kapellmeister, Naheres erfahrt mm aus der Sc|rift 



Musik in Hannover. 



105 



n Hans von Biilow in Hannover" von demselben Verfasser (Hannover 
und Leipzig 1902, bei Hahn, 8°). B. trat im Januar 1854 in Han- 
nover als Klaviervirtuo8e mm ersten Male auf Joachim's Einladung 
auf. Erst im Jahre 1865 gab B. wieder zwei Soireen in Hannover. 
Als Hannover preufsisch geworden war, wurde Hans von Bronsart 
im Friihjahr 1867 Intendant der Hannoverschen Oper. Hit von 
Billow eng befreundet, kam derseibe von Miinchen ofter zu Abonne- 
ments-Konzerten als Solist und aufserte sich gegen Bronsart gelegent- 
lich, dass er bei einer Yakanz des Kapellraeisterpostens nicht ab- 
geneigt sei die Stellung zu iibernehmen; als daher 1877 im August 
der Kapellmeister C. L. Fischer gestorben war, erinnerte sich Bron- 
sart dieser Anerbietung. Biilow hatte soeben in Amerika in den 
Jahren 1875 — 76 139 Konzerte gegeben, hatte darauf in London 
konzertiert und die aufregenden Scenen in Miinchen als Kapellmeister, 
mebst der Scheidung von seiner Frau, der Tochter Liszt's, iiber- 
wunden, so dass er wieder lebensfrisch mit Freuden seine einstige 
Zusage annahm. Schon am 29. September 1877 leitete er das erste 
Abonnements-Konzert und wurde am 12. November provisorisch als 
erster Kapellmeister angestellt Unter seiner Leitung wurden die 
Opernvorstellungen wahre Mustervorstellungen , allerdings unter 
grolster Anstrengung von Sangern und Orchestermitgliedern , die 
auch wenig von Biilow's Direktion erbaut waren und oft genug den 
Oehorsam verweigerten, doch verstand es B. durch Zuwendung von 
Nebeneinnahmen sie immer wieder geftigig zu machen. Die Furcht, 
dm» er Wagner'sche Opera zu sehr bevorzugen wurde, bestfitigte 
sich nicht, im Gegenteil wurde er jeder Richtung gerecht, sowohl 
den Italienern, den Klassikern, Weber, Spohr, Marschner, Meyerbeer 
und den Franzosen. Dies© Wandlung in seinem Urteile war bei 
dem Aufenthalte in Florenz vor sich gegangen und er nannte sie 
selbst ^seine H&utung". Auch die Abonnements - Konzerte leitete er 
und befolgte dieselbe Auswahl der Piecen. Kritik und Publikum 
wetteiferten B. ihre Bewunderung zu zollen. In der Konzertsaison 
1878/79 dirigierte er nicht nur die Abonnementskonzerte, sondern 
leitete auch die Musikakademie (Singakademie) und war dem Verein 
f&r Kammermusik als Pianist beigetreten. In der Saison 1879/80 
erreichte die Thatigkeit B.'s ihr End© durch den Sanger Schott bei 
Auffuhrung des Lohengrin hervorgerufen. B. hatte sich wahrend 
dem Qesange Schott's im 3. Akte soweit hinreifsen lassen, dass er 
nicht nur Gesichter schnitt, sich die Ohren zuhielt, sondern schliefs- 
lich auch den Taktstock wegwarf. Schott hatte eine juristische Unter- 



106 



Mnsik in Hannover. 



8iichung von der In ten dan z verlangt und B. musste sich diesem 
Verlangen fugen (Seite 52). B. wurde zu einer Geldstrafe von 100 M 
verurteilt, da all© Angaben Schott's sich als wahrbeitsgetreu darch 
vielfache Zeugen erwiesen hatten. Bass dies das End© seiner Direk- 
tionthatigkeit bedeutete war vorauszusehen. Am 26. Oktober 1879 
reichte er sein Abschiedsgesuch ein, was ihm auch gew&hrt wurde 
(S. 58). B. blieb in Hannover und trat oft in Konzerten als Pianist 
auf. Als nach der Katastrophe er zum ersten Male wieder auftrat, 
fand er seinen Fliigel mit Guirlanden und Lorbeerkranzen geschmtickt 
und den Saal vom vornehmsten Publikum gefiillt — so wenig stand 
dasselbe auf Seiten des Singers. Wenige Monate darauf (Februar 
1880) wurde er zum Intendanten der herzogl. Hofkapeile in Meiningen 
ernannt. Seine Erfolge daselbst als Dirigent und seine mit der Ka- 
pelle ausgefiihrten Konzertreisen nebst den damit verbundenen Erfolgen, 
die dem veralteten Dirigententum den Todesstofs gaben, sind wohl 
noch in aller Oedachtnis. 

Marschner, Heinrich, ging 1827 mit seiner Frau, einer S&ngerin 
nach Leipzig, wo dieselbe bei der Oper engagiert war. Marschner 
selbst hatte vorilulg keine Anstellung. Erst im August 1830, als 
Prager's Kontrakt in Hannover nicht erneuet werden sollte, meldete 
er sich zur Eapellmeisterstelle und wurde vom 1. Jan. 1831 bis 
1. April 1832 provisorisch mit 1000 Thlr. Gehalt angestellt 1832 
wurde er auf 5 Jahre mit 1200 Thlr. Gehalt verpflichtet. Sein Cha- 
rakter wird als unvertraglich geschildert, auch zeigte er m zwang- 
lose Formen und eine fast plumpe Ausdrucksweise. Weber nannte 
ihn den „naseweisen Musje". 1842 kam M. um Erhohung seines 
Gehaltes bis auf 2000 Thlr. ein, doch wurden ihm nur 1600 Thlr. 
und nach 25jahriger Dienstzeit eine Pension von 400 Thlr. gew&hrt 
Auf lebensl&ngliche Anstellung ging man nicht ein. 1845 kam er 
wieder um 2000 Thlr. Gehalt ein, doch bestatigte man nur das obige 
Abkommen (S. 112). Erst im Jahre 1852 am 1. Okt. unter Georg V. 
wurde M. auf Lebenszeit mit 2000 Thlr. Gehalt angestellt, bis dahin 
wurde sein Kontrakt von 5 zu 5 Jahren erneuet Jetzt erst erhielt 
er den Titel eines Hofkapellmeisters um den er seit 1832 petitionierte. 
1857 erteilte ihm die Stadt das Ehrenbiirgerrecht. 1855 heiratete er 
die Sangerin Janda. 1857 besuchte er London. 1857/58 schrieb 
er seine letzte Oper: „Sangeskdnig Hiarne", die aber erst 1863 im 
Frankfurt a. M. ohne Erfolg aufgefiihrt wurde. 1883 versuchte man 
sie nochmals in Miinchen, doch mit demselben Erfolge. Am 10. Aug. 
1859 wurde er pensioniert, wozu er nur schwer einwilligte, doch 



Mosik in Hannover. 



107 



bewilligte man ibm als Pension 1000 Thlr. und nach 5 Jahren 
1400 Thlr. nebst dem Titel eines General-Musikdirektors, worauf M. 
einen grofeen Wert legte. 

Da die ersten Auffiihrungen seiner Opera vielfach mit falschen 
Daten und Stadten verzeichnet werden, teile ieh aus der Liste S. 219 
die Auffiihrungen in Hannover mit: Vampyr, 15. Dez. 1828. — 
Templer und Jfidin, 23. Febr. 1831. — Des Falkner's Braut, 24. Sept 
1832. — Hans Heiling, 30. Sept 1833. — Schloss am Atna, 5. Juni 
1836. — Babu, 19. Febr. 1838. — Austin , 25. Jan. 1852. — 
Adolf von Nassau wurde 1845 in Dresden aufgeflihrt Au&erdem 
8chrieb er noch: Der EyflMuserberg, 1818 in Pressburg gegeben. 
— Heinrich IV. und D , Aubign6, Dresden 1820. — Der Holzdieb, 
Dresden 1825. — Lucretia, Danzig 1826. 

(Als beste Biographie ist die 1901 .in der Harmonie von Geoig 
Munzer erschienene zu empfehlen.) 

Ednig Oeorg V. war musikalisch gut veranlagt Schon als Prinz 
von Cumberland erbielt er als Knabe Klavierunterricht in London 
bei Louise Dulken. Spater wurden in Berlin Musikstudien bei 
GreuJich und Fr. Kiicken in der Eomposition gemacht Im Alter 
von 16 Jahren veroffentlichte der Prinz einige Walzer, auch Marsche 
erschienen, von denen einer preufeischer Armeemarsch wurde. 1837 
erschienen grolsere Geaangskompositionen. Er schrieb gegen 200 
Piecen, davon erschienen 98 im Druck: Gesangswerke mit und ohne 
Orchester, Orschesterwerke (Sinfonie, Ouverture), Eammerkompositio- 
nen und Elavierpiecen. Auch als Musikschriftsteller trat er mit der 
Schrift: Ideen und Betrachtungen fiber die Eigenschaften der Musik, 
1839 anonym erschienen, 1858 zum Besten des Ernst-August-Denk- 
mal8 nochmals gedruckt. Seine Erbiindung trat schon in friiher 
Jugend ein. 1879 nach seinem Tode erschien in Wien eine zweite 
Arbeit: Ueber Musik und Gesang, Gedanken Sr. Mqjest&t des hoch- 
seligen Ednigs Georg V. von Hannover; sie erschien in Wien, wo 
er auch seine Tage als eraeritierter Eonig beschloss. Als er noch 
regierender Eonig war, zog er eine Beihe Eunstgrofsen an seinen 
Hof, die er fiirstlicb belohnte und nie mtide wurde ihnen seine An- 
erkennung auszusprechen. Er entschied fiber das Opernrepertoir 
und Konzertprogramme , fiber Engagements ffir erste und zweite 
Facher und verteilte die neuen Opern unter die Eapellmeister. Joseph 
Joachim und der Sanger Niemann bildeten die Spitzen der Hofkapelle. 
Ein wahres Eldorado fur die Etinstler. 

1852 bestand das Orchester aus 63 Mitgliedern: 



108 



ifnsik in Hannover. 



19 Violinisten: Nicola, Gantzert, Stumpf^ Kolbe, Osten, Kaiser, 
Wallerstein, Kompel, Miller, Jacobi, Eyert L, Wegener, Schrader, 
Eilmendorf, Herz, Volange, Qertz, Plumhoff und Witte. 

6 Bratschisten : Stowiczek, Vaas, Haake, Eyert IL, Vahbruch, 
Thiele. 

5 VioloDcellisten: Prell, Matys, Lindner, Wedemeyer, Eyert IIL 
4 Gontrabas8isten : Kyber, Kirchner, Kummer, Nitsche. 
4 FIStisten: Heinemeyer, Kuhn, Goltermann, Brauer. 
4 Oboisten: Rose, Deyerberg, Borngen, Nause. 
4 Klarinetti8ten : Sobeck, Beate, Sachse IL, Tadra. 

4 Fagottisten : Schmidtbacb, Schroder, Plinke, Liebeskind. 

5 Waldhornisten : Lorenz, Bachmann, Zoberbier, Nitschner, OerteL 
3 Trompeter: Sachse L, Mantz, Nease. 

3 Posaunisten : Schwemmle, Schulze, Barthe. 

1 Pauker: Gotze. 1 Harfenistin: Frln. Pingel. 

1864/65 bestand das Orchester aus 75 Mann: 

21 Violinisten : Kolbe, Kaiser, Wegener, Eyert L, Herz, Gertz, 
Witte, Kothe, Hartl, Gantzert, Herner, Heimberg, Korner, Lange, 
Kirchner, Konig, Romer, Rose jun., Burhenne, Fritsche. 

7 Bratschisten: Haake, Vaas, Eyert 11., Thiele, Oertel, Prohl, 
Hallenstein. 

6 Violoncellisten: Prell, Lindner, Eyert IIL, Matys, Lepin, Ruhoffi. 

5 Contrabassisten : Kirchner, Nitsche, Blume, Reiche, Boring. 

4 Flotisten: Kuhn, Goltermann, Ott, Brauer. 

4 Oboisten : Rose sen., Borngen, Deierberg, Reiche. 

4 Klarinettisten : Sobeck, Beate, Sachse, Peller. 

4 Fagottisten: Schmidtbach sen. u. jun., Plinke, Rohde. 

6 Waldhornisten: Lorenz, Nitschner, Zoberbier, Angermann, 
Kruckenberg, Wack. 

4 Trompeter: Mantz, Kiihnhold, Wingold, Ldscher. 
3 Posaunisten: Schwemmler, Steinmann, Justus. 

2 Pauker : Nause, Lages. 

1 Triangel: Barthe. 1 Becken: Sperleder. 1 Harfe: Frln. Pingel. 
1 Orgelspieler: Beyer. 

Seite 217 ein Verzeichnis von Opern, die in Hannover gegebeu 
wurden von 1815—1. Jan. 1865, alphabetisch nach den Komponisten 
geordnet, mit genauen Daten versehen. 



Mitteilungen. 



109 



MltteUmigem. 

* Der Strafsburger Chronist Konigshofen als Choralist. Sein Tonarius, 
wiedergefunden von Mat tin Vogeleis, ©hem. Musiklehrer am bischofL Pro- 
gymnasium Zillisheim, herausgegeben von Dr. F. X. Mathias, Organist am 
Munster m Strafsburg. Graz. Verlagshandlung Styria, 1903. Durcb zwei 
dem Stadium der Musikgeschichte begeistert ergebene elsassiscbe Gelehrte, 
Martin Vogeleis und Dr. F. X Mathias, ist anknupfend an die Person 
Jakob Twinge?* von Konigshofen ein Stuck mittelalterlicher Musikgeschichte 
im Bsafs lebendig gemacht worden. Den Codex XL E. 9. der Pragef 
ITniversitat8bibliothek und den im Codex enthaltenen Tonarius hat Martin 
Vogeleis fur Jakob Twinger von Konigshofen (nicht Jakob Troingeri, wie 
Dr. Johannes Wolf den kalligraphisch schon geschriebenen Namen im 
Kirchenmusikalischen Jahrbuche wiedergiebt) als Autor reklamiert. Die 
Ausfuhrung einer Spezialstudie fiber Jakob Twinger und seinen Tonarius 
uberliefis er seinem Freunde Dr. F. X. Mathias. Das Buch gliedert in 
drei Hauptabschnitte, deren erster die Personlichkeit Jakob Twinger's von 
Konigshofen im Eahmen der Geschichte seiner Zeit lebendig vorhihrt (1. 
n. 2. Kapitel), der zweite eine hochst lehrreiche Studie uber die Tonarien 
von Regino von Priim bis Hugo von Reutlingen bietet und Kdnigshofen's 
Tonarius im originalen "Wortlaute (lateinisch) mit deutscher tTbersetzung 
mitteilt (3. — 5. Kapitel), und der dritte den Tonarius Kdnigshofen's kri- 
tisch analysiert, seine Quellen, die Zeit seiner Abfassung feststellt und den 
bisher nur als Chronist, Glossator und Recbtsverstandigen bekannten Ver- 
fa88er als Liturgiker wurdigt (6. — 8. Kapitel). Das vierte Kapitel, „die 
Tonarien 14 , habe ich in Nr. 5 der Monatahefte besprochen. Zu bemerken 
ist noch, dass die phototypische Wiedergabe des Tonarius von Dr. Mathias 
durch jede Buchhandlung bezogen werden kann. Paul Runge. 

* Robert Volkmann. Sein Leben und sein Wirken. Nebst Bildera, 
Faksimiles, Briefen des Meisters und systematischem Yerzeichnisse seiner 
gedruckten Kompositionen und deren Bearbeitungen von Hans Volkmann 
(I>r. phil. in Dresden). Leipzig 1903, Hermann Seemann Nachfolger. gr. 8°. 
197 Seiten. Der Schreiber der Biographie l&sst uns im Dunkeln uber 
seine Verwaidtichaft mit dem Komponisten, da aber Robert nur emeu 
Bruder hatte, der Landpfarrer wurde und derselbe einen Sohn mit Namen 
Oskar, der Apotheker wurde, so kann Hans nur ein Sprosse des letasteren 
sein. Robert blieb im Junggesellenstaiide. Am 6. April 1815 zu Lom- 
xna tzsch bei Meifsen geboren als zweiter und letzter Sohn des Kantors 
Frudrich August Gollhelf, in dessen Hause fleilsig gute Musik getrieben 
wurde, so dass Robert schon von fruhester Jugend an in Musik erzogen 
wurde. Auch er sollte einst Kantor werden und zog 1832 nach Freiberg 
L S. mm das Gymnasium zu besuchen, da aber der Yater schon ein Jahr 
darauf starb, ging er gleich auf das Lehrer-Seminar uber, erhielt aber die 
Erlaubnis an einzelnen Gymnasialstunden teilzunehmen. Da er sich hier 
aJji gefibter Sanger mnfl Klavierspieler zeigte, wurden ihm im Proseinuiar 



110 



Mitteilungen. 



die Klavier- und Gesangstunden ubertragen, auch erhielt er darch Am 
Musikdirektor F. A. Attacker's Empfehlung einige Privatschuler, so dues 
er auch nacb des Vaters Tode seine Studien fortsetzen konnte. Michaelis 
1835 verliefs er das Seminar, liefs sich aber erst Ostern 1836 in Leipzig 
nieder, wo er bald darch Anacker's Empfehlung Klavierschuler erhielt 
Hier war er sun vorzugsweise bemuht sich als Komponist auszubilden 
und nahm bei C. F. Becker theoretischen Unterricht, denn als Schullehrer 
sein Leben hinzubringen hatte er darch Anacker's Zureden l&ngst auf- 
gegeben. Doch auch auf eine wissenschaftliche Ausbildung war er bedacht 
and immatrikulierte sich am 22. April 1836 auf der Leipziger Universitat, 
wo er Gescbichte der Philosophie und Padagogik horte. Nebenbei wurde 
leifsig komponiert und sogar Opus 1, Sechs Phantasiebilder bei G. Scbuberth 
in Leipzig 1837 verlegi 1854 gab er eine umgearbeitete Neuausgabe in 
Wien heraus. 1839 erklarte Becker seine theoretischen Studien als vollendet 
and verschaffte ihm in Prag an der jungst errichteten Masikschole von 
J. C. Kinderfreund eine Gesanglehrerstelle , die er aber bald wieder auf- 
gab, da ihm die Lehrthatigkeit wenig zusagte, und doch war es der einzige 
Broterwerb der ihm sichere Einnahmen verschaffte. An dieser Abneigong 
krankte er sein ganzes Leben und brachte ihn vielfach in grofse Not. 
Auch jetzt blieb ihm nichts ubrig als das Anerbieten einer Grafin Stain- 
Mu-Saalenstein, die in Pest ansiseig war and oft auf ihrem Landgnte Si©- 
mered lebte, die Musikmeisterstelle anzonehmen, die ihn aber nur zu wenigen 
Musikunterrichtsstunden verpflichtete und im ubrigen freie Zeit liefs. Am 
28. Marz 1840 trat er die Stellung an, die fur seine Kompositionsthatig- 
keit eine segensvolle wurde, besonders noch durch die muiterliche Fursorge, 
die er darch die Grafin erhielt and die ihn selbst za Kompositionen an- 
spornte. Doch auch hier war seines bleibens nicht. Der langweilig ver- 
lebte Winter in Szemer6d trieb ihn trotz aller Lebensannehmlichkeitcn and 
irdischen Sorglosigkeit fort und am 20. Juni 1841 verliefs er Szemerid 
nnd liefs sich in Pest nieder. Durch die Eknpfehlungen der Grafin off- 
neten sich in Pest ale Salons der Aristokratie und an vornehmen Schulern 
fehlte es nicht. Auch als Kritiker trat er 1842 in Dr. A. Schmidt's 
Allgemeiner Wiener Musikzeitung auf, doch gab er die literarische Be- 
schaftigung schon 1844 wieder auf als unvertraglich mit der Thatigkeit 
eines Komponisten. An Punktlichkeit nicht gewohnt, sah er sich schon 
Anfang des Jahres 1845 von alien Schulern verlaasen, so class er in arge 
Not geriet; dazu kam noch die Forderung alter Glaubiger an deren Be- 
friedigung er nie gedacht hatte, da es seine nachsten Verwandten betraf. 
Aus aller Misere riss ihn eine Einladung obiger Grafin , den Sommer in 
Szemer^d zu verleben, und als er im Herbste 1845 wieder nach Pest 
znruckkehrte fanden sich auch wieder Schuler und alle Not und Sorge ward 
vergessen. Doch lange hielt die giinstige Lage nicht aus, das Jahr 1848 
war in Ungarn wenig gtnstig far Konzertewecke. Er schrieb im Mlrz 
1848 an WilK Rust, der auch eine zeitlang in Ungarn gelebt hatte: „Ich 
habe gerade so viel Geld, dais ich mich nicht durch Unm&feigkeit zu 
Ghnnde richten kann u . Doch die Nahrmiigisorgeii traten im Sommer hurt 



Mitteilungen. 



Ill 



im ihn heran, bo class er sich nun doch entschloss cine feste Stellung an- 
zanehmen; er ward© Organist mad Chordirektor an der israelitischen 
Reformgemeinde in Pest, fur die er auoh eine Anzahl Ch6re und Soli 
unit Orgel schrieb. Doch auch hier wieder trat seine XJnpunktlichkeit 
etorend zwischeo, sogar das Oeschenk einer Uhr konnte ihn nicht an 
Punktlichkeit gewdhnen, so dass er 1849 den Posten wieder verlor und 
Not and Sorge seine taglichen Begleiter waren. Trotzdem er nun bereits 
35 Jahr alt war, hatte er sich als Komponist noch keinen Namen er- 
worben und seine Kompositionen lagen tot im Pulte. Erst sein Bmoll 
Trio, 1850 geschrieben, machte seinen Namen durch Hans von BMow\ 
mud Edmund Singer* Verwendung durch mehrfache Auffuhrungen bekannt, 
auch der Verleger Heckenast nahm sich seiner an. verlegte seine Werke 
and lud ihn aui seinen Landsitz ein. 1853 genugie ihm plotzlich das 
Leben in Pest nicht mehr und er siedelte 1854 nach Wien fiber, hoffend 
von dem Honorar seiner Kompositionen leben zu konnen ; doch bei dem lang- 
samen Fortschreiten derselben, der peinlichen Kritik, der er seine Arbeiten 
unterzog, tauschte er sich und kehrte im Herbst 1858 wieder nach Pest 
zuruck, wo er hilfreiche Freunde hatte. Seine aufseren Verhaltnisse ge- 
stalteten sich nun sorgenfreier, auch die Anerkennung als Komponist 
breitete sich immer mehr und mehr aus und auf dem Tonkunstlerfest in 
Bessmn (1865) wurde er ganz besonders durch Auffiihrung mehrerer Kom- 
positionen gefeiert. Als aber 1878 sein wohlwollender und stets hulfs- 
bereiter Verleger Heckenast starb, ware er wieder in Not geraten, wenn 
er nicht schon vorher einen gut dotierten Lehrstuhl an der Landes-Musik- 
Akademie in Budapest auf vieles Zureden und Drangen seiner Freunde 
angenommen hatte. Doch immer wieder regto sich sein Unabhangigkeits- 
sinn und er bat wiederholt nm seine Entlassung, doch wusste ihn das 
Direktorium state zu halten. Seine Lebensgewohnheiten waren sehr ein- 
facher Natur: aus 2 Zimmern , die er sich fruher sogar selbst reinigte, 
bestand seine Bebausung, erst in spaterer Zeit hielt er sich eine Dienerin. 
In den letzten Lebensjahren wurde er menschenscheu und zog sich von 
allem Verkehr zuruck ; so dass sich sein Umgang nur auf wenige altere 
Freunde beschrankte. Auf einem solchen Besuche am 30. Oktober 1883 
ereilte ihn der Tod ganz plotzlich. Dies ist die Darstellung seines auiseren 
Lebenslaufes. Der Verfasser widmet mit grofser Ausfuhrlicbkeit, doch 
ohne Yoreingenommenheit^ seinen Werken zwischen der Darstellung seines 
Lebens einen breiten Baum mit zahlreicher Themen - Mitteilung. Den 
Schluss bilden zwei Verzeichnisse seiner Kompositionen, das erste in Facher 
geteilt, mit Titel, Verleger und Opuszahl, das zweite chronologisch nebst 
Opuszahl und abgekurztem Titel, so dass auch der Bibliographic nach 
alien 8eiten hin Genuge geschieht. 

* Die Kalandbruderschaften , das kulturelle Vorbild der sachsischen 
Kantoreien. Ein Beitrag zur Geschichte der kirchlichen Musikpflege in 
vor- und nachreformatorischer Zeit von Johannes Rautenstrauch, Oand. rev. 
min. (in Leipzig). Dresden 1903, B&mmingische Buchdruckerei und Ver- 
lag. 8°. 45 Seiten. Eine sehr fleifsige auf Dokumente gestiitzte Arbeit. 



112 



Mitteilungen. 



Bin den Ealand besingendes Gedicht des 13. Jahrhunderts (mitgeteilt von 
W. Schatz im Jahresbericht des Domgymnasiums za Halberstadt 1850) 
verlegt die Stiftung dieser Bruderscfaaft in das 6. Jahrhundert mud nennt 
einen Papst Pelagius als ibren Begrunder. Als religiose Vereinigang von 
Geistlioben mud Laien treten jedoch die Calenden erst in den Urkunden 
mm der ersten Halfte des 13. Jabrbunderts auf. Der Name Kaland oder 
Calend erinnert an die am ersten eines jeden Monats, den sogenannten 
Calenden, scbon im 11. Jabrbnndert iiblicben Zusammenkunfte der Geist- 
licben eines Sprengels, deren Zweck es war, die Monatsanfange mit einer 
Ged&chtnisfeier fur die Verstorbenen zu begehen, und die kircblichen Feate 
and sonstigen kirchlicben Verrichtungen fur den laufenden Monat zu ordnen. 
Die Kaiandbruderschaften, auch Kalandgilden genannt, trifil man vornehm- 
licb in den Gebieten, welcbe die eheraaligen sachsischen Lande amfassten 
and in denen, welcbe von Sacbsen aus germanisiert warden, oder die 
unter dem Regimente sachsischer Kirchenfursten standen. Man begegnet 
ihnen in der Laositz an Orten wie Lobau, Kottbus, Finsterwalde, 8torkan, 
in Braunschweig, Westfalen, Pommern, Mecklenburg, Schleswig-Holstein, 
Anhalt, Hamburg, Lubeck and anderen Gegenden. In den sachsischen 
Landen lassen sie sich in Chemnitz, Freiberg, Rosswein, Alt-Zelle, Oschatz, 
Ddbeln, Radeberg, Grofsenbain u. a. Orten nachweisen. Auch in sachsi- 
schen Dorfern trifft man KalandbruderBchaften an. So vereinigen sich 
z. B. die Pfarrer and Plebani der Umgebung von Zwickau zu einer solohen 
Gesellschaft, die viermal im Jahre in Planitz tagt. Der Hauptzweck der 
Braderschaften ist die Abhaltung offentlicher Messen. Mehrmals wochent- 
lich kommen die Bruder in der Kirche zusammen, urn durch Gebeta- 
ubungen ewiges Heil und Leben fur ihre Seelen zu erringen and darch 
gelesene and gesungene Messen den Seelen ihrer Verstorbenen Befreiang 
von den Qualen des Fegeieuers zu erwirken. Fast aller Orten erfreuen 
sich die Kalanden der besonderen Ganst des Stadtrates and der Burger- 
schaft. Kapellen and Altare werden ihnen zur Verfugung gestellt and 
Mittel za ihrer tfnterhaltung gestiftet. Nicht anbetrachtlich sind die 
Vermacbtnisse and Stiftungen , die ihnen zur Yeranstaltang feierlicher 
Prozessionen an gewissen kirchlichen Festen zuflieisen. Auch Schenkongen 
an Grand mud Boden werden ihnen nrcht selten testamentarisch zagesprochen. 
Kein Wander, dass die Bruderschaften auf solche Weise allmalich za 
Beichtam gelangten, die gebriiuchlichen Essen in luxuriose Schmausereien 
and Schlemmereien ausarteten, aach die Geistlichkeit im 15. Jahrhundert 
mehr und mehr verfiel, besonders aber die Reformation reinigend eingriff 
and sich aus den alten Gesellschaften neue bildeten, die unter den Namen 
Constabler oder Constabultn, Stabilisten oder Stabulisten auftraten , welche 
den taglichen Gottesdienst durch ihren Gesang schmuckten. In Sachsen 
bilden sich aus den Kalanden die Kantoreien, die al teste von 1540 ist die 
in Torgau, sie besteht aus Burgern, die im Vereine mit Singknaben den 
musikalischen Teil des Gottesdienstes feeiwillig besorgen. Ober die Kantorei 
in Grofsenhain existiert noch folgende Urkunde: „Es hat diese lobl. Can- 
toreygesellschaft schon lange Zeith im Pabstnmb gestanden, nachdem aber 



Mitteilungen. 



113 



bey Yorgegangener Eeformation selbige wiederumb zergangen, die Scbul 
allhier aber mmn allza schwach befanden, die Sontage und Feste ana 
mangelung der Knaben figural za celebriren, Als ist solcbe Johannes 
Baptistae dee 1551. Jahres de novo wiederumb auffgerichtet" ... Da 
nachweisbiiF in Grolsenhain im 14. Jahrhundert eine Kmlandbraderechmft 
bestand, m kann die Kontorei nur aus ihr sich gebildet baben. Der schon 
im 16. Jh. der Kantorei jahrlich aus der Batskammerei zu ibren „Colm- 
tiones" gespendete Beitrag von 5 Gulden 3 Groschen ist unzweifelhaft der 
Zinsertrag eines Kapitals von 100 Gulden, die der Eat scbon im 1 5. Jhdt 
dem Kaland gesohenkt batte and dann nacb Einfuhrung der Eeformation 
der Kantorei znscbrieb. Mit diesem £rgebnis erledigt sicb die in der 
MosikgeBcbichte vertretene Behauptung, dass die s&chsischen Kantoreien 
in Anlebnong an die zu Anfang des 16. Jhdts. in Blute stebenden sud- 
deutscben Meistersingergilden entstanden seien. 

* Am Sonntage Eogate fand die feierliche Einweihung des neuen 
Gebaudes des Konigl. akad. Institute fur Kirchenmusik zu Charlottenburg 
statt, an welcher auch der Kultusniinister Dr. Studt teilnahm. Die Feier 
wurde erofinet durcb ein Orgelpraludium von Seb. Bach; zum Anschlasse 
sangen die Studierenden eine Motette von Pales trina, Hierauf ergrifi der 
Direktor des Institute, Prof. Rob. Radcckc y das Wort Er berichtete u. a. 
von der Grundung und weiteren Entwicklung, von dem Zwecke und den 
Zielen des Institute und fuhrte etwa folgendes aus: Das Konigl. akad. 
Institut fur Kirchenmusik ist die alteste staatliche Musikscbule Berlins. 
Im Jabre 1819 erhielt der domalige Direktor der Berliner Sing-Akademie, 
Zelter den A a ft rag, eine „Orgel- und Singescbule u zu gruuden ; er selbst 
wurde der erste Leiter der jirogen Anstalt. Diese erhielt im Jahre 1822 
eine neue Organisation. Nach einigen Jahren wurden nocb Klavier-, 
Violinspiel und gregorianischer Gesang in den Studienplan aufgenommen. 
Bis zum Jahre 1889 musste sich das Institut mit Mieteraumen begnugen; 
in diesem Jahre aber bekam m ein eigenes, ihm wmrdiges und schemes 
Ham mid zwar Potsdamerstrasse 120. 1892 (Eadecke ubernimmt das 
Direktorat) wurde die Zahl der Unterricbtstunden vermehrt, auch wurden 
neae Lehrfacher eingefuhrt Es wird jetzt unterrichtet in Orgel-, Klavier-, 
Violin-, Ensemble- und Partiturspiel, Harmonielehre, Kontrapunkt und 
Formenlehre, Asthetik und Sologesang, Chorgesang verbunden mit Dirigier- 
Obungen, gregorianischer Gesang, Liturgik, Musikgeschichte und Methodik, 
Orgelstruktur. Die Direktoren des Institute waren: Zelter, Bernh. Klein, 
A. W. Bach, Aug. Haupt. Unter den Lehrern sind zu erwahnen : 
Beissiger, GreU, Commer, Jul. Schneider, Loschhorn. Das Institut hat 
jetzt die Aufgabe, „Organisten, Kantoren, Chordirigenten, sowie Musik- 
lehrer hoherer Lehranstalten, namentlich Schullehrer - Serainaristen" auszu- 
bilden. Die Werke der alteren Meister der Tonkunst werden grundlich 
studiert, aber auch die besten Werke neuester Meister finden Beruekaich- 
tigung. Hierauf erhob sich der Herr Minister zu lingerer Eede. Er sprach 
m. a. den Wunscb aus: Die Kirchenmusik moge hier eifrig gepflegt werden, 
denn sie bilde einen wichtigen Teil des Gottesdienstes. diene zur Verherr- 



114 



Mitteilungen. 



lichuDg desselben und zur Erbauang der Gemeinde. Die beiden Lehrer 
Carl Thiel und Arthur Egidi warden zu Professoren ernannt und die 
beiden Professoren Herm. Schroder und Th. Krause erhielten den roten 
Adlerorden 4. Klasse. Den Schlass der Feier bildete der „*Weihegesaug" 
von Th. Krause. Rippich. 

* Herr Wilhelm Tappert in Berlin hat seine reiche Sammlung Tabu- 
latoren aller Jahrhunderte, von den Neumen des 9. Jalirhunderts be- 
ginnend bis in die Neuzeit reichend, in einem aufserst sauberen, man 
konnte fast sagen kunstlerisch ausgefuhrten Manuskript, in einem Bfaod© in 
4° von 250 Bll. hergestellt. Jede Art von Zeichenschrift ist in einer 
autographierten Nachbildung nebst Erklarung and ttbersetzung in ansere 
heutigen Notenscbrift vorhanden und repr&sentieren die 250 Blatter zu- 
gleicb die Anzahl von Tabulaturen. £in Inhaltsverzeichnis zerfallt in die 
Rubriken : Neumen, Choralnoten, Notulae rubrae, albae et denigratae, Cho- 
ralnoten als Mensuralnoten (gebraacht bis zur Neuzeit), Frankische Buch- 
staben, 8olmisations - Notation, Ziffern and Zahlen, Partituren : Die alte 
deutsche Orgel-Tabolatur von 1450 — 1550. Notationen fur Klavier, 16. Jh. 
bis Ende des 18., Notation fur Klavier im 19. Jh. Tabulaturen fir die 
Laute (1. Deutsche Lauten-Tabul., 2. Italienieche, 3. Franzdsische). Tabu- 
latur fur die Theorbe, die spanische Guitarre, fur die Chitara, Cither, 
Cithrinchen, fur die Mandora, Angelica, Calichon, Violine, Gambe, Bariton, 
Viola bastarda, Viole d'amour, Lira, Mandoline, Harfe, Flote, Sackpfeife 
(Musette), Flageolet. — Chromatische Klaviaturen und Notationen. Stega- 
nographie (Geheimschrift). Phantastische Notationen. Stenographic. Canon, 
Rebus und Ratsel. „Zum Raum wird hier die Zeit u (19. Jh.). Yaria aus 
dem 19. Jh. Notationen fur die Schule (19. Jh.). Wer schafit nun die 
Mittel herbei dies kostbare Manuskript durch den Druck herzusteUen, der 
allerdings durch dem often Farbenwechsel verteoert wird. Vermichtniw© 
aller Art werden gestiftet, warum nicht auch einmal fur ein musikhistori- 
sches Werk? Robert Eitner. 

* Katalog Breitkopf & Hdrtel in Leipzig. Yolksausgabe. Bibliothek 
der Klassiker und modernen Meister der Musik, 1950 Bande mit Supple- 
menten. 1. Klavierbibliothek zu zwei Handen , 4960 B&nde, Hefte und 
Nummern. 2. Klavierbibliothek zu 4 Handen, 2 Klaviere zu 4 und 
8 Handen; Orgel und Harmonium, 2770 Bde. 3. Deutscher Lieder- 
verlag. Anhang: Klavierauszuge, 4600 Bde. 4. Bibliothek fur Kammer- 
musik : Pianoforte, Violine , Violoncell etc., 6300 Bde. 5. Partitur-, 
Orchester-, Chor-, Text- etc. Bibliotheken. 6. Musikbucher. Notenschreib- 
papiere. 7. Lager der Weltliteratur in neuzeitlichen Einbanden. An- 
hang: 1. Yerzeichnis von Einmarkbanden. 2. Lager auslandischer Musik 
sowie fremdsprachige Ausgaben aus dem Yerlage von Br. & H. 

* Die Grundung der Kgl. Hofkapelle durch Kurfurst Moritz wurde 
am 22. Sept. 1848 in Dresden als 300. Jahrestag gefeiert. 

* Hierbei eine Beilage: Katalog der Musikwerke in der Westminster- 
Abtei in London von ¥m. B. Squire, Bog. 2. 

Verantwortlioher Bedftkteur Bobert Bitner, Ttmptia (Uckerm*rk). I 
Draok ▼on Hermann Beyer A SOhne (Beyer #§ Mann) in Langensalsa. 



7 ,0 * 



fflr 

MUSIK-GESCHICHTE 



der Ge8ell8chaft fflr Musikforsohung. 



ray. jsmi. 

1903. 



Prelt dei Jfthrganget 9 Mk. Monatlioh ertoheint 
•ine Nummer ▼on 1 bii 2 Bogen. IneertionigebOJbren 
far die Zeile 80 PI 



Kommiisiontverlag 
▼on Breitkopf ft HIrtel in Leipsig. 
Beitellungen 
nimiat jede Buoh- and MniikhAndlang entgegen. 



la 8. 



Totenliste des Jalrres 1903, 

die Musik betreffend. 
(Karl Luatner.) 
Abkurzung fir die citierten Musikzeitschriften : 
Bfthgen. = Deutsche Bfthnen-Genossenschaft. Berlin. 
Fl. Si. = Fliegende Hitter fir kath. Kirchenmusik. Regensburg, Pustet. 
Guide = le Guide mus. Bruxelles, Schott 

I. M. G. = Zeitechrift der Internationalen Muaik-Gesellschaft. Breitkopf & Hartel. 
K. u. Musz. = Deutsche Kunst- u. Musikztg, Wien, Wiener Musik- Verlags- 
baus. 

Les8m. = Allgem. Deutsche Musikztg. Charlottenburg. 
Menestrel = le Menestrel. Journal du monde music. Paris, Heugei 
Mus. sac. = Muaica sacra. Monatsschrift fur kath. Kirchenmusik. Regensburg, 
Haberl. 

Mus. Tim. « Musical Times. London, Novello. 

N. Z. £ M. = Neue Zeitschr. £ Mus. Leipzig, Kahnt. 

Ricordi = Gazetta music, di Milano, Ricordi. 

Sig. = Signal© f. d. mus. Welt. Leipzig, Senff. 

Wbl. = Musikal. Wochenblatt. Leipzig, Pritzsch. 

Is wird gebeten falsche Daten der Redaktion gefalligst anzuzeigen. 
Achille, . . . Professor, Militarmnsikdirektor and Musikalienhandler in Phila- 
delphia, st. das. im JonL Wbl. 465. 
Allwsti, flints Alilt, Organist and Chormeister an der Andreaskirche 
am Newcastle-on Tyne, si das. 5. Febr., 59 Jahr alt Mas. Tim. 174. 
Algele, Stltllct, Musikdirektor in Altdorf (Schweiz), st. das. 56 Jahr alt 

7. Okt Wbl. 657. 
i# Ami, loaecente, Opernbariton, st. im Okt. in . . geb. in Venedig, 

MSnestrel 336. Lessm. 739. 
Ark, Ktri fin, Professor des Klavierepiels am Kaiserl. Konservatorium za 

8t. Petersburg, st. das. 24. Aug.; geb. ebenda 1839. Lessm. 606. 
AlwM, Dr. Geerge BMtyudi, Organist an der Kathedrale zu Winchester, 

Monftteh. € Mutikgweli. Jahrgang XXXV. No. 8. 8 



116 



Totenliste des Jahres 1902. 



Komponist zahlreicher geistlicher Mnsikwerke, si das. 31. Jan.; geb. zu 

Petworth (Jussex) 22. Dez. 1832. Mas. Tim. 169. 
Avenei, fill, Komponist and Musikverleger in Paris, st. das. 79 Jahr alt 

im April. M^nestrel 128. 
lici, Bernhard Emil, Pianist und Komponist, ehemals Lehrer am Kullack- 

schen Konservatorium, st. 15. Febr. in London ; geb. 11. Mans 1849 

zu Posen. Mus. Tim. 174. Lessm. 244. 
Bahn, Martin, von 1850 bis 1880 Besitzer des Trautwein'schen Musik- 

Verlages in Berlin, st. das. 75 Jahr alt, 21. Mai. Lessm. 470. 
Baraldi, siehe Neri-Baraldi. 

Bargheer, Karl Louis, Hofkapellmeister a. D., st. 19. Mai in Hamburg; geb. 

31. Dez. 1831 zu Buckeburg. Todes-Anz. Lessm. 534. 
lltta, Aleiandre, Violoncellvirtuos und Komponist, st. 8. Okt. in Versailles; 

geb. 9. Juli 1816 zu Maastricht. Menestrel 327. 
BllW€l8, Ednuard, Lehrer des Chorgesanges am Konservatorium, Grunder 

und Leiter des Orpheon royale zu Brussel, st. das. 23. Nov.: geb. 

11. Dez. 1831 zu Bruges. Guide 884. 
Becker, Fritz, seit 1892 pens. Hofkapellmeister in Schwerin. st. das. Ende 

des Jahres. Buhgen. 1903, 25. 
Beeker-Raeeo, Loaise, frahere Hofopernsangerin in Minchen, st. in Alten- 

burg 18. April. Buhgen. 198. 
Bellini, Amalle, eigentlich Hruschowsky von Hruschowa, Opernsangerin, st. 

1. Febr. in Hamburg; geb. 22. Marz 1853 zu Wien. K. u. Musz. 71. 
Bender, Konstantin, Inspekteur der belgischen Militarmusiken, Komponist, 

st. 26. Juli in Brussel; geb. 10. Nov. 1826 zu Saint-Nicolas. Guide 589. 
Bernard, Emiie, Komponist von Kammermusik und symphonischen "Werken, 

Orgelvirtuos, st. 11. Sept. in Paris; geb. 28. Nov. 1843 zu Marseille. 

Menestrel 296. 

Bernath, Julias Yon, Direktor des Konservatoriums, der Singakademie und 
der philharmonischen Konzerte in Hamburg, st. das. 24. Dez.; geb. 
8. Aug. 1830 zu Sees, Rheinprov. Nekr. Hamburger Fremdenblatt 

No. 302. 

Bibl, Rudolf, Hof- und Domkapellmeister in Wien, st das. 2. Aug.; geb. 

6. Jan. 1832 ebenda. WbL 493. 
lliSi, Wilhelm, Konigl. Hofpianofortefabrikant, st. 14. Nov. in Berlin; geb. 

20. April 1822 zu Rathenow. Lessm. 796. 
Bllilg, IHedrleh, Konigl. Seminar - Musiklehrer a. D. in Erfurt, st das. 

73 Jahr alt, 26. Okt. WH. 657. 
Bilse, Benjamin, Konigl. Hofmusikdirektor, st. 13. Juli in Liegnitz ; geb. 

ebenda 17. Aug. 1816. Nekr. und Portr. „Musik" 1989. Lessm. 528. 
Bisehoff, Angnst, Dirigent des Liederkranzes in Brooklyn, st. das. 18. Marz, 

59 Jahr alt. Sig. 440. 
Blame, Alfred, Gesanglehrer und Professor in Berlin, st. das. 30. Dez., 

66 Jahr alt Lessm. 1903, 67. 
Btdmann, Hermann, Yorsteher einer Musikschule in Breslau, st. in Bad 

Reinerz 17. Juli. Todesanzeige: Breslauer Zeitg. No. 499. 



Totenliste des Jahres 1902. 



117 



Bokriager, Rndolf, Konigl. Musikdirektor, friiher langjahriger Musiklehrer 

an der Furstenschule zu Grim ma, Komponist geistlicher Musik, si das. 

1. Marz, 74 Jahr alt. Lessm. 244. WbL 187. 
Btgler, leribard, Musikdirektor in St. Galen, si das. 29. Dez., 82 Jahr 

alt. Todes-Anzeige. 
Br&nbaeb, Kaspar Joseph, stadtiscber Musikdirektor in Bonn, Komponist 

zahlreicher Chorwerke, st. das. 20. Juni; geb. ebenda 14. Juli 1833. 

Lessm. 502. WbL 412. 
Brandt, lithe, Opernsangerin, eine Grofsnichte Rich. Wagner's, st. im Jan. 

in New- York. WbL 107. 
Brenner, Lndwig von, Konigl. Musikdirektor mud Professor, ehemaliger 

Dirigent des phi! harm onischen Orchesters in Berlin, st. das. 9. Febr. ; 

geb. 19. Sept. 1833 zu Leipzig. Lessm. 179. 
Briggs, Henry Bremridge, Kirchenmusikd irektor in Westcliffe on Sea, st. 

das. im Febr. 51 Jahr alt. WbL 139. 
Brnnetti, Dr. Filippe, Vorsitzender der Musikgesellschaft „Rossini u in Bo- 
logna, st. das. 27. Jan. Bicordi 75. Lessm. 226. 
Brans, Algtst, Konigl. Kammermusiker a. D. in Dresden, st. das. 68 Jahr 

alt, 8. Nov. WbL 700. 
Briyek, Karl Debrtis van, Musikscbriftsteller und Komponist, st. 5. Aug. 

zu Waidhofen a. d. Ybbs; geb. 14. Marz 1828 in Brunn. Lessm. 588. 
Birger, Max, friiher lyrischer Tenor am Hoftheater zu Braunschweig, st. 

5. Okt. in Friedrichroda. WbL 632. Sangerhalle schreibt: langjahriges 

Mitglied des Hoftheaters in Coburg und Gotha. 
ilrff Agnes (eigentlich Buring), verehelichte Justizrat Hesse, einst gefeierte 

8angerin in Berlin, st. das. 2. Okt; geb. 28. April 1831 ebd. Lessm. 759. 

Sangerhalle schreibt f 7. Okt. 
BnlftS, fail, Kammer Sanger, st. auf einer Konzertreise 20. Marz in Temes- 

var in Ungarn; geb. 19. Dez. 1847 zu Birkholz in der Priegnitz. 

Nekr. Lessm. 244. 
Cartoai, Blaise, Konservatoriums- und Stadtmusikdirektor in Eennes, si 

das. 51 Jahr alt, 14. Marz. Menestrel 96. 
€eftari, Pietre, Violinist und Verfasser einer Musikgeschichte, st 11. Juni 

zu Fiorenzuola d'Arda; geb. 1836 zu Parma. Micordi 355. Menestrel 

216. Guide 565. 

Chappel, Thomas Patey, Chef des 1812 von seinem Vater Samuel gegrundeten 
Musikverlages in London, st. das. 26. Juni, 83 Jahr alt I. M. G. 454. 

Choudens, Antony li, ilterer Bruder des Musikverlegers Paul de Ch., 
Komponist, Schuler Bizet's, st. 53 Jahr alt 15. Juli in Fontainebleau. 
Menestrel 232. 

Christ, Viktor, Mitglied des Wiener Hofopernorchesters, st. 30. Juli durch 
Absturz von der Rothwand bei Bozen. Lessm. 570. 

Clarke, Sir Campbell, Musikkritiker der Londoner Zeitschriften the Athe- 
naeum und Daily Telegraph, st. 26. Aug. zu Oatlands bei Uckfield ; 
geb. 1830 ebenda. Mus. Tim. 674. 

Calyns, Jean*Baptiste, Komponist und Violbprofessor am Konservatorium 

8* 



118 



Totenliste des Jahres 1902. 



zu Brissel, it. An fang Nov. in Ixelles bei Briissel; geb. 24. Nov. 1834 

zu Brussel. Guide 813. 
Copelmann, Louis, Komponist, st. im Mirz in Denver (Colorado). WbL 239. 
Creonti, Antonio, Opernkomponist in Turin, st. das. im Aug. Menestrel 272. 
Croisllles, . . . Violinvirtuose, langjahriger Soioviolinist der Opdra comique 

in Paris, st das. 86 Jahr alt im Okt. Menestrel 336. 
Croze, Ferdinand de, Klavierkomponist, st im Sept. in Lyon; geb. 1828 

zu Marseille. Menestrel 303. 
Daisy, Grace, Opernsangerin, st. mitten in einer Vorstellung in Birmingham! 

im Marz. WbL 239. 
Daneran, . . . Lebrerin am Konservatorium zu Konigsberg, ertrank 27 Jahr 

alt im Seebade Kranz im Juli. Lessm. 588. 
Daniels, Frank ■., Musiklehrer und Leiter des Prospect Hill College in 

Brooklyn, st das. 30. Marz, 51 Jahr alt. WbL 283. 
Daussoigne-Mehnl, Alexandre, Klaviervirtuose und Komponist, st. 72 Jahr 

alt in seinein Geburtsorte Luttich Ende Mai. Guide 476. 
Dietrich, B., Mannerchorkoinponist, st. 24. Okt in Chemnitz. WbL 642. 
Dobs, Wenzei, Opernbassist am deutschen Landestheater zu Prag, st das. 

56 Jahr alt im Febr. WbL 187. 
irlessei, Rttdolf, Theaterdirektor in Halle, st. das. im Nov. Buhgen. 503. 
Drogenbreeek, Jan van (pseudonym Jan Fergut), vlamischer Diohter und 

Komponist, st im Juli zu . . . Lessm. 534. 
Doport, . . . Kanonikus, Redakteur und Begrunder der „Revue de Chant 

Gregorien", st. in Grenoble im April. WbL 252. 
Dyer, Dr. Arthur Edwin, Komponist einer Anzahl geistlicher und weltlicher 

Kantaten, st in Cheltenham (London) 10. April; geb. 20. Febr. 1843 

zu Frome (?). Mus. Tim. 328. 
Eberbardt, . . . Kantor und Gesanglehrer in Altenburg, st. das. 73 Jahr 

alt 15. Juni. Lessm. 502. 
Eekert, Robert, ehemaliger stadtischer Musikdirektor in Bielefeld, st. das. 

22. Jan. durch Selbstmord. WbL 93. 
Eder, Leopold, Hofpfarr- Kapellmeister in Wien, 8t. das. 24. Juli; geb. 

18. Mai 1823 zu Salinberg. Lessm. 570. Nekr. Neue freie Press© 

vom 25. Juli. 

Eiebhorn, Alexander, Herzogl. Hofmusikdirektor in Koburg, st. das. 8. Dez.; 

geb. 1831. Lessm. 1903, 67. 
Elslcr, Anna, geb. Soring, Konzertsangerin in Darmstadt, st. im Nov. zu 

Halle a. 8. 40 Jahr alt. Lessm. 796. 
English, Dr. Thomas Dunn, Liederdichter und Sanger, st. 1. April in 

Newark (N. J.), 83 J. alt. WbL 283. 
Fagotti, Enrleo, Opernbariton, st. in Fermo, seiner Vaterstadt im Nov. 

Ricordi 636. Guide 908. 
Farini, Antonio, Musiklehrer in New-Orleans, st. das. 4. Marz. WbL 239. 
Favel, A., siehe Laeoabe, Aadrfe. 

Felix, Jean (recte Spiro), Operntenor, st. 5. April, 40 Jahr alt in Dresden. 
Lessm. 365. 



TotenMste ies Jahres 1902. 



119 



Fergat, Jaa, siehe vaa Bregenbroeek. 

Flasterboseh, Daniel Reiahald, Komponist, Masikdirektor und Kantor emer. 

in Glauchau, st. das. 15. Sept., 76 Jahr alt. Wbl. 559. 
Biwers, Harry Beaten, Organist an der St. Margaret's Parish Kirche za 

Lowestoft, st. das. 6. Febr., 39 Jahr alt. Mm. Tim. 174. 
Fraak, tttt, Gesangvereinsdirigent, Komponist von Mannerchoren, st. 26. Dez. 

in Berlin. Leesm. 1903, 67. 
Fries, Waif, Violoncellist, st. 77 Jahr alt im Mai zu Roxbury. Wbl. 360. 
Fritzseb, Erast Wllieln, Musikalienverleger und Leiter des Musikalischen 

Wochenblattes, si 14. Aug. in Leipzig; geb, 24. Aug. 1840 za Lateen. 

Nekr. u. Portr. Wbl. No. 43 and 44. 
Gentseh, Traagttt, bis 1893 Klarinettist im Gewandhaasorchester and 

Lehrer am Kdnigi. Konservatoriom zn Leipzig, st. 19. Mai in Oetzsch 

bei Leipzig; geb. 14. Aug. 1838 za Rehmsdorf bei Zeitz. Wbl. 360. 
Gerdeissea, Fraulein, Altistk am Stadttheater zu Ulm, st. 21 Jahr alt im 

Okt in Munchen. Wbl. 632. 
CipUl, luff stieiilf Flotenvirtuose and Mitglied des Hofopernorchesters in 

Wien, st. das. im Nov. Lessm, 1903, 67. 
Gilbert, Alfred, Komponist and Pianist, lange Zeit Direktor der phil- 

harmonischen Gesellschaft in London, st. das. 6. Febr. ; geb. 21. Okt 

1828 zu Salisbury. Mus. Tim. 174. Eiemann schreibt Albert. 
Girtad ¥§■ Saiat-Creix, volkstumlicher Liederkomponist und Verfasser der 

Davel- und Pestalozzi-Kantaten, st im Nov. in Genf. „Die Musik" 369. 
Gleiehaaff, iliilf, Geigenkunstler und Lehrer, st. im Sept. in Mulhausen i. Els. 

Wbl. 599. 

Galz, Jeanne, Konzerts&ugerin in Berlin, st. das. 1. April, 25 Jahr alt. 

Sig. 416. 

Graad, Aagast, Grander der Hofpianofortefabrik gleichen Namens in Berlin, 
st. das. im Febr., 72 Jahr alt. Neue Musikal. Press© 124. 

Graadval, Leopold de, Doraorganist und Komponist in Jersey-City, si das. 
im Juni, 84 Jahr alt. Wbl. 412. 

Gras, Mil, Musikverleger in Paris, st das. 10. Juli, 66 Jahr alt. Mgnestrel 
224. 

Gilot, fill, Violinist in Paris, st. das. im Juli. Guide 566. 

Hagea, Walter, war Arzt, verungluckte bei einer Bergtour, begraben am 
11. Joni 1902 in Adelboden (Schweiz). Violoncellist und Komponist, 
betrieb ater Musik nur nebenbei. Schweizerische Musikztg. 1902, 
140. 177. 

lag spiel, Oskar, Inhaber der Klavierfabrik H. & Cie. in Dresden, ursprung- 
lich Musiker und Komponist, st das. 50 Jahr alt 21. Jan. Wbl. 139. 

Baaekaa, Wllltln, Masikdirektor and Gesanglehrer an der Dreikonigs- 
schule in Dresden, starb 10. Febr. ebd. Dresdner Tonkunstler-Vereins- 
Bericht 

leidkaap, Peter, Opernbassist, st. 9. Juni in Bonn, 38 Jahr alt. Lessm. 470. 
Heiadl, Max, Kapellmeister des Eastle Square Orchestra in Boston, st. das. 
30. Juni. WbL 465 



120 



Totenliste des Jahres 1902. 



Islllg, Jikin Wlllcln, emer. Domorganist, st 69 Jahr alt in Leipzig, 

1. Mai WW. 315. 
Henneberg, Albert, konigl. Sanger a. D., Begrunder und Leiter des Henne- 

bergschen Chore in Berlin, st. das. 17. Dez., 77 Jahr alt. Lessm. 

1903. 67. 

liiilg, Adolf, grofsherzogl. sachs. Kammersanger, st. 23. April in Jena. 
Lessm. 365. 

lertsci, Karl, ehemals Baritonist am Stadttheater zn Leipzig, st. das. 

14. Mai, 77 Jahr alt. ¥bi 360. 
less, Agnes, siehe Bury. 

Bess, Friedrieh Bernhard, Violinist am Gewandhausorchester in Leipzig, st. 

das. im Sept., 52 Jahr alt. Wbl. 587. 
Beydeo, mm der, Violoncellvirtuose in Brussel, st. hochbetagt 13. Sept zn 

Besancpn. Guide 713. 
Heyer, Otto, Violoncellist und Tanzkomponist in Breslau, st. das. 17. Dez.; 

geb. 13. Sept. 1829 zu Langenberg bei Gera. Deutsche Musikerztg. 738. 
Higgs, Dr. Janes, Organist, Musikschriftsteller und Professor an dem Royal 

College of Music in London, st das. 26. April; geb. 1829 zu Lambeth. 

Hub. Tim. 402. 

1111, Wilhelm, Pianist von Kammermusikwerken und Liedern in Frank- 
furt a. M., st. 6. Juni in Homburg v. d. H.; geb. 28. Marz 1838 zu 
Fulda. Wbl. 385. 

Hillmaan, lull, Kapellmeister, fruher Theaterdirektor in Breslau, st. 26. Juni 
in Wiesbaden ; geb. 8. Mai 1845 zu Berlin. Wiesbadener Tagebl. 

Illllif, Josef, pens, konigl. Kammermusiker in Berlin, Komponist einer 

Oper, st. das. 14. Jan. 78 Jahr alt. Lessm. 84. 
flintoD, Lather, Chordirigent in London, st. das. 10. April, 73 Jahr alt. 

Mus. Tim. 328. 

lllftifi, Zdenka, Gattin des ersten Prasidenten der bohmischen Akademie, 
Pianistin und Sangerin, Dirigentin des Chors der russischen Kirche zu 
Prag, st. das. 29. Marz. Neue musikalische Presse 243. 

Hdrleio, lark Alan, Hofgeigenmacher in Wurzburg, st. das. 22. Jan.; geb. 
1828. Sig. 171. 

Boffmano, Friedrieh Wilhelm, Kammermusiker am Hoftheater zu Kassel, st. 

das. 10. Okt; geb. 1864 in Rossleben. Buhgen. 416. 
■final!, fleinrich, fruchtbarer Komponist, Mitglied des Senats der konigl. 

Akademie der Kunste zu Berlin, st. 16. Juli zu Grofs-Tabarz i. Thur.; 

geb. 13. Jan. 1842 in Berlin. Lessm. 534. Nekr. Sign. 670. 
Holland , Marie, ehemalige Opernsangerin , st. 6. Aug. in Stettin; geb. 

30. April 1833 zu Riga. Buhgen. 327. 
Bompeseb, Nikolans Josef, langjahriger Lehrer des Klavierapiels am Konser- 

vatorium zu Koln, st. das. 30. Nov.; geb. 14. Marz 1830 ebenda. 

Wbl. 727. 

Horaer, Melville J., Opernbaritonist, st 31. Marz in Brookline (Mass.). 
Wbl. 315. 



Totenliste des Jahres 1902. 



121 



Hortoa, Phllaader I., Musiklehrer in Southold, st. das. 1. April, 74 Jahr 

alt WbL 283. 

IflUlificl, J., Generalihspektor der rumanischen Milit&rmusiken, Tanz- 

komponist, st. 4. Okt in Bukarest M6nestrel 327. 
Ifaay, Alexaador, ungarischer Komponist, st. 16. Febr. in Genoa, 30 Jahr 

alt Wbi. 201. Bicordi 118. 
Jacobsoba, Simon E., Violinvirtuose in Chicago, st das. im Okt. Wbi 642. 
Jadasfoba, Salonroa, Professor Dr., fruchtbarer Komponist, Verfasser mehrerer 

theoretischer Lehrbucher, Lehrer am Konservatorium zu Leipzig, st. das. 

1. Febr.; geb. 13. Aug. 1831 in Breslau. Wbi 107. 
Jiger, Ferdinand, Tenorist der Wiener Hofoper, st. in Wien 13. Juni; 

geb. 25. Dez. 1838 za Hanaa. Buhgen. 271. Lessm. 470. 
Jail, Franz Bombard, K&ntor an der Peterskirche zu Leipzig, st. das. 

58 Jahr alt, 30. April. Wbi. 332. 
Karlta, Alois, furstbischoflicher Konsistorialrat, durch Schrift end Wort 

fur die Bestrebungen des „Allgemeinen Cacilien - Vereins 4 1 thatig, st. 

68 Jahr alt in Graz, 9. Marz. Fl. Bl. 20. 

Rayser, lull, Musikdirektor und Dirigent des Musikvereins in Hagen i W. ; 

st das. 20. Okt; geb. 20. Sept. 1843 zu Barmen. Wbi. 657. 
Eayton, Heiarich, Musikdirektor und Professor in Baltimore, st. das. im 

Mai; geb. 1809 in Gelnhausen. Lessm. 470. 
KeUnann, W., deutsch - amerikanischer Musiker, Dichter und Journalist, st 

in Leitmeritz in Bohmen im Juli. Wbi. 508. 
Eleiber, Earl, langjahriger Kapellmeister des First- und Karltheaters in 

Wien, fruchtbarer Komponist, st das. 15. Juni; geb. 21. Dez. 1838 

zu Wei&kirchen. Buhgen. 271. 
Elagbardt, Friedrieb Angost Martin, Hofkapellmeister in Dessau, erfolgreicher 

Komponist, st 3. Aug. in Rosslau bei Dessau; geb. 30. Nov. 1847 

zu Kothen. Nekr. u. Portr. Lessm. 550 und 568. 
Kopetzky, Josef, popularer Wiener Komponist, griechischer Hofkapellmeister, 

st. in Wien 21. Jan.; geb. 1852 zu Wieliczka. K. u. Musz. 30. 
Rot be, Julias, ehemaliger kdnigl. Kammermusiker in Hannover, st das. 

4. Sept; geb. 1831 ebenda. Buhgen. 367. 
Kottthotvera, A., Opernsangerin, st. 17. Nov. in Moskau, 69 Jahr alt 

Wbi 713. 

Kraaieb, Helmutb, Chef der Firma Kranich-Bach in New- York, einer der 
bedeutendsten Klavierbauer in Amerika, st in New -York 25. Jan.; 

69 J. alt Big. 243. 

Klaezel, Berihard, fruherer Kapellmeister des ehemaligen deutschen Theaters 
in Budapest, st. das. 25. Sept. Buhgen. 403. 

ftnbn, Leopold, ehemaliger Kapellmeister am Theater an der Wien, Kom- 
ponist von Operetten und Liedern, st 16. Jan. zu Wien im Irrenhaus. 
Wbi. 75. 

Laconbe, Andre'e, Wittwe des Komponisten Louis L. f geb. Claudine Duclair- 
fait; mater dem Namen Andrea Favel Buhnensangerin und Gesangs- 



122 



Totenli8te ies Jabres 1902. 



Padagogin, Verfasserin einer Gesangscbule, at. 8. Sept. in Saint- Vaast- 
la Hougue (Manche) ; geb. 17. Jan. 1831 zu Voisinheu (Oise). Menestrel 296. 
Laget, Aipistc, Operntenor, dann Q esangsprofessor am Konservatorium zu 

Toulouse, si das. im Dez.; geb. gegen 1820. Menestrel 407. 
Lago, Carlo, Opera -Impressario, it. 72 Jabr alt im April zu Midland. 

WbL 283. 

Langer, Victor, Organist, Komponist und Musikschriftsteller in Budapest* 

st. das. 19. Marz; geb. ebenda 1842. Lessm. 365. 
Larizza, Vincenzo, Operntenorist, fruher an der konigl. Oper in Budapest, 

st. in Neapel 26. Sept. WbL 599. 
Lavlgne, Emery, angesebener Pianist, st. im Juli in Montreal (Quebec). 

Lessm. 570. 

Lederer, Ferdinand, Holzblasinsirumentenmacher in Wernitzgrun i. 8., st. 

das. 6. Aug. Wbl. 548. 
Leatardi, Giuseppe, Kircbenkomponist, st. 84 Jabr alt im Aug. zu Fabriano. 

Menestrel 272. 

Levysohn, ielwlg, Gesanglehrerin in Berlin, st das. 19. Sept., 57 Jabr 
alt. Lessm. 680. 

Lncantoni, Giovanni, Komponist zablreicber Gesangwerke, Freund Bossini's 
und Verdi's, st. im Juli zu . . ., 82 Jalir alt. Neue Musik-Ztg. 226. 

List, Clsif, Kircbenkomponist, st. im Marz zu Brussel. Neue musikal. 

Press© 179. 

Majaranowska, Honorle, seiner Zeit Sangerin an den kaiserl. Theatern za 

Warscbau und Lemberg, st. 76 Jabr alt im Jan. in Warscbau. M6nestrel 23. 
Manco, Francesco, Violinist, st. 29 Jabr alt in Neapel im Marz. WbL 222. 
Manu88i, Bans, Direktor des Stadttheaters in Trier, st das. 22. Nov.; geb. 

1850 in Wien. Buhgen. 489. 
MarehetU, FHippo, Opernkomponist, Pr&sident der Cacilien - Akademie in 

Bom, st das. 18. Jan. ; geb. 26. Febr. 1835 zu Bolognola in der 

Bomagna. Bicordi 43 Biogr. mit Portr. und einem Gesange. Wbl. 75. 
MarietU, . . . Chordirektor an der Op6ra comique zu Paris, st das. 11. Mai, 

60 Jabr alt Menestrel 160. 
Martin, Josephine, Klaviervirtuosin und Komponistin von eleganten Klavier- 

stucken, st 27. Juli zu Paris, 80 Jabr alt MSnestrel 248. 
lasella, Cajetan AloisI, Kardinal, Prafekt der beiligen Biten-Kongregation, 

st. 22. Nov. in Bom; geb. 30. Sept 1826 zu Pontecorvo. Mus. sac 133. 
MilliiSi, Willtlll, Kammermusiker am Hoftbeater zu Dresden, st das. im 

Okt; geb. 1841 zu Ober-Grabitz. Bubgen. 416. 
Meilinger, Josef, Kanonikus, lange Jabre Chorregent zu St Paul in Begens- 

burg, st. das. im 84. LebenBjabre am 8. Febr. FL Bl. 20. 
Melnel, F. A., ebemaliger Kammermusiker in Berlin, st das. 19. Nov.; geb. 

1827 zu Klingentbal. Bubgen. 489. 
Meister, Karl letaricl, konigl. Kammermusiker a. D. in Wiesbaden, st das. 

56 Jabr alt 27. Okt Lessm. 759. 
Menager, Lndwig, Komponist von Kirchen- und Gesangmusik, Musikdirektor 

in Luxemburg, st das. 7. Febr.; geb. ebenda 10. Jan. 1835. N. Z. f. M. 247. 



Totenliste des Jahres 1902. 



123 



Merian, litis, MnsiksclirlftstaUer, Verfasser einer Geschicbte der Musik, it, 

28. Mai in Leipzig; geb. 18. Febr. 1857 zu Basel. Lessm. 470. 
Meyer, Analie, ebemalige Operaslngerin, at. 2. Marz in Munchen ; geb. 

ebenda 15. Aug. 1830. Buhgen. 319. 
Mezey, W Helm, ungariscber Operns&nger, at. 20. Marz in Budapest, 80 Jabr 

alt. Bubgen. 152. 
Nlehilelt, WlfllW filial, Lebrer for Klavier und Orgel am Prager Kon- 

servatorium , spater in Aacben, woeelbst er am 12. M&rz starb; geb. 

18. Okt. 1821 zu Posobitz in Bobmen. Lessm. 226. 
Miguel, Leopoldo, Komponist, Musikdirektor und Dirigent des National- 

Konservatoriums zu Bio Janeiro, st das. 6. Juli, 52 Jahr alt M6ne- 

strel 320. 

Moiraie, Guide, Visconti 41, Kunstmficen, desaen furstlicber Opferwilligkeit 

das Scmla-Tbeater in Mailiuid wSfarend der letzten Jabr© semen Fort- 

bestand ale erstklaseige Oper zu verdanken bat, st. das. 15. Nov.; geb. 

1839. M&iestrel 375. 
Mesbrigger, . . ., Tenorist, st in 8an Francisco. Lessm. 588. 
lirttet, Claries, ebemaliger Kapellmeister am Montmartre-Tbdatre zu Paris, 

st. das. im Marz, 91 Jabr alt Menestrel 112. 
Itcihtir, frill, konigl. bairiscber Kammersanger, st 21. Marz in Muncben; 

geb. 25. Marz 1835 zu Scbloss Gie&en bei Tettnang in Wurttemberg. 

WW. 222. 

Kenbaeb, Andreas, Komponist, st 15. Okt in Cincinati, 63 Jabr alt 

Die „Wocbe u 2004. 
Keri-Baraidi, Pietro, Bubnentenor, st 29. Juni in Bologna; geb. 1828 zu 

Minerbio. Ricordi 383. Guide 589. 
Ilciill, Williaa, Tenorist und Gesanglebrer an der Royal Academie of 

Music in London, st. 1. April in Hampstead ; geb. 30. Juni 1851 zu 

Glasgow. Mus. Tim. 328. 
Mill, Joseph, Opernbariton in Laibach, st. das. im Jan., 60 Jabr alt. Wbl. 75. 
Oertel, Evelyn, Opernsangerin, st. 52 Jabr alt im Mai in New-Haven (Conn.). 

WW. 372. 

Peelers, Charles, Solo- Violoncellist am konigl. Theater zu Lutticb, st das. 

3. Okt. Guide 734. 
Piters, Willy, ebemaliger Tbeaterdirektor in Luneburg und Scbleswig, st 

in Altona, 14. April. Bubgen. 209. 
Petzer, Anton, pens, konigl. bairiscber Hofopernsanger, st. 21. Nov. in 

Salzburg; geb. 23. Dez. 1843 zu Linz. Wbl. 713. 
Pezzani, Caaille, Operasinger am Theatre lyrique in Paris, damn Theater- 

direktor in Gand, Antwerpen und Bouen, st im Juni. Guide 523. 
Pfeiffer, Adelf, Musikdirektor in Orenburg in Baden, st. das. 5. Okt Lessm. 759. 
Pieeolmini, Maria Benry Pontet, Komponist in London, st das. im Irren- 

baus im Marz; geb. 1835 zu Dublin. Mus. Tim. 249. 
Pienen, Georg Benry, Intendanturdirektor der konigl. Hoftbeater in Berlin, 

Sobn des Komponisten Henry P., st das. 16. Febr. Lessm. 160. 
PilloWf J. W. §., Organist in Portsmouth, st das. im Juni. Wbl. 452. 



124 



Totenliste des Jahres 1902. 



Ptottl, Rari, Organist an der Thomaskirche und Lehrer am Kfmgervatariiiiii 

zu Leipzig, si das. 17. Juni; geb. 30. April in £lgersborg in Thur. 
Wbl. 398. 

Plitt, Ifitlc, Pianistin und Komponistin, st in Berlin 27. Dez.; geb. 

1C31 zu Thorn. Lessm. 1903, 67. 
PlumptOD, Alfred, Musikdirektor am Palast-Theater and Komponist, st. za 

Melbourne im M&rz. Mas. Tim. 328. 
Pddesta, Aogaste, geb. Molendo, ebemalige kurfurstl. Hof-Opernsangerin in 

Kassel, st. das. im Dez. Wbl. 1903, 28. 
Popp, Wilhelm, FJotenvirtuose und Komponist, st in Hamburg 25. Juni; 

geb. 29. April 1828 zu Koburg. Wbl. 452. 
Prete, Chrlstoph, Komponist vieler Mannerchore, Stadtkantor in Erlangen, 

st. das. 12. Sept., 81 Jahr alt, Wbl. 573. 
Prochorowa-MaBrelli, Xcoit Alex., ebemalige S&ngerin an der kaiserL Oper, 

dann Gesaoglebrerin in Kiew, st. das.; geb. 1836. L M. G. IV, 14. 
Pnstet Friedrieh, Chef des gleichnamigen Musikverlags in Begensburg und 

Verleger der offiziellen libri chorici Ecclesiae, st das. 3. Aug.; geb. 

ebenda 25. Juli 1831. PL Bl. 81. 
Raab, TobI, geb. Schinhan, Klaviervirtuosin, Schulerin Liszt's, st. 12. Juni 

in Hadersdori bei Wien. Lessm. 502. 
Rampazzioi, Giovaonl, Violinist am Scala Theater und seit 1867 Professor 

am Konservatorium zu Mailand, st. das. 17./18. Nov.; geb. 1835 zu 

Cremo. Bicordi 623. Guide 907. 
Ratzeaberger, Theodor, Professor und Organist an der evangelischen Kirche 

zu Vevey, st. das. im Pebr. ; geb. 1816 zu Priedrichsdorf in Thuringen. 

Lessm. 121. 

RebllBg, iiittf, Professor, konigl. Musikdirektor, Komponist und lang- 
jahriger Organist an der St. Johanniskirche zu Magdeburg, st. das. 
9. Jan.; geb. 10. Juli 1821 in Barby. Wbl. 59. 

Regan, siehe SehlmoB-Regao. 

Reichelt, Viktor, von 1879 — 1889 Kapellmeister am Stadttheater zu Hanau, 

seitdem Korrektor in der Boder'schen Notenoffizin in Leipzig, st. das. 

13. Okt.; geb. 10. Okt. 1849 zu Neumarkt in Schles. Buhgen. 416. 
RikiWsllf, von, ehemaliger Intendant des Koburg-Gothaer Hoftheaters, si 

in Nizza Ende des Jahres. Lessm. 1903, 67. 
RemoBd, Itrlif verehel. Heinemann, einst dramatische- und Koloratursa^erin 

in Bremen , Braunschweig und anderen Buhnen , st. in Magdeburg 

22. Sept., 72 Jahr alt. Buhgen. 537. 
Rev lis, . . ., Begrunder der Konzerte des Vereins Diligentia im Haag, st 

das. im Mai. Sig. 531. 
Ritsehie, Charles §., Organist an der St. Andrews Episcopal Church in 

South Orange, st im Juli auf einer Beise begriffen in Paris. Wbl. 

437. 

Rose, Cyrill, Profeesor fir JOaruiefcte am Konservatorium za Paris, st im 
Juni in Meaux; geb. 13. Febr. 1830 zu Lestrem (Pas de Calais). 
M6nestrel 208. 



Totenliste des Jahres 1902. 



125 



Rosen, Serena Tochter von Ign. Moscheles, Elaviervirtuosin, st 11. Juni 

in Paris. WW. 412. 
RiblMtell, JlCftcs, Sohn von Anton R, st. 26. Juli in Paris, 37 Jahr 

alt M6nestrel 248. 
iiclmifi, Karl, Hofmusikalienhandler in Freiburg i. Br., st das. 70 Jahr 

alt, 10. Nov. Wbl. 685. 
Raff, August, Konzerts&nger in Mainz, st. das. 23. April, 61 Jahr alt. Wbl. 300. 
lipis, Georges, eigentlich Rup6, Komponist einer grofsen Anzahl Romanzen 

und Lieder, st. 69 Jahr alt, im Sept. in Paris. M6nestrei 296. 
Stlit-Crtli, siehe Girond vol Saint Croix. 

Sttttr, Severia. S., Orchesterdirigent in Saint Louis, st. das. 24. Marz, 
79 Jahr alt Wbl. 283. 

Sfllffif, Julias, konigl. Musikdirektor, Professor, langjahriger Dirigent der 
Singakademie zu Breslan, st. das. 10. Febr. ; geb. 28. Sept 1823 in 
Krevese bei Osterburg in der Altmark. Wbl. 139. Nekrolog in der 
Schlesischen Zeitg. and in der Chronik der Universit&t Breslaa fur 
1901/2. 

Scitntl, Ji8if, Waldhornvirtuos, ehemaliges Mitglied des Hofopern-Orehesters 
und Professor am Konservatorium zu Wien, Verfasser des Werkes : „Die 
osterreichische Jagdmusik", st. 61 Jahr alt, 22. Marz in Viehdorf bei 
Amstetten. K. u. Musz. 102. 

Seilllm, Smile, Violin virtuose und Solist am Grand Theatre in Lille, st. 
das. im Nov.; geb. 1839 zu Strafsburg. M6nestrel 367. 

Sehimtn - Regan, Anna, Opernsangerin und Q-esanglehrerin an der konigl. 
Akademie zu Munchen, st. das. 18. April; geb. 1842 zu Aich bei 
Karlsbad. Nekr. Sig. 513. 

Sclllltfl, siehe Raab. 

Sebirmer, Albert, ehemaliger Theaterdirektor, st. 16. Aug. in Wiesbaden, 

64 Jahr alt Buhgen. 336. 
Scbirott, Alexander, Musikdirektor in Dresden, st. das. 28. April, 78 Jahr 

alt Wbl. 315. 

Sehlag, Heinrich, Orgelbaumeister in Schweidnitz, st das. End© des Jahres. 
Lessm. 1903, 67. 

Sebkler, J., Klavierfabrikant in Bahia (Brasilien), st. das. 75 Jahr alt, 
19. Jan. Neue musikal. Presse 156. 

Scblesinger, Dr. Maximilian, Dramaturg des Breslauer Stadttheaters und Ver- 
fasser einer Geschichte dieser Buhne, st. das. 15. Dez., 48 Jahr alt. 
Buhgen. 526. 

Sebmidt-Steglitz, Hermann, Musikschriftsteller in Berlin, st das. 21. Nov. 
Deutsche Musiker-Ztg. 662. 

Scbmitt, Georg Alois, grofsherzogl. Mecklenburg - Schwerinscher Hof kapell- 
meister a. D., st. 15. Okt. in Dresden am Dirigentenpult; geb. 2. Febr. 
1827 zu Hannover. Nekr. und Portr. Lessm. 712. 

Sehemburg, Gfinther, furstl. Kammervirtuos, Klarinettist in Sondershausen, 
st das. 27. April, 72 Jahr alt. Buhgen. 290. 

Scbnh, Karl, Konzertmeister in Prag, st. das. im Juni. Wbl. 425. 



128 



Totenliste des Jahres 1902. 



Muster, Karl Wlllita, Bogenmacher in Markneukirehen, st das. 27. Bess.; 

geb. 1814. ¥bl 1903, 40. 
Sclwceltei, Georg, Hofpianoforte-Fabrikant in Berlin, si das. 18. Aug.; 

geb. 1827 zu Stolzenau in Hannover. Lessm. 588. 
Schwemer, Friedrich, von 1857 — 1864 Theaterdirektor in Breelau and 

PoBen, dann Oberregisseur der vereinigten Stadttheater in Frankfurt a. M. 9 

st. das. 25. Juni; geb. 20. Jan. 1818 zu Doberan. Buhgen. 290. 
Senespleda, Giuseppina de, gefeierte Primadonna, st. in Barcelona. Sig. 243. 
Sanger, Alexander, Gatte der Sangerin Senger - Bettaque, fruher Theater- 
direktor in Bremen, st. 23. Febr. in Mentone; geb. 1840. Lessm. 244. 
Serkowitz, Jiltui, herzogl. sachsischer Kammersanger a. D., st. im Marz 

in Dresden, 78 Jahr alt. Neue mosikal. Presse 162. 
Sholoy, . . ., Opernsanger am Stadttheater m St. Galien, ertrank daselbst 

11. Okt. Voss. Ztg. 
Siegert, Jills, Kammermusiker an der Dresdner Hofbuhne a. D., st das. 

am 28. Marz. Bericht des Dresdner Tonkunstler-Vereins. 
Simon, Dr. jur. Pail, Inhaber des Musikverlags C. F. Kahnt in Leipzig, 

Leiter der N. Z. f. iff., st das. 11. Dez., 48 Jahr alt. N. Z. f. M. 685. 
Slowak, Karl, ehemaliger Opernsanger, st. 18. Joli in Grolsenhain L Sachs.; 

geb. 1844 zu Olmutz. Buhgen. 313. 
Sogno, Vlneeuo, Orchesterdirektor in Turin, st. 17. Okt. ebenda 62 Jahr 

alt nach langer Krankheit. Ricordi 575. 
Spiro, Jean Markns, genannt Felix, Opernsanger in Dresden, st das. 6. April. 

Breslauer Ztg. 

Spohr, Gostav, Waldhornist, konigl. Kammermusiker, Neffe des Komponisten 

Louis Spohr, st im Juni in Christiania; geb. 2. Febr. 1842 zu Hotens- 

leben i. Thir. Deutsche Musiker-Ztg. 395. 
Sftli, Dr. Wllhelnt, Hofkapellmeister in Altenburg, st. das. 24. Marz; geb. 

25. Aug. 1817 zu Halle a. S. Nekr. Lessm. 267. 
SteenmaBB, Ivies, ehemaliger Kapellmeister an der Kirch© St Eustache und 

Chordirektor an der Op6ra comique zu Paris, st das. im Aug. M6ne- 

strel 280. 

Stehling, Konrad Adam, Violinist, Professor an der Boyal Academy of Music 
in London, st. das. 9. Febr.; geb. 8. Sept 1822 zu Marburg. Mus. 
Tim. 249. 

Stein, Karl, Professor, Musikdirektor in Wittenberg, st das. im Nov., 

78 Jahr alt. Wbl. 657. 
Sterzel, . . ., Kantor und Vereinsdirigent in Leisnig, st das. 26. Marz. Wbl. 239. 
Still, Thdrtae, hervorragende Sangerin in Verdi und Meyerbeerschen Rolen, 

st 21. Aug. in Mailand; geb. 1836 zu Triest. Guide 633. 
Strakosell, Ferdinand, Bruder von Moritz und Max St., Theaterdirektor und 

Impressario seiner Schwagerin Adelina Patti, st. 4. Aug. in Paris. 

MSnestrel 256. 

Stoit, S., Orchesterdirigent in NewYork, st. das. 6. April. Wbl. 283. 
Sttirmer, Heinrich, ehemals Baritonist des Leipziger Stadttheaters, st. das. 
9. Juni, 91 Jahr alt WbL 385. 



A 



Totenliste des Jahres 1902. 



127 



Sfiiiia, Dr. Adelbert fllltfr, Professor, Kritiker und Musikhistoriker, Be- 

grunder und Loiter der „H©uen Musik-Zeitung u in Stuttgart, at. 19. Mai 

in Munchen ; geb. 26. Jan. 1828 zu Prag. Nekr. und Portr. Neue 

Musik-Ztg. Nr. 14. 
Tanaro, Josef, Operntenor, st. 77 Jahr alt, im Febr. zu Brooklyn. Wbl. 201. 
Tiiboiville - Lamy, Instrumentenmaoher in Paris, Ehrenprasident der Syndi- 

kat8kammer fur musikalische Instruments, st. das. im Dm. Guide 932. 
Thomschke, Bernhard, Opernsanger am Stadttheater zu St. Gallen, ertrank 

das. 9. Okt.; geb. 21. Aug. 1876 in Dippoldiswalde. Biihgen. 416. 
f lllneti, Lonis, ehemals erster Baritonist an der komischen Oper zu Wien, 

8t. das. im Jul. Wbl. 465. 
Tipton, Dr. Benton, Organist und Chordirektor an der All Saints-Cathedrale 

in Albany, si das. im Aug. Wbl. 534. 
Trapasso, Elvira, Operns&ngerin am konigl. Theater in Madrid, st. das. im 

Sept; geb. 1879 zu Eeggio in Calabrien. M6nestrel 296. 
Mtzoehlor, far! Wlilitli von, Komponist von Liedern und Instrumental- 

werken, st. 33 Jahr alt im Sept. in Halle. Musik II, 77. 
fllilf, tills - Evgtao, Vicepiasident der Association des artistes musiciens 

in Paris, st. das. 12. April. MSnestrel 127. 
Tirba, Sldoale, Opernsoubrette wahrend 37 Jahren in Kassel, st. das. 

80 Jahr alt, 23. Juni. Buhgen. 280. 
Tfaay, Alexander, junger ungarischer Komponist, st. im Marz in Genua. 

Lessm. 244. 

UBlaaf, Karl J. F., Zithervirtuose und Komponist in Wien, si das. 14. Febr.; 

geb. 19. Sepi 1824 in Baden bei Wien. Neue musikal. Press© 102. 
linger, Heinrleh, ehemals Kammermusiker in Meiningen, st. das.; geb. 1832 

zu Prag. Buhgen. 319. 
Una, Gamille, Violin virtuosin, st. im Febr. zu New York, 61 Jahr ali 

mi. 187. 

van der fill, J. C, Klarinettist, spater Dirigent in verschiedenen Stellmngeo, 
st. im April zu Amsterdam, 74 Jahr alt. Wbl. 252. 

Yezzosi, Concetto, Komponist, Musikdirektor und Klavierprofessor am Kon- 
servatorium zu Catania, st. das. 69 Jahr alt im Aug. Ricordi 468. 
MSnestrel 280. 

Villafiorlta, Giuseppe, Opernkomponist und Gesangsprofessor, st. im Okt. in 
Mailand, 57 Jahr alt. MGnestrel 336. 

Visenr, JtSipi-Itp oldon, Kontrabassprofessor am Konservatorium und Kapell- 
meister an der Kirche Saint - Philippe - du - Eoule zu Paris, st. das. im 
Aug., 56 Jahr ali Menestrel 280. 

Yoros, JtiCil, bekannter Zigeunergeiger und Komponist, st. im Sept. in 
Raab, 76 Jahr alt. Wbl. 599. 

Vogel, Sural 1., Sangerin, st. im Aug. in Pittsburg. Wbl. 534. 

Waekwltz, Franz, Theaterdirektor in Sondershausen, si das. 23. Nov. 
Buhgen. 489. 

Waldmann, Otto, ehemaliger Opernsanger, st. 12. Aug. in Detmold; geb. 
1825 zu KonBtanz. Buhgen. 336. 



128 



Totenliste des Jafares 1902. 



Warden, David Adams, Organist und Liederkomponist, st. 87 Jahr alt in 

Pniladelphia. Wbl 170. 
Warren, Cetrg William, Organist an der Si Thomas Protestant Episcopal 

Church in NewYork, st. das. im Marz, 73 Jahr alt. Wbl. 252. 
WtSSHtit, Karl, grofsherzogl. Hofmusiker, Verfasser einer Violinmethode, 

it. 15. Sept. in Schomberg i. Schwarzw. Wbl. 587. 
Watson, John Jay, Musikdirektor und Komponist, st. im Jul zu Boston, 

72 Jahr alt. Wbl. 520. 
Winer, Wilhelm, Komponist von Gesangswerken, st. 3. Jan. in Leipzig. 

Mitteilungen von Breitkopf & Hartel, Nr. 68, 2596. 
Weber, Johannes, Musikschriftsteller, langjahriger Musikkritiker des „Temps a 

in Paris, st. das. im Marz; geb. 6. Sept. 1818 zu Brumath im Elsals. 

Menestrel 96. 

Wehn, Fritz, Theaterdirektor, st. 13. Aug. in Bad Oeynhausen. Buhgen. 336. 
Weidenbaeh, Johannes, seit 1873 Lehrer fur Klavierspiel am Konfiervato* 

rium zu Leipzig, st. das. 28. Juni; geb. 29. Nov. 1847 zu Dresden. 

Wbl. 425. 

Weixlstorfer, Johann, herzogl. s&chs. Kammers&nger, lange Jahre an der 
Hofoper zu Dresden, st. 4. Marz zu Serkowitz bei Dresden, 79 Jahr 
alt Wbl. 187. 

Werner, Karl Ludwig, Orgelvirtuos und Musikdirektor in Freiburg i. Br., 

st. das. 16. Juli; geb. 8. Sept. 1862 zu Mannheim. Lessm. 570. 
Wesendonk, Mathllde, feinsinnige Dichterin, bekannt durch ihre freundschaft- 

lichen Beziehungen zu Bichard Wagner, st. 74 Jahr alt, 29. Aug. zu 

Altraunster in Oberosterreich. Nekr. u. Portr. Lessm. 584. 
White, Adolphi8 Charles, Kontrabassvirtuose in London, st. das. 4. Sept; 

geb. 10. Okt. 1830 zu Canterbury. Mus. Tim. 674. 
Wolff, Hermann, Konzertagent, auch Liederkomponist in Berlin, st. das. 

3. Febr.; geb. 4. Sept. 1845 zu Kdln. Nekr. u. Portr. Lessm. 113. 
Wfillner, Franz, Professor, Komponist, Direktor des Konservatoriums und 

Leiter der Gurzenich-Konzerte in Koln, si 7. Sept. zu Braunfels a. d. 

Lahn; geb. 28. Jan. 1832 in Munster i. W. Lessm. 602. 

Naohtr&ge. 

Alarlitwt, Antonia Iwtn., Opernaltistin in Italien und am Hoftheater zu 
St. Petersburg, st. das. 1901; geb. 1842. I. M. G. IV, 14. 

Becker, Feodor, Chordirektor an der kais. Oper in St Petersburg, st das. 
1901; geb. 1853. I. M. Q. IV, 14. 

Romarow, Was. Fed., Forderer des orthodoxen Kirchengesanges, st. 1901 
in Moskau. I. M. G. IV, 14. 

Morphy, Don Gniliermo, Privatsekret^r dee Konigs Alphons von Spanien, 
Verfasser des Werkes „Die spanischen Lautenmeister des 16. Jahrh.", 
st. 28. Aug. 1899. Mitteilungen von Breitkopf & Hartel Nr. 70, 2671. 

Naprawnik, lift, geb. Schneider, Gattin des Kapellmeisters der kais. Oper 
zu St. Petersburg, ehedem Opernsangerin, st. das. 1901. I. M. G. IV, 14. 



Mitteilungen. 



129 



lilliiff, liisltifll Petr., Musikpadagoge, schrieb auch eine Reihe bedeuten- 
der Artikel in der russischeu Musikzeitung, si 1901 in Nischny-Nov- 
gorod; geb. 1867. I. M. G. IV, 14. 

Sehmitt, Cieorg, Organist in Paris, Komponist des Mosel- und llheinliedes 
sowie vieler anderer Gesangwerke, st. das. 7. Sept. 1900; geb. 11. Mara 
1821 zu Trier. Seine Wittwe und seine Tochter, die einzigen Hinter- 
bliebenen, sind stockfranzosisch und baben in ibrer Abneigung gegen 
alles Deutsche keine Todesanzeige bierber gelangen lassen. Nekr. in der 
Trierschen Ztg. vom 20. Nov. 1902. 

Stiipl, Karl Freiberr von, ebemaliger Theaterintendant, st 6. Oki 1901 
in Breslau; geb. 1840 zu Atben. Buhgen. 1902, 37. 

Vtatieghoff-Seheel, Baron Boris Alexudmvtiseh (aucb Fitinhoff-Schell), Opern- 
und Oratorienkomponist in St. Petersburg, st. das. 11./24. Sept. ; geb. 
1829. I. M. G. IV, 14. Nekr. St. Petersburger Ztg. Nr. 259. 

Ztis-Edelsteio, itiS, Freiberr von, Lieder- und Opernkomponist, geb. 1862, 
gest. 26. Jan. 1887 zu Wien. 



Mitteilungen. 

* Eine werte Geschichte. „Erinnerungsvolle Gedanken fiber Gescbicbte 
und Wert der offiziellen Choralbficher;" von P. Rafael Molitor, Benedik- 
tiner der Beuroner Eongregation. Graz, Verlagsbucbbandlung „Styria a . 
Pr. 80 Pf. — Vorgenannte Broschfire wurde durcb zwei Artikel veran- 
lasst, welcbe in Dr. Haberl's Kircbenmusikaliscbem Jabrbuebe 1902 er- 
schienen sind. Der erste ffihrt den Titel: „Geschichte und Wert der 
offiziellen Choralbficher", von Dr. F. X. Haberl ; der zweite, von P. 
Josef Weidinger S. J., ist ein Referat uber des Verfassers „Nachtriden- 
tiniscbe Choraireform zu Rom" (2 Bande, 1901 und 1902, Leipzig, bei 
F. E. Leuckart). In dem ersten Teile dieser Scbrift wird dem Dr. Haberl 
seine Beziebung zu den offiziellen Choralbfichern, seine wiederholt ver- 
anderte Beurteilung deriselben sowie seine jetzt gegen frafaer ganz vor- 
scbiedene Ansicht fiber den gescbicbtlicben Hergang der Reform muter 
Gregor XIII. und Paul V. in Erinnerung gebracbt; darauf gebt der Ver- 
fasser zur Widerlegung und Ricbtigstellung einiger in dem Artikel Haberl's 
gegen P. Molitor's Werk gericbteten Einwendungen uber, wobei es an ganz 
ergotzlichen Proben „historisch - objektiver" Darstellung HaberFs fiber die 
Gescbicbte der Choraireform nicht feblt. Einige beigefugte Thatsachen sind 
aucb geeignet, den objektiven Standpunkt H.'s zu dem Werke des P. M. 
zu illustrieren. In dem zweiten Teile wendet sich der Verfasser gegen 
iaa Referat des P. Weidinger, welches bauptsacblicb eine Verteidigungs- 
scbrifl ist gegen Bebauptungen und Aufserungen, die in P. Molitor s Bucbe 
nicht enthalten sind, oder welcbe den P. M. nicht zum Autor baben. In 
vornehraer, aber in bestimmter Weise begegnet letzterer seinem Kritiker, 
wobei er absichtliob vieles ubergebt, was in P. W,s Referat ricbtig zu 
stellen ware, und es dem Leser uberlasst, sich durcb Vergleich mit seiner 



130 



Mitteilungen. 



(P. Moli tor's) DarstelluDg selbstandig ein XJrteil zu bilden. Seite 26, An- 
merkung, bemerkt dereeibe, daas unter beinahe 60 Beferaten, welche ihm 
vor AbfaBsuDg der Broschure bekannt geworden waren, die von Dr. Haberl 
redigierten „Musica sacra" and „ Kirchenmusik&lisches Jahrbuch a mit ihren 
Anschu ldigungen immer noch allein geblieben seien. Nachdem der Ver- 
fasser am ScMusse sich uber seinen Standpunkt m der gegenwlrtlgeii 
Choralfrage kurz und offen ausspricht, fugt er noch einen kurzen Auszug 
bei aus einer Korrespondenz mit vier hervorragenden Mitgliedern dea 
Cacilien - Vereins, die er nm tlbernahme eines Referates iiber den •ratal 
Band der Reformgeschichte ersucht hatte. Dieser Auszug ist in der That 
sehr bemerkenswert. P. Bokn. 

* Nagel, Wilibald: Beethoven and seine Klaviersonaten. Enter Band. 
Langensalza, Hermann Beyer & Sonne (Beyer & Mann), 1903. 247 S. 
Preis 6 M. Der Herr Verfasser eignet sich durch seine gewandte Aus- 
drucksweise ganz besondcrs za einer asthetisch - kritischen Arbeit wie die 
obige. Fiinfzehn Sonaten mit gegen 50 Satzen in immer neuer Darstel- 
lung, Zerlegung und Beleuchtung zu besprechen, ihre Vorzuge und etwaige 
Mangel hervorzuheben ist keine kleine Aufgabe. Eine treffliche Abwechse- 
lung bringt der Verfasser in die thematische Sezierung durch Seitenblicke 
auf das aufsere Leben Beethoven^, seinen IJmgang, so wie durch Heran- 
ziehung seiner Skizzenbucher und Brief©, die durch Nottebohm's, Nohl's 
und Kalischer b Bemuhungen allgemein zugangUch geworden skid. Die 
Darstellung gewinnt dadurch ungemein an Abwechselung und regt den 
Leser an. Der Musiker, der an Beethoven's Werken grofs gezogen ist, 
bedarf solcher Hilfsmittel wie das obige nicht, mm in die Werkstatt dea 
Meisters einzudringen t doch fur den Dilettanten sind sie unbedingt not- 
wendig, denn nur in den seltensten Fallen hat er eine Ahnung von Formen- 
lehre, thematischer Verarbeitung und Kontrapunktik. Ihn nun mit diesen 
Grundelementen der Kompositionslehre bekannt zu machen war Aufgabe 
des Verfassers. In welcher geschickten Weise er sich dieser Aufgabe ent- 
ledigt moge ein Beispiel beweisen. Seite 125 wird Opus 13 die Sonate 
pathe*tique besprochen und schreibt der Verfasser: r Beethoven hat mit dem 
ersten Satze der uberlieferten Form der Sonate eine wesentliche Bereiche- 
rung gegeben, ohne sich nun freilich in sp&teren Werken an sie irgendwie 
zu binden ; die besondere Form ist auch hier durch den besonderen Gehalt 
bedingt gewesen. — Mit den Einleitungss&tzen Haydn'% hat das den Satz 
erofbende Grave nichts. zu tun: dort ist in solchen Fallen das feierliche 
einfuhrende Adagio wie ein hohes Portal, durch das man hinausschreitet 
in die singende, klingende Fruhlingswelt ; hier verwebt sich der langsame 
Satz mit dem schnellen zu einem einheitlichen Organismus. Von einer 
Einleitung also kann hier nicht die Rede sein : das Grave kehrt gekilrzt 
noch zweimal wieder, und sein Hauptmotiv wird im Durchfuhrungssatze 
verwendet. — Ernst und gewichtig beginnt das Grave, aus dunklem Moll 
sich mit gewaltiger Kraft nach Dur, nach der Hohe durchdringend. Das 
Hauptmotiv ist kurz und drangend im Ausdruck ; die gekurzte Fassang 
auf der zweiten Halfte des dritten Taktes ist nicht zu ubersehen ; ebenao 



Mitteilungen. 



131 



nicht, dass die akkordischen Schlage, welche in Takt 6 dem Einsatze des 
Motives in Esdur ein End© bereiten, und welche sich als das die Be- 
wegung hemmende Motiv bezeichnen lassen, aus ihm selbst herausgewachsen 
sind. Der in der Parallel-Tonart im 5. Takt© endende Satz erfahrt im 
folgenden eine Erweiterung in formaler und inhaltlicher Beziehnng. In 
formaler Beziehung, indem Takt 9 (die Parallel-Stelle zum 4. Takt) niebt 
sogleicb zum Allegro uberleitet, sondern einen, offenbar durch den wuch- 
tigen Inbalt des vorhergegangenen in seiner breiten Ftssung gerecht- 
fertigten Anhang findet; in inhaltlicher Beziehnng durch die schon hervor- 
gehobenen scbarfen akkordischen Schlage, das Gegenspiel des Hauptmotivs. 
— Auf ernste Dinge bereitet das Grave vor, auf kraftvolles Ringen und 
Kampfen" u. s. f. 

* Joh. Stb. Bach. Herr Siegfried Ochs (Berlin) hat in der Frank- 
furter Zeitung einen Artikel verdffentlicht, uberschrieben: „Mehr Johann 
Sebastian Bach", den auch Lessmann's Allgemeine Deutsche Musik-Ztg. 
Nr. 24/25 abdruckt und eine sehr lesenswerte Mahnung an die Frank- 
furter, resp. an alle Gesangvereine enthalt, sich mit Bach'schen Chorwerken 
mehr zu befassen und Ratschlftge giebt, die ein jeder Musikhistoriker mit 
Becht unter8chreiben kann. Er spricht auch fiber die alto Besetzung des 
Orchesters. Einige Beispiele mit wie geringen Streichinstrumenten im 18. Jahr- 
hnndert das Orchester besetzt war, finden sich auch in Dr. Fischer's Musik 
in Hannover und im Auszuge in deu M. £ M. 1903 Seite 91 — 95. 
Moge jeder Musiker und Dilettant Kenntnis von der Mahnung nehmen. 

* Die schweizerischen Tonmeister im Zeitalter der Reformation von 
Dr. Adolf Thiirlings, ordentl. Professor a. d. Universitat Bern. Berlin 
1903. A. Francke, vormals Schmid & Francke. kl. 8°, 32 Seit. Die 
kleine Abhandlung ist der Auszug eines Vortrags in Bern und Basel und 
beschrankt sich deshalb nur auf einige wenige neu entdeckte Thatsachen, 
vermeidet alle Hinweise auf neuere musikhistorische Werke und Publika- 
tionen. dennoch finden sich einige nicht zu ubersehende Mitteilungen, die 
hier erwahnt zu werden verdienen. Seite 12 wird ein M agister Johannes 
Heer genannt, der in Paris mit Glarean zusammentraf (Glarean studierte 
von 1517 — 1522 daselbst) und wird spater beim Kardinal Schinner in 
Sitten als „Choraules u angestellt. Unter einem Choraules verstand man 
einen Instrumentisten, Organisten, vielleicht auch Kapellmeister. Heer 
hinterliefs einen handschriftlichen Codex, der zahlreiche Elirchenchdre, 
dentsche weltliche Lieder, Chansons und Canzonetten nebst vielen Versen 
aas lateinischen Dichtern enthalt und der sich heute in der Stiftsbibliothek 
in St. Gallen befindet. Der Verfasser besitzt eine Kopie von demselben. 
Seite 16 bedauert der Verfasser, dass die Hymni von Cosmas Alderinits 
(1553) verloren sind, das Quellen-Lexikon hatte ihn belehren konnen, daes 
zwei Exemplar© sich erhalten haben, das eine in der bischofi. Proskeschen 
Bibliothek und das andere in der Hofbibliothek in Wien. Beachtenswert 
sind die Mitteilungen fiber den wenig bekannten und gekannten Fridolin 
Sicker, Er wurde am 5. Marz 1490 zu Bischofszell geboren und mit 

Monfttih. f. Mtuikgesoh. J»hrgang XXXV. Nr. 8. 8 



132 



Mitteilungen. 



IS Jahren dem Organisten Meister Martin Vogelmeier in Konstanz in die 
Lehre gegeben. Ala letzterer 1504 in Baden im Aargau w&hrend etnet 
Beanches starb und Hans (Buchner) den Posten in Konstanz erhielt, ging 
Sicher 1512/13 znr weiteren Aosbildung zu ihm, nachdem er schon von 
den Chorherrn zu St. Pelagius in Bischofszell mit der Kaplans-Pfrunde 
za St. Agnes belehnt worden war und am Sonntage nach Ostern 1511 
seine erste Messe gesungen hatte. Mit der Pfrinde war das Organisten- 
amt verbunden. Als in St. Qallen im Minister 1515 ein neues Orgelwerk 
aufgestellt worden war „verdross ihn (Sicher) seines Works in Biachofs- 
zell u ; er ging als Organist nach St. Qallen und stellte unterdessen. den 
Ertrag seiner Pfrinde zur Verfugung, dass damit ein neues Orgelwerk zu 
St. Pelagius hergestellt werde. Gegen 1520 war die neue Orgel fertig 
und Sicher hatte abwechselnd seinen Aufenthalt in Bischofszell und St 
Gallon. 1531 hatte er sich in Ensisheim i. Els. auf ein Benefizmm in- 
vestieren lassen. Nach der Restauration des Stiftes Pelagius gab ihm der 
Abt von St, Galen noch die Kaplanei zu St. Jakob vor der Stadt, eine 
Belohnung nicht nur fur seine langjahrigen Organistendienste, sondern auoh 
fur seine durch alle Sturme der Zeit unerschuttert gebliebene Treue gegen 
seinen Landesherrn und wohl auch dem katholischen Bekenntnis gegenuber. 
In der Folge der Arbeit wird auch Tschudi, Isaac und Senfl gedacht; 
den Schlu8S bildet Manfred Barbarini geuannt Lupus aus Correggio in der 
Emilia, der im Jahre 1557 ein Kantorat in Locarno bekleidete und ein 
Jahr darauf eine Beise nach Deutschland unteroahm, in Basel eine Zeit- 
lung sich aufhielt und 1560 in Augsburg lebte. Von hier aus kam er 
much St. Gallon und trat in die Dienste des Abts Diethelm Blarer von 
"Wartensee wo er ein groises vierstimmiges Chorwerk komponierte (siehe 
Quellen-Lexikon). 

* Francesco da Mtlano. Ghilesotti veroffentlicht im 4. Jahrg. S. 382 
in der I. M. G. einen Artikel, der aber trotz aller Bemuhungen keine 
sichere Lebensnachricht uber den einst gefeierten Lautenisten ans Tages- 
licht fordert als was schon durch Fdtis bekannt ist. Die zwei Citate aus 
dem Archiv Gonzaga von c. 1510 und aus Cosimo Bartoli's B&gionamenti 
1567 sind so dunked dass sie zur Aufklarung nichts beitrageDu 

* Die Konservatorien in Miinchen, welches sich auch eine Hoch- 
schule fur Musik zugelegt hat, und Stuttgart versenden ihre Jabresberiehte* 
Neben den Verzeichnissen der Lehrkrafte und Lernenden, werden auch 
die Programme der Vortragsabende mitgeteilt die neuere und altera 
Kompositionen enthalten. Beide Institute sind so reichlich mit Schulera 
versehen, dass den Pri vat - Musiklehrern nur ein kleiner kummerlicher 
Best ubrig bleibt und dieselben den gering honorierten aber sicher fori* 
laufenden Schulunterricht als Ersatz zu erreichen sehen mussen. 

* Hierbei eine Beilage: Katalog der Musikwerke in der Westminster- 
Abtei in London von Wm. B. Squire, Bog. 3. 

Verantwortlicher Bedakteux Bobert Bitner, Templia (Uckennark). 
Dmok Ton Hermann Beyer A SOhne (Beyer * Mann) in Langmalsa. 



X 



t a 



fttr 



MUSIK- GESCHICHTE 

herausgegeben 

ton 

der Gesellsohaft fttr Musikf orechung. 



mi mi 

1908. 



Preii dM J*hrg»ng6i 9 Mk, Monfttlioh erioheint 
•in* Hummer Ton Ibis 2 Bogen. InMrttonigebttliNii 

fir die Zeilt 80 Pi 



KommiiiioniTerlftg 

▼on Breitkopf A Hlrttl in Leipaig. 
Borteilnngen 
litawnt jede Bmoli- mm M:mmh=MaI:mm entgegen. 



Ho. 9. 



ClMtarrciteMlaiiirei. 



Von Bugen Sohmitz. 

Die Tabulaturschrift des 16. und 17. Jahrhunderts hat von jeher 
das besondere Interesse der Musikhistoriker auf sich gelenkt; diesem 
Interesse danken wir eine Anzahl trefflicher Spezialarbeiten auf 
diesem Gebiete, welch© sich aber fast durchweg auf die Erkl&rung 
der Tabulaturschrift fiir Orgel und Mr Laute (in ihren verschiedenen 
nationalen Erscheinungsformen) beschranken. Bekanntlich aber wen- 
dete man die Tabnlaturschrift nicht nur fiir diese beiden Instrumente 
an, sondem es gab auch Tabalataren fur Theorbe, fiir Guitarre, ja 
much solche fiir Blasinstrumente. Die Tabulaturschrift fiir Guitarre 
einer naheren Betrachtung zu unterziehen, soil nun im Folgenden 
mnsere Aufgabe sein. 

Sonstatieren wir zunfichst, was die musikgeechichtliche Forschung 
bis jetzt Iber den Ureprung und die Entwicklung und Verbreitung 
der Guitarre zu Tage geffirdert hat — Die Guitarre stammt aus dem 
Orient: Abbildungen an altagyptischen Grfibern zeigen verschiedene 
Arten von Lyren, Guitarren, Mandolinen und Hhnlichen Instrumenten. 
Nach Ambros' Musikgeschichte I. S. 359 war der alt&gyptische Name 
fttr diese Instrumente „Nablo w und sollen si© alle dadurch, dass die 
Seitenteile des corpus leicht eingezogen waren, an Gestalt unserer 
heutigen Guitarre sehr ahnlich gesehen haben. Auch bei den Arabern 
finden sich lautenartige und guitarrenartige Instrumente in grofeer 
Anzahl (Ambros L 458, vgL a. Kiesewetter's „Musik der Araber"); 
die Araber haben dieselben wohl von den Persern iibernommen, 

Mtnatih. t MuflEgttdL Jahffwit XXXY* Ho. 9, 9 



134 



Guitarrcntabulaturen. 



welche sie ihrerseits von den Agyptern bekamen. Das Haupt tier 
dieser Instrumente war das arabische „al Oud" (auch 1'eud oder 
el'eud); dieses Instrument kam durch die Araber nach Spanien und 
wurde derVater alter spater in Europa gebr&uchlichen lautenartigen In- 
strumente. Wahrend aber die eigentliche Laute bereits friihe (im 14. Jh.) 
Hberall weite Verbreitung fand, blieb die Guitarre anfangs meist auf 
Spanien beschrankt Die drei Hauptquellen fur 'Mem deutsche In- 
strunientalmusik, Virdung, Agricola und Pr&torius berichten von 
einer ,,Quinterna w ; Virdung zahlt dieses Instrument niter den Saiten- 
instrumenten mit Biinden auf und sagt, dass es in allem der Laute 
entspreche, blols einen geringeren Umfang und nur 5 Saiten habe. 
Agricola bringt eine Abbildung der Quinterne, welche aber mit der 
uns beute geilufigen Guitarrenform gar nichts gemein hat Nach 
dieser Abbildung erscheint die Quinterne ebenfalls nur als kleine 
Laute mit 5 Saiten und 7 Biinden. Ganz anders beschreibt Prato- 
rius das Instrument: „Quinterna oder Chiterna ist ein Instrument 
mit 4 Choren, welche gleich wie die allerelteste erete Lauten ge- 
stimpt werden: hat aber keimm rumdm Bauch^ sowdem mt fmt wm 
ein Bandoer gantz glatt, kaum zween oder drey Finger hoch. 
£Uiche haben 5 Ghorsaiten, und brauchens in Italia die Ziarlatani 
und Salt' in banco (das and bey uns fust wie die Comoedianten 
und Possenreirser) nur zum schrumpen ; ' Darein sie Yillanellen und 
andere narrische Lumpenlieder singen. Es konnen aber nichts desto- 
weniger auch andere feine anmuthige Cantiunculae und liebliche 
Iieder von eim guten Senger und Musico Vocal darein musiciert 
warden." (Synt mus. II 53). Im „Theatrum Instrumentorum" giebt 
er auf Tafel XVL eine Abbildung, welche unserer Guitarre bereits 
sehr &hnlich sieht; doch ist die Einbiegung der Seitenteile noch 
ziemlich gering; das Instrument hat 7 Blade, aber unverkennbar 
6 Saiten (obwohl Prfitorius im Text nur von 5 spricht), von denen 
die 5 ereten doppelchorig, die letzte aber einfach ist A. Kircher, 
dessen Musurgia 1650, also 30 Jahre nach dem Pr&toriusschem 
Werke erschien, spricht im 1. Band dieser Musurgia S. 476 ff. von 
unserem Instrument; doch bedient er sich des italienischen Namens 
Chitarra. Nach seiner Beschreibung hat das Instrument einen flachen 
Schallkasten und 5, hochstens 6 Saiten, von denen die ersten doppelt 
sind, die letzte aber („quam et vulgo cantarellam vocant") einfach 
ist Seine Beschreibung passt also zu der Abbildung bei Pr&torias. 
In der Folge unterscheidet Kircher dann 3 Typen der Chitarra und 
bringt fur jeden Typus eine Abbildung. Es ist lehrreich diese Ab- 



Ghiitarrentabulataren. 



136 



biJdungen mit denen bei Pratorius zu vergleichen; Kircher miter- 
scheidet also wie folgt: 1. Typus Chytarae comunis. Die Abbildung 
entspricht im groJsen and ganzen der „Bandoer" bei Pratorius auf 
Tafel XVII dee theatrum instrumeatoram. — 2. Typus Chytarae 
germanicae et Italicae. Die Abbildung entspricht der „Chitara a =» 
Zither bei Pratorius (a. a. 0. Taf. XVII). — 3. Typus Chytarae 
Hispanicae; hier findet sich bei Pr&torius keine kongruierende Ab- 
bildung, wohl aber in einem anderen, fir unsere Untersuchungen 
hochbedeutendem Werke, nlmlich in den „Harmonicorum libri XE a 
von f. M. Mersenne (Paris 1648). Dieses Werk, eine gektirzte und 
gekMrte Neubearbeitung der 1636 erschienenen „Harmonie univer- 
sale" des namlichen Autors, bringt im ,,harmonicorum instrumento- 
rum liber primus" (unter den 12 BUchern des Werks das neunte) 
auf S. 27 ff. eine genaue Beschreibung der Guitarre mit Tabulatur- 
beispielen und 2 Abbildungen. Die 2. Abbildung zeigt ganz die 
Form, die die heutigen Ouitarren haben, die 1. Abbildung unter- 
scheidet sich davon duroh ihren umgebogenen Kragen; sie entspricht 
gonau der bei Kircher als Chytara Hispanica gegebenen Abbildung; 
Typus 1 bei Kircher entspricht der Pandura bei Mersenne (a. a. 0. 
S. 25); Typus 2 entspricht dem „Cistrum" bei Mersenne (a. a. 0. S. 31); 
als eigentliche ^QvitarreP wird man daher bei Kircher nur Typus 3 
gelten lassen konnen. Das 16. und 17. Jahrhundert war eben an 
8aiteDin8trument6n — besonders solchen mit gerissenen Saiten — 
so reich, dass eine einheitlich durchgefiihrte Terminologie kaum mog- 
lich war. 

Wir haben bereits einmal erw&hnt und sind nun durch die Be- 
zeichnung bei Kircher abermals darauf hingewiesen, dass die Quitarre 
vor allem in Spanien zu Hause war. Ziehen wir die Historia de la 
musica espanola (4 Bind©, 1856—59) von Mariano Soriano Fuertes 
zu Bate, so finden wir auf S. 170 des 2. Bandes dieses Werks aus- 
drQcklich die grofee Vorliebe der Spanier fiir die Quitarre konsta- 
tiert; Fuertes sagt, in Spanien sei im 16. Jh. die Ouitarre das haupt- 
saehlichste Hausinstrument gewesen. „Para agradar & un ptiblico 
numeroso non hay duda que son d6biles los sonidos de la guitarra, 
mm para el musico solitario o en familia, tiene un attractivo y un 
encanto indefinible." Aus der Bevorzugung, die dieses Instrument 
vor Klavierinstrumenten genoss, schlie&t Fuertes auf eine besonders 
feine Ausbildung des musikalischen Gehors bei seinen Landsleuten. 
Am moisten aber sei die Guitarre zur Begleitung des Gesangs ver- 
wendet worden. Tabulaturen fir Guitarre nennt aber Fuertes erst 

9* 



136 



Guitarrentabalaturen. 



ma dem Anfang des 17. Jh. Beruhmt und weitverbreitet war gleich 
eine der ersten : Luis Bre^neo, Metodo muy facilissimo para apren- 
der & taner et templar la guitarra. Dieses Werk erschien 1626 zu 
Paris und befindet sich gegenwartig noch dort auf der Biblioth&que 
nationale; es wird auch von Mersenne (a. a. 0.) zitiert Im gleichen 
Jahre erschien auch: „La guitarra espanola de cinco ordenes" von 
Don Juan Carles (vgl. Fuertes, HI. S. 186). — Don Nicolas Diaz 
de Velasco, Professor der Musik im Dienste Konig Philipp IV. ver- 
offentlichte 1640 in Neapel : „Nuevo modo de cifiras, para taner la 
guitarra con variedad perfection". Don Francisco Corbera widmete 
dem gleichen K6nig ein Werk: „Guitarra espanola j sus diferencias 
de sones" (vgl. Fuertes, III. 188). Das Werk von Diaz de Velasco 
leitet uns von Spanien nach Italien heriiber; auch Italien hat im 
17. Jahrhundert eine ziemliche Anzahl Guitarrentabulaturen hervor- 
gebracht Als Mlteste italienische Guitarrentabulatur nennt L. Torchi 
in seiner Geschichte der italienischen Instrumentalmusik des 17. Jh. 
S. 147 ,,1/accademico calignoso u („io non trovo aitro nome o il vero 
nome di questo autore"); diese Tabulatur erschien im Jahre 1600 
und bringt neben Erlauterungen iiber die Spielart des Instruments 
auch zahlreiche Kompositionen und zwar meist Tanzlieder (einfach 
oder „passegiate tt [variate]), die nach Torchi's Urteil ziemlich barock, 
gleicbf5rmig und dirftig sein sollen. Allmahlich wurde nun im 
Italien die Lautenmusik durch die Guitarrenmusik verdr&ngt Giro- 
lamo Montesardo veroffentlichte 1606 „Saggi della nuova maniera 
di suonare i balletti nelia chitarra spagnuola (auf dieses Werk werdea 
wir unten ausfiihrlicher eingehen); nun folgt Giov. A. Golonna mit 
einer Guitarrentabulatur von 1620 (spatere von 1625 und 1637); 

B. Sanseverino 1622, Piccinini 1623 und 1639, C. Fabrizio 1627, 
P. Milcone und Lod. Monte mit zahlreichen Publikationen in den 
Jahren 1627—1687, Giov. B. Abbatessa 1637 und 1652, Francesco 
Corbetta 1639 und 1674, A. frombetti 1639, A. M. Bariolotti 1640, 

C. Calvi 1646; der musikalische Wert all dieser Werke ist nach 
Torchi sehr gering; eine kleine „Oase in dieser Wuste" wertloser 
Musik bilden die danze e fantasie des Stefano Pesori in dessen 
^alleria musicale a von 1648; seine „toccate di chitarriglia u von 
1675 sind ebenfalls von gr5fserem Werte; ahnlich die ^armoniosi 
concerti per chitarriglia" von Domen. Pellegrini 1650. — Giov. 
Battista Granata veroffentlichte 1646 — 1684 verschiedene Guitarren- 
kompositionen, ebenso T. Marchetti 1660 und Giov. Bottazzari 1663, 
endlich L. Boncalli 1692 (Neuausgabe von 0. Chilesotti 1881). Von 



GhutarrentabnUtoren. 



187 



Torchi nicht erwfibnt sind die Tabulaturen von Carbouchi 1643 und 

Bus&tti 1644.*) 

Auch in Frankreich scheint die Guitarre frihzeitlg Eingang ge- 
funden zu haben ; darauf deutet schon der Umstand hin, dass Bresneo's 
oben erwihites Werk in Paris erschien. In Deatschland dagegen 
war, wie m scheint das Instrument nicht verbreitet (s. Chrysander, 
Handel I, 358), denn als 1788 die Herzogin Amalie von Weimar die 
erst© Guitarre nach Weimar brachte, gait diese als ein neues italieni- 
sehes Instrument Dass aber trotzdem bereits viel friiher die Guitarre 
auf deutschem Boden verpflanzt war, das beweist das Mm ms. 1622 
der Miinchener Staatsbibliothek, welches eine handschriftliche Guitarren- 
tabulatur ist, die die Prinzessin Adelheid, eine Tochter des Herzogs 
Viktor Amadeus L von Piemont und Gattin des bayr. Kurfiirsten 
Ferdinand Maria von Italien nach MUnchen mitbrachte (1653); die 
Tabulatur tragt das Autograph der Fiirstin, welche durch ihre Iiebe 
zur Musik auch sonst von bedeutendem Einfluss auf die musik- 
geschichtliche Entwicklung in Bayern geworden ist: z. B. hat sie die 
erste Opernauffiihrung in Mtinchen veranstaltet;**) auf die genannte 
Tabulatur werden wir splter noch mal zu sprechen kommen. 

Ehe wir uns nun auf eine genauere Betrachtung der Tabulatur- 
gchrift far Guitarre einlassen, wollen wir im Anschluss an Merseraie 
eine kurze Beschreibung von der Beschaffenheit des Instrments im 
17. Jh. geben. 

Die Form der damaligen Guitarre entsprach so ziemlich der 
des heutigen Instruments. Es hatte jedoch, wie bereits erwahnt, 
nicht wie heute 6 Saiten, sondern deren nur 5 und zwar 5 Doppel- 
saiten, die letzte Saite war manchmal nur einfach, wie wir auch be- 
reits gehort haben. (Kircher, Musurgia, vgl. oben.) Der Hals, der 
beil&ufig dem Korpus des Instruments an I^nge entsprach, hatte 
8 Biinde ebenso wie die bei PrStorius abgebildete Quinterna, die 
wir oben als Vorl&uferin der Guitarre kennen gelernt haben. Wichtig 
ist jedoch vor allem die Frage nach der Stimmung der Guitarre. 
Montesardo sagt in seiner Tabulatur von 1606 dariiber folgendes : 
Prima e principalmente volendo ben accordare la Chitarra Spagnuola, 
bisogna metter il cordone de sopra in un tono basso conveniente, 
oome fondamento della consonanza deiraltre corde, e poi accordar il 
suo canto vicino a lui un'ottava alto: le quali ambe due corde in- 

*) Die Kenntnis derselben verdanke ich einem freundL Hinweise des 
Herrn W. Tsppert in Berlin. 

**) 8. Denkm. d. Tonkunst in Bayern II, 2, XIV ft 



138 



Gutamntatalatoren. 



sieme si chiameranno Quinte. Appreeso poi tirarete I secondo cor- 
done una quarta piu alto del primo essendo vuoto (come si dice) et 
accordar il suo canto alPottava alto de cordone, le qaali corde am- 
bidue si chiameranno Quart©, dopd accordate bene quest© finite 
l'altra corda, cbiamata terza anco una quarta piu alta et la com- 
pagna unitela nelTunisono: dopo volendo accordare la seconda, tirate 
la una terza maggiore piu alta et unite insieme la sua compagna: 
ultimamente accordarete la prima, i canto, come la volete chiamare, 
tirandola una quarta piu alta e sari bene accordata il vostra istra- 
mento."; 

Damit ist eine sozusagen ^absolute" Stimmung uicht gegeben, 
denn es soli ja von einem „tono basso convenient© 11 ausgegangen 
werden ; in der Praxis bildete sich jedoch die Gewohnheit aus, als 
diesen tono basso das A der grofsen Oktave festzueetzen und so 
bildete sich, entsprechend den mitgeteilten Regeln Monteeardo's 
fo]gende Stimmung der Guitarre aus: 



a d 



h e 



d. h. 



1 A 



Mersenne und Kircher dagegen geben eine andere Stimmung 
an und zwar sagt der erstere: „Quod ad concentum attinet, ... no- 
tatur . . . quinque notis, quarum prima incipit a G re, . • . secunda 
nota ... ascendit ad diatessaron; tertia descendit in diapente, atque 
adeo gravior est primi: quarta sen penuitima ad ditonum; quinta 
denique omnium acutior iterum ascendit ad diatessaron ... Er giebt 
dann die Stimmung folgendermafsen in Noten: 



und folgendermafsen in Buchstaben: 

• • 5 5 t 14 4 1 



-a— a- 



(NB.! Mersenne giebt auch noch auf zwei andere Arten die 
Stimmung in Buchstaben an; da sie im Prinzip mit der hier an- 
geRkhrten Art tibereinstimmen, kssen wir sie der Einfachheit halter 
bei Seite.) 

Bezeichnen wir nun, wie bei der Laute, die Bttnde der Guitarre 
mit den Buchstaben b — i (a bedeutet die leere Saite), so erhalten 
wir, weim wir von Menenne's Stimmung aisphai, folgendes Schema 



Guitarrentabulatoren. 



139 



5 


4 


3 


2 


i 




¥ 


¥ 


T 


a 


T 


a 




cis 


is 


¥ 


dis 


b 


a 


T 


¥ 


¥ 


¥ 


0 


¥ 


mm 

dis 




¥ 


T 


d 


¥ 




a 


CIS 


S 


e 


¥ 


T 


¥ 


T 


¥ 


f 


CIS 


E 


¥ 


Us 




« 


T 


¥ 


c 


¥ 


¥ 


h 


3S 


is 


018 


T 


¥ 


i 



leere Saiten, 



Btinde. 



Wir sehen dabei zugleich, dass die in Buchstaben notierte 
Stimmung bei Mersenne mit der in Noten notierten tibereinstimmt : 
Bund c auf der dritten Saite stimmt mit der leeren fOnften Suite 
herein, Bund c der fQnften mit der leeren zweiten Saite u. s. w. 
Dieee Angabe in Buchstaben giebt aber ebenso wie Montesardo nur 
eine ^relative" Stimmung, denn die Saite 3, von der ausgegangen 
wird (weil sie die tiefete ist) kannjin einem beliebigen Ton gestimmt 
werden. Die gleiche Stimmung g— ¥— f— a— <T teilt auch A. Kircher 
in der Musmgk mit 

Wir smd damit bereits in die Untersuchung der Tabulaturschrift 
selbst eingetreten und wollen zunSchst nun auch ffir die von Monte- 
sardo angegebene Stimmung ein Schema au&tellen: 



5 


4 


3 


2 


i 




A— a 


d-T 


g 


h 


e 


0 


B^b 


dis— dis 


gis 


0 


T 


i 




©— ¥ 


a 


cis 




2 


0—0 


f-T 


b 


¥ 


¥ 


3 


cis— cis 


fis— fis 


h 


dis 




4 


d-T 


g—¥ 


0 


e 


a 


5 


dii 






T 


¥ 


6 


e— ¥ 


a— ¥ 


¥ 


Is 


¥ 


7 


f—T 


b-T 


H 


¥ 


¥ 


8 



hleere Saltern. 



Bunde. 



140 



GnitaRentabnlatoren. 



Wir haben diesmal die Biinde nicht mit Buchstaben sondem 
mit Ziffern bezeichnet und kommen damit auf die nationalen Vei> 
schiedenheiten der Guitarrentabulaturschrift zu sprechen : die Italiener 
bezeicbneten naralich die Biinde der Guitarre mit Ziffern, die Fran- 
zosen und Spanier dagegen mit Baehstaben ; ganz ebenso ist m ja 
bekanntlieh bei der Lautentabulatur. Auch bediente man sich bei 
der Guitarrentabulatur wie bei der (franz. und ital.) Lautentabulatur 
zur Notation der Tone 5 iibereinander stehender Linien, welche die 
Saiten bedeuteten und finden wir auch hier, wie bei der Lauten- 
tabulatur eine abermalige Verschiedenheit der franzdsischen und 
spaniscben von den italienischen Tabulaturen, indem nlmlioh bei den 
Italienern die oberste Linie die tiefete Saite bedeutet, wahrend bei 
den Franzosen und Spaniern die oberste Linie die hochste Saite be- 
deutet; also (mit Beibehaltung der Montesardo'schen Stimmung) 

— ^ A— a- — ■ | 

— g ^ — — I italienisch, 

A ' 



_ g— — I spanisch und franzosich. 
-d—d I 



-A— a- 



Man hat schon 6fters tiber die italienische Anordnung seine 
Verwunderung ausgesprochen, doch meine ich, dass die italienisohe 
Anordnung ganz naturgem&ls erscheint, wenn man strikte daran fest- 
h&lt, dass die linien die Saiten vorstellen, und dass, wenn man die 
Laute oder Guitarre zum Spielen in den H&nden halt, auch die 
(links aufgezogenen) Basssaiten oben und die h5chst intonierte Saite 
(rechts) unten sich befindet Es scheint mir das ein Versuch zu sein 9 
dem der Tabulaturschrift so vielfach vorgeworfenen Mangel an An- 
schaulichkeit etwas abzuhelfen. 

Auf diese Linien nun wurden die die Btinde bezeichnenden 
Buchstaben oder Ziffern geschrieben und so die zu greifenden T5ne 
bezeichnet, wie bei der franzdsischen und italienischen Lautentabula- 
tur. Etwas der Guitarrentabulatur ganz Eigenartiges ist dagegen die 
Verwendung des „Alfabetto" oder, wie Mersenne sagt, dee „diagrama". 
W&hrend nfimlich bei den anderen Tabulaturen jeder einzelne Ton 
notiert wird, wird bei der Guitarrentabulatur durch ein Zeichen ein 
ganzer Akkord notiert Montesardo*) verlangt als erste Yoraussetzung 



*) Montesardo war nach Fetis „ein Guitarrist des 17. Jh." der in 
Florenz geboren war und auch dort tebte. Nach Bob. Miner's Quellen- 



€Kiitarrentabnlataren. 



Ml 



Par las Guitarrenspiel, daw sich der Schiiler folgendes „alfabetto © 
fondamento del sonare la Ghitarra alia spagenola" fest einprfige 
ABCDEF+GHIKLMN 

wmm 



0 P Q R 8 



Z U 9 Rx 



Winn wir dieses „alfabetto" in moderne Noten iibertragen, so 
bekommen wir folgendes: 



A 


B 


c 


D 


£ 


1 


+ 


G 


H 
























Mtefe """"""" 






l gig ' 


' ig ' 














■ mm i 




, .» 




(?«5# ., 


K' g 1 




1 gig' I 

m 




■ HP 






»• •■■ 












m 







K 



M 



N 



Q 



R 



8 T V x 

|J? .. i i--- + j 


Y Z TJ 


9 Rl 


p-— -£40 

^ g 


i fa" infer t ag^ i 


m 


g 1 s | 



karikon war er 1608 KapeHmoiiter an der Katheiral© m Fano (r6m. 
Provinz) und lebte 1612 in Neapel. Die von ims hier benutzte Tabulator 
hat folgenden Titel: „Nova inventione d'intavolatura per sonare li balletti 
eopm la GMtarra Spagniuola, genua nmmeri e note. Per mezio della qnale 
da se gtew© ogn f nno senza maestro potra imparare". — Di Girolamo 
Montesardo. Als Jahr der Heransgabe ist 1606, ate Ort der Heraosgabe 
Florenz bezeichnet. — Dfuw es nicht berechtigt ist, ihn Bcblechthin als 
^GkiitarriBten" zu bezeichnen, wie Fdtis thut, geht schon ana der Vorrede 
des Bnchleina hervor, welche sich an den Leaer wendet and so beginnt: 
„8e ben la principal mia proiessione e, di comporre madrigali ei aliri gravi 
compositioni, nulla cli mento per compiacer alle volte all* allegra e nobile 



Mi 



Gnitarreiit&btil&tiiren. 



Dabei ist ales in Ordnung bis auf den Akkord muter B; wenn wir 
hier dem alfebetta genau folgen wiirden bek&men wir den Akkord 
H— fis— h — b— fis — cis (!) was nattirlich nicht richtig sein kann. 
Die handschrifiliche Guitarrentabulatur auf der Mtinchener Bibliothek 

faraulert den Akkord unter 1 so: 




Die Angabe bei Montesardo ist also wohl ein Druckfehler, wie ftber- 
hanpt das gauze Montesardo'sche Biichlein (Verlag von Chr. Maro- 
scotti) ziemlich loddrig gedrackt ist 

Das AJfabetto ist aucb intereesait vom Standpunkt der €te- 
schichte der Musiktheorie aus betrachtet, da es zu einer Zeit er- 
schien , wo die Entwicklung der kontrapunktisch - melodischen zur 
harmonischen Auflassung der Musik im vollsten Gang© war. 

Dieses alfabetto findet sich in fast alien spatern Guitarrentabu- 
laturen wieder und zwar meist mit nur unbedentenden Abweichungen. 
Mersenne bringt es ebenfalls, und zwar sowohl mit Ziffern (italie- 
nisch) als auch mit Bnchstaben (franzosisch und spaniscb) wobei aber 
zugleich die erw&hnte Linienvertauschung stattfindet, so dass das 
franzdsische und spanische „diagramma w folgendes Aussehen erhalt: 

712 + 65734 

i d o b b_t^— 
d^^l^^l— h—4 b— d_ 
— — — -c o o b o d— etc. 
c c o o d d — 

— € o d d— ^4— b— 

Han sieht, die Bezeichnung der Akkorde ist eine andere als bei 
Montesardo; das einem 7 fihnlich sehende Zeichen 7 mit dem dieses 
diagramma beginnt, entspricht dem bei Montesardo zwischen F und 
G Btehenden +. Akkord 1 weicht von Akkord A etwas ab, die 
ubrigen stimmen ttberein, nur sind die leeren Saiten nicht noch be- 
sonders bezeichnet, auch ist dieses diagramma fur die Mersenne- 
Kircher'sche Stimmung (vgl. oben) gedacht Mersenne teilt noch ver- 
schiedene under© diagrammata mit, die im groJjsem raid ganzen wenig 



gioventu, bisogna transbrmanni et obedire alle loro honfldte voglie . . . ete. 
— Die Montesardo'sche Tabulator befindet rich in der Bibliothek der 
GeseUgchaft der Mnrikfrennde in Wien. 



Guftarrentabalatareii. 



MS 



prinzipielle Verschiedenheiten aufweisen. Besonders bemerkenswert 
ist darunter ©in „diagramma Hispanicum", welches Mersenne ami 
dem Tabulatarwerke von Luis de Bre^fieo (vgl. oben) entnommen 
hat (einem Bttehlein, das jetzt die biblioth&que national© in Paris 
nnter n*. Meserre Ym 8 . u. 1. besitzt) mud welches so aussieht: 



+ 
o 



3 
b 



.3 
b 



.4 

b 



d d a h 


b 


b 


■h 


d 


0 


0 




0 


b 


d 


d 


0 


b 


d 


d 


d 


d 


o b d 


d 


d 


d 


b 


b 



Wenn wir dieses diagramma miter Zugrundelegung des oben auf- 

gesteitem Scheraas g _ g • 



far die Stimmung 

in modem© Noten fibertragen, so eigibt sich folgendes : 
+ 1 1. 2 .2 3 4 



.4 



.3 



ifi 



Wie man sieht ist hier dem allzu Mechanischen dadurch entgegen- 
getreten, dass ein Zeichen ohne Punkt den Durdreiklang, ein Zeichen 
mit Punkt den Molldreiklang bezeichnet Bemerkenswert ist ferner 
auch noch das, dass bei vielen Akkorden der diagrammata und alfa- 
betti manche Tone in gleicher Hohe verdoppelt werden, namentlich, 
wenn man von der Montesardo'schen Stimmung mit den 2 oktaven- 
chdrigen Basssaiten ausgeht 

Die auf Montesardo fufeende italienische Guitarrentabulaturschrift 
bedient sich zur Darstellung der Tondauer nicht der bei der Orgel- 
und Lautentabulatur gebr&uchlichen Zeichen: j, f etc., sondern Monte- 
sardo stellt folgende Kegel auf: Grofte Buchstaben haben die doppelte 
Bauer der kleinen, also z. B. A — J; a — J; ferner werden analog 
wie punktierte Noten auch punktierte Buchstaben verwendet, z. B. 
a . — J # Nur die gro&e rhythmische Einfachheit der auf diese 
Weis© notierten Guitarrenstiickchen macht es m5glich mit diesen 
primitiven Zeichen fir die Darstellung der Tondauer auszukommen, 
doch selbst dann geht es nicht ohne Ungenauigkeiten ab, indem 
z. B. folgender Takt: J J. J 1 J einfach so daigestellt wird: a. a a* 
wobei ein und dasselbe Zeichen das eine Mai ein J 1 und das andere 
Mai ein J bedeutet Beztiglich der Spielweise der Guitarre untei> 
scheidet Montesardo einen „colpo da su in giu" und einen „colpo 
giu in su tt d. h. ein Einstreichen mit der Hand liber die Saiten so, 



144 



Guitarrentabnlatcuren. 



dass es ein Harpeggio von den tiefen Saiten nach den hSheren hin 
giebt (da su in giu; die tiefen Saiten sind ja beim Spielen oben!) 
oder von den hoheren Saiten nach den tieferen hin (da giu in su). 
Welche von beiden Spielweisen zur Anwendung kommen soil, wird 
in der Montesardo'schen Tabulatur dad arch ausgedriickt, dass die 
Buchstaben des alfabetto entweder iiber oder unter eine Iinie ge- 
stellt werden: IT d. h. da su in giu; d. h. da giu in su. In 
unserer Notenschrift kann man das eigentlich gar nicht wieder geben, 
denn unser Harpeggiozeichen: | geht immer nur vom Bass nach der 
Hohe und nie umgekehrt Fur die nun folgenden tJbertragungen 



wollen wir daher, um der weitla'ufigen Notationsart 




oder 




u. dergl. zu entgehen statt des ersteren einfach schreiben: | (d. h 

da su in giu) und statt des letzteren S (d. h. da giu in su). 

Wir geben nun ein paar Beispiele aus Montesardo: 
Bergamasca sopra FA. 



B 



B 



d. h. ubertragen: 



ST - * 



(Die vorhin erwihnten und an unserer obigen Darstellung des 
alfabetto in modernen Noten ersichtlichen Verdopplungen von T5nen 
auf der gleichen Stufe, geben wir der tJbersichtlichkeit balber bei 
den Dbertragungen nicht besonders an.) 

Yillano di Spagna sopra l'A. 

a b a b c 



A b 



A 



cL h. ubertragen: 

=1 



4s 



i 



m 



4- 



Guitarrentabulatnren. 



145 



Das „sopra FA tt bedeutet etwas ahnliches, wie wenn wir fiber ein 
Tonstuck schreiben „in gdur". Montesardo giebt denselben Tanz 
stets mehrmals hintereinander auf verschiedenen Buchstaben, d. h. in 
yerschiedenen Tonarten and macht dann, bevor er zu einem neuen 
Tanz iibergeht, jedesmal die Bemerkung, man konne den Tanz auch 
noch mit alien anderen Buchstaben spielen (sopra FA; sopra la B; 
sopra la C n.s. w.). 

Da es uns bier nnr urn Erklarung der Tabulaturschrift zu tun 
ist, brauchen wir nur noch ein kleines Beispiel anzugeben, an dem 
der punktierte Rhythmus zu sehen ist. 
Passacaglia. 



e. e 
d. h. ubertragen: 



i . i 



e. e 




Auf die Ungenauigkeit, die hier bei Bezeichnung des Rhythmus 
mit unterlauft, ist bereits oben hingewiesen worden. 

In der Miinchener Handschrift ist die Notation etwas anders.*) 
Hier werden zur Bezeichnung des alfabetto nur kleine Buchstaben 
beniitzt, welche stets iiber die Iinie gestellt werden; Spiel weise und 
Rhythmus werden durch kleine Striche angegeben; auch sind Takt- 
striche gezogen. Ein Beispiel wird die Sache deutlich machen. 



|: a 








a , 


" 1 




1 b ^ 


i « 




• 

l 


.1 1 1 

■ • 


| i. i 


1 1 i i 


; . i . | 



d. h. ubertragen : 



f x \ \\\ \\\\ \ \ \\\ 

f 1 1 j i l i i m i li t 



*) Das Mannskript ist wahrscheinlich unter den Auspicien des ital. 
Musikers Macdoni yon der Kurforstin selbst geschrieben. VgL Denkm. 
d. Tonkunst in Bayern II, 2, S. XIV 8 . 



146 



Guitarrentabolatoren. 




Wenn wir alle diese Stuckchen betrachten so fallt tins wieder 
ein, was der wackere Pratorius vom „Schrumpen" gesagt hat and 
wenn wir die oben mitgeteilte Vorrede von Montesardo lesen, er- 
kennen wir, dass diese siifsen S&chelchen keineswegs nor bei den 
„Ziarlatani und Salt' in banco" sondern auch bei der „nobile gio- 
ventu" von Florenz sehr beliebt waren; wir werden in Zukunft iiber 
so manches modem© Salonklaviersttickchen etwas milder denken! 

Es gab auch Guitarrentabulaturen, die auf die Yerwendung des 
alfabetto verzichteten nnd ihre Stiicke auf 5 Linien notiert brachten 
wie die italienischen oder franzosischen Lautentabulaturen. Ein 
solches Stuck teilt Mersenne mit von dem Guitarristen Martinus; 
dasselbe beginnt so: 



Allemande DC 



— d o 


u a u g —j. - 

— d d — d g 


— C 0 

o 

A 


— c d f 

d d 

h i A 



etc. 



Wie man sieht ist hier der Rhythmus viel exakter bezeichnet; 
im iibrigen ist das Beispiel so klar, dass es keiner Erlauterung 
bedarf. 

Endlich kam auch Mischnotation vor, d. h. die Notierung durch 
die Buchstaben des alfabetto wurde mit der Notierung auf 5 Linien 
verbunden. Man vergleiche folgendes Beispiel aus der Mtinchener 
Tabulatur: 



Sarabande 



;:; i I . 
















































— a 









Die Notierung des Rhythmus in diesem Beispiel ist so ungenau 
und liberhaupt die ganze Schreibweise so fltichtig, dass seine Ent- 
zifferung erhebliche Schwierigkeiten macht; man ist auf Konjekturen 
angewiesen. Ich stelle es anderen anheim, sich den Kopf daruber zu 
zerbrechen; vielleicht ist der Rhythmus so zu verstehen 

III J J J I J.IJJI J. I J J I J J I JJJ^Jll 

es entepr&che das dem allgemeinen rhythmischen Charakter der Sa- 



Mitteilungen. 



147 



rabande ein wenig. Das Prinzip der Mischnotation ist jedocfa an 
dem Beispiel Mar ersichtJich. 

Ich wollte mit der vorliegenden kleinen Arbeit die Musikforscher 
nur mi ein seit Kiesewetter's Arbeiten kaam mehr beriihrtes Gebiet 
wieder aufmerksam machen; die vorliegende Darstellung m8ge die 
Orundlage und Anregung zu weiteren Forschnngen geben. 



JUttelmgeii. 

* Julien Tttrsot: Ronsard et la musique de son temps. Leipsic (1903) 
Breitkopf ft HaerteL 8°. 78 Seiten. Seperatabzug aus der I. M. GK 
1903, I. Biographie und Bibliographic skd bekannt Die Mitteilung 
der Dedikationen und Vorworte von Kon»rd f s Drackwerkan sind eine 
wiiischaiswerte Beigabe. Das Beete sind die mehrstimmigen Tonsitse, 
10 an der Zahl und zwar 2 von P. Certon (J'espere et crams. Bien qu'a 
grand tort), 4 von C. Goudimel (Errant par les champs de la grace. En 
qui respandit le ciel. Quand i'apper^oy ton beau chef. Qui renforcera 
ma voix), 1 von M. A. Murct (Las, je me plain de mil©), ein steifer 
langweiliger Sate. Muret ist noch mit 2 Chansons in den Sammelwerken 
1552a und 1553o vertreten. Ob er der grolse Humanist und Jugend- 
fromnd Ronaard's M, vemmtet der Verfasser. Die Marfan 3 Chansons 
rfihrai von Janequin her (Qui vouldra voir comme un dieu. Nature 
ornant la dame qui devaii Petite Nymphe fblastre). Bonsard schreibt 
Jxm la manque la poesie est presque sans grace 41 ; fir omen Mum, der 
fast taub war und einer der bedemtendsten Dichter seiner Zeit ein merk- 
wirdiger Aiisspruoh. Wertvoll wird die Arbeit Tiersot's mm dmrch die 
mitgeteilten Tonaftti©, denn in seiner Geschichte der franiosischen Yolks- 
lieder sind Bonsard's Leistongen schon von alien Seiten bdemchtet 

* Philipp Pednll giebt Thomas Ludwig von Victoria'* Werke in 
oner G«amt»iiigabe heraus. ErscMenen sind bisher Band I, Motetten. 
Band U, Messen, 1. Buoh. Einzelpreis je 20 M, su beziehen durch 
Breitkopf & Hartel. 

* Von David KoM% 10 Psalmen 1554 hat Georg Gbhler den 2. 
und 3. vierstimmigen Psalm in Partitmr und Stimmai bei Breitkopf & 
Hartel herausgegeben, uach dem dieselben vom Riedel'sehen Gesangvereiue 
in Leipzig einstudiert und sich als sehr wirksame Gesange erwiesen hatten. 

* Hermann Bduerle in Begensburg hat bei Coppenrath 10 vier- 
stimmige Messen von Palcstrina auf 2 Notensystemen in den heute ge- 
brauchlichen Schlusseln herausgegeben, die sich einer weiien Verbreitung 
erfreuen, da die meisten Chordirigenten die alten Schlussel nicht lesen 
kdnnen. 

* Dass sowoM das Orchester, das Streichquartett und der Singer* 
etnr in temperierter (gleichsehwebender) Stimmung spielen und aingen, 

dalfir geben Mozart und Beethoven mehrfach© Bewelse; so schreibt Beet- 



148 



Mitteilungen. 



hoven im 1. Satze der 4 ten (Bdur-) Symphonic in der tJberleitong von 
dor DarGhfahrang mr Wiederholung des 1. Teils, nachdem er 11 Takte 
auf dem verminderten Septimen - Akkorde e g b des verweilt hat, im 
12. Takt in der 1. Violine Btatt des b, plotzlich cis ais* obgleich der 
Violinist das des mit dem 3. und cis mit dem 2 ten Finger greift, wird 
doch kein Znhdrer einen Tonwechsel bemerken, soil ihn anch nach Beethoven 
nicht bemerken, sondern ihm nur die Brack© zom Fisdur-Akkorde bauen, 
za dem die B-Panke ganz gemutlich ais anf derselben Paoke pp. wirbelt 
Nach 21 Takten, die anf dem Haupt-Septimen-Akkorde fis ais cis e ver- 
weilt haben 7 setzen die Violinen ganz plotzlich statt mit ais mit b mit 
demselben enharmonisch verwechselten Akkorde ein nnd daranf folgt nach 
2 Takten der wnnderbare Tlbergang nach Bdur, der eine "Wirkung her- 
vorbringt, ais wem sich die Himmelspfoirten dfineten. Mm ersieht daraui, 
dass die enharnioiiiBche Verwechslnng im Orchester wie auf dem JQavier© 
ohne eine Schwanknng im Klange vor rich geht, dass die B-Pauke ohne 
Stdrung zu fis ais cis e wirbelt 

* Herr Prof. Dr. Hngo Biemann hat jungst heraosgegeben : „Oolle- 
gium musicum." Auswahl alterer Kammermnsikwerke (des 18. Mm.). 
Zom praktischen G-ebrauche heransgegeben von . . . Enth&lt die Partitoren : 
Johann Stamitz, Sechs Orchestertrios fur 2 Violinen, Violoncell und Bass 
continuo, op, 1. Ferner opus 5 Nr. 3. Von Jok Friedr. Fasch 4 Trios 
fur Violine, Viola und Violoncell und 1 Quartett fur Streichinstrumente. 
Von G. Phil, lelemann 1 Trio in Eedur fur 2 Violinen und ViolonoeUo. 
Anton Jirdnek 1 Trio in Adur fur 2 Viol, und Bass. K Phil. Em. Bach 
1 Trio in Gdur fur 2 Viol, und Violoncell Anton Filtz, 1 Trio in 
Eedur, ebenso opus 3 Nr. 5. Franz Xaver Richter, 1 Trio in Adur fur 
Viol. (Flote), Violoncell und KJavier. Johann Christian Bach 1 Trio in 
Ddur fir Klavier, Violine und Violoncell. Leipzig bei Breitkopf & Hartel. 

* Herr Otto Dienel in Berlin, Organist an der Marienkirche, Betzte 
auch in diesem Jahre vom Mftrz ab allwochentlich seine Orgelvortr&ge 
seiner Schuler, abwedwdnd mit Gesangs- und Solovortrigen eines Streich- 
in8tramente8 fort, wossu der Eintritt fir jedermann frei ist, mit dor Be- 
merkung auf den Programme!!, dass man zur Beckung der Wnkasteii ein 
Scherflein in die „ausgestellten Blchsen* 4 legen moge. AnerkemienBwert 
ist die Zusammenstellung der Programme, die neben neueren Komponisten 
auch Sltere bis Bach und Handel berucksichtigt. 

Hierbei eine Beilage: Katalog der Musikwerke in der "Westminster- 
Abtei in London von ¥m. B. Squire, Bog. 4. 

Die Besitzer Bobert Schumann'scher Briefe word en gebeten, die- 
selben in Abschrifb (oder im Original gegen Buckgabe) an Herrn Pro- 
fessor F. Gustav Jansen in Hannover-Steuerndieb Nr. 13 zur Aufhahme 
in die vorbereitete zweite Auflage der Schumann'schen Briefe, Neue Folge, 
gutigst einzusenden. 



V«rantwortlioher Bedaktenr Bobert Eitner, fttuplii (Uok«rm»rk). 
DtMk von H«rn*nii Beyer It Sonne (Buyer A Mma) in Iomgen**!**. 



fir 



MUSIK- GESCHICHTE 

herausgegeben 
ron 

der Geeellechaft ffbr Musikforschmig. 



mi Jam. 

1903. 



Pr«if dot JahrgftngM 9 Mk. Monatlich ericheint 
eine Nummer Ton 1 bis 1 Bogen. Iniertionigcbttbren 
ftr die Zeiie 90 P£ 



Kommistionererlftg 
▼on Breitkopf * Hirtel in Laipaig. 
Betteilnngen 

nftnmt Jnd« Bud- sod Xnalkluuidtaiig entgagan. 



la. 10. 



Muslk In HtnntTer. 

Der Yerfasser, Herr Dr. Georg Fischer, sendet der Bedaktion 
zu dem in Nr. 6 und 7 der Monatshefte veroffentlichten Auszuge 
aus „Musik in Hannover 44 einige Yerbesserungen und Zusatze, die zum 
allgemeinen Besten hier Auftiahme finden: 

p. 86. CI. H. Abel ging 1688 ab. 

Sirunck kam 1682 aus Hamburg zuriick, wurde „Hof-Kammer- 

Komponist" [bisher unbekannt] und ging 1686 ab. 
Trenio starb im Februar 1680 auf einer italienischen Beise in 

Frankfurt a. H . 
Vicenxo de Orandis wurde r Ende Mai 1680" entlassen und 

1682 Kapellmeister in Modena. 
p. 87. Sfingerin Bonnen kam vom Hofe in Osnabriick. 

Corbetti, Francesco, diente unter Herzog Georg Wilhelm in 

Hannover. 

p. 88. Jean Baptiste Farinelli wurde 1680 in Hannover „Regente 
bei der Instrumentalmusik mit 500 Thlr. Gehalt" (nicht 
Kapellmeister). Nach Bern schickte er seinem Bruder Michel 
Gelder. 

89. Michel Farinelli diente unter Konig Karl II. 

90. Agostino Steffani, das Geburtsdatum ist der 25. Juli 1653. 
92. Oalloni O ... ist Giuseppe Galloni, wie aus einer Rechnung 

vom 23. Nov. 1691 hervorgeht. 
Palmieri. Die Ghurfiirstin Sophie Charlotte von Brandenbuig, 

lfoaatah. f. MulkgeMh. Jahrgaag XXXV. No. 10. 10 



150 



Musik in Hannover. 



nicht ihre Mutter Churfiiretiii Sophie von Hannover, liels ihm 
ein Denkmal in Liitzenburg setzen. 
p. 93. de Loges — nicht Loges. 

Bultern — nicht Buttern. 
p. 94. Jakob Herschel — soli Seite 55 — nicht Seite 57 hei&en. 
p. 95. Bratschist Wikken — nicht Wucken. 

„8 Opera und 16 Symphonien von Oraim" 
p. 99. Hannovers Erhebung zum Konigreich fand am 12. Oktober 

1814 — nicht 1812 statt 
p. 100. Sutor kam 1806 — nicht 1800 — als Chordirektor nach 
Stuttgart und wurde daselbst 1 807 Konzertmeister — nicht 
1801. 

Chr. Heinemeyer und Seemann erhielten zwar einen Euf 
nach Braunsehweig, nahmen denselben aber wegen Gehalts- 
zulage in Hannover nicht an. 
p. 101. Joseph Stoivi&xeL — Heinrich Enckhausen. — Johann Matys. 
Berthold Qantxert — Carl Prell. 
Kieseivetter's Gehalt wurde von 700 auf 900, dann auf 

1000 Thlr. erhoht. 
Pott ... ist August Pott aus Nordheim (nicht Northeim). 
p. 102. Geschaftsfuhrer Harrys — nicht Karry's. 
p. 103. Louis Maurer. — Arnold Wehrer. 

Steinemeyer, Wilhelm, trat 1856 wieder ins hannoversche 
Orchester. 

p. 104. Herner trat am 1. Februar 1858 (nicht 1850) ins hannover- 
sche Orchester. 

Der 15. August 1877 ist der Todeetag des Kapellmeister 
Fisdter, nicht der Tag der Anstellung Herner's als 2. Opern- 
dirigent 

Niemann, geboren in Erxleben — nicht Exleben. (1884 

wurde Niemann lebenslanglich rait 6000 Thlr. Gehalt und 

800 Thlr. Pension engagiert.) 
Langer, Gustav, wurde 1847 Correpetitor, 1856 Chordirektor. 

(1867 ging er als Chordirektor an die Eonigl. Oper in Berlin, 

starb 1876.) 

p. 106. Marschner wurde am 16. August — nicht am 10. August 
— 1859 pensioniert. Mit 1600 Thlr. Pension fur die ersten 
fiinf Jahre, dann 1400 Thlr. 
p. 108. (Orchester 1852:) Trompeter Mautx — nicht Mantz. 
Posaunist Schwemmler — nicht Schwemmle. 



Arno Werner: Geschichte der Kantorei-Gesellschaften. 



161 



(Orchester 1864/65:) Violinist Loreni fehlt. 
Elarinettist Feller — nicht Peller. 
Trompeter Mauiz — nicht Mantz. 



Arno Werner: Geschichte der Kantorei-Gesellschaften im Gebiete des 
ehemaligen Kurfurstentums Sachsen. (Publikationen der Inter- 
nationalen Musikgesellschaft Beihefte. IX.) Leipzig, Breitkopf & 
HirteL 1902. 84 S. Preis 3 M. 

Sachsen nnd Thiiringen ist das Heimatland der Eantoreien. In 
dreifacher Bedeutung wurde hier das Wort „Eantorei" angewendet. 
Man bezeichnete damit zuerst die Gemeinschaft der bezahlten Berufs- 
sanger an Ptirstenhofen und an den Hauptkirchen der Bischofesitze; 
sodann die Schiilerchore der Lateinschulen und drittens auch die 
freiwilligen SangergeselJscbaften, die sich fast tiberall in den Stadten 
bildeten, wo nur deutsche Schulen bestanden oder wo die Latein- 
schulen wegen der geringen Zahl der Mannerstimmen den religiosen 
und kiinstlerischen Bediirfnissen nicht gentigten. Da der Verfasser 
die ersten beiden Gattungen von Eantoreien nicht berucksiehtigen 
wollte, so hat er sich damit gleich sein Thema gestellt: die Ent- 
stehung der aus Btirgern und Schttlern gebildeten Sangerchore im 
Kurfuratentum Sachsen; sie nennt er Eantoreien im Verlauf seiner 
ausfiihr lichen Arbeit und nur an diese ist bei jenem Ausdruck zu 
denken. Damit scheidet er zugleich die ehedem in fast alien Dorfern 
Thiiringens bestehenden Adjuvanten- Chore aus, die ganz ahnlichon 
Zwecken dienten und hin und wieder auch mit dem Namen Eantorei 
bezeichnet wurden, sofern sie sich nicht als eine Gesellschaft mit schrift- 
lich niedergelegten gegenseitigen Pflichten und Bechten darstellen. 
Denn iiber solche Adjuvan ten-Chore ist begreiflicherweise das Material 
iifserst diirftig. Doch diirfte die Geschichte solcher Dorf-Eantoreien 
nicht viel anders verlaufen sein, wie die jener Berufekantoreien in 
den Stadten. 

Der Verfasser behandelt in der Vorgeschichte (S. 1) die Frage, 
wann diese Eantoreien entstanden sein mogen. Wir sind gewohnt, 
sie mit der Reformation zusammenfallen zu lassen. Das ist aber 
nur teilweise richtig. Yorschub hat ihnen jenes gewaltige Zeitalter 
zweifelsohne geleistet, das ja mit neuer Eraft die Musik in das Be- 
reich des Gottesdienstes zog. Allein man muss — wohl mit Becht 

10* 



152 Am© Werner: Geschichte der Kantorei-Gesellschaften. 



— auf ftltere Einriehtungen zuriickgreifen. Man hat*) mi die Meister- 
singerzunfte, auf die Schutzgilden der Stadtpfeifer,**) die Kurrende***) 
auch die Kaland-Briiderschaf ten t) hingewiesen. Aber Werner betont 
richtig, dass es sich bei den Ziinften der Meistersinger um den Vor- 
trag selbst gedichteter und selbst erfundener Einzelgesange zumeist 
weltlicher Art handelte, hier bei den Kantoreien aber um kirchliche 
Chorgesange, die von berufsmafsigen Komponisten fir den Gottes- 
dienst erfunden waren. Und ebensowenig hatten die Stadtpfeiferziinfte 
mil den Kantoreien etwas zu thin. Die Kurrenden freilich sieht 
Steraler a. a. 0. geradezu als die Vorlaufer der Kantoreien an, wenn 
er sagt: „Die Currenden haben Gelegenheit zu denen Cantoreien ge- 
geben." Doch auch ich zweifele an der Richtigkeit dieses Gedankens 
und glaube auch, dass die Kaland - Briiderschaften den Kantoreien 
noch am nlchsten gestanden haben. Denn in den geistliehen Briider- 
schaften wurzeln die Kantoreien allerdings. Nur wird ihre Ent- 
stebung nicht direkt, sondern indirekt auf den Kaland zurtickgehen. 
Und dieser Beweis ist Werner gut gegliickt an dem sehr einleuchten- 
den Beispiel der Stadt Delitzsch. 1333 wurde hier der Kaland ge- 
griindet und 1334 vou Halle aus die erzbischofliche Erlaubnis zur 
Benutzung der Kirche fiir die Feierlichkeiten der Gesellschaft er- 
halten. 1440 traten die musikverstandigen Kalandherren zu einer 
neuen Briiderschaft zusammen, die mit den Knaben der Schule den 
S&ngerchor der Schule bildete. Sie nannten sich „Korales u oder 
^Korsenger" und in Hinblick auf ihre freiwillige Verpflichtung zur 
Teilnahme am Chorgesange bezeichneten sie sich selbst als „Stabi- 
listen 41 oder „Constabler". Nach ihren Satzungen fand alljahrlich am 
Tage Bartbolomai ein gemeinschaftliches Essen statt, zu dem aus dem 
Keller des Rates ein Fass Bier geliefert wurde. (1446, 1449.) Von 
Anfang an hatte die Briiderschaft in der Stadtkirche einen Altar. 
Im Jahre 1500 verpflichtete der Rat den Pfarrer, „alle Freitage 
wochentlich eine Messe vom schmerzlichen Leiden unsers Herrn Jesu 
Christi auf dem Altare Crucis zu halten und mit den Constabeln 
Unser Lieben-Frauen-Bruderschaft zu singen." So muss man wohl 

*) Taubert: Die Pflege der Musik in Torgau. 1869. 
**) SeifFert: Die musikalische Gilde in Friedland. Sammelbande der 

IMG. 1. 

***) Stemler: Von der Kurrende . . . 1765. 
+) Hofmann: Hist. Beschreibung von Oschatz, I, und Haan: Kurze 
Mitteilungen uber die im Konigr. Sachsen befindlichen Cantoreigesell- 
schaften. Dresden 1881. 



Arao Werner: Geschiohte der Kantorei-Gesellschaften. 



153 



annehmen, class die Gesellschaft der Stabulisten eine dem kirchlichen 
Kanstgesang dienende Vereinigung gewesen 1st, die sich bestimmten 
Gesetzen — wie der Kaland auch — unterworfen hatte, unter Auf- 
sicbt des Rates stand und durch den Rat der Alten verwaltet wurde. 
So entwiekelte sich aus einer rein geistlichen Gemeinschaft des 
Kalands die mehr kiinstlerische Verbindung der Stabilisten, der Vor- 
laufer der Kantorei! Dabei bildeten Lehrer und Schiiler den Kern 
des Sangerchores. Gaben der Kirche und des Rates steigerten die 
Lust am Singen. Da kam die Reformation. Opfer und Spenden 
horten ganz auf, die Sangergesellschaft, die 1516 noch 76 Mitglieder 
(26 Clerici, 29 Laid, 20 Sorores) z&hlte, trat anscheinend nicht wieder 
in Thatigkeit, der Rat als Patron verwaltete das Vermogen der 
Briiderechaft als „Commende Trinitatis" und verwendete das Ein- 
kommen fur den Predigtstuhl, fir die Armen und zu einem Stipen- 
dium, das dem Kantor oder anderen tiichtigen evangelisch gesinnten 
Musikern verlieben wurde. 1539 wurde mit der Einfuhrung der 
Reformation auch die Gesellschaft der Constabler aufgelost, die Mit- 
glieder aber traten alsbald von neuem als „Kantorei" zusammen. Sie 
empfingen aus der Ratskasse 1 Schock 12 Groschen „Verehrung* 1 
dafiir, dass sie Gott dem Allmachtigen zu Ehrerbietung an Hohen 
Feeten, auch etlichen Sonntagen die Amter der Hesse und Vesper 
figurieren und zierlich singen helfen, dadurch die Jugend in tJbung 
gehalten und dieselbe Kunst forderlich fassen mogen." — So gings 
in Chemnitz, Dobeln, Oschatz : iiberall handelte es sich in Betreff 
der Kantorei urn eine Nebengrundung der Kaland-Briiderechaft 

Es folgt nun eine sehr ansprechende Schilderung der Blutezeit 
der Kantoreien, die sich zwischen 1630 bis 1618 wohl ansetzen 
l&S8t Die lutherische Kirche konnte des Gesangee nicht entbehren; 
der Tonsatz des 15. und 16. Jahrhunderts machte grofsere Ansprtiche: 
was W under also, dass man Berufsmusiker und ,^elarte" d. h. musik- 
kundige Mitglieder der Bruderechaften zum Kirchengesange heranzog. 
Luther wies die Ausfiihrung der Messstticke und vornehmlich auch 
die deutschen Kirchenlieder dem Chore zu, der die Gesange meist in 
kunstvoller Figuration ausfuhrte. So bildete ein solcher Kantorei- 
chor die wichtige Vermittlung zwischen dem Geistlichen und der 
Gemeinde. Dass dies© letztere aber nur sehr gering beteiligt war, 
miissen wir sicher annehmen. Die eigentliche Melodie lag ja im 
Kunstliede fast ausnahmslos im Tenor. Wie sollte die Gemeinde also 
etwa hierbei mitgesungen haben ? Das mag sich erst mit dem ge- 
wichtigen Schritte gelndert haben , als man begann die Melodie in 



154 Arno Werner: Geschichte der Kantorei-Gesellschaften. 

den Diskant zu verlegen, der sich auf siiddeutsche Anregung hin 
(Osiander) sehr schnell in ganz Deatschland am Ende des 16. Jahr- 
hunderts vollzog. 

Und wie die ganze Geistesbewegung von Wittenberg ausging, 
so kann man auch das Aufbliihen der Kantoreien daher datieren. 
Die dortige aus Schtilern, Studierenden und Blirgern zasammengesetzte 
Oesellschaft 1st als die Stamm-Kantorei fur ganz Sachsen anzusehen. 
Nach ihrem Muster sind sie fast alle geordnet oder, wenn wie in 
Torgau schon eine vorreformatorische Kantorei bestand, neu begrtindet. 
(1529.) So for ailem die in Delitzsch (1539), die durch zwei junge 
Theologen der lutherischen Schule, Thomas Berger und WoJfgang 
Faust in evangelischem Sinne neu gestaltet wurde. So gings in 
Eiienburg, in lessen, in Oderan und vielen andern Orten Sachsens 
(im Konigreich 91, in Preufsen 35 Kantoreien), w&hrend in den 
grofsen Stadten Dresden, Leipzig, Zwickau und Freiberg die Schul- 
chore schon dem Kirchendienste Krafte genug stellten. Doch auch 
hier zog man noch Sanger aus der Biirgerschaft heran, die sich 
wiederum „Stabilisten" nannten, so dass die Anlehnung an die vor- 
reformatorischen Briiderschaften augenscheinlich vorliegt Um Witten- 
berg lagen die meisten, im erzgebirgischen, im Leipziger und Meifs- 
nischen Kreise finden sie sich in grofser Anzahl. Nur in den 
S&chsisch -Thuringischen Landen, wo die Adjuvanten - Chore bltihten, 
kommen keine Kantoreien vor. Von Sachsen zogen sie sich dann 
auch in andere Teile der heutigen Provinz Sachsen und Deutschland, 
so nach Anhalt (Coswig), so nach Hamburg, Frankfurt, Liibeck; das 
geschah aber erst nach dem 30jahrigen Kriege. 

Diese zahlreichen, von keinen Qesetzen geregelte Kantoreien sind 
nun in den kleineren Stadten Deutschlands jahrzehntelang die Trager 
und Pfleger der Kunst gewesen. Bald gentigten ihnen die „Witten- 
berger Messlein" nicht mehr. Sie setzten sich mit nambaften Musikern, 
vor allem mit den kurfiirstlichen Kapellmeistern in Verbindung, ihre 
Notenschranke fiillten sich mit den auserlesensten Werken mehr- 
stimmiger Chorgesange, und nur der eine Punkt, die Oeldfrage, 
machte ihnen das Leben schwer. Waren sie doch nur auf „Ver> 
ehrungen" aus dem „gemeinen Kasten rt angewiesen. 

Nach und nach aber bedurfte man der festen Kegelung. Um 
1570 finden wir in vielen dieser Stadte feste Statuten fiir die Kan- 
toreien. Besonders instruktiv sind die von Liitzen (1570), die der 
Verfasser (S. 78 f.) wdrtlich abdruckt. Entsprechend den Oesetzen 
der alten Briiderschaften r^elten nun die ausfuhrlichen Kantorei- 



A mo Werner: Geschichte der Kantorei-Gesellschaften. 



155 



Ordnungen das Leben in der Qesellschaft bis ins Einzelne. Da die 
Griindung der Eantoreien meist von kircblicher Seite ausging, so 
mussten die Satzungen auch vom Oberhaupt der Eirche, dem Super- 
intendenten, der zugleich der Inspektor der Kantorei blieb, beetligt 
werden. Die Mitglieder zerfielen in 4 Kiassen: 1. Ehrenmitglieder, 
2. Nichtsanger , 3. Schulkollegen , 4. Freiwillige Singer (Adstanten). 
Den eisemen Bestand der Gesellschaft bildeten also die Personen, 
die ihr Amt schon dahin wies: die Geistlichen, Ratsherm, Eirchen- 
vater, Kantoren, Organisten, Stadtpfeifer, sowie die Schnlkollegen. 
W&hrend die ersteren aber zur Teilnahme am Gesange nicht ver- 
pflichtet waren, stellten die Schulkollegen den Grundstock des Chores 
rind hatten infolgedes aach nur ein geringes oder gar kein Eintritts- 
geld zu zahlen. 

Wer jedoch ans der Borgerschaft als eigentlicher Adjuvant auf- 
genommen sein wollte, hatte vorher dem Eantor seine musikalische 
Befahigung nachzuweisen. Die Anforderungen waren je nach der 
Stadt sehr verscbieden, ihnen zu gentigen bedurfte es gewiss keines 
Sangeshelden. Das Eintrittsgeld belief sich fiir einen solchen Sanger 
hochstens auf 1 Thaler, fiir einen Nichtsanger stellte es sich wesent- 
lich hoher. Die iibrigen Bedingungen lauteten ziemlich strong. „Un- 
tadelhafter Lebenswandel — so sagt der Verfasser — und christ- 
licher Sinn waren unerlfissliche Forderung, und obgleich alle Schichten 
der Bevolkerung vom hochadligen Herrn bis zum ehrsamen Hand- 
werksmann vertreten waren, so war doch mit dem letzteren die 
untere Grenze gezogen. Nur ausnahmsweise konnten gewanderte 
Handwerksgesellen als Mitglieder aufgenommen werden, doch mussten 
sie einen angesehenen Biirger, w so der Cantorey verwandt 44 f(ir sich 
geloben lassen. Es wird einmal empfohlen, nur solche als Mitglieder 
aufeunehmen, die nicht schon durch andere gesellschaftliche Pflichten 
gebunden sind. Hierbei ist an die Schiitzen-Gesellschaften, mit denen 
sonst die Eantoreien sich aufs friedsamste begegneten, zu denken; 
denn sie waren neben den Eantoreien lange Zeit hindurch die ein- 
zigen geselligen Vereine in den sachsischen Stadten. Erst in sp&terer 
Zeit wurde es gestattet, Frauen als Mitglieder aufzunehmen. Wohl 
aber konnten die Wittwen ehemaliger Mitglieder durch Weiterzablung 
des Beitrages alle aus der Mitgliedschaft erwachsenden Torteile ge- 
nieisen. Die Aufhahme erfolgte entweder durch den Superintendenten 
oder Pfarrer allein, durch den Vorstand oder durch die ganze Ge- 
sellschaft Durch mtindliche Abstimmung, viel spfiter erst durch 
Stimmzettel oder Eugeln wurde die Aufaahme entschieden. Der 



166 Am© Wemer: Geeohichte der K&ntorei-Gesellschaften. 



Neuaufgenommene wurde, nachdem er seine Eintrittsgebfthr erlegt 
hatte, zur n&chsten Versammlung geladen. Feierliche Stille herrschte, 
wenn, dann, im Beisein samtlicher Eantorei-Verwandten die aaf er- 
hohtem Platze zwischen brennenden Lichtern stehende Lade geSflihet 
wurde. Der Inspektor nahm die alten „Briefe w und Satzungen her- 
aus uDd iibergab sie dem „Jiing8ten", der sie vorzulesen hatte. Der 
Neuaufgenommene gelobte, sie „steif und fest" zu halten, bekraftigte 
sein Gelobnis durch Namensun terschrift , verfehlte auch nicht m. p. 
(manu propria) hinzuzufiigen und druckte sein Siegel bei." 

Es folgt dann in Werner's Schrift eine genaue Darlegung der 
Pflichten des Eantors und der Sehulknaben, der Stxafen fdr Ver- 
saumung des Amtes, der Tage, wo Dienst zu leisten war, der Ver- 
giinstigungen bei den verschiedenen Gelegenheiten. Als grS&tee Fest 
der Kantorei gait das Konvivium. Von einem solchen aus dem Jahre 
1621 wird eine etwas weitschweifige Schilderung aus der Feder des 
verstorbenen Archidiakonus Meinhardt aus DeUtzsch gegeben, die 
ohne Schaden hatte wegbleiben konnen oder vielleieht aus den Akten 
selbst heraus anschaulicher gewirkt hatte. 

Das Eapitel II bebandelt den Niedergang der Kantoreien in der 
Zeit zwischen 1618 — 1680. Wie Eunst und Wissenschaft im all- 
gemeinen in diesem Zeitalter abnahmen, so schwand auch die Pflege 
der Musik. Selbst die kurfiirstliche Eantorei in Dresden konnte sich 
unter einem Manne wie Schtitz kaum auf der Hohe erhalten. Und 
in demselben Mafse, wie sich das Interesse der feinen Biirger an 
den Sangerch6ren verminderte, um so mehr wuchs die Wertschfctzung 
der Eantorei-Feste, der pomphaften Begrabnisse und anderer neben- 
sMchlicher Dinge. Die Oberstimmen waren durch Enaben nicht mehr 
zu beseteen; es mussten z. B. in tTMgau Madchen in den Chor ein- 
gestellt werden. Die allgemeine Verwilderung der Sitten zeigte sich 
auch darin, dass Zank und Raufereien bei den Eonvivien zum Gewohn- 
lichen zahlten. Die Orgelmusik nahm seit Scheidt's Tabulatura nova 
1625 immer mehr Raum im Gottesdienste ein. Der Gemeindegesang 
drlngte sich hervor; die Orchestermusik bliihte auf; italienische 
Musik trieben sie in den Eantoreien wenig, deutsche Musik hielt 
sich vorherrechend. 

Da kam aber 1680 (Eap. Ill) der vernichtende Schlag fur die 
Eantoreien durch den Pietismus und Rationalismus. Tanz, Oper, 
Eunstmusik gait ihm als verpont Man hore nur die Worte des 
Pastors Gerber aus Lockwitz bei Dresden: „Ich habe in gemeinen 
Stidten gesehen, dass die Burger auch Handwerksgesellen, so Adju- 



Arno Warmer: Geschichte der Kantorei-Gesellschaften* 167 

vanden Chori Musici gewesen, am Sontage haben in der Kirch© 
helffen musiciren und aus dem Hammersckmid eines daher singeo, 
Nachmittage aber eben diese im Bierhause gesessen, gesoffen und 
geschwarmet, auch die schSndlichsten Sauff- und Buhlen-Lieder ge- 
sungen, und in Festzeiten sind sie des Morgens wieder zu Chor ge- 
gangen, da sie noch nicht recht nuchtern gewesen, haben auch wohl 
nach Brantewein gestunken wie die Schweine. Solche und dergleichen 
Leute werden nun an vielen Orten, zur Musik in Eirchen gebrauchet, 
da urteile aber ein verst&ndiger Christ, wie dem lieben Gott ein 
solches Lob gefallen miisse." — Natiirlich war etwas Wahres bei 
diesem Tadel ! Dies Treiben konnte nicht geduldet werden. Die 
Kantoreien wurden also aus der Kirche moglichst verdrangt. 

Was aber auf der einen Seite die Pietisten durch ihr radikales 
Vorgehen den Kantoreien sehadeten, das ntitzten sie ihnen auf der 
anderen. Sie veranlassten sie namlich sich als Verein zu bethltigen 
auf dem Gebiete der untersttitzenden Liebe, in der Sorge fur ihre 
armeii Wittwen und Waiaen. So YolMeht sich in dem Wesen der 
Kantoreien ein merkwiirdiger Wandel: aus einer Kunstgenossenschaft 
wird eine Versicherungsanstalt, die in edler Weise fir die Hinter- 
bliebenen eines Mitgliedes durch Begriibnisgelder sorgt. Obwohl nach 
Satzungen immer noch die Pflege der Musik als vornehmster End- 
zweck gait, waren in Wirklichkeit fast immer die auisern Vorteile 
der Grand zum Eintritt in die Kantorei: Damit fiel aber der kiinst- 
lerische Hintergrund ganz weg und darin lag die Notwendigkeit des 
Zerfallens begriindet. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren aller 
Orten die Kantoreien abgestorben; nur vereinzelte fiihrten, meist um 
jener Nebenzwecke willen, ein Scheinleben. 

Nur laigsam erholten sich die Kantoreien wieder im letzten 
19. Jahrh. (Kap. TV). Komponisten wie Hiller, Schulz, Reichardt u. a. 
schufen aufe Neue den mehrstimmigen deutschen Kunstgesang und 
das Mannerchorlied, das mit der Grlindung der Berliner „Iiedertafel u 
im Jahre 1809 ganz Deutschland sich im Sturm eroberte. Schon im 
Jahre 1827 nahm sich die preufsische Regierung der altersschwachen 
Kantoreien an und gab neue Statuten zur Begutachtung heraus. Die 
neue Kantorei sollte unter einem Direktor, Kassierer und Rendanten 
stehen. (Vorstand.) Zweck, Mitgliedschaft, Verwaltung, Etat, Rechnung, 
spezielle Gesetze hatte man genau fixiert So schien nach einer 
langen Zeit der Dtirre eine ganz neue Glanzzeit der Kantoreien in 
Preufsen und Sachsen anzubrechen. Aber gerade die strengen Ge- 
setze gefielen den freien Burgern nicht Wer einmal den Singer- 



158 Arno Werner: Geechichte der Kantorei-Gesellschaften. 



festen mater Naue, Schneider, Otto beigewohnt hatte, der wurde zur 
jjiedertafel 41 hingerissen, die Kantorei mit ihrem erneuten alten Zopf 
bebagte ibm nicht Fast fiberall endete der Kampf in den kleinen 
St&dten mit einer volligen Niederlage der Kantorei, mit einem Siege 
der Mannergesangvereine. Wo aber die Kantorei sich ganz aufloste, 
da traten bezahlte Kirchenehore, Seminarchore oder weltliche Singer- 
ge8ellschaften an die Stelle der Kantoreien. In einigen Stadten sanken 
sogar die ausgelebten Kantoreien zu bescheidenen Leichentrfiger- 
Gesellschaften herab! So diifte eine Wiederbelebung der Kantoreien 
im alten Geiste ein Ding grofster Unwahrscheiniichkeit genannt 
werden. AUein die Neuzeit hat sich zu helfen gewusst. Im Konig- 
reich Sachsen tragt Stadt und Staat die Kosten fur einen kleineren 
oder gro&eren Kirchenchor, der unter Leitung eines Kantors steht 
and dem eigentlich nur der Name Kantorei fehlt Anders freilich 
in andern evangelischen Staaten. „Gleichgtiltig ist es, — so schliefst 
der Yerfasser — ob die modernen Kirchen-Gesangvereine Namen und 
Formen der altehrwiirdigen Kantoreien tragen oder nicht, wenn sie 
nur in demselben Geiste und mit derselben Liebe wirken, dann wird 
von ihnen ein reicher Segen ausgehen zum Heil unserer evangeli- 
schen Kirche." 

Es eribrigt noch ein Wort fiber den Wert dieser lufeerst 
fleifsigen Schrift von Arno Werner, der in den Sammelbanden der 
Internationalen Musik-Gesellschaft (I.) schon eine ausffihrliche Bio- 
graphie Scheldt's geliefert hat. Das Aktenmaterial besonders aus 
kleineren Orten wie lessen, Delitzsch, Bitterfeld, tJbigam ist in reich- 
haltiger Fiille herangezogen und viel Neues ans licht gebrachi Wir 
lernen z. B. von dem Delitzscher Kantor Schulz hior zuerst hand- 
schriftliche Aktenstticke kennen. Auch von den zeitgenossischen 
Geistlichen ist manch lehrreiches Wort dem Buche einverleibt Dass 
dabei otters des Guten etwas zuviel gethan worden ist, kann ich nicht 
leugnen. Eine gro&ere Beschrankung des Stoffes hatte vielleicht dem 
ganzen Bilde mehr geniitzt Dafur hltte aber so manche andere 
Studie fiber Sachs. Kantoreiwesen (z. B. Nagel fiber Pirna) in den 
verschiedenen Banden der Monatshefte zum belebenden Vergleich 
herangezogen werden konnen. Allein es ist ja schwer, sich von 
Aktenmaterial zu trennen, das man nun einmal gesammelt hat 

Meine Besprechung aber der Schrift Werner's bitte ich in fol- 
gendem Sinne aufzufassen: sie will in kfirzerer Form den Leser fiber 
die Hauptmomente der Entwicklung der Kantoreien orientieren und 
hat oft in dem Wortlaut des Verfassers einzelne lange Abschnitte 



Mitteilungen. 



189 



zusammengeschnitten. Will aber ein betreffender Liebhaber noch 
tiefer In den Stoff eindringen end seinen Wissensdurst fiber die Kan- 
toreien loschen, so m6ge er sieh die sehr lesenswerte und geschmack- 
voll ge8chriebene Monograpie Werner's kaufen. R. Kade* 



Mlttelttigem. 

* Burger's Gedichte in der Musik. Von Erich Ebslein in Heidel- 
berg. (Zeitschrift for Bficherfreunde, 7. Jg. 1903, Heft 8, S. 177—198.) 
Der Verfasser geht im Beginne seiner Arbeit anf Friedrich Wilhelm Wets* 
Leistangen als Eomponist Burger'scher Gedichte ganz besonders ein, giebt 
eine biographische Skizze, bespricht seine Kompositionen und teilt die Ur- 
teile seiner Zeitgenossen mit, die in uberschwenglichem Lobe bestehen* 
Weis war Ant in Gottingen, dann Hofrat und Leibarzt dee Landgrafen 
von Hessen-Rotenburg zu Rotenburg an der Fulda, geb. 3. Mai 1744 zu 
Gottingen, geetorben 26. Juli 1826 in Rotenburg. Neben seiner arzUichen 
Praxis betrieb er Botanik, gab Werke uber dieselbe heraus und Musik. 
Komponierte Lieder und gab sie heraus. Der Verfasser teilt deren drei 
mit: 1. Sch5n Sulschen kannt' ich lange Zeit. 2. Ein Stlndchen, Trallyrum 
larum! bore mich. 3. Liebeszauber, Mfidel, schau mir ins Gesicht. Bie 
sind in Melodie und Begleitung von eiuer Einfachheit (mm nicht Durftig- 
keit m sagen), die una heute kaum die iberschwenglichoa IJrteile seiner 
Zeitgenossen begreifen lasst. Es war die Zeit der Wasseraippen- Musik, 
wie Otto Lindner sich so treffend ausdruckt, daher das geringe Verstand- 
nis fur Mozart und Beethoven. Noch in den 40er Jahren bedauerte man 
mich, dass mich mein Lehrer Beethoven'sche Sonaten spielen liefs. Der 
wichtigste Teil der Arbeit ist aber ein 24 Spalten langes alphabetisch ge- 
ordnetes Yerzeichnis von Kompositionen Burgerscber Gedichte nach den 
Komponisten geordnet. Hier werden auch alle Lieder von Weis, auch die 
▼on anderen Dichtern herriihren, verzeichnet. 85 Komponisten mit oft 
recht aiMreichen Liedern, wi© von Johann Andr§, Georg Wilhelm Gruber 
nnd J. A. P. Schulz (S. statt P. ist ein Druckfehler), nebst 5 Anonymi, 
sowie auch Jos. Haydn, Beethoven, Schubert, Weber und Liszt werden 
genannt 

* Reinhard Reiser in seinen Opern. Ein Beitrag zur Geschichte der 
friihen deutschen Oper von Hugo Leichtentritt aus Berlin. Dissertation zur 
Erlangung der Doktorwurde am 21. August 1901. 8°. 37 Seiten. Die 
Arbeit bietet nur einen Teil dessen was der Verfasser im Manuskript uber 
das Thema besitzt neben zahlreichen Partitur-Kopien. Von den 21 Opern, 
die sich von Keiser erhalten haben, bespricht der Verfasser Adonis 1697, 
Janus 1698, La forza della virtu 1700, Pomona 1703, Claudius 1703, 
Nebucadnezar 1704, Masaniello furioso 1705 und Almira 1706 und zwar 
in der Weise, dass er nur die bedeutendsten Sitae einer Benrteiluiig nnter- 
adeht nnd dabei mit seinem Lobe nicht epanam umgehi Besondere weist 



160 



Mitteilungen. 



er nacb, dass K. tuchtige Musikstudien gemacht haben muss, da er im 
Kontrapunkt eine woblgeubte Peder zeigt und in Duetten seine Technik 
sehr oft zeigt. Ebenso weist er S. 22 bei Besprecbung der Oper , Janus" 
nacb, dass K. auch der leidenscbaftlicbe tief ergreifende Ausdruck zu Ge- 
bote stebt Er scbreibt bei Besprecbung der Scene in der die Agrippina 
drei grofse Arien zu singen bat: Vom galanten Stil ist bier keine Spur, 
alles ist Leidenscbaft, plotzlich erregtes Auffabren, dumpfes Zusammen- 
sinken, Ausbriicbe der Raebgier, Liebe, Furcbt, alle in jafaem Wecbsel. 
Es ist eine der nicht gerade zahlreieben aber immer aufserordentlicb be- 
deutenden Scenen, die den dSmonischen Zug bei Reiser ganz deutlich offen- 
baren. Um so nacbdrucklicber muss darauf binge wiesen werden , weil 
diese Seite der Keiser'schen Begabung bis jetzt nocb von keinem Beurteiler 
genugend bervorgehoben worden ist, und man Keiser immer nur als Er- 
finder liebenswurdiger Musik, scbdner anmutiger Melodien kannte. Er er- 
scbeint in derartigen Stucken als direkter Vorganger Gluck's. 

* Telemann als Opernkomponist. Ein Beitrag zur Gescbicbte der 
Hamburger Oper. Von Curt Ottzcnn, Dr. phil. Mit 1 Bde. Noten-Beilagen. 
Berlin 1902, E. Ebering. gr. 8°. Text 85 Seiten, Musikbeilage in fol. 
48 S. in autograpbiertem Umdrucke. Pr. 5 M. Eine ganz abnlicb be- 
bandelte Arbeit wie die von Leicbtentritt iber Beinbard Keiser. Der Ver- 
fasser beurteDt die einzebien bervorragenden Bcenen, Arien und Instrumen- 
tals&tze der Opera: Der geduldige Sokrates 1721, Sieg der Scbdnbeit 
1722, Der neumodiscbe Liebbaber Damon 1724, Pimpinone oder die un- 
gleicbe Heirat 1725, Adelbeid 1727, Miriways 1728, Emma und Eginhard 
1728, Flavins Bertaridus 1729, Don Quichott 1735. Dieser Analyse 
scbliefst sicb der 2. Teil an: Telemann als Opern-Komponist in seinen 
Gesamtleistungen. Seite 73 scbreibt der Verfasser: Eine Hauptschwacbe 
Telemann's, die alles, was bis jetzt gesagt wurde (NB. im 1. Teile der 
Arbeit) nicbt unbetrachtlicb einscbrankt, die er aber mit den moisten seiner 
Zeitgenossen teilt, ist der Mangel an gleicbm&fsiger Durcbarbeitung und 
Weiterfuhrung der Stucke. Es sind nicbt allzuviel Nummern, die man 
als Ganzes genommen geniefsen kann. Sie fangen meist gut an, werden 
nachber aber nacb der Scbablone weitergefubrt und verlieren an Interesse. 
Das ist um so stdrender, als Telemann im Gegensatze zu Keiser, der kleine 
Formen bevorzugt, gerne lang ausgedebnte Stucke scbreibt, was ibm bei 
seiner Gewandtheit im musikaliscben Satze nicbt schwer fiel. Es braucbt 
wobl nicbt besonders bervorgeboben zu werden, dass darunter namenilicb 
die Gbarakteristik zu leiden batte, die nur zu baufig nacb einer Beibe von 
Takten entweder monoton wird oder ganz im Sande verlauft Das Heft 
Musikbeilagen enthalt die Ouverture zu Sokrates fur Streicbquartett nebst 
einem Duett und einem Chor. A us Sieg der Scbdnbeit eine Bass-Arie 
mit Orcbester, einer zweiten Arie fur Bass, nur mit einem Bass begleitet 
und einem Duett mit sebr beweglicber Begleitung von 2 Solo-Violinen. 
Aus der Oper Damon wird ein dreisatziges Concert fur 5 Stimmen (Viol., 
Oboen, Viola und Bass) mitgeteilt, sowie ein recbt cbarakteristiscbee Red- 
tativ mit Orcbesterbegleitung, einer dreistimmigen Sarabande und Gavotte. 



Mitteilungen. 



161 



Aus Pimpinone eine Arie trad ein Duett rait Orchesterbegleitung. Am 
Miriways ist nor eine Arie mitgeteilt und mm Emma und Eginhard eine 
sehr kurze Sinfonie fur Streichquartett. Ben Scliluss der Beilage bildet 
eine Arie des Don Quichott mit Streichquartett. Die S&tze sind gut ge- 
wahlt und zeigen Telemaun von seiner beaten Seite. 

* Dr. Adolf Thurlings* (Bern) und Dr. Theodor Kroyet\ Biographie 
Ludwig SenJ?z in Denkmaler deutscher Tonkunst in Bayera, 3. Jahrgang, 
2. Bd. Leipzig 1903 Breitkopf & Hartel. fol. 110 Seiten. Beide 
Verfasser haben mit juristischer Schlrfe den so wenig dokumentarisch be- 
glaubigten Lebenslauf Senfi's behandelt und zum Teil mit Gluck aufgekl&rt. 
Briefe, Gedichte, Dedikationen und Vorworte zu Druckwerken, archivarische 
Dokumente, Manuskripte von Tonsatzen, Biographien uber andere Manner 
wurden in der umfangreichsten und belesendsten Weise herangezogen, um 
zu einem nur einigermafsen beglaubigten Lebenslaufe Seal's zu gelangen. 
Dr. Thurlings als Scbweizer hat nur die Feststellung des Geburtsortes 
ubernommen und kommt nach einer breiten Vorbereitung zu dem Resul- 
tate, dass ein ,, gutter Benger vnd mttist" (Motettist?) Zurichs Bernhart 
Scnfly der Vater Ludwig's sein konne. Im alteeten Burgerbuche Zurichs 
fol. 21 b findet sich folgende Eintragung: ^Bernhard Slnffly von Friburg 
im Brisgau rec. Mittwoch nach Jacobi 1488 fur 3 i./ 4 d. h. 3 Gulden 
Burgergeld am 30. Juli 1488 gezahlt. Mutmafslieh hat er in Zurich 
erst geheiratet und somit ware Ludwig nicht in Basel, sondern in Zurich 
geboren, wie es auch von vier Zeitgenossen beglaubigt wird (Seite XXII 
bis XXVI). An die Feststellung des Geburtsortes schlielst sich Dr. Kroyer's 
Biographie an, die das weitere Leben SenfTs verfolgt. Auch hier fehlt 
as grofstenteils an authentischen Nachrichten und mussen andere bereits 
oben bezeichnete Quellen zu Hilfe gezogen werden ; besonders wertvoll er- 
wies sich S. s selbst gedichtetes Lied: "Weil ich gros gunst trag zue der 
kunst der singerei (Ott 1534. Forster 1556. Wurde aufserdem von 
Huldr. Bratel komponiert, siehe Scboeffer 1536, Nr. 1 und von Joh. 
Miller im Ott 1544 Nr. 100 resp. Nr. 10 der funfstimmigen). Er 
wurde Schuler Heinrich Isaac^s, der am 3. April 1497 vom Kaiser Maxi- 
milian zum Hofkomponisten ernannt war und wohl seinen Aufenthalt teils 
in Wien, teils in Innsbruck und Augsburg hatte, je nachdem die Kapelle 
sich befand, die der Kaiser bei seinen vielfachen Heisen stets mit sich 
fuhrte. Es lisst sich sicher annehmen, dass Senfi Chorknabe und nach 
der Mutierung Sanger an der Hofkapelle war, obgleich daruber kein 
Dokument sich bisher gefunden hat.*) Als dann Isaac wieder nach 
Florenz ging, wurde Senfi an seine Stele als Hofkomponist gesetzt. Nach 
Kaiser Maximilian's Tode 1519 wurde die Kapelle aufgelost und Senfi 
exhielt am 19. Februar 1520 vom Nachfolger Karl V. iunfzig Gulden 
rheinisch auf Engelhardzell angewiesen. Engelhardzell an der Donau im 
Erzherzogtum ob der Enns gelegen, war ein Cisterzienser-Stift mit reichen 

*) Im Quellen-Lexikon Bd. 9 S. 139 wird von La Mara ein Akten- 
atuck mitgeteilt, worin S. 1519 als Alt ist bezeichnet ist 



162 



Mitteilungen. 



Pfrfinden, die teilweise an verdiente Manner abgegeben wurden. Senfl 
wki sich air Zeit in Augsburg befonden haben, und war mit der Her- 
ausgabe des Sammelwerkes „Liber selectarum" beschaftigt, welches 1520 
in Augsburg erschien (siehe Eitner, Bibliographic). 1523 1st Senfl bemfa 
in Munchen als Hofkomponist angestellt und lebt dort bis zu seinem in 
den 50 er Jabren erfolgten Tode. Die Akten fiber die Hofkapelle schweigen 
sich fiber Senfl vollig aus. Briefe und Gedichte verraten uns aber, dass 
er durch den brieflichen Verkehr mit Luther und dem protestantischen 
Herzoge Albrecht von Preufsen an dem katboliscben Hofe in Munchen 
keine persona grata mehr war. Ob er fiberhaupt den Posten behielt, ist 
zweifelhaft, muss aber vorlauflg als offene Frage gelten, bis sich vielleicht 
durch weitere Amffindungen die Sache klar ubersehen lasst. Der Ver- 
fasser der Biographic lasst es an scharfsinnigen XJntersuchungen nicht 
fehlen, doch ist etwas Gewisses bis jetzt nicht festzustellen. Ein Anhang 
von Dr. Thiirlings beschaftigt sich noch eingehend mit Heinrich Isaac's 
Stellung in Florenz und in Wien, resp. Innsbruck und gelangt zu dem 
Resultat, dass Kaiser Maximilian Isaac in Italien fur seine KapeHe 
engagiert habe und nicht in Deutschland, wie bisher angenommen wurde. 
Ebenso wird nachgewiesen, dass er rich mehrfach in Konstanz aufgehalten 
haben muss und dort den Auftrag erhielt, den „Choralis Constantinu8 a 
vierstimmig zu bearbeiten, den dann Senfl vollendete und 1550/1555 in 
Nfirnberg herausgab. Ebenso bringt Dr. Kroyer ebendort noch XJnter- 
suchungen fiber die mannigfache Schreibweise des Namens Senfl, teilt das 
12strophige Gedioht mit „Lust hab ich ghabt zur Musica", nebst dem 
lateinischen Gedichte Wolfgang SeideTs ,.In laudem Ludouici Senefl Heluecij" 
von 118 dreizeiligen Strophen, denen dann Briefe folgen : Luther's be- 
kanntes Schreiben von 1530 und die 5 schon mehrfach veroffentlichten 
Briefe Senfl's an den Herzog Albrecht von Preuisen. An Muhe und Sorg- 
samkeit haben es beide Yerfasser nicht fehlen lassen, wenn das Eesultat 
auch vielfach auf Mutmalsungen beruht, was bei dem ganzlichen Mangel 
an archivarischen Dokumenten nicht anders zu erwarten ist, so haben sie 
doch durch Heranziehung allermoglicheu Quellen an Briefen, Dedikationen, 
Gedichten u. a. das menschenmoglichste Bisultat erzielt und sich den Dank 
aller Musikhistoriker reichlich erworben. Den Herausgeber der Denkmaler, 
Herrn Prof. Dr. A. Sandberger, machen wir aber daraui aufmerksam, dass 
die langen Zeilen des Buchdruckes das Lesen ungemein erschweren und 
man fast gezwungen ist, den Zeigefinger zu Hilfe zu nehmen , um die 
nichste Zeile zu linden. Diesem tTbelstande ist so leicht durch eine ge- 
spaltene Seite in 2 Columnen abzuhelfen, wie es in den Publikationen der 
Gesellschait fur Musikforschung geschieht. 

* Chorordnung fur die Sonn- und Festtage des evangelischen Kirchen- 
jahres, entworfen und erlautert von R. Frtiherr von Liltencron. Musika- 
lischer Teil von Heinrich van Eyken. Verlag von Breitkopf & HarteL 
Bd. 1, Preis 12 If; Bd. 2, Preis 15 M. Enthalt 39 Nrn. 7 die auch 
einzeln zu kaufen sind. Die textlich von R. von Liliencron entworfene, 
durch H. van Eyken musikaMich gentaltete Chorordnung verfolgt den 



/ 



Mitteilnngen. 163 

Grundgedanken, dem Chorgesange im evangelischen Gottesdienste die ver- 
loren gegangene organische Einordnung wieder zu gewinnen. Si© beraht 
auf der aus der Geschichte der Gottesdienste gewonnenen Erkenntnis, dass 
dies nur durch festgeordnete liturgische Texte erreicht werden kann, durch 
welcbe nach altkirchlicher, auch in die Reformationskirche herubergenom- 
mener Ordnung jedem einzelnen Sonn- oder Festtage sein eigenes litur- 
giscbes Geprage gegeben wird, indem sie sicb mebr oder weniger eng an 
sein Evangelium anlebnen. Im allgemeinen sind also jedem Sonn tag fur 
den Hanptgottesdienst zwei solcber Texte und dazu einzelne als Cborlied 
zu singende Stropben eines unserer Kirchenlieder zugeteilt: fur einen 
liturgiscben Nebengottesdienst (Mette oder Vesper) drei oder yier Chor- 
texte. Wie diese Gesange in die agendariscb vorgeschriebene Liturgie 
eingefugt werden konnen, zeigt ein dem 1. Toil der Cborordnung vor- 
gedruckte8 Schema. Dieser die Texte entbaltende 1. Teil (C. Bertelsmann, 
Gutersloh 1900) ist als bandlicbes Heftchen gedruckt, welches als Text- 
bucb fur das gauze Kirchenjahr in die Hand der Gemeinde gegeben 
werden kann. Die Einfugung der Texte in den Gang der gottesdienst- 
licben Handlung darf aber naturlich nur an denjenigen Stellen der Liturgie 
geschehen , fur welcbe die kircblicb vorgeschriebene Gottesdienstordnung 
einen Chorgesang zulasst, obne uber seinen textlicben Inhalt etwas vor- 
zuscbreiben. Indem nun v. Liliencron die samtlichen Texte der auch in 
die evangelischen Cantionale des 16. Jahrhunderts ubergegangenen kirch- 
lichen "Oberlieferung entnahm, giebt er mit dem Ganzen nicht ein Werk indi- 
viduellen Geschmackes, sondern altkirchlicher Schopfung und Weihe. Es 
yerbindet sich aber damit ein Zweites von nicht geringerer Wichtigkeit: 
all© diese alten Texte, in ihre alte Stelle wieder eingesetzt, fuhren zugleich 
ihre alten gregorianischen Melodien mit sicb. An eine Wiederbelebung 
ies gregorianischen Gesanges (abgesehen von der Psalmodie) wird man 
zwar in unserer Kirch© nicht denken wollen ; jedenfalls haben dies die 
Yerfasser der Chorordnung nicht gethan. Wohl aber war hier ein Mittel 
gegeben, auch in der Gestaltung der Musik die Anlehnung an das Alt- 
gegebene zu suchen und auf den Charakter der Chorsatze bestimmend ein- 
wirken zu lassen. Dem jedesmaligen gregorianischen Choral der Texte 
entlehnte der Komponist die Haupt motive als Grundlage seines vier- 
stimmigen Satzes; wenigttens geschah dies in sehr zahlreichen Fallen, so 
dass Art und Geist der alten Chorale auf seine Satzbildung stilistisch ein- 
wirkten. Ebenso schliefst er sich in der Kontrapunktik dem alten Stile 
an, ohne dabei den Boden unseres heutigen Musikempfindens zu verlassen. 
Es ergab sich aber zugleich noch die Moglicbkeit, herrliches altes Kirchen- 
gut dem evangelischen Gottesdienste wieder zu gewinnen. Eine uberaus 
grofse Anzahl der in der Chorordnung wieder verwendeten Texte sind von 
den grofsen Meistern der alten Zeiten komponiert worden ; naturlich 
lateinisch, und es bedarf kleiner mit kundiger und schonendor Hand vor- 
zunehmender Anderungen, urn sie dem deutschen Texte anzupassen. Um 
Beispiele dafur zu geben, wie dies sich durchfuhren lass©, hat van Eyken 
in einzelnen Fallen Sitae von Palestrina, Orlando, Perez, Gallus u. a. heran- 



164 



Mitteilungen. 



gezogen; wo sich diese indessen fur die Anforderungen, die die Heraus- 
geber an den Chor stellen m durfen glaubten, als zu scbwierig erwieseii, 
hat van Eyken eine eigene Bearbeitung dee Textes hinzugehigt. Einen 
besonderen Schatz bietet die musikalische Chorordnung dem Gottesdienste 
noch durch die als Chorlied oder Sonntagslied bezeichneten mebrstimmigen 
Chorale, deren jeder Sonntag seinen eigenen bat. In seinen Erl&uterungen 
weist v. Liliencron darauf bin, wie das mm Cborgesang gestaltete Eircben- 
lied eine der auch fur die Musik wicbtigsten Scbopfungen der evangebscben 
Kircbe ist, als ihr eigentumlichstes musikaliscbee Kunstwerk. Hat es seine 
hochste Auspragung durcb Bacb erhalten, so erreicbte es den ersten Hdhe- 
punkt seiner Entwicklung scbon um den Anfang des 17. Jahrbunderts. 
Es wird daber in den meisten Fallen jedes der in der Cborordnung als 
Cborgesang zwiscben Evangelium nnd Glaubensbekenntnis verwendeten 
Lieder in zwei Satzen gegeben einem aus der Periode der ersten Blute 
und einem von Bacb. Also aucb bier wird kostbares evangeliscbes Eirchen- 
gut dem gottesdienstlicben Gebraucbe wiedergewonnen. 

* Von Jean-PhiL Rameau\ Neuausgabe seiner Werke wird die Oper 
Les Indes galantes, Ballet hSroique, Bd. VII. angezeigt Preis 40 M. 

* Wenn mancbe Musikbistoriker sicb bemuben die Tonverbaltnisse 
wilder (mnkultivierter) Volkerstamme festzosteien und dabei m sehr kuricwai 
Tonleitern gelangen, so mocbte icb sie ersuchen, statt nach den Sudsee- 
Inseln zu gehen, sicb das etwas naber liegende Land der TJckermark, Pro- 
vinz Brandenburg, fur ibre 8tudien zu wablen und die bdcbst seltsamen 
Tonscbritte messen, die man von jung und alt zu bdren bekommt Eine 
Tonleiter mit Vierteltonen, fbermtfsigeii Sekunden, gani abgesehen von 
den TonvwbHtnissen grfifserer Intervalle, die haarstriubend sind, wirdo 
las gewunscbte Eesultat wie bei den Sudsee-Insel Bewobnern liefern, nur 
mit dem TTnterscbiede, dass den TJckermarkern in der Scbule die europai- 
scbe Tonleiter gelehrt wird, die feblenden Musikanlagen aber jeder ge- 
regelten Tonbildung spotten. In Europa nennt man so einen Gesang 
unrein, bei den Sndsee-InBnlanern wird der mnreine Gesang als etwas gams 
besonderes bezeicbnei 

* Herr Profossor Emil Krause in Hamburg wird aucb im nacbsten 
Winter seine musikbistoriscben Vorlesungen nebst Auffubrung von alteren 
Kompositionen bis zur Neuzeit, die sicb sowobl auf Gesangs- wie Instru- 
mental- und Orcbesterwerke erstrecken, fortsetzen. 

* Leo Liepmannssokn'B Eatalog 153. Entbalt 91 Werke aus dem 
16. und 17. Jahrh., darunter den Bassus von Petrucei's Motetti de la 
corona, libro 1—4, und von 92 — 1222 Werke des 18. und 19. Jabrb.: 
ein wertvolles Verzeicbnis von seltenen und praktiscben Hand- und Nach- 
scblagebucber. 0ber die bisber unbekannten Werke bericbten wir spater 
bei Gelegenbeit. 

Hierbei eine Beilage: Eatalog der Musikwerke in der Westminster- 
Abtei in London von Wm. B. Squire, Bog. 5 nebst Titelblatt 



Veraniwortlioher Hedakteur Robert Ritner, ftntplli (Uokermark). 

Drank von Hermann Beyer « 80hne (B«y«f A Mejm) la Lugwi mlm. 



lis 

fttr 

MUSIK- GESCHICHTE 

herausgegeben 
▼on 

der Gesellschaft fttr Musikiorechnng. 



mi mi 

1908. 



PreJi det Jahrganget 9 MM. Monatlioh •rioheint 
eine Nammtr ¥011 1 bit t Bogen. Iniartionigtbunrtn 

II r die Z<tU« 80 P£ 



KommiidonsTtrUg 
worn Brtitkopf A Hirtel in Ltfpsig. 
Butellungen 
nimmt jede Bach- and Matikhandlang •ntgegen. 



I0.11 



Musiker - Briefe aus dem Anfange 
^■ i £0i6. Jahrhanderts. 

Job. Bachner. Heinncn Finck. Glare an. Paul Hofhaymer. Gregor Valentianus. 

In den Mitteilungen zur vaterl&ndischen Geschichte, herausgegeben 
vom liistorischen Veieine in St. Gallon (Verlag von Huber & Co. [E. 
Fehr]) 1891—1897 in Band 24, 25 und 27, gab der Professor Emil 
Arbenz mehrere hundert Briefe an den Arzt und Dichter Joachim 
Vadian gerichtet, heraus, die sich auf der Stadtbibliothek in St Gallon 
befinden und auch einige Briefe von Musikern aus dem Anfange des 
16, Jabrbunderts enthalten. Da diese Veroffentlichung wohl nicht 
allgemein bekannt sein dtirfte und die wenigen una interessierenden 
Briefe in der Masse von Mitteilungen verschwinden, so halte ich es 
fir angebracht, dieselben in den Monatsheften von Neuem zu ver- 
offentlichen. Sie bringen manchen biographischen Aufechluss und 
werfen ein helles Licbt in das damalige Leben und Treiben. 

Hans Buchner an Vadian. 

1. 

Konatanz den 21. Februar 1521. 
Mein underthenig geborsam dinst sind Ewer erwird allzeit von 
mir berait Gunstiger her doctor, hiemit Schick ich euch Ewer ge- 
sangbucher wider und sag euch dez grossen und hohen danck, dafi 
Ir so gutwillig sind gewesen und mirfi so lang hand gelaSen. Und 
bitt euch fieissig, daB ir mirfi nit fer libel welt nemen, daz ich 

IfenaMh. t MvalkgtMh. Jafargraf ZZKV. No. 11. 11 



166 



Musiker-Briefe. 



— Hans Bootaier m Vadian. 



Euchfi so lang forgehalten hab; mit erbietung: was ich gutz hab, 
wil ich och von herzen gem mit euch taillen. Und Schick euch 
hieby ain mefi von Josa*) und etlich stuck, wie ir sj findt. Darmit 
sy got mit unB alien. Datum zu Gostantz, donstag for Beminiscere 

1621. 

Hannsx Biichner, 
organist zu Costenz, Ewer wiUiger. 
Am Dr. Vadian von Watt, artzt zt Sant G alien. 

2. 

Konstanz den 7. Juni 1522. 
Mein willig dinst siend Ewer wurdi allzit von mir berait etc. 
Gunstiger her doctor, hiemit Schick ich Euch den tenor mit sampt 
den dri stimen ; bit darbi, Ewer wirdi wel uf daz mal von mir fer 
gut annemen. Heraach wirt es besser, och darbi ain zedel zu der 
tablaten; das gend her Fridli,**) daO erB uf der orgel schlach. Wor- 
mit ich Euch allzit dinen kan, wil ich mit sundern guten willen 
thun, und alfi ich euch hie gepeten hab ainer meB und muteten 
halb, sind mein ingedenck etc. Geben zu Costentz, uf 7 tag Junii, 
anno domini 1622. 

Hanns Biichner, oiganist zu Costentz, 
Ewer diner. 

Vadian lebt in St. Gailen. 

s. 

Konstanz den 23. Juni 1522. 
Mein gutwilligen dinst allzit bevor. Gunstiger, lieber her doctor, 
ich lafi euch wissen, daB mir ain brief von euch ist worden. Uff 
solichs Schick ich euch hiemit den psalm, so mir in doctor Bozheim 
hof gesungen hand. Och danck ich euch fleisig urn die mutet Bene- 
dicta. Sobald ichs abnotier, wil ich euchB wider schicken. Hiemit 
sind got bevolhen. Geben zu Costentz, uf 23. Junii, anno domini 
1622. 

Johanns Biichner, 
(wie oben). 

Fergest mein nit mit ainer gatan mess, 

4. 

Konstanz den 3. Nov. 1523. 
Im namen Jhesu Christ! Geben zl Costentz, uf 3. November 

1623. 

*) Josa ein nicht erkennbarer vielleicht bekannter Komponist, da 
Josa wohl nor der Vorname ist 

♦*) Ftidolin Sicker in St Gallen. 



Mnsiker-Briefe. — 



Hoinricb Finck an Vadian. 



167 



Mein gutwillig dienst sind euch allzit forberait Fraintlicher, 
lieber her doctor, ewer und der ewren wolmugen ist mir tin sondre 
freid zu horen; desglich wist meich mitsampt meinem gesind och 
wolmiigend, got bab lob. Ersamer, giinstiger her doctor, ewer schreiben 
hab ich feretanden. Uff solichB so Schick ich euch hiebey ain mess; 
die ist mir erst kxirtzlich geechickt und fir gut geacht; gfalt mir 
och wol. Sonst hab ich nit sonders neweB, daB mir kurzlich worden 
aey. Ich kan kain potschaffit zu dem Senfli haben gen Minchen; 
da wurd mir gnug new ding; da mocht ir bafi haben dan ich. Och 
ist itz kain botschaflt us dem Welschland. Deshalb bit ich euch, 
daB ir das von mir in gutem annemen welt; dan wan ich etwaB 
neweB hab, will ich allzit gutwillig mit euch taillen, und so irs ab- 
8chriben hand laBen, so schickt mirB wider, dan ichB sonst nindert 
bab. Und da Schick ich euch ain duo, das ist ganz new. Ich wil 
gem horen oder sechen dise disputacion von den zwai artickeln zu 
Zirich, wan sy uB werdend gan. Bel heifers sach wil ich och gem 
daB end sechen; aber ich hab sein kain sorg. Verbum domini manet 
in aetemum. Darmit was euch allzit lieb und dinst ist 

Ewer williger diner 
H. Buchner, organist 
tzu Gostentz. 

Heinrieh Flnck an Vadian. 

Sakburg den 10. Mai 1624. 
Die wenigen bisher bekannten Nachrichten liber sein Leben, zum 
Teil noch unerwieeen, berichten iiber seine Stellung in Warschau und 
und 1610 bis c. 1619 in Stuttgart (siehe Quellen - Lexikon). Aus 
folgenden Briefen erfahren wir aus sicherster Hand, dass er 1624 in 
Salzburg als „Musicus" angestellt war, also nicht in Stuttgart 1619 
gestorben ist Vor dem scheint er sogar in Konstanz gelebt zu haben, 
wenn man bei dem 2ten Briefe Joh. Buchner'a Griifse an Vadian 
als Beweis betrachten will. Der Herausgeber der Briefe verlegt zwar 
den 2ten undatierten Brief in die Jahre 1514—16, doch ist dies 
nur eine Vermutung, die er aus der Adresse an Vadian schliefst 
Der oftere Wechsel in der Stellung der Musiker des 16. und 17. Jh. 
beruhte zum Teil auf der privaten Einrichtung der fiirstlichen Kapellen, 
deren Mitgiieder beim Tode des Fiirsten entlassen wurden , teils an 
der mangelhaften Bezahlung. Der stellensuchende Musiker, der, wie 
Hofhaymer sagt, wie ein herumziehender Zigeuner lebt, trotz eines 
geringen Gehalts doch zugreift, wechselt seine Stelle, sobald ihm eine 

11* 



A 



168 



Musiker-Briefe. — 



Heinricb Finck an Vadian. 



besser© angeboten wird, und so sehen wir die bedeutendsten deutschen 
Musiker im Lande berumziehen und nach einer auskommlichen Stelle 
suchen. 

1. 

Salutem in domino nostro Jesu Cbristo. Tanto sum tuarum li- 
terarum, excellentissime, magis oblectatus, quanto virtus tua admo- 
dum praeclara a tempore, quo in tuum albi numerum acceptus sum, 
me summa benevolentia abundantior prosecuta est Hanc hactenus 
quamquam etiam multa locorum distantia aut tabellionum yaritate 
plerumque sum mission© prohibitus, pectori meo numquam seiunctam 
velim tibi vero persuasum habeas. Quod equidem de tua eiga me 
praestantia iterum experior. Qui ob tanti piissimos viri affectus non 
me etiam non feiiciorem duro; de quibus innumeras tibi, vir excel- 
lentissime, habeo gratias. Utinam uberior aliquando mihi foret fa- 
cultas, qua tuae me parem benevolentiae redderem; sed errant, qui 
principis mei Salispurgetisis liberalitate, cum quo dego, iam largius 
ennarrant remuneratum. Vivo utique e musices, non sacelli rectoris 
condicione, cui Wilhelmus, unus ex Maximiliani Caesaris capella, 
concentuorum agit praepositum. Ego vero pausa principis liberali- 
tate adiutus, non quod non presbyterio ordini dedicatus, sed sacelli 
lucubrationum gratia. Omnium fere laborum hactenus dego gerula- 
tor, videlicet componendo praecinendoque. De spe, qua me maxime 
ab hoc homine beari . . . firmaras, iubeo te sperare mecum nihil aut 
profecto parum; nempe qui summam hac curia felicitatem assequun- 
tur s . . . serit ipsos se connectantes sacerdotali, quern senecta ex- 
plor . . . haud est facile hac tempestate initura, nec quidem * nuper 
Salispurgii una commentando. Frustra optaram, si quando sors velit, 
cum quodam alio principe tranquilliori potius quam hie inquietissi- 
ma citra morem remunerationis spe illaque ataque conditione degere. 
Haec tecum, humanissime, confidenter loquor. 0 quam te Vadiane 
denuncio feiiciorem , cum heroum aulis sis nusquam illaqueatus. 
Verum cum patientiam dei spiritus pro futura aeternaque vita suadet, 
tolerans pro illecebris acceptis factisque, libet duriorem cervice laboris 
sustentare clitellam. Sororii tui negotio fuissem libens functus, nisi 
Paulus (scilic. Hofhaimer) organicen hoc sibi factu facilius animo 
pergrato acceptasset. Mitto ad te prosam de virgine Maria vocum 
quatuor. Misissem pleraque; sed pacto coercitus gravi, quidquid pro 
sacelli usu editurus sum, prorsus cuiquam nihil a me praestandum 
largius. Tamen tui gratia videbo, si aliquando hunc pactum relaxa- 
turus nonnihil meae lucubrationis (tibi mittere potero, fehlen und ist 



Musiker-Briefe. — Heinrich Pinck an Vadian. 



169 



etwa der Sinn). Ut soles ama amantem. Datum Salispurgii, decima 

Mail anno 1624. 

Eenricus Finch, musicus tuus. 

2. 

(circa 1514, 12. Mire — 1516, 13. Oktober.) 
Henricus Finch, musicus, Joachimo Vadiano salutem cum summa 
commendatione. Tuae benificentiae et humanitates, doctissime vates, 
tot mihi scribendi argumenta praestant, ut, quibus inchoaturus sum, 
profecto nescio (!), praeter ea: minime mihi licere, spout© fateor, 
litteris incultis, inornatis (ut meas cernis) tan turn virum molestare. 
Quod cum indoctus sum (!), difficilius ad te scripturus sum. At si 
doctrina clarior forem, tantos in me erga tuam Excellentiam affectus 
scias, ut perhercle nonnisi familiarissimo, quo usi fuimus, sermon© te 
atari ausus sum (!). Puree prasteron, pare©, clarissime vir et amice, 
animumque meum erga te agnosce, precor, pium et sincerum, quo 
per deum immortalem, si facultas mea faveret, pro tot tantisque bene- 
Iciis in me collatis cuperem non minimas tibi gratias referre. Quae, 
humanissime Vadiane, si, quantum iuste * lieeret, a me peragi ne- 
queunt, id non ingratitudini, defectui potius velim ascribas. Cupio 
tamen, dulcissime amice, donee vita superstes est, tui Collimitiiqxie 
nostri, quantum valeo, laudes et honores non parvifacere, quos per 
deum immortalem pio (?) aspectu coelestique fato ipsa consonantia, 
imago amicitiae, ambos amatores coniunxit; quam amicitiam contra 
a te observandam spero. Ea demum intrepidus (!) me tibi pueros 
meos, nuper a te baptismo recreatos, iterum commendare iubet; ita 
ut, quo possis aliquando labore, consilio vel auxilio illis profuturus 
esse, velis mea gratia nihil liciti denegare hosque praecipue domino 
doctori Georgio Collimitio, amico meo charissimo, ceterisque viris et 
amicis nostris, et me ipsum quidem commendatos reddere. Et quam- 
quam presbyteri Joannis praeceptionibus hii commissi sunt, hos tamen 
plerumque ad virtutum studia persuasione tua divina exhortari precor. 
Deinceps si quid est, quo tuae Humanitati complacere possum, nihil 
erit, non bilari animo exsequi cupio. Jam parce, precor: cum in 
adventu nostri sacelli maior laborum diligentia licuit (!), non potui 
tuis divi Otmari concentibus satisfacere. Hos tamen brevi tibi polli- 
cmt fdturos. 

Adresse: Domino Joachimo Vadiano Helvetio, poetae laureato, 
sophiae viro gravissimo, domino et amico meo observandissimo et 
perpetuo, Heinricus Fink, musicus, Oregorius Valentinianus, musi- 
cus, Jmnnm BUchner, musicus. 

SB. tJber Yalentinianus siehe den letzten Brief. 



170 



Musiker-Briefe. — Heinrioh Glarean an Vidian. 



Heinrlch Glarean an Yadltn. 

Die Briefe Glarean 's sind Freundschaftsbriefe and bestehen aus 
Privatmitteilungen fiber sein Thun und Treiben, seine Stellung, sein 
hlusliehes Gliick, seine Schiiler, seine Besuche von Fremden (Eras- 
mus) u. a. von geringer Bedeutung, was eben nur den Freund inter- 
essieren kann. 

L 

Basel den 20. April 1522. 
Vadiano suo Glareanus S. D. 

Scripsit ad me consul noster e Luceria, venisse ad eum quaesto- 
rem urbis vestrae ac rogasse, ut ad me scriberet, quo animo eesem 
et an, quern habet domi filium, in tutelam accipere velim. Non potoi 
illi quicquam (respondere), quod virum non nosoerem; tu illi loqui- 
tor in rem meam aut pottos illius; planam habes potestatem ea in re 
faciendi, quicquid voles. Scis, quod statuerim premium. — Domi 
nunc incipiam legere; undique adfluunt Tiguri rem uxoriam reli- 
qui; difficilis est senex, et iuvenis nescio quid ea in re egerit; certe 
mibi subest suspitio; non dicam tamen, qualis. Ego nunc animum 
alio verti et certe in earn, quae utilior mihi fatura est; Basileiensis 
est Si res procedet, scies turn ex me copiosius. Erasmus hactenus 
Basileae mansit, sed valetudinarius, praesertim calculo. Tragoedia 
hie est odiosa sane, ab iis excitata potissimum, qui Lutheri causam 
tuentur; sed satis inepte vi agere conantur, quae maturitate agere 
oportebat. Berum tu vale. Basileae, ipso die Paschatis, anno Ghristi 
MDXXIL 

Scripsi celeriter et semipotus. Salutato nomine nostro dominum 
Jmnrmn Ammum^ virara hamanissraram ludimagistnim, et Phistu- 
ticium, imprimis vero coniugem tuam et civeis omnes. 

8. 

Basel den 10. Joni 1522. 
Vadiano suo Glareanus S. D. 

Scripseram, nee admodum multi clapsi sunt dies, suavissime 
Joachime, ut valeam, ut vivam, ut valeat Erasmus literarum parens; 
verum an cas acceperis literas, ignoro. Scribam itaque et nunc, sed 
breviter. Valeo recte, valet Erasmus, nisi quod ingravescens aetas 
nonnibil viro incommodet Rem familiarem occepi. Sed enim — 
pro luppiter — quod hie curas, quot aerumnas vidi. Caetera satis 
felicia, civitas Basileiensis favens mihi, iuventus etiam bonae speL 
Cum Mo domini Casei ita benigniter agam, ut sentiat, tuam com- 
mendationem non param illi profuisse. Deeet illi dictionarium Grae- 



Musiker-Briefe. — Beinrioh Glarean an Vadian. . 171 

com, sin© quo difficulter discet, ut scis, Graece. Granimaticam babet 
Et iuvenis elegantis ingenii Bhaetum praeceptorum habuit non poe- 
nitendum. Sed heus tu. In alteris Uteris hoc quoque annotaveram, 
scripsisse ad me consulem Madium Olareanum % ut quaestori oppidi 
vestri scribere dignarer de condition© hie et mensae et domus. Sat 
duxeram tunc vel tibi scribere. Si conditionem meam ferre potest, 
non recuso vel nomine tuo; nam in mensam non minus 26 aureos 
accipio, sed addo hospitium et laborem erudiendi. Gaetera ipse sibi 
constituat Sin apud civem aliqaem esse volet, de labore docendi 
quattuor coronatos accipio, atque id fortassis satins illi est Verum 
oonsulat in medium; ego, quod volet, lubens fecero. Et sunt, qui 
libera nusquam libentius habent quam apud me; sunt item, qui 
alibi 80s libentius. Ego, quod res habet, apud amicum libere confi- 
teor: in mensam invitus accipio eos, qui non sunt prompti solvendo. 
Id autem causae est: lanii morosi, pistorum officium non omnino 
fidum. Ego aes alienum conflare aliorum de causa nolo. Satis, alio- 
qui saxum magnum vorso, ait ille. Tu illi loquitor, si commedum 
videtur. Non quod ambiam; ea enim de causa ad eum scribere nolo. 
Sed ne vel consulem Madium incuset indiligentiae, vel me arrogan- 
tiae inofficiosae. De uxore ducenda nihildum mutavi, nisi quod istam 
Tigurinam prorsus ex animo abieci meo, neque id unam dumtaxat 
ob caisam. Atque utinam tu vel semel venias Basileam, ut Mrm- 
mum videas, hominem tui ftmantissinium. Confabularemur suavissiiH© 
quidni? occiderem te nugis. Sed ineptiarum satis; iam desino esse 
molestm Vale et me ama. Tum domino Cmm dicas, me iMo non 
defuturum; nam ita tu orasti, immo vero exorasti, cui parendum 
etiam, si nudum sal tare iusseris. Basileae, ex aedibus nostris, anno 
Christi MDXXII, ad quartum Idus Junias. 

8. 

Vadiano suo Olareanus S. D. 

Quanquam nihil habeo, charissime Joochime, quod magnopere, 
ut scribam, impellat, volui tamen scribere, etiam in re levi ab officio 
non cessans. Dixi tibi, cum hie esses, ut Danielem ilium tuum 
Salodorum miserim, ubi apud consulem urbis degit Verum cum 
his elapsis diebus Hernam irem transiremque per Salodorum, vidi 
iuvenem atque ut conditionem eius interrogassem, satis negligi cum 
percepi; tum a ludimagistro Melchiore, docto imprimis honiine Latinas 
et Oraecas literas, eadem intellexi. Ego, quae in rem sint pueri, 
pLnrimum optarim. At cum sit pauper et iuvenis egregie eruditus, 
gi etiam annum illic degat, non puto magnum dispendium fore; neque 



172 



Musiker-Briefe. — 



Heinrioh Glarean an Vadian. 



enim tarn cito omnium obliviscetur, et ludimagister quoque adest 
illi; supra treis lectiones tamen in hebdomada audire non potest, nt 
familiari meo conquestus est. Porro consul etiam ante quondam 
enutrivit, quam coenobio cuidam instrusit iuvenem neglectum. Haec 
ideo ad te scribo, si casu aliquo conditio sese offerret, ut fit saepe, 
ne nescius cesses eius rei. Si civis quis apud vos pueros haberet, 
quos ad scholas cum inspectore velit mittere, velut quodam hypodi- 
dascalo, hie omnino aptus foret Sed frustra loquax sum, cum sciara, 
te illi potissimum adiutum iri velle. Beniae senatus consultum factum 
est coisimile Basiliensi. Id nunc ad te mitto; nam Basiliense puto apud 
vos diu fuisse. Faxit Christus, ut rebus mortalium melius privideatur 
quam hactenus. Modestia plurimum proficitur, quae abest iis, quibus 
maxime operae pretium erat, ut adesset Ignosce, quaeso, festinationi. 

Basileae, ex aedibus nostris, Ealendis Juliis. Salutabis nomine 
meo in primis uxorum tuam, affinem ilium tuum^ qui hie erat, do- 
minum Joannem Vogler et caeteros. Vade felix et ma ama. 

4. 

Basel 1522. 
Vadiano suo Olareanus S. D. 

Si vales, bene est; ego quidem valeo. Gongratuleris mihi oportet, 
veMs, nolis. Nam ex Francia supellectilem meam recepi, qua mihi 
vix unquam gratius contigit Tatum libris meis timui, atque habeo 
equidem Christo optimo maximo gratiam, neque enim quicquam nunc 
felicitati meae deesse puto, nisi fortassis existimem hoc unum, quia 
desit uxor. Sed heus tu, ilia quoque brevi aderit; bene preceris mihi 
oro. Nunc nugarum satis. Coepi nunc publice profiteri in laudem 
universi nominis Helvetici. Auditorium habeo magnum quantumvis 
oi omi ngog xid-dgag in bonas literas atque honestiora debacchentur. 
Elaborabimus porro continenter, ut nunquam desit, quod illi non 
libenter videant homines pistrino dignissimi. Be Casii filio aio, 
neque illi esse grammaticam neque dictionarium. Si velit ilium 
Graece scire, ut est aptus iuvenis, necesse est, ut cum iuvet aliqua 
pecuniola; satis ego de conditione mea cessi illi, neque vero ob ipsum 
tantum, quantum ob Humanitatem tuam, quae mihi instar numinis 
est Caeteram cum rem familiarem occipio, satis aerammae istic in- 
venio, quanquam omnia sane prospera, et domus et cives et iuventua. 
Quod de quaestore urbis vestrae scripseram, non tarn id ego mei 
causa, quam consulis Madii agi volebam, ne inofficiosus viderer eiga 
virum multa de me merentem, qui hoc mihi mandaverat Tu vero 
nihil hactenus respondes, atque adeo id miror. Sed iam desino esse 



Musiker-Briefe. — Paul Hofhaymer. 



173 



molestus. Vale, charissime Joachime, ©t me ama, porro uxori tuae 
plurimam ex me dicito salutem, domino Joanni Vogler et amicis 
omnibus. Basileae, ex aedibus nostris, anno Christi natali MDXXII. 

Ein 5ter Brief an Vadian vom 18. Januar 1523 erwihnt Hutten's 
Besuch in Basel und die Zuriickhaltung des Erasmus. Seine eigene 
Uisehlissigkeit gegeniiber der Sache Luther's. Myconius in Einsiedeln. 
Bitte um Zusendung eines geeigneten jungen Mannes fur die Unter- 
weisung seiner ScMler. JLufserung der Zufriedenheit fiber seine 
pereonliche Lage. 



Paul Hofhaymer 

aucb nur Meister Paul genannt 

1. 

Augsburg 6. November 1515. 

Ersamer, hochgelerter, gunstiger, lieber herr maister Joackwi. 
Mein willig dinst seind euch altzeit zuvoran berayt, und fug euch 
zu wissen, das ich seyd der zeit, als ich von Wyenn haym khummen 
bin, paid widerumb ausreyten han mtissen und bei kayserlicher Majest&t 
zue Tnnsprugk und anderer ennde wol 6 wochen lang ausbeliben; 
han euch deshalben dye ding nit ee schicken mugen, biss ich ytz 
widerumb haym bin khummen. Unnd Schick euch hyemit in aynem 
ror verpetschafft 4 Augspurger ellen atlas zu aynem wammus, als ich 
euch verhayssen hab. Dabei ligen zway wappen; das ayn mit dem 
lateinischen titel wellet dem Lndotvico Sennfel geben, das aider mit 
dem teutschen titel wellet dem Wolfgango*) organisten geben; dann di 
kayserliche Majestlt hat ytzt zu Ynsprugk in ansechung meiner em- 
phangen ritterlichen eer mich noch hocher gefreyet unnd geadelt, 
mich turnierergno88 gemacht, als ir an dem helmem diser wappen 
sechen werd; auch mir im Thewtsch den titel geben, das man mir 
schreyben unnd mich nennen sol her Paulsen flb/piaymer], kayser- 
licher Majestat obristen organisten, und nymmer maister Pauls etc. 

Ich schick euch hyebei in ayner scatel das puchel, so mir von 
Venedig zuegeschickt ist Darbei liegen zwen zetel, der ayn pergo- 
menen**) mit den Tersen , so mir der bischof zu Trient in laudem 
geschriben hat; der ander papieren zetel ist mit Celtes aygen handen 
geschriben, als ir sechen werd. Ist hyerinn mein gar fleissig bitt an 

*) Damit ist jedenfalls Grefinger gemeint, siehe Qnellen-Lexikon muter 
Wolfgangus. 

*•) PergMiflit 



174 



Mnsiker-firiefe. — Paul Hofhaymer. 



each, ihr wellet mir das pflchel, auch payd zeteln, m if dye ge- 
braucht habt, verwaren und mir durch gewiss hennd wideramb zae- 
schicken , dann ich sy nit abgeschriben hab; aach sy gernn and 
lieber worn aygnen hannden der, so mir sy zuegeschikt haben, be- 
halten wil, dann ein copeL 

Wellet eurem concept nachfaren und dem anzaygen, so ich each 
geben hab zu Wyenn, recht nachpawen. Unnd ich mocht leyden, 
so ir das aufgericht (!) habt, das ir mirs vor, ee dann irs dem von 
Qurk oder ymand antwortet, zueschiket; ob ich ettwas daran mer 
oder mynders gernn haben wolt, das ich each das vor anzaigte, als 
ich dann aufe furderlichst thun wolt Doch wye und was euch 
darinn gut bedunkt wil ich euch allweg bevor setzen. Lasst euch 
di sach bevolchen sein, auf kunftig mein verdyenen und schreybt 
mir von stundt an bei antwurter des dings widerumb antwurt, ob 
ir dys empf[angen] habt oder nit, damit ich nit in zweifel bleyb sten. 
Nit mer, dann altzeit ewr williger dyener bin ich zu eurem gfallen. 
Damit bewar euch got Datum Augspurg, an VI tag Novembris, 
anno XV. 

Ro. kay. Mt. obrister organist 
Pauls Hofhaymer. 
Item in der scatel werd ir auch fynden , das verpetschaSt ist; 
gehort dem Wolfgang, organisten zu Sand Stefan; das wellet ausz 
ewrem aygen hannden im selbs antwurten; wil ich verdyenen. 

1. 

Augsburg 9. Februar 1516. 
Ersamer, hochgelerter, gunstiger, sunder lieber herr. Mein gar 
willig diist seind euch alltzeit zuvoran berayt Und fug euch zu 
wissen, das dy kaiserlich Majestat di capellen ytz herauf erfordert 
hat, als ich verstee, gar khurtzlich sich erheben werde. Demnach 
an euch mein sunder fleissig bitt ist, wo ir mir ettwas gemacht 
hettet, solchs mir bey Ludvico Smnffel zu schicken, der mir der 
lebest bot und gewiB wer; auch dye vers im pergomen und papiren 
zeteln von Petro Bononio und von Celtis mitsambt dem roten puchlen. 
Wars aber nicht berayt noch, so wellet versuchen, solchs zu vertigen, 
ob 68 mit der capellen hergeschikt mocht werden ; dann ich mich 
vasst darauff frewen thue und mich versich, ir werd den sachen 
recht thun, als ir fuchs und has seyt der ding. Damit will ich mich 
altzeit euch als meinem gunstigen herrn bevelchen, mit erbiettrmg 
williger dinst zu aller zeit Datum Augspurg: an sambstag nach Esto 
michi, anno 16. 



Musiker-Briefe. — Paul Bofhaymer. 



175 



Item so ir mir das schiken werdt, so wellets verpetschaflt und 
be8chlo8sen machen. 

Paulus Hofhcrimer, totes Tester. 
8. 

Nurnberg 17. April 1516. 

Ersamer, gelerter, giinstiger, lieber herr unnd freund. Mein 
willig dinst seind euch altzeit zuvoran berayt Als ich euch vor- 
malen geschriben unnd vermant hab mm fur genummen gedichtz, 
so ir in willen seit, mir zu eren und lob ze machen in Latein, des 
ich zu zyr der loblichen khunst musica mer dann meiner person 
halb mit begirlichem gemut teglich wartend bin: ist nochmals mein 
fleissig bitt, demselben eurem f&rnemraen volg zu thun und mein 
darinn nit zu vergessen, auch mir dye ding, so ich euch hinab ge- 
schikt hab, nit zu verliesen, sonder mir dasselb mit sambt ewren 
v©rsen zu schicken. So ir dye ververtigt habt, wil ich khunffiiger 
zeit umb euch treulich verdyen und beschulden. Unnd wellet mir 
doch ayn mal schreyben, wye es euch gee und ob ettwas daran ge- 
macht sei oder wye es deshalben ayn gestalt hab damit Was ich 
euch zu lieb und dyenst thun khan, schafft und gebiett alltzeit. 

Datum zu Nuremverg, an pfintztag nach Jubilate, anno etc. XVI. 

Bo. kayserlicher Majestat etc. obrister organist 
Pauls Hofhaymer, ritter. 

4. 

Augsburg den 23. Mai 1516. 

Mein fruntlichen grus und willig dinst seind euch alltzeit zu- 
voran berait, sunder lieber herr maister Joachim. Ich bitt ouch gar 
fruntlich, ir wellet an mich gedenken mit der sach, als ir wisst, 
unnd dye nit gar verligen lassen, euch der mue auf ktinfftig mein 
verdyenen nit verdrieesen nooh rewen lassen, auch mir nit verargen, 
das ich euch so offt sollicitir, dann ich nach dem ding gantz be- 
girig bin. Insunderhayt bitt ich euch mit fleiss, ir wellet mir das 
pergamenen puchel von Venedig nit verliesen, und ob euch got er- 
mont (!), mir fiirderlich das ding ausrichten und schiken. Wil ich 
warlich umb euch verdyenen, wo ich khan und mag; ich han kain 
rue noch lass euch khain rue, bis ir das ausricht Nit mer, dann 
scfaaft und gebiett auch mit mir als eurem willigen. Ich bin altzeit 
euch zu dyenen beraytt und genaigt 

Datum zu Augspurg, an freitag nach corporis Christi, anno XVL 

Bomisch (wie vorher) 

Pauls Hoffwvmer, ritter. 
(Schluss folgt.) 



176 



Mitteilungen. 



Mltteflnngen. 

* Theodor Kroyer, Dr., Die Anfange der Ghromatik im italienischen 
Madrigal des XVI. Jahrhunderts. Ein Beitrag ear Geschichte dee Madri- 
gals ... Leipzig 1902 Breitkopf & Hartel. gr. 8°. X and 160 8eiten. 
Eine auf grundliche Quellenstudien begrundete wertvolle Arbeit, die mit 
den fruhesten Leistungen anf die Diatonik begrundet beginnt und mit 
Marentio und Gesualdo da Venosa schliefst. Schon die Theoretiker des 
15. Jahrhunderts sprechen sich fur Einfuhrung des Chromas aus. Im 
geistlichen Tonsatee, der unter der Aafsicht des Klerus stand, vermieden 
die Komponisten ein Versetznngszeichen vorzuschreiben , dock burgerten 
sich gewisse Gesetze ein, nach denen der Sanger trotz alien Yerboten der 
Kirche das Chroma anwandte. Das alteste ist das B, was selbst die 
Kirche erlaubte, des Tritonus f — h halber. Ms cis gis es schmaggelten 
die Singer ein, nur its and as blieb lange unberuhrt, bis das Madrigal 
mit semen weltlichen Texten mud freiem mosikalischen Ausdrncke aach 
diese beiden Chroma mnbekfimmert um das Geschrei der Theoretiker em- 
fuhrte. Als man nan gar anfing nach dem griechischen chromatischia 
mud enharmonischen GeecMechte m forschen and einzafihren und Manner 
wie Ciprian Rore mit kuhner Hand nach den verbotenen Fruchten griff, 
war es um das sogenannte diatonische Geschlecht im alten Sinne geschehen. 
Doch lasBcn wir den Verfasser selbst reden, der am Schlusse seiner Arbeit 
folgendes Resultat zusammenzieht : „Chromatik a bedeutet im engeren Sinne 
die accidental© Alteration anderer als der erlaubten Tine F, G, C, H, E, 
im weiteren Sinne jede Freiheit gegen die Theorie; sie war, wie wir dar- 
zulegen versuchten, die wirksamste Wafie gegen die Integritat der Kirchen- 
tone, in deren Wesenheit sie eigentlich langst begrundet lag: in den sich 
allmalich ausbildenden „ Subsemitonia modi" ja schon in der uralten (an- 
tiken) Unterscheidung des |? und J| (genus molle und durum). Einen 
machtigen Forderer hatte sie in der musica ficta, die, wie andere Eigen- 
tumlichkeiten der Solmisation und Mutation, zahlreiche Ansatze zum 
modernen Tonsystem enthielt. Es war uns darum zu than, ihre innere 
Entwicklung zu zeigen: wie sich „as li als genetisch erster chromatischer 
Ton herausbildete (er ist auch historisch der erste) und wie ihm bald der 
Reihe nach „i&, des u und all© anderen folgten. — Wir sahen ferner, dass 
die Eeime der Chromatik den fruchtbarsten Boden fanden im Madrigal, 
das durch seine poetisch- musikalische Ungebundenheit, sowie durch die 
ihm faktisch zum Prinzip erhobene Ton- und Wortmalerei far die Be- 
friedigung antidiatonischer GeluBte wie geschaffen war. So wurde das 
Madrigal zum Tummelplatze des Kampfes „Hie Diatonik, hie Chromatik ! a , 
eines Kampfes, der schon in den ersten Dezennien (des 16. Jahrhunderts) 
zu toben anhub, das heifst, frther, als man bisher angenommen, mud der 
in smcceesiver Steigerung das ganze Jahrhundert mit seineni L&rmen er- 
fullte. — Die Antwort auf die Frage: „Wann und wo taucht im Madrigal 
das erste Chroma auf?" liefs sich dahin formulieren : Sogleich mit der 
Einfuhrung und Bebauung dieser Eunstform 1533, fast gleichzeitig bei 



Mitteilungen. 



177 



Willaert, Verdelot, Festa, Arcadelt in der Gestalt mittelbarer Chromatik. 
1639 begegnet mm ein unmittelbares Chroma (as) bei Festa, dann bei Messer 
Claudio (Sermi8y) and t Arcadelt; diese drei Madrigalisten sind demnach 
die ersten Chromatiker. In seiner Eigenschaft als Frtihmadrigalist und 
Begrunder der venetianischen Schule hat Willaert, dessen Interesse an der 
„nuova musica" erwiesen ist, grofse Bedeutung fur deren fernere Ge- 
staltnng: Venedig wurde der Ansgangspunkt der freieren Kunstanschauung, 
and die einfluisreichsten Chromatiker der Nachzeit sind Willaert's Schuler 
gewesen. Die Romer verhalten sich im allgemeinen konservativ, nur Festa 
(der Vorlaufer Palestrina's) nimmt Anteil an der chromatischen Bewegung; 
die ubrigen Meister dieser ersten Period© der chromatischen Bewegung 
kommen hier nur insoweit in Betracht, all sie mittelbares Chroma zur 
Anwendung bringen ... In der Epoch© 1540 — 1570 findet die Chromatik 
outer den Tonkunstlern allgemeinere Aufnahme, die „neue Art" verpfianzt 
rich von Venedig aus nach den ubrigen St&dten Italiens und auch Pale- 
strina vermag sich ihrem Einflusse nicht zu entziehen; nach Deutsch- 
land dringt sie zunachst durch Lasso, der auf seinen Beisen in ltalien 
zweifellos mit der „nemen Manier u in nachste Beruhrung gekommen ist 
(MB. Deutschland stand durch die Kaufmtnnschaft in regem Verkehr mit 
ltalien. Italienisch war auch die feinere UmgaiigSBpimche. An Hofen 
sprach und schrieb man stets italienisch). — In Vicentinoh Enharmonik 
endlich haben wir das ernstliche, aber hoflhungslose Bestreben, die grieohische 
Enharmonik praktisch zu verwerten. Sie hat nichtsdestoweniger Licht ge- 
bracbt in die Daromerung der „ingierten Musik"; sie hat gezeigt, law 
ein Fort8chritt unmoglich war ohne grundliche Reform der Intervall-Be- 
stimmungen, d. h. ohne die gleichschwebende Temperatur. — Die chroma- 
tische Bewegung gipfelt in Caimo, Rodio, Luca Marenzio and Gesualdo 
da Venosa; sie findet in den beiden letzteren ihre genialsten Vertreter, 
deren Kunstanschauung scharf in der Mitte zwischen Alt und Neu stent. 
Fur ihre Zeit sind sie, was die Roman tiker des 19. Jahrhunderts fur die 
nnserige; sie bringen den Subjektivismus im Madrigal zum vollen Durch- 
brnch ; freieete Formgebung, zugellose Pbantasie und bewusste Bereicherung 
der Kunstmittel sind ihre Erkennungszeichen. Marenzio und Gesualdo 
sind darum „die Romantiker des 16. Jahrhunderts u . 

* HandeP* Orgelkonzerte giebt Breitkopf & Hartel in neuer Aus- 
gabe heraus. Hierzu schreibt Dr. Max Seiffert als Vorwort: „Der Ver- 
such, Handel's Orgelkonzerte aus ihrer starren originellen Aufeeichnung 
durch reichere harmonische Ausfullung und Ergftozung der dem freien 
Belieben des Spielers iiberlassenen Stellen wieder zu regerem Leben zu 
erwecken, ist von verschiedenen Seiten gemacht worden, allerdings nicht 
mit dem gewunschten Erfolge, da die Bearbeiter mehr oder # weniger nur 
subjektiv verfuhren, statt aus der Praxis des alten Meisters heraus nach- 
zuschaffen. Auf kritischem Wege zuerst einwandfreie stilistische Grund- 
satze fur die musikalische Ausgestaltung von Handel's Orgelkonzerten auf- 
geetellt zu haben, ist H. Beimann's Verdienst. Was er, von sporadischen 
Andeutungen Handel's ausgehend, fiber das Mafs des Pedalgebrauchs und 



178 



Ifitteflmiigeii. 



iber die Einfuhrung kontrapunktierender Mitidbtimmeii §agt (AUg. Monk- 
zeitung 1897), ist fir jeden Organisten anregend. Nur in einer Hinsicht 
ist seine Darlegung unvollstandig: sie unterlasst ajs Hauptgrundsatz auch 
die Eorderung aufzustellen, dass die melodischen Linien der Orgelstimme 
durch Verzierungen und mannigfache Umspielungen voller und reicher 
ausgezogen werden mussen. Dm ist ©in© instalment*!© Spieltechnik, die 
man nicht sowohl aus Handel's eigenen Werken, sondern wesentlich auch 
noch aus den Orgel- und Klavierwerken eines Joh. Krieger, Joh. Euhnau, 
J. C. F. Fischer, J. K. Kerll, A. Poglietti, Gottl. Mufiat, A. Scarlatti — 
lauter Meistern, die auf die Gestaltung seiner Technik intensiven Einlusi 
ausgeubt haben — genan stadieren kann and mass. Was die Orchester- 
begleitang anlangt, so teile ich nicht die Ansicht H. Beimann's, dass wir 
ndtig hatten, gelegentlich selbst durch Trompeten und Pauken dem Kolorit 
aufzuhelfen. Das originale HandeFsche Orchester (mit seiner chorischen 
Besetzung der Holzblaser, seiner Teilung der Streicher in ein Eonzertino 
und Grosso, der Verwendung des Klaviers zur Ausfuhrung des General- 
basses), das uns Pr. Chrysander wieder geschenkt hat und das durch zahl- 
reiche Aufiuhrungen seinen Klangreiz erprobt und bewahrt hat, halte ich 
auch fur die Orgelkonzerte als vollstandig ausreichend." 

* Ernst Challieis Grofser Chor-Katalog, Ein alphabetisch geordnetes 
Yerzeichnis samtlicher gemischter Chore mit und ohne Begleitung. Giofeai 
1903. Ernst Challier's Seibstverlag, grofs 4°, 343 Seiten in 2 Spalten. 
Bus Verzeichnii seeugt von emem unermidliclieii Sammelflaifs und wird 
dem Suchenden gute Dienste leisten. Die alphabetische Anordnung beruht 
auf den Texten, wlhrend der Komponist nur nebenbei genannt ist; V«r- 
lager und Preis, der sich aber jedenfallB auf das game Heft bezieht, bilden 
den Schluss jedes melurBtimmigen geistlichen wie weltlichen Liedes. Auch 
lateinische Texte sind aufgenommen und Neuausgaben alter Gesange des 
16. bis 18. Jahrhunderts, doch fehlten von letzteren ein ganz bedeutender 
Tell, die aber der Verf&wer (wie er mir schreibt) in ©mem Nachtrag© 
bringen wilL Eigentlich vermisst man ein Yerzeichnis der Komfwrnstaii 
mit kurzer Angabe was von ihm aufgenommen ist, doch lag dies wohl 
nicht im Plane des Verzeichnisses, welches dem Musikalienhandler bei un- 
genauen Bestellungen des Publikums, besonders der Damenwelt, hilfreiche 
Hand bieten soil. Von diesem Standpunkt aus betrachtet ist es ein vor- 
zugliches HilfBmittel und kann auch Dirigenten von Ghorvereinen em- 
pfohlen warden. 

* Tijdschrift der Vereeniging voor Noord - Nederlands Muziekgeschie- 
denis. Deel VII 3 e Stuck. Amsterdam 1903, Frederik Muller & Co. 
Das Heft enthalt die Fortsetzung und Schluss von Cornells de Leeuvu's, 
Biographic und Bibliographic door /. W. Enschede, Seite 157 bis 208 
mit Musikbeilage bis Seite 232. Auf Obrechfs Spuren von Rtchard 
Miinnich ist der nachste Artikel uberschrieben und bringt eine sehr be- 
achtenswerte Beschreibung italienischer Bibliotheken, sowohl ihres teilweisen 
B«sitwfl als ihrer Benmtzung, die bei manchen viel m winschen fibrig 
litest. Win das Material m einer Gesamtausgabe der Obrecht'schen W«rke 



Mitteilungen. 



179 



m sammeln, ontersuchte obiger Herr im Auftrage der Nordniederl&ndischen 
Gesellschaft die Bibliotheken der Casanatense in Bom, des Vatikans, die 
Nationalbibliothek in Florenz, das Istituto musical©, das Liceo musical© 
in Bologna, die Biblioteca Estense in Modena, die Dombibliothek in 
Treviso, das Domarchiv und die Dombibliothek in Mailand and fand besonders 
in Treviso eine reichhaltige alte Masikbibliothek mit Werken des 16. Jahr- 
hunderts im Brack and im Manuskript, Seite 242 Zeile 6 von anten 
sei der Irrtam verbessert, dass das 16. Jahrhondert den Taktstrich nicht 
kannte. Allerdings, wer nor die Stimmenansgabe kennt, kann wohl glauben, 
dass der Taktstrich nicht bekannt war und doch deutet dem Kundigen 
das Taktzeichen die Kenntnis des Taktstriches an; aach beim Abbrechen 
der Zeile, die stets mm Ende emm Taktes ©der in der H&lfte abschliefst, 
nigt sich die Kenntnis desselben. Da wir aber auch Partitoren des 
16. Jahrhonderts im Drack and Manaskript besitzen, die aaiser den eckigen 
Noten genau ebenso wie unsere heatigen Partitaren aussehen, also Takfc- 
striche haben, so ist die Kenntnis desselben onzweifelhaft. Man konnte 
fast vermnten, dass die alten Notensetzer nach der Partitor stachen. denn 
sonst liefse es sich nicht erkllren, woran sie das Ende des Taktes erkannt 
haben sollten. Seite 245 folgt ein Artikel mit der tTberschrift : Amster- 
damsche Muziek - Herbergen in de XVII. eeaw (Jahrbandert) von D. F. 
Scheurleer, betrifft die soziale Seite der damaligen Mosiker. Den Schlass 
des Heftes bildet der 2. Bogen des Yerzeichnisses niederlandiseher Mosik- 
Uteratnr in einem wilden Darcheinander. 

* Max ZTessfs Deutscher Miwiker-KiJeiider fir im Jahr 1904. 
Neonzehnter Jahrgang. Mit Portrat von Prof. Dr. Heinrich Bellermann. 
Leipzig, Max Hesse, kl. 8°, 577 Seiten. Neben statistischen Verzeich- 
nisseii nebst einem Namen -Register mud oaMreiclieii Annoncen, beindeii 
sich Seite 136 — 144 zwei Artikel von Prof. Dr. Hugo Riemann. Der 
erste handelt uber die internen Zwistigkeiten in der vor 4 Jahren er- 
richteten internationalen Masik- Gesellschaft, weiche die lobliche Absicht 
hatte den Monatsheften den Oaraos za machen. Sie begann mit viel- 
versprechender Mitgliederzahl , die sich aber mit den Jahren sehr ver- 
mindert hat, statt vermehrt. Die aalserdeatschen Artikel zeichnen sich 
darchweg darch ihre IJnbedeatenheit aas and bei der Sacht recht viel 
za bringen, beginnt die Arbeitskraft der wenigen Dentschen, die sich in 
der Musikgeschichte wissenschafblich beschaftigen, bereits za erlahmen. Der 
2. Artikel betrifit eine Biographie Heinrich Bellermann' gestorben am 
10. April 1903. Wie stets, ist aach hier das Urteil des Herrn Verfassers 
sehr milde and anerkennend, ohne aof die verkehrten Anaichten Beller- 
mann's naher einzagehen. Nar seinen Kompositionen im Stile des 16. Jahr- 
honderts weist er einen erfolglosen Plata an. Gerade wie Grail's Erfindangs- 
kraft, der denselben Grandsitzen holdigte und der Lehrer Bellermann's war, 
nor gering war, ebenso leiden die Kompositionen Bellermann's an Mono- 
tonie, hervorgebracht dnrch eine zm geringe Themem-Erfindang. Was nutzt 
die gesangrichtige Fohrang jeder Stimme, wenn sie nicht Inhaltsvolles za 
BSgeu waifs. 



180 



Mftteflungen. 



* Herr Reinh. Starke, Oberorganist an St Elisabet in Breslau, gab 
anch in diesem Jabre im August und September seels Orgelkonzerte, von 
denen mmr eins gegen Bezahlung beeuclibar war. Die Programme trmgen 
der Yergangenheit wie der Neuzeit Rechnung. Unter anderem ein Orgel- 
konzert mit Orcbester von Handel nacb der Vorscbrift von Max Seiffert. 
Die Breslauer Zeitungen sprecben sieh uber dieselben sebr gunstig ana, 
bewilders iber die Tecbnik des Konzertgebere. 

* Mitteilungen der Musikaiienbandlung Breitkopf & Hartel in Leipzig, 
Brfissel, London, New York. No. 75. Oktober 1903 mit dem Portrit Ed- 
ward EfgarB, enthalt die Ankiindigung der von Heinricb Beimann beraus- 
gegebenen J ohannes - Passion von Seb. Back, die Neuausgabe Dr. Artbur 
Prufer's Johann Hermann Schein 1 * Werke, 2. Bd. Musica boscareccia oder 
Waldliederlein von 1621 , Robert Franz* Denkmal nebst biograpbiscber 
Skizze und Verzeichnis seiner Werke, Hector Berlioz* Gesamtausgabe 
seiner Werke, Richard NoatzscK Fuhrer durch die kirebenmusikaliscbe 
Literatur nach den Festen des Kircbenjahres geordnet Preis I M. Mo- 
numenta ecclesia Liturgica, edidernnt et curaverunt Ferdin. Carbol et Hen- 
ricus Leclerco, Presbyteri Sancti Michaelis de Farnborough. Vol. I. fol. 
690 S. Preis 64 M. Von Gretry's Gesamtausgabe erscbien die 31. Lief., 
das Pastorale La Magnifique in 3 Akten. Pr. 16 M. Orl. di Lasso's 
Werke sind Bd. XII, Chansons, Bd. XIV und XVI erscbienen. 

* Hierbei eine Beilage: Neue Erwerbungen der Kdnigl. Bibliothek 
in Berlin. 



Am 15. November erscbeint der 

9, Band 

von 

Rob. Stater's 

Quellen-Lexikon 

fiber die 

Musiker und Musikgelehrten 

der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte dee 19. Jahrfa. 

S. — T. 

Subskriptionspreis i 10 M. Einzelpreis 12 M. 

Nen emtretemden Subskribenten wird auf Wunsch em© Teilzahlnng 
gewahrt, mm sicb nach und nach daa Lexikon anzuschaffen. 

Buchhandlerische Bestellungen sind an die Musikaiienbandlung von 
Breitkopf & Hartel in Leipzig zu ricbten. 

Templin U./M., den 1. Nov. 1903. 

Robert Eitner. 



Ver*»twortlich«r B«<Ukt«ur Bobert Eitner, Ttmplii (Uek*rm*rk). 
iMmmk mm Htrmann Bejer A BOhae (Bujwr A MftPfi) la fjangm >1«u 



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MUSIK- GESCHICHTE 

herausgegeben 
von 

der Gesellscbaft Itbr Musikforsehung. 



III?. JaUrg. 

1S08. 



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Preit list Jfthrgangut § ilk. Momtiich •neheint 
•in* Nomnw von I Ms 1 Begun, ImertionigebOhren 
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KommifliiontrerUg 
▼on Breitkopf A Hlrtel in Leipiig. 
B««teUong«n 
ninunt j«d« Bach- und Ifailkhftztdtang 



So. 12. 



[uslker - Rrlefe aus dem Anfaige 
des 16. Jalirhanderts. 

Joh. Buchner. Heinrich Finck. Glarean. Paul Hofhaymer. Gregor Valentianus. 

(SchluBs.) 

Paul Hof haymer 
auch nur Meister Paul genannt 
5. 

7. Februar 1518 ohne Ort 
Ersamer, hochgelerter, gunstiger, sunder lieber heir. Mein gut- 
willig dinst seind euch allzeit zuroran berayt. Ich hab each vor 
weichnachten geschriben und denselben brief inngelegt einem anderen 
brief, so ich an her Jaeoben Fritzm saligen geschriben het, und 
demselben bevolehen, euch den eingeiegten brief selbs za antworten. 
la dem ist er gestorben und mir dye brief widerumb haym khumenn. 
Nun ist dy maynung meins schreybens ail andreB gewesen, dann 
das mir ewr schrifften, mir m lob gemacht, vasst wolgefallen und 
gantz nach meinem gat gefallen gemacht sell. Und wolt aber doch 
gernn, das dye epistel und vers, so mir mein discipulus von Ve- 
nedig geschikt hat, auch darynn gezogen und als zu einer gezeug- 
nuss, das mich dy Walchen (Welschen?), so doch subtil synd, auch 
lobten und von der musick, so mir got geben hat, auch hyelten; so 
wer alsdann das puchel grosser worden. Ich hoff nemlich auf khunff- 
tigen summer gaa Wyenn alayu diser sach halb zu khumenn, mit 
euch davon m reden. Ich khans nit ties schreyben, wye ichs mayn; 
doch wo ir so gutwillig sein wolt und das, so ir gemacht habt, mit- 

MotmUfc- f. MuaikgMoh. Jafargaag IXlf, Mo. IS. 12 



182 



Musiker-Briefe. — Paul Hofhaymer. 



sambt den Venedigischen epistel und carmina zum druck gar an dy 
stat verordnen und stellen wolt, wer mir vast lieb. Und was dy 
expensi (Bezablung) wer, so dariiber lauffen wurd, mocht ir mich 
vor wissen lassen, ob ichs villeicht hye necbner bestellen mocht 
Lasst mich ewr gut bediinken wissen und wellet nit verdriess haben, 
mir zu schreyben bei disem boten. Ich wils, ob got wil, umb euch 
noch verdyenen etc. 

Ludowims Senffel hat von ungesehieht, id est occasu, ayn leyb- 
schaden empfangen von einer geladen puchsen (Blichse), dye auf di 
erden gefallen und im (!) dem fail erzdndt (entzundt) und abge- 
schossen, im durch ainen fus nach der zwiech ganngen, das man im 
dy negst zechen (Zehen) nach der grossen wegkschneyden hat mfissei 
mitsambt ettlichen paynen und schiferlein, so dy khugel zermischt 
hat; davon euch villeicht langst geschriben oder gesagt ist Mir ist 
nit alain, sunst vil guten leuten umb in layd. Er wird khaum auff 
Ostern recht hayl zum geen. Nit mer, dann ewrs beschayds wil ich 
warten; und ich wiinsch euch hyemit ayn silig neues jar.*) Datum 
eylend, am 7. tag Februarii, anno 18. 

Pauls Hopiaymer, ewr williger. 

6. 

Salzburg 14. Mai 1524. 
Ersamer, hochgelerter, sonder lieber herr doctor. Mein gar frunt- 
lich willig dinst seind each allzeyt zuvoran berayt Ewr schreyben, 
mir durch Ewern schwager Bartolome Steckh geantwort, hab ich mit 
sonderen frewden vernommen, und gem gehort Ewren giuckseligen 
stand in gesunnd mit sambt Ewrer hausfrawen und khynd. Got well 
Euch dermassen langwirig behalten. Ich dannck Euch auch gar 
treulich, das Ir meines lebens halben, des Ir lanng in zweifel ge- 
standen seyd, widerumb frolich worden seyt Ich warlich auch lanng 
zeyt nit gewisst, wo Ir seyt; und als ichs erfaren het, han ich nit 
erdenckhen khiinnen, wye oder wohyn und durch wen ich Euch 
gewislich schreyben zueschikhen solt. Wellet nit glauben, das ich 
Ewrer frundschafft und humanitet, mir bewisen, nit oflft gedacht und 
Euch vil gutter zeyt gewunscht hab. Und wo ich ytz Euren schwa- 
ger dem Steckh in seinen sachen so statlicb und wol fiirderlich hette 
mtigen sein, als wol ich des genaygt bin, solt er Ewr vasst wol ge- 
nossen haben; dann Ir es wol umb mich lanngest verdyenet habt 
Ich schick Euch hyemit ayn klaynes theutsches lyedlein meinee 



') Baa Jahr b^ann dammls mit Marz. 



Musiker-Briefe. — Paul Hofhayraer. 



183 



pawes, nit far ayn khunstlichs werckh, sender seiner art nach und 
der wort halben, so ich mir selbs also diser zeyt neulich gemacht 
hab und villeicht, als ich acht, Euch dergleichen dyenen mScht Und 
wann ich fiiran ettwas mer newer haben , wird ich Eachs auch 
schiken; dann mir Ewr schwager anzaygen gethan hat, meine 
schreyben durch Hansen Mayr zm Augspuig, dohin ich offt pot- 
schaiit haben mag zu behendigen. 

Ewr epistel, meinen halben an meinen gnedigisten herrn von 
Saltzpurg geschriben, hab ich stits seydher mit fleiB behalten raid 
nit wissen miigen, was weyter darmit zu thun sey. Beger und bitt 
Euch nochmals mit hochem fleiB, mir Ewr gut bedunckhen zu 
schreiben. Ich habs ainen poeten an kayserlichen hof, des namen ist 
Btchardus Sprulius, lassen sauber abcopiren. Ich wolt ye geren, 
das dye mue und Ewr trewer fleis nit vergebens angelegt, sonder 
fur dye augen der lewt kheme, dye solch zirlich schdne latein und 
aygendtliche description meiner music, durch Euch so gar merklich 
beschriben, verstunden. Dann wen ich es noch in private sechen 
hab lassen, so wirdet es vasst gelobt Meins gnedigen herrn von 
Saltzpurg etc. cantzler, doctor N. Waldung, ist doctoris Jheronimi 
Wakhmg medici sun. Der hat es auch gelesen und hoch gelobt; 
auch mir gesagt, wye mein gnedigister herr von Saltzpurg Euch 
durch Eur ausgangen schrifit wol erkhenn. Des halben ich hoff, sein 
F. G. wurde auch ayn sonder gefallen haben ab diser Ewrer epistel. 
Wellet mir Ewr gut bedunkhen nit verhalten, was ferner darmit zu 
thun sey; des wil ich mit begirlichem gmut erwarten. Item wo es 
Euch nit beschwarlich wer, mir nit mer dann drey oder aufs maist 
vier verslein mit Euren nagsten schreyben schiken, dye do wfiren 
nicbtz anders dann ayn gluckwunsch zu meinen wesenlichem und 
wonhafftigen hyesein, das mir got und das gluck beystendig sein 
wellen, mein tag in felicitate zu verzeren etc. Solch vers wurde ich 
in meiner habitation hubscb und gros geschriben an dy wannt lassen 
machen, meinklicb fur augen in Eurer gedechtnuB. 

Got well Euch mit fug ayn vart her oder mich zu Euch ver- 
fugen; dann ich gem umb Euch sein wolt. Mir hat auch Steckh 
gesagt, Ir weret wiliens ayn far gen Wyenn zu raysen und den weg 
bye durch zu nemen. Das wer mir von hertzen begirlich. Wellet 
dem nachkhumen und nit anders furnemmen; dann Ir khemet durch 
Minichen her; do findet Ihr Euren landsmon (!) Ludiwigen Sennffl 
und gut gesellschafflten der singer, und hye sttsst Ir auis wasser zu 
fiuren bis gen Wyen. 

12* 



184 



Musiker-Briefe. — Paul Hofhaymer. 



Item ich bin bey meineni gnedigisten hern von Saltxpurg vasst 
wol und gnediklich gehalten. Hat mir sein gnad jarlich C und funff- 
zig gulden mein leben lang verschriben. So hab ich von kayser- 
licher Majestat auch mein leben lang C und XXXV gulden an ander 
zuestend. Ich dannck got, das ich nymmer wye ayn zigeyner mm- 
raysen bedorff. Hab ytz ain hausfrawen von edlem und erbern go- 
schlecbt und bey der zway tochterlein erworben, der ich mich hoch 
erfrew, biB mir got der herr (als ich hoff) ayn sun verleicht Wisst 
auch, das ich innerhalb sechs jaren das dritte weyb ytz hab; dann 
ich het ayne zu Passan eines namhafften geschlechts genomen. Di 
pracht mir im ersten jar aynen sun, und dyeselb mein haus&aw 
starb 4 wochen nach der kyndpeth; der sun starb in 12 wochen. 
Ytz nit mer, dann wellet mir verzeichen, Euch mit so vil unnutzen 
schrifften zu lesen bemuen; dann es in sonderm vertrawen und frunt- 
lichen, gunstigen willen beschicht. Wil Euch hyemit got dem herren 
sambd Ewrer lieben hausfrawen und alien den Euren in sein schutz 
und schermb bevolchen haben, und bitten mich mit Eurem schreyben 
otter zu erfrewen. Wye wenig der zeylen seind, wil ich mich vasst 
gern genuegen lassen; dann ich wol gedencken khan, das Ir in Eurer 
practik nit mussiger zeit vil habt. Datum Saltzpurg, eylend, an 
pfintztag abend vor der heyligen pfingstag, anno etc. vicesimo quarto. 

Ewr gantz aygner Paulus Hofhaymer etc. 

7. 

Salzburg den 6. Jam 1524. 
Ersamer, hochgelerter, gunstiger, sonder lieber herr doctor. Mein 
gar fruntlich und gutwillig dinst seind Euch allzeit zuvor. Ich hab 
Euch jungist bey Eurem schwager geschriben, wye meins genedigisten 
herrn von Saltzburg cantzler, mit namen doctor Jheronimus WaMung, 
Ewer person und namens gute khundschafft hab, auch Ewrer khunst 
und schrifften bericht sey, dye ich in hoch loben und preysen hab 
horen. Er hat auch Eur epistel, so Ir meinem gnedigisten herrn von 
Saltzpurg zuezeschickhen und zu dediciren furgenommen habt, von 
mir gar begirlich zu lesen begert; dye ich im gelichen hab. Und 
als er dye verlesen, hat er mir gesagt, es sey ayn auspundig wol 
gestellte description der music, wye mir dye von got und der natur 
verlichen sey; und hat sich verwundert, warumb solch schone zir- 
liche und aygentliche beschreybung bisher verzogen und nit langst dem 
fursten zuhanden geschikt sey. Hab ich im gesagt, das Ir mir dye 
lanngst zuegeschikt habt zu besechen, und wo dye meins gefallens 
were, so solt ich Euch das wissen lassen; alsdann woltet Ir es dirigiren 



Musiker-Briefe. — Paul Hoffcaymer. 



185 



dem fursten zu handen etc. Mittler zeit seys Ir von Wyenn ver- 
ruckt und ich lanng nit wissen gehabt, wo Ir hyn khumenn weret, 
biB ytz Ewr sch wager mir ayn schreyben von Each pracht hab, der 
mix auch guten beschayd gethan, wohyn durcb wen ich Inch fiiran 
meine brief zu handen schiken mug. Darauff cantzler gesagt, ich 
soil in allweg dye epistel Euch widerumb schiken, und bitten, das 
Ir dye nochmals meinem gnedigisten herren zuekhumenn wellet 
lassen; denn er vermaynt, sein gnad werd ayn gross sonders gefallen 
daran empfachen. Es wer auch schad, das solch schon, zirlich und 
wolgeschriben ding nit ausgeen soli Und hat bemelter cantzler 
doctor Jkeronimus Euch hyemit auch geschriben aynen brief, den 
ich Euch do schik, sambd ayner copei Ewrer epistel, so ich Sprulium 
hab lassen lauter und leslich schreyben vor vier jaren, der sy auch 
vasst gelobt hat Demnach an Euch mein gar hochfieissig bitt: dye- 
weyl es sich also zuetragen hat, das ich bey meinem gnedigisten 
herrn von Saltzpurg mit dinst gnedigklich und wol gehalten bin, 
auch sein f. gnad ayn warer liebhaber aller kunst und tugend ist 
Ir wellet solch Ewr achrifiten, so von hochverstendigen ettlichen per- 
sonen, dye ichs vertreulich sechen hab lassen, vasst gepreist synd, an 
das ort Eurem furnemmen nach dediciren und under dye leut khu- 
menn lassen, damit Ewr wolgethane khunstliche beschreybung, dye 
an alien zweifel lobswirdiger dan mein thun ist, nit lennger ver- 
halten bleyb und Ewr arwayt vergebens angelegt sey. Wye ich als- 
dann solchee umb Euch verdyenen sol, wil ich mit hochster danck- 
perkhayt befiissen sein alzeit 

Item mir hat auch cantzler gesagt, wye in guet gedeucht, das 
Ir das datum der epistel ernewen thetet, das es fiirerst new gestellt 
gehalten wurd; auch das meinem gnedigisten herrn von Saltzpurg 
seiner gnaden rechter titel, wye den ytz sein f. gnad hat, gestellt 
mug werden, wye Ir an disem eyngelegten zetel sechen werd. Des- 
halben sich erfordert ettliche wort in der epistel, sovil den stand 
und ytzigen titel betrifft, verendert zu werden. Dem alien Ir tan- 
quam expertissimus wol zu thun wisst 

Item so Ir mir schreyben schiken wellt, so schikt sy nur zu 
handen Hansen Mayr zu Augspurg in der Pfaffengassen, hynder 
Sand Maritzen; der wyrd von mir auch beschayden, wenn er dye 
brief aldo zu Augspurg geben sol, damit sy mir furterher gen Saltz- 
purg khumen zu handen. Wellet mir hyemitt Ewr liebe hausfrawen, 
auch Bartholomeen Steckh treulich grussen. Damit bevilch ich mich 
Euch ate meinem sondernn vertrautem, lieben herrn und frond, dem 



186 



Musiker-Briefe. — Paul Hofhaymer. 



ich allzeit meins vermogens zu dyenen willig and genaygt bin. 
Datum Saltzpurg, an ersten tag Junii, anno etc. XXIITL 

Ewr williger und aygner Paulus Hofhaymer, etc. 

8. 

Salzburg den 30. September 1524 
Ersamer, hochgelerter, giistiger, sonder Meter herr doctor. 
Mein fruntlich gruB und willig genaigt dinst seind Euch aiizeit zu- 
voran beraytt Und fug Euch zu wissen, das ich Euch langstver- 
schynner zeyt, als Ewr schwager Bartholome Steckh hye gewesen 
1st, geschriben hab und nachmals khurtzlich abermals ayn schreyben 
gethan und dannit geschikt ein copei Ewrer schonen epistel, so Ir 
meinenhaiben an meinenn gnedigisten herrn von Saltzpurg gemacht, 
aber noch nit zuegeschikt habt Deshalben Euch von seiner gnaden 
cantzler doctor Jheronimus Waldung auch geschriben ist, der sy 
gelesen und hoch gelobt, auch sambd mir Euch gebeten durch sein 
schreyben, damit Ir solchs Ewr epistel an das ende meinem gne- 
digisten herrn von Saltxburg lanngen und ausgeen lasset. Und hab 
Euch dy copei sambd denenselben schreyben von hynn auff Augs- 
purg in Hansen Mayr hannde geschikt, Euch solchs furter gen Sand 
Qallen, wye mich Bartholome Steck gewisen hat, zu schiken ; khan 
aber bil heut nit wissen, ob Euch solch schrifiten zuekhummen seind 
oder nit Demnach bitt ich Euch rait hochstem fleyfi, Euch der mue 
nit verdriessen zu lassen und mir widerumb hyerauff schreyben, ob 
Ir dye ding und schrifiten empfangen habt oder nit Mich des in 
antwort nit lasset; dann ich khayn rue haben mag, bifi ich deq 
gruntlich von Euch selbs antwort hab. Das wil ich umb Euch und 
dy Euren, wo ich khan, gar treulich verdyenn. Auch wellet mich 
wissen lassen, ob Ewr schwager Bartholome Steck seiner sachen hye 
gehandelt zu friden khummen sey. Darmit bevilch ich mich allzeyt 
in Euren gunst als meinem sondern herrn und frtindt, mich gewisser 
antwort hyerauf versechend, der ich mit sonder begir gewartend sein 
wil, abermals bittend mich derhalben nit zu verlassen noch zu ver- 
gessen. Datum Saltzpurg, an Sand Jheronimi tag, ultima Septembris, 
anno 24. 

Ewr aygner Paulus Hofhaymer eta 

S. 

Salzburg den 12. Mai 1525. 
Ersamer, hochgelerter, gunstigster, sonder lieber herr doctor. 
Mein gar willig dinst mit fruntlichem grus seind euch allzeit zuvor. 
Ewr gesundt und wolfart, wye ich aus sag dytz zaigers des briefs 



Musiker-Briefe. — Paul Hofhaymer. 



187 



vernommen, hab ich vasst geren gehort unnd wunsch euch von got 
ill© gluckselikayt zu seel und leyb sambd Ewr hausfrawen und alien 
den Ewern in lanngwirkhayt Ewrs gesundts zu emphacben. Ich hab 
Eurem schreyben nach tfiglich hoffhung gehabt, Ir wurd ayn rayB 
gen Wyenn hye durch thun und mir alsdann dy schon epistel, so 
Ir an meinen gnedigisten herrn von Saltxpurg mich betreffend gestellt 
habt, mit Euch bringen, seinen fiirstlichen gnaden dieselbs zu uber- 
antworten. So khan ich wohl gedenken , das Ir villeicht der yetz 
schwebenden leuff haiben nit auszieht; deshalben ich der sach geren 
geduld trag, doch darneben gar fleissigklich bittend : wo es yndert 
gesein raSeht, dyeselb epistel zu verfertigen, damit dye schon wol- 
gesetzt latein mit irer zirlikayt nit vergebens gemacht wer. Ich wolt 
solchs auch mit ayner erung meins vermugens zu aynem zeuchen 
aynes danckparen willens unbedacht nit lassen, und wo Ir mir nit 
so weyt werend, ich hyet euch lanngest anhaym ersucht Sonder 
lieber herr doctor, wellet nochmals treulich Vermont und aufs fleis- 
sigist gebeten sein, das pesst zu thun. Ob Ir mir dye epistel oder 
zuvor doctorn Waldung, cantzler, umb Ruperti, so Eure kaufleut von 
Sand Oallen hyeber in den jarmarkt kuraen, schicken mochtet, so 
wurde dye doctor Waldung meinem gnedigisten herrn, wie sich 
gepurd, presentiren in Eurem namen und Euch antwort widerumb 
schiken. Es ist noch wol bey 19 wochen MB auff Ruperti; des- 
halben Ir nit eylen durfft; und diser Sebastian Gold wird an zweifel 
auff dyselb zeyt her khummen; der wer guter pot etc. Damit wil 
ich Euch bevolchen haben als meinem sondern herrn und frundt. 
Wellet mir Ewr hausfrawen mein unerkhanten grus sagen und 
Bariolome Stekhen grussen. Datum Saltzpurg, an XII tag Maii, 
anno XXV. 

Pauls Hoftiaymer eta 
Ewr williger. 

Der biographische Gewinn besteht darin, dass er schon zur Zeit 
des Kaisers Maximilian sehr oft in Augsburg lebte, nach des Kaisers 
Tode (1619) sich lange auf der Suche nach einer Stelle befand, in 
Passau sich zum 2 ten Male verheiratete und dann in Salzburg zum 
3 ten Male wie er selbst schreibt (siehe den 6. Brief), demnach in 
in 6 Jahren 3 Frauen hatte. Hofhaymer's Briefe zeigen ihn durch 
die fortw&hrende Bettelei urn die Epistel, die Vadian zu seinem Lobe 
gedichtet hatte, in einem recht kleinlichen Iichte. 



188 Musiker-Briefe. — Gregor Valentinianas in Vadian. — Rechnongslegang. 

Gregor Yalentlnianns an Vadlan. 

Er bezeichnet sich net kaiser! Sanger, bekleidete aber auch die Vice- 
kapellmeisterBtelle an der HofkapeUe im Anfange des 16. JabrhandertB 
unter Maximilian I. Ohne Bezeichnung des Ortes schreibt er: 

S. P. D. Quod mihi nuper, Vadiane, diserte pollicitus es, si 
absque monitore effectum iri aliquando prop© tamen etiam diem 
cogitares, faceres rem, que, et honestatem tuam decet et me desi- 
derio maximo expectationeque diuturna liberare potest. Natalis divi 
Gregorii imminet; musica confecta modo te expectat; quid velim, 
tenes. Ego me tuum tibi commendo. Yale. Vadiane amice; XTTTT Ka- 
lendas Martias, anno etc. MDXYL 

Oregorius Valmtinianw, cantor Oparls. 



Kecfcumgilegiuig 

fiber die 

Monatshefte f Or litikgescliclti 

fur das Jahr 1902. 
Einnahme 1278,10 M. 

Aosgabe ..................... 1278,10 M. 

Spezialisierung: 

a) Einnahme: Mitgliederbeitrage nebat den Extrabeitrftgen der 

Herren Br. Herm. Eiohborn 59 M and S. A. E. Hagen 26 M 784,00 M. 
Dwell die Musikalienhandlung von Breitkopf & Hftrtel in 

Leipzig .................. 494,10 M. 

b) Ausgabe fir Buohdraok nnd Notenbeilage ....... 611,35 M. 

Papier .................... 220,60 M. 

Honorar, Yerwaltnng, Post, Feuerversicherang, eto. . . - 445,13 M. 

Templin (U./M.), im Nov. 1903. 

Robert Eitner, 

Sekretftr and Xassierer der Gesellschaft fttr Mnsikforschang. 



Mlttellnngen. 

* Georg Forster's Frische Teutsche Liedlein in funf Teilen. Ab- 
druck nach den ersten Ausgaben 1539, 1540, 1549, 1556 mit den Ab- 
weichongen der spateren Dracke berausgegeben von M. Elizabeth Marriage. 
Halle a/d. Saale 1903, Max Niemeyer. Nr. 203—206 der Neadrucke 
deutscher IAtteratorwerke des XVI. md XVH. Jahrhnnderts. kL 8°. 



Ifitteilaiigen. 



189 



278 Seiten. Pros 2,40 M. Die englische Schriftstellerin beginnt die 
Berausgabe mit einer Biograpbie Forster's dee Arztee nach den Qaellen 
in den Monatsheiten far Musikgeschichte und geht dann auf eine Kxitik 
der Lioierliifslier iber, die trotz aller Yerdienst© F/s docb m acharfem 
Tad el herausfordern, denn nicht nar allerlei TTngenauigkeiten Ids er aieb 
hi Beholden kommen, sondern ©r Inderte auch wilkirMcb Text raid Ton- 
satz. Ala Komponist verdient er alle Anerkennung. Darauf folgt die 
ausfuhrliche Beschreibung aller Ausgaben der 5 Telle nebst Angabe der 
Fundorte, eine sebr gewissenhafte Arbeit. Was nun den genanen Abdrnck 
der Text© der 5 Teile betrift, so fiodet mail waiter nicbts vor, ah den 
genanen Abdrnck der oft recbt verderbten and unvollst&ndigen Oedichte 
oline Yeraabaatz. Die Scbreiberin beklagt das Feblen von Stropben bei 
vielen Liedern, fuhrt am Elide eine TJnmasse literariscbe Werke und Einzel- 
dracke von Qedicbten an, benutzt aber keins, urn die feblenden Stropben 
m erganssen, sondern giebt nnr dan, was Forster bat. Selbst B6hme's 
Altdentscbes Liederbnch sdeht sie nicht zu Bate, welches so vielfoch die 
feblenden Stropben mitteilt. Nach alem Bcheint ©s ais weim der Heraus- 
geberin die ndtige Literaturkenntois fehlte und die Nacbweise nicbt von 
ihr, sondern von Dr. Joh. Bolte berrubren. Auch die deutsche Sprache 
acheint sie nicht soweit za beherrschen, dass sie die gemeinen unanst&ndigen 
Ausdrucke, die sich aufs Geschlechtliche beziehen, als Dame ohne Errdten 
niederschreibt, die selbst in alten Stimmbuchern ausgekrazt sind. Das 
Starkste leistet darin der 2. Teil, der uberhaupt die volkstumlichsten 
Meier enth&lt und die alten Deutschen in ihrer dertwten Ansirueksweise 
zeigt. Darin hat die Herausgeberin sehr recht, dass die Texte ohne die 
Melodien, respektive Tons&tsse ihren Wert sehr einbuTsen. 

* Otto Keller: IUustrierte Geschichte der Mnsik. 2. Aufl. Munchen 
1903, Eduard Koch. gr. 8°. 1. Lieferung, die mit den 8 Kirchentdnen 
der fruhesten christlichen Zeit abbricht. Auf den 48 splendid gedruckten 
Seiten, die noch mit zahlreichen Abbildungen bedeckt sind, wird wie im 
Fhige die Mnsik der Altertums-Vdlker, der Griechen und Bonier, berthrt 
und befindet sich Seite 41 bereits im „ersten Jabrtausend nach Christi". 
Was der Yerfasser sagt* ist verstliidig und geschickt gemacht, nur die 
eagembafien Verdienste von Ambrosias raid Gregor dem Grolsem hatte er 
nicht als etwas Mstorisch Beglaubigtes hinstellen sollen, sondern stark in 
Frage ziehen mussen, denn schon Gevaert weist nach, dass die Beform des 
Kirchengesanges nicht von Gregor I. ausgegangen, sondern von Gregor 111., 



lehren, wie weit der Hew Veriywer mit den neueren Forschungen vertraut 
ist, oder ob er nur ein Kopist aus Ambros u. a. ist. Die Abbildungen 
sind teils Vollbilder, teils in den Text eingefugte. Die Ausfiihrnng der- 
aelben, beaonders was die Vollbilder betrifft, ist eine kinstlerische. Das 
Beethoven Bche Vollbild in ganzer Figur ist aber in der Darstellung vollig 
verfehlt. Beethoven war eine kurze unterietaste kriMge Geatalt, ahnlich 
der Brahms', nur nicht so beleibt, w&hrend die vorliegende Abbildung 
eine schlanke Geatalt mit Imogen Bemen dantellfc Einen Shnlichen FeMtr 




190 



MMmiamgem^ 



luring einst Maman an Mozart mi wm%m bekannten rail weitverbreiteten 
Bilde. Die Herren Zeichner kummern sich zu wenig am lie lufeer© Ge- 
stalt ihree Vorwurfes and sind nor auf den Gesichtsausdruck bedacht und 
doch ist der ganze Korper charakteristisch for die Persdnlichkeit. 

* Znr Musiktypographie in der Inkunabelzeit von Nermann Springer. 
Einzeldrnck aus Beitrage zur Bucherkunde and Philologie August Wil- 
manns zom 25. Marz 1903 gewidmet. Leipzig, Otto Harrassowitz. gr. 8°. 
Die Arbeit schliefst sich an Hngo Riem aim's Festpublikation der Leipziger 
Firma C. G. Boder von 1 897 an and bringt neae Belege, welche den 
Notentypensatz von Choralnoten bis 1476 zuruckverlegen ( Ulrich Han aus 
Ingolstadt). Wahrend die fruhesten Notendracke mit der romischen Choral- 
note gesetzt waren, gebraachte Goorg Reyser 1481 die deutsche Choral- 
note, auch Fliegenfufse genannt. Der Verfasser bespricht nan under© 
Noten-Inkunabeldrucke, die er aufgefunden hat. Den Beigen beginnt der 
Wurzburger Georg Reyser mit einem Dracke vou 1482 : eine Agenda 
ecclesiastic* episcopates Herbipolensis, die sioh in der Nationalbibliothek 
in Paris, der HofbibL in Munchen and der KgL BibL in Berlin (in 
2 Exeirtplaren) befindet. Ferner das bereits schon von Biemann erwilmt© 
MiBsale Moguntinense von 1482, was sich in der Frankfurter (a/M.) Stadt- 
bibliothek befindet, sowie ein im british Maseam befindliches Missale von 
1484. 1488 erschien ein Gradnale bei Wen/sler und Kilchen in Basel, 
Ezemplare in der KgL Bibliothek in Berlin and im british Maseam. 
Als letzter wird Peter Schoeffer der Altere genannt, der 1490 einen 
Psalter mit Mnsiknoten druckte, der sich in der Grofsherzoglichen Biblio- 
thek za Weimar befindet. Ebenso ist der Verfasser geneigt, das Halber- 
stadter Missale ohne Datum- noch Druckanzeige Peter Schoeffer zuzu- 
schreiben, welches einen ganz vorziiglichen Druck aufweist and sich Exem- 
plar© in "Wernigerode, Wolfenbuttel and im british Museum befinden und 
welches der Verfasser in die Zeit um 1490 ansetzt. 

* Mit dieser Nummer schliefst der 35. Jahrgang der Monatshefte fur 
Musikgeschichte und ist der neue Jahrgang bei buchhandlerisch bezogenen 
Exemplaren von neuem zu bestellen. Der Jahresbeitrag fur die Mitglieder be- 
tr&gt 6 M und ist im Lauie des Januars an den Unterzeichneten einzusenden. 
Der 32. Jahrg., 28. Band der Publikation alterer Musikwerke wird im An- 
fange des Januars 1904 versendet und enthalt Martin Zeuner's 82 geisi- 
liche Kirchen-Lieder zu 5 Stimmen von 1616 in modernen Schlusseln. 
Der Subskriptionspreis betragt fur die ersten 2 Jahre je 15 M, fur die 
n&chsten 2 Jahre je 12 M und fur die folgenden je 9 M. Die Auswahl 
steht im Belieben des Subskribenten. Anmeldongen sowie als Mitgiied 
der Gesellschaft sind an den IJnterzeichneten oder an die Musikalienhand- 
lung von Breitkopf & Haertel in Leipzig, Nurnbergerstr. 36, zu richten. 
Verzeichnisse der noch vorratigen Ausgaben sind ebendort zu erhalten. 

Templin U/M. im Dez. 1903. Rob, Eitner. 

* Hierbei Titel und Begister zum 35. Jahrgange. 



Verantwortllcher Bedaktaux Bobert Bitner, I tnplli (Uokermark) . 
Druek ron Hotbimui Bcjer A SOtme (Bej«r 4k Mub) in Tdgigtg— Jwu 



Namen- und Sach-Register. 



Aachen, Theater u. Mis. siehe Fritz. I 

Abarinowa, Antonia Iwan f 128. 

Abel, Clamor Heinr., in Hannover 86. 
87. §2. 149. 

Abert, Herm: Robert Schumann 12. 

Achflle, Militarmmikdir. f 115. 

Adam yon Fulda, Biogr. 75. 

Adler, Guido, Ausgaben von Benevoli 
n. Froberger 76. 

Albes, Klarinett 1842. 102. 

Alderson, Thomas Albin, f 115. 

Andreas, Joh., Violist 96. 

Angel©, Benedict f 115. 

Anna, Innocente de f 115. 

Antonini, Diskantist 86. 87. 

Arbean, Thoinot, Orchesograph. 14/15. 

Ark, Earl van f 115. 

Arnold, Dr. George Benjamin f 115. 

Ate©, Samnel Gottfried, Biogr. 41/42. 

Avenel, Paul f 116. 

Babel, Oboist 93. 

Bach, Bernh, Emil f 116. 

Bach, Eman. 1 Trio, Neuausg. 148. 

Bach, Joh. Christ., 1 Trio, Neoausg. 148. 

Bach, Seb., a. die Tonk. des 19.Jhs. 12. 

Bach in Weimar 95 ff. 6 Brandenb. Eon- 
eerto in Payne's kleiner Partitur- 
Ansg. 15. Ueber Chorwerke von 
Ochs 131. Sanctns im Autogr. 13. 

Bachmann 1817, Hornist 100. 102. 

Banerle, Hermann, 10 Mess. Palestri- 
na's 147. 

Balm, Martin t 116. 

Bans, Joe. Friedr., Altist 96. 

Baraldi, siehe Neri. 

Barbarini, Manfred, gen. Lupus 132. 



Bargheer, Earl Louis f 116. 
Barrey in Hannover 91. 93. 
Barth, Herm., Geschichte der geist- 

liohen Mnsik 66. 
Barthe, Posaanist 1842. 102. 
Batta, Alexandre t 116. 
Baawens, Edoaard t 116. 
Beck, Gregor, Organist 1613. 46, 8. 

1628. 24. 
Becker, Feodor f 128. 
Becker, Frit* f 116. 
Becker-Bacoo, Louise f 116. 
Beethoveniana 8. 

Beethoven in Baden von Rollett 14. 
Beethoven's enharmonisohe Verwechse- 
lung 147. 

Beethoven's Geburtshaus in Abbild. 49. 
Beethoven's Elaviersonaten 130. 
BehnseD, Instrnmentist 93. 
Bellini, Amalie f 116. 
Bellmann, Eontrabass. 1842. 102. 
Bender, Eonstantin f 116. 
Beneoke, Fr. 1. u. Ph. F. VioloncelL 
95. 100. 

Benevoli, Orazio,*Festm. m. Hymnus. 76. 
Berlin, Egl. Bibl., Neae Erwerbung, 

Beilage. 
Berlioz, Briefe 70. 
Bernard, Emilie f 116. 
Berner, Friedr. Wilh., Organ. 1810. 

47, 18. 

Berner, Joh. Georg, Organ. 1777. 47, 17. 
Bernhardt (Ohrstph.) Schreiben an den 

Hamburger Senat 39. 
Bertling's Eatalog 16. 
Bertrand mm 1670 in Hannov .91.92. 93 



192 Bernuth. 

Bernuth, Julias von f 116. 

Betz, Frz., in Hannover 104. 

Beyer, Bernhardt Organist 1634. 46, 

10. 1652. 26. 34. 
Bibl, Rudolf f 116. 
Bibliotbeken in Italian 178. 
Biese, Wilbelm f 116. 
Billig, Friedricb f 116. 
Bilse, Benjamin f 116. 
Bischoff, August f 116. 
Blum, Melchior, Organist 1514. 45, 1. 
Blame, Alfred f 116. 
Bodmann, Hermann f 116. 
Bohringer, Rudolf f 117. 
Bogler, Bernhard f H7. 
Bobn*s historisohe Konzerte 15. 80. 
Bohn, Peter, Molitors ofiuu Ohoral- 

bucher 129. 
Bohrer, Anton, Eonzertmeister 102 ff. 
Bojanowski, Paul von, Das Weimar 

Job. Seb. Bacb's 95. 
Borgiani, Tenorist 87. 
Brabms'Volkslied., MaxFriedlftnder74. 
Brambacb, Kaspar Josepb f 117. 
Brandt, Kathe f 117. • 
Breitkopf A Haertels Katalog 97. Mit- 

teilungen 16. 75. 180. 
Brenner, Ludwig von f 117. 
Bricfieo (Brizeno) nicbt Bregneo 136 

Zeile 2. 137. 
Brief© aus dem Anfange des 16. Jbs. 

165. 

Briggs, Henry Bremridge t 117. 
Brothage in Hannover 87. 92. 
Brunetti, Dr. Filippo t 117. 
Brans, August t 117. 
Bruyck, Karl Debrois van f 117. 
Bucbner, Job., 4 Briefe 165. 169. 
Buchsius, Davides, Kantor 1686. 43, 6. 
Bfiiow, H. von, siehe Fischer, Cborg 

und 104. 
Birger, Max f 117. 
Bury, Agnes f 117. 
Bnlss, Paul f 117. 

Bultern, nicbt Bittern, Instrument 93. 
Bultbaupt, Heinrich, Dramaturgic der 

Oper 48. 
Bunder, Bassist in Hannover 86V 



— Dobs. 

Caliginoso nicbt calignoso 136 Zeile 17. 
Carboni, Blaise f 117. 
Cargius, siebe Karg. 
Casparini, Adam Horatio, Orgelbauer 
1712. 34. 

Cavalli, Franc, O bone Jesu 2 v. 40, 3. 

— Plaudite 3 v. 41, 13. 

— In virtate 3 v. 41, 14. 

Cazzati, Mauritio, Salve mundi, 2 v. 
40, 7. 

— Obstupescite 3 v. 41, 17. 
Certon, Pierre, 2 Chans. 147. 
Cesari, Pietro f 117. 

Challier, Ernst, Chor-Katalog 178. 
Ghappel, Thomas Patey t 117. . 
Chiacanelle, Ferdinando, Operneftnger 
1695. 93. 

CMnesiicb© Musik-Aesthetik 1. 30. 

Chor-Katalog 178. 

Choudens, Antony de t 117. 

Christ, Viktor f H7. 

Cbromatik im Madrigal 176. 

Chrysander, Friedrich, Biogr. 73. 

Clarke, Sir Campbell t H7- 

Coberg, J. A., Hoforganist in Han- 
nover 87. 92. 93. 

Cobn-Antenoricb: Chinesisobe Musik- 
Aesthetik 1. 

Colyns, Jean-Baptiste f 117. 

Constantini, Tenorist 87. 

Copelmann, Louis f 118. 

Corbett (Corbetta) nicht; Corbera 136, 
Zeile 10. 

Corbetti (Corbett), Francisque, Guitar- 

rist 87. 149. 
Cottini, Bassist 86. 
Crellius, Christ., Orgelbauer 33. 
Creonti, Antonio f 118. 
Croisilles, Violinist t 118. 
Croze, Ferdinand de f 118. 
Daisy, Grace f 118. 
Dameran, Musiklehrerin f 118. 
Daniels, Frank H. f 118. 
Daussoigne-M6hul, Alexandre t 118. 
Denkmftler d. Tonk. in Oesterreich 76. 
Desnoyers, Fr. u. M., Oboisten 93. 
Dietrich, B. f H8. 
DoW, Wenzel t H8. 



Dftbricht. — GeneeV 



193 



Dobricht) 3 Schwestern in Weimar 96. 
Doppler, Frz., Komponist 104. 

— sein Brader } Flatist 104. 
Dreeden'.sHofkap. vor 300 Jahren 114. 
Drese, Joh. Samuel, Eapellm. 1700. 96. 
Dressier, B. Fldtlst 100. 

Driessen, Budolf f 118. 
Drogenbroeck, Jan van f 118. 
Drofeden, Adam, Organist 1628. 24. 
Duport, Kanonikas f 118. 
Dyer, Dr. Arthur Edwin f 118. 
Eberhardt, Eantor f 118. 
Ebetein, Erich, Burger's Gedichte in 

der Musik 159. 
Eckert, Robert f 118. 
Ider, Leopold t 118. 
Effler, Joh., Organist 96. 
Eiehhorn, Alexander f 118. 
Eisler, Anna f 118. 
Eitner, Bob., Leclair's 12 Violin-So- 

naten, Neuausgabe 16. 

— QueUen-Lexikon Bd. 8, 98. Bd. 9, 
180. 

— Mitteilungen und Besprechungen. 
Ehrhard, Eontrabassist 95. 

JBllner, Johann, Organist 1585. 45, 6. 
1603. 19. 

EUsner, Ghrstph., Organ. 1671. 46, 11. 
Enckhausen, Heinr., Direkt. der Singak. 

in Hannover 101. 
Bugler, Michael, Orgelb. 1750. 35. f 

1759, 37. 
English, Dr. Thomas Dunn f 118. 
Emmy nm 1670 in Hannover 91. 93. 
Enschede, J. W.» Biogr. Leeuw's 66. 
Ernst, Herzog von S.-Koburg 104. 
Esaias nm 1670 in Hannover 91. 
Eyken, Heinr. van, Chorordnnng des 

ev. Kirchenjahres 162. 
Fagotti, Enrico f 118. 
Farinelli, Francois, 2te Sohn 88. 
Farinelli, Jean Baptiste, Biogr. 88. 91. 

93. 149. 

Farinelli, Michel, ftltester Sohn 88. 89. 
149. 

— Verfasser der follies d'Espagne 89. 
Farinelli's Ground 89. 

Farinelli, Bobert, der Vater 88. 



Farini, Antonio f 118. 
Fasch, Joh. Friedr., 4 Trios, Neuausg. 
148. 

— 1 Quartett, ebenso. 
Favel, A., siehe Lacombe. 

Fedeli, Buggiero, Operns&ng. 1695. 93. 

Felicen, Gontraltist 86. 

Felix, Jean f lia 

Fergat, Jan, siehe Drogenbroeck. 

Filippini detto V Argentina, Stefano: 

— Stellae discedite 2 v. 40, 10. 

— Laetare mater 3 v. 41, 22. 
Filtz, Anton, 1 Trio, Neuausg. 148. 
Finck, Heinr., 2 Briefe 167. 

Fink, siehe van der Fink. 
Finsterbusch, Daniel Beinhold f 119. 
Fischbacher's Katalog 15. 
Fischer, Christ. Gustav, Fagottist 96. 
Fischer, Dr. med., Georg: H. von Bi- 

low in Hannover 49. 86. 149. 
Fischer, Gustav Adolf, Organist 1870. 

48, 21. 

Fischer, Earl Ludw., 2ter Eapellm. 

103. 150. 
Flowers, Harry Denton f 119. 
Follia Farinelli's 89. 
Forster, Georg, 5 Teile deutscher Lie- 

dertexte im Neudruck 189. 
Francesco da Milano, Lautenist 132. 
Frank, Otto f 119. 

Freudenberg, Carl, Organ. 1847. 48, 20. 
Friedel, Zacharias, Orgelb. 19. 27. 
Fries, Wmlf f 119. 
Fritz, Dr. Alfons, Theater u. Mus. in 

Aachen 49. 
Fritzsch, Ernst Wilhelm f 119. 
Froberger, Joh. Jak., Orgel- u. Kla- 

vierwerke 76. 
Galloni, Giuseppe, Violinist 1691. 92. 

149. 

Gantzert, Berthold, Violin. 101. 102. 
Gebel, Georg Sigism., Organist 1749. 
47, 15. 

Gebel, Georg Sigism., Organist 1752. 

34. 38. 
Geldeswert urn 1690. 93. 
Genie's, Bud., 14. u. 15. Heft der 

Mozart* Gemeinde 13. 78. 



194 



Gentseh. — Ivanovici. 



Gentsch, Traugott f 119. 

Georg V. Kdnig von Hannover seine 

Leistnngen in der Musik 107. 
Gerdeissen, AlMsMm f 119. 
Ghysas, Eurysthenes f 119. 
Gilbert, Alfred t H9. 
Gill©, Karl, Biograpbie §4ff. 
Gimonini, Diskantist 86. 87. 
Giroud von St.-Croix f 119. 
Glarean, Heinrich 5 Briefe 170. 
Gieichauff, Rudolf f 119. 
Glettinger, Job., Organ. 1690. 46, 13. 
Gotze, Pauker 1842. 102. 
Goltermann t Flotist 108. 
Golz, Jeanne f 119. 
Gotthart, Georg, Organist 1568. 45, 5. 
Goudimel, Claude, 4 Cbans. 147. 
Graep um 1670 in Hannover 92. 
Grand, August t 119. 
Grandis, Vicenzo de, Gbordirektor 86. 

149. 

. Grandval, Leopold de t 119. 
Grasse, Abraham, Orgelbauer 1603. 19. 
Gratianini, Bassist 87. 
Grefinger, Wolfg. 173. 174. 
Gronemeyer, um 1670in Hannov. 91. 93. 
Grunsky, Dr. Karl, Musikgesch. des 

19. Jbs. 48. 
Grus, Leon t 119. 
Guiliani, Tenorist 87. 
Guitarrtabulaturen 133. 
Gumprecht, Kantor in Hannover 87. 
Haake, Posaunist 1842. 102. 
Haber, Dav. Wilh., Organ. 1739. 46, 14. 
Haberl's Jabrbucb 1902. 75. 
Handel, G. Fr. Biogr. 91. 92. 
Handel's Orgelkonzerte 177. 
Hagen, Walter t 119. 
Hagspiel, Oskar f 119. 
Han, Ulrich, 1476 Musikdruck. 190. 
Hanekam, Wilbelm f 119. 
Hannover's Hofkapelle Heft 6. 7. 10. 
Haupt, Orgelbauer, 1628. 241. 34. 
Heer, Job., Oboraules 131. 
Heidkamp, Peter f 119. 
Heindl, Max t H9. 
Heinemeyer, Ohristn. 1790 geb. 100. 

Flotist 102. 103. 150; 



Heinemeyer, Wilh., fitHwt 103. 150, 
lies Heinemeyer statt Steinemeyer. 

Heinrich, Cbrstn. Gottfr., Organist 
1762. 47, 16. 

Helbig, Jobann Wilbelm t 120. 

Helimesberger, Georg, Konzertmeister 
102. 

Henneberg, Albert f 120. 
Hennig, Adolf f 120. 
Herbig, Jochayn, Organ. 1564. 45, 4. 
Herman, Bartbolom., Organ. 1628. 24. 
Herner, Earl, Biogr. 104. 150. 
Heroux, Oboist 93. 
Herrmann, Cbrstn. Friedr., Kant. 1784. 
44, 12. 

Herschel, Jakob, Instrument 94. 95. 
150. 

— Jobann Dietrich, Violinist 94. 

Hertscb, Karl f 120. 

Hess, Agnes, siebe Bury. 

Hess, Friedrich Bernbard t 120. 

Hesse's Musiker-Kalender 179. 

Heusler, Michael, Organist 1603. 19. 

Heyden, van der, Violonoell. f 120. 

Heyer, Otto t 120. 

Higgs, Dr. James f 120. 

Hill, Wilhelm t 120. 

Hillmann, Emil f 120. 

Hillmer, Josef f 120. 

Hilscher, Chrstn., Organist 1657, 34. 

Hinton, Luther t 120. 

Hlavkova, Zdenka f 120. 

Horlein, Karl Adam f 120. 

Hoffmann, Priedrioh Wilbelm t 120. 

Hoffmann, Heinrich f 120. 

Hoffmann, J oh. Georg, Violinist 96. 

Hofhaymer, Paul, 9 Briefe von 1515 

bis 1525 173 ff. 
Hofmann, Joh. Georg, Organ. 1761. 38. 
Holland, Marie f 120. 
Holzer, Ernst, Schubartstudien 71. 
Hompesoh, Nikolaus Josef f 120. 
Horner, Melville J. f 120. 
Horton, Philander D. f 121. 
Hoth, Trompeter 1842. 102. 
Humbert, Bratschist 95. 
Hunstock, Fagottist 100. 
Ivanovici, J. f 121. 



limy. — 

ifttj, Alexander f 121. 
Jacob8ohn, Simon E. f 121. 
Jadaafohn, Salomon f 121. 
Jftger, Ferdinand t 121. 
Jahn, Franz Bernhard f 121. 
Jahrbuch von Haberl 75. 
Jannequin, 3 Chans. 147. 
Jiranek, Anton, 1 Trio, Neuausg. 148. 
Joachim, Jos. in Hannover 104. 
Johann Ernst, Brim von Weimar and 

seine Kompositionen 97. 
Kade, Beinh: A Werners Kantorei- 

Gesellschaft 151. 
Kader, Zawet, Paul, Organ. 1609. 46, 7. 
Kaiser, VioL 1842. 102. 
Kalandbraderschaften von Joh. Rauten- 

straach 111. 
Kalender der Harmonie 15. 
Kantorei- Gesellschaf ten 151. 
Kantoren and Organisten an St. Elisa- 

bet zu Breslan 41 ff. 
Kapellmitgliederin Han. 1852 m. 64. 108. 
Karg, Joh.Balthas., Kantor 1643. 43, 5. 
Karlon, Alois f 121. 
Kaschendorff, 8teph., Orgelb., 15. Jh. 17. 
Katalog der Bibl. Bruwel 11. 
Kataloge, s. Stuttgart, Westminster- 

Abtei, Berlin. 
Kayser, Emil f 121. 
Kayton, Heinrich f 121. 
Keilen, Balthasar, Organist 1628. 24 
Keilmann, W. t 121. 
Eeiier'i, Beinh., Opern 159. 
Keller, Otto, lllustr. Masikgesoh. 189. 
Kesthner, Micks, Orgelbaaer 1652.26.33. 
Kielmansegge, Baron von, Kompon. 88. 
Kiesewetter, Karl, Violin. 99. 101. 150. 
Kirchner, Kontrabass. 1842. 102. 
Kleiber, Karl f 121. 
Klingebiel, Viol. 1842. 102. 
Klotz urn 1670 in Hannover 92. 
Klughmrdt, Friedr. Aug. Martin f 121. 
Koch, Hornist 1842. 102. 
Kflhler, Ernst Friedr., Organ. 1827. 

47, 19. 

Kftler, David, 10 Psalmen 1554 Nen- 
aosg. 147. 
KOmpel, Aug., Viol. 103. 



de Loges. 195 

Kdnigshofen, siehe ToDarins. 
Kolbe, Violinist 1842. 102. 
Komarow, Was. Fed. f 128. 
Kopetzky, Josef f 121. 
Kothe Julias f 121. 
Kotsohetvera, A. f 121. 
Kranich, Hellmuth f 121. 
Kratue, Emil: Vokalmus., Kunstgesang, 
2. Anl. 12. 

— Vorlesungen a. Auffahningen 164. 
Kretzschmer, Herm., Biogr. Fr. Chry- 

sander's 73. 
Kristen, Organist 1761. 38. 
Kroyer, Dr. Theod. Lud. Sen! 161. 

— Die Anfange der Chromatik 176. 
Kiinozel, Bernhard t 121. 

Kuhn, Flatist 1842, 102. 

Kohn, Leopold f 121. 

Kyber, Kontrabass. 1842. 102. 

Lacombe, Andree f 121. 

La Croix, 1690 pensioniert 93. 

Laget, Auguste t 122. 

Lago, Carlo t 122. 

Lange, Aloysia, Biogr. 13. 

Lange, Edmund, Ms. des 1 1. Jhs. 75. 

Lange, Otto Heinrich, Pianist 103. 

Langer, Gustav, Chordirekt 104. 150. 

Langer, Victor f 122. 

Larizza, Vincenzo f 122. 

Lavigne, Emery f 122. 

Leclair latnl, Jean Marie: 12 Sonaten 
f. Violine u. aosgesetzten General- 
bass, Publikation Bd. 27. 16. 

Le Comte, Violinist 93. 

Lederer, Ferdinand f 122. 

Leeuw, Cornel, de, Biogr. 66. 

Leichtentritt, Hugo: R. Keiser 159. 

Leotardi, Giuseppe t 122. 

L'EvSque, Violinist 99. 

Levysohn, Hedwig f 122. 

v. Liliencron, ft. Chorordnung d. ev. 
Kirchenjahre8 162. 

Unde sen., Fagottist 95. 

Linde jun M Oboist 95. 

Lindner, Violoncell. 1842. 102. 

Liszt, Frz., Briefe an Karl Gille 64. 

Litzmann, B: Klara Schumann 13. 

de Loges, Oboist 93. 149. 



196 London. — 

London, Westminster, Musikkatalog, | 

Beilage. 
Lorenz, Hornist 1842. 102. 
Lotti, Fr., Instrument 93. 
Lotti, Matteo, in Hannover 87. 
Lontter (Lutter), J. Balthaa. Fl 

piecen 88. 91. 
Lucantoni, Giovanni f 122. 
Lubeck, F. W., Eonzertmeister 1842. 

102. 

Lttders, Musikdirektor 100. 
Lfistner, Karl, Totenliste 1902. 115. 
Lost, Cesar f 122. 
Lutter, J. B., Masikdirekt. 94. 
Lyra, Simon, Kantor 1578. 42, 2. 
M adrigal- Vereinigung in Berlin 97. 
Maillart, Instrumentist 1698. 93. 
Majaranowska, Honoree f 122. 
Malsch, Fagottist 95. 
Malwitzer, N. f Organist 1603. 19. 
Manco, Francesco f 122. 
Manuscript in Tetschen mit Neomen, 

11. Jh. 75. 
Manussi, Hans f 122. 
Mareesso, BartoL Sacm corona Mo- 

tetti 1656 mit Register 40. 
Marchetti, Filippo f 122. 
Marechall, P. Oboist am 1675 in Celle 

92. 

Marentio, Luca, 7 Motetten 75. 
Marietti, Chordirektor f 122. 
Marini, Biagio, Surge propera 2 v. 
40, 6. 

— Jesu dulcissime 3 v. 41, 16. 
Marschner 102. 106 Biographic 107 

seine Opern. 150. 
Marriage, Elizab. 9 Forster's deutsche 

Lieder, Nendrnck 188. 
Martin, Josephine f 122. 
Masella, Cajetan Aloisi f 122. 
Mathias, F. X., Die Tonarien 67. 
Matys, Job., Violoncellist 101. 102. 
Manrer, Eonzertmeister 102. 103. 
Mehlbose, Wilhelm t 7. Okt. 122. 
Meilinger, Josef f 122. 
Meinel, F. A. f 122. 
Meister, Earl Heinrich t 122. 
Menager, Ludwig f 122. 



Niemann. 

Mendelssohn a. Robert Schumann 30. 

Merian, Hans f 123. 

Mertenn, Organist (?) 1535. 45, 3. 

Meyer, Amalie f 123. 

Mezey, Wilhelm f 123. 

Michalek, Waclaw Bohumil t 123. 

Mignie, Instrument 1698. 93. 

Miguei, Leopoldo f 123. 

Minnegesang u. sein Vortrag 51. 83. 

Modrone, Guido f 123. 

Molitor, Raf., die offiziellen Choral- 

bucher 129. 
Mooare, Bass-Violist 93. 
Monferato, Natal, Dulce nft 2 v. 40, 2. 
— - Pecoator si 3 v. 41, 15. 
Morphy, Don Guillermo f 128. 
Morselli in Hannover 87. 
Mosbrugger, Tenorist f 123. 
Mozart, Leopold u. Wolfgang, Biogr. 

von EngL 13. 
Mozart's Autographe in Eoburg 13. 
Mozart's Verhaltnia m Seb. Bach 78. 
Mozart's themat Verz. s. Werke von 

1784—1791. 78. 
Mozart-Gemeinde, Heft 14, a 13. Heft 

15, S. 78. 
Mozarteum, Jahresbericht 1901. 13. 
Muratet, Charles t 123. 
Muret, M. A., 2 Chans. 147. 
Musikgesch. des 19. Jhs., §. Grunsky. 
Mutio, Tenorist 86. 
Nachbaur, Franz f 123. 
Nigel, Wilib., Beethoven und seine 

Elavier80naten 130. 
Naprawnik, Olga t 128. 
Navarren, Bassist 87. 
Nebel, Mathes, Orgelbauer 1603. 19. 
Nederlandsche Dansen, 4 hdg. 14. 
Neisser, Arthur: Agost. Steffani 14. 
Nelidoff, Eonstantin Petr. f 129. 
Nembach, Andreas f 123. 
Neri, Maxim ii, Ad charismata 2 v. 

40, 4. 

— Salve virgo 3 v. 41, 20. 
Neri-Baraldi, Pietro f 123. 
Nicholl, William f 123. 
Nicola, Karl, 1818 Violinist 100. 102. 
Niemann, Albert, in Hannov. 104. 150. 



Niemann. 

Niemann, Dr. W., fiber Adam v. Folia 
75. 

Noll, Joseph f 123. 
Nouvelau, Lesefehler 88/89. 
Oertel, Evelyn f 123. 
Oper, siehe Bulthaupt. 
Orgelwerke in Breslau 17. 
Osiander, Lucas, Ohoralb. Neuausg. 77. 
Osten, Viol. 1842. 102. 
Ostermeyer, Samuel, Kantor 1744. 44, 
11. 

Ottzenn, Kurt : Telemann's Opern 160. 
Paganini in Hannover 101. 
Palmieri, Oonte Franc., Intendant 92. 

149. 

Paul, Meister, siehe Hofhaymer. 
Payne's kleine Partitur-Ausgaben 15. 
Peelers, Charles f 123. 
Pellegrini, Bom, Armonioei concert! 

1650. 136. 
Perre, van der, in Hannover 9L 93. 
Pesori, Stefan©, Dun© e ftntaaie 1648. 

138. 

— Toocate di chitarriglia 1648. 136. 
Peters, 0. F. Jahrbuoh 73. 
Peters, Willy f 123. 
Petaser, Anton f 123. 
Petzold, Bratschist 95. 
Peazani, Camille f 123. 
Pfeiffer, Adolf f 123. 
Picoolomini, Maria Henry Pontet f 123. 
Pierson, Georg Henry f 123. 
Pignietta, Lantenist 1695. 92. 
Pillow, J. W. D. f 123. 
Pingel, Frl., Harfenistin 1842. 102. 
Piutti, Earl f 124. 
Pitt, Agathe f 124. 
Flumpton, Alfred f 124. 
Podesta, Auguste f 124. 
Pohsner, Job. Carl, Kantor 1832. 44, 13. 
Popp, Wilhelm t 124. 
Pott, August, Violinist 101. 102. 150. 
Prftger, Heinr. Aloys 103. 
Preis, Ohristoph f 124. 
Prell, Karl, Violoncell. 101. 102. 108. 
Pireoitt Musikdirekt. 94 95. 
Plrochorowa-ManreUi) Xenia Alex, f 
124. 

Monatih. I. MvtUcfttoli. Jahfgsag mv. 



— Sohftffer. 197 

Profe, Ambroniis: Organist 1633— 49. 

46, 9. 26. 34. 
PruTer, Arth., Seb. Bach u. die Ton- 

kunst 12. 
Pustet, Friedrich f 124. 
Raab, Toni f 124. 
Baake, Violinist 95. 
Badewald, Erasmus t Kantor 1563. 42, 1. 
Bameau's Werke, Gesamtausg. 80. 164. 
Bampazzini, Giovanni f 124. 
Batzenberger, Theodor f 124. 
Becaldini, Violist 86. 87. 
Bebling, Gustav f 124. 
Began, siehe Schimon. 
Beichelt, Viktor f 124. 
Bekowsky, von, Intendant f 124. 
Bemond, Marie f 124. 
Revius, im Hang, t 124. 
Bewend, mm 1670 in Hannover 91. 
Beyser, Georg, 1481. 1482 Musik- 

drucke 190. 
Biohter, Frz. Xav., 1 Trio, Neuausg. 
148. 

Rieger, David, Kantor 1732. 43, I. 
Biemann, Hugo, Biogr. Bellermann's 

179. 

— Grofse Kompositionslehre 15. 

— Neuausg. von Instramentalwerken 
148. 

Bitsohie, Charles G. f 124. 
Bonsard et la musique 147* 
Rose, 1818 Oboist 100. 102. 
Rose, Oyrill f 124. 
Bosen, Serena Anna f 125. 
Bovetta, Gio., Nigram tuam 40, 1. 

— O quando suav. 3 v. 40, 12. 
Bubinstein, Jacques f 125. 
Buokmich, Karl f 125. 
Buff, August f 125. 
Bunge, Paul, Die Tonarien 67. 109. 

— Peter Wagner's Einfuhrnng in die 
gregor. Melodien 29. 

Rupee, Georges f 125. 
Saohse, Trompeter 1842. 102. 
Saint-Croix, siehe Giroud. 
Sartorio, Antonio, Kapellmeister 87. 
Sauter, Severin S. f 125. 
Soh&ffer, Julius t 125. 
No. it. 12 



1S8 



Schantl. — Stuttgart, Kak d. God. 



BtiritiSk Josef f 125. 

Scheuileer: Nederland. Dansen 4hdg. 

14 

Schillio, Imle f 125. 
Schimon-RegaB, Ami f 125. 
Schinhan, siehe Raab. 
Schirmer, Albert f 125. 
SoMrctt, Alexander f 125. 
SoMiger, Oh. Dietrich, Violiniit 95. 
Selling, Heinrich f 125. 
Schleier, J*, Klavierfabrikant f 125. 
Schlesinger, Dr. Maximilian f 126. ; 
Schmidt, mm 1670 in Hannover 91. 
Schmidtbach, Fagott 1842, 102. 
Schmidt-Stegtite, Herm. t 125. 
Schmitt, Aloys, Hofpianist 101. 

— Biogr. 13. 

Schmitt, Georg f 1900. 129. 
Sohmitt, Georg Alois f 125. 
Sohmitz, J#ag., Guitarrtabulaturen 138. 
Schnabel, Georg, Organist 1527. 45, 2. 
Sobdffer, Peter, der Altera, o. 1490 

Musikdruck 190. 
Schdmburg, Gflnther f 125. 
Sohrieyer, Horniit 1842. 102. 
SchrBder, Fagott 1842. 102. 
Sohubart-Stadien 71. 
Selttlwp, um 1670 in Hannover 91. 
Schnh, Earl f 125. 
Schulz, Poaaanirt 1842. 102. 
Schumann, Klara, ©iii Ktastlerlebeii, 

von B. Iitzmann 13. 
Schumann, Robert, von Hermi. Abert 12. 
Schuster, Karl Wilhelm t 126. 
Schtoanebeck, nm 1670 in Hatmoret 

91. 93. 

Schwartz, Bad., Peter*' Jahrb. 73. 
Schwechten, Georg f 126. 
Sohwemer, Friedrioh f 196. 
Seefarth* mm 1670 in Hannover 92. 
Seemann, Klarinettist 100. 102. 150, 
Seiffert, Max, Btntehmde's Abendmasik 
73. 

Senespleda, GhneppBte i» f 126* 
SenfTs, Ladlr., Biogr. und Neuausg. 
seiner Werke 80. 161. 167. 173 If. 

— i©iao VerWnndang 182. 

— in Munohen 1§24 § 188. 



Senger, Alexander f 126. 

Serkowitz, Johann f 126. 

Sholny, Opernsfinger f 126. 

8icher, Fridolin, Biogr. 131. 

Siegert, Julius f 126. 

Simon, Dr. Paul f 126. 

Slowak, Karl f 126. 

Sogno, Vinceazo f 126. 

Span, Chstn., Organist 1681. 46, 12. 

Spiro, Jean Markus f 126. 

Spohr, Gustav f 126. 

Springer. Herm,, mr MueiktTpographie 

der Inkunabekeit 190. 
Stade, Dr. Wilbeim f 126. 
Stamitz, Joh., 6 Orchestertrios, Heu- 

ausg. 148. 
Starke, R., Organist an St fflMfbdt 

in Breslau 1894. 48, 22. 

— Die Orgelwerke der Binto w St 
Elisabet in Breslau 17. 

— Kantoren mad Organisteft m Si 
Slisabet m Bralni 41 £ 

— Orgelkonzerte 180. 
Staude, Viol. 1842. 102. 
Steenmann, Jules f 196. 
Stefei, Bassviolist 86. 

Steffani, Agostino, Biogr. 90. 14§. 

— Servio Tullio 14 
Stehling, Konrad Adam f 126. 
Stein, Karl f 126. 

Stenfcel, Kirl f 1301- 129. 

Sterzel, Kaiitor t 126. 

Stimmung, gleichsonwebe&de, im teak 

Orchester und Ohofgesftng 147. 
Stolz, TMttoe f 126. 
Stowiozek, Joseph, Yiolniii 101. 102 

Bratschitl 
Strakosch, Ferdinand f 126. 
Stratner, Georg Ckrstph., Vioeltspell* 

uwister 96. 
Streit, G. f 126. 

Strigelina, Michel, Xante* 1601. 43, & 
Strozzi, Barbara, Qmk dabit liril 11. 
Strunck, N. A., in Hannwer M «L 14t 
Stunner, Hemriah f 121. 
Stumpf, Violinist 101. 10&. 

SMAglkrt, Eflfalog ds* CPOdlMa Hi 

I 16./17. Jhs. Beilage. 



Siitiif. — Wedemeyer. 



m 



Sutor, Will., Mttftkdir. 100. 150. 
8voboda, Dr. Adelbert Viktor f 127. 
8**efinck's Werke, Qesamtaiisg. 80. 
Tamaro, Josef f 127. 
Tappert, Will., seine Tabulaturarbeit 
114. 

Tarditi, Horatio, Spargite flares 2 v. 
40, a 

— Viotoriam 2 v. 40, 9. 
Telemann als Opemkomponist 160. 

— 1 Trio, Renting. 148. 
Thibouville-Lamy t 127. 
Thiele, Gottfr. Ephr., Bassist 96. 
Thielken, Yiolagambist 1695. 93. 
Thomas, Rudolph, Kantor 1862. 44,14. 
Thomschke, Bernhard f 127. 
Thurlings, Dr. Adolf: Lud. Senfl 161. 

— sehweit. Tonmefster 131. 
Tiersot, Julien: Ronsard et la mus. 147. 
Tijdschrift Deel ¥11, 2. Stik 65. 

— 3. St. 178. 
Tillmetz, Louis f 127. 

Timotheos. Die Perser nach e. Papy- 
rus 78. 
Tipton, Dr. Benton f 127. 
Tftpfer, Oboist 95. 

Tonarius mm Jakob T winger von Kdmlgs- 
hofen, herausgeg. v. Dr. F.X. Mathias 
67. 109. 

Totenliste des Jahres 1902 von Lttstmer 
115. 

Trachat, Hans Georg, Org. 1628. 24. 

Trapasso, Elvira f 127. 

Trautner, Fr. Wilh., Evangel. Chor- 

verein in N5rdlingen 65. 
Trento, Mathio, Organist 86. 87. 
Trobadorlieder, herausgeg. v. Em. Bohn 

79. 

Trfltzschler, Kurt Wilibald von t 127. 
Tschaikowsky, Peter, Biogr. v. Hruby 30. 
Tubeuf, Louis-Eugene f 127. 
Turba, Sidonie f 127. 
Tvany, Alexander f 127. 
Twinger's Tonarius 109. 
Umlauf, Karl J. F. f 127. 
Unger, Heinrich f 127. 
Urso, Oamille f 127. 
Vaas, Bratsch. 1842. 102. 



Vahlbruch, Bratsch. 1842. 102. 
Valentinianus, Gregor, 1 Brief 1516.188. 
169. 

Valoix, Instrument in Hannover 92. 93. 

van der Fink, J. C. f 127. 

Vater, Martin, Orgelbauer 87. 93. 

Yenago, Bassist 87. 

Venturini , Francesco , mutmafslicher 

Verfasser einer Kantate 88. 89. 91. 

93. 94. 
Venturini, C. Bassist 86. 
Yerzeiohnis niederl. Druckw. 66. 
Yesi, Simon, O vos omnes 3 v. 41, 21. 
Vezin, Jean-Bapt. 94. 
Vezin, Pierre, in Hannover 91, um 

1680, 92. 93. 95. 
Vezzosi, Concetto f 127. 
Victoria, Lodovico da, Gesamtausg. von 

PedreU 147. 
Yietinghoff-Scheel, Baron f 1901. 129. 
Vigne, Philippe La, um 1675 Kapelhn. 

ia Cell© 92. 
Villafiorita, Giuseppe t 127. 
Viseur, Joseph-Napoleon f 127, 
Vtafe, Janesi f 127. 
Yogel, Sarah E. f 127. 
Vogelmeier, Martin, Organ. 132. 
Yolkmann, Robert, Biogr. von seinem 

Bruder 109. 
Yolpe, Gio. Bat, detto Rovetta: Jeiu 

mi 2 v. 40, 5. 
— O sacramentum 3 v. 41, 19. 
| Wachtel, Theodor, in Hannover 104. 
Wackwitz, Franz f 127. 
Wagner, Gottfried, Kantor 1615. 43, 4. 

1630, 17. 24. 
Wagner, Peter, Einfuhrung in die greg. 

Melodien 1901. 29. 
Waldmann, Otto f 127. 
WaUerstein, Viol. 1842. 102. 
Warden, David Adams f 128. 
Warren, Georg William f 128. 
WansmaiMi, Karl f 128. 
Watson, John Jay f 128. 
Wauer, Wilheim f 128. 
Weber Johannes f 128. 
Weber, Karl M. von, 2 Lieder 75. 
Wedemeyer, VioloncelL 1842. 102. 



200 



Wehn. — Zois-Edelstein. 



Wehn, Fritz f 128. 
Wehner, A., Kapellm. 103. 
Weichhold, Jot., Organist 1628. 24. 
Weidenbach, Johannes f 128. 
Weinmann, 0., Der Minnegesang a. s. 

Vortrag 51. 
Weis, Priedr. Wilhelm, Biogr. 159. 
WeMstorfer, Jobann f 128. 
Weldige, A. Emanuel, Falsettist 96. 
Wen&ler nnd Kilohen, in Basel 1488 

Musikdruek 190. 
Werner, Arno, Kantorei-Gesellschaft 

151. 

Werner, Karl Ludwig f 128. 
Wesendonk, Mathilde f 128. 
Westhoff, Joh. Paul, Violinist 96. 
White, Adolphos Charles f 128. 
Wiehl, Violoncellist 95. 
Wilcken, nioht Wucken, Bratsoh. 95. 150. 
Willige, Oboist 1842. 102. 
Wilisius, Jacobus, Kantor 1688. 43, 7. 



I Wilsius, Jacobus, jon., Kantor 1695. 
43, 8. 

Wirbach, Martin, Organ, m. Kantor 

1748. 43, 10. 
— Ohordirektor 1761. 38. 
Witte, Viol. 1842. 102. 
Wolff, Hermann t 128. 
Wolfgang soil Grefinger 173. 174. 
Wolle, urn 1670 in Hannover 92. 
Wotquenne's, Alfr., Oatalogue 11. 
Wullner, Franz f 7. od. 8. Sept. 128. 
Zawet, siehe Kader. 
Zelle, Friedr., Osiander's Choralbnch, 

Neoansg. 77. 
Zentschner, Tobias, Organist 1657, 34. 
Ziani, Pietro Andrea, 8alve regina 

3 v. 41, 18. 
Ziegler, Karl Gottl., Orgelb. 1759. 

37. 

Zimmermann, Lantenist 86. 
Zois-Edelstein, Hans von f 1887. 129. 



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