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Full text of "Musikalische Monathsschrift 1792"

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MUSIKALISCHE MONATHSSCHRIFT. 



-i 



E.H S'T'E 5 .STUCK, 
J n I i u s i 7: 3.2* 



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BERLIN, 
in tier neiien. Berllnifcli'en Mufikhandlungi 



u 



I n h a 1 t. 



• - Scite 

i. Ueber die Natur der Tone, von Hrn. 
Prediger Horftig zu Eulo in der Nieder- 
laufitz. * 

s. Rezenfionen. 

a) Ueber Kunzens Holger Danske dder 
Oberon. 5 

b) — Witthauers 6 Clav. Son. fur Lieb- 
haber und angehende Clavierfpieler. 
ifte Sanuul. 14 

c) — Rufts Allegretto graziofo con Varia- 
zioni. 16 

3. Berichtigungen und ZuTatze zmn Gcr- 
berfchen Lexicon der Tonkunftler etc. 
von J. F. Reichardt. * — 

4. Starke des Konigl. Preufs. Orchefters im ' 
Jahre 1791. 19 

5. Nachrichten aus Briefen; aus 

a) B — nn, 20 

b) Gattingen, c) Frankfurt am Main, d) 
Stra&burg, fix 



Seite 
e u. f) Pari*. 22 

6. Nachricht von merkwurdlgen Tonkiinft- 
lern< fiS 

7. — ■ — von einem neuerfundenen mu- 
fikalifchen Inftruuxente , welches bisjetzt 
noch keinen Nahmen hat, und das mart 
etwa Nagelclavier nennen konnte, aus 
Deflau. fl/j. 

8. Mufikauffiihrung in Berlin. 0,5 
g. Proteftation des Hrn. CanonikiM Sterkel. — ■ 

10) Fingerzeige fur denkende und forfchen- 

de TonkilnJUer. M 

11) Anekdoten. aj 

Mufikjliicke. 

1. Chanfon de Nicodeme dans la Iune par 

le coufin Jacques. So- 

2. — — — — — — 3i 

3. Der Wald. In Mufik gefetzt von J. F. 
Keichardt. 3ft 



Mufik zu Goethe's Werken, 
i)oH Johann Friedricji Reichardt. 



Unter diefeni Titel kiindigen wir dein inu- 
fikalifchen Publikum die glucklichfteh und vol- 
lendetften Arbeiten des Hrn. Capellmeifter Rei- 
chardt an, zu deren Empfehlung wir hier nur 
fagen ltiogen, dafs Poefie und Mufik vielleicht 
nie fchoner und inniger vereint einhergingen, 
als in den Arbeiten diefer beiden fiir einander 
gefchafFenen Manner; Der erfte Theil wird die 
Couipolitionen zu alien fangbaren Oden und 
Liedem dus achten Bandes der nenen Ausgabe 
von Goethe's Schriften enthalten. Man prantt- 
merirt oder fubfcribirt daranf nach Gefallen Ri- 
iteii Thaler (den Friedrichscl'or zu 5 Rthlr. ge- 
rechnet). Sobald fich eine hinlangliche Anzuhl 



Liebhaber ge'meldet haben, wird der Druck be- 
gonnen und die Zeit der Erfcheinung des erften 
Bandes befununt, zugleich auch der zweite Band, 
der das Singefpiel Enuin und Elmire enthalten 
wird , angekundigt werden. Aufser der unter- 
zeichneten Handlung nehmen alle wichtige deut- 
fche Mufikliandlungen, und Buchhandlungcn die> 
fich niit Mufikalien abgeben, Subfcription und 
Pranuineration an. Jedein andern, der fich da- 
nu't bemuhen Will, geben wir das 6te Exempl. 
frei. 

Berlin, den loten May, 1792. 

Die neue Berlinifche Mufikhandlung. 



MUSIKALISCHE MONATHSSCHRIFT. 

EPtSTES STUCK. 



/ u I 



i u s i 7 9 z. 



1. Ueber die Natur dei- Tone. 

Vom Uerrn Trediger Horjlig zu Eulo in der Niedcrlaufitz, 



Wir haben in unfrer dcutfchen Sprache ver- 
fchiedne Ausdrikke fiir die Empfindungen, 
vrelche in nnfe-" Gehororganen erzeugt vverden. 
Die vorzuglichften darunter find dieWorter: Ton, 
Schall, Laut nnd Klang. Mit dem Worte Lant, 
bezeichnen wir im weiten Sinne alle und jede 
F.indriicke, die auf unfer Ohr gemacht werden, 
im engern Sinne fchliefscn wir die Tone insbe- 
fondre davoj) aus. .Schall bedeutet gewohnlich 
einen undcutlichcn Lam, der im Anfange ziem- 
lich heftig empfunden vvird, der fich aber nach 
nnd nach fchw.icht nnd znlet/.r ganz verliert. 
Das Wort Ivlang brauchen wir gern vom Zufam- 
iiK'ii.v'mcn veiithiedner Korper; daher fagen wir 
Wohiklang, wenn diefe Ktirper mit einander iiber- 
eiiutiinnien. Znweilen brauchen wir es aber audi 
mir von eincni K6rjn>r, der ans verfchiedenarti- 
gen Theilen zufanuuengefer/.t ift. Z. B. von einer 
Giocke. DerAusdrnckTon unterfcheidet fich von 
alien vorhergehenden durdi verfta'ndlichcEmpnn- 
dung des Holicn nndTiefen, oder wenn man es 
genauer zergliedert, dnrch die einformigen nnd 
regelmafsigen Schwingungen derLuft, die unfer 
Ohr crfchi tttem. 

Weil dadurch nnfre Gehornerven ebenfalls 
einfiinnig; nnd regelmal'sig erfthi'utert werden, 
dicle Erldiiiiterung aber cine angenehme Etnpfin- 
dnng vernrladit/r.) find ans dem Grunde die 
Tone unlcr all«.Mi Goin'ireinpfuidungen die einzi- 
gen, vvilche auf Sdidnhuit geeriindetc Anfpriiche 
uiachcn und dadurch ciii Gegenftand fiir den Ge- 
fcbuiack werden ktinncn. D.iher konvmt es, dafs 
die Tonkuid'l oder Mnlik ihren Rang unter den 
fchonen Kiinfl.cn gefiniiieu l.at,- deren e.i°"entli- 
clier Zweck es ift, da» Schone den Menfchen 



geniefsbar zu machen. Schcin aber nerinen wir 
alles das, was unmittelbar angenehm unfre Sin- 
ne rulirt. 

Der Sinn des Gehors gehort, fo wie der Sinn 
des Gefichtb, ohne Widerrede unter die edlern 
und vorziiglichern Sinne, die fich von den nie- 
drigern, grobern Sinnen des Geruchs, Gefchmackg 
und Gefiihls befonders dadurch untcrfcheiden, dafs 
fie fich cines Mittolorgans bedienen, ohne welches 
in ihren Wcrkzeugcn keine Empfindung moglich 
ware. Diefes Mittelorgan heifst beym Ohre, Luft. 
Es ill nicht moglich, dafs wir etwas durchs Gehor 
empfinden kiinnen, ohne dafs die Luft erfchiittert 
werde, die nnfer Ohr umgiebt. Ich wahle mit 
Fleifs den Ausdruck EiTchiitterung, weil das Wort 
Bcwegung zu wenig fagt. Die heftigfteBewegung 
der Luft bringt fo lange keinen Laut hervor, als 
fie in einer vollig graden Richtung fortlauft. Der 
ftarkfte Wind kann mein Ohr beruhren, ich bore 
ihn nicht eber, bis die von ihm bewegten Baume 
die Luft erfchiittern, oder meine fliegenden Haare 
und Kleider ein Geraufch verurfachen, oder an- 
dre dem Winde enlgegenftehende Korper durch 
ihr Aufhalten ein Saufen hervorbringen. Ini Ge- 
gentheile kann der leifefte Hauch in eine Pfeife, 
die zartefte Beriihrung einer Ilanuonikaglocke 
eine fehr lebhafte Erfchiitterung in der Luft er- 
zeugen. Dafs wir unter dem Worte: Erfchutte- 
rung, ein fchnelles Hin - und Herbewegen ver- 
ftehn , giebt fchon der Sprachgebrauch. 

Lufterfchutterung kann alfo keine andre Art 
von Bewegung, als eine folche andeuten, wo die 
Luft in Tehr fchnellen Zeitranmen hin und her be- 
wegt wird. Eine folchc Bebung der Luft ift es, 



die fich in nnfer Ohr driingt, untl dafelbft einige 
kleine, unlufdirdblidi kimillidie Werkzeuge in 
Bewegung fet/t. , vernioge welcher unfre Nerven 
affidrt werden. Diefe Nervenfchwingungen ftim- 
nien mit den Eindrikken, welche die Luft in un- 
fern Gchihorgane.n erzengt hat, auf das genaufte 
i'l herein. Sie find ftark oder fchwach, fchnell oder 
langfam, regelmafsig oder unregelmafsig, je nach- 
dem es die Lufterfdiultenmgen find. Auf diefe 
Art find wir ini Stande, den Unterfdiicd der Lau- 
te oder Tone zu vernehmen, der fich auf die 
zahllufen Verfchiedenheiten von Lufterfchutte- 
rnng griindet. Diefe Verfchicdenheit findet ih- 
ren erlten Gnind in der verfchiednen Befchaffen- 
heit der Kijrper, welche durch ihre Erfchutternn- 
gen die Luft in Bewegung fetzen. Es wi'irde uns 
unmoglich feyn, einem Korper cine folche Be- 
hung initzutheilen, wie zur Er/eugung eines 
Tons erfordert wird, wofern nicht alle nati'uli- 
chen Korper, bald mehr, bald weniger die merk- 
wi'irdige Eigenfchaft batten : jedem Eindrucke, 
der auf fie von einem andern bewegten Korper 
genmclit wird, augenblicklich zu widerftehn. 
Diefe Eigenfchaft nennen wir ElahMcitat. Sie ill 
es, der wir alle unfre Gehdrempfindungen zu 
verdanken haben. Wir nennen aber nnr die Kor- 
per elaftifch, bey denen fich diefe fonderbare Ei- 
genfchaft in einem merklichen Grade iiufsert. In 
(lem Augenblicke, wo die aufsern Theile eines 
folclien elafiifchen Korpers von einem fremden 
Koi-per beri'ihrt, und zwar fo beri'ihrt werden., 
dafs fie aus ihrer vorigen Lage weichen mi'uTen, 
ohne dafs der Korper felbft weichen darf — in 
demfelben Augenblicke ftreben audi diefe Theile 
fchon wieder zuriick und treten wi'uklich wieder 
in ihre vorige Lage , fobald der Druck auf hort. 
Dauert nun diefer Druck nicht langer, al3 der 
Zeitraum a - oii einer Schwingung, der- n ein fol- 
cher Korper vermdge feiner Spannkraft fahig ift, 
fo entftcht daclurcli eine Erfchi'itterung in dem 
elaftifchen Korper, von deren Dafeyji man fich 
mit dem Auge fugar iiberzeugen kann, wenn man 
nur zum Beyfpiel mit einem h.iiten Korper eine 
Glocke beri'ihrt, die man zuvor nut feinem Sande 
iiberftreut hat. 

Auf diefe Art nun wird die Luft, welche (]en 
crfchiitterten Korper umgiebt, ebenfalls vernioge 
ihrer Elafticitat in eine Erfchuttertmg verfetzt, ilie 
der vollkommen ahnlich feyn nails, welche fie 
erzengt hat. Diefe Luflerfchiilterung pflanzt fich 
von alien Seiten des beriihrten Korpers urn fo 
weiter fort, je heftiger die Luft erfchiittert wiir- 
de, und je weniger lie durch die in iiir befmdli- 
rhen Waller- oder Erdiheile von ihrer Spannkraft 
verlohren hat. Trift fie auf ihrem Wege ein Ohr 



an , fo erzengt fie in demfelben die Emp.fmdung, 
wekhe wir Horen nennen. 

Die elafiifchen Korper konnen aber auf eine 
doppelte Art erfchi'iUert werden, entweder dmxh 
einen ein/.elnen Stofs oii-r. durch eine fortgefetz- 
te Bcriihnmg. Das erfie haben wir zu erkla'ren 
verfucht. Das andrc wollen wir jetzt erklaren. 

Man denke fich eine aufgefpanntc Violin- 
fayte. Man beriihre i\a mit einem gewohnlichen 
Bogen. Irulem es fdieint, ais wollten wir die 
Sayle damit fortftofsen, weicht fie auf einen Au- 
geublick um lo \ iel zuri'ick, als es der Grad ihrer 
Spannung erlaubt. Diefe Spannung aber ift audi 
Urfache, warum fie nii.lit weiter weichen kann, 
als fie mit Gewait zuruckgedriickt wird. 

£ Sobald nun die Sayte nicht mehr weichen 
kann, glitfcht fie Ichnell unter dem Bogen hin- 
weg, um ihre vorige Lage einzunchmen. Sie 
wird aber von dem fortftreichenden Bogen augen- 
blicklich wieder gefafst, und aufs neue aus Hirer 
Lage verdra'ngt. D.u lurch entflelit alsdann die Er« 
fchutterung, welche den Ton dizeugt, und dio 
nothwendig fo lange in glehher Starke fortdauern 
mufs, als ich den fortftreichenden Bogen an die 
Sayte drucke. 

Aber nicht jeder Laut, den wir vernehmen, 
gleicht dem Tone einer Violinfayte. 

Es wird alfo noting feyn zu unterfuchen, 
woher es konnne, dafs manche Korper, wenn 
fie beriihrt werden, nur einen nuverfi.'indlichen 
Schall von fich horen lalfen , andre hingegen ei- 
nen verfta'ndlichen Ton angeben , bey welchem 
man Hdhe und Tiefe unterfcheiden und benier- 
ken kann. Alle Korper in tier Natur find aus un- 
zahlichen einfachen TJieilen zufanuncjigefnizt. 
Diefe einfachen Theile kiumen Ti'.h cin.-uuler ahn- 
lich oder uri.ihnlicJi feyn. YiMl'ig rcine Ki'iiper, 
deren Beftaniilheile alle ohne Aiisualmic einaniler 
vollkommen alndi.h uaK.-n, lalfen. fich uirgends 
aulreffen. Die Koiper unlerh lieiden fich aber 
doch gar merklich. vmi cinandcr durch den grd- 
fsern oder geringern Gra.i ihrer Beinigkeit. Man 
vergleidie nur einmal IJolz und Glas, — eine 
Schnnr und eine D.irmfayte mit einander, um 
fichliievon recht (innlidizu iiberzeugen. 

Je reiner nun aber ein Korper ift, je gleich- 
artiger die Theile find, aus denen er beflelit — 
defto gleichariiaer mufs die ErfchiUterurig feyn, 
in die er bey jeder fremden Beri'ihruns verfetzt 
wird. Jeder einzelne Theil weicht. al-f.mn bey 
der Beri'ihrnng umfo viel zuriick, als alle andern 
zuriickweichen, jeder nimmt feinen vorigen Plate 



in demfelben Angenbl'ike wieder em, wo ihn 
alle tibrige Theikiicu » innelunen. Dies erzeugt 
eine Bebung, die nut iltm Gettihle des Reinen 
11 ml Kinlaciien uiilenn Olive fchmeichelt, urul 
vnti der wir eeuiungen werden, zn fagen, dafs 
fie viel fdumer tind anmuthsvoller anf unfre Ner- 
ven wiirkc, als jede andre Bebung, die tins die 
verworrne, nntereinander laufende Ungleichheit 
ihrer Schwingungen empfinden lafst. 

Das Wefen des Tons beruht alfo anf der 
Gleidiformigkeit von Luftfchwingungen , die un- 
fenu Otire einplindlich werden, unci unlern N er- 
ven ebenfalls eijie gleichformigeSchwingung init- 
theilen. In dein Grade, worm diefe Glcichfor- 
jnigkeit nns intmer inehr empfmdbar wird, in 
dcudelben Grade wachft auch die Reinigkeit des 
Tons, den wir einpfmden. 

Jeder denkende Lefer wird hoffentlicli ein 
Vergniigen darin finden, die Betrachtungen fiber 
die Entftehungsart dell'en , was wir Ton zu xien- 
rien pilegen, welche ich durch das Vorhergehcnde 
liabe veranlalfen wollen, bis ins Unendliche fort- 
znfetzen. Sie werden ihn dahin leiten, dafs er 
von felbft einfehen wird: Ton unterfcheide /ich 
vom leeren Schalle durch die deutlich bemerkten 
gleichzeitigen Bebnngen der Luft. Danus er- 
giebt fich von felbft, dafs der Ton eine glcichfor- 
anige Beriihrunsc dcrNerven er/eugen niidfe ; und 
cine naliere Unterfuchuiig der nattirlichcn Be- 
fchaffenhcit unfejs Nerve: jgebandes lehrt ans, dafs 
in einer foldien gleithlormigen Erfchiitterung un- 
l'rer Nerven das Wefen einer jeden angenehmen 
Empfindung zu futhen fey. *) Hierin liegt der 
Grund, warum der Ton jedem Menfchenohre an- 
gendnner feyn mufs, als der bloll'e Scball. Ich 
zucille, ob man der Behauptung etwas griindli- 
ches werde entgegen fetzen kiinnen, dafs wir nach 
unferm Sprachgehraiuhe alle Dinge fchon zu nen- 
nen p/legen, welche fa'hig find, eine Nervener- 
i'chiitterung unmittelbar Jiervorzubringen, die 
von einer angenehmen Empfindung begleitet 
wird. **) Diefe Wahrnelnnung berechliget un$, 



den Tonen das Pradicat von Schonheit beiztile- 
gen, welches wir dem leeren Schalle nicht ein- 
raumen durfen. Jeder Ton an fich macht eine 
abfolute Schonheit ans. Aber diefe Schonheit 
kann nach Verfchiedenheit der Materie, welche 
die Erfchiitterung erzeugt, und der Organe, wel- 
che die Erfchiitterung auffangen, unendlich ver- 
fchieden feyn. 

Je nachdem der Ton reiner oder nnreiner, 
holier oder tiefer, Jftarker oder fchwacher ift, je 
nachdem kann er auch von meinem Ohre ange- 
nehmer oder unangenehmer empfunden werden. 

Was die Reinigkeit des Tons betrift, eine 
Eigenfchaft delfelben, die fich durch das unver- 
mifchteGefiihl vollkonunen gleichzeitiger Bebun- 
gcu anki'mdigt, fo ift es unleugbar, dafs je mehr 
dem Tone von diefer Eigenfchaft zukommt, defto 
angenehiner mufs auch die Empfindung feyn, die 
er hervorbringt , das heifst , je reiner der Ton ift, 
defto fchoner mufs er feyn. 

Man verwerhfele diefe Reinigkeit nicht mit 
dem, was der Tonkiinftler gewohnlich unter Rei- 
nigkeit des Tons verfteht, wenn er ihn mit an- 
dern Tonen vergleicht, die entweder in der Har- 
monie zngleich gehiirt werden, oder in der Me- 
lodic auf einander folgen. Hier ift die Rede 
nur von einfachen Tonen, die aufser alter Ver- 
bindung mit andern Tonen betrachtet werden. 

Ein folcher einfacher Ton ift um fo viel 
reiner, 

1) je reiner die Made ift, deren .Erfchiitte- 
rung den Ton hervorbringt. Rein ift die Mall'e, 
wenn fie ans lauter gleicharligen Theilen be- 
fteht. Gleichartige Theile bringen eine gleich- 
formige Erfchiitterung hervor, und auf diefer 
allein beruht ja die Reinigkeit jedes einzelnen 
Tons. Man beurtheile nach diefen Gefetzen die 
verfchiedne Wiirkung, welche einzelne Tone 
verfchiedner Arten von Inftrumenten hervor- 
bringen. Unter alien tonfa'higen Malfen ift una 



*) D.u Ncrvcn beruhrt werden niiiflen, wenn cine 
J'.mjjiiiiiliiiii; Li/.in^t werden foil, dariiber winl 
ki.iu Siri.ii enuichen ; aber von wcldicr Art die 
J'.ci uliiuncj fi-vn ninlii', wenn man die F.nipfin- 
(binu; aii£eiirliin m>iiiir-u foil und welche Galtung 
von " Jii^t Hi-linicn F.inpilndiinAen den N.dimen fchtv- 
jiir JiinjiJiiidiiiii'f'i yinli<ne,~ darflbcr hat man fich 
bi$ di'lt-n Au^enblick nodi niclu fo ganz vcrehii- 
gen Lonnen. 

**) Alle fclirtnen FmpfinJiuijren munen zn»leirh an- 
geuebuia Enipfindioig«ii l«yn. Aber uich't jedu aa- 



eenehme Empfindung yevdicnt den Nalimcn einer 
Fcliiiiien F.mpJiiidui'i;T Der Anbliak eines nn»e/i.il- 
tcien Hol/Jianfeiis Kann bey einer felir [ireni'en 
Wiuterkalte tin felir angcnehines Gefchl in inij* 
crzenjien, fo wie das Ranfclien des Fufstritts ei- 
ner mir bekannien, gelicbicn VeiTon. Nicht der 
finnlichc Eindnick, fondtrn die dadurch erweck- 
ten Ideen find cs t die in beyden Fallen meiite 
Nerven in cine fitfse Bebmis; verfetzen. So fchwa 
diefe Tdei'ii feyn kiinnen, fo >vnnig branchen e* 
die fiiinliilicii "Ge^enfMn.le y.n (eyn, "Vrelche fie zu* 
f.illi^erwc-ife verajilalst lia'ozu. 

A a 



gegenwiirtig wohl keine rein ere bekannt, als 
GI1S3 (e? miikte denn cine ausgefudit feine 
Darmhdie feyn), *'t <-'"> daher wold eiii W'tin- 
der, wenn nodi Kcin Ton von irgcnd ciiiClll 
Initruinente den Ton cincr Harmonica an Rei- 
nigkeit erreidit hat. *) Wenn die Erbauer uri- 
frer nmfikalifdien Infinuuente nur auf diefen 
einzigen Umfland mehr Bi'ickfkht neiuuen woll- 
ten, wie viel wi'irde nit'.r fdiun dadurdi die 
Tonkunft an Yollkmnmenhcit gewinnen ! Aber 
wie mandie Pllichten lallen fid) audi biennis 
fur den practifdien Tonkimftler abieitcn, theils 
dafiir ?n forsen, dais iein hifrruuient Jich nie 
mit frentdartigen Tlieilen vermifche, theils aber 
and) darauf zn felin , dafs die TJieile des In- 
/huments , wekhe bey der Hervorbringnng dec 
Tons der umuittelbaren Beriihrung ansgefetzt 
find, nut vorziiglkher Sorgfalt gewahlt werden. 

2) Der Ton ift ferner um fo viel reiner, 
je mehr der tonende Korper von andern unrei- 
nern Kurpern abgefondert und ii'oKrL werden 
kann. Mit irgend etwat mufs jeder tonende 
Korper wohl gefafft werden. Aber da die Er- 
fahrung lehrt, dafs jecier bewegte Korper feine 
Beweg)ingen den Kbrpern mittheilt, die ihn 
zunachft beriihren, fo hat man anf der Einen 
Seite dafi'vr zn forgen, data der tonende Korper 
von folcben Dingen umgeben fey, die ihn we- 
der in feinen Scliwineungen hindern, nodi die 
Sdiwingungen atifkmgen nnd durch ihre unrei- 
nen JVIaflen fortpfl.mzen : auf der andern Seite 
nmls man fidi hiiten, bey Hervorbringnng des 
Tons den Korper, wekher tiinen foil, auf eine 
Art zu beriihren, wekhe die Erfdiiitterung des 
Korpers augenblitklich hemint oder ungleichfor- 
mig madit. Beyfpiele zu diefen Erfahrungs- 
Xatzen laffen fidi in Menge denken. 

5. Der Ton ift aber audi um fo viel rei- 
ner, je reiner das Mittelorgnn , die I.uft ift, 
wekhe feine Fibrationen nnfern Gehornerven 
amttheilt. Um meinen Lefern liievon nur eini- 



ge Begriffe zu geben, bifte idi fie, fidi an das 
Vergmiiien zu erinnern, wehhes il . * ompi inidt-n 
haben, wenn bey eineui fti'.lsn, ru'.igen Abeii-le 
einc .Mn/ick aus der Feme iii.H'n vii>.^f,on k-nt--, 
oder weini fie be.y cineiri f/i'ihen M-Jigon zu der 
Zeit, wo die gauze Natur nodi um iie her in 
tiefen Sdi'.uminer verfenkt war, durch fanl'le 
Tone geweckt wurden. Wir tinmen uns un- 
inoglkh von alien den Eindri'icken Berhenfdiaft 
ablegen, die am geraiifdivolleu Tage durdi rau- 
fendlaltige Lufterfdiutleiungeri auf nnfer Ohr 
gemacht werden. Wir glaiiben vielleidit nur 
einen Ton zu horcn, weil grade diefer Ton 
jetzl die ftarkften Bebungen in uniem Gelior- 
iierven hertrorbihigt ; und tlodi wird diefer eine 
Ton von viel en taufend Erich it iLviungeri der 
Luft durdifdmitten und dutthkreuzt, die voil 
alien Seilen her, aus dtr N.ihe und Feme, auf 
uns eindiirigen; die fidi duixh die feinlien Ouf- 
mmgen unfrer verfihlofgr.en Tiniren, durdi die 
unfiditbarften Fugeu mehrerer Dielen und Wan- 
de einen Weg zu miferm Ohre bahntn. Nun 
denke man /ich das dumpfe Geraufdi mehrerer 
Concertfale und mufikalifdien AJiembleen — die 
Gegenwart fo vieler AJenfchen, von denen jeder 
eir.zelne d<)di irgend einige TJieildien Luft in 
Bewegung fetzt — man denke ildi die median!* 
fchen Verriditungen aller der Werkzcuge, deren 
fortdauernde Beweglichkeit die Tone hervorbrin- 
get; olme nodi auf die Eindrucke zu rechnen, 
weldie von aufsenher durdi die erfchiitterte Luft 
in den Verfannnlungsfaal eindringen werden, fo 
kann man leicht begreifen, dafs fehr wenig Men- 
fchen von der Annuilh und Siifsigkeit reinex 
Tone deutliche Vorftellungen haben inogen. 

Alle diefe Betrachtungen, verbunden nxit den 
vorigen, geben es uns den'Tub genug zn erken- 
nen, dafs die vollkonimenfte Pic ir.igkeif des Tons 
ein lileal fey, rkin fich dor Ki'mftler uhne Auf- 
In'iren nahern kann, olme es jenuils vollig zu 
eireidien. 



*) Fan ftberan. 1 ! wfhltfames Mhtol, den Ton «n 
vcikJioiicru, und die Unreini^iviu dtr M.in't- cints 
toiicndca Kurptrs durdi Kiin'ft *n vcrlicfli 111 , ift 
dk- Rt fraction der Tciuc. i\I<ui miifs mlimlidi, fo 
viel cs nnr iinmcr die Scliw'.iclic des Tons ( rlan- 
bcii will, zn vcrliindern FuditMi, dafs dtv Lnft- 
fuil5, .Icr don Tun fortiifl.m/.t , niclu in cr.idt>r 
JLim'i- das OLr L'-rfllire. l).idtirch wird in dtv Ma- 
lik die ndimliche Schonlicit er/engt, die in der 
lWdliltivy durch din Reflexion der LicJitfir.ihku 
bcjrii Ilcllduukd fu.iitl..ir wird. Um iieli d.ivoti 
Bc&riRc zn nindiciii diirf man fich nur die .uijic- 
iivJfin\e £)npfiiiduwg verg. -euwirtijjcn, die iu iin» 



durdi cinr Mufil aus der Feine oder in einem he- 
n.!c hb.11 n.n Ziinii!' r trw.tkt wird. Man ciflW. mid 
deckt tin Kl.wier und btoljadiie den Un.tiichied, 
Vrcli her St, m findci, wenn der Ton cnuvtdcr den 
Ci.idi'ii \V ( ji zn unft.rm Olnc iiehmen Luui, oder 
durdi ('n;vvti>. cijlnn f»;« *eitet wird. l»n crOeni 
l'A\t ifi. die "r.ni'»fiudimc in u 11 form Olive allcr- 
din^'! /i.irktr uncf klh.iFter, aln'r audi ?.iij>lcidv 
miner und im.iiiji« nchiner, als in dem zweyteu 
I'alle, wo die Lull um vicles gefinfiijiel nnd »c- 
jiiikleri in unfer Ohr driuilt, nnd un'i Weni^er 
den tc.iicndeii Koi^per mit alien fcincn Jkitaudtlwi- 
len, als den Ton fdbft tmpfmden l.ihi. 



Wenn iibvigens die Schdnheit eines einfa- 
chen Tons einzig und allein auf fciaer Reinig- 
keit beruht, lb wiirden alle Menfihen duriiber 
cinig feyn, was fi'ir ein Ton das feyn miiife, 
dem nun Schimheit nitht abfprechen konne. 

Allein dcr Ton hat noch fo manche andre 
Eigcnhhaftcn, wodurch er in uns eine bald 
nu-'hr, bald weniger aiigoneinne Einpfindung er- 
zeugen kaim. llohe und Tiefe, .Starke und 
Sthwache des Tons inachen auf nnl'er Ohr gar 
verfchiedne Eindriicke: je nachdem unfre finnli- 
clien Organe fefter oder lockerer gebaut — fthlaf- 
fcr oder ftrenger gefpannt — viel Oder wenig an- 
gegriffen nnd beriihrt worden fmd. Der Klang 
tier Mufcheln, Horner nnd Bocken, der das Ohr 
des gefitteleu Europaers mit den widrigften Eni- 
plindungen beftiirmr, kann Hannonie der Spha- 
ren in dem Ohre eines Wilden feyn, deiren ftar- 
ke Nerven eine viel lebhaftere Eifchiuteriing ver- 
langen, als der Ton irgend cincs fanftem In- 
ftriunents hervorzubringcn im Stande ware. Der 
muntre Ton eines hellen Blasinftruinents, der 
mit mi fern lebhaften Gefi'ihlen heme fympathi- 
iirte, kann niorgen auf unfre losgefpanntcre 
Nerven einen unertraglicb. widrigen Eindruck 
inachen. 

Sehen wiv anf den Ban der menfchlichen 
Organifation, welchen Lnlerfdiied werden wir 
da gewahr. Alter nnd Gefchlecht , Geburt und 
Erzichung, Stand nnd Verhaltnill'e, Clima nnd 
Nahmngsnuttcl , Ruhe und Thatigkiit modifici- 
ren unfre kurperlichen Organe bald fo, bald an- 
ders, je*hachdem es deni Zufalle gut daucht. 
Und diefe fo verfthietlen inodilicirten Organe 
find anfserdem noch einein ewig fortdauernden 
Wechfel von Veranderlichkeit unterworfen. 

Eine feuchte oder trortne Atmofphare, ein 
ftiirkendes oder fthwachendes Nahrungsmittel, 
eine frohe oder widrige Begebenheit giebt ttn- 
fern Nerven augenblicklith einen andern Ton 
an. Wie ift es moglich, mit Gewifsheit zu be- 
Itimmen, welchen Grad von Sliirke oder Schwa- 



che, von Lebhaftigkeit oder SanWieit der Be- 
ruhrung, unfre Nerven in jedem Momente un- 
frer Empfindiingsfahigkeit angenehm afficiren 
werde. 

Noch'inehr Ri'ickfitht verdient der Umftand, 
den ich Nervendiat nennen niothte. Jede be- 
riihrte Nerve erfchlafft in dem Grade, in wel- 
chem fie beriihrt worden ift. Eine Nerven- 
fchwingung, welche allzulange fortdauert, nuifs 
das angenehme Gefidil, woinit fie anfanglich be- 
gleitet wimle, zulezt in eine widrige und un« 
erir.igliche EnipGndung verwandeln — daraus 
lalfen iich die Annehnilichkeiten der Abwechle- 
lungen von Tcnen erklaren; fo wie das Mifs- 
behagen , welches wir dariiber empfinden wi'ir- 
den, wenn ein und derfelbe Ton, fo angenehm 
er auch an fich feyn mochte, in gleicher Starke, 
ununterbrochen das Ohr erfchiitterte. 

Daraus lafst es fich erklaren, wie auch die 
fi'iflefte Mufik durch Uebermaafs das Ohr ermii- 
den und uns zuletzt die Freuden dor Tonkunft 
weniger geniefsbar machen konne. Erklaren 
lafst es fich, wie es zugeht, dafs beym friihen 
Erwachen am Morgen jeder amuuthsvolle Ton 
einen doppelt fchiinen Eindruck auf unfre ge- 
fchonten Organe niache: nnd wie begreiflich es 
fey, dafs der Freund der Tonkunft von alien 
Inftnunenten iminer wieder auf das fanfte Cla- 
vier zuriickkonune, fiir defl'en fortdauernden 
Werth unter alien gefitteten Menfchen, die ih- 
rei\ Sinn furs Schone nur einigennafsen ver- 
feinert haben, man fich auf imnier verbiirgen 
kann. 

Alles bisher gefagte betrift bios die Natur 
nnd das Wefen einfacher Tone , ohne Beziehung 
auf hannonifche oder welodifche Vervieifalti- 
gung derfelben. 

Diefes letztre wurde eine eigne Unterfu* 
chung erfordem, an welcher der Verfafler die- 
fes Anffatzes gegenwiirtig durch feine Zcitbe- 
fchriinkungen gelundert wild. 



2. RECENSIONEK. 



Jlolgcr Unnske oder Ohcron. Mine Oper in 
drey Aden. Clavier anszug von Fricdrich 
Ludiiig Jeinilius Kunzen. Heraiisgegeben 
•van C. F- Cramer. Copenhagen 1790. Ge~ 
drncht bty S. Sonuicl'fen. (i5q Seiten gr. 
Queer -On. J'rch 5 R1I1. - Ift in der neuen 
BerJ. M11X. Handl. auf dcr Jiigeibriicke zu 
haben.) 



Von einer Opermmific , die man oline den 
Gmndtext, mit einer blofsen Ueberfetzung nur 
im Clavierauszuge, vor fich hat, den Werth an- 
zugeben, Ami fie als fclbftftandiges, nur den Re- 
geln der Compofition uiiterwori'enes, Werk fiir 
iich behauptet, den ihr als Nachbilduug gegi be- 
ner Gegenftande das getroffenc Original — il.rem 
Verfaifer der wolilverftandne Dichter Beyfall 

A3 ' 



winkend — zuerkennt, den im vollften Miafse 
der zum Empfin leri unil Bemtheilen ties .Scho- 
nen gleich fain'ge Zufchauer fuhlt, wenn fie an 
dem Orte, den boy .Strafe tier Lahmung Hirer 
jugendiichften Ki\ifte fie gegeu einen amltm nit lit 
veriaufchcn darf, auf tier jUiihne, von ihren Ge- 
fpielen, Art ion, Tanz, Decoration etc. f«> 
unterftutzt, als diefelbcn uuterftut/end, in je L-m 
Jieitze I'thimmert mid mn fich her j.-di.-s arbei- 
tende Glied im Fcuer ra (Holer Tiuiigk'.-it unier- 
halt, — cine fob he .Mufic in jeder Hhcklidit 
mch alien ihren Theilen zu wiudii.en, wjiui 
man nit.ht bey tier Vorftelluiig gewefen, nitht 
einmal die Parti tur hat; Hire Wurkung mit ileu 
der Abficht des Compouiften zur Regel dienen- 
i)cn Gefetzen zu vergleichen — ift ein felir mil's- 
lithes Unternehmen, ein fchwi'iriger Frozefs, in 
deiu ein Ilandbaber der kritifchon Gefel/.e lehr 
behutfant verfahren nntl gleich im voraus deiu 
leicht verleUten Ki'mliler die Appellation von 
jedem einzelnen Urtheile an einen befl'er Unter- 
richteten vorbehalten mufs. Auf Fltigeln der 
finnonden Begeiiterung fuhrte den Tonkiinftler 
lein Genius vor die Bi'ihne; liier fah er idea- 
lifch, wai er hervorbringen wollte, nach deiu, 
was er hier fah, machte er einen Anfchlag aul" 
mannigfaltige Vertheilung mit Reiz gepaarter 
Schonheiten; eine grofse Schaar erwartete von 
ilun Befehle, die Ausfuhrung eines vielumfaf- 
fenden Plans zu verfuchen, jedem ift fein Plata 
angevviefen, das grofse Spiel beginnt iuid en- 
digt, — aber er, ihr Anfuhrer, hat noch anau- 
cherley Fehler enldeckt: 

Hier ift die Tonfolge zu gefchroben in ein- 
ander, angftlich, gezwungen, dort zu rah.h, 
zu wenig veivveilend unci den Ausdmck 
anhaltcnd, oder fie f.'illt ins fchleppende, 
das Gcwinde der Mitielaccorde umgaiut ih- 
ren kulmen Fittig; hier £ It ein Accord /.n 
voll, die Tone vertragen wetler Verdoppc- 
lung ihrer felbft, noch Vorhalteii oder Vur- 
greifen anderer, andern Accorden eigen- 
thiimlichen, Tone, dort ift eincr zu leer; 
hier l'ehli's der Declamation an Wahrheit 
des Ausdrucks, dort an Sthimheit ties Ge- 
langes; an der Stimmenverlheilung tadelt 
der bin und wieder nitht befriedigte Beit/, 
der lnflnmiente noch allerlev ; diefen Satz 
ftofrt die nach der zweyten Violine augeln- 
de Bratfihe von fich — ihn nehmen Vio- 
loncell oder Faioti mil Freud en an ; jener 
veriinderr einige Uepptekeiten in Simplici- 
tat und geht von der Flute znr Oboe fiber; 
einen andern iheilen in umgekehrter Ord- 
nung der I-age die Flutuu nut den Violinen ; 



dort zanken Violine und Trompete (V!» mil 
den Vorrang: jene will in der N-uhahinwjij; 
bei'ler als diefe das au?driirken k»'Uen, v..,s 
di;*le da atisdrtickL, wo fie, z. B. i»u \~ ■•}.,< -, 
nicht nachahmt, — uml ein £• hulz Ipruhi. 
der Viulino den Vorzug /11 ; noth erfdi Ikit 
da und tlorlher kleine Beit hwerdeu iiber 
Mangel eines hoherii Grades d.-r A;'i>'itabi- 
- liut, in deren Einrifhtung Ilaytln, der — ■ 
liberal! Her/eiiaki'uuiiger — die Seele aut.Ii 
der Inftnunenre und iiire Kr.iite bis auf die. 
verborgenften W'inke'zuge kennl, iiuuier la 
ghicklith ift. — 

Diefe Fehler werden verheflert, das idealifcbc 
•Sjiiel \\!rd tifter wiederhohlt, und nun wirft der 
Coinponift feine fiir Formen becirese Malfen 
aids Papier bin. Aber auf l'o uncnoiiih vieles, 
befmders auch die Wahl und B.-handiung tier 
Infirumente, er dabey Bedarht liimnu , l'o ift 
das Clavier und die einfame oder gefellfchaft- 
liche Unlerhaltung an demfelben doch geraile 
das, worauf er gar nicht zuriuklieht: und nun 
iolite es moglith ieyn, dafs, gegen jene Orche- 
lleriuulic in der einen WagfVlujIe, in die andere 
diefe Clavienuufic gewoifen, diefe mit jener 
gleich woge? deiu urfpruiioiithen , felbitftain'i- 
gen, fichern, unbedingten VVerlhe jener voll- 
wangigen Schiinheit der unterfch<)bene, depen- 
dente, unfichere, bedingte diel'er hagem Gelh It 
an die Seite zu ftellen ware? und tlal's an Triim- 
mern eines Dianentenu>els die in C»n»]»agnie- 
Packhauler verbaut Jin-.', ei-i Ihumelfter reel von 
zerlhirter Guif-se mitl Stln'hiiieii melu*, als die 
gelchehene ZciTtorung erkeniH.e? — . Gewils ift 
das idcht moglich; felbft derjeni^e, der eine 
Mufic in voller Auffiihrung geliort bat, dem 
/ur Wiederhohlung des GenuIlV's am Clavit r die 
Erinneriuig Hire Hand !i i<-i , mid fur di-.i in 
f.i weit die Ausziipe z<;ujt?iit eiiion Weilh h;'» 
bt-n, liiulet oft vide ^hiiie, tl.i- drnt Geliiotc 
hier wieder zu erkeniici ; und tier V\ rf.dler die- 
fes Auflalzes wiiitle full k<-!ii tuYenllicbes Ui- 
theil idler das geiueiul' liai'ilit he W«*rk tier Her- 
reii Baagefen und Kun/eii, ihren ErIHing in 
diefcr Gaining, erlauben, wenn er nitht bey 
zufalliuer Gegenwart in (J ipei.ii.igon diefe Oper, 
von tlen fimfmal, die lie d.d'flbii geceben leyn 
wild, viermal geh<>ri — fie m horen, darf er 
wohl I'agen, das Glmk geliabl ItaLJe, derm fie 
ill ein wahrcs Gcuieprtiduckr, untl wild — nitht 
melu gegeben! diejeni^en, tlie — Goit vn-\'$ 
quo jure? — aus cinem gevvill'cii Grundc an ih- 
rer Zuruckhaltuug Sthnhl fintl , follen, win die 
Natlnicluen aus Copenhagen In. ten, dem an- 
dera gefiunten Publicum — /.»/«,\/i dum reges 



dclirank slrhlrix ~- ihr Gc fallen an denden, am 
demliaUamldion, lV ; .a/..(;i l h:i., IXiuichen iibei- 
fefzten Uj.rn.Uiii iuitihfilt-1!, <d:ne i» dielen Ge- 
fdimaik iit'.l Sii-.cii %-.-■. vi Srt-i.'kH Carricaturcn 
das wtit ;i-i";:»n.Mi.ioi-c \urh.»juicjill)n jenes Grun- 

deS 7.11 hi'llU'ikcl). 

Zuvor ab.-r finises von dem Terrein ilcs 
Cimiiii>ii:ririi, tie-in Text der Oner; obgleich der 
Heir Prof, (.i.uiit-r in dcr Vorrede zu feiner 
Ueberft-fzui.:: ..lie auth befonders abgedruckt ilt) 
alles vorweggciuumuen zu haben fcheint. 

So del Celegenheit dcr Dichter dem Com- 
ponilten gent-ben, alle Kufte dcr Mufic in Ar- 
beit zu letzen, fo maiinigfailig die Scenen, ver- 
fdiieden die Charade-re, abweihfelnd die Lei- 
clenfchaften , und zu eineiu fdnmen Ganzen fidi 
vereinigend die Thcile find , l-» rein (wir ralen 
bier nodi nicbt von der L ebtrl"euung) ilie Sj.ra- 
chc, nallend die Wakl der Ausdnuke, fchoii 
die Diction, leicbl die Wrlilkalion, mid fo lelir 
alios S-wache mid Il.m.'Imii. dcr Leid-.-nfchaften, 
foliilk-b in fo wen di.cinluh miuiialifdi ilt; la 
wrnis die, felbft cine" aiiijvnelinie Lee line ge- 
wahrende, 0{>er Haupttuder zu liaben ftheinr, 
— einer inf.chr.e denn ileii Doppeljdan des Stiicks, 
die Verniil'. buns; der I eemvdi mit derMenfchen- 
welt, mnl di :" V. rhi.iliu;2. des Coiiiifdieii mit 
dem Tia.:if«lien dalnr h.di.'r., - lb lial lie doth 
Febler; aber fafi alb; m.-i diefe vnn dcr An, 
dafs lie bey dc.- Auli'.ih.in.c verbell'ei t werden 
konnen, mid lie verdieuoii d.dier in zwieladier 
Riickficht eine befondro Anzeige. 

Rin Febler ilt es, dafs im Anfangc des er- 
ften mid drillen Act-* >W ■ Nenen, wo es dunkle 
"Nadu iff, gar zu lange daiiern. So wie die 
Dunkelheit iiberbanpt keni Gegeuffand de* Rei- 
tzes ii't, fo wird lie bey der iiberniaf>ii,en Dauer 
bier belbmie's daium widerlidi, weil mir eine 
Oder zwey Perfonen auf der Buhne find, mid 
zwar folche, die man nitht kennt, fi'ir die man 
eft Intevcife bek"iiimen f.dl. Eine Unfeiwdts- 
Icone im Urphcus, z. E. Ibuteniilc fich wohl 
obne fr.ierwog-nden Pilegeihnn, w< il die Men- 
go der Fir ion" kerne Lotve fins Ange hilar; mid 
die achte So.nc des d.i;ten Acts hi r im O he- 
ron, tin dunkle? Gef.ingnifs, thnt vortrcllidie 
Wiukini'/, dviin wir kennen da ilen urifd.uldig 
Ldden i'.n .ii.d haben It i;on voiherTheil an fei- 
j.rm .Stl.i.klal tcuniiuiivn ; audi k. in Sliuin, 
Blitz, Domier, phyiX he E.lthdnunp en , zu de- 
rcn hi'.uii.'ien M..i\ rr.iir.r.Liw,: 1 : dcr DiJiU'r in ob- 
crwahnten .St-ncn den Maidiinenmeiltur rcqui- 
virt hat, Llvveu tl.i nidit «K ii I.indruck der iMu- 
fic uiul der Action. Ditfe bvyden Fchlcr jui'illen 



und k«nn»n we seer a unit , wmigftens vennm- 
,lert werden. Gai./. die duiikle N;icht und das 
i.liiirild.c Stiinnen, Di.nncrr , BiiL/en enilcr- 
nen, gelit iddit an, ilt au.h .lie AWitht d.elor 
Erinnerung nitht; aber <iie Nadu kanii wemger 
dnukcl fevn, im erfteu Art Idion, S. c6 des 
CI. Aii>/-. beym Einlriit. de> Larphetto zu fdiwm- 
den anfangeii mid mil Oberon- Erfdn-immg in 
Tag verwandelt fevn. Elien fo braudit man's 
nitht fo haulig uiid furduerlidi liurnilniil.-n, 
blitzen und donnern lalfen, als vorgefdiricben 
fteht: dels wird fidi die Mufic freuen. 

Einen Anachronism fcheint der Dichter be- 
gangen zu habun, dafs er Bezia dem Langulaf- 
fer zur Brant eicbt , el:e die That, dereiitwegen 
fie's wnrde, di«- Erlegnng des Luwen gefthehen 
war, urn deren Preis jener Holgern betrog. Zwar 
nennt Btzia Langulaffers Nanien nitht, fpridit 
fie riur von cinein linftern BWiutigain, den fie 
hafst, uml einem au? Weften fich nahemden, 
der fie erretten moge; und fo kann man, da es 
iibrigens gewifs war, dafj Langnlafl'er, kehrte 
mit Sieg cr zuriitk, l\e/ia's Hand erhalten wiir- 
de, ficirdenken, dais es eben jelvt die Zeit ift, 
da Bezia ihn entweiler mit Sieg wiederkehrend, 
folglich als ihren Verlobten, oder die Nachricht 
eiries iibeln Ablaufs crwartel ; aber man gerath 
mir durch nuibfaiue* Znfaninienfiellen und Ver- 
«l..ii.hcn auf diefe Diltinction, uml giebt willi- 
ger der uahcr liegenden Vtnllellung Bamu, dafs 
tiimijjihirend zuriu.kgckehrt Lanpulaffer IVhon 
ii idler, als wir l\eiix das edtemal fehen, wie- 
der da gewefen ; und diefer Wideiftreit zwilchen 
einer weit zu fu then den und einer nahe liegen- 
den Vmftellung, wovon le/tere die unrichlige 
ilt, fthadet der Sadie ein wenig. 

Die hii'ufige Scener,wandelung im dritten 
Act, die der Vorzug, ('elleii in diefer Biitkficht 
der zwey to Act fich riihint, vielleicht. idler die 
Gebuhr zum Gegenftarul des Tadelns erhebt, 
lafst fidi nicht andern ; wenn aber der Einwand 
gegri'indel ware, dafs am Schlufce ties Stiicks 
Oberons und Tirariicns \Viede.ve.iinigmig weiii- 
ger, ala im eilieri und zwey ten Att ih re Tren- 
nung, mit IlaiuMiins un.l Interelie fur die Zu 
fchauer dargcficlk worden, fo niodile dem nacll- 
geholfen werden koiuien. 

Bcym Vergk-id-en der Ueberfetzung mit 
dem Original vennil-t man, eins e.GS.em> andre 
gerechnet , an .Si.nke, Pratifion des Austhmks, 
Bi'mduiig der Gi'dankeu nidiLs reelles , vielmuhr 
ift m.uithe.- (icdantke bald gegeu einen thick- 
lichern iiu-geianfcht, bald durch pairende Neben- 
zuge bereidieil, bald durch cine in Betrell dcu 



3 



Locals ang^mersnerc Spv.iche individueller ge- 
xnadir, iiu-.l durdigehemU das, was der Mufti 
zii fagen ha I , feinem Character nodi emeu 
Grad iiiihcr gebradit worden; mul Kleinigkdie.n 
abgeiedniet, wiircle der Deutfche Text fidi eb<\u 
lo leichf, als der Daniiche fingen lailen, wcisn 
Hr. Cramer Xlili iimuer an das Schema tier Ver- 
di im Original gebunden, unci den lUim, war's 
audi nur in den Liedern, den kleinen F.ien- 
choren unci den kurzzeiligen Alien wie.kigt eo- 
ben hiitre. Die leyeilkhe Dedamasi'm ulnie 
Mufic hak-t vielSeidil den Reim, fetblt in l\ed- 
tativen nii.t Mulic; aber gewil's die Aluiic, wo 
Ihr Gang abgemeil'en, ihre Melodieen an Rhyth- 
lims ^ebundner Gehrig find, liebt ilm. purch 
die bisweilige Abweidmng von den Einfchnit- 
ten der Verfu des Originals ift cs z. B. gekom- 
jnen, dafs in Rezia's Arie aiu Ende des erften 
Acts die Zeilen: 

O Tlnuiie, die mir den Blick rerdiiniinext , 
Vcrkundiin iiahendev St-Ii&keueii. 
Vcrtrockr.e nkln, du liinnnelstli.iut 

in der Folge der Wiediihohiung diefe Geftalt 
annehmen t 

Du, die fan ft mir den Blick nmd.taimerfi,, 
Seli^kcitcn dem Sdunorz vcrkhndeft, 
Vcrlrockne niramer, Erhaltcriu! 

und dadurch die Siingerin, wenn fie niclit angft- 
lich auf die Worte Acht giebt — was man von 
keinem .Sanger fordern darf - leicht in ElTeU- 
fhirende Venvirrung bringen, Halt hn Original 
die Zeilen: 

Men a den kildrcr, den fodo Smcitc, 
Og V-llyfi flynger fig <»n mil Ilkrtc, 
O' Frv2tcu fmilcr i ll.i^bet* Faru! 

nnveriindcrt hleP'cn, mir die von feVbfi Akfdued 
Tii'hmenden PartiUeln men und .'^ r (ilm n, uu.f; 
weaLdkn, urn! dei Sanger, uhue jnit JJewuk'- 
fcyn an die Wortc zu denkeu, nie iiiitedilo 
treflen wild. 

Knn endiich anf die Mufic zu koimnrn, 
tVurfte in dem bisherigrn fclion zu viel ivralin.i- 
rtHi'ili lit-? senior leyn, urn audi hier wicueiuiu 
Ailgciueines wrauszuh'.iuken. Ohue Einkitung 
denn ! 



Oleicli die Overture kuivlijt ein^n "faru 
von Kraft nnd einen eiiin.fituku Kun :ki .sn, 
der, bev .luf-'Mordenaichc it Keidrjiimu an v>J'» 
k-miiueu gefsfsren, 7U» Heite £-.-dkheiu-n tit-— 
d'nk.'.n, l'eiti«k( s it im Grbramh u -r irdmifdi- 
]■■.!' =i!. hen flegchi hefit/I , feine Dar.'tdlnii^u 
auiic!i;ii<ii zu nndien, dais iie ^ireuv C<j>ien 
fcincr iitalihliCu OrLmale find. Di.-fe Ik-ni. r- 
kung i)'.(timmt, \vr:ui Ji«' riih-'a iJi, lien Cie-* 
/;d!tsj)U!..t, aus w-JiiK in Vi-.-fi.'»i -e wider SVLul- 
gert'ih'i^l-.ek, iil.- in aUcn V."i:rkon del" Gc:ies 
voil'jimiifji, hdratliii-t wrrden miiuVn. Ditie 



find und bleil'eu licl<idip.ing der Sihoniicir, 
behaupicu aber jede^mal mil Medit ihren l'!atz 9 
wenn fie anf tier eincn Seite nidir i\en Bdtz 
erhohen, alu auf der andern t'.]<*. Sdi.'inheit ver- 
Wtzen. Nur wenn keine d«i!^l?khen Cidlliion 
fie erzeugt hat, wenn keine Norm ihre ]\ed:t- 
1'ertigung auf fich liintnit, wenn fie cine Gebmt 
der Nadilafsigkeit, Uebtreilung oder Unv.-illen- 
beit find, dami vcrdicnen fie den T-adel der 
Sdiule. 

Die Overture brftelit aus mehrern Tlieilen, 
deicii Mannd'ai/;*, .uts uathher folgenden Stu- 
(k«'u g'-'.iniuuieu, p-i'hiikr rrvveitert und zu ci- 
nesii Gaji/.en vmi i. , .i'-'i--:r Wurkung verbunden 
find. Do: erfiv 'J b<il, •Sdierasmius Tan/, worin 
die Hole die erf; en \ iertLalb Zeilen — im Pre. 
fto fiir erne FloLe la ft zu viel! *) — folo rpielt, 
umerfdieidet fidi durth Aufmerkfamkeit erre- 
gende Originalilat, kiuidet l)eliimnit den comi- 
fdien Character der einen Parcie an, und lal'^t, 
was die Ausfiihnnig des Thema belrift, nidits 
tjx verlangen iibrig. Der folgende 'J'lieii, evnften 
Characters, hebt mil dem fchmelzendeu Gelim- 
ge an, durdi den in der zweyten Scene des er» 
lien Acts Oberum Eihheinung angekiindig* wink 
Von diufeiu gd:l- durdi dueu iM'»bfi-;i..:J!«-n, 
frur:!:wi'iira!reii(!--u l'.-iitfr^'::ig /it dem, uathher 
il- liewit ie! 1% ii'ii ji::: v. !:'<.> ii-.i'iiimei^kji, k-i/i*n 
'I ii'il , w.niii Oivn.n- ki ij^eiidi- Sijmuie: ,,!//- 
/«t' •■'..•, 7 i.'i.-ir'xi ! ^/. // /:/.• .. ./i , /.'//•//.'...'• f.c/ tfi du 
it i t-Lr'. '* wm alr.vc id. -In.ien 1 I i(cn :iui Uboeik 
t».ii(ivl, u.it « 1 -• j 1 1 iii.u l.'.iuL-n tijauleu j.»*a;eu cin- 
and'rr k.t!ii;»: «. ji •!■ r T«>;.ni..f.i:ji ei.ien Coirrali. her- 
vori.iiiiu' • durdi den lit it diek- Slt'.k IVine in- 
di\ kiulk lk'ii";i:mc ii.liert. Dem Sdihiis tier 
Overture, mil i < i- die JLmhnc full uiTn », 
idnuiegt i.:ie I'.:!.-.: .; ( ij lidi an, in der Obn.u;» 
j.ui:mer;uiu Kiag..* ( -*■ Slumigeheul und Doji- 

ner« 



*) VieJleiJn iuIilu' es fidi auilt tmcli bcfl'cf aus, vsrciui li::c Violinu dkCen Saix binienn Sicjs fj>i<j:e. 



nerfthlage folJten fie nicht begleiten oder un- 
terbrechen! ) mit ruhrnntcm fanften Nach- 
hall der Oboe und fcndanfdienden Echo clie 
Lid'te theilt, mid — wenn noch in unfem Zei- 
ten das Schkkful erdici'teter Wefen auf der 
Sdiaubiihne interelfiren k.sim — AHer Herzen 
7.(1 ftilb.m iVlitleiil rrwddii. Wahrer und Ichsi- 
Tit*r heivlicher Gefang allenthalben ; befonders 
tMiVf.il /.ur wdilgewanlten llaiiunnie die Zei- 
Je: Ilor Obrrom rur/u fitter Klagcnl des Ueber- 
gii»g in d moll: Joch it i-h\ nur JZc/w luufcitct 
)//••/! Was das individuelle fubjective Gefidii Ei- 
iiigvr t.idcln wild , ilt das kkinc Melisma am 
S>"!itufs. S.dche IS.ii.ucn find k = iiicr, oiler finer 
fu leinen Regel, die fu g-it, aU keine ift, nn- 
tenvorfen, dais man darin jcdcm fdmci Ge- 
fciiuiack laifen mills. Anders aber vcrlult ^5 
iicii mit tier Elilion in der Zeile: Um dich, ILr- 
zurn'' im lilAgc'dufi : \vu das Erfordemifs der 
let. bten Vernvuuliihkeit dem Dichter die Weg- 
werimig d'js kmivoials in Hizuiiitc nicht fug- 
lich hiugclui lall'cn kann. 

Der Einleitung in: folgende Recitativ ift 
die Ueberfcluift zu geben vergeffen: Oberan 
Jpringt anj von feinttu Silz. /lb und zu find 
jDonncrfchl.~igc »c/i it ironlrit. In dicfem Reci- 
tative, das gut dcdaudri Hi nud Xicli leichtor 
fmgen la'fst, ah in. mi be Slillcii der fol<:cridcii, 
ift iL"r L'ebergang vmn uiidicn Drcyklange auf 
d init /im Ba.% , diirili Vxtijiianh'iund auf b, 
nach bexuniart auf // mit dem Schlwls in der 
Toraca r r — man kann nicht fagen zu rafch, 
denn eine weifli'iweifende Modulation wiirde 
die Sache nur noch fddeditcr machen, fondcrn 
— etwas gcl'ucht oder gczwungei). Hat der 
Componift elwa die folgende Arie fruher a,e- 
lnacht, als den Sdilufs des Rccilativs? ilafs er 
deswegen Jiach e zu kommen genothigt war? 
Der Arie erfetzt ilnen Mangel an Originalitat 
cin lebhafter Yortrag, ftarke Accentuirung der 
hervorftcchenden Tone und Gebchrdenausdruck 
des Sanguis. Naclda'fsigkeiten, wie der Seite 
i5, Syft. w 4, Tact 3, wo das a der Mittelftinnne 
den ganzen Tact dauern und an das folgende 
gebunden feyn I'ollte, auf deigleichen man an 
mehrein Stellcn des Clavieraus/iigs liofsr, merkt 
tine offene ehrlichc Ciilik leicht an, da I'd fie in 
der Parlilui die GelLilt der l'ehler nicht haben, 
rugt lie daher nur im Allgemeinen und iiber- 
l.ilsL fie der Yerbdl'erung ei'nes jeden, der daran 
Aeigernifs nehmc-n kuniite. 

Die 7werfo .Scene: ein dnnkler Wald , TTol- 
ger und Siheia- f mi>i davorne, liiiiciiiwolleiid — 
JUatht mit ilen hodeii foS' endcii zid'aiunicn ci- 



gentlich nur Eine Scene aus. Wenn bej nnge- 
zwiiiigenti VerJjiignung des Ritter - und Hel- 
dendiaracteis Holger iloch nut ciner gewiffen 
Wiirde fpridit, mid Schcrasmin nidit einen Ge- 
cken oder plujiijien Bauerkiiecht fpielt, fondern 
wie ein treuherziger , um feinen Herrn beforg- 
ter, nur a us Ammeideichtglaubigkeit furcbtfa- 
mer, angenehmer, recht lieber Alter mit einer 
gewiflen Heimlichkeit piaudert, fo kann der Re- 
cilativdialog S. i5 die nut Drtlieil beabfichligte 
Wiirkiuig nicht verfelilen : Ilarmonie und De- 
clamation Und gut geiroffeu; leuiere ift in den 
Hauptaccenten der njtiulidien }\ct\e lehr nahe 
gebraclit. Rey -Jnu Lento S. 17 ilt die Ueber- 
lc!n lit vergellen : Sic jrtzcii fich je-.irr auf e/- 
ii'ii Stubl'i-u. Holder Ttrtit-fL ficli in Geilan- 
Ufii iv iltrttul Sc/icrannin J •>rt/>/„u.iert. Die bar- 
te Zeile : Junift Juittji tin Arci, die nur ein 
aulVerordentlich gelenkiges Organ deutlich ans- 
Iprechen kann, hutle Heir Cr. in fein Verzeich- 
juls von KjtHJ^cv/st/; 'jff/.»'.t/t«/; aufnehmen k«in- 
ncn, welches er im vierten Theil feines Com- 
inentars iiber Kloj'ftock gegeben hat. — Der 
gefchiikt eingeifochtenen Romanzc, woriu Sche- 
rasiiiin feiner Hcrzeiisbeklemmung Luft macht, 
erhalten iluvn Character des Dr.ftern und .Schauer- 
lii-ien /.weckmJlsig gewaldt und befch.ifligr die 
oblijaien Rralfclien jnit durchgankeln !en Flc- 
ti*n; und bey iter rerm.ite im di ii ten Tact vorm 
Ende lielm die mit Eleifs gefct/.len (^uiiiien an 
ihrem rechlen Ort. Das nadifte kleine Recila- 
tiv, worin cine kiihne Modulation mit Macht 
das Herz erfcluittert, leitet in ein grofses Duett 
zwifihen Holger und .Scherasniiu ein, das mini. 
nigi'allige 5chonheitcn res Aechtcomifchen ein- 
lihliefst, denen felbft tLe Uneiiijd'anglidikcit fiir 
Eindjikke da nicht langer widerftehn kann, wo 
5. 25 die Stimmen zukimmengehen. Seite CD, 
wo die Inftrumeiite im gelchwiiidern Zeitmaaf» 
gegen cinandcr wirbeln ,"fieut nuin fich Syft. 3 
einen alien Freund wieder zu fuulen; und die- 
fem Satz dankt der folgende, in welchem die 
Violinen den Rji's in ihre Figuren aufi.chmen, 
<lie Vorbereilung feiner heni'chenden Triolen- 
bewegung. 

Wenn der folgende Theil diefer Scene, die 
Syniphonie S. cC bis oben S. 5o, in der zwey 
Orchelter mit cinandcr abwechfeln, auf der 
Biihne nicht die voile grolse Wiukung Unit, 
wclche man beyin Cl.uiere lich davon ver- 
fpridit, fo Heal daiin ein Verfehen des Coin- 
]>oniIicu, dais die Aclcurs bey cin paar Siellen 
in die Mulic des liinlcm On hellers cinfimjLcn, 
ohne von dem vovderu unleiltut/l /11 weideiu 
Sonfl ift cs walir, was llolaer final, uuJ der 

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wonneMvuckte Zuhiirer wiederhohlt's niitilnn: 5 etwas berirhrisl werden: An 1 1: wie fain da 

St'l/cer //o/dluutl J/e/adi/c/ier Ton\ uicfchmn- fmdet, mi'ifste der SaU entwcdor drevftiniinig 

rhelnd luubert dcin /f'otuicgtfaiigl — Dcuii urn j,i der Mittc blofs c bchalien, bis d tlaranf f„l- 

den Hegeln des Satzes ihr Ilecht nicht zu kraii- gen kann, oder vieritiiuwis uugefahr i'o se- 

kt-n, mills (was I'chon bey der Overture hatle lonut L\n; 
gelchehen konnen) bey S. 29, Syft. c, T. 4 unci 



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Freutc man vorher S. 26 fich der Wieder- 
kehr eines Bekannten, lb gerath uian jelzt in 
Entzucken, da S. Si eine etas innigften Gefiihls 
voile Paffage, aus der erften Arie Oberons, wie- 
derkommt. So ein einziger Zug beweifet in 
eben dem Grade, dafs dei Componift feinen Ge- 
genftand nicht blofs theilweife iiberfchauet bat, 
als er zur Hervorbringung der in den lueiilen 
Opern vermifsten, erft dnrch Gli'ick ein Ziel 
des Bcftrebens gewordenen, Einheit beytragt. 

Am Schlufs des Terzetts erfcheint denn 
plotzlich Oberon, und eine frenule Modulation, 
S. 53, Syft. 1, wo die Tonica c verlall'end der 
Componift fich in as als Tonica feftzufetzen ei- 
nen Augenblick fcheint, fchnell aber wiecler ein- 
lenkt, (wobei indefTen nicht verhittet vvorden, 
dafs man Tact 6 ant f die kleine Terz ervvartet, 
wo die grofse ftelit) rnft neue Krafte der ge- 
fpannten Aufmerklainkeit herbei. Das kleine 
Chor hinter der Buhne, von lb licblichem als 
fafslichcm Volksgefange , das tifter wiederkommt 
und eine Hauptrulle in der ganzen Opt-r iiber- 
•ninunt, kann feiiier Wi'irkung leicht verfehlen, 
wenn die tiefen Blasinftruanente und die Ma'n- 
norftimmen (wie das in Copenhagen der Fall 
•w;'r) zu Hark gegen die discantlTihrcnilen In- 
ftrmiente und Stimmen find: letztere miigen 
libber ein Uebergewicht haben, falls es, ein ge- 
naucs Verhaltnifs zu beobachten, zu fchwi'irig 
».V;yn follte. 

Die folgenden Recitative, bis wo Oberon 
Abfchied ninunt, dinften neben den Sdmlzi- 
fchen j, die denn allc&, was je von Recitaliven 
geniacht ift und Recitativ geheifsen Jiaf , hinter 
iich laifen, einen Platz vmlicnen : fo fehr find 



fie walner und fchoner Ausdruck des Wohlwol- 
lens, der zartlichen Belbrglichkeit, des Mulli- 
einfprechens; der Ergebenheit, des Vertrauensj 
der Zuverficht. Belbnders zeichnen fich ans, 
der euergilche Zurnf: Sey ftan'A fey f*fc\ J -J 
Held iu der Frit fung\ uiul iler •Siegniariche Ab- 
fchied: JS'itr J-on\ mir £rude fort] mid Sieg be- 
gleite dich\ Doch fcheint ilie harnionifthe Fort- 
fchreitung bisweilen ins Grelle zu fallen, z. E. 
S. 55. Syft. 4, wo zur Verbiiulung der in Ei- 
ner Pro])ofition ilehenden Redetheile zwar dif- 
fonirende Accorde allerdings nutbig waren, aber 
doclr nicht fo fchneidende. Fehler der Decla- 
mation, wie die S. 84. in nie vcrletzter L'u- 
fc/tidd etc. und S. 87 wie herrlich ift die Tit* 
gend etc. auf dergleichen man inehrerwarta 
ftofst, finden fich lei ten im Danifchen Original, 
und midfen biiligerweile deni Coiirponiften rmr 
dann auf i'eine Bechnung gefclnieben wenlen, 
wenn er, ohne wefentlich zu a'ndern, die Ti'u- 
folge geiiau den DeuM'Jien Worten anzupaQ'en 
im Stande gowefen ware; wtkhes im let/tem 
Beifpiel der Fall ift. — Die Zeilen, 'ie S. 55 
und .j.6 Scbuiasniin hat, rinnen aus achter co- 
niifcher Ader; fo audi der poffierliche Tanz, der 
indellen vom Parterre eini^e nliilsigung der Bei- 
fallsaiilVening verlangt, iim nicht in widriger 
Lache erlauft zu wenien. An der fi'ifsen Arie 
S. 5q wiirde man, dafs der zweyte Theil nicht 
hat langer leyn, oder wicilerhohlt werden diir- 
fen, nodi mehr, als gefthieht, bedanern, wenn 
Hi". Kunzen nidit durch Ilinzufugung des Nach- 
l'piels einen Theil der Erwarl.ung gefangen ge- 
noniiuen, und fur einen gefduueuligen Ueber- 
<:ang in chs folgende Chor g.:forgt ^ha'rte. In 
.Icin Duett: JEr fiuva/id, womit Holger und 
Scherasanin abgehen, und wovon das Elide aus 



11 



der Feme de? Wnlde? ed:urt wird, durarreri- 
iirt der Cumpoi iii den lu:b":t .Sdiera-miin tlurth 
eiiicn vnt'roiljc ucn /ua, ir.iU-m c-i ihu die Wor- 
to: in\ f'atcrltiiid \v.\l tine prairnaiMen Stlin- 
fudit , die einen fdnen Anliiidi des Gomifthen 
hat, wiederhohlen l;d -.L : Sd-.iTamdn geht genie 
nut, aber das V.itorland , adi ti.it; liebe Vatedand, 
• — er mag es vvuhl fell /wanzig Jalne-i jiicliL 
gelehen liiibeid — liegt dem guten Alten doch 
jiahcr am lleizen, 

Bis hieher find \dr Finem Haupttbeilc der 
Entwickehuig gefolgl:: Obcr.m in feiner Eim'nle 
hhmachtei nadi Wiederveremiirune; nut Tita- 
nia, k-iner GaMin; ein Streit ha tie lie bciile 
geMcinU, und die Bedims wiig ihrer Yerfolu.ung 
war, ein liebcndes 1/aar zu linden, das in alien 
Prufungen des Schickfals einander treu biiebe. 
Obei'on verzweifelrid : „J.ihr)uiudcrte Juhn oer- 
gehens wicli hoffai] — /■•/«• fiudn uittcrni Mon- 
de uicltt FJiiai. Einm treucii Liebeudeii]" — 
verfchwindei ; wir follen ilm einen neuen Ver- 
i'udi wag-en lean: ein filler Jiiiigling, Holger, 
ein knlmor Kilter, der einen fchwi'irigen Auf- 
trag femes Kailcrs auszufuhren vor hat, erfdieint, 
mit feinem Knappen auf der Fahrt nach Bagdad 
"begriffen, vor einem be/auberien Walde, chnxii 
den iln- Weg geht. Sdi aa-min verfndit, wen- 
det alles an, dais Hnlgcr einen amlcrn Weg 
im'iae w.'lhlen: veracbem: ,, Holders Bnlen kennt 
keine Furdii. u Indent fie luneingdicn wollen, 
crhebt ein GeuiUer iidi und t.';r.i.V l.cblidi aus 
der Feme: neucr Anh'.H for Sdverasmin, z'un 
Flielm zu ratheu: ,,/hr iutfv/n-iula //ohlluut 
lockt zum J'vrderben in Sc/dingcu wis bin] " 
Aber Holgern „zaubevL in \Vum12 der Sduuei- 
chelgefang, " er will der Siinuue errgegen, die 
ihn ruft, reifst hdi los von Scherasmin; indels 
fteht pldtzlich vor iiim Oberon da: „/J'i/l/iom- 
rr/eiif mciu Holger] — ich kenno die//, van der 
tT ieg k an jc/iun Aanut' ich dic/t mid lieble dull] 
— wcifs des Kaifers Bcfehl ! — I)ir J'ulgt rneiii 
JBeiftand , bleibi Jxirder , ivia bislier , der rcincu 
Tuge/id dein Ilerz getrcn ! — JDeiner harrt das 
J'clibitfte JLoos der Liebe ; doch hall feft im 
Blick des Zieles Krone] fey ftark, J'ey fcft> 
fey Held , fey trcii ! bis ziim lode ! " Holgeni 
1'ullt Oberons Rede mit nie empfundner Zuver- 
fidit: „Sieh nicin flerzl es giebl ficli ganz ill 
dcine milde Hand; — nimnier briciib es den 
Bund mit dir, den Tug-end fcldofs ! " und Obe- 
rom un/ichtbares Gefolge preift in fern en Cho- 
ren die Tugcnden der Trene, des Muths und 
tier Standhafiigkeil. ; indd's Scherasmin leife und 
ritternd den letzten feiner Verliidie wagt, dem 
JilfenkOnig biifen Leumiuul luachi; „der Gvli- 



fvybciwn Uchclt nie ein Eugel , und predigt 
ule ein i:-J<i/c/;<>/\" worauf hierfi'tr unci „fiir 
dur l.xkern Jnpend Si'uuien" die Strafe des ge- 
zwungejien T.m/c-, und aid* diefe denn audi 
Sdierasmins Vertnnien zu Oberon folgt, wel- 
ches durdi tiui Zauberhtii-ii, cieil'en magifche 
Kraft Oberon bey der L'eb- rreirhung an Hol- 
ger befchreibt, und nodi nieln durdi das, Sche* 
rasmiiien ah Sdiineizensgeld zvi TJieil wer- 
dende, Gefdienk eincs Beihers mit unleerbarer 
Neige, nodi fefter uird. JeUt ift Oberon ver- 
feliCviinden, und indeui audi fein Meld mis an* 
den Aug"]! kommt, nach Bagdad eileml und 
untervvegs das Ab.-nlhener mit dem Lbwen be- 
Aehcnd, wodurdi fein Anljnudi anf den Preii 
des Jviuipfcs f.i begrimdot, als Langulaffers 
Falfdiheir und Belrugerei iiis Ofi'enbare gefetzt 
wird; ijffnet l'i« h in Bagdad die Scene: Kezia, 
die Sultansiuchter, ihre Hand dem verfprochen, 
der ala Erlcger des verwi'dteuden Ungeheiiers zu- 
riickerwartet wird, erfdieint. In leiditer Mor- 
gentracht unrnhig auf dem Sojdia fclilummernd 
Jieht fie im Traiuu (J J arallele zu Hermanns 
Trau m in Rl lpitocks diitten Bardiet). einen 
Theil deifen, was wiirklich gefchieht; zwifchen 
Abfcheu gegen Langulafl'er unci Sehnen nach 
Holger, zwiichen Furcht des Aergften und Hoff- 
mujg des Erfehnteften bin und her geworfen, 
endlich der letztern in die Anne finkend, ver- 
liehrt fie fich wicder beyni Sch.ill finer dranlsen 
geln'irten, die hodi/eitliche Feier des Tags ver- 
kundeiiden Miiiic; unci der erfte Act fcliliclst. 

In diefer Scene bemerkt man an clem Reci- 
tativ dreyerley Form: Symfonie (herrfdiendcJ 
Inftrumentalpartie), in welche, wie zufalliger- 
v/eife, die Singftinime einfa'llt; Symfonie unci 
rhythmilchen Gefang fo in einamlcr gellochten, 
dais keins die Hauplpartie heifsen kanu; unci 
endlich unrhythmifchen (Secco- Recitativ-) Ge- 
fang, zn welchem als der Hauptpariie das Or- 
chel'ter eine untergeordnete Begleitung liefert. 
Die Alifdiung diefer drey Formen, aus welcher 
dem fogenannten Rocitatif oblig; fein eigentli- 
ther hochfter Gharacter entfpriefst, erzeugt eine 
Mannigfaltigkeit, durdi die ein folches Recita- 
tiv fclion an /ich reitzend wird. Um fo jnehr 
aber fellelt es die ganze Seele, wenn reitzvoller 
Mifchung der Fonnen geniereiche Erfmdung der 
Materie entfjiricht. Ehre dem Tonkiinftler, der, 
wie hier Heir K. zu einer folchen Bemerkting 
Anlafs giebt! Schdne Stellen anzeidmen lafst 
dies Recitativ nitht; alles darin ift fchon. Wo- 
bey freundJicli Bey fall nickend ein Gomponift 
verweilen wird, der felber furs Theater arbeitet 
und fich auf kleine noihwentlige Ki'uifte der 

B2 



ai 



Pnlltik verfteht, deren Vernachlafsigung einen 
iibriaens richiigft calculirten Effect hintertreibt, 
ift S. 5j, Syft. 3, die Stelle, wo die Trompete, 
welche hhuer der Scene einfallen foil, einen 
Accord vorlindet, der dadurch, dais er eine un- 
befiimmte Zeit liegen bleibt, alle Schwiirigkei- 
ten des EiiitreLens und Tempohaltens entfenit. 
Daffelbe lludet man auf a'hnliche Art am Schlufs 
der Arie beobachtet. Aeufserft characterifiifch und 
ausclrucksvnll ift in diefer das Thenia, das fdion 
Avegen feiner befreuidlichen Modulation der 
VViederhuhliing bedurfte; febr leidenfchaftlich 
die Stelle: C) Seelc, ivas fchweifft du umher 
in Schufuc?tc\ etc. — und von Urtheil zeugt, 
S. 61 nach der Fermate, die Benutzung und 
Erweiterung des vorher gleicli auf das Thenia 
gefolgten Satzes. Aber nicht zn loben ift S. 
61, Syft. 4., T. 4 der Scheinfchlufs auf ais 11 lit 
Sextquint. Zwey Tact vorher fteht diefer Ac- 
cord an feinem rechten Ort unter dem Worte 
Schmerz ; eben deswegen aber hier unter dem 
YVoite Struhl (de/i Sc/tmerz durchbrach der 
H°ff" u "g St raid} am unrechten. 

Der zwey te Act ift beynahe nur Eine grofse 
Scene, aber die reichhaltigfte, lebendigfte, ge- 
prangvollfte, die je mi.: Mulic auf die Biilme 
gebracht worden. So wie der Vorhang aufgebt, 
blicken wir in einen priichtigen Saal des Sul- 
tanlihen Pallafies auf einen grofsen Chor reich- 
gekleidetcr Tanzer und Tanzerinnen, Beclien- 
ten am Bagdadfchen Hofe, die der Gelegenheit 
wahrnehmen, da fie einmal frey athmen, recht 
nach Herzensluft fich auslafTen konnen. Die 
Mulic hierzii, worin der Componift den gliick- 
lichften Gebrauch vom Tiirkfchen Becken und 
Triangel gemacht bat, und worin unter andern 
hcli befonders das letzte Couplett in f moll S. 
68 Jii.it dem verlangerten Rhythnms, durch ge- 
nievollen Ausdnuk des zi'igellofen Freudefau- 
melns auszeichnet, vereinigt mit dem erf order- 
lichen Character des halbrohen, mehr l\eiz, als 
man glauben follte, dafs fich damit verbinden 
liefse. Aber warum hat der Componift das Bal- 
let mit der Gavotte fchliefsen kitten? warmn 
nicht, (wie es gewifs urfpri'mglich gewefen) mit 
dem Stuck, welches als Zwifchenact gefpielt 
winl? Diets letztcre fteht, da es eine Erweite- 
rung desjenigen Stiicks ift, womit das Ballet 
anhebt, eben fo da, wie ein Commentar ubcr 
oder vor dem Text. Lieber hatte zum Zwi- 
fchenact der Text, das crtte Stuck des Ballets ge- 
nommen, und auf folche Art zweynial gefpielt 
werden nuigen. Und das mufs audi! dann 
bleibt dem Continental- fein rechter Platz, und 
audi erft dann verfteht man recht die Bedeu- moglich machen fullte 



tung der fich jugenden Ausweichungen in ent- 
fernte Tonarten, 

Dem Tanze macht die Ankunft der Hoch- 
zeitsgafte ein Ende. Aus dem langen, mit Spiel 
und Gefang begleiteten, Zuge treten Sultan 
Buurmann, Rezia und Langulaffer heraus und 
fetzen /ich, nebft einigen Veziren und Emirn, 
an die Tafel, die znr Seite im Vorgrunde ge- 
deckt fteht. Vor ihnen trill auf der andern 
Seite aus dem Chor der Spieler und Sanger ein 
Heroic! , und nach dielVm der Mufti hervor, der, 
nach Chriftenmanier zu reden, die Training ver- 
richtet. Der pompdfe Marfch, der den Zug her- 
einbegleitet, la 1st befonders die Stelle beiner- 
ken, avo das elende Sclavenvolk feine tiefuie- 
drigfte Unterlhanigkeit be/.eigt: fl'ir ftiirzcu t'iu 
vor deities Tulbans Herrlichkeil ! O Uchle dci- 
nen KnecJtteu ztt\ etc. Die Einfegnungsceremo- 
nie ift von unbefchreiblicher vis coniicu ; lelblt 
ohne Action beym Clavier in einer aufgeraum- 
ten Gefellfchaft ift fie das. Die Einbildungs- 
kraft ftelle fich nur in der Rolle des Mufti kei- 
ne Carricalur vor, fondern, avxc Herr Muftedt 
fie in Copenhagen ganz Aortrellich fpielte, ei- 
nen gravitiitfehen, durch Bauch, Bait und io- 
noren Bafs aulserlich ehrwurdigen Pontifex, der 
nichts daAon ahndet, dais feine BegritTe und 
Ausdriicke ein paar Jahrhunderte zu alt find. 
Becht Schulzifch ift am Schlufs diefer Cereiuo- 
nie auch der bacchantifche Rundgefang; und den 
Cianz fetzt diefer Meifterl'cene das kleine pathe- 
tifche Maeftofo auf, das der imiuer larmender 
und Avilder gewordenen Freude plotzlich ein 
Ende macht, indem, von Scherasmin begleitet s 
Holger hereintritt und fich A r or den Sultan 
ftellt. Vortrefflich in feiner Anrede, die Decla- 
mation und das Accompagnement. Es brauchte 
niclit dariiber gefetzt zn leyji, dufs die Anl wort 
S. 78 ich keiuie d.iclt , der Sultan mit A-erbifs- 
ncm Zorn giebt: die Mdodie und die beyden 
nachfchlagenden Arrorde lafi'en den Ausdruck 
nicht A'erfehlen. \'on dem Ausdruck der Be- 
ftiirzung des Hofgefinclels: ivi.r hem ten dich\ 
tt>ir kcnncti Jlolgcr] mag beym Claviere man 
fich alles Gnte verfpreclien ; gleichwohl nahm 
aber diefe Stelle fich nicht gut aus. Etwas Avar 
daran avoIiI die Steiligkeit der Acteurs Schuld, 
aber im Grunde Avar es doch hanptfacblich 
Schuld der Mufic , der es hier an der Eigen- 
fchaft des Effectmachens fehlt: der Acteur ift 
da genothigt, Ausdruck in die Melodie zu le- 
gen, anftatt dafs umgekehrt die Melodie dem 
Acteur den Ausdruck' an die Hand geben und 
ihm das Verfehlen delfelben gewiilermaafsen un- 



15 



Holger erklart, warum er gekommen: Eine 
Locke, Sultan] deities Harts, die fordert Curl; 
. , und diefcs (indem er Hezia k ill's t) ach , ver- 
langet Hal-gets Sehnfucht. Eine himmlifche 
Melodie, die lct/.te Zeile! — tlann faint er, 
ohne jemand zu Worte kominen zu lairen, ge- 
gen Buurmann und Langulaffer fort; feixie 
Kundbarmachung, dafs letzterer ein Weichlhig 
und Betniger ill, erha'lt die Aufmerkfamkeit 
noch einen Augeublick in Spannung; nun aber 
fpringt wiithend der Sultan auf: Hu] greift tnir 
diefen Iliitid] — Beym Klirren der Sabel ver- 
gifst in Rezias Umarmung Holger fich und feine 
Gefahr; aber Scherasmin eilt hinzu und ftofst 
ins tanzenniachende Horn. Man verfetze fich 
mit feiner Einbildungskraft vor die Buhne, und 
denke fich die jetzige Scene ! Glaubt man nichts 
als Tanzgeti'umnel vorzufuulen, fo merke man 
imter an dem doch eimnal auf den Sultan! Er 
ranzt mit, gleicb den iibrigen ; aber er bleibt 
beftandig . . Saltan, jetzt zum erftenmal in fei- 
nem Leben Beldil annelmiender Despot. Er 
halt am langften Stand gegen die Macbt des 
Zaubers. Selbft tla fie bereits ihn mit fortwir- 
belt, veniith noch jede Gebehrde, jede Handbe- 
wegung, jeder Tritt, jede Wendung fein kraf- 
tigeres Stniuben. Wer zuletzt vor Ermattung 
hinfinkt, ift er ; und im Fallen noch raft er, 
fein: Tiidtet, Sclaveti] knirfchcnd , alle Krafte 
zum verzweifeltften Widerftande zulaimnen. In 
diefem Geift Ipielte, fo meilterhaft als Sdirijder 
feinen King Lear, Heir Knutzen in Copenha- 
gen ieinen Sultan Buurmann. Die Mnfic die- 
fes Ballets entfpricht zur volll'ten Bewunderung 
dem Character, den die Situation von ihr for- 
dert. Zmn sJnfchaueti deutlich ift das hartna- 
ckige Straubt-n der Tanzenden ausgedriickt, und 
in angemeiTener Auf- und Abftufung, Scheras- 
mins frohe Laune dazwifchen ergofien, bilden 
durch Neuheit der Darftellung und Mannigfal- 
tigkeit der Ausweichungen wenige fruchtbare 
Hauptfa'tze ein grofses Ganze, das von der ge- 
iibten Meifterhand feines Verfalfers die vortref- 
lichflen Symfonien, Quartetten und dergleichen 
Inftrumental- Compofitionen erwarten liefse. — 
Ift aber diefe Mufic den Veitstanzern peinlich, 
und wiude fie, noch langer dauernd, auch den 
Znfchaner zu eriuiiden anfangen, fo koirunt dem 
letztern die angenehme Erf'rifchung: der fchmel- 
zende Gefang Holgers: Dich hab' ich , Hezia] 



und Reziens: Dich hab' ich, Holger \ ganz zu 
rec liter Zeit. Solche kleine Satze, als diefer 
hier, find eine von den Eigenthiimliehkeiten der 
dramatifcheti Mufic, und wenn lie dem CoiU- 
poniften ganz gelingen, dafs feine Melodieen 
namlich nicht allein vollkommen den Worten 
anpalfend, fondern dabey auch in iich vollendet 
find, keine weitere Ausfiihrung verlangen laf- 
fen, fo treffen fie wie ein Blitzftrahl das Herz. 
Nur auf den wiirken fie nicht, der, an die un- 
dramatifche Opernmufic der Italia'ner gewohnt, 
blofs fich die Oliren kitzeln zu lalfen koramt; 
aber eben diefs erhoht iliren Werth, und em- 
pfielt ihren Gebrauch. Diefe Oper ift reich an 
folchen epigrammatifchen Schonheiten, und Heir 
Kunzen da if fich auf feine muficalifchen Aus- 
bildungen derfelben ein wenig zu gute thun. 

Jetzo fchneidet Holger eine Locke von Buur- 
manns Bart ab ; Langulaffer kriecht wahrend der 
Operation heran, Holgern einen Dolchftich bey- 
zubringen ; Rezia bemerkt es , Scherasmin ftofst 
gefchwind aus alien Kraften ins Horn, *) und 
nun erfcheint, in der fiebenten Scene, Oberon, 
deiren machtiges: Verfchwiudet] die Buhne rei- 
nigt. Wenn S. go, Syft. 3 das Horn oder bey- 
de Horner das g f was da Septime wird, recht 
ftark angeben, fo braucht man keinen Sturm, 
Donner und Blitz zu machen; wenigftens war' 
auf den Nothfall Ein Schlag imnier genug. Ein 
gutes Beyfpiel zweckmafsig angebrachter und 
wohl getroffener Mahlerey eines fichtbaren Ge- 
genftandes, wie oben des Straubens, liefert S. 
91 die Mahlerey des Verfcheuchens ; und ein 
linnreicher Einfall ift es, dafs der Componift 
die hierzu erfundene Figur noch wahrend der 
folgenden Gefangszeilen in dem Accoinpagne* 
ment herrfchen lafst. 

Das folgende Quartett, in welchem Oberon 
die Liebenden einen Blick in ihr kiinftiges 
Schickfal thun lafst: Ach, es drohn euch noch 
Gefahren] und fie zur Standhaftigkeit ermahnf. 
Doch , umriiigten euch auch JLeiden , bleibt der 
Tugend enig trett ] gehort nicht zu den origina- 
len Genieproducten , deren Erfindung und Dar- 
ftellung oft langes qualendes Ueberlegen koftet, 
nicht zu den Stricken , auf die der Componift 
eigentlich einen Werth fetzt, aber defto mehr 
zu denen, die, das Medium der Kunftkenner* 



*) Es verfirJ.it /i« J) wohl von felhfi, iip.h man fich 
unirr (\cm Arteur, der SrhcrasinJn.s Rollc- I'pielt, 
ktiiK.11 Naclnwaciut-r deaikt. £s wiude eckelhaft 



hernuskommen, wenn ev wflrklich einen Ton 



lierauswCU'gte. 



B 3 



1'r 



ft ha ft nicht bediirfend , vielmehr es ganz i'lber- 
uYifsig madicnd und als unnutz in den Winkel 
ftellend . mit eincr, fait unerklarbar fcliciren- 
den, Lebbaftigkeit auf jedermann wiirken. Vmi 
keiuem Stuck war die Wi'irkung in Copenha- 
gen allgeiueiner, als von diefenrQuartelt, and 
es erwarb clef Kunzenfchen Mufe einen Veteb- 
rer, der, von Vorurtheilen eingenoiiunen, fidi 
darauf gefet/t hatte, (wie er hemach lei bit be- 
kannte) nichts fchon zu finden. 

Zu dem Schlufschor diefes Acts denke man 
itch die ftlione Grupphung der Abgehenden: 
Oberon zwifchen Holger nnd Rezia, feine Anne 
ihnen um den Leib gefchlungen ; die Elfen, wie 
fie einen Halbcirkel fchliefsen, und jene, indem 
fie ihnen folgen, unvenuerkt dean Angc ent- 
ziehen. 

Der dritte Act, in welchem der Dichter 
vielerley zufammen drangen gemufst: Titaniens 
Verlangen nach dem Gatten, ihren Antheil an 
Holger unci Rezia, das Schickfal diefer beyden 
jctzt von Oberon verlafsnen, die Verfucho iler 
Verfiihrung denen fie ;:usgefet/.t find, ibr tu- 
gcndhnfter Widerftand , c ie aid' den Sdieiterhau- 
ten fie verfolgende Rathe; endlich zuiu Sieg 
ihrer Treue der Lnhn des Kampi'es etc. — ill 
erllannlich mannigfaltig und bietet auf jeder 
Seite, befonders aber die achte Scene, die fo 
uberaus ruhrend ift, als hatte Gluck fie gefchrie- 
ben, den reichften Stoff zum Lobe des Com- 
poniften dar. Ihn durchzugehen , ift aber die- 
l'er Auffatz wohl fchon zu lang fi'ir den Plan 
diefer Blatter gerathen, und der VerfalTer wircl 
fich begnugen miiiTen, wenn der Redacteur ihm. 
nur noch zu Einer Anmerkung Piatz geltattet. 

Sprache des Zorns, der Wuth, der Rache, 
der Verzweiflung ift nirgends, am wenigften aut' 
der Buline, ein vortheilhafter Gegenftand tier 
Vocalmufic, weil er zur YVahrheit des Ausdnicks 
eine Heftigkeit erfodert, die fich mit dem Ge- 
fange nicht vertragt: der Gefang, felbit die fyl- 
labifehfte notirte Declamation, wird Gekreifch. 
Einzelne kurze Ausbriiche der Raferey komieii 
gem mit unterlaufen; wenn es aber ganze lan- 
ge Scenen find, wie hier die der slUnanJu- 
ris, lb ift die Sangerin in grofser Verlegenlieit. 
Kunftgriffe verfchlagen nichts; und da es bier 
unmoglich ift, einen hochften Grad der Voll- 
kommenheit ifolirt gedachter Action mit einem 
hochften Grade der Vollkommenheit ifolirt ge- 
dachten Gefanges zu verbinden, da fich keine 
Vereinigung zu einem einzigen hochften Grade 
denken liifrt, wo iii den Theilen etwas ift,, das 



full g^genfeitig einander auFrcn>»- und vcrnirh- 
let ; i » kann jede Kimiieh-y nicht andcr.-*, als 
bl'iio /ur Aufdeckung der iUifs.'ieiiigkdt Uyira- 
gi'ii , und es bleibt nichts iibrig, als der einen 
Panic a • i f Roften der andein gerecht zu wer- 
deii , iMUweder den Gefang der Action o ler die 
Ail ion dem Gefangc zu unterordnen. Madame 
J'iV(.-l"r, die in Copenhagen die Rolle der Al- 
Jiuuil'aris fpielte, und bis auf Viiiuolitat des 
Singeus allts dazu Erlbiierlii lie in fich verei- 
nigi , verlitchte es auf beviie Arten, gab das 
einemal dem Gefange, was des Gefanges ift, mni 
milderte fo vid erlbrderlith die Heftigkeit der 
Action; das andremal agitte Cm niit aller Starke 
der Leidenfchaft und man horie aus ibrem Mun- 
de nur abgeftofsene Laute, keine gereihete To- 
ne. Dem einen wird cliefs, ck-iii andeni j ncs 
gel'allen; foil indelfcn der Gelclimack fich be- 
ftimiut fi'ir etwas erklaren, fo diirfte man ge- 
ftelien midlV.n, dafs lutzteies nicht xlie believe 
Art ill. Vigileirht dauer, weil die Voculnaific 
allenthalben deplacirt ift, wo uer Gefang nicht 
heivlciit, und weil Lier der Gefang, als zur 
fiaupila'.hc giinaclit, ijuiner noch juehr Frcy- 
heit ziun Agiren Jal~t, als uni.':eke!nt. das Agi- 
rcn aim Smgen. Diefu Beli.uJitiuig indclien 
bey Seite gefetzt, mag Almaufaris in den wi'i- 
tenden Stenen fnigen, olme zu agiren, odc-r 
agiren olme zu iinc.^11, - Aug' und Uhr ver- 
weilen dennoch mil dem gr.'dsten Interell'e bey 
den Gegenftanden, wohin tlurt die Sclmufpiele- 
rin, hier die iiu innerften ei fchiitternde Inftru- 
mentalmuiic das Parterr hinziehen. 



Seeks Clavierfonaben ftlr Liebhaber und an- 
gehende Clavlcrfju 'der , von J. G. IT'itl- 
hauer. Erfte Sammlung. Berlin, beym 
Autor, bei Alaurcr und in der neucn Mu- 
fikliaiullung. (K>>(i.en i JUbl. , wer aber bis 
Ende des liaYhftfolgonden Auguftmnnats mit 
18 Gr. Preuls. Cour. auf die '2te Sammlung 
priinumerirt, crlult auch dicfe erfte Sauuu- 
lung fi'ir ib Gr.) 

Hr. W. zeigt fich auch in diefen Clavier- 
fonaten als der vorziiglich brave Clavierfpieler 
und Componift aus der grol'sen Bachfchen Schu- 
le, fur den ihn das deutfche mufikalifche Pu- 
blikum fchon langft kennt und fthiitzt, und 
macbt den Claviertpielern ein gewifs angeneh- 
mes Gefdienk mit diefem Werke. Man fieht 
an diefen Sonaten, was ein achter Claviermei- 
fter angehende Spieler nennt, und was er ihnen 
zumuthet. Angehende Spieler aus der neueren 
leichteren, oder vielmehr leichu'iimigen und 



I'J 



leichtfingrigen Schule werden diefe Sonaten Modiilationen. Des gewohnliuien V^ergmj?* 

fcliwerlich als fur fich pafiend anfehen. Diefes nu erften Iheil jedes SaLzes nach der Duiiuname. 

Unvemxogen mag fie aber darauf lei ten, den des Haupttons nicht zu S^^V.^ 01 " 1 "^" 

wahren ariVndlichen Lehrer zufuchen, imd lb ionders m clem zweiten lhede die Aus*ei- 

hat dann Hr. W. den Clavierfpielem und der cbung nach der Secunde des Haupttons una * on 

Kunft felbft zugleich einen angenehmen Dienft ihr nach der rJominante zu oft vor: z. 13. b. 1. 

geleiftet. Dafs^Hr. W. dm meiften Satzen und 2. 4.. 8. 27. 5o. 

fiberall, wo es einer beftinuuten Andeutnng be- Q flie , uelo(1 if c i ie Einheit des Satzes 

durfte, dieFingerretzungbe»gezeiclinethar.,murs fimlen ° h . aurserfi . felten verfto r, en . Nur . S . 9, 

den meiften Spielern und lelbft vxelen Leluern s ft# - Qf Tact x ffen flie Triolen, und S. 19 u. 

fehr willkommen feyn. Man weils, we olt £ o die Sedizehntheile nicht zu den Figuren des 




geart 
da hinausziehen. 2U i| lrer Empfehlung dienen. 

Ein Hauptverdienft diefer Sonaten kann die- Nur aus der Ueberzeugung , dafs die Kri- 

fes feyn dais fie bey angehenden Spielern das tik mit den Arbeiten eines Mannes, den fie 

Gefuhl fin- Ordnung, Zufannnenhang und Ein- gerne vielen Andern zum Mufter und Fuhrer 

heit Widen kcVnnen. Die harmonifchc und empfole, nicht fcharf genug zu Werke gelien 

rythmifdie Behandlung ifi duichgangig gut unci kann, und audi Hrn. W. felbft zu i'lberzeugen, 

lobenswiirdi";. (Eiuiae kleine iiberfehene Nadi- dais feiiie Arbeit den Kririker zu ganzer Auf- 

lafsigkeiten, die der "Beurtheiler inunev leiditer merkfamkeit gereitzt und gefeftct hat, wollen 

beobachtet, als der Arbeiter, wollen wir her- wir nodi einige kleine Nachlafsigkeiten in tier 

nach amnerken.) Was die Erfmdung anbelangt, hannonifdien und rythmifclien Behandlung an- 

fo batten wir wohl gewiinfcht, dafs Hr. W. iidi merken. S. 22 im zweyten Tact follte in der 

etwas weniger an die alte Sonatenfonii gehalten linken Hand die Vervvandlung des JDis in d 

hatte. Die drey Stiicke jeder Sonate, von de- in derfelben Stinune vor fich gelien und nicht 

nen das erfte und letzte ein lebhafter und das in der unterften Stinime die e belialten und 

mittelfte ein Iangfamer Salz ill, von denen das nut der obern in cis znfannnentreten ki'innte. 

erfte und letzte inuner im Hauptton und das S. 5o, Syft. 5, Tact 2 ift das es im Bafs, das 

mittelfte in ein em nachft verwandten Tone auf e im Dilkant fchnell folgt, eine eben fol- 

geht, geben den Sonaten einen etwas einformi- die Hiirte, die noch obendrein zu einer Aus- 

gen und weniger reitzenden und befchuftigen- weichung fiihrt, die durch das folgende Des 

den Charaktei\ Die Abweichung von jener dem lb viel d kurz vorhergegangen ift, fehr 

Form ift mu fo mebr zu wimfchen, da die hart wird. Auf derfelben Seite ift auf dem 

Form an fich eine ungluckliche Erfmdung ift. zweyten Syftem im dritten Tact audi die None 

Die unnati'uliche und ganz willkuhrliche Neben- \ n der IMittelftimme von grofser Harte, die 

einanderftellung heterogener Satze fallt befon- Sechfte ware da viel heifer angebracht. S. 22 

ders bey der erften Soiiate auf, in der ein au- Syft. 2, Tact 1 ift die ttuhe von einem halben 

fserft ruhiger, felbft etwas fchwermiithiger Satz Tacte in der Adagio -Bewegung auf dem Septi- 

zwifchen zwey lebbaften Satzen fteht. Und in menakkord zu grofs, als dafs die Terze da 

der fi'mften Sonate ift die Ruckkehr in die wei- entbehrt werden konnte. Gauz anders ift der 

che Tonart des erften Satzes um fo unangeneh- Fall in den lebliafteren Satzen S. 17, SyCt. 1, 

aucr, da diefe Tonart an fich etwas iingftliches T. 2; S. 17, Syft. 5 im letztcn Tacte; S. 12, 

unci beunrubigendes hat, das fich zu folchen Syft. 2, T. 5; S. 10, Syft. 2, T. 8; S. 4, Syft. 

lebhaften Iuftrumentalfatzen, wie diefer letzte 2, T. 2 und in dem Tacte vor dem Schlufse, 

Satz ift, nie recht pafst, und hier um fo weni- wo die Terze audi fehlt, aber der fchnellen- 

ger, da das vorliergeliende Adagio in Edur einen Bewegung wegen keine merkliche Leere verur- 

lehr ernften beftinuuten Cliarakter hat. Das facht. S. 22, Syft. 2 am Ende follte ftatt d mit 

menfchlidie Ilerz feimt fich aus der Angft in einem \> c mit einem Doppelkreutze ftelien, 

Buhe zu kommen, und widerftrebt dem ent- und eben fo S. 25, Syft 2, '.TV 2, ftatt g mit 

gegenftehenden Gauge. einem ij, f mit einem x- 

Audi wird jene EinfSrmigkeit noch etwas Von rytlmiifchen Nachlafsigkeiten befinnen 

vennehit chirch einige zu oft wiedeikoiruiaende wir uns Fo eben nur atif die bcyden letzten 



iG 



Tacte S. 7, die da zu viel find. Wenn da nocli 
ein befonderer Schlufs angehangt werden follte, 
fo midst' es nach Art der Rythmen gefchehen, 
aus denen das gauze Stuck befteht. 

All dies find kleine Flecken, die bey einer 
wiederholten Ausgabe, welcbe diefe zur Bildung 
fo fehr gefchickten Sonaten gewifs erleben wer- 
den, fehr leicht zu a'ndern find. 

7. F 

Allegretto graziofo con fariazioni per il 
Cembalo , compofle e dedicate alV Jlluftris- 
[ima cd Oneratijjima Contefja Giannetta di 
Schulenburg di Clo/ierroda, da Federico 
Guglielmo Ruft, JDirettore di Mufica di 
Sua Altezza Screnijpma, il Principe di 
Deffau. A Berolino Stampato e fi vende 
nel Negozio nuovamente eretto, (Koftet 
16 Gr.) 

Herr Mufikdirector Ruft ift fchon langft als 
trefiicher Klavierfpieler und braver Klavierkom- 
ponift bekannt; und audi diefe Vaiiazionon iiber 
ein hubfches Thema , die nicht gerade durdiaus 
in fteifer Form gefchrieben find, zeugen von 
gutein Gefchmack und gefalliger Sclireibart. 
Die beigefugten Cadenzen konnten vielleicht 
von einem ftrengen Rigoriften fur ein iiberflu- 



fsige3 Bouquet gehalten werden; allein ehe Fer> 
mat en bey manchem Fuller und Erganzer, der 
bey folcher Gelegenbeit all feine erlernte Herr- 
lichkeit wie aus einem Fruclithorn uber das 
GriiTbrett hergiefst, ibrem Scbickfal iiberlalTen 
werden, ift es inmier beirer, etwas Schickliches 
in diefer Art wenigftens anzudeuten. — Uebri- 
gens find diefe Var. rein im Satze, der Grund- 
baf> ftreot, wie fich's audi gehort, iiberall her- 
vor, und da fie nicbt fdiwer find, fo werden 
fie Klavieiliebhaber ganz angenehm unterhalten. 
Das Aer.fsere derfelben ift zudem recht nett 
und fchon, und Rec. freut fich, dafs die neue 
Bed. Mulikhandlung gleich bey ihren erften 
Werken auf fo etwas mit ihr Augenmerk rich- 
tet. Der Notenftich ift felten fo rein und ge«. 
fchmackvoll , als bey diefen Variationen. 

Moclite doch Hr. Ruft in fich feibft und in 
feiner Lage Aufmunterung genug linden, um 
einmal etwas aus dem Sdiatze feiner grofsern 
gearbeileten Sonaten, die Ree. offers von ihm 
feibft mit uniibertreflidier Rundung, Beftimmt- 
heit und Fertigkeit fpielen zu horen das Ver- 
gniigen hatte, herzugeben. Aber leider ift es 
nun einmal fo, dafs Kunftler, bey fo geringer 
Aufmunterung von S'eiten des Publikums , es 
lieber bey einer eigenen biiufsbxhen Kunft- 
fcbwelgerey bewenden laJTen! 



5. Bericlitigungen und Zufatze, zura Gerberfchen Lexicon der Ton* 

kunftler u. f. w. von J. F. Reicliardt. 



Bianehi (Francesco) lebt itzt in Venedig 
und ift einer der allerangenehmften und belieb- 
teften italianifchen Componiften. 1787 fchrieb 
er in Venedig die ernfthafte Operetta: // De- 
fertor Francefe. Das Gediclit war eine Ueber- 
fetzung des franzofifchen Deferteurs. Die Ita- 
lianer bielten es fiir eine Entheiligung des gro- 
fsen Operntbeaters , dafs ihre un- oder iiber- 
menfchlichen Caftraten gemeine menfchliche 
Perfonagen vorftellen, und ihre Augen mit biir- 
gerlichen Kleidungen und landlichen Dekoratio- 
nen fich bejielfen follten, und pfiffen das Stuck 
aus, obneraditet Bianehi und das Orchefter und 
alle eifrigen Mufikdilettanten fchrieen, es fey 
des Meifters befte Arbeit. Das Stuck follte nicbt 
wieder auf das Theater kommen. Die Herzu- 
gin von Curland, die damals eben in Venedig 
war, erwiefs dem guten Meifter aber den Lie- 
besdienft, und bat um eine wiederholte Vorftel- 
lung, und nun geliel das Stiick allgemein und 
ward oft wiederholt. Der Compoiuft hat mir 



im vorigen Jahre den dritten Akt diefer Ope- 
rette, als eine feiner beften Arbeiten felbft ge- 
geben. Aufser denen von ihm angezeigten Sa- 
chen bat er nodi die beyden Oratorien : Agar 
und Joas komponirt, die bey der Auffiihrung 
in Venedig im vorigen Jahre viel Wirkung llu- 
ten. Es zeichnete fich dabey vorzi'iglicb aus : 

Bianca Sachekti, eine junge Sangerin im 
Confervatorio dei JHendieanti , mit einer vor- 
treflidicn, vollen, reinen, klingenden Contr' Alt- 
ftinune, die audi nath dem itzigen Sinn der 
ltaliaxier mit viel Gefchmack' fang. 

Bijeri (Francesco), ein gefchatzter Opern- 
konvponift. 

S. 164. fehlt: 

Bioni (Antonio), ein Componifi , der um 
1720-00 fehr beruhmt war und viele Opern $_v- 
fchrieben hat: ich beiitze von ihm e'mzdne 

Scviwriy 



»F 



Scerien, ~Arien unci Dttetten aus 'folgenden 
Opern : Endiinwne , I.uclo vara. Armida ab- 
bandonata. Armida al Campo Alleffandro fe- 
vera. UArtabano. Itlindo VAttalo e I Aim 
Jinoe. ...... 

S. i65 fehlt: 

Ld, Biron, von clem in London LeJJons 
for the Harpficord geftochen find. 

S. 166 fehlt: 

Bishop, von dem'in London zioei Bi'icher 
Vfalmen geftochen find. • 

Blow (nitht Blown"), hat auch in London 
(techen laffen: Lejfons for the Harpficord und 
Bfalms for the Organ. 

Bocherini hat vom Jetzigen Konige von 
Preufsen fchon feit vielen Jahren eine beftan- 
dige lebenslange, fehr anfehnliche jahrliche Pen- 
fion dafiir, dais er jahrlich einige neue Ouar- 
tetten unci Ouintctten einzufchicken hat, die 
der Konig vor alien andern liebt und befian- 
dig fpielt. 

Bode lebt itzt als Gefelirchafter der ver- 
wittweten Grufin Bernftorf mit dem Hofraths- 
titel in Weimar. Er ift ein vorziiglich gnter 
Violontellift, befonders zuiu feinern Accom- 
pagnement bei Quartetten und dergleichen. 

Bologna (Lorenzo) lebte unci komponirte 
Opern in Venedig uins Jahr 174s* 

S. 180 fehlt: 

Bomportix , der in der erflen Halfte diefes 
Jahrhunderls folgendc Sachen in London ftechen 
liefs: B. Sonatas for two Violins and a Bafs 
Oper. II. Sonatas for 2 Violins and a Bafs 
Opi_ IF' and Solos for 1 Violin and a Bafs 
Op. VIL 

Bonafini. Diefe beriihmte Sangerin lebt 
in Italien-, itzt als Privatperfon auf einen fehr 
hohen Fnfs : Sommeis auf einem Landhaufe 
bei Modena und im Winter mehrentheils in 
Venedig. Hier fang fie inir noch im Jahre 
1790 eine Hirer wichtigften Alien aus Hirer bril- 
lanten Zeit mit vielem Ausdruck und Ge- 
fchmack. Hire herrliche Geflalt und grofse fpre- 
chende Phyfiognomie lafst es noch fehr be- 
dauern, dafs he das Theater verlaflen hat; es 
fchien ihr auch felbll zu gereuen und fie gab 
es genugfam zu verftehen, dafs fie der Einla- 
dung eines grofse n Furften, noch einmal in der 
Oper zu fingen, fchwerlich wiirde widerltehcn 



konnen. IndelTen fagt man fie dort mit ei- 
nem anfehnlichen Kavalier in Geheim verehligt. 
Vorher war fie es mit einem preufsifchen Of- 
ftzier vom Jagercorps, der im Bayerlfchen Krie- 
ge blieb. 

Braun, der Dritte der Gebri'ider Braun, 
ift Violoncellift in der Koniglichen Capelle 
in Berlin. Er ift ein guter Schiiler des allern 
Duport. 

Breleuil hat an der Errichtung der Parifer 
Singefchule nicht den mincleften Antheil, fie 
gehort zu feinem Departement , weil fie zur 
grofsen Oper gehort, und diefe, feitdem der 
Kimig die Bezahlung der am Ende des JahrCs 
fehlenden Sunime fi'ir die Opern der Stadt iiber- 
nahm, unter feinem Minifter fteht. Der Mini- 
fter Breteuil war fo wenig Freund der Mufik, 
d.afs die eigentliche Direction und jedes Mit- 
giied der Oper inn fiirchtete und mogUchft. 
vermied. 

Le Brim ftarb im December 1790 bier in 
Berlin, zu grofsem Bedauren des Hofes und 
des ganzen mufikalifchen Publikums, an einer 
Entziindung der Leber. Er war ein grolser voll-. 
endeter Virtuofe auf der Hoboe ; an Feinheit, 
Gefchmack und Exekution war er unubertreff- 
bar: eben fo feine Compofitionen fiir fein In- 
ftrument, die nur den einen Fehler haben, dafs 
fie bisweilen zu gefucht und iiberladen mit har- 
monifchen und jneiodifchen frappanten Wen- 
dungen find: feine Rondos und kleine Canta- 
biles find faft alle an Naivifciit und Feinheit un- 
iibertreffbar. Auch ftarb mit ihm ein anderes 
eben fo feltenes Kiinftlertalent: er war ein fehr 
angenehmer feiner Mann in Gefellfchaft. 

Le brun (Madame), Gattin des vorigen, 
hatte fchon im Jahre 1790 hier in Berlin <lie 
erfte Bolle in meiner Oper Brenno und im 
Ulyjfe von Allejjandri mit allgemeinem Beifall 
gefungen, und wurde fiir das Jahr 1791 wieder 
unter den Bedingungen des. vorigen Jahres fiir 
die grofse italianifche Oper vom Konige beru- 
fen und engagirt. Kanm angelangt in Berlin, 
mufste fie den ungliicklichen Tod Hires Man- 
nes erleben. Sie bezwang indefs nach einigen. 
Wochen ihren Schmerz und fang in der Oper 
UlylTe, die ineiner Krankheit wegen, welche 
die Auffi'ihrung meiner Oper Olympiade ver- 
hinderte, wiederholt werden mufste, mit gros- 
fem Beifall , ward aber bald fo gefahrlich krank, 
dafs fie die z.weyte Oper nicht jingen konnte, 
und im Mai iluem Manne folgte. Sie war auch 
eine ganz vorzugliche KJavierfpielerin und kom- 

C 



iG 



ponn-te fiir das Klavier mit tleiTelben Feinhelt fik alle auswartigen Sdiriftftellev hieriiber ent- 

und Naivitiit, die man an den Sachen ilires behrlich. 

Mamies in gem horet. An Feinheit der Sitten n , 

und des Tuns iibertraf fie noch ihren Mann. S. S.00 fehlt: 

F..s hat w tih I nie ein liebenswiirdigeres Kvuift- 

lerpaar ein traurigeres Encle erlebt. 



Caivaw'f der unis Jalir 1768 in I\om Opern 
fchrieb. 



S. £iG fehlt: ^ Caldara. Seine vortreflichen Cantatcn yer* 

BruneUo (Giovanno), ein Operncomponifr, clien . en vorziiglich genaunt unci aufbewahrt /« 

der inner amlern Opern audi die Oyer Demo- werden - 

fonke komponirt hat. Canuabich ift nicht Capellmeifter am Chur- 

-r, , . ,„, , s . , baierifchen Hofe, fondem Concertmeifter mit 

Buonom-nu (Giovanni), war in London nur <lem Tkel . nircctorm muter' ill itzt CapelU 

zu lanac cler zu machtige Gegner unlers grofsen me jf ter# 

JIdudels, und hatte nicht wenig Antheil an clem 

zerri'ittenden Rummer, den der Adel (lurch ei- Canuabich , der Sohn des vorigen, ift ein 

genfinniges Behaupten einer italitinifchen Par- g anz vorziiglich braver Violinfpider und talent- 

tie unferm grofsen Landsmann verurfachte. Bei voller Componift fiir fcin Inltrmnent. Er ift 

Gulegenheit einiger Stiicke von Buonoucini unci ein Schuler des grofsen Violiniiten Ecke. 

Handel bring' ich hiervon etwas melir in mei- - §_ 5// fdilf 

11cm Kiniftmagazin vor. 



Buonoucini (Antonio), brachte furs Violon- 
rell, fo wie Corelli und Gcininiaui fiir die Vio- 
line, die grofsc Schide nach Paris, und le'gre 

mit den Grund, auf dem die Franzofen nach- Opern: Grifeldu und Climate in Mu/ik gefetzt. 
her die Inftrumentalmufik zu fo hoher Voll 



Camiii (Giovanni Antonio), cieiTen Canta- 
ten fehr beliebt find. 

Ca/H'lfi (Giovanni Maria), hat audi die 



kommenheit getrieben haben. 

Burney. Sein Tagebnch haben nicht LfcJien- 
bnrg und Bode, fondern Libeling unci Bode 
iibeifetzt. Burney lebt in Loudon nicht fo gunz 



Cajmti (Antonio) , hat unter andern Opern 
audi die Didone abuiulonata in Mufik gefetzt. 

S. -245 fehlt: 

Capranica (Matbeo). Er komponirte ums 
ein freves Herrenleben, wie H. G. meint. Soth Jahr »74- 6 mrs Theater Argentina in Bom. Ich 
im Jahr 1^80 unci 1786, da iclrin London war, befitze audi ein Salve Jicgina von ihin iiir eina 
gab er von Morgen's bis Abends Unterricht im Diskantfdnune mit Orchefterbegleitung von Sai- 
Klavier ; ich habe ihn ofterev bei Miftres Banks teninltrumenten. 

angetroffen der er Unterricht gab: er accom- Caram bekam kieh beim Kegierungsan- 

pagnnte clabei mit der > »oline. Hievon kami tl . kt des iui KOn f von Preu r se * den Ab _ 
fich m Loudon fait kern Knnitler frei machen, fdlie(1 und Sngt itzt auf verfchiedenen italia- 
weil es the emzige ganz hcheic und fehr em- Jlirchen T heat e„ i: auch fie ift eine hvlla can. 
fraghche Art ift, lemen Unterhalt zu crvvcrben, laLrice . aber dn3 m ne auch vom Theater und 



in cler Nahe in hoheiii Grade. 

Caravoglia, der Mann der vorgenannten 
Siingerin, ift ein guter Fagottift. Bcyde find 



und felbft als Componift und Schriflfteller den 

Abfatz feiner Werke zu befurdern unci endlich 

reicli zu werden. Die lMuIikhandler iii.d itzt 

dort eben fo karg und gewinnfiichtig, wie iiber- 

all, und ftechen feUen andre Sachon, als die wiecler in Italien. 

fchon in Abfthriffen im Pnbliko find, oder ih- „ „, . . ... „ . . .„..., 

nen umfonft, oder doch fo gut als umfonli ae- ,, p^tcllien halt Acli itzt in Komgsbcrg m 

geben werden. Dalier verlegen gute Componi- xlwll3t " " ,u ' 

iten iln-e Werke doit meiltentheils felbft, und Cejmdc (comte de la Cepede) ift feit Biif- 

ziehen ciann auch, wenn lie zugleich als Muftk- fons Tode, defl'en Stelle er fclion bei Lebzei- 

lehrer im Publiko bekannt find, feln- anfehnli- ten diefes, zuletzt immer auf feinem Laudguie 

fhen Gewinn von ihren Werken. Seine Ge- lebenden Gelehrten, verfah, Surintendanf du 

fehichtc der Mujik ift mit vielem Fleifs bear- jar din du Boi in Paris. Es ift ein aufserft 

beitet und mic grofter Eleganz gedruckt unci pall'ionirtcr Mufikdilettant, unci hat audi felbft 

vci/ierl. Unfer brave Lantlstnaim Forkcl inaclit verfchiedene Ilifti umental . und Singefaclic» 

uns indefs itzt mit /einer Qefthivhle der Mu~ kojnponiiti 



F 



»a 



4. Starke des Konigl. Preufsilchen Orchefters im Jabre 1791. 



a- Gnpellmeifter • 

5 Concertmeifter 
B Clavecmiften 

3 Hfu-fenift 
£7 Violinifien 

6 Braifchiften . 
9 Vialoncelliften 

5 Contravioloniften 

4 Flottrayerfiften 



5 Hoboiften 

3 Clarinettiften 
5 Waldhomiften 
5 Fagottiften 

■1 Serpante 
G Trompeter 

4 P6fa\miften 
i Paukcr. 



Charakterifuk der vorziiglicJiJlen Virtuofen im 
Kdiligl.' preiifi. Orchejter. 

Da hier "bios von Virtuofitat in der In- 
ftrument'al - Exekution die Rede feyn foil , fo 
werden die Lefer nicht erwarten, dafs wir von 
den Verdienften eines Reichardt , Allefjandriy 
Fafch, Vachon (als Anfithrer) fprechen wer- 
den. Nnr die vorzuglichften Virtuofen im ei- 
gentlichfteri Sinne des Werts, die fich. in den 
Concerten des Konigs befonders .horen lafTen, 
wollen wir nach alphabetifcher Ordnung zu 
charakterifiren fuchen. Es find die Herren Dit- 
jjort, der altere und ji'ingere, die Hen-en Ebe- 
lin'g'y Ilaqke, Haiumann f Kraufe t Palfa und 
TlnirfchmicLt , Milter und Taiifch. <Hr. Vachon 
fall zwar eine ganz origineUe VirtuolifSt ini 
Vortrage feiner Quartetten haben, da aber der 
VerfaJler diefes Auffatzes nicht Gelegenheit ge- 
habt hat, ihn von der Seite ganz kennen zu 
lernen, fo mufs er den Artikel einein andern 
nachzuhokn uberlaffcn. 

Herr Duport (der Aeltere. Erfter Violori- 
cellift und Lehrmeifter des Konigs, nut dem 
Titel eines Intendanten der Konigl. Kammer- 
mufik) hat einen grofsen vollen Ton und viel 
Wivrde und Priietfion in feinem Vortrage. Er 
ift noch aus der alten grofsen Schule, die die 
franzofifche Inftrumentalmufik, obgleich grofsen- 
theils von grofsen italianifchen Kiinftlem gebil- 
det, in gegenwiirtigeiu Jahrlrunderte zum Mu- 



fter fi'ir alle Andern erhob. Auf diefen foUAert 
edlen Stamm hat Hr. D. dxirch haufigtf Reifen 
alle die neuern Annehndichkeiten gepfropft, die 
nach \xn& nach die Inftrumentalmufik bereichert 
haben , und hat darinnen einen fichern guten, 
Gefchmack gezeigt, dafs er in Teine Spielart 
nichts auFgenommen hat, was feinem lnftru- 
inent nrcht angemeflen war.. Diefes Verdienft 
hat ihm den Beifall und Rulml, den er feit 
dreifsig Jahren iiberall gefunden, auch bis itzt 
erhalten: denn nichts erhalt fich iicherer in def 
Kunft, als das AngemeiTene , und nichts hart fo 
bald auf zu gefallen, fo fehr es auch bei der 
erfien Erfcheinung die Menge entziicken niag, 
als das Erzwungene. 

Darum fehlt es aber Hm. D. gar hicht an 
auffallender Virtuofitat, die auch die Menge im 
erfien Augenblick hinreifst, und es gilt noch 
ganz von ihm, was Hr. Reichardt fchon vor 
achtzehn Jahren fchrieb. Er fagt *): feine Ge- 
fchwindigkeit der Finger, Mannigfaltigkeit und 
Leichtigkeit des Bogens und in beiden die voll- 
konuuenfte Sicherheit ift unbefchreiblich. Sein 
Ton ift durch das ganze Iiiftrument rein, ange- 
nelun und vollig gleich; er mag in der aufser- 
ften Tiefe oder in der alleraufserften Hohe fjrie- 
len. Wenn man andre Violoncelliften mit der 
linken Hand dem Stege nahe koromen fieht, fo 
wird einem fchon bange , denn nun geht das 
Quiken los, und man kann fich des Ausrufs 
nie erwehren: warum denn Violinfachen auf 
der Bafsgeige! das fcliickt fich nicht fins Inftru* 
ment ! 'Hr. D- aber greift auch in der aufserften 
Hohe nicht nur vollkonunen reiri, fondem be* 
ha^lt auch hier den Violoncellton bei. " Was 
aber Hr. R. weiterliin vom Allegro und Adagio 
iiher Hrn. Mara und Hm. Duport fagt, das gilt 
nun, wie man weiter unten fehen wird, v<>|l 
den beiden Brudern Duport. 

' Auch als Orchefterfpieler hat Hr. D. grofse 
Verdienfte , fein darker voller Ton , fein kraftl- 
ger Bogen und Teine Sicherheit wnd Ruhe, mit 
der er dem Bafse inuner fein voiles Gewichfc 



*) S. Briefc eines aufmeiifamcn Ptciftiulcn die ftlufik betreffend. B. I. S. 1^7. 



so 



giebt, ift unveigleichlich und das Oxchefter hat 
viel dadurch verloren,* dafs der KSnig Hm. Du- 
port vom Orchefterfpielen difpenfirt hat. Indef- 
fen diefe und ndch ihanche andere Gnadenbe- 
zeugung des Konigs ift diefein feltenen Virtuo- 
fen wohl zu gonnen, fo wie ein darauf fich 
ginindendes Gefiihl, wenn es fiir andere iiicht 
druckend wird, iinnierhin verzeihlich bleibt. 

Wenn, aber Hr. D, gegen den Willen fei- 
nes Kftnigs, der iiberall Ordnung und' Gerech- 
"tigkeit will, rtach der ganzlichen Direction der 
Mufik ftrebc und die grofse Oper dirigiren 
indchte, wie er die Cainmennufik des Konigs 
dirigirt *) : fo handelt er . gegen feinen eignen 
Vortheil; inacht fich unnothig Feinde und fetzt 
fich jeden Ailgenblick in die Gefahr, in folche 
Lagen zu koimnen, wo feine KenntniiTe nicht 
hinreirhen und wobei • das Ende inimer feyn 
*imfs, dafs er durch'ungetreue Berichte haufi'ge 
Fehler zu vevdecken fuclien mufs, auch wohl 
Dnpe eines Subalterns wird , .wontnter denn 
die Sache gewaltig leidet. Selbft fur Heine Ei- 
telkeir wird er. weit mehr ungeftbrte Nahrung 
fmden, wenn er in den ilun von Sr. Maj. deiu 
Konige, mehnuals mundlich.und fchriftlich an- 
gewiefenen Schranken bleibt. Als Lehrmeifter 
des Konigs bekommt er von alien zur Mufik 
Gehorigen den Konig anx ofterften zu fpre- 
chen , unci nach einer fehr alten Erfahrung kann 
derjenige , der dem regierenden Herrn am nach- 
ften ift, Andern auch aim meiften — wo nicht 
helfen , doch fchaden. Wer yveifs . nicht , was 
da Ein Lacheln, Ein Achfelzucken bedeutet? — 
Da es nun bekanntlich fehr wenig Menfchen 
giebt, die nicht von Furcht und Hofnung re- 
giert wiirden, fo wiird' auch fo leicht niemand 
verfaurxxen, dem Hrn. D. fo viel Lichte anzu* 



ziinden,. als zu feiner Ehre und Zufriedenheit 
nur immer erfordert werden konnten. 

///•. Duport (der jiingere, Bruder und 
Schuler des vorigen). An Annehmlichkeit und 
Fertigkeit in grofsen Schwierigkeiteh iibertrift 
er fcrnen Binder weit. Es ift wohl nicht mog- 
lich, mehr Bravour und Sicherheit in der Exe- 
cution '.u habe.i. Dor altere Binder hat von 
jeher die Klugheit gehabfr, nie etwas zu uriter- 
nehmen , von- deffen ganz ficherem Erfolg und 
Effekt er. nicht vollkonuuen gewifs feyn konn- 
te. Der jiingere fcheint alles zu unternehmen, 
was ilmx fein Genie, feine lebhafte Imagination 
nur inimer eingiebt, und .dennoth hort man 
nie einen falfehen Ton. Die unbegreifliche Ge~ 
fchwindigkeit, jnit der er feine Allegros und 
oft nur einzelne PaiTagien vortriigt, fchadet zu- 
weilen etwas der Deutlichkeit, doch diefes auch 
wohl nur fur. unerfahrne Zuhorer , die nur niit 
dem aufsern Ohre horen und nicht durchs Be- 
greifen dem finnlichen Eindrucke zu Hvilfe 
konunen .konnen. Im Accompagnement ift 
ihm aber diefe grofse Lebhaftigkeit offenbar 
nachthcilig und er ift vielleicht einer von den 
grofsen Virtuofen, . die eben ihrer grofsen Vir- 
tuofitat wegen vom Orchefterfpielen difpenfirt 
feyn follten. Auch nmfsdas haufige Orchefter- 
fpielen — Hr. D. fitzt, wie ehedenx fein Bin- 
der, bey den Operri und Operetten neben dem 
Fliigel — feiner Virtuofitiit, die vorziiglich in 
Leichtigkeit , Giazie und allbezwingendr Bra- 
vour bfcfteht, weit eher nachtheilig werden, als 
es einem Virtuofen , dell'cix grufster Vorzug hi 
grofsem" mannlichen Vortrage befteht, nachthei- 
lig werden konnte. 

Die Fortfeiziing n'.ichftens. 



5. Naclirichten aus Briefer!. 



B — nn. Im verwichhen Sommer inach- 
te Hen- IVilhnann einp Beife mit feinon beiden 
Demoifellen Tochtern, wovon die eihe Siinge- 
rinn hi kurkollnifchen Dienften, die andere fa'lliger Avifnabme und 



Klavierfpielerin ift. Ueberall, wo -fie hinkamen, 
liefs man. ihr?n Verdienften (leiechtigkeit . wie- 
derfahren; und crmunterte fie mit herzlicbge- 

nut angemefsnen Ge- 



*) Diefe Direction bcftelit eigeritlich cla'rinncn , <1afs 
derK('inia; ft-lb/t ho/ioJih, wer zmMufik belttllt wer- 
den full', i!;uin fuluit einige Symphonicn nuswaljlt, 
die den Abend gcfpielt werden tollcn, — gemein- 
iiin wird nur eine ziun Anfan>r des Concerts ge- 
fpielt — und folche einem Canimerdieuer zum 



Auslegeii giebt, und dafs der Konig wahrend dem 
Conccrte die anwefenden Sanger und Conccrilpie- 
lev, wie es ihm get'.illt, nach einaudev -/.urn 1 ro- 
dnciren aufntft. Diefen Aufiuf fangi 1 1 r. Duport 
auf mid wiedeilioh ilia etwas lauter. 



SM 



fchenken. So in Mainz, Frankfurt, Darmftadt, ten Komponiften, und unferKonzert einea vox*- 
Mannheim unci MUnchen. Von der letztern treilichen. Anfuhrer vcrloren. 
Stadt ans fchreibt man offontlich: 

Die Ael tore weifs in ilnem Klavierfpiel vie- Jusziige aus Brief m eincs deuefchm 

le Fertigkcit niit: Pra'cifion und GetulU zu Rcifendeu 

verbinden; indelfen die jiingere, ihre durch J 

Hohe und befonders durch Tiefe fich aus- Frankfurt am Maya den x8ten Januar. Die 

zeichnende Stinnne mit der feinften Eiu- Herren Directoren des hiefigen kiinftigen beflern 
pfmdung im Ausdruck und clem richtigften Nationaltheaters begniigen fich nicht damit , fur 
Gefcbmack im Vortrage zu vereinigen weifs. das Theater liberal! vorziigliche Stibjekte aufzu- 
Der grofse Violinift Eck gefellte in ihrem fuchun, fie erftrecken ihre Sorgfalt auch aufs 
Konzert feine Virtu zu ihrem vortreflichen Orchefter und wollen ein ganz vollftaiuUges eig- 
Gefang und Spiel. Gewifs ein glanzender nes Orchefter fi'ir das Nationaltheater engagiren. 
Vorzug diefes hervorragenden Kiinftlers, Es ift diefes ein doppelt grofser Gewinn fur die 
den er ihnen hierdurch angedeihen liefs. Stadt, da es bislier auch aufserft fchwer hielt, 
Die Sangerin hat -zuletzt in dem bekannten ein [gutes Concertorchefter hier zul'ammen zu 
Singfpiel, der Barbier von Sevilien, nach bringen. Sie haben bereits zwei fehr verdienft- 
Paifiellos Muiik, fo viel Anftand und Ein- voile Manner zur Direction des Singetheaters 
ficht verratben, cbfs fie Kennern der Mufik und des Orchefters engagirt. JJerr Kimz,en, der 
Wild des Theaters den Wnnfch abnothigte, fich feit einigen Jahren durch die Herausgabe 
ibre Knnft in ci7cer grofseu italiainifchenOper feiner Oper Jlolger JDmiske, feines Bardiets 
einft bewundern zu konnen. Nach dem Herrmann mid die Furften , und durch verfchie- 
Stikk ward fie herausgerufen, und der In- dene Sammlungen fur den Gefang und fiir das 
tendant, Gnif von Seeauf, ftilme fie felbft Clavier fehr ruhmlich bekannt gemacht hat, ifl: 
clean Publikum vor. "~" " "' " ~ 

Das Mannheimer bffentliche Blatt fallt ein glei- 

ches Uvuieil von diefen beiden Kiinftlerinnen. 

Solch ein Beifall von folchen mufikalifchen Pu- 

blikiuns mufs obne alien Zweifel zu immer 

weitern Fortfchritten in der Kunft anfpomen. 

Auch in Difchingen, am Hofe des Fiirften von 



Thum und Taxis rufte man ihnen ein gnadigea 
Wmkommen zu, Man fiihrte dafelbft Mozarts 
Entfuhrung aus dem Serai 1 mit vieler Pracht 
und ganz neuen Dekorationen auf, wovon Wek- 
herlin fchon in feinen Paragraphen Nachricht 
gegeben hat. In diefer Oper fpielte und fang 
die Herzogin von Hihlburghaufen die Conilanze 
ganz vortreflich ; die Erbpiinzelfin 'das Blondgen, 
Demoifelle Willmann, die jiingere, den Bell- 
anonte, Baron von Schack, Mufikintpndant, den 
Ofsmin, Graf Glenau den Balfa, Hofmufiker 
Marchand den Pechillo j die a'ltere Demoif. Will- 
mann machte den tfapellmeifter. Das Audito- 
rium be/land aus mehrern Furften und einem 
zahlreichen Adel. Solche Ereigniife gehoren mit 
fiecht zu den Triumphen der^Kunft. 



zum Director des Singetheaters und Hr. Fran- 
xel} t ein wiirdiger Sohn des beriihmten Violini- 
ften in Manheim, und felbft ein fehr grofser 
Violinfpieler, der fich auf feinen Reifen in 
Deutfchland, Frankreieh und Italien grofsen Bei- 
fal! erwarb, ift zum Director des Orchefters en- 
gagirt word en. Beide mit anfehiilichem Gehalt 
und ehrenvollen Bedingungen. 

Stnisburg den Soften Januar. Ich ward in 
diefen Tagen hier fehr angenehm iiberrafcht. 
Man hatte mir von dem fchlechten Zuftande 
des hiefigen franzofifchen Theaters, befonders 
in JAiickficht der Tragodie, fo viel gefprochen, 
dafs ich eines Tages, als ich beiin Theater vor- 
beigehe unci auf dem Anfchlagezettel lefe: Eit- 
phrojhie oh le Tyran corrige, gleich die Idee 
von einem Trauerfpiel damit verbinde und aus 
Neugierde das Ungeheuer einen Augenblick an- 
zufehn hineingehe. "Wie angenehm war aber 
meine Ueborrafchung, als eine fehr karakterifti- 
fche affektvolle Oavcrtiue mich fchon etvvas an- 



ders vermutheu liefs, und ich bald gewahr wur- 

de, dafs ich eine Operette zu horen bekam, in 

Gottingcn — Herr L. Maffonneau gab den welcher Ein inufikalifc!ier Satz immer angeneh- 

£2ften Marz fein Abfcliiedskonzert, unci gieng luerwiul effektvoller war, als der Andere. Lan- 

den J? ten April nach Frankfurt am Mayn, wo Cp hme ich kein "«"es Werk gehort, das fo 

er bei dem OncbeUer des neuerrichteten Natio- vicl angenehme Unterhaltung und a'chten Kunft 



naltheaters als Violinift angefetzt worden ift. 

Unfer mnfikaJifche? Publikum hat an ihm 
eixien voitre/lichen \'iolhifpicler und einen gu- 



tier Gelang 



war n 



leift 



ens 



fehr 



genufs mir gab : 

fliefsend und bedoutend, nntreinige Duel ten unci 

Tcrzotten waren vorfrellirh dialogirt. Ganz v«>r- 

ziiglich zeiclmete fich iiber die Behaiulhuie da* 

C 3 * 



9.1 



Orchcfters aus. Allcs, was Gluck und Hay den 
je erfunden und zu grofsen Effokten angewandt 
haben, hatle dor Componilt init grofsem Glikk 
benutzt, und es waren inehrere Satze unci fehr 
vide meifteihafte Stellen, die jonen beidon gro- 
fsen Meiflern Ehve gemacht haben wurden. "Der 
Componift diel'er fchonen Operette (die audi 
wohl ri'ir eine grots e Oper geiten kiinnte, wenn 
der Dialog uicht gefprochcn wiirde) ift MchitU; 
cin junger, Componilt in l J aris. *) 

Fan's, Von den Rcvolutionsftiicken hal 
auf alien hiefigen Thpatern keines mehr Gluck 
gematht, als cine Operette: JSicodeme dans la 
lime on la revolution pacijique vom Covfm 
Jacquvx. Allein auf deiu neuen kleinen Thea- 
ter 1'raiii-oU comique ct lyrique , das fie zuerl't 
gab, ift lie feit dem 7ten November 1790 fchon 
zwey Imndert cinige vierzigmahl aufgefuhrt 
worden, und inuuer ift der Zulauf noch grot's. 
Es ift aber audi eins der feinften, naivften, an- 
genehmften Stucke, das ich je fab. Die Sitten 
der jYlondbewohner — bei denen es iibrigens 
im Gnlen und Bofcn v\ie unt.erm Monde Tier- 
geht — find mit lb treffenden reinbezeichnen- 
den Zi'igen gefchildert, und die Aufpielungen 
auf den hieligcn Hoi", und auf das Volk und 
die Revolution alle lb IVin angelegt und ohne 
alle harte Farben und L'eberladungen angedeu- 
tet, dais man von An fang, bis zu Ende ohne 
die mindefte StOhrung einen fehv angenehmeii 
Genufs daran hat. Bisweilen miichte man fhrch- 
ten, dafs die feinen Spilzen , auf denen es lull 
umdreht, biegen oder brechen kSnnten; doch 
fchwingt e9 fich dann wieder fo leichte fort, dafs 
der Gang einen neuen Reitz dadurch crhiilt. 
Die Muiik ift grQl'stentheils , wie fie bei den 
kleinen Stricken en Vaudeville zu feyn pllegt. 
Bekaimten Volksliedern, audi wohl allbclU-hten 
Opereltengefangen find neue Texte untcrgelegt. 
Jell will Union ein kleines IVines Lied deo (Jon- 
fin Jacques zu der alien fdionen Melodh; des 
Liedes, (Jharmante Gabriel le und eine Melodic, 
die er, wie inehrere Sti'uke felbft komponirt 
hat, hier beilegen. Wenn ich den lieben iiciu 
lier/.ijjen, finnigen Kicod'cme , der mit eiucm 
Luftballon in den Mond komml, urn die Nacli- 
richt von der franzolifchcu Revolution hiiizu- 
bringen, fin gen und mil. Si - . Maj, dem Hrn. 
Mondkaifer vert rant fprechen horte, war mir's 
uft, als fah' ich unfern lichen Annus vor mir, 



der fehr wahrfclieinlich an dem' imerclT.mren 
Char;:Uler nidit ganz unfdiuldig ift. — Mir fa fit 
dabei ein, dais die AVerke unfers Annus vor 
einigen Tagen unter clen Biichem des ki'irzlidi 
veihoibenou franz. Dichlers JJerquiu verkauft 
wurden. 

rarit den ".ten J/drz 92. Geftem fah ich 
nnch der Oper Alccfic von Gluck das henlidie 
Ballet rfychc. Das iibertrift alle Vorftellung 
von grolser Execution, befonders von Seiten 
der Mafchiuerie. Mit welcher Leichtigkeit und 
Sclmelligkeit Amor die Pfyche in den Wolken 
hoch clinch die Ltifte fiihrt; die Teufel hernacli 
in der Hulle aus dem Boden wie Di'mfte her- 
vorfteigen , mit der Pfyche in den Abgrund liiii- 
ein und auf Befehl der Venus wieder in grofsen 
gcwaltigen Gruppen aus der Eicle hervorfaluen, 
fich mit ihr von der hochftmOgUchen Hbhe des 
Theaters in Feuerftrome liinab fti'irzen — das 
ift alles mibefchreiblich und fiir einen, der es 
zum erftenmal fieht, faft unbegreiflich. — Mir 
haben nun die herrlichen malerifchen Gruppen 
meiir I'reiide gemaiht. Als l'lydie im Pallaft 
tier Venus in einen Spiegel, der frei ftdit, liin- 
ein blickt, umllitgen mit t-inem Uuy fechs Ge- 
nien in einer hoclift Liebliilien Gruppe den Spie- 
gel, und diefes find wirklich fechs tanzeiule 
Kinder, die mit wahrem Zauber, ich weifs nicht 
wie, um und uber den ziemlich hohen Spiegel 
hcrumgeworfen da fchweben. Und die Grujvpen 
in der Hollo von A-ielfarbigen Teufeln uberftei- 
gen die Nachbildiingafahigkeit des Malers. Ve- 
llris und Nivelon, die Mi'iller und Coulon tanz- 
ten audi vortrellich. Dach mufs ich geftehen, 
dafs das Ganze auf mich nicht die fchOne herz- 
erl'reuliche Wirkung gethan, als ehemals der 
premier nav/ga/eur. War es, dafs das Sujet 
1111s na'Jver liegt, dafs das AVunderbare darin 
weniger gefudit und pra'icitdirt ift, i<;h weifs 
nil lit, aber fo fehr mich diefes audi in Erfiau- 
nen gefet/.t hat, blieb idi doch ohne dun fclu'3- 
HL'u Eindrudc, den ein edles IchOnes Kunftwerk 
aid" mich i miner unfehlbar inaclit. Ueberall 
fdieinl: es mir audi, als wenn die Oper an ih- 
rem grofsen ecllen Charakter zu verlieren an- 
fiingt, als wenn man weit melir nach dem Auf. 
falleuden und Bizarren fucbi: bclondera fiihl' 
idi das beiin Tan/e, worin gar viel (Caprice 
und Minauderie herrlVltt. Vcltiis fcheint mir 
derfelbe Gcfchnuickverderber im Tanz zu feyn, 



*) Die limn !)• vlin. INIiifiklMiiilliing liat 'bcrcii* n.tch 
I'aris jm filiiii-bcii , um i!ir linn geftochciie P.irii« 
Uir dicfor OpcrcUe koiiuiRn /.11 lallt-n , mill luifft 



lie n.ldiftuns tku dcuifdien Kiiiififrcumlcu liiTviu 
zu kiimicii. 



;jCr 



tier Marchefini im Gefange ill, feme meifter- 
hafte Execution maeht alius lieb an ihm, aber 
die Andern , die ihm nachahmen ! ! — • — 

Die Oper Alcefle ward gar fehr viel fchlcch- 
tcr vorgeftellt, als ehedem. Die ungeheuer dick 
gewordene Maillard fpielt die Alcefte mit der 
kalteften, piinktlichften Nachahmung der St. 
Huberty — von der falx ich fie damals — Ein 
Mr. Renaud fpielt den Admet fehr juaittelmafsig. 



Cheron, der den Herkules" wieder fehr bnv 
fpielte, war der einzige der V'origen. Dufresiie 
machte den Oberprielter auch gut. Das Orche- 
fter, das einige Stiicke ganz fublim ausfiihrto, 
gieng ini Ganzen aber weit weniger zufammen; 
es war indet's immer iiu Verbal tnifs mit den 
Sangern nnd Siingerinnen. AVenn die St. Hu- 
berty, Lais, Cheron, Rouifenu fangen, war es 
ein ganz ander Orchefter, als mit den Duu- 
bletten. 



Nachriclit von merkwiirdigen Tonkunftlern. 



Kimzcn. Biefer junge brave Ki'inftler, der 
I5ch fchon fruh in Li'tbcck , feiner Vaterftadt, 
als vorzi'igliclier Clavierfpieler und gliicklicher 
Componift zeigte, nnd bald darauf in Copen- 
hagen mit feiner vortreflichen Oper: JFIolger 
IDanske, eine Art von Epoch e machte, kam am 
Ende des Jahres 1789 nach Berlin, mit der Mei- 
jmng, dafs er hier feine Kunft und feincn Ruf 
vollenden konnte. Die vorzi'iglichften Kim/Her 
nnd der befle Theil des muhkalifchen Publi- 
kums, waren ihm gerecht und freundlich. Bei 
Hofe fand er aber von alien Seiten Widerftand. 

Reichardt , der fich felbll nie mit Unter- 
richtgehen in der Mufik abgab, empi'ahl ihn 
der l J rinzeiTin FriederiLe als Clavier - und Sin- 
gemeifter, mu den he bey der Abreife der Ma- 
dame Todi verlegen war, und es ward ihm iibel 
genommen, dafs er einen andern empfal. Er 
i'prach dem Konige von Kunzens vortreflicher 
Oper, die durch Cramers Ueberfetzung auch 
dem deutfehen Theater eigen gemacht worden 
ift, und der Konig whnfchte lie zu horen, und 
ivollte fie auf dem nenen Theater in Charlot- 
tenburg horen; Kunzen wurde von Reichardt 
in die Cammerconcerte des Konigs eingefi'ihrt, 
fpielte einmal das Forte piano in einem Con- 
cert des KOnigs init vieleiu Beifall — und ward 
vergeifen. 

Im Publikum ging es ihm glikklicher. Er 
errichtete im Jahr 1791 mit Hrn. Braun ein 6f- 
fentliches Concert, das wahrend den Fa/len wo- 
chentlich einmal gegeben wurde, und fand dort 
fur die Wahl der JVItifikftucke, ihre Auffulirung, 
.und fur fesu vortre'liches Spiel alien verdienten 
Beifall. Das Concert war und blieb felir be- 
fucht, und wurde in.diefem Jahre mit gleich 
gliicklichein Eifolge wicdurholt. 

Als Reichardt im October 1791 feinen ihm 
vom Konige accordi/ten di eijahrigen Urlaub an- 



trat, und Se. Maj. wegen der Auffuhrung fei- 
ner Oper Olimpiade y die im Cameval 1792 
wietkiliolt werden follte, beforgt waren, fchiug 
Reichardt Krn. Kunzen dem Konige, als denje- 
nigen vor, der feine Arbeit genau kenne, der 
ganz in den Sinn derfeiben eingehe, und da- 
her feine Stelle am Fli'igel vollkommen gut ver- 
fehen wurde. Der Konig war damit fehr zn- 
frieden, und gab Hrn. Reichardt den Befehl, 
Kunzen den Auftrag zu geben. .Man nahm in- 
defs in Reichardts Abwefenheit von dem Weg- 
bleiben der Mad. Jl/ara, fi'rr die die erfte Rolle 
in der Olimpiade eigentlich gefclnieben war, 
und von der fchwachlichen Gefundheit der Mile. 
jt\ 7 iklaj (, die die Rolle bei den Feftivitaten im 
October zweimal gefungen hatte, und von der 
Unfiihigkeit der Mile. Cantoni eine folche gear- 
beitete Mufik zu hngen, die Veranlall'ung die 
Wiederhohmg der Oper Olimpiade zu hinter- 
treiben, und fo blieb Kunzens Talent wieder 
unbenutzt. 

Fur das Publikum arbeitete er aher auch 
wieder von einer neuen Seite mit fehr gluckli- 
chem Erfolge. Er nalnn vom Anfange diefes 
mufiknl. Wochenblatts bis zur Abreife als Redak- 
teur und Mitarbeiter giofsen Antheil an diefem 
Werke, und wurde diefer intereflanten Arbeit 
manche andere eintraglichere gerne aufgeopfert 
haben, wenn ihm nicht der Ruf zu der Mu- 
likdirectorftelle bei dem neuerrichteten frank- 
furtfeben National theater ein bedeutender Wink 
gewefeir ware, cinen Ort zu verlalfen, an wel- 
chem ihn wahres Talent , Fleil's und Eifer nicht 
durch die dem deutfehen Talente fo fatale Ca- 
bale durchdringen liefs. Und fo ging uns wie- 
der eines der fchimften fruchtbarften Talente 
verloren, von dem die Erwartung nicht zu hoch 
gefpannt werden kann, und auf dercn Erfiil- 
iurig man urn fo fichrer nvlnien kann, da 
Kimzcn kein Jiiechanifcher Kiuiftler, Iniuiein ei« 
Maim von Herz und gebildelem Kopl'e ill- 



a. f 



Naciiricht von einem netierfundenen mufikalifchen Iiiftriuneiite , welches bis 
jetzt nocli keiiicn Nahnieji liat, and das man etwa Nagel clavier 

i. enneii konnte. PelTau. 



Die fchon langfr. bekannte Nagclgcige (Vio- 
lino ili Ferro), wo man namlich mit einem Vio- 
linhogen auf abgeflimmten Eilenftiften ftreuiit, 
unci dadurch einen flageoletahnlichen Tun her- 
ausbringt, bat einen Ki'mftler, Nahmens Tra~ 
gcr, aus Bern burg, welcher bei clem daligeii 
Schuliiiftifule als /eidienmeifter angeftcllt ift, 
auf (He Idee gebracht, ei 1 nhnliches Inftrument 
mit einer Taftatur zu erfinden, fo dafs man es 
wie ein Clavier fpielen konnte. Nach vielen 
wiederholten und kolUpieligen Verfuchen ill es 
ibm iiber alle Envartmig gehmgen , ein folrbes 
Inftrument zu Stande zu bringen. Er hat audi 
bereits nn dem Hofe zu Bernburg, wo er feine 
Erfnidung zuerfr. produurt hat, fo wohl bei fei- 
uem guten menfchenfreuridlichen Fur/ten, der 
jeden Kimftler von Verdienfteri mit ungemei- 
ner Giite zu begegneu und zu fchatzen wells, 
als auch bei den darken Kunfikennem vielen 
Beifall damit erhalten. 

Auch liier liefs vor kurzem Herr Triiger 
(ein Inftrument, in einem dazu veranftalteten 
Conceite, horen. So wohl der lanft einlchniei- 
chclride Ton, als audi die befonders erfindungs- 
rciche F.inrichtung des Imtrumentes, erwarben 
auch hier clem Erfinder allgemeinen Beifall, fo 
dafs es Anzeiger fur werrh erachtet, dem l'u- 
bliko eine nahere Befchreibung, diefer in Coi- 
ner Art fonderbaren und lnerkwiirdigen Erfni- 
dung, zu geben. 

Das Inftrument hat die Form eines gewohn- 
iichen Clavieres, mir dais es Jiidit vollig lb lang 
ift, weil der Bauui, den der Relbuanzhodcu 
eiimimmt, davon abgeht. Uebrigeus liat es den 
Umfang von einem F Clavier, namlich limf 
vollige^Octaven. Die S/immung geht durdi- 
gangig mn eine Octave iiber unl're gewiiluilidie 
.Slimmung hinaus. Die Eifenitil'le find binicr- 
warts in einem mit Eifenblech beleglen Stiniiu- 
ftocke nach ihrer verfchiedenen Liinge und Duke, 
horizontal eingefchlagen, und zwar in vier Rei- 
hen iibereinander, wodurdi der Baurn von ei- 
nem Stifle zum andern mn einige Zolle weit 
auseinander geriickt werden konnte, welches 
nothig war, urn den Sti fieri mehr Spielraum zu 
geben. Jeder Stil't hat eine kleine holzerne be- 
wegliche Wal/e, lb dais am-li dercn vier Reihen 
tiber einander (inch Ueber dicfen kleincn \V»1- 



/en ifi ein, mit Geigenharz beftrichenes Leinen- 
band a.:igebracht, weldies ganz nahe untcr deu 
Si ifi en fnrthiuft, mid durch die Tangenten an 
die Eifenftifte mil geringer Kraft angedriickl 
werden kann. Reditu unteu lit ein Fufstritl, 
wie bei der HarnioniKa , wo vermoge eines in- 
wendig angebracLteii Schwungrades der Umtrieb 
vier kleinerer Racier bewirkt, und dadurch dai 
Band (iiber den kleinen Walzen) in beftandiger 
Bewegung und Fortzieheu erhalten, und die 
Aehnlichkeit des Bogeuftrichs zu wege gebracht 
wird. 

Diefe und mehrere mechanifche F.inrichtun- 
gen , die fich lb genau nicht befchreiben lallen, 
jnachen dies Inftrument zu einer der Ibnderbar- 
lien mid finnreichlten Erfindungen unfres jetzi- 
gen Jahizdiends, welche wohl verdiente allge- 
mein bckannt zu werden. Die unfagliche IVIiihe 
unci die vielen frmhilufen Veifuche, wobei es 
zum oftern , wie Heir Triiger ver/ichert, mir 
auf ein Gerathewohl unci Glucksi^ll ankomnit, 
dafs ein Ton gut und rein angiebt — weil man 
bis jetzt noch keine fefte Theorie dafiir hat — 
dinften freilich noch von ahnlichen Unterneh- 
men ein Ibldies jjiftrumeut zu verfertigen, au« 
Furclit des Rlislijigens abfehrecken. 

Herr Triiger geht auch von andern Erfin- 
dern inechanifcher Kunftwerke ab , die gern aus 
ihrer Erfindung ein Geheimnifs zu machen, und 
es den nengierigen Augen zu verftecken iiuhen. 
I Her mnchte er gar keiiie Umftande, einigen 
Runfth'ebhabcrn zu gcfallt'ii, durch Herausbe- 
bung der Claviaiiir, die tran/e inure kiinltliche 
Striiktur fcinc? inltrumcnies belchauen zu lallen. 

Aus der Aehidichkcit, welche dies Inftru- 
ment in Abfuhi. ciei Anlprache des Tones mit 
i\er Ilarmonika hai , ill audi zu fthliefsen, dafs 
es ein eignes Traklement und oignen Fi?iger- 
drink erfurdert, und dafs die langlamen Toji- 
ltiicke, den bellen und eindringendften Effekt 
machen, ob man gleidi auch Gefchwindigkei- 
ten, Pailagen, Triller unci dergleichen leichl. 
darauf herausbririgen kann. Gebundene, lanft 
in einander verllochtene harmonifch melodifche 
S.itze, feine nunlidierende L'ebergange etc. neb- 
men fich am belt en darauf aus. Daher es audi, 
gleidi der Harmonica, ain vorzuglichften ge« 

i'cliickt 



£>5 



fdiickt zur frcien Phaniafie ift. Hier kann ein 
gefiihlvoller Spieler, der mir einigermafsen erft 
mit der ;Spielart bekannt ift, dies Inftrument 
ganz nach l'einen Emplindungen ftimmen. Hier 
winden fidi iluu uuvernierki:, wie von felbft, 
gcrade die Ideen von der Seele los, die dem 
Tnftrumcnte angemelfen find, und die bei den 
Zuhurern audi wiedcr Eingnng zum Herzen fin- 
den. In gewilTen Lagen ift der Ton diefes In- 
ftrumcntes , ziunal wenn man die Finger fanft 
abgleken Hifst, eben fo be bend und nachhal- 
Jend, — doch faiifter, und nicht nervenangrei- 
fentl — wie ans den glafernen Glocken; ja, 
durcli die Einriditung, dies Inftrument wie ein 
Clavier zu fpiclen, hat es gcwijrcrniafsen noch 
Yorzuge vor tier gewylmlidien Hanuonika. *) 



M.'idite dotb Hr. Tra'fcr, der ein "befchei- 
dener und gutmulhiger Mann ift, und jeden 
Rath cines fadiverftandigen zubenutzen fudit**), 
durdi thatige I'nterftutzung in den Stand ge- 
fetzt werden, eines Theils feine darauf ver- 
wandte Koften wieder erfetzt zu bekoinmen, 
und andern Theils, diefer Erfindung, die aller- 
dings, wie viele andere, nodi mancher Verbef- 
ferungen bedarf, nodi mehr Vollkommenheit 
geben zti konnen. ***) Mochte er, da er ge- 
fonnen ift, nut feineni Inftruniente zu reifen, 
das Gliick ha ben, uberall Gunner und Beforde- 
rer zu finden , die fich fur ihn und feine Er- 
findung mit dem warmi'ten und thiitigfteii Kunft- 
eifer intereITirt.cn! 



8. MufikaufTuIirung in Berlin. 



Vor einiger Zeit liefs fich Dem. Ktrcftgdjs- 
ncr am Hofe und auf dem deuifehen Theater 
mit vielem und vcrdientem Beifall auf der Har- 
juonika horen. Es i It wahr, diefe Harmonika- 
Spielerin, die des Gefidits beraubt ift, fpielt 
mit aufserordentlicher F'crtigkeit, und weifs die- 
fem fo fchwierigen unci untraitablen Inftrumen- 
te bisweilen die feinfteu Niiancen des guten 
Vortrags zu entlocken und mit Sicherheit lelbft 
fxhwierigc Palfagen hervor/.ubringen. Allein, 
oh nidit diuch diefe knnltlidie und fdinelle 
Manier der wahre Cliarakter fler Harmonika et- 
was verloren geht s deren gn'ifste Sdionheit auf 
dem tief hervorgezogenen und edlem fingenden 
Tone, auf dem bedentenden Tragen deifelberl 
und dem fiifsen IueinamleiTduuelzen freier und 
gebundener Ilurmomcn bc-uht; und ob nidit 
bei jener feltenen Vircuofitat, vieles auf ein 
kleinlidies, grelles Spiel mit den obern Klorksn 
hinauslauft, fo dufs die imtern, die an diefem 
Inftruniente der Dem. K. uberliaupt audi nidit 
viel zu taugen fcheinen, zu febr unbenutzt 
bleiben? ■ — ift eine nidit wohl zu unterclrii- 
ckende Frage. Alles in der "Welt hat fein Maafs 
und Ziel, und Glasklocken , wie Saiten und 
Stimmen, haben ib/re von der Natur angewie- 



fene Schranken. Allein man will gewohnlich 
mehr auf Bewunderuug , dcnn auf Riihrung und 
fchlichte Herzensempfindnng wirken, und da 
fudit man denn frcilidi alles hervor, was zu 
diefem Zwecke fiihrt, und folhe audi dariiber 
ein Grab der Natur gegraben werden miiffen. 
1ft dies nidit die Gefchichte fo vieler unferer 
heutigen Inftruniente und ihrer Spieler? —~ 
Aber will es das Publikum nidit meiftens fo 
haben , und kann man es wohl dem des Rubin* 
und des Geldes ge»vohnlidi gleidi bcdiirftigen 
Virtuofen verargen , wenn er das allgemeine 
Vorurtheil, fo gut er kann, zu benutzen firebt, 
und ftatt fiber den Verfall des guten Gefdimacks 
zu weinen, licber fein erworbenes Quantum be- 
haglidi einiireidit und lachend da von geht? 

Uebrigens ift, aufser den nadi alter Sitte 
bei den Kunflpfeifern beftellten periudifdien 
Kirdienmu/ikeq , aufser den Gattenkonzerten in 
den Geganden von Berlin, wo die Zaune mid 
■die ftillen Hiitten anfangen, znr Sonunerszeit 
wenig oder gar nidits von fjffentlicher Mufik 
zu horen. Hier kann man aber, wenn man 
lich nut zwei guten Grofchen ranzionirt hat, 
bisweilen den Tod Jefu, den Tod Abels , zu 



*) Arir.cijrer Jut die Rulligfclie Ifarmonika mit der 
Ta/taiur r.war jiefelui , aber n'icht gehfirt, und 
kaiui alfo davm tufdn unlieilen, fo viel er ficli 
ab«.-r mocIi eiiniicm kann, waren die Tafien fo 
breit mid fo weii aiisciu.iiider , dafs man Jificli* 
ficju nnr fi-dis Ti'»n«5 . libcrfpaimen konnte. IJci 
diefem Jn/numenie des Urn. 'Jraejer find fie nidit 
lueitcr, nnd Jicgcn .tih.Ii nidit '""welter auscinan- 
tier, alu an ciuein gewohulichen Claviore. 



**) Wie cr z. B. von dem wtirdigen Hrn. Trofc.fTat 
Jluftc mancJio auf -weuere VerbelTerimgeii fi'ili- 
rende Jdccn mit Dank angtiiiommeu Jiat. 



"**) So ajeJxt cr z. B. damit v 
PrliallDoden anziibrinsen , 



nm , nocli eine Art von 
.£,— . . wclclier, nach feinev 
JMeiiuuig, den Ton uoch am viele* veifi.tirken 
wiude. 



D 



26 

jeder Frift aber den Tod der armen Kunft, die Schranken, wie unlangft in der Garnifonkiiv 

gar nicht fterben will, mit anhoren. — die, gefordert wild . mil fich in bonibaftifehen 

Wenn nicht noch zu Zeiten eine Privatge- Vcrfen unci durch ode, trockene Muhk und JUi- 

fellfchaft auPgebracht wi'irde, und wenn nicht fen, langweiligen Gefang bedauert zu find.-;. 

das Liebhaberkonzert des Hrn. Bachmann und Ilr. R. mag ein fchatzbarer Mann in feiner An 

das bei Hrn. D. Fliefs, das audi fo gut wie of- feyn ; audi gereicht es immer zur EJire, feine 

fentlich ift, wenigftens einjtial ini Monate lei- Kraft e an einer Kantate zu verfudien. AHein, 

nen Gang fortnahuie; fo wi'irde man gar nicht was man allenfalls guten Freunden mit Bei fall 

wiifen, ob gcniefsbare Mu/ik in Berlin ware, zu geniefsen gebe.n kar.n, ift durum noch hinge 

Denn das kann wohl nichts bedeuten, wenn nidit fo, dafs man ein grofses mitunter an 

etwa der Geift Gujiavs des Dritten, deifen An- gediegene Werke unfrer ATeifter gewohntes Pu- 

denken immer einer Thrane und eines guten blikum zur Theilnalnne daran alien tlicli auffor- 

Gedithts *) werth ift, in die inufikalifxhen dern di'vrfte. 

q, Proteitation des Herm Canonikus Sterkcl. 

In dem lcjten Stuck, Seite 149, Hires mufi- fagen, dafs idi keinen Antheil daran habc D;;zn 

kalifchen Wochenblatts las ich mit Yerwunde- konunt noch, dafs ich nie Yariationon i'.ber 

rung eine Anzeige, nebft einer Recenfion fiber irgend ein I'ranzo/jfchcs Lied gcfcluieben ha:.'.-, 

das franzofifche Lied: Lifuut dormait, mit Va- Nun aber, da diel'e gcUochen find, unci ofl'ent- 

nationen fur das Klavier, weldie bei IJemi lich unter meineni iN'ahnien vcrkauft werden, 

Boder in Speyer unter meineni Nahinen gefto- ift <a Zeit, audi midi oilentlidi jirot.eftando 

dien find. Die lea bel'reuidete mich urn lo mehr, dagegen zu venv.ihreu. hh eri'uche Sie alio 

da ich nicht den geringlten Antheil an tliefou diefes in dem nidi/ten S'totk Jhrer niuhkaii- 

l J rodukt habe. Schon vur mehvercn Jahn-n fdien ZeiiAhiift be!;aunt zu madien. — 

land idi diel'e Yarial.ioi.en unter meineni Null- . . f . 

men in mehreren hieligen ihiufern verfdiiede- Mainz den ^leu Alarz 1792. 

ner Liebhaber; ich konule nicht mehr thun, Sterkel, 
als jencn, die fie fiir ineine Arbeit liielteri, zu 

10. Fingerzeige fiir denkende und forfcliende deutfche Tonkunltler. 

(Diefe Rubrik in dem mit dem acluen Gefchichte der Menfchheit, S. 10) „Es fcheinet 

Stiicke nunmehro befchloffenen Reichardtfchen fonderbar, dafs da /.wo Nationen , Sdiotten und 

mufikalifdien Kunfhuagazin , die viele wichtige Irren um die Eigenthumsehre Fingals unci Oiliai ■> 

Stellen aus den Schriften eines Kant, Giitlie, ftreiten_, keine derfelben durch Herausgabe der 

iJerder, Leifing, Sulzer, Debrolfes und vielen fchonften Gefange des letztern mil Uirvr w:- 

andern Schiifthellern, die nicht in vieler Kiinft- Ipriin^lichcu Gcft.-iifiu u'f>- , die nodi HcW; ■!)!- 

ler Hande komnien, entJiiilt, war fiir den lehr- mens feyn foil, Jidi rei i:tf -i.'ip,!. .Sdiwcj iidi 

l/cgic-rigen Ki'mliler und Kuniifreuiid zu inter- konnte diefe erdiduer wi-rdc-u , und der Ban 

ellant , ah dafs wir lie nicht gerne in unfeivr i\vv Licder felb/t hi der L tj< luiJL , mil e^.eni 

MonaMfdnift. nachahmen . und forlfet/.eu loll- Olnlhuiiun und ^; t • 1 3 ■ > = t c - •-.- » i Anuioi'kungen vc.-i^'-.. 

ten. Wir wercien befoudcu, aiif ga:iz neu her- hen, rediifcrlitte ; • : t ii L bin-!, fi-ndem cr v.- rde 

aasgekommeue und gnilsere Werke Rinklidit fiber .Sjinchi:, .Muli'c und Didiiuunft dor Gahn 

ueinneii n/id ru.r von aushmdifd'en .Sad^-n mchr, afj ihr Arlii'Uehs, Ufn/r, bek-h-ren. " 
audi kieinere 5dnifi.cn benutzen. -D. //.) 

In einer elicn fo neuen Schrift: Ocift dux 

Herder fagt: (in dem fo eben erfchienenen mujinciif<//cri K;</;'iu;fgaz ; iu * '), find el: fidi ci!:e 

vierten 'flieil feiner Ideen zur Philofophie der Stelle, S. 58 unci 3<j, die einigerinaafseu zur 



*) T T i?d d.imit hat i:m Ifr. ir.i^rmeilttr durdi fiiiic nit lit C'fii/T n;!i, !i im >.* > iijicm c]rv hViik f ; i.-f, 

j 1 .lit-nffier (.'!.}!. in ,'rt Drlttrti bticlicnkl , lino divifi (i- .a I" /I 1 s.n _:.?.J,)i \vi ?-.leu iii:-.'. 

Oil-, ii'--, tini ■•'. _.'ii/. k'f -irti iwie'iiuhijdie 1 li. ici-n ** } !-':• 1: Sdnift iii in del' iiciicji Jj'-iiin. Ai:o.k.- 

ai> 'crediiiei , diu iiicniaiid .tuiliidi-H wild, der hauulting zu haben. 



fl 7 



Beantwortung tier obigon Herd erf ch en St ■■.■]\v 
dicnen kann. Folgende vurtreliiche hiftorifihe 
Stlulderung aus demfolben Herderfthen Werke 
weiden unfre Lefer gewifs mit demfelbcn Ver- 
guiigen lefen, mit dem wir fie hezfetzen. 

„In Spanien und Sicilian, den beiden Ge- 
genden, 'die die Araber am langften befafsen, 
hat fich ihr Einilufs in die frohliche Dichtkunft 
vorziiglkh gezeiget. " 

„In jenem Erdftrich namlich, den bis zum 
Ebri) Rail der Grofse den Arabern abgewann, 
und mit Liinofmern , d. i. mit Einwolmern aus 
Siid frankreich befetzte, bildete fidi mit tier Zeit 
diefs - nnd jeufeit der Pyienaen in Arabifcher 
Nadibarfchaf't die erfte Poefie neuersr Mutter- 
ipracheri Europa's , die ProvcnzaL oder lunojl- 
tufche Dichkkunfi. Tenzarn , Sonnette, Idyl- 
len, Villanefcas, Sirventes, Madrigale, Canzo- 
nen und andre Former , die man zu finnrei- 
chen Fragen, Gefprachen und Einkleidungen 
iiber die Liebe erfand, gaben, da alles in Eu- 
ropa Ilof - oder Meifterrecht haben mufste, zu 
einem fonderbaren Tribunal , dem Ilof der 
Liebe (Corte de Amor) Anlafs, an welchem 
Ritter und Damen , Konige und Furften als 
Richter und Partheyen Antheil nahmen. Yor 
ihm bildete fich die gaga Cieiicia f die Wifien- 
fchaft der Trobadoren, die zuerft ebie Liebha- 
berei des kdchften Adels war und nur mit der 
Zeit, nach europaifcher Weife, als eine Hofluft- 
barkeit betrachtet (leider!!) in die Hande der 
Contadores, Truanes und Bufones, d. i. der 
Marchenerzahler, Poflenreifser und Hofnarren 
gerieth, wo lie fich ielbft verachtlich machte. 
In ihren erften bliilienden Zeiten hatte die 
Dichtkunft der Provenzalen eine fanftharmoni- 
fche , riihrende und reizende Anmuth, die den 
Geift und * das Herz verfeinerte, Sprache und 
Sitten bildete, ja iiberhanpt die Mutter aller 
neuern europaifchen Dichtkunft ward. Ueber 
Languedok, Provenze, Barcelona, Arragonien, 
Valencia, Murcia, Majorca, Minorca hatte fich 
die limofinifche Sprache verbreitet; in diefen 
fchonen vom Meer gekiihlten Landern ftieg der 
erfte Hauch feufzender oder frohlicher Liebe 
auf. Die Spanifche, Franzofifche und Italieni- 
fche Poefie find ihre Tochter: Petrarca hat von 
ihr gelernt unci mit ihr geweteifert: unfre Min- 



ntting'*;- :«iid cin fpati.,- :.:-ul hn'rterer Nachklang 
dc-rlelue.i, n'.i Jio gloi'.li /;-m Zarteiten unfrer 
Sprache gehciren. Aus ftalien und Frankreich 
namlich hatte der allgemein verbreitcte Ritter- 
geift einige diefer JBluthen auch fiber die Alpen 
nach Schwaben, Oefteneich, Thiiringen mit 
hinubergewehet ; einige Kaifer aus dem Staufi- 
fchen Haufe, mid Landgraf Hermann von Thii- 
ringen hatten daran Vergmigen gefunden, und 
mehrere Deutfche Furften , die man fonft nicht 
kennen wiirde, haben ihre Namen durch einige 
Gefa'nge in diefer Manier fortgebreitet. Indef- 
fen verartete diefe Kunft bald und ging, wie 
in Frankreich zum lolen Handwerk herumzie- 
hender Jongleurs, fo in Deutfchland zur Mei- 
fterfangerei iiber. In Sprachen, die wie die 
Provenzalifche felbft aus der Lateinifchen ent- 
ftanden waren, und Romanifche hiefsen, konnte 
fie beffer wurzeln und hat von Spanien aus 
iiber Frankreich und Italien bis nach Sicilieu 
hin weit lebhaftere Friichte getragen. In Sici- 
lien, auf ehemals Arabifchem Boden entftand 
wie in Spanien die erfte Italienifche Dichtkunft. " 
(S. Herders Ideen zur Philofophie der Gefchich- 
te der Menfchheit, vierter Theil, S. agi-o.gS.') 



Auf den Vorwurf, den Lambert in feinem 
Hcucii Organon B. 2, S. 16 unfrer Ton (thrift 
inacht, dafs lie die Criteria der Harmonie nicht 
angebe, und dafs Juan fehlerhafte Gange unci 
Sjn-iinge eben fo, wie c'.ie vvahren clamit bezeich- 
nen kiinne, antworlet Forkel in J'einer allgc- 
mcinvn Gefchichte dor Miifik B. 1. S. 55. „!.ch 
denke nicht, dafs diefes als ein Fchler oder 
Mangel angel'dien werdcn kann; denn die Be- 
zeidmung mufs der Sache oder den Gedanken 
in alien ihren Modifikationen folgen; fie ift 
bios aufseres fichlbares Kleid der Gedarfken, 
1ft man nun im Stauno falfch zu denken, war- 
um foil es ein Fehler feyn, dafs falfclie Gedan- 
ken auch bezeichnet fichtbar dargeftellt werden 

konncn? Alius, was man der Natur der 

Sache nach, von irgend einer Schrift ford en 1 
kann, ift, dafs fie das, was man denkt, genau 
bezeichnet, ohne Riickfitht, ob das Gedathte 
falfch oder wahr fey, fo dafs nur tier, welcher 
richtig denkt, auch riclnig fchreiben kann, und 
fo umcekehrt. " 



n. A 11 e "k d o t e n. 

Man bemerket, dafs die Virtuofen von ge- dafs <li.e von den grofsten Fahigkeiten ufcers in 
tvohnlichein Sclilage in^gemein die dreifteften jenem Falle in eine Art von Verlo-jrenlieit se- 
iind, wciui fie ziim S-icion heivortreten, und ratli«?n, die fie Fehler bejjolieii Klflet^ ueien Jie 

D 2 



fonften' nlcinnls f'ilug waren. Die Urfache da- Hr. Maupin de St. Germain en Lave hcirathere 
von ill oluio Zweiicl kerne aruiere, als dafs die fie fehr juris;, und hatte die Uiivo; f khU«keit, 
grofsen Virtuofen den ganzcn Unifang Hirer ah er in liner gewiffen Pruvinz Frankieichs 
Pflichten kennen, die kl, inen aber nicht. Jeue beyiu Accifedepartemeiit eine Bediemmg er- 
iui(! in Furcht, es nicht gut genug zu machen, hielt, l\e nicht mit iich dahin zu nehmen. 
und diefe wiifen nicht, was dazu geh.'Jret, unx Wahrcnd feiner Abwefenheit verliebte fie fich 
es gut zu machen. Jene wollen allezeit niehr in einen Yurfechter, Nahmens Scrane, von wei- 
als jeinals gliinzen, und denken nicht daran, chem fii ficli in der Fechtkunft unteriichten 
dafs diefes odor jenes nicht heifer gemacht wer- liefs, worinnen f:a unglaubliche Progrelfen inach- 
den kann, als fie es machen, und diefe machen te. — Sie crfchien im Jahre lficp, in der tra- 
alles nnr aufs Gerathewohl, voqite'la Galcrel gifchen Oper Cadmus, worinnen fie die Bolle 
und glauben alle Welt bezaubert zu haben, der Pallas fpielte, zu allereift und auf die gli'ick- 
wenn fie nnr zu Ende gekommen und halb lichfte Manier auf dem Theater zu Paris, indem 
gut und halb fchleclit iiber die fchwerern Pallia- das Handeklatfchen fo i'tark war, dafs fie fich 
gen weggeftolpert find. Fiiget es fich annoch, verbunden hielte, den Helm Minervens abzu- 
dafs ein fremder Mufiker zugegen ift , der die nelunen, und dem Publikum ihren Dank abzu- 
Bepntation eines gefchickten Ausfiihrers hat, oder flatten. Seit- dieler Epoch© hat fie mit unun- 
der von einem Orte konuut, wo es dergleichen terbrochnem Beifall gefungen, wiewohl nicht 
giebt, fo pfleget fich die Verlegenheit der Brevi in dem Grade als eine andere beruhmte Opern- 
annoch zu vergrofsern. — puanz, der in der langerin, Nahmens le llochois, (deren Leben 
Setz- und Spielkunft gleich vortreflich war, fieng man im 5, St. II. Band der Marpurgifchen hifto- 
in einem Privatconcert bey dem Konigl. Ober- rifch - kritifchen Beitrage findet. ) — Eine ihr 
ftullmeifter, Grafen von Schafgotfch, den chit- wiederfahrne iible Begegnung des Dumcnil, wel- 
ten Satz einer von ihm gefetzten unvergleichli- cher in eben derfelben Oper fpielte, veranlafste 
chen Solofonate an, als er einen fremden Ca- fie, fich an einem gewiil'en Abend in Manns- 
valier in dem Saale ankommen l'ahe, von wel- kleider zu werfen, unci ctemfelben auf dem fo- 
chem jemand ihm den Tag zuvor, als von ei- genannten Sicgcsplaiz (place des victoires) mit 
jiem fehr gefchickten Schiiler des beriihmten dem Degen in der Hand aufzupaflen. Da die- 
WeiuUiug in Mannheim (anitzo in Miinchen) fer keine Luft hatte, fich herum zu fchlagen, 
gefprochen hatte. In dem Augenblick fpiirte fo prugelte fie ihn mit dem Stocke aus, und 
man an Quanzen, der bisher fo englifch, fo nahm ilim feine Uhr und Tabatiere. Als Du- 
gdttlich gefpielet hatte, eine Unruhe, die fich menil am folgenden Tage fich auf clem Theater 
iiber fein ganzes Spiel verbreitete. Er fieng an grofser Heldenthaten ruinate, und erzahlte, wie 
im Tempo unordentlich zu werden; die klei- er fich drei Spitzbuben vom Leibe gthalten hat- 
nen Manierchen, womit er gewiJle.Tone fo mei- te, fo trat die Maupin hervor, unci fagte: „Du 
flerhaft zu verfchonern pflegte, fchienen fich „lugft, and bill nichts mehr, als eine feige 
feinen Fingern zu verfagen; die Paflagen ver- „Memme. Ich bin es, die Dich angefallen hat, 
loren ihre Bundling; er wiederhohlte niclit den „und zuin Beweife lieh hier Deine Uhr unci 
erften Theil des Satzes, fondern eilte mit Un- „Tabatiere, die ich Dir wiedergebe, nachdem 
gefiiim zu Ende, und — warf mit Unwillen „Du, lb wie Du es verdienlr, von meinem fpa- 
die Flote aus der Hand. Die in Verwunderung „nilchen Rohre genug dnrchgearbeitet bift. " — , 
gefetzten Zuhorer fahen einander an', mid da Thcvenard, Teuorift bei der Oper, hatte faft ■ 
der Konigl. Kammermufikus , Hr. Czarth, ihn eben diefes Schickfal gehabt, und konnte der 
fragte, was ihm begegnet ware, fo antwortete Bachbegierde der Actricc nicht anders, als mit- 
er, dafs er es felbft niclit wilfe ; es ware ihm telft einer ofFentlichen Abbitte entgehen, nach- 
aber lieb, dafs das Stuck nicht vier Takte Ian- dem er fich drei Wo chen lang auf dem Palais 
ger wiire, weil er fonft liiitte aufhoren miiiTcn, royal verborgen gehalten hatte. — An? einem 
and feine Flote ihm nicht wiirde angefprochen Tanzfefte bey Hole, welches der Bruder LucU 
haben. wigs des XIV., Monfieur, veranftaltete , verklei- 
. dete lie fich in eine Mannsperfon, unci fiihite 

gegen eine Dame fehr unanllandige Beden. 

Die Demoifelle Maupin, clitemalige Opern- Drei dadurch aufgebrachte Freunde diefer Da- 

fangerin zu Paris, war eine Tochter des Hrn. me, welche die Maupin fur eine Mannsperfon 

d'Aubigny, Secretair des Grafen von Araiagiiac. hieltcn, verlangten , dafs die Maupin fich auf 

Sie ward im Jahre 1670 geboren, and hatte eine dem Schlufsplatze iiellen mochte. Es wiirde ihr 

hiibfche Fignv und l«hr fchone Stinnae. Der wenig Miihe gemacht haben, einem Zweikampfe 



39 



vorzubeugen, indem fie fich nur harte nennen 
di'irfen. Atlein fie zog fofort tlen Degen, and 
inachte alle drei Gegner nach einander nieder, 
■wcmuif fie iich ganz kahbliirig wicder nach deia 
Tanzfaale verfiigte, and fich clem Prinzen (Mon- 
fieur) zu erkemien gab, der Hire Begnadigung 
beim Kimig auswirkte. — Im Jahre 170;! ver- 
liefs fie das Theater,! ward cine Betfchwefter ; 
rief ihren in der Provinz gebliebenen Mann 
nach Paris zuriick ; verb ra clue- mit ihm ihre 
iibrige Lebenszeit, und ftarb gegen den Ablauf 
des Jahres 1707. 



In . . . war unlangft der Organift an der 
Stadtkirche geftorben. Man meldete dem ab- 
lotjendeit Furlten diefen Todesiall, und wie fich 
bereits ein Candidal:, namlich der Prafektus des 
dafigen Singechores, zu dieter Stelle gemeldet 
habe, welcher capabel ley, dem Dienfte wohl 
vorzuftehen. 

Hierauf wurde nun von Sr. Durchl. folgen- 
de Refolution ertheilt: 

Der zeitherige Balgentreter an der Orgel 
foil Organift leyn, und der Prafektus Bal- 
gentreter — 

Da iich Se. Durchl. viel mit dem Militair 
abgaben, fo durfte es fonderlich die, fo der- 
gleichen landesvaterliche Verftigungen fchon ge- 
wohnt waren, eben nicht fehr Wunder neh- 
men, dafs man auf den Einfall kam, den 
Dienft von unten auf auch in der Kirche ein- 
zufiihren. Was aber diefe Refolution des Fiir- 
ften fur Wirknng auf den jungen ruftigcn Prii- 
fectus chori gethan haben mag, der fich auf 
einiual fo herab gefetzt fall, unter dem Balgen- 
treter zu ftehen - , lafst ficii leicht erwagen. 

Auch halfen keine Gegenvorftellungen in 
der Sache, dafs z. B. der Balgentreter feines 
hohen Alters, feiner fteifen Finger und feines 
fchweren Gehc'irs wegen (denn er war ehmals 
Canonier gewefen) ganz unci gar unfahig zum 
Orgelfchlagen *) fei , und fich kaum auf feiner 
FiiTse Arbeit verlaifen kSnnte etc. Der Fiirft 
beharrete auf feinem gegebenen Befcheide mit 
dem Beifugen: 



Se. Durchl. konnten nicht begreifen, wie 
ein Balgentreter feit feines Sojahrigen tre- 
tenden Amtes nicht follte fo viel gelernt 
haben, der chriftl.. Gemeinde einen Choral 
vororgeln zu konnen. 

So lacherlicli diefe Anekdote ift, fo befta- 
tigt es leider zu oft die Erfahrung, dafs man 
bei Befetznng der Organiftendienfte am wenig- 
ften auf die dazu erforderlichen Fahigkeiten und 
griindliche KenntniJfe eines Subjects Ruckficht 
nimmt. Die Frage: verlleht der s Menfch die 
Hannonie, den reinen Satz, koiiimt felten in 
Anfchlag. Mit dem examine rigorofo, wobei 
man dem Candidaten einen bezifferten Bafs zum 
Transponiren , mid ein Thema zu einer, aus 
dem Stegereif auszuluhrenden Fuge, vorlegt, 
hat es auch wenig mehr zu fagen. Wenn er 
nur nothdiirftig feinen Choral aborgeln kann, 
fo ift es fchon genug. Daher kommt es denn, 
dafs man, leider Gottes! ofters folch elend jam- 
jnerlich Gedudel auf der Orgel und folche fal- 
fche unharmonifche Fortfchreitungen hort, dafs 
man fich die OJiren zuftopfen mochte, und 
wodurch ein fo erhabenes herzerfchutterndes 
Inftrument ztu genieinen Galfenorgel herabge- 
■wurdigt wird. 



In einer Theatervorftellung ward ein Ton- 
ki'mftler, der auf dem Parterr fich befand, von 
der immer anwachfenden Menge der Zufchauer 
endlich bis ins Orchefter gedriingt, und kam 
dicht hinter die Waldhorniften im Orchefter zu 
ftehen. Kurz vor Anfang des Schaufpiels pro- 
birte einer der Waldhorniften fein Waldhorn, 
Unci bemerkte es nicht, dafs folches viel zu 
hoch ftimmte, fondern liefs es gelalfen wieder 
am Anne herunter. Der hinter ihm ftehende 
Tonkiinftler fcheute aber die Unannehmlichkeit, 
den Abend iiber das mit der zunehmenden 
Wa'rme immer noch holier werdende Waldhorn 
zu horen, ftiefs ihn an, und fagte mit dem ge- 
wohnlichen Kunftausdrucke zu ihm: Sie ftehn 
zu hoch. Laifen Sie das immer gut feyn, fagte 
der Andere, wenn die da ihren Hokuspokus an- 
fangen, fetz' ich mich nieder. 



•) Der Aii'rtnirJc 1 (He Orgel fehlagen, ri'ilirt von 
fclnvercii Werken rk-r Alien lur, welches damals 
anit der Fault wold anging; jetzo kaiui man we- 



gen des eefchwinden Spielens fie nie 211 leicht 
jiiachen. (S. Adlungs mufikal. Gelaludieit, Cap. 
5. JJ. 112.) 



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Chaiifua da Nicoduim- dans la J.;me ]ur le couKji Jacques. 



Lvi;l civnt. 



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A peine eft -tile ciluJ''. 

(^u'uii cJitiiJif! a l.i iM'.ili 
l/ae ejiine cnitllc 

OlTrant fes I rails 
De rt no fl'jur fi belle 

Defend i'accoj. 



De voire Mi jc7t<: ; 

Ciicv. vuus L Di. iilumc 

Co:u wiiii.: Ii bo.'!:':. 

iYljis, lc qui nous <:li, inline 

II.-! l.i- ■■! ^ i^i. in-! 

\ OS Il.r.iiiirs loiii i'cni.'ie 

Et voas, l.i ileur. 



Clianfon du Kicodeme dans la Lune Opera du Couiin Jacques. 



Alh-circlto. 



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J'vuis q'la Inine eft coinme 1a 
Q'c'tft pern' pardu, Ji Toji es 



rerre; q'tout-ca fe r'/Tembr com' deux goutf d'ieau ; 
pere i' ci ren con - trer du nou vieau; 




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P'tit begenl', qui! pare 1 qu' all font belles, 

Croycnt q 1 lu.u t-n ell' c/t parfait; 

A r'liu a l'aiitre nil' font ndelles. 

El tour a tour c.'iacuii lenr plait! . . . 

r.fprit fantasq ii/ , lumicur hnuininc . . 

("oenr gaie> p;a - lt;s c oiiriifans . . . 

I'c'tits pedants (bun impuuen-O m'eprifant-cetix 

Qui v.'.lont ben tuitiiK ou'viix . . . 

Lcs voir iii c 1 ntit ]ms J,i peine. 

Lcs Francois out d' tour ra clic7. eux. 



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.la Miifik gefetzt von J. F. fteicharck. 



Iiiiug. 



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Mclir als Opernbuliiien ift mir Abends ua - fur Wald, 



Ilerrlich ifts im Griiaen! Mclir als Opernbuliiien ift mir Abends ua - fur 



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diimpfig ans dcr Weitcdurchder YVipfcl D.immmng kallt. 
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Hocli aus miidem Glanze 
Streat im leichten Tanze 
Mir das 4 Eichhoru Laub und Moos ; 
Fink' und Amfei rniifcheu 
Diirch die Zweig' and laufolieu 
Rings im jungcn Maigefprofs. 

Fern am Elleinbolze 
Craft in RuJi' der ftol/.e 
Kronliiifcli langs dem Weidcudamm t 
Ueberlifillt von Laube 
Girrt die Riugeltaube ' 
Im Geiank' am Eichenftarotn. 

In der Abendliello 
Funkelt die Libelle, 
Sanft am Farrenkraut gewiegti 
Miickenrchwaim' etliebea 
Sicli a us Biiifengr'aben 
Und d«r braiuie SclnOter fliegf. 



Tris und Ranunkel, 
Bli'ilm im Weidendunkel, 
Wo durch Tuf die Quelle fchaumt, 
Die mit Spiegelgliitte 
Doit im Rofuibelte :i 

Wief 1 und Birkuuhal mnfaiunfi 

Ob dem FcIfenpraJe 
Si-himmert die K.i«kadc> 
Wie tin flatmrnd Silberband. 
Hull dutch L,.u ihgc-vvimmei 
Btinkt dcr Friililingslninmel » 
Und der Burgc Sclmeegcvyand. 

Zatiberifch erncuen 
Slcb die I'hantafeytm 
Meiner Kindheil hier fo lichtj 
Rofenfai'big*foliwcbcii 
Duftgebild, und weben 
Eiu olyfifcli Traunigcfichr. 

jMattliiffoiL, 



-■trr 



M»Wi i |i»P1 



■! -: I 



MUSIKALISCHE MONATHSSCHRIFT. 



ZWEITES STUCK. 



Auguft. 1792. 



BERLIN, 
in der neuen Berlinifchen Mufikhandlung. 



I n h a 1 t. 



i. Ueber die LSrigentdne einer Saite. Vom 

Hrn.Doktor Chladni in Wittenberg. 
fi. Fortfetzung der Berichtigungen unci Zu- 
Jatze zum Gerberfch en Lexicon der Ton- 
ki'mftler etc. von J. F. Reichardt. 
3. Recenfionen. 
a) Ueber VIII Fughe opera I und VIII 
Fughe op. II. dal P. Giorgio Pailer- 
witz. 
V) — Forkels allgemelner Gefchichte der. 

Mufik iften Band, 
e) — Trbmlitz Unterricht die Flote zu 
fpielen. 
4- Madame Todi in Berlin. 
5. Nachrichten ana Brief en; aus 
a) Copenhagen 



Seite 



33 
35 

4-2 

4.3 

46 

48 



Seite 

b) KSnigaberg 5» 

c) BaUenftedt,' d) Braunfchweig, e f g) 
Cartel. 55 

h) Briefe mufikalifchen Inhalts. Erfter 
Brief. 54 

6. Nachrichten von lnerkvrurdigen Ton- 
kimftlern. 56 

7. Anekdote. 57 

8. Ein Gedicht, von Herder. — 

Mufikjiucke. 

1. Tanzftiick aus der Operette: die Fifcher, 
von F. L. Ae. Kunzen. 58 

60 



5o 2.. Lied, von Carl Spazier. 



Mufik zu Goethe's Werken, 
von Jo h aim Friederich Reichardt. 



Unter diefem Titel kiindigen wir deaa rau- 
fikalifchen Publikmn die gliicklichften und vol- 
lendetften Arbeiten des Hrn. Capelbneifter Rei- 
chardb an , zu deren Empfehlung wir hier nur 
fagen mdgen, dais Poefie und Mufik vielleicht 
nie inniger vereint einhergingen , als in den 
Arbeiten diefer beiden fur einander gefchaffe- 
nen Manner. Der erfte Theil wird die Com- 
pofitionen zu alien fangbaren Oden und Lie- 
dern des achten Bandes der neuen Ausgabe 
von Goethe's 'Schriften enthalten. Man pranu- 
merirt oder fubfcribirt darauf nach Gefallen 
Einen Thaler (den Friedrichsd'or zu 5 Rthlr. 
gexechnet). Sobald fich eine hinlangliche An- 



zahl Liebhaber gemeldet hat, wird der Drucfe 
begonnen und die Zeit der Erfcheinung des 
erften Bandes beftimmt, zugleich auch der zwei- 
te Band, der das Singefpiel Mrwin und Elmire 
enthalten wird, angektindigt werden. Aufser 
der unterzeichneten Handlung nehmen a lie 
wichtige deutfche Mufikhandlungen, und Buch- 
handlungen die fich mit Mufikalien abgeben, 
Subfcription und Pranumeration an. Jedem 
andern, der fich damit beinuhen will, geben 
wir das 6te Exempl. frei. 

Berlin, den loten Mai, 1792. 

Hie neue Berlinifche Mujikhandlung, 



Ankundigung. 

Den Liebhabern der Mufik kiindige ich als den Ablieferungsterniin der Sohaten zu 1 

Rthlr, 4 Gr. Courant offen bleibt, dahingegen 
nachher der Preifs van. 16 Gr. erhohet wer- 
den mufs. 



hiemit drei grofse Sonaten von meiner Com- 
pofition fur das Fortepiano oder Clavier an. 
Der Herr Kapellmeifter Andre zu Offenbach 
uberninit die Beforgung eines faubern leferli- 
chen Stichs derfelben, und ich wa'hle zu eini- 
ger Erleichterung der deshalbigen Koften den 
Weg der Subfcription, wekhe bis Michaeli, 



Magdeburg am iften Augnft 1792. 

A. £. Midler , 
Organift zu St. Ulrich dafelbft, 



MUSIKALISCHE MONATHSSCHRIFT. 

ZWEITES STUCK. 



A u g u ft 179 a.. 



D. 



1. Ueber die Langentoiie einer Saite. 
(Vovs. Herrn Doctor Ch 



a Auffatz des Herrn Profcflor Bujfe in 
dcm soften mid a4.fi.en Stuck des mufikali- 
fchen Wochenblattes fiber die Vogeltiine einer 
Saite, die ich lieber Laugeiibone nenne, weil 
?labei eine Saite nach der Richtung ihrer Lan- 
ge erzittert, und zu deren Hervorbringung 
ein Stveiclien oder Reiben nach dieter Rich- 
tung erfordert wird, hat mich veranlafst, ei- 
nige weitere Verfuche dariiber anzuftellen, 
vorziiglich mn gf nauer zu erforfchen , wie 
diefe Time bei Verfchiedenheit der Dicke und 
der Spannung einer Saite fich verandern. Ich 
fpannte alfo meffingene und ftahleme Saiten 
von Num. o bis 6, wie auch Darmfaiten zwi- 
fchen Q Stege, die 4 Rhoinlandifche Fid's von 
einander entfernt vvaren , und hing verfchic- 
dene Gewichte an , wobei ich jedesinai den 
Grundton und den Langenton anmerkte, und 
hierauf jede Saite, 4. Fufs lang, genau abwog. 
Durch -j- werde ich anzeigen, dafs ein *Ton 
etwas holier, und durch — , dafs er etwas tie- 
for gewefen fey, als der angegebene Ton. Es 
zeigte fich Folgendes: 

An Ulefftngfniben, 



Sch were 


Spawning 


Grundton 


Langenton, 


n. 0, 
4<2£ Gran 


9 * 
16 

25 


A 

D* 

Fis 


5geftr. dis 

- - e 

- - f 


n. ». 

55 Gran 


4- 

9 
16 


E -f. 


- - dis 

- - e 

- - f 



ladui in 
Schwere 


TVittetiOi 
Spannung 


erg.) 
Grundton 


Langenton. 


n. Q. 
29^ Gran 


4. its 

9 
16 


F+ J 


5geftr. e 

- .. f — 

- " f + 


n. 3. 
fls-| Gran 


4 

9 
16 


Gis 

Dis 

Gis 


- - e 

- - f 

- - f + 


n. 4. 
19 Gran 


4 
9 




- - e -f- 

- - f 


n. 5. 
i4| Gran 


4- 
9 


H 

Fis 


- - r + 


n. 6. 
11 Gran. 


4 


D 


- - f 



An Stahlfaiben, 



Schwere 


Spannung 


Grundton 


Langenton. 


n, 0. 
38i Gran 


9 IB 
16 

25 


A 

d" 

Fis 


Sgeftr. gis — 

- - a 

- - b 


n. 1. 
3s Gran 


4 

9 

16 


E 

"h 

e" 


- " g 

- - gis 

- - a 


n. 2. 
2,5 Gran 


4 

9 
16 


Fis 4- 

Cis -j- 
Fis -{- 


- - gis 

- - a 

- - b 



34 



Sch were 


Spannnng 


Grunclton 


Langenton. 


n. 5. 
£1 Gran 


418 

9 
16 


Gis 

Dis 
Gis 


3geftr. a 

- - b 

- - h 


n. 4. 
iG Gran 


4 

9 
iG. 


H 

fTs 

H 


- - h — 

- - h + 


n. 5. 
i5| Gran 


4 

9 

16 


Cis 
Gis 
Cis 


- - b 

- - h 
4 geftr. c 


n. G. 
11 Gran 


4 
9 


Dis — 
B — 


3 geftr. h — 

4 gellr. c — 



An £)ainifaitcn. 



Schwere 


| Spannnng 


Gruntkon 


Langenton. 


Eine d Sake 
2.6 Gran 


9TC 
16 

20 


Cis 
Fis 
B 


cgeftr. lis — 

- - fis 

- - fis -f* 


Eine a Saite 
20 j Gran 


4 

9 
16 


Gis 

Dis 
Gis 


- - fis 

- - fis 

- - fis -f* 


EineQuinte 
i5 Gran 


4 

9 
iG 


C-f 
G + 
c -f" 


- - gis — 

- - gl» , 

- - g" -H 


EineQuinte 
10 Gran 


4 

9 
16 


Dis 
B 

dis 


- - gis-b 

- - a 

- - a -j- 



Bei Verfcliiedenheit der Dicke nnil der 
Spannnng war alio der Langenton weit weni- 
gcr verfchieden, als der Grundton. Die Qua- 
dra twurzeln der Schwere oder die IDurclnncf- 
fcr verhielten fich bei den Meflnigfaiten wie 
6,619: 5,7-'./,^: 5,4o8: 4,4 C .7 : 4)^9: 5,8n0: 
3,5i6?, hei den Stahlfai ten wie 6,10$: 5,()56~: 
5,ouo : 4,585: 4,000: 3,674: 5,5i6£, mid bei 
den Danufaiten wie 5,099: 4,6:1a: 5,6i»5-J: 
3,iGa4. Die'Grundtone Itanden, wie bekunnf., 
Jn derien lungekehrten Verba kniifen, (wiewohl 
mit einigen unbedeutenden Abweichungen, die 
von zufalligen Umftanden herri'ihren mufslen) 
aber der Unterfchied der Langentone an den 
dickften nnd di'mnften Saiten von der naliiu- 
lichen Materie betrug hochftens eine Terz. 
Bei Verfchiedenheit der fpannencUn Kraft von 
der geringen Spannung an, wo der Langenton 
erfl anfing, deutlicli zu werden, bis zu einer 
folchen Verfta'rkung derfelben, wo die Saite 
im BegrifF war, zu zerreifsen, zeigte fuh kei- 
ne oiSf^ere Verfcliiedenheit des La'ngentoncs, 
als etwa von einem ganzen Tone, odcr fall 



einer kleinen Terz, nnd eine nocli geringere 
bei Danufaiten, da hingegen die Giumkone 
mit den Zahlen 2, 3, 4, 5 , als den Quadrat- 
wurzeln der angehangten Gewichte, iibcrein- 
kamen. 

Uebrigens verhalten fich die Langentone 
eben fowohl , als die Gmndtone, mngekehrt, 
wie die I-iiiigvii der Saiten. 

Sehr nierkwi'irdig ift der Umfland, dafs 

bei dein LiingciUune weit niehr auf die Be- 

fchaifenheit der J'/nlcric ankonimt, als bei 

dein Grundtone. Diefer ift bei einer Melilng- 

Stahl - oder Darnifiite nkht fehr verfchieden, 

wenn die Lange, Schwere nnd fpannende Kraft 

die namliche iltj dahingegen der Langenton 

bei einer Darmfaite unter gleichen Uniftanden 

ungefahr inn eine None oder Decime defer 

ift, als bei einer Stahlfaite, und um eine Sex- 

te oder Septiine defer, als bei einer MefTing- 

faite; und der Langenton einer Melfingfaite 

ungefahr eine Quarto bis beinahe eine Quinte 

defer ift, als der einer Stahlfaite. Die ver- 

fcliiedene fpecififche Schwere kann davon nicht 

die Urfache feyn , denn Stahl ill von Me/I'ing 

nur ungefahr, wie 18: 19 verfchieden, und 

uberdiefs lind die Liinccntune der Mellingfai- 

ten defer, als der Stahllaiten, luid holier, als 

der Dannfaiten, ohngeachtet das Meifing die 

griifste fpecififche Schwere unrer diefen Mate- 

rien hat; auch febeint die Urfache nicht in der 

verfchiedenen Steili«keit und El.dticitat der Ma- 

terien zu liegen, derm an aiisgegliihcten Stahl- 

und Meiliiigfaiten, die einen fehr geringen 

Grad der Elailicitat zeiglen, und fehr biegl'am 

waren, erhielt ich ziemlkh die namlichen Be- 

fultate, wie in deren vorherigem weit fleifern 

und elnftifchern Zuftaiule. Es verdient diefer 

Uniftand mit aller Genauigkeit weiter untcr- 

fncht zu werden. 

In meiner Sihrift : Enideckungen iiber die 
Thcorie des Klangey , h:ilie ; ich S. 76 behaup- 
tet, dafs der Liingenlon ungefahr 5 bis 5 Oc- 
taven holier feyn k.inne, als der Grundton. 
ITcrr l'rofeflbr BulVe fagt hingegen in dein 
oben er\v-"lm!.en Anffa'/.e, dafs er den Unter- 
fdiied iifi -rs weit geringer angetroffen babe, 
Ich glaub.e alfo iVUou , einer von uns babe 
unrichdg beobaclitet, blf ich bei meinen jetzi- 
gen Untei'l'iichunaen land, dafs wir beide Becht 
haben. Heir Prof. B. hatte namlich fich der 
Darnifailen bodient, wo diefe Tone, befon- 
ders wenn die Saite di'mn und ftark gelpannt 
ift, fich oinander weit juehr niilieni Jtounen; 



35 



ich abev hsue dnmals nur cinige wenige Beob- 
achtungen an JMellmgfaiten angeftellt, wo mei- 
ne Bcliaupfnng zicmtich ilne Richtigkeit hat, 
unci die Entfernung vom Grundtone nodi wet- 
ter, nainlich fa ft von 5£ bis 5 Octaven, und 
bei Stahlfaiten auf beinahe l\ Octaven bis 5 
unci cine Terz angegebeu werden konnte. 

Herr Prof. Bufle giebt'S. 180 nicht zu, 
dafs bei einer Saite cine Folge folcher Liin- 
gentone fin ft finde , wobei fie in alicpioten 
Theilen fdiwingr. wie ich in ineiner fchon 
erwahnten Schrii't S. 7- r > bohauplet babe. Es 
ift aber gewifs , und irh kann jedcn, den cs 
interefi'irt, dnrch Yerfuche iiberzeugon , dafs 
jede Saite eine JAcihe folcher Tone guben kann, 
die eben fo, wie die gewohulichen Tone, ■ mit 
den Zahlen l, 2, 3, 4. u. f. w. i'lbereinkom- 
men, von denen alio die hohern zu clem bis- 
her erwahnten tiefften Liingentone eben das 
Verhiiltnifs haben, wie die Flageolettone znm 
Grundtone. Das Wefen aller diefer Tone be- 
fteht unftreitig darin, dafs bei dem tiefften 
die ganze Saite, und bei den ubrigen jeder 
aliquote Theil nicht, wie bei den gewohnli- 
chen T6nen, bin mid her erzittert , fondern 
nach der Richtung clev Lange in fich felbft 
fich abwechfelnd zufammenzieht mid ausdehnt. 
Die feften Puncte find bei den hohern Tonen 
an den namlichen Stellen, wo die Schwin- 
gungsknoten bei den Flageolettonen find. Den 
tiefften Langenton bringt man hervor, wenn 
man mit dem Violinbogen, oder mit dem 
Finger, oder einer andern weichen Materie, 
die man vorher mit etwas Harzftaub beftri- 
chen, die Saite fo nach der Richtung Hirer 
Lange ftreicht oder reibt, dafs man fich deren 
Enden nicht zu fehr nahert; bei den ubrigen 
Tonen mufs das Reiben defto naher an einem 
Ende der Saite gefchehen, ]e weiter der ver- 
langte Ton von dem tiefften entfernt ift. Man 
kann hierbei audi, mn jeden cjiefer Tone noch 
gewuTer zu erhalten, irgend einen feften Punct 
gelind beriihren oder damp fen , in welchem 
Fnlle man audi allenfalls durch Streichen ei- 
nes andern erzitternden Theils den verlangten 



' Ton hervorbringen kann. Nur miiffen die 
Saiten zu diefer Abficht lang genug feyn. An 
meinem Monochord , deffen Saiten von einem 
Stege zwu andern a Rheinl. Fufs unci 7 Zoll 
lang find, giebt bei dem gehorigen Verfahren 
eine Stahlfaite von num. 6 aufser dem tief- 
ften Langentone, der 4geftrichen g ift, noch 
einen, nainlich 5geftr. g; eine Meflingfaite 
von n. C, deren tieffter Langenton ungefahr 
4geftr. c ift, noch 5geftr. c und g; und eine 
diinne Darmiaite aufser dem 5geftr. e, als 
tiefftem Liingentone, noch /fgeftr. e, 4-geftr. 
h, und allenfalls noch 5geftr. e. An einer 
Melfingfaite 02 Rheinl. Fufs lang, deren tief- 
fter Laneeiiton das nngeftrichene Fis war, und 
an einer andern 48 Fuls lang, wo er nut dem 
grofsen H iibereinkam, konnte ich die ganze 
Reihe der hohern Langentone bis zum i6ten 
und noch weiter, erhalten. 

» 
Man konnte die Langentone zu Verferti- 
gung eines neuen Inftruinents benutzen, wo 
die Saiten mit i\en Fingern vermittelft des 
Harzftaubes nach der Richtung ihrer Lange 
(faft fo , wie die Glasftabe meines Euphons) 
geftrichen wiirden, wie ich denn wiirklich ba4d 
nach der Entdeckung des La'ngentons auf eini- 
gen durch Verriickung der Stege abgeftimm- 
ten langen Saiten, einige zufammenhangende 
Tone mid voile Accorde auf diefe Art hervor- 
gebracht habe. 

Aber aufser mancher Unbequemlichkeit 
fur den Spielenden wiirde audi der Zuhorer 
von diefen Tonen, die nicht fo angenelnu find, 
wie andre Saitentone, vielen Ohrenzwang em- 
pfinden, es miifste das Inftrument audi be- 
tracbtlich lang feyn, wenn es nur einigermaa- 
fsen tiefe Tone diefer Art geben follte, und 
iiberdiefs mengen fich audi bisweilen die ge- 
wohnlichen Tone hinein, welches eine feht 
iible Wiirkung thut Man wird alio wohl 
fchwerlich von diefen Tonen, aufser zu man- 
cher Kiinftelei, vielen practifchen Gebrauch 
machen kdnnen. 

Gefchrieben zu Wittenberg im Jun. 1792. 



2. Fortfetzimg der Bericlitigxuigen unci Zufatze zum Gerberfchen Lexicon der 

Tonkunftler n. f. w. von J. F. Reicliardt. 

Chajfe war fchon in fri'iher^ Jugend San- rmanftandig hielt, in der Oper zu fingen, waa 
ger bei der Oper, und verliefs das Theater, da es doch in damaliger Zeit nicht war, da Louis 
er in feinem hochfeen Glanze war, weil er XIV felbft mit mehreren von der Kiiniglichen 
cs einem Edelmann von gi^ter Familie fur Familie auf dem Theater tanzte. Voltaire er- 

£ 2 



3G 



zahlt in feinem Su-cle do JLouir XTF~. (Chap. 
XXV.), data fchon Louis XIII. 16 _T in Einem 
Ballet uflenllith getanzt babe, data Louis XIV. 
' abcr es bis 1670 fehr oft that. Er ruluul von 
ilun, dais er in den erni'ihaften Tan/en, die 
feiner majefUitifchen Geftalt arigemelfen und 
feinem konigliclien Range nicht zmvider w-. 
ren, excellirte. Der Kardinal j\[azariii liel's 
zur Verinahlungsfeier des KbUigs eine itali.i- 
nifche Operiftentruppe nacli Paris komnten: 
fie Itellte im Louvre die Oper: ELrcolc amantu 
vor mid Louis XIV. unci feine junge fchihie 
Gemahlin tanzten felbft in den Balletten cb-r 
Oper; Diefes gefchali cifter bis 1670, da der 
KOnig, zwei und dreifsig Jahr alt, fich dureli 
folgende Verfe aus clem Urittauuicits des Ra- 
cine , der in clem Jahre zu St. Germain vor- 
geltellt wurde, betioffen fiihlte. 

Pour xnerite premieT, pour vertu finguliere 
II exeelle a trainer un char dans la carriers 
A difputer des prix indigncs tie fc3 mains 
A fe donner lui-ineme en fpecuele aux Romahis 

Louis XIV. gab auch ein Arret du con- 
feil t dais es jedem von Stande erlaubt feyn 
follte, in der Oper zu lingen und, ohne Be- 
forgnifs fich dadurch zu erniedrigeu, Bezah- 
lung dafur anzunehmen. Diefes Arret ward 
von dem Parifer Parlainent wirklich enregi- 
ftrirt. 

Da ChaJJe aber nachher iti fehr fthlcchie 
Umftande gerieth und feine Zufiucht wioder 
zum Theater nahm, mutate er manchen Spott 
liber fich ergehen lalfen. Folgendes Simigc- 
dicht', das dainals auf ihn gemacht wurde, 
fcheint mir des Mittheilens werlli. Es bezielit 
fich vorziiglich auf feine fchwachgewordene 
Stiuune : 

Cc n'eft plus cette .iroix ch.irmaiilc, 
Ce ne font plus ccs grands cci.tts; 
CV'ft un Geiuilhoniine qui cliautc 
Et qui ne fe fatigue pas. 

Es ift meinen Lefern gewita nngenehm, 
Trier die Erziililung des JOuc da Simon \ 0:1 
einem Ballet zu finden, das in diefeni Jahr- 
hundert von JLudwig dem Finijzefmten offent- 
lich getanzt wurde. Sie Ileht im dritren Ban- 
de der neuerlich hcrausgekommenen Supple- 
mente zu den Memoires du Due de Simon 
S. S41, und lautet in einer treuen Ueberfe- 
tzung, bei der ich nur das von clem liocbadli- 
ehen Herrn umlh'indlich erzahlte Scandal weg- 
lall'e, dais der Sohn des damals in Frankreich 



■Epoche machenden Law's mitrnnzen TolUe und 
das dadnrdi hochfiantarehrnchre Piihlikum (lurch 
den rethueitiaPn Tod de^ Knaben , der ihn 
an der Koniglichen Luftehre hinderre, wieder 
bcruhigt und in aligemeinen Jubei verfetzt 
wurde, — wie fol^ec, 

Der Murfchall ViUeroi, (Oberhofmeifter 
von Fud.iig dim Juit/z'/mteu wain end feiner 
IMindrrjjbrigkeit) ein Mann, der unfahig war, 
dem Kojiige irgend eine folide Neigung einzu- 
flotaen, und der den veritorbenen Konig ab- 
gdttifch verehrte, den Kopf voll Jiatte von 
Wind und Narrheit und von lutaen Erirmernn- 
gen an feine Jiigendjdne, an feine Reize bei 
Feften und Biillen, uml b.ine fib "men Gdan- 
tcrien , wollte, data der junge Konig feinem 
Voig;'inger aleich, ein Ballet 6lIeiuJii.ii tunzte. 
Der Gedanke war aber zu friih gefatat: das 
Vergniigen war zu laltig, lit r d,ia Alter des 
Konigs, mat} Initte feine Furchtfamkeit nacli 
und nach uberwinden und ihn an die Men- 
fclien, die er lurch tete, gewohnen muJfen, 
eh' man ihn beredet ha'tte, lich oIFentlich dar- 
zuftellen, und auf dem Tlieater zu tan/en. 
Der vorige Konig, der an einem glunzenden 
Hofe erzogen wurde, wo grotae Ordnung unci 
Pracht heirl'thten, und wo der beftiindige Um- 
gang niit Damen des Hofes ihn friih gemo- 
delr. und dreuft gemacht hatte, genofs frim 
dieter Art von Vergniigung in Gefellfchaft von 
jungen Lenten beicler Gefchlethter, die alle 
mit Rccht den Namen von Cavalieres vmd Da- 
men fiihrten, und unter clenen fich wenige, 
ja wolil gar keine andern niifchten : denn man 
darf drei bis vier Perionen von geringer Be- 
deutung kaum nennen , die nur zur Verfrar- 
kung cle3 Ballets dabei w:\ven, unci lolches 
dureli ihre Gefialt odor die Voilreflithkeit Hi- 
res Tanzcs verftl.rmeilen , fo wte einige Tanz- 
meifter, die das Ballet auorductcn. Der Ton 
der danialigen Zeii war atuh von dem it?.igen 
fehr verfcl.'ieden ; die dani.i'ige F.iv.ielruig gab 
jedem Grazie, Gew.mdlhcii., GelLhicklichkeit in 
Leibesiibungen , anfi.'ii « "'^,e Zurtu khaltung und 
gemelfene feine Mijilitbkeit , zarte unci biedere 
Galanteric. Mit einem Bliike fieht man die 
grotae Veifchicdenlieit, ohne Jicli hier weitev 
dabei aufzuhaken. 

Ueberlegiing war des Marfchalls Villerov's 
erfte Tiigend eben incht; er dachte an keine 
HindemiHe weder von .Seiton des Konigs noch 
der Sache, und machte bekannt: der Konig 
wiirtie ein Ballet tanzen. Alles ward fogleich 
zur Ausfuhrung in Bereitfchaft gefeizt: damit 



5 7 



war es aber noch riicht ausgeiibt. Man mufste 
jivnge Leute zum Tanz ansfuchen, audi drii- 
ber wegfehcn, ob fie gut odcr fcblecht tanzten, 
endlich nehmen, wcr fich dazu fand, folglich 
getnUchte Waare. — Das Ballet ward einige- 
male aufgcfiihrt, der Erfolg entfprach aber auf 
keine Weife der Erwartung des Marfchalls. Das 
Lernen, Probe halten, und Tanzen felbft ward 
dem Konigc fo zur Laft, dais er einen Wider- 
will en gegen fokhe Fefte mid alles, was Schau- 
fpiel Kiel's, fafste, den er audi nie wieder ab- 
gelegt hat. Dies erzeugte bei Hofe eine grofse 
Lucke. 

Voltaire fpricht in feinen nach feinem Toc'le 
herausgekommenen Briefen auch oft von deiu 
Schaden, den diefe iibereilte Unternehmiuig 
fiir den Fortgang des frarr/dfifcheii Schaufuiels 
unter der Regierung Ludwigs des vierzchnten 
gehabt, 

Clieron ift itzt die erfte Bakftimme bei 
der grofsen Oper in Paris , und hat eine vor- 
treflidie Stimine und Geftalt. 

Claude , le jeune (audi Claudin genannt). 
Von ihm llelien vier- und fi'mfftimmige Chore 
iiber fianzofiftbe Texte im La Borde. 

S. g86 fehlt: 

Claudius (Mat. tin no). Wo Herder, En- 
gel und andre Scuriftfteller, die hie und da in 
ihren Schiiften von Malik handeln, angefiihrt 
werden, kann Claudius, der liebe herzige 
Asmus , der in Muiik lcbt unci webt, nicht 
fdilen. Audi find all' feine Schriften voll von 
vortreflichen Bemeikuncen und Urtheilen iiber 
Tonkunft. Iju f'f'a/id.ibec/cer Boben, eine Zei- 
tung, die er, wie bckannt, vor zwanzig Jah- 
ren fchrieb, ftehen audi viele launige und 
treffende Auffatze die Muiik betreffend, die er 
liernach in feinen Schriften zum Theil nicht 
aufgenommen hat. Ich will hier nieinen Le- 
lern, die den Wandsbecker Hoten nidit he- 
fitzen, eine launige Mufiktaxe faint ihrer Ge- 
fdiichte aus jener Zeitung vorlegen. Mancher 
Zug darinnen trift noch. niehr als manchen 
Virtuofen. Hier ift fie: 

„Ha, ha, ha, ha, das Ding ift pudelnar- 
rlfch — und am Ende ift nichts Bofes darinn, 
ein jeder Menfdi nmfs feiner Kunft leben. 
Das batten fie nun wohl thun konnen, dafs 
fie nicht niehr angefchrieben hatten , als was 
ihre Zeche betrug, und docli, wenn fie es ver- 
dient hatten, warum follten fie dem Wirth et- 
was fchenken, fonderlich da fie den Ueberfckufs- 



nicht fiir fich verlangten; und iiberfchlagen 
haben fie nichts in der Bediming, wenn emer 
ein Liebhaber ift, wie der Wirth gefagt hat, 
dafs er fey. Ich muls dem geneigten Leler 
doch die Gefchichte wieder erzahlen, es ift 
wohl nichts daran, aber er kann doch eiinnal 
daruber Iachen, und fie gehort hier fo gut her, 
als der viele Sclmee in diefe letzten Tage des 
Marzinonats. 

Der Wivth zum griinen Rofs erzahlte nur 
na'mlich, als ich das letztemal bei ihm war, 
dais neuliclr fhnf Prager Studenten zu ihm 
gekommen und zwei Tage bei ihm geblieben 
waren und gut gelebt hatten. Den letzten 
Abend hiitlen fie ihn gefragt , ob er ein Lieb- 
haber von Mnfik fey, und ob er wolle, dais 
fie Mufik machten. ja, meine Herrer, hab« 
er geantwortet; darauf hatten die Prager Stu- 
denten etwan zwei Stunden gefpielt, ihre Redl- 
ining verlangt, und ihm die folgende Gegen- 
rechnung gegeben. 



„Specrfcirte Rechnung iiber das, was clem 
Urn. Wirth zum griinen Rofs anf fein 
Verlangen vorgefpielt warden, ne.'jt bei- 
ge 'fug tern Preife fur jede Species, alles 
nach der graft en Billigkeib angefetzt, fo 
dafs es auch noch im Pall der Noth fig" 
lich erhbhet werden kann. 



Dielnftrumente herauszunehmeu und 

einen halben Ton nach des Hrn. 

Wirtlis Clavecin herabzuftimmen 

Fiir einen ohngefahren Stofs mit dem 

Violoncello wider den Tifch, da- 

durch ein angenehmer Schall in 

des Herm Wirths Zimmer veran- 

lafst worden 

Fiir eine Symphonie mit Clarinetten 

Fur Taki: halten und den gutenStrich 

noch 
Fiir ein Violoncello - Solo aus dem Fis 
mol 

war unter Briidern 12 Mk. wehrt 
Fiir tempo rubato und einen Lauf 
durch 2 Octaven herauf und her 
unter 
Ein Trio , fiir den erften Theil 
Fiir crefcerulo im i8ten Takt 
Fiir eine Generalpaufe im 2often 

der zweyte Theil gratis. 
Fiir ein Violin -Solo 
Fiir dito auf einer Violin , die keine 
Quinte hatte, der Befchwerlichkek 
wegen 
E 5 



ng 



1 

7 



8 



fi 



8 



2 



8 



7 



58 



Fi'ir eln Chuinetten-Duo 
Fiir ein Trio im Tripeltakt 
Fi'ir die befonclre Taktart 
Fi'ir pizzicato uml iinorzato 
Fi'ir einen Pralltiiller 
Fiir crefscendo 

dito 

dito in alien drei Stimmen 
Fiir ein Violoncell-Solo 
Fiir Pianiffuuo 
Fiir 

Cadenz 
Das dreigeftrichene F mit dem Damn 

zu nehincn 
Fiir eine Cadenz, die nicht geniaclit 

worden 
Fiir einen Doppeltriller 
Fiir eine Schhusfymphonie 
Noch fiir Vorfehlage, Triller, Ferma 

ten etc. 
Fiir 5 falfche Ouinten a Stiick 8 fil. 
Die Initrumente wieder wegzulegen 



eine ubermafsige Secunde in der 



Summa Summarmu 



a 
l 

i 



i 
9 

i 
i 



4 
8 

i5 

2 

5' 



109 



G 



Id 

8 
8 



8 
8 

10. 

8 



Den Ueberfchufs diefer Rechnnng, naeh 
Abzug der Zeche vermachen wir in die Hande 
der Obrigkeit zum gefalligen Gebraucli, doch 
wars uns am liebften , wenn es angewendet 
wiirde, einen jungen Muficum nach Italien 
reilen zu laffen. " 

Das ift mir eine theme MuTik , fagte der 
Wirth, als er mir diefe Rechnnng in die Hand 
gegeben hatte, eine theure Mufik , aber es ift 
doch eine Schande, wenn Leute fo unbillig 
find. Ja wohl, Herr Wirtli, Schande genng, 
antwortete ich, und ging meinen Gang. 

Der Bote. " 

Die Zeitung enthalt aber audi felir ernft- 
hafte mit grofsem Sinn und feiner Saclikeimt- 
nifs gefchriebene Auffatze iiber die JMuJlk und 
einige vortrefliche Recenfionen umfikalifcher 
Werke. Nur weniges davon hat CI. in l'einen 
Werken hernach aufgenonuuon. Die nnifika- 
lifchen Gedichte, die Claudius; in l'einen Wer- 
ken dem Componiften ans Merz gclegt hat, 
find jedem bekannt; aber dies mochte nicht 
jedem bekannt feyn, und gehiirt vorziiglich 
lncher, dais CL audi ein felir braver Klavier- 
fpieler ift, der fchon ananche angefehene Or- 
gan! flenitdlc aur.gefchlagen , und dais er in fei- 
nem Ha ufe init eigencn vier M.idchenlliinmen 
Chore von Paldjlriiui und Leo mid ihren 
Nachfolgem anliinuut. 



CUmmki halt /ich itzt fiir befr'indig in 
London auf, r/ill abdr nicht nuhr iilafiker von 
Metier feyn, well i'ein Stand al-s Hanplurfaclie 
angegebeu wurcle, dafs der reiche Kaulinaim 
Colonies in Lyon ihm nicht feine Tochter ge- 
ben wollte. Er zieiit indefs vorliefliche Schil- 
ler doit, v/onuiter vorziiglich der junge Cra- 
mer verdient genannt zu vverdeu, und lafst 
feine Arbciten felbft fiechen und in feiner 
Wohmuig verkaufeu. 1786 befchaftigte er fich 
eben fo viol nut der Aihononiie, als init der 
Mufik. Es ift vieUeicht maiichem deutfehen 
Lefer lieb CleiuaUi'x Addrtjjh in London zu 
wilfen, uni fich von feinen fch.'incn Arbeiten 
kommen zu laifen : denn um auswiirtige Cor- 
refpondenten und Coujiniirarien zum Abfatz 
ihrer Werke, bckiiniinern ficli die Lindner 
und Parifer Autoren nicht; haben cs audi bei 
ihrem grofsen und kunitbegierigen Publikuni 
nicht noting. Die Addreife ill : ISo. eo. Goodge 
Street Tottenham Court Road at London. 
Ein Ki'infUer, der diefen Artikel fieht, verfi- 
chert niich', Cleuienti fey nach Spanien ge- 
gangen. 

S. c85 fehk: 

Ciochetli (P. Vine). Im Jahre 1724. wur- 
de von ihm in Genua die Oper Arrenione auf- 
gefiihrt. 

Cochins (Leonard) ehemaliger Hofpredi- 
ger in Potsdam unci Mitglied der Akademie 
der Wiffenfch. zu Berlin , war ein fo gelehr- 
ter und auch praktifch gefchickter Mufiker, \vie 
es Dilettanten felir Telten zu feyn pilegen. Er 
liefs audi in feinem Ha ufe oft grofse Oratorien 
von Handel und ILtJje auffuhrcn, die er felbft 
beiin Fliigel diiighte. Er fiarb 1779. 

ColU'l/iJti ift wicdei in Neajje! f und be- 
zaubeit alle Iviiiiftfreuiide in.it ihrer vortreiii- 
chen Action; ihre Stiumic ill nicht befonders 
fchon und von fehr geiingem Uiufange, melir 
Conlr' Alt, als Sopiv.n; fie fmgt aber mit vie- 
lem Ausilrucke. Ihr Triumph war i7()0 die 
Rolle der JSina mil Mufik von Paillette. 

Conti (Francesco) war nicht der Sohn des 
Kaiferl. Caiiunerconipornften und Theorbiften, 
fondern diefer felbft. Aufser denen unter die- 
fei 
Opt 

Albt , t :/ _ 

deW Amove e deW Amici^iu , und // I into Po. 
licavc in Mufik gefeizt. 




»9 



Darauf fehlt S. 297. 

Conti (D. Niccolo), von dem ich gute 
ernfthafte italianifche Arien befitze. 

Corbet hat in London audi folgende Sa~ 
chen ftechen laifen: 1) Sonatas for variety of 
Jitflruments in 6 Parts, a) Sonatas for two 
flutes and a Safs, unci ein tlrittes We'rk unter 
diefem letzteu fitel. 

S. 5o8 fehlt: 

Courtivill, der in London Sonaten fur a 
Violinen unci auch Sonaten fur a Flbten hut 
ftechen laffen. 

Cox liat auch eine Sammhiug Arien fur 
Eine Viotine in Loudon ftechen laileni 

S. 5n fehlt: 

Cramer, cler Sohn, einer der ftarkften Kla- 
vierfpieler, Schiller von dementi. Er hat auch 
\\\ London verfchiedene fehr brillante unci 
fchwere Klavierfachen ftechen laffen. 

Crosdill hat eine ganz aufserordentliche 
Fertigkeit 1111 Violoncell, ift abcr in feiner Exe- 
kution etwas hart. Er ilt niclit in Dienften des 
Hofes, wiewohl er in grofsen Hofconcerten 6f- 
terer fpielt : dock Mara ebeh fo oft. In den 
crofsen Concerten , die ich bei uieinem Auf- 
enlhaJt in London bei Hofe dirigirce, worin- 
nen meine italianifche Pajfion, mein Pfalm 
u. a. S. aufgefTihrt wurden , war Mara der 
erfte Violoncellift und fafs beim Flugel. 

S. 5i4- fehlt: 

Crotch (William) das englifche Wunder- 
kind, von wdchem iiu Loudon JIagaxine April 
i^70 folgende ausfi'ihrlichc Erzahlung fteht: die 
icli hjh fo lieber ganz iiberfetze, da he als acht 
englifche Befchreibung fehr charackteriftifch ift. 
Sie heilVt: 

Dies aufserordentliche Kind, welches jetzt 

taglicb die Bewunderung und Aufmerkfainkeifc, 

nicht nur von Leutcn von Stande, fondem 

aller Freunde angebejhrner Talente auf fich 

zielit, ift der Sohn vOn Michael und ifabella 

Crotch, und ward am 5 ten July 1775 zu IVor- 

wich gebohren. Sein Vater, ein gefchickter 

Zimmermann , haute fich zum eigenen Ver- 

entigen eine Orgel, und man dankt es diefem 

Zufall, dafs dieiuufikalifchen Fahigkeiten fei- 

nes kleinen Sohnes JT'ilhelm fo frith entdeckt 

wurden. Indefs batten fie vielleicht noeh Jahre 

lang gefchlummert, wenn »icht Madame Butt- 



mann, die ink grofsem Rnf zn Norwich die 
Mu/ik lehrt und fehr genau init feinen Eltem 
bekannt war, in Gegenwart des Kind es die Or- 
gel gefpielt und init ihrem Gefange begleitct 
Jiiiltc. 

An einem Abend', im Anfange des Au- 
gufts 1777 fafs er auf dem Schofse feiner Mut- 
ter, da Mad. Lidlmann ziemlicli lange fpielte 
und fang; unci als diefe Dame weggegangen 
war, fing das Kind an zu fchreyen, und ward 
fehr auffallend verdri'ifslich ; feine Mutter glaub- 
te, eine Nadel fey Schuld daran, oder ein in- 
nerlicher Sclmierz, fie kleidete das Kind aus, 
und gab fich alle Miihe, die Urfache zu fin- 
den, aber vergebens: da lie ihn hernach zu 
Bette bringen wollte, ging fie bei der Orgel 
vorbei, und das Kind ftreckte feine kleinen 
Hande darnach aus, worauf Mad. Crotch ihn 
an die Orgel fetzte, welche er fogleich ui\t 
aufserordentlicher Freude fchlug, und einige 
Minuten fpielte. Da fie glaubte, dies fey iiur 
ein kindifcher Ein fall, beachtete fie feine Art 
das Inftrument zu fpielen, gar nicht, und bald 
darauf legte fie ihn, dem Scheine nach, vol- 
lig befriedigt zu Bette. Am folgenden Mor- 
gen nach dem Fri'ihftiitk, da Mad. Crotch auf 
den Markt gcgangen war, fetzte der Vater, um 
feine eigne Neugier zu befriedigen, das Kind 
an die Orgel, und erftaunte aufserorclentlich, 
es einen grofsen Theil der Melodie des Liedes 
God fave the King und Let ambition fire thy 
mind fpielen zu boron. Das erftere hatte Herr 
Crotch mehriuals in Gegenwart des Kindes 
verfucht, allein er konnte es nur ftiimpern. 
Das letztere hatte Mad. Lullmann in feiner 
Gegenwart gefpiell. Die Mutter, die die Er- 
zahlung von diefem Wunder kaum glauben 
konnte, ward clinch Wilhelm auch bald da- 
von uberzeugt. Da Mad. Crotch diefe Erfah- 
rung ihren Freunden mittheilte, rieth man 
ihr, ihn nach feineiu eignen Belieben fpielen 
zu lalfen, fobald er irgencl fein Verlangen da- 
nach bezeigte. 

Jetzt war er zwei Jahr und drei Wochen 
alt, und von der Zeit an verlammelte fich in 
dem Haufe alles, was nur irgencl an Mufik Ge- 
fclnnack fan<l, und alle Ki'mftler in NorwicJt: 
er fpielte fa'ft jeden Tag, und lernte mehrere 
Melodien: unter die er oft feine eigne Gedan- 
ken mifchte. Merkwiirdig ift es, dafs er nie 
falfch fpielt, und dies nie bei andern ertragt, 
oline feinen Unwillen zu aufsern. 

Er fpielte an verfchiedenen Orten vor zahl- 
reichen Verlimuulungen zu verfcliiedenen Zei- 



\.o 



ten in Norn i.ch , bis zu Anfang dcs Novem- 
bers ; da bratluc ilin feine Mutter liacli Cam- 
bridge t wo er auf den Orgeln in alien Cullc- 
gien und Kirchen, zuin Erftaunen allor J-Ier- 
ren von der Univerfitat, fpielte: Endlich kam 
er in der Mitte des Decembers nach London, 
abcr von feinen Talentcn ward offenllidt nidus 
gezeigt, als bis ihn Iliro Majeftalen gehmt liar- 
ten. Er unci feinc Mutter wurden von Lady 
Herford int Pallaft der Kbnigin , ant 7ten Fe- 
bruar vorgoftellt, da er in Ge^enwart liner 
Majeftaten und der Koniglichen Fanulie zu ih- 
rer grofscn Zufriedcnheit die Orgel fpielte. Am 
iSten deftelben Monats machten fie Ihren Ku- 
nigl. Hohettcn tleni Herzoge und der Herzogin 
von Gloucefter ihre Aufwartnng, und er fpielte 
zu ihrer grofsen Zufriedenheit. Am 26ften 
fpielte er die Orgel in der Knidgl, Capcllc in 
St. James Pallape nach dent Morgen - Gottes- 
dienfte in Gegenwart Ihro Majeftaten. 

Seit der Zeit hat er fortgefahren, alle T.'gc 
zwifchen 1 und 5 Uhr offentlich in der Puiz- 
macherin Mad. Heart Haufe in Piccadilly zu 
fpielen. Der Correfpom'ent, der fich tins diirch 
die obigen authenlifchen. Nachrichten verbiud- 
lich ntachte, war einer von der zahlreichen 
angefehenen Gefellfchal't, die ihn Montag den 
25ften April horten , und er hat uns gebcten, 
feine fluthtigen in der Eile gemachten Benter- 
kungen hier initzutheilen. 

IVdhehn Crotch ift jctzt drei Jahr und 
acht Monat alt; er ift ein lebhaftes, thatiges 
Kind und hat ein angenehmes Geficltt, das hiib- 
fche blaue Augen und Flachshaare noch ver- 
fchimern. In der Mitte der Stube fteht eine 
erofse Orgel olmgefahr zwei Fufs hoch voiu 
Fufsboden erhoht. Ein halbrunder eiferner l\ei- 
fen ift To angebracht, dal*s er feinen Sitz fichert 
und ihn von der Gefellfchnft ablbnderr. Auf 
der Erholmng fteht ein Armftuhl und auf die- 
fetn ein gemeincr ganz kleiner Strohftuhl, den 
feine Mutter hiuten ntit einent Tuche an den 
andem fcftbindet, dantit er nicht u tufa lit, denn 
der Knabe ift leichtfinnig und in don kttiy.en 
Paufen zwifchen dent Spielen vollor Polfen- 
ftreiche. Vor ihm liegt ein Bitch, wie eiit 
Notenbuch; und Frenide in einent entfernten 
Tlteil der Stube halten es leicht falfchlich fur 
ein folches, allein es ift nichts anders, als ein 
Journal oder irgend ein anderes Buch tuit ei- 
nent Titelkupicr; dies fieht er an und antiifirt 
fich Jttit den Figurou auf deiu Blatte, wahrend 
er ein Stuck Ipiell , oder phantalirt. Kurz er 
lacht, fchwatzt, und fteht fich in der Gefell- 



febaft um, und zugleidt befih.'iftiat das Kla- 
vier feine kleiucu Ilande, d.-uh Fpieit er fo 
gleichgi'sltig, dafe man in Vcrfuchur.g geriith, 
zu glaubcn, er wiJl'e nicht, was er lime. 

Vnrnehmlich eingenommen fchcint er fur 
feierlidte Alchidieen und Kirdiciimufiken , be- 
fonders den to.'|ten Pl'alm. Sobald er eine or- 
tlentliche Melo.!L' geendigt hat, oder audi nur 
emeu Theil einer Melodie oder eiuige Noten 
von eigner Phantpfic, halt cr inne, und begeht 
alle Thorheiten eines ausgelaffcnen Knabens; 
gemeinigjich giebtihm daiin einer von der Ge- 
fdlfchaft einen Kuthen, eiucn Apfel oder Apfel- 
fine, tint ihn zu bewegen, wieder zu Ipieleii, 
aber er verfagt es, die verlangte Melodic zu 
fpielen, wemt nuin nicht den S"tolz fcines klei- 
nen Helens kitzolt, und ilnn fagl, er habe 
die und die Melodie vergelfen, oder konne lie 
nicht fpielen. Dies ennangelt felten feine Wir- 
kung hervorzubringen und er fpieit es denn 
ficher mit nettent Eifer. 

Da er felt on fiber eine Stunde gefpielt, ver- 
langte er henmfergenommen zn werden, for- 
derte ein Stuck Kreide , tmd unterhielt fich und 
die GefelllVhalt. dadurch , dafs er den Umrifs ei- 
nes grotesken K-ipfes auf ilcti Ful'sboclen zeich- 
nete, von dent feine Muiiev fagte, er gliche ei- 
nent alt in Grenadier, den er des Morgens im 
Park gefehen. Er lUteinl: flarke Anlagen zum 
Nachahmen zu be/itzen, tuul da von einent fol- 
chen Kinde audi der geringfte Untftand bemerkt 
werden inufs, wollen wir das folgende Beifpiel 
einer befondern Idee, die bei fcineut Alter nicht 
gewohnlich ift, fo wie fie unfernx Correfpon- 
denten auffiel, erzalilen. 

Eine Dame gab ihm eine ausnehntend gro- 
fse Apfelline , und nachdem er lie einen Augen- 
blitk mit Verwunderung angefehen hatte, fagte 
er: „Ach, das ift cine doppeltc Apfelline. " 
Einige hnben erziililt, er fey eigenfinnig, und 
wahr ift es, er will nicht in einentweg die gan- 
ze Zeit hindurch, die dazu beftinunt ift, ihn zu 
lu'iren, regelmalsig fpielen; allein das kann man 
audi nicht von ihm erwarten, da in feinc m Al- 
ter V'ernunftgriinde nicht gelten, und da die 
menfchliche Natur hier keinen Zwang dnldet; 
vielmehr ift es wirklich aufserordentltch, dafs 
man ihn bewegen kann, alle Tage zu fpielen, 
ohne zu ermiiden unci die Gefellfchaft verge- 
bens war ten zu lafTen. 

Der Erzbifchof von Canterbury und viele 
Perfonen vom hdchften Range, die ihn leichr 

hat- 



4< 



lmtten zu ficli iri3 Haus kommen laffen, be- 
mi'ihten fich Hebcr zu ihm bin, um ihn zu 
hOrcn, unci kein Tag verging, dafs nicht bci 
ihm cine vornehme Gefellfcliaft von dreifsig 
bis funfzig oder mehreren Perfonen war. Die 
hofliche Art, eineiu. diefe wunderbare Unter- 
hnltung zu vcrfthafFen, vcrdient viel Empfeh- 
lung; man fordert da kein Geld, eine weibli- 
che Gehulfin fteht aufscn an der Thi'ir des Zim- 
juers und envarter, was man von felbfigeben will ; 
eine hulbe Krone (achtzelm gate Grofchen) ill 
das geringfte Gefchenk; denn die Zimmer, die 
dazu gebalten werden, find grofs und prach- 
tig; doch liat die Freigebigkeit mehrerer I J er- 
foneu von Rung und Vermbgen ficb durch Ge- 
fdicnke fchoner Zeichenbiicher, und andrer 
dem Geift des Kindes angemell'ener Sachen ge- 
zeigr. , und die hofliche Aufmerkfamkeit der 
Mad. Hearty wenn man zu dan Zimmern der 
Mail. Crotch geht, macht es noch weit ange- 
neluner. 

Wir haben noch vergeflen zu fagen, dafs 
wenn jemand eine Melodic, die das Kind nie 
vorher gehtfrt, mit der rechten Hand auf fei- 
ner Orgel fpielt, er einen Bafs mit feiner lin- 
ken Hand dazu fpielt; dais er jede Note, die 
man auf der Orgel oder jedem andern Inftm- 
anent anfchlagt, nennt, und dafs er imuier 
vveifs, wenn irgend jemand in einer Melodie 
fehlt. " 

iy Mlelrac ifi franzofifcher Haupfmann 
nnd lebt und komponirt in jeder Rucklicht a Is 
Dilettant. 

S. 322 fehlt: 

2)a/izy, ein fehr guter Violoncellift und 
Komponift fur fein Inurnment. Er ill ein 
Binder der Madame Le Brim und hat fur ihre 
S limine auch einige fehr angenelune italiani- 
frhe Scenen gefchrieben. 

David (Anton) hat fchon Test 1780 nicht 
■in eh r Clarinclt gcblafen, blaft abcr noch das 
Haffl-l horn , das er auch vervollkomnulet hat. 
Bis 1789 lebte er in Schlejieii auf den GiUern 
(\cs Baron Uohberg: feit defTcn Tode reift er 
vcrmnthlich wieder mit feinem fehr braven 
Schiller Springer, einem vorzi'iglichen Clarinett- 
und Bafl'cthoniblafer. Diefe beiden Manner 
machten das Batfe thorn auch in Berlin bekannt 
und beliebt, und diefes fehr angenelune In- 
/hument ift feitdem im Koniglichen Orchefter 
eingefuhrt. 



ZJavla (nicht Davie) ift wiedeY in Nca* 
pel, wo fie mehr als Actrice fius Komifche, 
wie als Sitngerin gefchatzt wird. 

S. 333 fehlt: 

Demoivei'y von dem in London eineSamm- 
lung Arien fiir Eine Flote und zwei Theile So- 
lo's fiir die Flote und Bafs geftochen find. 

S, 555 fehlt: 

jDescotcanx, ein fehr berfthmter Fiotenift. 
Er lebte in Paris zu Ende des vorigen und 
zu Anfaiige des itzigen Jaluhunderts. 

DievpaH hat aufser denen im Walter- 
fchen Lexicon angezeigten Sachen auch Solos 
fur die Flote und Bafs und Clavierubungeii 
in London ftechen lallen. 

JDiltcrsdorf fiihrte in Berlin 1789 mit 
grofsem Erfolg fein Oratoiium Job auf. Der 
Ronig, der ihn fehr gna'dig behandelte und 
koniglich befchenkte, erlaubte ihm dazu das 
grofse Opeintheater und das Konigliche Orche- 
fter, wozu D. noch das Orchefter der Konigin 
und alle guten Privatmufiker einlud, und auf 
diefe Weife, Tamt den koniglichen Sangern 
und Sangerinnen und den Stadtchoren eine 
Befetzung von beinahe 200 Perfonen zufam- 
menbrachte. Das Orchefter war auf dem Thea- 
ter pla'cirt, das zu einem Saal verkh'idet ward, 
und das gauze fehr elegante Theater brillant 
erleuchtet; der ganze Hof und alles was fch5* 
Tie Welt in Berlin heifst, war da verfanunelt 
und fullte das ganze Hans. Es war in jedem 
Berracht eine von den feltnen grofsen Veran- 
ftaltungen, die zur vcilligen Zufriedenheit dea 
Unternchmers und des Publikums ansfielen. 
•Im Jahre 1790 erhielien Ilerr und Madame Le 
Brim diefelbe Erlaubnifs vom Kdnige, und ihr 
Concert liatte in jeder Ruckficht denfelben voll- 
konunenen gliickliehen Erfolg. Ohne den plotz,. 
lichen betvi'ibten Todesfall von Le Brun hatte 
der Hof und das Publikum in diefem Jahre 
vermuthlich wieder dalfelbe Vergni'igen genof. 
fen, das jene grofsen Talente ihm im vovigen 
Jahre gewahrten. 

S. 55 1 fehlt: 

Dozon (Mademoifelle) Sangerin bei der 
grofsen Oper in Parity die in den Jahren 1784 
und 1785 anfing in den erften Rollen der Sac- 
chinifchen Opern mit der Madame St. Huber. 
li zu wetteifern. Ihre Stimme war fehr an- 
genehin und klingend, nnd wenn fie ihre gan- 
ze Ambition darinnen geletzt hatte, eine an. 

F 



*& 



genelnhe Satigerin zn werden,' hatto fie von 
diefev Seite der Mad. St. Huberti gefahrlich 
werden konnen: fie vvollte aber audi als Ak- 
trice .mit Mad. St. II. wetteifem, und dazu 



fuhlten ihr die Mittel aller Art. Sie foil ihrer 
Stimme dadurch bald gefrhadet haben uml it/.t 
faint ihrcm Mufter nicht mehr in der Oper 
iingen. 



5. RECEXSIONEN. 



VIII. Fughe fecondo Vorclinc dei Toni eccic- 
Jiajtici per I' organo o Clavicembalo , com- 
pojlo e dedicate al RevcrendiJJimo Jig no re 
Alaximiliaiio Stadler, degnijjbno abbate 
commendatorio dl cremifano , dal fun umi- 
liffimo ed ubbidientiJJ'mio fervo P. Giorgio 
Pajierwitz , Beilcdiltino del medefuno Mo- 
najltro, 

Opera I. 

VIII. Fughe fecondo I \4. B. C di Muficaper 
V organo o Clavicembalo , coittpojie e de- 
dicate al celebre Signore Antonio Salieri > 
prima Maejtro di Capella alf atlnal fer- 
vigio di ftlaejla Reale in Vienna , dal pno 
Ammiratore P. Giorgio Pajierwitz , Bene- 
dittino di Cremifano. 

Op. II. 

a Vienne chez Artaria et compagn. de meme 

?u'au Magazin de Mafique dans I'Unter- 
renner Strafse. 

Der Wiener Grabftichel hat in langer Zeit 
nicht fo was elegantes ,* correctes und fleifsig 
^earbeitetes im Fache der ftrengern Mufik ge- 
liefert, als das gegenwartige Werk, und ein 
gewifler hypochondrifcher Zelote, welchem die 
galanten Freigeiftereyen Kopfweh verurfachen, 
hat Unrecht, den Verfall jener Art von Ton- 
kunft zu befi'irchten. Wenn man mit der Ge- 
fchichte der Mufik bekannt ift, fo wird jnan 
finden, dafs es zu alien Zeiten weit weniger 
Ausiiber der contrapunktifchen Kiinfte, als 
der freyen Schreibart gegeben hat. Die Ur- 
lache ift unftreitig, weil ein einftiinniiger Satz 
den meiften Zuhorem begreiflicher ift , als ein 
vier- und mehrfthnmiger, und kann man es da 
tlem Componiften verdenken, wenn er fich 
nach der Spha're der meiften In I crcfienten rich- 
tet, zumal da er fich dadurch zugleich etwas 
Millie erfparet, indem es leichter ift, mit ci- 
ner als mit mehrern Sthmnen zu componiren. 
Ich nenne allhier einjlimmige Satze jeden So- 
logefang, der blofs dnrch ein Accompagnejnent 
unferftiitzt wird, und bringe nicht die Stim- 
men des Accompagneinents in Rechnung. So 
wie es nun in den vorigen Zeiten der Muiik 



gewefen , fo ift es audi- in der gegenwartigen 
Epoche, und fo wird es vermuthlich in der 
Folgezeit feyn, und es wird allezeit zwey bie 
drey Clalfen von Artiften geben, von welchen 
die eine diefen, mid die andere jenen Theil 
der Kunft vorzi'iglich zum Haiiptaugeniuerk 
haben wird, und wer kann dieles unrecht lin- 
den, fo lange das I'liblikmn uabci gewinnet? 
Wenn alle Kunftler eineni und eben deuifel- 
ben Theil der Kunft mit gleichem Eifer uml 
Erfolg oblagen, wie manches Vergniigen hatte 
felbiges weniger, unci wie viele fchone Werke, 
die in einen andern Theil gehoren, warden 
da ungebohren bleiben? Eine andere Frage 
konnte liier aufgeworfen werden, nemlich wo- 
lier es konunt, dafs die beften Prodticte der 
freyen Schreibart nach einer gewilfen Zeit ih- 
ren Glanz verliercn, wahrend der Zeit die in 
eben demfelben Zuitraum erzeugien gutenWer- 
ke der gebundnen Schreibart ihren unveriin- 
derten Werth behalten. Eine kurze und gate 
Erdrterung diefer Frage wi'irde fur einen den- 
kenden Liebhaber eine angenelune Unterhal- 
tung feyn. Gewifslicli find die oben angezeig- 
ten XVI Fugen von der BefchafFenheit, dafs 
fie nach hundert Jahren noch eben die Senfa- 
tion hervorbringen werden, die fie itzo erre- 
gen, verfteht fich bei denen, auf wekhe die 
Harmonie zu wirken gewohnt ift. Um alles 
gehorig einzufehen, was dnrch Genie, Kunft 
und Fleifs in diefen Auffatz«n geleiltet wor- 
den, mill's te man fie dor Reihe nach mecha- 
nifth zerlallen , und dai/u ift hier nicht Rauin 
genug. VVir wollen alio nur bemerken, dafs 
lie ihcils einfath, theils doppeli , das ift, mit 
eineni Contrafubjecl verfehen find; dafs,un- 
geachret die Subjecle nur aus kuvzen Phrafibus 
beftehen, der Autor fie gleichwolil mit mei- 
fterhal'ter Hand fo fein zu zergliedern gewufst 
hat, dafs aus don daruus rcfultirenden kleinen 
Tlieilclien ganze rhytmifche Zeilen zum Behuf 
der Zwifchenfiitze erwachfen; dafs keine Note 
ohne Urfach, und alfo wecler eine Note zu 
viel , noch eine zu wenig , und keine an ei- 
nen unrcchten Ort gefetzet, und das alles anfs 
bi'mdigfte zu eineni wohlklingenden Gunzen 
verbunden worden. Man fetze zu diefen Vor- 
ziigen einer, Fuge einen reinen und netten 



43 



S«tz, Vermeidung aller unangenehmen Licen- 
zen, uberrafchendc Eintritle der Siitze, fchone 
Nachahmungeh, fliefsende unci zu reenter Zeit 
angebrachte Bindungen, u. f. w. Wer wird fich 
von der gcfu'Uigen Feeler diefes Contrapunktiften 
nicht mehrere Sachen diefer Art, z. E, figurirte 
Hymn en und Pro fen etc. ausbitten? Zu geiftii- 
chen Befchaftigungcn beftiuuut, kann der Anc- 
tor feino Mufse zu etwas heiferm, als zur ErhO- 
hung der .harmonifchen Andacht, und zur 
Pracht des klingenden Gottesdienftcs anwenden? 
,.Schade, dafs aufdem Titel der Fugen nicht an- 
gezeiget worden, unter was fur eineni Grade 
der Breite und Lange das heilige Tempe, ich 
will fagen, die anumths voile Abtey Cremifano 
liegct, welche fo gliicklich ift, den zwifchen 
clem Brevier und den Kimften eines Bach und 
Handel in feiner gelehrren Zelle fich theilenden 
verehrungswiirdigen Dom l J afterwitz zu ihren 
Mitgliedern zu rechnen. Ibr'. 

dllgemcine Gefchichte der Mufik , von Jo- 
hann Nicolaus Forkel, Doct. der Philofo- 
pliie und Mufikdir. in Gottingen. Erfter 
Band, wit fi'mf Kupfertafeln. Leipz. im 
Schwikertfchen Verlage. 1788. (Ift in der 
neuen Berl. Mufikhandl, fur 3 Rthlr. x5 Gr. 
zu haben.) 

Der deutfcheFleifs hat fich an diefem wich- 
tigen Werke wieder ein neues bleibendesDenk- 
Uial geftiftet. Alles, was griechifche, lateini- 
fche, italienifche, franzofifche, englifche und 
deutl'che Schriftfleller fiber die Gelchichte der 
Mufik Gutes vorgetragen haben, hat H. F. mit 
kritifchem Fleil'se benutzt, und tins dadurch die 
reithhaltigfte, beftgeorduetfte Gefchichte der 
Mufik geliefert, die dew I\ec. bis itzt in irgend 
einer Sprache vorgekommen ift. Und wenn 
auch den Befultaten, die H. F. aus den vorgetra- 
genen Nachrichten und Thatfachen zieht und 
lumen Urtheilcn fiber den jedesmaligen Zuftand 
und das wahre Wefen der Kunft, der feine ge- 
fi'ihl - und gefchmackvolle Kenner und Liebha- 
ber der Alten, und der darftellende Kunftler 
fclbft, oft nicht beiftiwmen kann, fo enthalt 
doch auch der rafonnirende Theil diefes fchiitz- 
lureu Werkes fo viel einzelnes Wahres und Gu- 
tes, dafs man iiberzeugt wird, H. F. fey auch 
darin der Wahrheit naher geriickt, und es babe 
bis itzt noch kein Gelehrter iiber die Kunft ge- 
fchrieben , der fo viel grunJHche Einficht hi die 
Mufik und fo viel praktifche Kenntnifs befef- 
fen , und kein Kunftler, der im Felde der Lit- 
teratur folche ausgebreitete Belefenheit benu- 
tzen kqnnte. 



Diefes Work ift zu wichtig, urn es wit ei- 
new allgemeinen Urthcile abzufertigen. Dei" 
Bee. macht es /ich dahcr zur Pflicht, von den 
einzelnen Theil en deilelben wnftandlicher zu 
fprechen. 

In der mit vieler Sachkenntnifs und kriti- 
fchem Fleifse gefchriebenen Einleitung (S. 1 bis 
G8) fucht H. F. dem Lefer, „wenn nicht die 
vollftandigfte, doch richtige Vorftellung vow 
ganzen Umfange der Tonfprache zu geben, und 
dabey die Aehnlichheit , ja gleiche Natur der 
Ideenfprache wit der Ewpfindungsfprache (oder 
Tonfprache) darzuthun. " H. F. fagt: *,Die 
Aehnlichkeit, die fich zwifclien Sprache der 
Menfchen und ihrer Mufik findet, eine Aehn- 
lichkeit, die fich nicht bios auf den Urfprung, 
fondern auch auf die vollkowiuene Ausbildung 
derfelben, vow erften Anfang an, bis zur hoch- 
ften Vollkonnnenheit erftreckt, kann hier den 
ficherften Leitfaden abgeben. Mufik ift in ihrer 
Entftehung eben fo, wie die Sprache, nicht» 
als tonleidenfchaftlicher Ausdruck eines Ge- 
Fuhls. Sie entfpiingen beide aus einer gemein- 
fchaftlichen Quelle, aus der Empfindung. Vyenn 
fich in der Folge beide trennten, jede auf einem 
eignen Wege das wurde , was lie werden konn- 
te , nawlich die eine , Sprache des Geiftes , und 
die andere Sprache des Herzens, fo haben fie 
doch beide to viele Merkwaale ihres gemein- 
fchaftlichen Urfprunges iibrig behalten, dafs lie 
auch fogar noch in ihrer weiteften Entfernung 
auf ahnliche Weife zum Verftande und zum 
Herzen reden. Die Ableitung und Verwehrung 
ihrer Ausdriicke aus den erften Lauten der Em- 
pfindung, der Bau und die Zufawwenfetzung 
derfelben , 11111 Empfindungen oder Begriffe 
nicht nur zu wecken, fondern auch beftimmt 
und ohne alle Zweideutigkeit zu wecken, und 
witzutlieilen. Kurz alle Eigenfcliaften , welche 
tlie eine zur vollkommnen Sprache des Verftan- 
des machen , wachen auf ahnliche Art die an- 
dere zur vollkowwenen Sprache des Herzens* 
Wer airo die BefchafFenheit der einen kennt„ 
kann durch die Bejnerkung der iwter beiden 
herrrchenden Aehnlichkeit leicht zum richtigen 
und vollkowwenen Begriff tier andercn gefuJut 
werden. " 

Hierinnen wird nun keui Kiinftler, der auf 
dew Wege der Darftellung zum richtigen Be- 
grift und zur Ueberficht feiner Kunft gelangt ift, 
Urn. F. beiftiwmen. Diefer weifs vielwehr^ daft 
fich Gefang und Rede von dew Augenblick an, 
da beide Kunft werden, von einander entfernen, 
um fich nie wieder zu treffen, mid dafs Aeha- 

F 2 



t-t- 



lkhkelten, die beiden bleiben <— unci ihre Ver- 
bindnng mciglich machen — fidi nnr auf die 
Einheit und Allgemeinheit menfchlicher Em- 
pfindungen beziehen, ohne danim auf gleichem 
Wege ur.d zu gloichen Zwecken wirkcn zu 
wollen. 

Durch die Kenntnifs der Sprache zu ei- 
nem richtigen und vollkomnmen Begriff von 
der Tonkunft geleitet zu werden , ift lb un- 
moglich, dafa durch Kenntnifs der Sprache, wie 
H. F. es iiberall verfteht, audi fogar ein ridi- 
tiger und vollkommener Begriff von der Dicht- 
kunft, die hdchfte Anwendnng der Sprache, 
und als fchone Kunft der Tonkunft vergleich- 
barer, auf keine Weifo ' zu erlangen ill. Den 
auffallendften Beweis hiervon geben Jdhmg's 
gelehrte und kritifch fleifsige Werke iiber die 
Sprache. Wo A. fich auf Diohlkunft einlafst, 
ift er jedem Dichter ein Blinder, der von der 
Farbe urtheilt; iiberall verrath er dann, dafs 
er keinen Begriff von dem Wefen der darftel- 
lenden Kunft, ja fogar keinen Sinn dafiir hat. 
So wenig nun aber der groTste Dichter wiin- 
fchen wird, dafs Adlung nie iiber Sprache ge- 
fchrieben hatte, nnd fo wenig jener ihn aus 
der Hand legen wird, ohne auch von ihm auf 
irgend eine Weife Nutzen gezogen zu haben: 
lo wenig wird audi der wahrc unbefangene 
Kiinftler fich daran argern, dafs H. F. nun ge- 
rade diefen Gefichtspunkt in feiner Einleitung 
durchfiihrt. Er fiihrt ihn niit Scharffinn und 
nut grofserer Mufikkenntnifs aus , als ihn viel- 
leicht irgend ein anderer Sprachkenner ausge- 
fiihrt haben wiirde, und fo erhalten ananche 
einzelne Theile der Kunft felbft ein neues 
Licht, wenn auch gleich bisweilen nur durch 
den Widerfchein. 

So fcharffinnig und witzig die Aehnlich- 
fceit indefs auch durchgefiihrt ift, fo konnte 
Jlec. fich doch nicht des Gedankens an eine 
englifche philofophifche Schrift erv/eliren — 
deren Titel ihm eben nicht beifa'llt — in wel- 
cher mit gleichem Witz und Scharffinn die 
vollkonnnene Aehnlichkeit der Natur des 
Feuers, nut der Natur nnfrer Seele durchge- 
I'fthrt whvf, um am Ende daran zu zeigeu, 
dafs wir nun darum doch nichts mehr, als 
durch alle vorhergegangenen Zeiclmungen und 
Erklanmgen von der wahren Natur unfrer 
Seele wiifsten. 

Am iibelften mochte derjenige fahren, der 
aus einer folchen Grammatik und Rhetorik der 
Kunft l-rnen wollte, ein iichtes Kunftwerk dar- 
zwfteUen. 



Die verfchiedenen Benennungen der Tone, 
die II. F. S. 7 zuin Beweife anfiihrt, „dal's die 
Tone einer Rlangleiter unter fich folche Bezic- 
hungen haben, wie die verfchiedenen Worte 
ernes Hedefalzes in der Sprache, " beweifst wohl 
eher, dafs Sprachforfcber die Theorie der Tone 
am huufigften bearbeiteten. 

Sehr fcin fchlagt IT. F. S. vor, ftatt des 
Worl.es ^Modification^ dellen man fich gewohn- 
licli fiir das "Wachfen und Abnehmen der Eiu- 
pfindung bedient, „kiinftig des Wortes Modu- 
lation lich zu bediencn. " Denn das nxufikali- 
fche Moduliren entfprichl: den feinen allmaligen.- 
Uebergiingen der Enipfnulung ziar Starke und 
Schwiiche nicht nur vollkomnicn, 1'ondeni 
giebt auch gleichfani einen kleincn Wink, dais 
die Modulation der Leidenfcliaft durch die Mo- 
dulation der Tone am beften auszudriicken ley. 

S, 10 »i3 fpricht H. F. ink vieler Griind- 
lichkeit und Sachkenntnifs von den grofsen 
Vorlheilen, die die Tonkunft durch die Erfin- 
dung der Harmonie erlangt. Sic ward dadurch 
gewiflenua :fsen erft cine felbft ftan dige Kunft. 
Die fonderbaren Widerfpriiclie in Sulzers Aeu- 
iserungen iiber Il.irmnnie, Wovon H. F. S. it- 
ig handelt, erklaren licit lehr natiulich aus der 
Verfahrungsweife jenes Schrift (tellers bei An- 
fertigung feiner Theorie der fchonai Ki'mfte. 
Sulzer hatte nicht die mindefte practifche Kennt- 
nifs von der Mufik, ja auch nicht einnial von 
Natur ein gutes mufikalifches Ohr, und meyn- 
te, die Theorie der Tonkunft bei der Bearbei- 
tung der luufikalifchen Artikel hinliinglich zu 
erlornen, um mit I-Jiilfe eines Mufikers die 
mufikalifchen Artikel dentlich, vollftandig und 
konfequent bearbeiten zu konnen. Bis znm 
Buchftaben S. feines Worterbuchs war Kim- 
berger der vornehmfte und meiftens einzige 
Tonkiinftler, der fur Sulzer die niufikalifciien 
Artikel bearbeitete. K. felbft konnte fich nicht 
deutlich ausdrticken, und fchrieb feine Anf- 
fatze oder liefs fie off von Leuten, die eben 
fo wenig gelchickt dazu waren, fehr verwor- 
ren auflchreiben , unci Sulzer mufte fie her- 
nath erft einkleiden und deutlich vortragen. 
Wie fchwer diefes aber fiir einen ift, der^die 
Sadie nicht ganz verfteht, die er vortragen 
foil, ift leicht einzufehen. Aus diefem Um- 
ftande allein inufste fchon manche Unbeftimmt- 
heit und Dunkelheit entftehen. Die offenba- 
ren Widerfpriiclie entftanden aber daher, dafs 
Sulzer zu Kirnbergers Gefchmacksurtheil kein 
"Vertrauen hatte und haben konnte: Neben Kirn- 
bergers Auffiitzen alfo immer Schriftfteller zu 



Rathe ziehen mufste, auf die er flch glaubte 
verlauen zu kunnen. Unter diefen war ihm 
nun als fogendnnter Aefthetiker Roufleaus JDi- 
ctionaire ae Mufique der wicliLgfte Rathge- 
ber, unil man wird es auch haufig benutzt 
linden. Niemand fiand. aber mit K. offerer hn 
Widerfpruch : diefen fall S. indefs weder ganz 
ein, noch hielt er ihn fur fo wichtig, als er 
es oft war, weil K. oft auch iiber Kleinigkei- 
ten unci . vorgefafstc Meinungen , die S. felbft 
hberfehen konnte , mit feinem bekannten Ei- 
genfinne ftritt. Bei all diefer fonderbaren Ver- 
i'ahrungsweife hat fich die Tonkunft doch des 
beften theoretifchen Werkes daher zu erfreuen : 
denn IQ'rubergeis Kuujl des rviiien Satzss ward 
dabei zugleich ausgearbeitet. 

S. 18 hatte H. F. gegen Sulzer auch rioch 
fiir fich anfuhren konnen, dafs die vollkom- 
menften Tanzftiicke, die wir haben, auch Mei- 
ftcrftiicke der Harmonic unci gerade dadurch 
nur vollkommen find. Wer denkt hiebei nicht 
an Ratneaiis unci Cauperiii's meifterhafte Tanz- 
ftiicke? unci weiu fallen dabei nicht die gli'ick- 
lichen Nachfolger jener Manner, unfre Glucke, 
Schulze , Reichardt, Nauniami , Kuuzm, 11. a. 
ein? 

S. 22 fagt H. F. fehr richtig : Rein Gefang 
kann gut feyn, wenn er nicht den Worten fo 
ahgepafst ift, dais auf Han])t- Eigenfchafts- unci 
Verbindungsworte auch Haupt - Eigenfchafts- 
und Verbindungstone kommen. Iin Ganzen 
fiihlt diefes jedes Ohr, und man hat fchon 
lange eingefehn, dafs in einem Gefange glei- 
cher Fortgang der ldeen zwifchen Poefie unci 
Mufik herrfchen niiiHe. Wenn H. F. aber fort- 
fahrt: „man hat iich aber bisher bios daran 
begniigt, diefes nolhwendige Gefetz der Natur 
durch Uebereinftimmung cler Ruheftellen Ein- 
Ichnitte oder grofsere und kleinere Cadenzen, 
in der Verbindung der Poefie und Mufik zu 
erfullen. In das innere Heiligthum der Kunft, 
von diefer Seite betrachtet, hat man noch nicht 
cinzudringen vermocht : " fo fcheint H. F. mit 
den neuern Arbeiten unfrer beften Componi- 
ften unbekannt, oder gegen Manner, die wir 
hier gegen ihn nicht nahmhaft machen mogen, 
nngerecht zu feyn. 

S. 24 - 2 5 > wo H. F. von reiner , richti- 
ger Melodie fpricht, verrath fich der Grund 
des Gefichtspunkts, den H. F. dem Sinne des- 
darftellenden lli'inftlers entgegen aufgeftellt hat. 



WO 



Merfennes fonderbaren Vergleich S. s5, 
er die Tune des Gefanges juUt den Glie- 



■45 

dem des men fchli chert Korpers und die drei 
Haupttone des Dreiklangs mit dem Herzenj 
dem Gehim und der Leber vergleicht; und den 
Vergleich S. 27, wo cler Rhythinus in der Mu- 
fik mit cler Eintheilung cler Zeit in Jahre, Wo- 
chen, Tage, Stunden und Minuten verglichen 
wircl ; fo auch den Vergleich zwifchen der Staats- 
kunft und der Canonik unci S. 5o den ganz 
unpalfenden Vergleich vom Sandhaufen und 
dem feften .Marmor, wenn er gleich in Lef- 
fings vortreflicher Dramaturgic fteht, hatte Rec. 
aus einem neuen belfern theoretifch-kritifchen 
Werk iiber die Tonkunft hinausgewiinfcht. 

Zu S. 27 bemerken wir, dafs die wirklich 
fehr grofse Verfchiedenheit des Rythmus der 
Alten, fo weit wir ihn aus Nachrichten beur* 
theilen kunr^en, vorziiglich auf cler grofsen Ver- 
fcliiedenheit tier giiechifchen Sprache von der 
unfrigen beruhte. Hieruber fcheint H. F. die 
vortreflichen Bemerkungen unfers Klopftock 
Herder, Vofs, Stollberg, Cramer zu wenig be- 
nutzt zu haben. 

Dem 53 §. S. So. die Akuftick betreffend, 
fiihlt fich Rec. gedrungen , den 19 $. aus G6- 
the's eben erfchienenen vortreflichen Beitrageh 
zur Optik gcgeniiber zu ftellen. Beim Gegen- 
einanderhalten wird man die Abficht des Rec. 
leicht erkennen. F. fagt: 

„So wie es nun gut ift, wenn ein Maler 
Optik , oder die namrlichcn und unverander- 
lichen Gefetze von der Brechung der Lichtftra- 
len kennt, ura jede Wirkung feiner anzuwen- 
denden Farben oder Farbenmifchung fchon vor- 
lau/ig wiflen zi4i£Mpnen , fo ift es auch nothig, 
dafs der Mufikefmle Akuftik oder die Gefetze, 
nach welchen Kliinge auf unfer Geh6r wirken, 
kennt, um in der Wahl diefer Klange zur Er- 
reichung gewifler Abfichten und Endzwecke 
defto ficherer zu feyn. u. f. w. " 

Gothe fagt: „der bildende Kiinftler konnte 
von jener Theorie, woraus der Optiker bei feU 
nen negativen Bemuliungen die vorkonunen- 
den Erfclieinungen noch allenfalls erkhirte, we- 
nig Vortbeil ziehen. Denn ob er gleicn die, 
btmten Farben des Prifina mit den iibrigen 
BeODachtem bewunderte und die Harmonie der- 
felben einpfand : fo blieb es ihm doch immer 
ein Rathfel, wie er fie iiber die Gegenfta'nde 
austlieilen follte, die er nach gewiflen Verha'lt- 
niiren gebildct und geordnet hatte. Ein gro- 
fser TJieil cler Harmonie eines Genialdes be- 
ruht auf Lieut unci Schatten ; aber das Verhait. 

F 3 



h* 



liifs der Farben zu Licht und Schatten war 
nicht fo leicht cmdeckt, unci doch konnt.e je- 
der Maler bajcl cinfehen, dafs blofs durch Ver- 
bindung beider Harmonien fein Gemalde voll- 
kommcn vverden konne, und dafs es nitht go- 
nug fey-, eine Farbe mit Schwarz oder Braun 
zu vermifchen, um fie zur Schattenfarbe zu 
machen. Mancberley Verfuche bei einem von 
der Natur gh'icklich gebikleten Augc, Uebung 
des Geftihls, Ueberlieferung und Beifpiele gro- 
fse r Meifter brachten endlich die Ki'muierV.iF 
einen hohen Grad der Vortreflichkeit, ob fie 
gleicli die Regeln , wornach fie handelten, kaum 
lilittheilen konnten; und man kann fich in ei- 
ner grofs en Genial defanunlung uberzeugen, dafs 
faft jeder Meifter eine andere Art, die Farben 
su behandeln, gehabt hat. " 

Zu Vermeidung alles Irrthunu fcStte ti. F. 

$. 55 bemerken mogen, dafs grofse Componi- 
ften, wenn fie fur grofse Orchefter arbeiten, 
bei fchwer zu begreifenden chromatifchen unci 
enbannonifcben Satzen oft aus practifclier Klug- 
heit fur die Saiteninftrumente nicht allemal 
nach den ftreng.cn l\egeln der Rechtfchreibung 
fcbreiben, fondern wie der Satz dcni Auge 
xuid der Hand des Spielers am leichteften fa lit. 

S. 43-4-9 handelt H. F. von der Fuge fehr 
richtig und gut. Doch hatte <lie Abhandlung 
an Genauigkeit und iiberall treffender Wahr- 
heit gewonnen, wenn H. F. die Einfchrankung, 
die er in einer Note feibft beibringt, bei der 
Bearbeitung der §. c>4-» 9^» 96 ftets vor Au- 
gen gehabt hatte: fo erfcheinen fie als eine 
Fortfetzung des g3 §, der ganz ausdriicklich 
von der eigentlichen Fuge handelt. S. 55 bringt 
R. F. noch eine fehr richtigfljgRpmerkung iiber 
die kontrapunctifchen und caronifchen Ki'mfte 
bei, cleren ftrenge Anwendung aber faft alien 
Fugen , vtelleicht nur einige Hnndelfche und 
wenige Bachifche ausgenommeu , das Toctes- 
urtheil fpricht. 

Ueber Au9druck und Malerey in der Mu- 
fik fpricht H. F. S, 59 fehr wahr. 

Die Abhandlungen iiber Genie., Gefchmack 
und Schonhelt waren gewifs ganz anders aus- 
gefallen, wenn ein Mann, wie H. E. vorher 
Kant's Kritik der Urtheilskrafb hatte bemrtfcen 
konnen. — H. F. bringt indefs auch hier ein- 
zelne richtige Bemcrkungen bei, wie z. B. 
S. 63, §. 128-129. 

H. F. befchliefst diefe reichhaltige gelchr- 
tc Einleitiuig mit einem Schema von den ge- 



fammten Theilen dei mufikalifchen Bhetorik, 
nach feinen vorgetragcncn BegrilF.;/!. 

Dafs nun eine folche fthetorik, (vielleichr. 
trefFender l'oetik) der Kuuft von einem darltel- 
lenden Kiinftler, der durch lnancherley eigne 
Verfuche bei einem von der Natur gliicklich 
gebildeten Ohre, Uebung des Gefuhls, Ueber- 
lieferung und Beifpiele grofser Meifter es in 
der Kindt feibft zu einem hohen Grade der 
VurtreHichkeit gebracht hatte, und fo erft das 
eigenlliche Sttuliuiu der Theorie zur Bevefti- 
gung und zum vollftandigen Anbau des er- 
worbnen Befitzthums- getrieben, und feibft wei- 
ter vorwarts gebracht hatte, dafs von einem 
folchen die Poetik der Kunft ganz anders und 
nuf ganz anderem Wege bearbeitet werden 
wtirde, mufs jedem darftellenden Kiinftler ein- 
leuchten. Diis full aber darum dem Werthe 
der gelehrten Abhandlung des Hrn. F., als fol- 
cher, keinen Abbruch tlmn. Was Gothe ir- 
gendwo in moralifchem Sinne fagt, lUfst ficli 
auch hier anwenden: 

Ein^s fchickt fich nicht fi'ir alle, 
Soke jeder wie er's treibe. u. f. w, 

(Die Fortroizimg iiUcIiAeiu.) 

Ausfiihrlicher vncl gri'mdlicher Unterrlchb, 
die. rioie zu fplclcn, van Jo/iauu George 
IromlUz, Tonkunftler und Flotenift. Leip- 
zi S» ^t) 1 * Verlegts Adam Erie dr. Bohme. 

Der Vorbericht diefes mit grofsem Fleifse 
gearbeiteten Werkes zeigt den V? als einen wah- 
ren Kiinftler, der fich auf den Titel nicht um- 
fonft Tonkunftler und Flotenift nennt. Wahr- 
lich kein I'leonasmus , fondern ein fehr rich- 
tiger und gegriindeter Unterfchied , der einem 
mit jedem 1'age melir und mehr einleuchtel, 
wenn man fieht, wie die bornirleften Mcn- 
fchen ohne Kojif und Ilerz ficli i\en Ruf gro- 
fser Kiinftler verfthaJFen. Gefchickte Handar- 
beiter find fie, aber nicht Kiinftler. Did'en 
Nahmen follten fie fich erft durch wahre Ein- 
ficht in das inncre Wefon dev Kunft und durch 
zwecktnafcjige Anwendung der Kunftgel'chick- 
lidikcit verdienen. Nur folche Ausiiber der 
Kunft, wie H. Tr. , verdienen auch mit dem 
Ehrennahmen Kiinftler beebrt zu werden. Ganz 
cigentlich ift es nur der darftellende Gompo. 
nift. — Auch a\s folcher hat fich H. Tr. feit 
vielen Jahren riihmlichft gezeigt, und es mufs 
in NehenumftSnden liegen, clals H. Tr. nicht 
noch weit bekaamter geworden, als er es 
fchon iit. 



Der Rec. kann fich nicht enthalten, einige 
^ar brave Stellen aus dem Vorbericht herzu- 
letzen. Erfl fpricht H, Tr. mit achter Befchei- 
denheit iiber Quanzens Anweifung unci von 
feinen eignen vierzigjahrigen Erfahrungen unci 
Bemerkungen, die ihn in den Stand gefetzt, 
die Liicken, die jenes trefliche Buch noch aus- 
zufullen gelafl'en, zum vollkommenen Unter- 
richt fiir den Liebhaber der Flote auszufiillen. 
Dann von der Nothwendigkeit, fich gleich Lin 
Anfange einem guten Lehrmeifter anzuver- 
trauen; dann von der Schwierigkeit, einen 
recht guten Lehrer zu finden, welche H. T. 
bei der Flote grofser, als bei jedem anderen 
Inflrumente glaubt; und der daraus entftehen- 
den Nothwendigkeit gute Lehrbiicher beim 
Unterrichte zu Hiilfe zu nehiuen. Manche 
gute praktifche Lehre fiir den Lehrling wild 
mit eingcftreut. Von den befondcrn Schwie- 
rigkeiten diefes Inft rumen ts urtheilt H. T. mit 
v icier Einilcht und Suihkeimtnifs. Fofgende 
Stelle mufs die Componiften und Mufikdirec- 
toren auf eine nur zu oft vernachlafsigte Vor- 
ficht fi'Uiren. Nachdeni H, T. von den grofsen 
Schwiengkeiien gehandelt, die fich zu Hervor- 
bringunp eines guten Tones zeigen, fetzt H. 
T. l'ehr richtig hinzu: ,,Auch wenn das Blut 
des Spielers durch irgend eine Leidenfchaft, 
als Furcht, Ehrgeitz, Verdrufs und dergleiclien 
in Bewegung gebracht ift, fo werden ihm da- 
' durch Hals und Lippen trocken, und diefes 
verhindert den guten Ton ganz unci gar, und 
in einer folchen Verfaimng kann er, weil ihm 
dabei der Athem zu kurz wird , und die Fin- 
ger wie Bley find , <sr felbft aber zerftreut iff, 
unmoglich etwas Taugliches hervorbringen. " 
Da diefes mehr Oder weniger von alien Inftru- 
menten gilt, fo fieht man leicht ein, wie un- 
fiberlegt es t'on Mufikdirectoren gehandelt ift, 
wenn fie mit cmpfindiichen Ermalmungen oder 
gar heftigen Aeufserungen von Umvillon ihr Or- 
chefter aufser Stand fetzcn, nut Lieb und Luft, 
das heifst, gut zu execution. 

Gar gut fagt H, T. dem Zuhorer: „wenn 
der Meiftcr nicht nath deinem Gefchmacke fpie- 
let, fo haft du wohl das Tlecht zu fagen: er 
gcj'allt mir nicht j aber gar nicht, wie es ge- 
meiniglich gefcl)iehet: er kann lachtsi " 

Weiter h>n gar vortreflich: „Man fpricht 
vicl von der Natur und will diefelbe zum Mu- 
Jfler anfuhrtn, und verfteht nicht, was in die- 
fern Fache Natur ift. Man wird ieicht einfe- 
hen, dafs der, de: als Meilter fpielet, nach der 
Nautr fpielen mufs, das heifst: er mufs nicht 
nach eines andern, fondem nach feinem eig-. 



47 

nen Gefiihl, welches feinen Urfprung aus rei- 
ner Temperamcntsmifchung hat, fpielen, und 
kann alio nur dem, der feiner Temperaments- 
mifclmng -mi. naheften kommt, auch nur aw* 
meiften," a >.i nail's dem, der am weiteften da- 
von em ?--\t. Jt, am wenigften gefallen." Das 
aus feiiu. - Gefiihl fpielen , beftiimnt H. T. 
weiterhin noch ganz meifterlich alfo: „n;im- 
lich aus einem Gefiihl, welches dutch fleifsi- 
ges Studiren, vieles Horen guter Sanger und 
guter Meifter,. von was fiir Inftrumenten fie 
auch feyn miigen, und durch eine gefchickte 
Auswahl derjenigen Zi'ige, welche feinem Ge- 
fiihl am naheften kommen und die ihm, fo 
zu reden, eigenthumlich angehoren, ausgebil- 
det wovden ill; und fich nicht daran kehren, 
wenn diefer . oder jener Witzling fich an ihm 
zu reiben ftichet." Meifterlich fahrt H. T. 
foit: „Eben fo ift es mit der Setzkunft. Der 
gute Setzer, wenn er originel feyn will, mufs, 
nachdem er T^n andern guten Meiilern fich 
auszudri'icken gelernet, und Gang und Wen- 
dung der Harmonic aus Grvmden ftudirt hat, 
damit er nur auwenden, aber nicht abfchrei- 
ben darf, ganz aus feinem GefuM arbeiten, 
und fich weiter nach keinem Menfchen bilden 
wollen; das lrifst: er mufs ganz nach feinem 
Temperamentsgefehmacke arbeiten, unci follte 
er fich auch daruber vom Nationalgefchmacke 
entfernen, wenn feine Entfernung nur gut ifiv 
Widrigen Falls wird er immer matt bleiben, 
und nichts neues unci ganzes hervorztibringen 
iiu Stande feyn. " So konnen nur vollendete 
practifche Kimftler iiber Kunft fprechen: fo. 
fprach Baphael Mengs iiber feine Kunft. 

Die practifchen guten Lehren in der Ein- 
leitung und die unterweifenderi Abhandhingen • 
felbft mochten wohl manchem zu weitfchwei- 
fig und wortreich vorkoim.nen , auch die hau- 
figen Wiederholnngen mdchte mancher tadeln. 
Wenn man aber bedenkt , wie felten junge 
Kiinftler Kopfbilrfu^g genug haben, um eine 
kurz in Worte gefafste Lehre leicht zu faf- 
fen, wie ihnen oft die erften nothwendigften 
Vorkenntnifl'e fehlen, fo wird man folches dem 
V. wenigftens zu Gute halten. Zu wiinfehen 
ift nur, dafs die Ausbreitung diefes fehr niitz- 
lichen und lehrreichen Werks dadurch nicht 
gehindert werde, dafs das Werk zu folcher 
Starke angewachfen ift. Hec. konnte wohl wiin- 
fehen, dafs H. T. den Auszug des Ganzen, der 
das letzte Capitel ausmacht, etwas mehr ver- 
vollftandigt, fiir folchc, die nicht im Stande 
find, fich das Werk felbft anzuichaiFen , below- 
ders abdrucken liei'se. 



*s 



Weiter ins Derail der elnzelnen Abhand- 
lungcn zu gohen, die alles begreifen, was zuiu 
richtigen, brillanten und zierlichen Vortrage 
gehort, tragt JAcc. urn fo mehr Bedenkcn, da 



dieter Auffatz fchon fo angewachfen, und da lands iiberzeugt ift. 



er felbft keln Flotenfpieler ift, fondern von 
dcr vorzuglicheu Giite der in diefeni Werke 
beiindlichen Anweifnngen nur durch. das Ui . 
thoil einiger der by/on FlOtenfpieler Deutfch- 



4. Madame Todi in Berlin. 



Mad. Todi, aus Liflabon gebiirtig, die zu- 
6rft in London in der Opera BufFa, balil dar- 
auf in Turin in tier Opera feria mit belTerem 
Erfolg und in Paris im Concert fpWituel mit 
grofsem Beifall gefungen hatte, kam. im Jahre 
1780 nach Potsdam und liefs fich bei dem vo- 
rigen Konige im Concerte horen. Der Konig, 
der die neue italianifche Mufik niclit liebte, 
uiachte ihr das Compliment, es that' ihm fehr 
leid, dafs fie folche Bierhaus - Mufik (Mufique 
de Cabaret) fange und febickte ihr den folgen- 
den Tag einige Opernarien vdia Grauu und 
Haffe mit tier Nachricht, er wolle ihr vierzelin 
Tage Zeit Fallen, diefe beflere Mufik zu ftu- 
dieren, und fie dann wieder zu feinem Gon- 
cerfc einladen lallen. Diefs gefchahc. Sie ge- 
/iel beil'er, und der Konig bot ihr zwei tau- 
fend Thaler jahi'Uchen Gehalts , wenn fie fich 
bei feiner grofsen Oper engagiren wollte. Mad. 
Todi, die wohl wufste, dafs Mad. Mara drei 
taufend Thaler Gehalt gehabt hatte, wollte fich 
audi nicht geringer engagiren, that mancher- 
lei Vorfchlage, worunter auch der fonderbare 
Vorfchlag war, dafs ihr Mann, bei der erf ten 
Violine im Orchefter ohne Gehalt dienen woll- 
te, die aber alle verworfen wurden. Mad. 
Todi reifete wieder ab, und was bei dem vo- 
rigen Konige noch nie mit irgend jemanden, 
der fich im Concerte des Konigs hatte horen 
laffen, gefchehen war, reil'te ohne Gefchenk 
ab. Sc. Maj., der itztregierende Konig, da- 
maliger Cronprinz, batten Mad. Todi aber fo 
hochft gna'dig in Potsdam aufgenommen unci 
fo reichlich befchenkt, daffrfie mit ihrem zieni- 
lich langen Aufenthaltc dafelbft deimoch iehr 
zufrieden war. 

Im Jahre 178a kam Mad. Todi wieder und 
erbot fich, das ihr chinals angctragene Enga- 
gement von zwei taufend Thaler an/unehmen, 
wenn der Konig ihr erlauben wolle, gewuhn- 
lich in Potsdam zu wohnen. Der Konig wil- 
iigte darin. — Bald daratif aber belaid ihr der 
Konig, fruher als es noting war, zu den Opern- 
proben nach Berlin zu gclien und doit zu 
bleiben. 



Ma.l. Todi Tang den Carneval fiber in der 
grofsen Oper, oline dafs der Konig lie hortc, 
und forderte 178J, fubald die Opern vorbei 
waren, Zulage; crhielt aber ihren Abfchied. 
Sie ging darauf nacli hufsland, wo fie von der 
Kaiferin fehr gna'dig aufgenommen und an* 
fehnlich bezahlt wordeii feyn foil. 

Im Jahre 1786 flail) der Konig Friedricli 
der II. und im December dellel:>en Jahres gab 
der Konig, da der Capellmeifter Jieichardt ebon 
mit Bewilligung des itztrugi renden Kiimgs 
nach Paris gereift war, feinem Lehrer im Vio- 
loncell, dem Hrn. JDuporl, einem alten Freun- 
de-der Mad. Todi d.n Aul'lrag, an lie zu fchrei- 
ben, und fich zu erkmidigen , ob Mad. Todi 
doit oline Contrakt. fey, und in die Dienfte 
Sr. Maj. treten wolle. Mail. Todi, die den 
Berliner Hof nicht aus den Augen gelaflen, 
und jenen Brief wohl felbft veranlafst hatte, 
zeigte fich bereitwillig dazu und forderte vier- 
taufend Thaler Gehalt und viele andre Vor- 
theile, als Hoflogis, Equipage, Tafel u. d. gl. 
Der Konig bewilligte ihr nur die viertaufend 
Thaler jiihrh Gehalts auf drei Jahre, und fie 
fall fich vom i5ten Dec. 1786 an, da der An- 
ting gefchehen war, als engagirt an. Dem- 
phngeachtet blieb fie aber noch fechs Monath 
in Rtifsland, und reifete dann fo Iangfam her, 
dafs fie eri't Ende September 1787, alfo neim 
Monath nach erhaitcnem En^ajremcnt in Ber- 

t C 4..- 

lin ankaiu. Se. Maj. lieloen ihr indeflen die 
dreitaufend Thaler fiir die ansgebliebcnen neun 
Monathe auszahlen. 

Sie fang in dem often Carneval die Oper 
Andromeda, die ihr dor Koniyl. Capellmeifter 
Mr. Beidinidl, ganz in ihre Kehle konvponirt 
hatte, mit grolsem Beifall, i.\en fie eben fo 
fehr von Seitcn dcr Action, als des mulikali- 
fchen Vortrags vei.liente. Auch in don Cou- 
certen bei Hofe erwarb fie fich vielen Beifall, 
und der Konig und die Kduigin und die gau- 
ze KOnigliche Familic uberhauften fie mit dim 
fchmeichelhafteften Gnadenbezeugungen. Dcr 
Konig aing in Icincr Gnade fur diefe Kiml'tlc- 

rin 



49 



r'm to weit, dafs eine Opernvorftellung, die 
-bereits angefagt war unci gar nicht inehi abbe- 
Jtellt werden konnfce, ausgefetzt wurde, weil 
.Mad, • Todi fich nicht ganz wohl befand. *) 
Sogar die Prinzelfin Friederikc, die fich an- 
jfiinglich fehr .geg^n Mad. Todi zani Vorrh- ii 
ihres danwligejj^Singenieifters Hrn. .Concialini 
£_i;klarte, gewohnto fich nadi und nacli an fie, 
bezelgte fich ihr gnadig und endlidi ganz aus- 
fchliefsend gnadig. 

Im folgenden Jahve fang Mad. Todi mit 
eben fo grofsem Beifall die Opern Medea und 
Proteh'Iao von den beiclen Capelluieiliern Nau- 
uiann aus Dresden und Reichardt, und gleicli 
nacli dem Carncval erhielt M. T. die Erkmb- 
nifs von Sr. Maj. nach Paris zu reifen, • um 
flort die Fa ft en iiber im Concert fpirituel zu 
fingen. M. T. blieb bis im A Ion. Junio fort 
unci langfce nur eben zu den Opern vorftellun- 
gen an, die von jenen beiden Opern fur die 
ptadthalterin , Prinzcll'iii von Oranien, in Bei"- 
Un gegeben wurden. 

Im Anfange des Augufts, einige Tage vor- 
her, ehe tier Konig nach Schlefien zur Revue 
abreifete, da M. T. in all em noch nicht ei- 
gentlich anderthalb Jahre in Berlin zugebracht 
hatte, fchrieb fie, une ngedcnk des Gefchenks 
von dreitaulend Thalern , fur die erften aus- 
gcbliebeneu nenn Monathe, uneingodenk der 
Erlaubnifs die Zeit der Fallen iiber, da der 
Konig fie felbft fo gern in feinen Goncerten 
gehort hatte, zu ihrem anfehnlichen Gewinn 
jn Paris zuzubringen,uneingedenk, dafs wenn 
eine Sangerin an einem Hofe , der gewohnlich 
nur in der Carn-evalszeit grofse Opern giebt, 
zur grofsen Oper auf drei Jahre engagirt v/ird, 
darunter drei Carnevale verftanden werden, — 
■*- fchrieb M. T. an den Konig: Se. Maj. wirr- 
xjen fkh erinnern, dafs ihr dreijahriges Enga- 
gement den iSten Dec. d. J. zu Ende ginge, 
lie konne^mit den viertaufend Thalern Gehalt, 
die ihr der Konig ga'be, nicht auskommen ; 
audi babe fie von alien Seiten her grofse An- 
tragc, fechstaufend Thaler betmge tier Gering- 



ftc, die mochtc ihr der Konig geben, orler fie 
fahe fich genii thigt, den Dienft des Kimigs zu 
verlall'en. " Der Kmrig fi'ihlte die Undankbarkeit 
unci den unwiirdigenTrotz in dicfemBriefe und 
antwortete ihr adit koniglich: Sie konne nach 
abgelaufenem Engagement feinen Dienft verlaf r 
fen, unci er wiinfche ihr, dafs ihr Alter ihr 
erlauben nioge, noch lajige von den grofsen 
Antriigen Geb ranch zu machen. (Mad. TocU 
war damals fchon iiber vierzig Jam* 'alt.) 

Se. Maj. gaben daraufDero Capellineifter 
Reichai-dt denBefehl, eine andre Sangerin mit 
deinfelben Gehalte von viertaufend Thaler an 
die Stelle der M. T. zn engagiren. Der Herr 
C. M. R. wufste, dais Mud. Mara nicht nbge- 
neigt war, nach Berlin zuriick zu kommcn, 
felling diefe grofse Kiinftlerin dem Konige vor, 
nnd.Se. Maj., die eben fo von dem grofsen 
.Talent und der vollkonunnen Ausbildung der 
Mad. M. , als auch davon iiberzeugt waren, 
flafs es nie der Vorfatz der Mad. M. gewefen, 
den preufsifchen Hof eigenwillig zu verlalfen, 
und tlafs ihre ehemalige Entfernung von Ber- 
lin durch einen fonderbarea Zufammenflufs 
von mancherlei Umftanden. veranlafst wordpn, 
ertheilten deni C. M. Reichardt die Erlaubnifs,, 
Mad. M. zu engagiren. Diefe war eben auf 
der Reife von Italien nadi London begrifFen, 
und da man wufste, dafs fie iiber Paris zu- 
riickgeiven wurde, fchickte man ihr die Briefe 
nach Paris, die fie aber, da Mad. M. durch 
den Ausbruch der franzofifchen RevolnlicTn er- 
fchreckt, vom Wege nach Italien zuriickgekeln* 
war s anfangiich alle v-erfehlten. 

Endlich traf fie ein Brief in Italien, aber 
zu ihrem eignen grofsen Verdrufs zu fpiit, fie 
hatte bereits von dem Theater St. Samuel in 
Vcnedig ein Engagement fiu- den Carneval 
und «in ajulres in London fur die Zeit von 
Oftern bis Pfmgften angenonunen, und et 
blieb ihr daher nichts zu wiXnfchen iibrig, al* 
dafs ihr Se. Maj. die Zeit liefsen* diefe beiclen 
Engagements zu erfiillen, und ily zu erlauben, 
das Engagement in Berlin im folgenden Herb* 



*) Mai Todi liat diefe UnpUfslicJikeit, die in ei- 
jicin verfcliwollneu Halfe beftaud, niwl mit ei- 
>icr fondcroaren Hciferkeit verbiiuden war, jedes 
J.iln" gegftii die Opcvuzeit 'bokommen , fobald lie 
iiuuilicii vior bis i'eclis Wochen mit Anftreii£;ung 
ihre Hollc einfiiidirt und in incJircrLMt Probcn 
gefiuigeii hauc. Kcmicr liabcn dabei, fo Avie in 
lhrcr gaiizeu Art zu Ihigcu bcmeilcn wollen, 



-Jafs fie eigentjicJ\ von Natur oine Commit, 
ilmmni iiahe and die Jiohen Tone nut' durch 
Kit. Jt crzwiiMc, wobci die Kehle uuikwendie, 
[**\ r . ""gegviften wird. Es i/i diefes ab.-r d«- 
I'ali bei mebreren bertibniten S.in^eTii mid S-m- 
gcrniucii, die aus Vortheil eiuu Ehrc d,uin 
letten, lielur einen erzwungcucn Difcmt, als 
ciiua iKUiuiivhen Coutrealt zu fuigcn. 

G 



5o 



fte anzutreten. Se. Maj. willioten lnerinnen 
unci gaben dan Capellm. K. iin Nov. den Be- 
fehl, eine crfto Sangerin fiir den bevorftehen- 
den Carneval zu fuchen. Diefer reifte foglekh 
nach Mi'mchen uud engagirte dort zur Zufrie- 
denheit feines Konig-i'mit Einwilligung des 
churfiirftlich Bayerfchen Hofes Mad. ""Lb Brim 
fur den bevorftehenden Carneval. Denn ohn- 
erachtet Mad. Todi alle mogliche Miltel ver- 
fuchfce, am Preufs. Hofe zu bleiben, und nun 
geftand, dafs fie kein anderes Engagement ha- 
"be, fo vvollten .Se, Maj. fie doch auf keine 
Weife den Carneval fiber noch in Hirer Oper 
iingen laflen. 

Die Maafsregeln, fich hier nothwendig zu 
machen , und andre Sangerinnen von Berlin 
zu entfernen, waren fo weit getrieben, dais 
Heir Todi fogar an den Directeur des I'pecta- 
cles , Grafen v. Seeati, nach Miinchen gefchrie- 
ben hatte, ihre erfte Siingerin (Mad. le Brim) 
fucbe heimlicli in Berlin anzukommen, man 
mochte fieh alfo dort vorfehen und heimlich 
alle nothigen Maafsregeln nehmen, fich ihrer 
zu verfichern, to wie man hier audi die Sache 
der M. T. , die durchaus nicht hier bleiben 



wolle, heimlich betriebe. Diefer Brief hatte 
auch wirklich ein fehr fcharfes Churfiirfil. Edikt 
veranlaf t, wodurch alien Sangern und Mufi- 
kem vom Hofe der Urlaub zu reifen bei Ver- 
lufl ihres Gehalts unterfagt wird. Wovon Se. 
Chf. D. aber aus Gefalligkeit fur Se. Maj. den 
Konig mit Mad. Le Brim, «nnd fpater bin 
auch fur einige andre vortrefliche Sujets gerne 
eine Ansnahme machten. 

Mac 1 ... Todi blieb demungeachtet noch eU 
nen Theil des Carnevals fur fich in Berlin, und 
fahe die erften Vorftelhmgen der Oper Brenno 
von dem Hrn. Capellm. Reichard, in der fie 
bei der Vorftellung im October die erfte Rolle 
felbft gefimgen hatte, noch mit an. Da es fich 
aber zeigte, dafs der Konig und der ganze Hof 
mit Mad. Le Brun iiber alle Erwartung zufrie- 
den waren, reifete Mad. Todi auf immer von 
Berlin ab, ohne in der erften Oper des neuen 
Capc-llmeifier Hrn. Alleffandri, den Mad. Todi 
mit \ ieler Miihe und Kunft beim Koniglichen 
Hofe angebracht hatte, die fur fie gefchrie- 
bene Rolle zu fingen. Auf ilire Bitte erhielt 
fie noch Ein hundert Friedrichsd'or zur weite- 
ren Reife. 



5. Nachricliten aus Briefen. 



Ausxiig eines Briefes: Copenhagen den 
iQ.ten Jprill 1792. 

..'«.. Aufserdem haben wir Neues voh 
clerCompofition des Herm Capellmeifters Schulz 
ein Oratorium: Chrifti Tod, gehabt, wozn die 
Worte vom Herrn Profelfor Baggefen finch Al- 
lein hiernber mnifen Sie nicht viel fur ihre 
Blatter erwarten: iiber den Text kormte ich 
viel fagen , aber das will ich nicht; iiber die 
Mufik mochte ich gem, aber das kann ich 
nicht. Jenes will icli nicht, well dor Dichter 
xmv halb verftanden zu werden ; diefes kann 
ich nicht, weil der Componilt ganz verftan- 
den zu werden, wi'michen mulien und fistmir 
eben da an Einficht fehlt, wo volliges Ver- 
ihmdnifs unentbehrlich ill. Indcll'en kann ich 
von beiden doch fo viel fagen, dafs das Pu- 
blikum und der Hof aufserordentlich znfrieden 
gewelen. An Vergleichungen mit der Hymne, 
die nnfer Schulz voriges Jahr producirte, hat's 
nicht gefehlt; einige ziehen diefe, andre jene 
Mufik, die iiieilten aber das Outoiium vor. 
Zu den leutern geht'ire ich mit, in fo fern das 
Urtheil f-.j ausgedri'ickt winl, dafs die Hymne 
dem Coinpoiiiiien nicht fo viele und nicht lb 



mannigfaltige Formen und StolTe zu mufikali- 
fchen Schopfungen gegeben hat, als das Ora- 
torium that: dort wechfeln nur einfache Chore 
und Sologefange nut einnnder ab, hier find 
auch Recitative und zum Theil mijt Solofatzcn 
durchflochtene Chore; dort ift die Sprache zwar 
leidenfchaftlich, hier aber leidenfchaftlicher, und 
den neuern, kiilmern Gang der Empfindimgen 
tanzmeiftert kein Strophenzwang. Im iibrigen 
ziebe ich keine der andern vor; es liegt auch 
in Sehulzens umfikalifchem Character, dafs er, 
indein or zwar immer feinem Dichter getreu 
bleibt, nie iihfer ihn fich crhebt, nie unter ihn 
finkt, doch niemals andre, als in diefer Ri'ick- 
ficht vollendele, und in jeder andern Ritck- 
ficht die ftrenglto Critik der Grammatik befrie- 
digende Arbeiten ins Publikum kommen lafst: 
und der Text der Hymne ift auch fehr fchim. 

Das Oratorium befteht aus vier Choren, 
fiihf Recitativen und vior Arien^ und dauerl 
beinahe dreiviertel Stunden. Ein Duett ver- 
mifst man uugern clarin ; auch fiir meinen Gau- 
men wi'mfchte ich noch, dafs ein recht grofses 
obligates RecitaUv, von dyr Avt, wie in Maria 
und Johannes vorkonuuen mOchte. Das An- 



5i 



fangschor gleicht in der Form clem erften Chor 
in Mlmlie, ift aber yon ganz entgegengefetztem 
Character und mit der overtiinnafsigen Etnlei- 
tung vie! Ki-nge*, als jenes. Bei ctcm Ueber- 
gange .... aber, wit* lick' es fich befchreibon, 
cjurch welche Zauberkraft man mit fortgerif- 
it'ii -wiril, wenn im Ausdruck der Todesmar- 
tcr die Inftramente nach langem fchweren 
Kaiaprc jetzt die hochfte Stufe der Empfin* 
riungslciter erkllmmen und «lann mit einem 
Ruck der Tactveranderung jclie Stimmen herz- 
durchfchneidend alle auf einmal ein fallen: 
Skue hurts Oualer ; JZvighoie! 

Das zweite Chor ift nur klein, 'ungefalir 
in dem Sfyl wie das Chor: dch Erbarmcr! 
in Athalja, und fteht mit der vorhergthendcn 
Arie in Verbindung. Die letzte Zeile dort: 
der Heilige ift todll ift hier im Chor die er- 
fte, itnnuttelbar Ach anfchUefsende: der Hei- 
lige ijl todtl Ach, fur uns Jiarb er! fi'ir etc. 
— Das dritte gehott einem zweiten gegeniiber 
zu ftellenden -Orchefter an, und thut durch 
d.is Unerwartcte und Auftallende der Situation 
erftaunliche Wurkung* Das Schlufschor niihert 
lich dem Volksgefange , hat in der Mitte em 
paar zweiftimmige fchone Solos mit dazwifchen 
meljrter, aus imitirenden Satzen beftehender, 
Inftrumentalbegleitung, die dem Ganzen eine 
bewundernswurdige Originalitat giebt. 

Unter den Recitativen ift eins, .... ich 
jiieinte bisher, iiber das in Athalja: Berg Got- 
tes , Sinai! ginge nichts, und das Gluckfche 
in Iphige'nie en Tauride; Ouoi je ue vain- 
er ais -pas war' unerreichbar; aber jenes hat 
Viich diefe Meinung zu verlaifen genothigt. 
Die hierauf folgende Arie ift von demfelben 
Character und fteht mit dem Rccitativ in pa- 
valleler Vortreflichkeit. Zwei andre Arien , fiir 
den -Discant gefetzt, die eine von fanftem, die 
andre von munterm Character , brilliren durch 
angemelTenen Reitz des Gefanges und der Be- 
gleitung. Aber Schade! daf3 Schulz die Vir- 
tuofen - Eitelkeit ihre Ha'nde hat mufien ins 
Spiel koinmen laflen. Muffin, fag' ich; denn 
wenn Schulz, deflbn Vorliebe fur deutliche 
Pronunciation, richtig accentuirende Declama- 
tion und lebendigen kornichten Ausdruck, der 
leeres Ohrgeklingel von fich ftofst, fo bekannt, 
als vom achten Gefchmack gebilligt ift, — 
wenn er lange iippige Melismen fetzr, fo weifs 
man wohl, dafs er es nicht aus freier Bewe- 
gung tlmt. Wjinn .wild das UrtheLl der Oom- 
poniften einmal von der Vormumlfchaft oder 
deiu Defpotismui der BlodGnnigkeit befreiet 
werden? — 



.4us einem Brief e mis Konig-sberg. 

In liner grofseren Haupt - und Refidenz- 
■ftadt Berlin kijnn<!n Sie freilich mehr des Gu- 
ten und S(;hi>nen und des Neuen zu fehn und 
zu lioren bekoinnien, als wir in nnferer klpi- 
aierea liaupt- luwt Refidenzltadt, worin nie- 
maud reiulirt. Die hohe ernfte Oper, mit dem 
gliinzejiJen Gefolge der ilu dienenden Kiinfte, 
vyeiiet nur nahe urn Furftentlnonen ; allein un» 
lachelt.doch ihre ji'uigere Schwefter, die gefal- 
ligere 6'perette. Dankbar gegen den Eifer, wo. 
mit ' wir ihre Spieie befuchten, geriihrt von 
der Gutuuithigkeit, mit welcher wir den fade- 
ften Unfxnn hinnalimen, wenn er nur von 
Harmonie begleitet war, hat fie uns aus un« 
ferer Mitte Dichter und Tonkimftler erweckt, 
damit auch wir uns des Vorzugs erfreuen foil- 
ten, Schaufpiele vor uns auffiihren zu fehn, 
die aufser uns noch niemand kennt, die der 
fremde zufiillig Dmchreifende, als eine noch 
nirgend gefehene Neuigkeit nut gierigen Au» 
gen unci Ohren verfchlingt, <la er vieUeicht 
giihnen wiirde, wenn wir ihm Stiicke gaben, 
die er fclion anderswo, beinahe ehen lb gut 
vorftellen gefelui ha'tte. Vor zwei Jahren er- 
fchien eine von Herrn Oberfbrilrath Infter ver- 
fertigte und voju Herrn Friedrich Ludwig Ben- 
da in Muiik gefetzte Operette: die Perlobungj 
auf nnfemi Tlieater. Herr Bcnda, dcifen Ora- 
torien: die Religion, das Unfer Vater und der 
Tod mit verdientem Beifall aufgenommen wor- 
den, hatte bei dem Mufik liebenden Publikum 
das giinftigfte Vorurtheil. fiir fich; unci doch 
machte diefe Operette beinahe gar keine Sen- 
fation. Sic wurde nur wenige mahle wieder- 
holt und ift voriges Juhr, wo ich nicht irre, 
nur einmal, und diefen Winter gar nicht ge- 
geben. Fi'ir den Kenner ein unerklaibares Rath- 
fel. Nach deflen Urthelle ift die Mufik felir 
gut gearbeitet imd liat viel fchonen und edlen 
Gefang; nur nahert fie fich vielleicht zu fehr 
dem Kammerftyl , und der Gefang fticht nicht 
uberall genug unter der Inftrumentalbegleitung 
hervor. Allein der Dichter liat hier auch nichts 
weniger als Karrikaturen im Gefchmack der 
OpeVa buffa liefern wollen^ wenn fein Sliick 
mit diefen eine Vergleklmng aushalten follte, 
fo miifste e« weniger Natur und gefunden 
Menfchenverftand enthalten. Und doch wiir- 
de der Gefchmack an folchen Schaufpielen, die 
fich von der Opera buffa unterfcheiden , wie 
fich das Drama von den Bourlesken una Har- 
lekinaden unterfcheidet, vielleicht mil'cre gu- 
ten Dichter am leichteften mit der Operette 
ausfohnen, und fie bewegea uns St'ucke zu 

G a 



52 



liefern, die der Freund der Tonkunft, ohne 
dafs fein gefunder Menfchenverftand zu erro- 
then brauchte, anhoren konnte; und der Ton- 
kiinftler di'irfte fich dann nicht fo oft Gegen- 
Jftande zur Bearbeitung aufdringen laflen, die 
zu tief unter der Wiirde feiner Kunft find. 
Man erwartete hier aber Charaktere, iiber die 
ledennann lachen konnte, weii He nieman- 
rten gleichen, und man ftiefs auf einen lacher- 
lichen Baron, iiber den nicht Jedennann lach- 
te; man erwartete poiRrliche Mufik, und man 
erhielt nur angenehiiie Mufik. War's ein Wun- 
der, dafs man die getaufchte Erwartung mit 
kalter Aufnahme vergalt? Allein gliicklicher 
Weife liefsen fich die Verfail'er durch diefen 
wenig einladenden Erfolg nicht abfchrecken. 
Vor einem Jahre gaben lie Louife. Plan und 
Ausfithrung diel'er Operette hat weniger Ver- 
dienft, als die Verlobung, allein der Ton ift 
mehr herabgeftinimt, das Liicherliche allge- 
mein verftandlicher und das Ganze mehr auf 
den Beifall der Menee kalkulirt. Jecloch hat 
der Dichler dem Komponiften anch Texte H'tr 
dcn edleren Styl gegeben unci iiberhaupt i'iir 
Mannigfaltigkeit gelbrgt, und die Muiik ift ein 
Bcweh>, dais der Koinponift Talent fur den 
verfchiedenften Ausdruck beiitzt. Einige Aden 
haben einen fo leichten, naturlichen Gefang, 
dafs tier Zuhorer in Verfuchung gerath, ilin 
fogleich nachzufingen. Von diel'er Art ift gleich 
das erfte Rondo, womit das Stuck anhebt : Hei- 
trer Sinn und froher Blut/i, this ift all main 
Huab und Gut. HinUrher befinnt ficlx wohl 
der Kritiker , dafs diefes Rondo zn oft wieder- 
hohlt wird, indem es beinahe den giofsten 
Theil , der aus Fraginenten der Opey, die nicht- 
zum heft-en nut einander verbunden find, z'u- 
fammen gefetzten Ouvertiire ausmacht, und 
im finale des erften Akts wieder vorkommt. 
Das Duelt: Un ekaunt mit Grain und Leiden, 
athmet ganz das Wormegefiihl arkadifcher Ruhe 
und Geniigfamkeit. Sclion durchgefiihrt ift das 
Duett: JDor Friede erndhrt , worin die Zwi- 
I'thcnrede: Scht den Fuchs , fehr gut abfticht. 
Audi kommen zuletzt ein paar Bravourarien 
vor, von denen die erftere: Ich habc meinen 
Heiurich wieder, fehr gut gearbeitet ift. Die 
■mdcre ift mit einer obligaten Violin, die aber, 
anftatt die Singftimme in befcheidener Entfer- 
mmg zu begleiten, ein wenig zu vie) um fie 
heram gaukelt. Sie fragen mich, wie denn 
diefes Stuck vom hieiigen Publikum aufge- 
Jiommen wurde? — Mit einem Enthoufias- 
iiiiis ohne gleichen. Es konnte nicht oft ge- 
nus wiederhohlt wcrden, es war die fchbnite 
Operette, die auf diefem weiten Erdenrunde 



ihr Spiel treibt, man vergafs dariiber, dafs Mo- 
zart, Dittersdorf, Martin und andere audi Ope- 
retten gefetzt haben, die man doch, und wiirs 
auch nur der Veranderung wegen, wieder ein- 
mal vorlaflen konnte. Um diefen Enthoufias- 
mus ganz zu erklaren , miifste der Unbefan- 
gene wohl noch einige Nebenumftande und 
Veranftakungen , zu der Gate des Strides hin- 
zu addiren, die angewandt warden, ihn auf 
einen fo hohen Grad zu erhebeix und da zu er- 
halten. Man konnte nun erwarten, und man 
freuete fich mit Recht darauf, dafs die Herren 
Verfail'er uns diefen Winter mit einer neuen 
Operette befchehken warden , und e$ gefchah. 
Unter dem Titel: Marichen erfcluen (da doch 
die Fortfetzungen anfangen Mode zu werden, 
auch da, wo nichls mehr fortzufeizen ift) eine 
Fortfetzung von Louife, Gewifs wiirde der 
Dichter ein believes Stuck geliefert haben, als 
diefes Marichen, wenn er hier nicht verfucht 
hiitte, einen Faden wieder anzukniipfen, der 
• fchon geendigt war, und wo durch er fich ohne 
Noth in Eriindung und Anlegung feines Plans 
einem Zw.inge unterwarf, der der guten Sache 
nachtlieilig werden uuifste. Der Dichter iiatte 
bemerkt , dafs in der Louife die Handlung oft 
zu iauge durch den Gefang aul'gehalten werde, 
er verfuchte nun den ralchen Gang der Hand- 
lung mehr in den Gefang zu verilechten; al- 
lein hiedurch inufste die Mufik weniger melo- 
dienreich werden. Man gefteht ihr zu, dafs 
fie fchi)n gearbeitet, fehr gut deklamirt ift; 
aber man iindet in ihr nicht fo viel popnla- 
ren, leicht nachzufingenden Gefang, als in 
Louife. Zwar gefallt lie fehr; nur nach Ver- 
haltnifs ift der Enthoufiasmus dafiir nicht fo 
grofs als far Louife. . Eine Kriegsromanze er- 
hebt einen entfetzlichen Lerm: die Erde bebt, 
eine Kanonade, dem Donncr gleich, erfullt 
die Lnft mit Rauth und Danipf, das Fnfsvolk 
chargirt, die Reiterei ftiirzt mit Gefchrei in 
den Feind , riz raz! pif paf! „Der Briider Blut 
erhitzt den Kampf, vermehrt die Wuth " — - 
nun ilieht der Feind, Siegeslieder erfchallen, 
und diefe kloflerifche Bataille en miniature ift 
iiberhaupt fur jeden, der noch keine Campa- 
gne mitgemacht hat, fehr tmterrichtend. Man 
wohnt ihr mit Vergniigen bei , nur bedaaert 
ein jeder, der nicht fchon zu fehr im Kriege 
abgehartet ift, den Schaufpieler, der mit fei- 
ner einzigen Stimme Pauken, Trommeln, Pe- 
lotonfeuer und Kanonade iibeifdireicn nmlj?. 
An Hauskrieg fehlt es auch nicht, und die 
Fran Kollmann keift und zankt beft;indi<r, de- 
klamirt doch aber gut. Im Finale des erften 
Akts erdichtet lie eine Ohmnaclit, man ruft 



o* 



nacu Walter, und Feuereimer uhd Leiter wer- 
den gebracht, dafiir fetzt es, wie billig, Ohr- 
feigen, die nicht einmal in der Mufik gehdrig 
nusgedriickt find. Hanchen fpricht in ein^t 
Arie: PFas will ich niche alles erdenken, um 
fie recht zu qualen, zu krankcn, fo gefchwindj 
dafs man furchtet, fie werde daran erfticken. 
Wcr da glaubt, dafs der Tonkiinftier bei Dar- 
/iellung lolcher and ahnlicher Gegenftande wohl 
nicht ganz'in ieineiii Elemente ill, der findet 
ihn da ganz wieder in der gleich darauf fol- 
gcnde-n Arie: Ilolde Liebe , ich erjlehte mir 
oft Muth und Troft von Dir f in dem Duett : 
Tit deinem Arm Jeh ich den Gewittern , die 
mich bedrohen , ruhig zu , und in der vorziig- 
lich fchonen Arie: So folgb auf einen triiben 
Morten nicht felten uoch ein heitrer Tag. 
Ueberhaupt ill diefe Koinpolition des Herrn 
Ben da *) nicht minder eiri fchoner Beweifs von 
dem Talent und richtigen Gefiihl des Ton- 
kiinftlers, als feine fruheren Arbeiten, die alle 
den Charakter ties Ger'alligen und Einnehmen- 
den an fich tragen, minder durch Neuheit und 
originelles Geprage uberrafchen, aber innner 
angenehm unterhalten. Von der Aimuhrung 
der Schaufpieler, unter denen es g\ite Stim- 
nien giebt, will icli mir fagen, dafs fie im 
Ganzen wenig zu wunl'chen iibrig liefs, worn 
die Gefalligkeit der Herren und Damen , mit 
welclier fie die Erinnerungen der Verfalfer be- 
nutzten, gewifs viel beigetragen hat. Das Oi-- 
thefter ift aber zu fchwach befetzt. Man den- 
ke fich eine Ouverture oder ein C.hor mit Pan- 
ken und Trompeten und alien Iandiiblichen 
Blasinftrumenten, und dann den Bafs, der die- 
fes alles beherrfchen foil, mit nicht mehr als 
einem Violoncello und einem Contraviolon be- 
fetzt! Ein Grund diefes Misverhu'Itnifles ift die 
Kleinheit des Ramus, den man fiir das Orehe- 
fter iibrig gelafien hat. Bei dem Bau des 
neuen Schaufpielhaufes , wozu fchon die An- 
ftalten gemacht find, wild' man hoffentlich die- 
fen Fehler zu vermeiden fuchen. Wenn der 
Genius des guten Gefchmacks bei diefem Bau 
fiirwaltet, fo wird unfere Stack fich riihmen 
konnen, ein grofses, zweckmafsiges und fcho- 
nes Scliaufpielhaus zu befitzen. 

Noch foil eine neue Operette, die Can- 
tons - Revif ton , vcrfafTet von Herrn von -Bacz- 
Ap, in Mufik gefetzt vom Secretaire Halter, 



gegeben werden ; da fie arfer noch ttidit gege- 
ben ift, fo kann idi aucUjaoch niChts davoa 
melden. m &' 

Aus einem Brief e von Ballenjiedt vom 
Mben April. 

' „Vor einigen Tagen ift zu Hettftedt iin 
Mansfelclfchen, drei Meilen von hier, SchuU 
zens Athalia t und zwar mit Beifall, felbft 
wahrer Mufikkenner, gegeben worden. Das 
Orcherter foil an achtzig Perfonen, (incluhre 
der Sanger und Sangerinnen) ftark gewefeiv 
feyn. Aus nnfrer fin-M. Capelle befaiiden ficlr 
acht Inftrumentaliften mit darunter. Die Ver-' 
anftaltung dazu hat der Hr. Amtmann Weyhe 
zu Burgg6rner||,obwohl mit unfaglicher Miihe, 
ubemommen. **■ 

Herzliche Freude mufs es jedeiiv wahren 
Kunftverehrer feyn, wenn er fieht, wie der 
Gerchmack an folchen achten mufikalifchen 
Kunftwerken fich audi bis' zu kleinerr^tadten 
hin verbreitet; und wie fich hie uhd da wa- 
ckere Manner, warme Mu/ikliebhaber finden, 
die keine Schwierigkeiten fcheuen , fich der 
Anordnung des Ganzen zu unterziehen. 

• • • it* 

Aus einem Brief e aus Braunfchtveig vom 
lOten April. 

In voriger Charwoche wurde in unfetin 
hiefigen Liebhaber- Concerte, unter Anfiih- 
rung des Herzogl. Canunervioliniften Herrn 
Ilartujig, das |Uratdrium von Rofetti: der 
Jherbende Jefus auf Golgatha, in Beifeyn des 
Herzogs Ferdinand und vieler anderer Zuhorer, 
zweimal mit allgemeinem Beifall aufgefiihrt. 
Die ftark befetzte Ausfuhrung fiel iin Ganzen 
recht gut aus. 

■0 • 
Ca/fcl, am zGJien April. < 

Am griinen Donnerftage fuhvte der Herr 
Organift Kellner in der lutherifchen Kirche ein 
Oratoi-iwn : Ertqftndiwg-en bei dem Todd des 
ILrldfersy ziini Beften der Arjnen auf. E9 
war brav gearbeitet; befonders machen die 
letzte Arie im erften Theil, und zwei gute 



*). SiAuc letzte Arbeit! So eben, da icli diefes fclneibe, kcimmt die NacJuicht von f einem fiir die Kunft 
zu fruh erfuJuten Tode. 



G 



5/j. 

Fugen dem Komponifien Eine. i~ Abends 
Kefs fich Heir Maf[oneau t (ehemals hiefiger 
Hnfnmfikus, nun Ipter Violiniil bei dem neuen 
frankfurter Theater) auf tier Geige tuicl Viola 
d'Anioie mit giofsem Beifall horen. Sein Ton 
ift Mark, voll und rund, fein Vortrag witzig 
und gefclnuackvoll, fein Staccato und gauze 
Bogenfuhrung voitjreflich. Scha.de, dafs fein 
grol'ses Feupr zuweilen der Reinigkeit des To- 
nes etwas nachtheilig ift. Am Charfreitage 
VUi'de in unferm LieWiaberkonzert das l'chone 
Oratorium von Paefiello : La pajjione di Gri- 
(to, aiifgemhrt. Die beide Fraulein d'Aubigny 
fongen darin die Partien der Magdalena und 
des Petrus — > vortreflich, wie wir es von ih- 
nen gewohnt find. Die ChQre wuvden von 
unferm Seminariftenchor recht brav gefungen. 
•^~ Geftern, am 25ften April, vdirden die dies- 
jahrigen Konzertc mit dem Carmen faeculare 
des Philidor befchloffen. — In eben diefem 
Konzert liefs fich Hr. CapeUdir,ektor Clementi 
aus Breslau auf der Violin horen. Sunt bona 
mixta malis. Er fpielt fehr ungleich, und nur 
ftellenweife erkennt man den Meifter. Sein 
unaufhorliches Tempo rubato hat befonclers 
iiu Adagio allgemein mifsfallen, und freilich 
ift diefc veraltete Spiekrt dem achten gefuhl- 
volleji Vortrag zuwider. 

— Ce .n'eil poiut ainfi que parle la nature. 

Moliere. 

Hr. dementi wurde beffer fpielen, wenn er 
weniger gut fpielen woilte. — 

Cuff el y den Soften April, 

So eben erhalt man die* traurige Nacli- 
ticht, dafs unfer verdienftvoller Herr Regie- 
rungsrath von Rfcltflruth — geftorben ift. Die 
Tonkunft verliert an ihm einen griindlicheu 
Kenner und eifrigen Befordercr, feine Freun- 
de einen wahren Freund-, und die Gefellfchaft 
qin fchatzbares Mitglied. «m 



Caffel, deu Qten 3 fay,. 

Geftern' gab Herr Mujfini, Tenorfanger 
und Violinift, mit feiner Frau hier ein grofses 
Vokal- und Inftrtunenta'lkojizert. Er hatte ein 
zahlreich.es Auditorium, warunter felbft der 
furftl. Hof fich befand. Ohne eben Rewunde- 
rung zu erregen, wird er gewifs aller Orten 
viel Vergni'igen machen. Seine Stimme hat 
nicht viel Werth., er fingt fogar etwas durch 
den Kopf, allein, mit fo viel Gefcluuack und 



Empfindung, mit cinem Fo fchonen Vortrag, 
dafs man jenc Unvollkommenheiten bald ver- 
gifst. Die kleine Notturnos, die er fich felbft 
nut der fpanifchen Guitrarre akkompaguirt, 
haben befomlers den Dauien fehr gefallen. Er 
ift dabei ein eben fo graziofer Geiger als San- 
ger, fpielt rein, mit Gefuhl und Lauue, und 
hat «inen vortreflichen Bogenftrich. 

Aucb als Komponift hat er nicht gemeine 
Verdienfte ; feine geftochenen Violinduetten find 
brav gearbeitet und im achten Styl, das Kon- 
zert, das er fpielte und die Arien, die er 
fang, (von feiner KompofiHon) haben viel 
fchones und neues. Sein Hanptfach ift indef- 
fen die Opera bi/Jfa, worin wir ihn leider 
nicht geliort haben, Er fang aber mit feiner 
Frau einige komifche Dnctten, welelie von 
beiden in diefer Gattung viel gutes vermuthen 
iiefsen. Madam MuJJini hat ein fchones Or- 
gan, und fingt, was fie ftudiert hat, mit viel 
Gefchmack, fcheint aber wenig mufikalifch zu 
feyn. — Eine gute Elgenfchaft, die man noch 
an beiden ruhmen mufs, ift, dafs fie gar kei- 
nen Kii^ftleieigenfinn haben, I'ondern uner- 
mi'idet find, tlrirch ihre Talente ztuu gelell- 
fchaftlichcn Verguugen heizutragen. 



Br'ufe mufikalifchen Inhaits. 

E r ft e r Brief. 

(Der Chrijl am Grabe Jefu. Oratorium 
nach der Poefie des Ilerm Steuerfccrc~ 
■tair Sergei: In Mttfik gefeizt von Chri- 
ftian EhregoU Pf'einlig, Cantor und Mu- 
Jlkdirector an der Kirche zum hciligen 
Krentze in Dresden, Dresden und I.eip- 
zigi bei dan f'erj-affer und in der brtii- 
kopfifchcii Buch/iu.uHui's. 1786. (q5 Bo- 
gen gr. (hi.) 

Ich habe denn endlich, .urn thnen zu Wil- 
len zu leben, das Oratorium, nach dem Sie 
fo begierig find, aii3 dem Buchladen hohlcn 
laifen, aber nun ich es aufmerkfam durchge- 
gangen bin , darf ic'lis Ihnen doch wohl nicht 
fchicken ; C . . . -d felbft rath nur da von ab, 
und verfichert, dafs diefc Mufik jetzt am al- 
lerwenigften nach Ihrem Gefchmadc feyn kann, 
da Sie ganz in des himmlifchen Glucks-Oj)ern 
leben und weben. Ich will dafur fuchen, Ih- 
nen eine Idee vorl dem Werke zu geben, tind 
dann loll es bei Ihnen liehen , ob Sie es nock 
haben wollen oder nifht. 



55 

Dies Oratorium hat in der, wahrfchein- graben, r?ie ihn feit vierzehn Tagen Vefch8fti- 
llch fchr guten Auffuhrong zu Dresden gefal- gen und fo ergfitzen, dafs er geftern einen Wan 
len; nun dcnkt dei Verfalfer, es k6nne auch gemacht hat, aus dem Enfemble der Ankun- 
•wohl aufserhalb Dresden und ohne vollftandige digung, der Dedication, der Einleittmg, der 
AulFuhrun^ Beifall verdienen , und da rum lafst Nacherinnerung, der Erinnernng fur den Buch- 
<*r es drucken. So mochte ich gern erklSren, binder, der Anzeige, der Notenpapiervorrede, 
was er im Vorberichte fagt: „er habe mehr der VerbeJFerungen , Aenderungen und Un- 
mans Gefiihl von Gehorfam und Dankbarkeit fchliifsigkeitcn, der Annierkungen und Cita- 
„gcgen die AufFodenuigen verfchiedener durch ten, der Kimbergerfchen Temperatur, des 
„Stantl und Kenntniffe gleich verehrungswur- Werbofficiers , des verlornen Schlafes, der Se- 
„diger Perfonen, als aus einer Anwandlung cundemihren etc. etc. eine Epopee, oder nach- 
,>von Autorftolz die Bekanntmachung diefes dem es fallt, eine Harlequinade zu machen. 
„Werks unternommen. '« ,»W»r, fetzt er noch hinzu, fuchen in der VIu- 

„fik unfer Vergni'igen , unfre Erhohlung; wollt 

Sie fehen wohl, dafs ich, bios weil es im ^,ihr uns das wehren, und aus der unfchuldi- 

Text nicht gefchehen ift, einige Worte nicht „gen und niitzlichen Liebhaberei eine Arbeit 

uuterftreiche, und dafs ich dem Verfafler mehr „machen, zu der wir weder Zsit noch Luft 

Kenntnifs feiner Krafte und Fahigkeiten zu- „haben, fo feid ihr unbedingten Halfer der 

traue, als er hier aufsert. Aber es wird. Sie „Clavierauszuge nicht viel beffer, als der Herr 

fchlecht erbauen, dafs ich micli darauf einzu- „Efchftruth, der, urn uns ein Lied recht vor- 

laifen anfange, was die Bekanntmachung des „tragen zu lehren, unerfullbare Regeln vor- 

Oratoriums veranlafst xind befordert haben k6n- „fchreibt, die im ToUhaufe ausgebriitet zu 

ne; ich breche alfo davon ab, und fage Ih- „feyn fcheinen." C . . . d hat Beeht, aber 

nen, was auf dem Titelblatte nicht fteht, was ich habe darum nicht Unrecht; Sie merken 

/ich aber, wenn man das Bediirfnifs urtferer wohl, dafs wir im Grunde gleicher Meinnng 

Zeiten kennt, fchon von felbft errath, dafs der find, er und ich, jeder von uns richtet feine 

Componift feine Arbeit nicht in Parti tur, fon- Wiinfche nach feinen Bediirfniflen ein; er 

dem im Clavierauszuge herausgegeben hat» kauft eine Partitur und fchenkt fie dem, der 

Der Werth derfelben lafst fich alio z.ur Halite ihm einen Auszug furs Clavier darims verfer- 

nnr be/Ummen, Ha der Verfalfer den grofsten tigt, und ich erhandle gern fur diefen Prers 

Theil Hires Wefem, i!es befchr.inkten Clavie- jecle Partitur eines guten Werks. Sie wundern 

res wegen all das zerftoret hat, wodurch eine iich aber ohne Zweifel, dafs C . . . d anitzt 

vollftinmiige Mufik Farbe und Leben bekonunt, nicht blofs beftimmt, fondern auch ganz bil- 

wovon in der Execution das Schickfal der Er- lig in feiner Behauptung ift. Ich weifa in der 

findungen und Gedanken abhangt, und worin That nicht, was ihn herabgeftimmt hat, es ift 

der Componift ein weites Feld vor fich hat, heute das erftemal, dafs ich ihn fo reden hore, 

Genie und Urtheil zu zeigen. Schade, dafs fonft wi/Ten Sie wohl, wie er uns alien die 

alles dies fo verloren geht! — « ScJtade! fage Haut iiber die Ohren zu ziehen pflegte, wenn 

ich, und fagen Sie; aber C . . . d, der mir wir anf diefe Materie geriethen. Allein, ganz 

eben iiber die Schuker fteht, will, ich folic will er mich noch nicht verftehen, und daher 

fchreiben : ,,mag's verloren gehen ! Fiir mich bleiben wir imnier noch etwas auseinander. 

„und hundert meines gleichen„ alles Liebha- . Ich bin weit entfernt, den Clavierausziigen 

„ber der Mufik, wie die Kunft felbft he nur von Opern und Oratorien, als Gattung betrach- 

„wi*mfchen kann , ob wir gleich nie eine Par- tet , eine Schadlichkeit anzudichten , fte haben 

„titur angefchen haben, fiir uns find Cla- viehnehr, iiberhaupt genommen, viel Gutes, 

„vierau8ziige mehr als Jiinreichend ; wer dem vervielfaltigen den Genufs einer Compofition, 

„Verfafler die Ehre antliun will, ihn in fei- und find eins der beften Mittel, den Gefchmack 

„ner ganzen Herrlichkeit zu bewundem und an Mufik nicht allein zu verbreiten, fondern 

„von ihin zu lernen, der werde fich mit ihm auch zu bilden. Jedoch aber, was gefchieht 

„darum eins ; aber keiner verlahge von uns, anf der andern Seite ?. Die Partituren und mit 

„dafs wir, weir wir etwus von der Mufik ver- ihnen das' Studium derfeiben, welches fiir ei- 

„ftehen, gewilfermaafsen alles verftehen fol- nen Tonkiinftler, dei- fur viclftinnuige Auffiih- 

„len. " - Was kann man darauf antworten? rungen fchreibt, nnendlich wichtig ift,. wer- 

Niphts werdet ihr darauf antworten kdnnen, den durch die Clavioranszuge beinahe ganz- 

ruft C . . . d iuir narh , jetzt fchon wieder verdrangt. Man vejgifst, dafs das eine der 

in feinen Miller -Efcliliruthfchen Liedern ver- Korper ift, und das anderc nnr ein Skelctt; 



56 



jenes ein colorirtca Gemahle, diefes ein Ku« 
pferftich , bisweilen gar nur ein Schattenrifs. 
Die blofsen Liebhaber find mit deni letztern 
zufrieden zu fiellen, und wcil ihre Zahl bei 
welteni die grufsero ill, fo wird auf die jun- 
gcn Kiinfllcr, denen es vveniger um Vcrgntl- 
gen, als mn Belehrung zu thun ifl, keine 
lUickficht genommen: der Verfafler lafst fein 
Werk im Auszuge drucken, Die Parcitur da- 
bei kann er nicht geben , denn fiir die weni- 
gen, wclche fie gern kauften, wiirde fie we- 
gen des fchlechterdings zu erhdhendcn Preifes 
zu theuer werden. Ueberhaupt units man aus 
Erfahrung wiflen, dafs die Kiinftler felbft, nnd 
zum Theil, weil fie keine Mittel befitzen, fel- 
ten iich Mufikalien anfchafFen. Dafiir find die 
Liebhaber unci Befdrderer der Mufik da, die 
lniiilen kanfen, und von ihnen leihet der, 
welcher ein Werk nur anfieht, um daraus zu 
lernen. Wenn nun aber den Liebhabern urid 
Beftirderern nichts aJs Clavierausziige in die 
Hande gefpielt werden, aus denen der lehrbe- 
gierige Kviniller nicht das lernen lcann, warum 
es ihm to fehr zu thun ill; wenn man der 
tramigen Betrachtung nadihangt, dafs -alio voll- 
iljnuuige Inilrumentalnmfiken in ausgefetzten 
Stimnien gcdruckt werden, und dafs nur die 
Sinafliicke es find, fiir welche die Fonu der 
Partilur vor jeder andem den Vorzug hat; 
wenn man als Componift die Krankung fiihJt, 
to viel Fleifs, Kenntnifs, Urtheilskraft fiir 
nichts melir verwandt zu haben, als fiir eini- 



ge offcntliche Auffiihrungen des Werks an deni 
Orte feiner Werdung; wenn man allenthalben 
nur fiir das Vergniigen des finnlichen Genuf- 
fes, nirgends des geilligen geforgt fieht; wenn 
man diele und mehrere der Art Betrachtungen 
anlleilt, fo braucht es keiner weiten Vertie* 
fung in diefelben, win einen Abfcheu gegen 
die Ausziige zu bekommen , und iiber den 
Schaden, den fie auf folche Weife fliften, das 
viele Gute zu vergellen, was daneben durch 
fie hervorgebracht wird. Mich wundert, dafs 
Forkel, ein Mann, der iiber dergleichen Sa- 
chen zu reden' verileht, und der auf alles auf. 
inerkfam zu feyn fcheint, was nach feiner Vor- 
fleliungsart die Tonkunil verdirbt und Jierun- 
terbringt, nirgends ein Wort iiber den Einlluls 
der Ciavierausziigc auf die Mufik hat fallen 
la/Ten. Wo ich mich nicht taufche, fo ill er. 
juit. nur des Glaubens, dafs fie der Vcrvoll- 
Jkommnung manches guten Coniponiften hin- 
derlich find, und dais bei Vermehrung der 
Mufikliebhaberei durch die Clavierausziige <lie 
JCunfl an Ocioicht verloren, was fie an Zahl 
gewonnen hat. 

Ich darf meinen Brief hier wohl kaum 
fchliefsen ; aber wenn ich verfichere, dafs ich 
morgen fortfahren werde, Sic uiit dem Herrn 
Weinlig niiher bekannt zu machen, fo InU'cn 
Sie mich fiir heute wohl frey, denn u. f. w. 



6. Nachrichten yon merkwurdigen Toiikiinftlern. 



Jofeph Reicha, Konzertdirector am Chur- 
kullnifchen Hofe, der fich durch feine ichonen 
Violoncelhoncerte beriihmt gemacht hat, diefs 
Inftrumcnt felbft fo vovtreilich fpielte, iiber- 
haupt ein herrlicher praktifcher Mufiker und 
felir guter Orchefteranfiihrer war, ill nun fchon 
iiuca- ein Jahr fur die ivunft fail ganz unbrauch- 
bar. Nuf mit Hulfe der Kriicken kann er in 
feinem Zimmer miilifani auf - und abgehen. 
Wie fehr ill er zu bedauern, Er, ein Mann, 
erft im 35ilen Jahre feines Lebens ! doch hat er 
eiue bewundernswurdige Gelafl'enheit bei feincn 
gichtifchen Schmerzen. 

Andreas Romberg, Hof- und Kammermu- 
fiker zu Bonn, ein iiberaus braver Geiger, der 
gute hnrmonil'che Kenntniife befitzt, bat fol- 
gende Opern koinponirt: 

a) Der Babe, nach Gozzi-, vom D. Sclnvick. 



b) Das gratie' Ungeheucr , eb entails nach Goz- 
zi, v. D. Schw. 

r.) Die Macht der Mufik, von Pfeifer. 

Bcrnhard Romberg, ein ferfiger und un- 
terhal tender Violoncellilr, audi Hof- unci Kaui- 
mermufiker zu Bonn, hat koinponirt: 

a) Die gefundene Sta-tiie, naclx Gozzi, voin 
D. Schwick. 

b) Den Scluffbruch, von Pfeifer. 

Diefe Kompofitionen verdienen der Auf- 
inerkfamkeit <ics mufikalifchen Publikiuns und 
der Schzubiihnen empfohlen zu werden. Sie 
erfordern aber ein ftark und gut befctztes Or- 
cliefter. 



Bcide Tonki'inftler haben audi fchOne Ax- 

►a fit 
nogli 



beiten fiir ihre Inflrmuenle goiict'ert. Da fie 



nocli jung, fleifsig.und befcheiden 'find, lafst 
flch noch viel Grofses von ihnen erwarteir. 

Ferdinand Dantoin, Churkollnifcher Haupt- 
mann, hatneuerlichkomponirts Otto der Schi'itz, 
ein ernfthaftes Singtpiel •—• und ein kleines Ope- 
rettchens Der Furfi und fein Volk,« (welchem 
das allzu lokale abgenommen worden ift). Sein 
Satz ift angeuiellen, angenehm und rein. Leu- 



5 7 

teres ill fonft felten bei Dilettanten zu finden. 
Unter feinen VorUeTgehenden Arbeiten, die zum 
Theil in deai Theatcrkalender angezeigt find, 
verdient feine Kompofition dee Cramerifchen 
Prologs • zum Klavigo ausgehoben zu vverden. 
Sie hat grofse, treiJiche . und herzangreifende 
Stellen ; ift in Benda's Manier, aber.hat kei- 
nen einzigen Gedanken, der ihm abgeborgt 
ware. JV. 



7. A 11 ekd ote. 



Kaifer Jofeph amufirte fich einftmals, rfcbft 
feinein Bruder, dem Erzherzog Maximilian 
Franz mit Glucks Iphigenia in Tauris. Beide 
fangen bei der Begleitimg eines Clavecins und 
ein paar Violinen. Gluck felbft kam darzu. 
Er fchi'tttelte mit dem Kopf nnd zupfte angft- 
lich an Teiner Periicke. Der Kaifer bemerkte 
diefa und fragte ilm : Wie ? Sind Sie nicht mit 
uns zufrieden f — * Gluck (der kein ftarker Fufs- 



gffnger war) antwortete mit feiner gewohnli- 
chen Froimi'ithigkeit: Ich wollte lieber zwei 
Meilen Pod; luufen, als meme Oper fo — — 

• ausfiihren horen. Der Kaifer lachelte, 

und fagte: feyn Sie nur ruhig, Sie follen Hire 
Oper nicht langer mifshandeln horen. Setzen 
Sie fich ans Klavier und geben Sie uns etwa* 
Beflers, als wir ihnen geben konnen. 

N. 



8. Die Kunrt. 



Aus der Schaar der Gotterfreuden 
Stahl die jiingfte Frcude fich : 
Und der Fleifi , ein Solni der Leiden, 
Nahte zu ihr jugendlich. 
Unfchuld war in ihren Mienen, 
Treue war in feinein Blick: 
Und (Uo Liebe jtwifchen ihnen 
Sliftete der Beiilen Gluck. 



Icji ermatte, fprach die Schone, 
Gib mir deine fichre fland. 
Nimm fie, fprach er,. Eintracht krone 
Unfer Beider treues Band. 
Alio wohnten fie im Schatten, 
Unter aller Gotter Gunft; 
Und das Kind , das Beide hatten , 
War ein fchones Kind, die Kimjl. 

Harder. 



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58 



Tanzfluclt aus cler Operette: die Fifcher, von F. L. Ae. Kunzen. 



Minuetto. 
Oboe Solo. /"**" 







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Lied. 



Carl Spacer. 



Saiift and hcrzig; und nichb gefchwind. 




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Euchj llu* hol-di-gen, muHchen, gol-di-gen ro - fi - gen "Magdlein fingt xneiu 

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Lied. 




Wie am Ba - che Blumcheii blfl - lien, ~wie am Re • ten - trau - bun 



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gl Alien: So orunt ilir Jjiebliclien audi' und bluJit. 

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1 — 



Z5ttrizf:=iP=:Piqi— 5=l=jE=f!_ l: — ==±zrn=:— 
rffcJiZC — £ — ^-p—g_.. — p / m— — t— -iV 



+)*»- 



Kranzt die dufugeu, 
Itingulndcn lnftigen 
JLocken niit Mirten und Botmarin. 
Wechfelt Schcrzc, wechfelt Kilflc! 
Und der Engel Unfclnild nUiflu 
Kiniiiier uus eureni Herzcn ilielinl 



Wahrt die zuchtigen, 
Flattcriiden t llnclitiacii" 
Knosncmlen Seeltn vu- Kn'iimn 1 und Tiick'. 
Lamnichcn - zalmi tmd Xituhcliyii - niilJii 
liuin , wie Liljcn ini fJc-filde 
Sei eur Ilerz und Sinn nnd Bli.ck. 



So , ilir holdigen , 
Traulichen, goldigcn, 
Ruligen M'.igdlein , wevdet ihr blillin, 
Ooll und Engclu Luffc und I'reudu, 
Erd und Iliimncl Aiigenweide 
K iuunerwelkcnd , immergr (in ! 



Ktifegarben. 




MUSIKALISCHE MONATHSSCHRIFT. 






D Vx I T T E S S T U C K. 



September 1792. 



> 



B.ERL1N, 
in dor neuen Be,f linifche'n - MiifiUhantUung, 



» 



n 



I n h a 1 t 



Seite 
j Etwas uber nrnfikalifche Poefie. 6» 

2. Fortfetzung der Berichtigungen und Zu- 
fatze zum Gerberfchen Lexicon der Ton- 
ki'inftler etc. von J. F. Reichardt. 65 

3. Freimiithige Gedanken uber das erfte 
Heft des imifikalifchen Wochenblatts. An 

die Herrn Herausgeber. 77 

4» Recenfionen. 

a) iiber Forkels allgemeiner Gefchichte 

der Mufik. itenBancl. Erfte Fortfetzung. 78 

b) Ueber Melodieen zu Liedern mit oder 
oline Begieitnng des Klaviers zu fin gen. 
Er/les Heft. Koppenhagen unci Leipzig, 

bei C. G. Proft, 1791. 82 

5. Officieller Bericht, den der Konigl. Ka- 
pelLmeifterHerr Reichardt bei feiner Riick- 



Seit$ 



kunft aus Italien im Junius 1790 Sr. Maj. 
dem Konige perfonlich und fchriftlich 
liber die itzt in Itaiien biillirenden Teno- 
riften und Contrealtiften abgeftattet hat. 
. Nachrichten aus Briefen ; aus 

a) Konigsberg in Preufsen. 

b) aus Koppenbagen. 

c) aus Frankfurth am Main. 
. Kurze Nachricbten. 



Mufikjlilcki 



Die Vollendung, von Schulz. 
Mein Madchen, von Griinland. 
An den Mond , von Reichardt. 



82 

83 

84 
85 
85 



86 
87 
88 



Mufik zu Goethe's "Werken, 

von Johann Friedrich Reichardt. 



tJnter diefem Titel kundigen wir dem mu- 
iikalifchen Publikum die gliicklichften und vof- 
lendetften Arbeiten des Hrn. Capellmeifter Rei- 
chardt an , zu deren Empfehlung wir hier nur 
fagen mogen, dafs Poefie und Mufik vielleicht 
nie inniger vereint einhergingen , als in den 
Arbeiten diefer beiden fur einander gefchaffe- 
nen Manner. Der erfte Theil wird die Com- 
pofitionen zn alien fangbaren Oden und Lie* 
dem des achten Bandes der neuen Ausgabe 
von Goethe's Schriften enthalten. Man pranu- 
merirt oder fubfcribirt darauf nach Gefallen 
Einen Thaler (den Friedricbscl'or zu 5 Rtiilr. 
gerechnet). Sobald iich eine hinlangliche An- 



zahl Liebhaber gemeldet hat, wird der Drnck 
begonnen und die Zeit der Erfcheinung de» 
erften Bandes beftiiiunt, zugleich auch der zwei- 
te Band , der das Singefpiel JEnvin und Hlmire 
enthalten wird, angekiindigt werden. Aulser 
der unterzeichneten Handlung nelunen all'e 
wichtige deutfche Mufikhandlungen , und Buch- 
handlungen die fich niit Mufikalien abgeben, 
Su. fcription und Prammieration an. Jedem 
andern, der fich damit bemiihen will, geben 
wir das 6te Exempl. frei, 

Berlin, den loten Mai, 1792. 

Z)ie neue Berlimfche Mujikhandlung. 



Ant die erfte Auswahl der vom Hrn. Or- 

ganift Rebenftein angcki'indigten Melodieen ei- 
mer unfrer jetzigen vorziiglichften Mufikli^bha- 
ber zu Stunra Liedern fur Gartenfreunde und 



Liebhaber der Nattir, wird auch bei xms bi$ 
Mitte Oktober ia Gr. Pranumeration ange- 
noxnmen. 

Neue Berlinifche Mufikhandlung. 



MUSIKALISCHE MONATHSSCHRIFT. 

DR.ITTES STUCK. 



t e m b e r i 



7 9*- 



1. Etwas iiber mufikalifclie Poelie. 



JLun den MerkwiVrdigkeiten des grofsen Bun- 
tlesfeftes in Paris, des eiTun und einzigen, das 
in irgend eineiu Zci taller von irgend einem. 
Volke gefeiert worclen, gehorte auch die Auf- 
fiihrung einea miifikalifchen Drama's, deifen 
Text ich ganz von ungcfahr in den Lettres 
e-c rites de France pendant V amice 1790. Par 
Mifs Williams y Lraduit dc V /Jiiglois. A Paris 
1791. — einer ubrigens fehr unbedeutenden 
BrofLhure — abgethuckt faacl. 

Fur die Kunfi ift diefer Text fchr wichtig. 
Er zeigt namlich, wie niich diinkt, cin nenes, 
grofses, erhnbenes Feld, in wekhem der Koni- 
ponift weit wahnr, lichrer und machtiger die 
ftarkften und edeK'ten Emplindungcn in uns 
ervvecken und befruiifligen kann, als auf den 
meiften Wegeu , die or bisher, verfiihrt durch 
den Dichter, eingefchlagen hat. 

An den Dichtern liegt wohl grdfstentheils 
die Schuld, wanim die Mufik, verhaltnifsmafsig 
-vvenigeKonipo/itionen ausgenommen, nocli iin- 
mer niclit fo /impel und grofs und wefener- 
greifend ift, als fie, ihrer ganzen Natur und 
Beflimmung nach feyn follte und feyn kcinnte. 
Der Dichter will lich nur innner und uberall 
als Dichter zeigen, er will daher feiner Fanta- 
iie, feiner Empfmdung, feiner ganzen poeti- 
fchen Darftellungskunft vollen Lauf lalFen , und 
verdirbt dariiber dein Komporiiften de/to mehr 
das Spiel. Diefer niufs nun hauptfachlich fu- 
chen, nicht hinter dem Texte zuriickzubleiben. 
Er ha'ngt fich ihin alfo init inehrerm oder 
minderm Glucke, aber ininier etwas miihfam 
und angftlich an, und entbehrt dariiber Frei- 
heit, diefen fchonften und nothwendig/len Ge- 
nuia jedc-s Kiinftlera, wie jedes Menfchen. 



Aechte Poefie und achte Mufik find ein- 
ander fo nahe verwandt: wie kommt es doch, 
dafs der Koniponi/t noting hat, lich erft durch 
den Dichter von Strecke zu Strecke Deutpfahle 
hinfetzen zu laflen, 11m defto fichrer und folg- 
barer zu gehn? Oiler viehuehr, weil doch ein- 
liial die Mufik, ohne Sprache, fich unferm Ver- 
ftande nur fchwach liiittheilen kann, warum 
fetzt er fich diefe Deutpfahle nicht lieber felbft? 

Zu alleni, wie es fcheint, gehort wohl 
eine gewifie Routine: auch zu Entwiirfen des 
Dichters, auch zu feinen Texten fiir die Mu- 
fik : L'nd wie fich tiberhaupt das dichterifche 
Genie gern in den vorhandenen Vorrath der 
Nat.ur und der Gefchichte hineinarbeitet, fo ar. 
beitet fich gerne das nmiikalifche Genie in den 
vorlnuulenen Vorrath des Dichters. 

Es mufs fich hineinarbeiten konnen, abfir 
auch ink unendlich reiclierer Beute wieder 
heraus; es mufa brnuchbare Materialien darin 
linden, aber keiue tiberfliiflige und unzweck* 
mafsige, die es nur engen und bekften wiir- 
den; es mufs innerhalb der Grenzen der Mu- 
fik eine gewifie Bahn vorge/.eichnet fehn, aber 
doch fon/t liberal 1 ungefeifelie Hande behalten, 
mn zu zeigen, was unter fsiner Behandlung, 
die Kunft vermag. 

Der Dichter mufs alfo viel thun, unci 
nicht zu vie!. Er mufs irgend einen Gegen- 
fiand, den er fiir die Mufik brauchbar finder, 
mit der ganzen Fiille feiner Einbildungskraft 
und Empfindung fo fehr umfalfen; er mufs 
zugleich die Grenzen der Mufik fo genau ken. 
nen ; er mufs ficli wahrend ihrer ganzen Be- 
arbeitung, ihre ganze Oeconomie unci Gewall 



fo imablaffig gegenwartig denken; er mufs fich 
Ichon dii rcii die vermathete Kompofition To 
begei fieri fi'ihlen : d.-ifs er aus jenem Geaenftande 
dem Konvponifton uberall zweckmafsige und 
zu Eineiu Gnnzen geordnete Veranlaffungen 
darbiete zur fchonen unci richtigen Ausftro- 
numg der ma'chtigften und lnenfchlichuVn 
K.un/1, Kr darf ihm nicht weiter vorauslaufen, 
als dafs er ihm befcheiden und freundlich den 
Weg zeige, und hier und da i'tehen bleibe, und 
ihn frage: diinlit dich dies Gefikle nicht reith 
und fchon? 

Aber fo was erfordert von Seiten des Dich- 
ters viel Selbfiverlaugnung, viel UneigenniUzig- 
keit, Em fo holier Grad von Einbildungskraft 
unci Herz gehort dazu, um lolche Texte zu 
vcrfertigen, und der namlir.he Dichter mufs 
doch zugleich ihren vollen Ergufs in fich felbft 
zuriickzwangen. Er konnte, wenn er fich ihm 
nberliefle, Rnlim nnd wohJ %ar Unfterblich- 
keit erndten, und er fucht nur, fie dem Kora- 
poniftcn zu verfchaiFen. Doch, wenn er die 
Kunft, wenn er die Menfchheit wahrhaft Hebt, 
fo bleibt ihm ein andrer, und ein huherer Ge- 
nufs: er denkt fich i\'w JVirkung. 

Ich, zum Beifpiel, wollte nur die Spruch- 
itellen zu clem unterftehcnden mufikalifchen 
Drama lieber zu cinem lolchen vortreflichen 
Ganzen geovdnet, als ein noch fo ft hones Ge- 
dicht verfertigt haben. Denn welthe Kompo- 
fition mufste er dadurch veranlaffen! und durch 
fie, welche Wirkung auf eine fo ungeheure 
MenfchemualTe ! Und bei welcher Gelegen- 
heit! — 

Duvch Poefie allein iff dies nnr Dichtem 
<lov es fieri Giofsor moglich; andre von gerin- 
germ Range mil Hen inuner weniger Einflufs 
auf die Menfchheit haben, da ubevhaupt der 
Gefchmack an Poefie fichtbar abnhnmt. Und 
wer billig denkt, follte dari'tber nicht febr mis» 
vergni'igt feyn. Es giebt unerullicli grofse Ge- 
genftande, welche unfern Geift und imi'er Herz 
vorziiglich zu , befchaftigen wi'trdig find , Ge- 
genftande, welche unfer ganzes Wefen auf die 
einzig dauerhafte Weife erheben, indem fie 
das Gebiet der Menfchenvemunft erhellerr und 
erweitcrn. Und Gottlob! in dieter gliicklichen 
Epoche leben wir. Aber freilich, wer den 
Menfchen ganz kennt, der wb.d zugleich wif- 
fen, wie gar viel praktifcber diefe Menfchen - 
vemunft feyrj wiirde, wenn man das, was fo 
wirkfam ift, auf unfve hohere Sinnlichkeit — 
auch mU diefem Beiworte di'mkt inich diefe 



Benennung noch zu fimilkh, — ganz benutzte, 
um den gnnzen Menfchen in uns aufzufaflen, 
und ihn zu etvvas zjz machen, wovon wir, un- 
geachtet wir A\c Alten zu kennen glauben, 
noch immer einen fehr entfernten BegrifF haben. 

Aber eben der Dichter, der als blofser 
Dichter keinen grofsen Einflufs auf feine Na- 
tion hat, wiirde doch, bei genauerm Studium 
der BedurfmfFo, der Grenzen, und zugleich 
der Allgewalt der Wufik, die vortreflichfte Ge- 
Iegenheit haben, zu einerErhebung der Menfch- 
heit iiberaus viel beizutragen, wenn er zweck- 
miifsige Texte zu grofsen Kompofitionen lie- 
fern wollte. Doch, er konnte fthon uniiber- 
denklich viel Gutes wiirken, wenn er auch 
nur ganz fimple, herz- und iinnvolle Lieder 
dichten wollte, die, ganz brauchbar fur den 
Komponiften, alien Volksklafl'en in alien Si- 
tuationen aus dem Herzen gegriffen waren. 
Diefe wiirden iiberall die wahreile Lebensweis- 
heit und den wahreften Lebensgennfs verbrei- 
ten, indem fie, durch ihre fimplen, auf die 
Tiefe der menfchlichen Empfindung berecfme- 
ten fchonen Mclodien, jedes Menfchen liebfte 
Gefellfcbaft waren in feinem Gefchafte, in fei» 
ner Freude, in feinem Schmerze, in feiner 
Andacht, in jedem Zuftande, wo es ihm leicht 
und wohl wild, fein Gefiihl der Menfchen oder 
nur fich felbft, der Natur und Gott laut vverden 
zu lallen. Nur alsdann darf man hofFen r die 
menfchiidie Kehle, (tlies elite und unerreich- 
barfte Inftrnment, eben weil es Gott gemacht 
hat) allgemeiner kulth'irt zu linden, wenn 
Texte und Melodien wirklich fo fehr aus dem 
Herzen dor Menfchen genommen, und wieder 
darauf zuruckgcfulut werden; nur alsdann 
wird man erfahren, wie gar viel mehr gute 
Stimnren es unter uns giebt, als man gewohnlich 
glaubt, und wie gar viel niitzlicher nnd leich- 
ter es feyn wird, einen angenehmen Unter- 
richt im natiirlichen und fchonen Vortrage fol- 
cher ganz einfachen Gefange zu bekommen, 
als fchvvere Arien dafi'ir mi'ihfelig zu ftudiren, 
deren Texte man nicht verfteht, oder tmbe- 
deutend und wohl gar aft widerllnnig findet, 
nnd deren angftlrches Abfingen nichts zur 
Nahning nnd nichts zum Lohnc hat, als die 
erbarmliche Eitetkeit, fich daffur von Kennern 
nnd Nichtkennern, aus Ueberzeugitng oder aus 
artiger Grimalfe beklatfcht nnd bebravo't zu 
horen. Statt dafs alfo jeder redliche tind 
fthliohte Vatcr fich noch jetzo ein Gewiflen 
darans machen mufs, feine Tochter fo aufs 
Theater fiellen, untl ihren Kopf fchwindlicht 
und ilir Herz ftiuwpf machen zu lalTen — 



65 



wiirde jener fimprere, wahrere Gefang auf Hire 
ganze Denk- unci Empfmdimgsweife den fchon- 
Ften unci wohkhiitigften unci daurendften Ein- 
fluTs haben j lie felbli wiirde ihrem Mamie kein 
fiifseres Heiralhsgut milbringen, als, dutch ih- 
ren Gefang, Freude zu jcdem feiner Gefchafte, 
unci Wiederklang jcdes fchimen Gefiihls von 
ihr und ihm; fio wiirde audi I'chon dadurch 
ihren Knulcrn eine wahrere Biidung geben, 
als durch den grofseften Theil unfrer moralifi- 
renden Kinderfchriften, die noch i miner fo 
uubegreiflich wenig auf die Natur und die 
Bedurfniffe dex Kindlieit berechnet find. 

Und wenn mich meine freudige Hofnung 
nicht ganz tri'tget, fo find wir nicht feme niehr 
von dem gliicklichen Zekpunkte, wo geTunder 
Menfcheniinn und gefundes Menfchengefidil 
in feine vollen Rechte tritt. Alle Wilfenfchaf- 
ten und alle Kiinfte werden melir auf die Na- 
tur und Bediirfniire, nicht einzelner Gelelnten 
und fchuflgerechter Kenner, fondern der gan- 
zen PtTenfckhek berechnet und ang&wandu 
AHgemeine Gliickfeligkeit ift das erhabne Ziel, 
wonach alles ftreben mufs, und wohl uns, wir 
fehen's fchon uin vieles niiher. Bald fchon 
werden fich alle die mannigfakigen Befchafti- 
gungsarten der Menfchen freiuullich bey der 
Hand falTen, unci ihrer Beftimmung und ihrer 
Wiirde eingedenk, an der Begliickung und Be- 
feliguug der Menfchheit gemeinfchafclich ar- 
beken. Auch Pocfie und Mufik werden bald 
nicht niehr fo getreant von einander feyn, 
wie bisher; auch lie werden eintrachtiger und 
dadurch delto kriiftiger, kiaftigcr wie vide fo- 
genannte folidc Anftalten, der Menfchheit die 
Ichcinfce Ansbihhing verfchaffen helfen. Sie 
find urfpriinglich Zwillingfdiweftern, und herr- 
fchen am fufseften, und darum am machtig- 
ften fiber unfer Herz, iiber diefe vielfeiligfte 
und gewakigfte Kraft der Seele, wie der 
grofsefte Dichter aller Zeiten und aller Natio- 
nen, wie Klopftock fagt. Denjenigen Man- 
nern, und vorziiglich Reichardten, find wir 
fehr viel fchuldig, die gerade tief genug in 
der Kenntnifs des Menfchen und der Kunft 
gel'chopft haben, am zu wiiren und kraftig zu 
lehren, was diefe leiften konne und leiften 
jni'iffe, um jenem den fchonften imd wohttha- 
rigften Gcnufs zu verfchaffen. 

Mich diinkt, ich konnte nun einen ge- 
fcliickten Uebergang zu dem Texte machen, 
welcher die Veranlaifung zu diefer etwas un- 
verha'ltnifsmafsigen Vorrede ifi:, und dennoch 
vrill ich es nur geflehn ; ich habe mich ziejn- 



lich weit von meinem Ziele verloren. Aber 
wenn man hier Verbrekung eiiies grotsern 
un:l dchtigern Kunftfinnes fur das dgentKchfte 
Ziel gelten laffen will, fo wird man inir e* 
wohl vergeben, wenn ich nicht die nachfte 
Heerftrafse zu iJun eingefchlagen habe, fondern 
mich kleinen Seitenwegen iiberliefs, und wah- 
rend diefem angenehmen Spaziergange noch 
msnches lernte, was ich grofsem Einfichten 
gem zur PriiFung ubeilalfe. 

Der Text, den ich anch in Deutfchland 
recht bekannt machen mochte, befteht, wie 
man fehen wird, grofstentheils aus Spruchftel- 
kn, die aber freiiich manchmal fehr gewalt- 
fam dazu angepafst worden, und welche, mit 
leichter Muhe mit noch weit zweckmafsigern 
hatten vertaufclit werden konnen. Man wird 
dies iiberaus zweckmiifsig finden. Denn wenn 
Religiofi tat die fchonfte liliite unfrer Vernunft 
und unfrer Empfinchmg ilt, wenn uns die Bi- 
bel, feit unfrer friihen Jugend vertraut unci 
theuer war, wenn wir gewohnt find, in jeder 
Stelle etwae Gottlicheres, Pofitiveres, und da- 
her Unorreichbarkraftiges zu finden: fo war es 
ein vortrellicher unci fehr nachahinungswiirdi- 
ger Gedanke, daraus^ und fall nur daraus ein 
Ganzes zu bilden, und auf das grofsefte Ereig- 
nifs aller Jahrlmnderte anzuwenden. Die Wir- 
kung limfste aulfexordentlich feyn. Alles trug 
dazu bei : was die Zuhorer mitbrachten und 
was fie fanden. 

,,Der Abend vor der grofsen Verbi'indung 
in Paris folke diefem henlichen Fefte zitm 
Vorfpiele dienen. In der Kirche zu unfrer lie- 
ben Frauen dafelb'ft fang man das Tedeum, 
und nie, es fey denn in der Londner Weft- 
minfterkirche, fah man vielleicht fo viel Ton- 
kunftler vereinigt. Die Ouverture vor dem 
Tedeum war voll Einfalt und Majeftat, der 
iibrige Theil der Mufik voll Ausdruck: alle 
Zulaoier wurden da von ergriffen. Gegen da» 
Ende brachten weislich aufgefparte Diifonanzen 
ein allgemeinee Gefiihl von Trailer hervor, 
ilnd indent man dadurch die Eindriicke ehe- 
maliger Unruhe und Furcht wieder in ihnen 
erweckte, fo wurden alle Herzen zu dem wir- 
kungsvollften Recitative vorbereitet. Alle Be- 
taubung, Schreckeu unci Angft, welche am i5. 
Julius 1789, dem Vorabende der Einnahme der 
Baftiile, in Paris fo herrfchend gewefen, war 
in einem Rezitative gefchildert. Man kann 
fich vo/ftellen, welche Wirkung diefe ChSre 
von Stimmen und Inftrumenten hervorgcbracht 
haben lnulfen: fie war eniil unci fiirchturlicli, 

1 a 



64 



unci erfcimtterte die innetfte Seele. Etwaa 
vermehrte noch um vieles das Schauerliche der- 
felben: der Klang einer grofsen Glocke, die 
Xiclx mit diefer entfetzlichen Mufik vereinigte. 
Sie vergegenwiirtigte wieder das Sturmgelaute, 
welches, wahrend den drei erften Tagen der 
Revolution, unablaffig von alien Kirchen und 
Kloftern fcholl. Der furchterliche Laut diefer 
Glocke verurfachte eine unausfprechliche Be- 
taubung und Unruhc. Alle Zuhorer atluneten 
fchwer, alle Herzen waren von Entfetzen ftarr. 
Endlich fchwieg die Glocke; die Mufik ging 
zu einem entgege'ngefetzten Ausdrucke iiber. 
Ein andres Rezitativ verkiindete die ganzliche 
Niederlage der Feinde, und nach einigem Freu- 
dengetone von Trommeln und Trompeten, 
endigte fich alles in eine Hymne an Gott." — 

Die Einnahme der BafHlle, 

Ein geiflliches Gedichr, nach Anleitung der hei- 
lieen Schrift. Am Ende das Herr Gott dich 



ig, 



loben wir. Durch Hrn. Desaugiers. 



Die Ouvertiire fchildert gleich Anfangs die 
offentliche Ruhe. Diefe wird aber unterbro- 
chen durch einen Burger, der dem Volke die 
Verweifung desjenigen Staatsminifters, der fein 
ganzes Vertrauen befafs, anzeigt. 

Der Burger. 

Popnli lugete ; eb Ihr Volker traget 

gandium veftrum con- Leid, und eure Freude 
•eerLatur in meerorem. verkehre fich in Jam- 
Jac. 4. 9, aner. 

Das Volk. 
Puare? Warum? 

Der Burger. 
Protector nofter ab- Unfer Befchiitzer ill 



'/'• 



feme. 
Chor des Volkes. 



Heu nobis miferis. Weh uns Armen! 

Pf 120, 5. 

(Man kttrt Sturm lauten.) 

Deus ! Gott ! 



Die Weiber. 



J.LCJ fJt^C J 

it fipcr Jilic 
Pf. n5 t 14. 



Refpice fupcr nos Siehe herab auf un» 
tt fnper ftlios noftros. und unfre Kinder ! 
Pf " 



Alle {ufammcn. 

Dcus adjuva nos. O Gott, fteh uns 
Pf 79, 9. bei. 

Der Burger. 



Confortamini et bel- 
late. 1. Sam. 4> 9» fos 
e/iitn ad libertatem vo- 
cati ejlis. Gal. 5, i5. 
Gladium evaginuvcnmb 
inimicijUt dejiciant pau- 
perem et inopem. Gla- 
dius eontm intret in 
corda ipjbrum. Pf. Sj, 
14. i5. 



Seyd Manner und 
ftreitet. Denn ihr feyd 
zur Freihcit berufen. 
Unfre Feinde haben ge- 
zogen das Schwerdt, zu 
fallen den Elenden und 
Arm en. Aber ihr 
Schwerdt dring' in ihv 
eigen Herz. 



Das HauptcflOr. (Choeur en Coryphoe.) 

Der Burger. 

Jpprendite arm a. Greift zu den Waf- 
Pf 35, 2. — Accingibe fen. Giirtet euch rait 
gladium. Pf. 4-5, 4. et dem Schwerdt, und lafst 
debellemus potent es. uns ftrei ten mit den Ge- 

waltigen. 

Das Chor. (anfangs noch dumpf.) 

Jpprehendamns ar- Greifen wir zu den 
ma, accingamus gin- Waif en ! Giirten wir 
diiti/iy el debellemus po- uns init dem Schwerdt! 
teutes. Streiteu wir mit den 

Gewaltigen! 

Der Burger und das Chor. 

Embefcant eb con- Unfre Feinde muf- 

turbeiilur inimici no- fen zu Schanden wer- 

ftri. Pf 6, 11. eb fu- den, und fehr erfchrek- 

giant eb pereant, Pf ken ! Sie muffen fliehen 

68, 2. 5. vor uns und umkom- 

men. 

* 

Chor der Weiber, wahrend dem vorher* 
gehenden Chor. 

O Deus ! adjuva O Gott, fteh una 
nos. Pf 79, 9. bei! 

Der Burger und das Chor. 

Deus adjuvabit Gott wird uns bei- 
tiQS ! . ftehn. 



>v 



Der Burger. 

Domimis reprobut Der Hen* macht zu- 

concilia principum. Pf nichte der Fiirften Rath. 

35, 10. currmmus et em- Lafst uns eilen, dafs 

{Ptais arcem invifam. wir zerftoren der Fein- 

Deus pugnabit pro no- de Burg. Gott wird 

bis, Jefaiusda, 12. Fa- ilreiten fiir uns! Auf! 
damns. 

(Krie<2;erirclier Marfch. Das Volk kommt bis zuir 
Feftiuis£ Kanancii werdcn auf daflelbe gefchoflcn. 
Man gtcbtdasZcich.cn zumAngriffe. Kanonenfchiifle 
werdcn wicdcrhohh. Waiivend der Behgciung 
fchreit dai Yolk:) 

Ch o r. 

Corrtiat aedcs fer- Es fHirze zufammen 
vitutis. Fortae ejus der Knechtfchaft Re- 
CQrruank. Jer. \i\, 2. haufung ! Es ftiirzen zu- 

fammen ihre Thore ! 

(Ein allgernftiner Ausbrnch des ganzen Oicheflevi 
fchildcit den Sturz der Zugbrttcke. Da* Volk ruft 
a us i) 

C h r. 
Triumphaniw ■' Wir haben gefiegt! 



(Man h<}rt die Kriegstrompete, unci da» Geione 
der Vervvuudeten umPSterbenden.) 

Allgemeines Chor. 

Vivat lex et liber. Es lebe (las Gefetz 
tas. Vivab rex. 1. Rc$, unci die Freiheit! Es 
1, 25. lebe der Konig! 

Der Burger. 

Expitlfi funt inimi- Unfre Feinde find 
ci nee potuerunb fare, verfiofsen und mochten 
Pf.36, i3. et- eruut op- nicht bleiben! Sie wer- 
probrium in geutibus. den feyn eine Schmach 
Judith 4, 9. unter den Valkern. 

Populi laudato De- Lobet den Herrn ! 
wn. Pf. 1171 1. 

Das Chor. 
Te deum laudanms Herr Gott! dich lo- 



etc. 



Homburg. 



ben wir! etc. 

F. TV. Jung. 



2. Tortfetzuiig der Berichtigungen und Zufatze zum Gerberfchen Lexicon der 

Tonkunftler u. f. w. von J. F. Reicliardt. 



Dumeny (nicht Dumenil) wurde zu feiner 
Zeit weit mehr als Akteur wie als Sanger ge- 
fchatzt; indefs ill das Urtheil tiber feinen Ge- 
fang partheyifch. Mathefon hat es aus des 
Abbt- Raqaeuek Paralelle des Italiens et des 
lran<jois (1704) gcnonimen, clem es claruni zu 
thim war, die Franzofen von ScUen des Ge- 
fanges gegen die Italianer ganz herunter zu 
fetzen. 

Duni hat in Italian audi die Oper Tor- 
dinona gefthrieben. Zu der Anekdote. von 
Duni und Pergolefi, die im Jahr 1735 beide 
in Rom komponirteji, geliijrt: dafs Duni, dem 
bei der Rivalitat mit Pergolefi (der indefs 
doch audi erlt anfing in Ruf und Anfehen zu 
kominoi) etwas warm urns Herz gewefen feyn 
foil, fo bald er nur eine Probe von Pergohfis 
Oper gehort hatte, fehr ruliig war und nach 
feinem Triumphe zu Pergolefi felbft fagte : 
Ihr habt zu fchiine feine Sachen in Eurer Oper: 
das Theater verlangt. grofse kecke Pinfelftriche. 
Und wenn Duni hiernach arbeitete, fo hatte 
er fich feines Triumphs weiter nicht zu fcha- 



men: denn war er wirklich der Meifter. Die 
Schaain wild fich audi wohl erft in Paris zur 
Verfchonerung der Erzahlung von feinem Tri- 
umphe eingeftellt haben: denn die Anekdote 
koiixuit aus Paris her, wo Duni die langftc 
Zeit leines Lebens nicht fiir das italianifche 
Tlieater, fondern fiir das franzofifche komirdie 
Operntheater fchrieb, das nur mifsbrauchsweife 
aux Italiens genannt wird, weil ehedem audi 
italianifche Operetten darauf gegeben wurden. 
Es hi itzt um fo wichtiger, dafs wir ditfe un» 
eigentliche Benennung nicht durch italiani- 
fches Theater iiberfetzen, weil es itzt feit zwei 
bis drei Jahren audi ein italianifches komifche9 
Cperettentheater in Paris giebt: dies heifst 
Theater de Monficur, und foil in feiner Ait 
ganz vortreflich feyn. Dahingegen ift das fran- 
zofifche Operettentheater (aux Italiens) das- 
jenige in Paris, wo noch allein ganz in der ei- 
gentlichften franzofifchen Volksmanier gefun- 
gen wird, unci zwar von Leuten die grofsten- 
theils keine Noten kennen, die oft vortrefliche 
Schaufpieler find, .aber fehr felten ertraglich 
fingen, fondern grdfstentheila aus der KMe 
I 5 



00 



derjcnigen find, die wir auf kleinen franzSfi- 
lchen Thealern haufig in Deutfchland gehort 
haben, uml die nebft RouJJeaits Sara f men 
unfer bishcriges Urtheil uber franzofifche Mufik 
beftimnu haben, uneihgedenk, dafs die grofse 
Oper in Paris von dem Operettentheater da- 
felbft wenigftens und vielleicht mehr von ein-» 
ander abftehe'n als die Berlinifche grofse ita- 
lianifche Oper von der Operette auf dem deut- 
-fchen Nationaltjicater. Auf dem Theater aux 
Italians ift nur Eine wirkliche Siingerin, Dem. 
jRaiaud, die aber von ifrrem Vater, der lange 
Violinift in ItaUen war, xlort zur Singerin ge- 
bildet wurde, , 

Duport der jiingere ift feit 1789 audi bei 
dem Koniglichen preufsifchen Orchefter enga- 
girt, und lebt, wie die ganze Kammermufik 
des Ronigs aufTer der Carnevalszeit oder wenn 
der Konig fonft Opern in Berlin aufmhren . 
lafst, in Potsdam. Wer die beiden B ruder 
nebeneinandcr hort, wird Jich leicht iiberzeu- 
gen, dafs der altere Bruder ein vollkommcner 
Virtuofe ans der a Item franzofifchen Schnle, 
die befonders das Grofse, Bedeutende fuchte, 
und der ji'ingere Bruder ein eben fo grofser 
Virtuofe aus der neuen franzofifchen Schule 
ift. An Fertigkeit und Pracifion ift diefer eben 
To wenig zu iibertreffen als der altere an gro- 
fsem vollen Ton und Kraft und Bedeutung im 
Vortrage. 

S. S64. fehlt: 

Di/jmtts, ein junger braver Violinift am 
Hofe des Prinzen Heinrich von Preufsen in 
JUieinsberg. 

Durante (Francefco) Nicht zu Cantaten 
hat diefer" Meifter die Themata von Scarlatti 
erborgt und verfchouert : fondern er nahm 
die Hauptmelodieen aus Scarlattis fchonen ein- 
Jftimmigen Cantaten, und bearbeitete fie als 
Duetten. XH Duetten, die ich auch faint den 
Scariattifchen Cantaten, die dabei zum Grunde 
liegen, befitze, die find es, in denen Durante 
cine mufikalifche Sitte damaliger Zeit ausiibte. 
Es war eine fehr wohlgewahlte Arbeit, die 
da ztigt, dafs Durante fich felber kannte. Er 
hatte nicht das Genie und .die angenehme 
Leichtigkeit fchone gefallige Melodieen zu er- 
jfinden, verftand aber die .contrapunktifchen 
Kiinfte wie Einer. Indefs find diefe Duetten 
nicht felne grofsten und beriihmteften Arbei- 
ten, wenn gleich feine bekannteften. lth be- 
fitze noch ein Oratorium und ein fimfftimini- 
ges Magnificat: diefes Meifters von vorzugli- 



chem Werthe. Uebrigem kann er nicht fchon 
1715 Kapellmeifter am Confervatorio St. Ono- 
frio in Neapel gewefen fevn, derm er trat 17/4.5 
dafelbft erft' an JLeo's Stelle als 'Kapellmeifter. 

DuJJick (Joh. Ludwig) ift itzt in Paris, 
und foil fehr vielen Bei fa 11 haben. 

Ecd.es (John) hat in Lotidan auch fol- 
gende Werke ftechen la/Ten. Judgment of Pa- 
ris. Great Collection of Songs. 

Eck (Joh. Frietlr.) ift itzt unftreitig einer 
der allererften Violiniften in Europa: er be- 
fitzt alles was, zu einem vollkounuenen Virtuo- 
fen gehort, und was itzt fo wenige haben; 
grofsenund fdionen Ton, vollkonunen reine 
Intonation — was fehr, gar fehr viel heifst — 
Vortrag, Ausdruck, Gefchmack, ganz autt'eror- 
dentliche Fertigjteit, Feftigkeit und Sicher- 
heit. AiuTer Salomon in London, wie ich. ihn 
1786 in London, horte, hat mir kein Violinift 
grcifseres Vergnugen gewahrt. Er hat audi 
das Verdienft, an f einem jiingern Bruder einen 
fehr guten Violinfpieler zu ziehen. 

Engel (Joh. Jac. Profeffor) hat auch die 
Operette: die Apotheke furs deutfche Theater 
gefchrieben. 177a und 73 wurde fie niit Nee- 
fe's Kompofition auf verichiedenen Theatem 
aufgefuhrt. 

Fafch (Karl) nicht bios ein Kyrie und 
Gloria hat Fafch fi'ir 16 Singfiiinmen kompo- 
nirt, fondern eine ganze Mefle, der er -einen 
To hohen Grad von Korrektlieit und Vollen- 
dung giebt, dafs fie gewifs das vollkojnmenfte 
Mufter in der Art werden wild. In dem ach- 
ten Studc meines Kunftmagazins hab' ich ein 
Stuck daraus abdmcken lajfen und mehreres 
dariiber beigebracht. 

S. 096 fehlt: 

Fago (Nicolo) einer der beri'ilimteften 
Komponiften im Anfange diefes Jahrhmiderta. 
Aufser feinen fleifsig gearbeiteten Kirchenfachen 
werden in Italien feine Cantaten beim Klavier 
zu fingen felir gefchiitzt. 

S. 5g5 fciilt : 

Falgera, ein Churmrfti. Bayerifcher Hof- 
mufikus, der fi'ir das Munchner Theater die 
Mufik zu grofsen pantomimifchen Ballets: z. B, 
zit dem Ballet: die Sc/tdferftunde nut vieleitt 
Beifall komponirt hat 

S. 4.01 fehlt; 



Uf 



Fedele (Dan. Teof.) der eigentlich ctn 
Deutfcher war, unci Trcu hiefs, iich aber nie 
fo fchrieb. In den Jahren 1725, 26 tmd 27 
Tchricb er folgende Opern: sljiarto, Coriolano, 
TJlyffe, Endimione nnd fpater, die Operette 
Donehifcivtbo* 

S. 401 fehlt: 

Fehre Vater und Sohn, beide fehr brave 
Klavierfpieler, chemals in Mietaii. Der Vater, 
rii'inkt niicli, ift tod t, und der Sohn itzt an 
JIJM/iels Stelle in Riga. 

Feo (Francefco) ift rnck einer grofsen 
Melle unci einein Motett alia capella, fo ich 
von ihni befitze, einer der allergrofsten Kir- 
chenkomponiften die Italien je gehabt hat; ich 
wiirde jene MeiTe fur das Meifterftiick des 
Leon: Leo halten, wenn ich nicht aus den 
Handen eines fehr ei [risen Sthiilers von Leo, 
des Kapellmeifters Sahr\a Neapel, die eigen- 
hiindige Originalpartitur von Feo erhalten halte. 
Die MefTe ift fi'ir 10 Singjlimmeii nnd ein ganz 
vollftiindiges Orchefter von Fioli/ien, Brat- 
JcheHy Violoncellen, Hoboeni, Flotcn, Fagotten, 
fVdldhdrnern unci Trompeteu gefchrieben; unci 
die Benutzung nnd Bearbeitung der blafenden 
Inftrumente, die zuweilen ein eigenes Orche- 
fter gegen das Orchefter der Saiteninftnmtente 
formiren., nnifs alle die neuern Komponiften, 
die Iich einbilden, in einer fokhen Anwendung 
der Blasinftnimente neu unci original zu feyn, 
eben fo befehameii, wie >nich felbft. Es ift 
diefe MelTe eines der feltenen achten Kunft- 
•werke denen man kein Zeitaker und kein Va- 
terland anfieht. Die Verehrer Handels und 
Mack's werden fie cben fo gewifs fiir eine Ar- 
toeit diefer Meifter, a Is andere fiir die Arbeit 
der grdfsten italianifchen Komponiften halten. 
Feo mufs wenig von feinen Arbeiten haben 
bekannt werden lail'en, feine Sachen find fehr 
fchwer zu haben. Noch mufs ich eines ko- 
mifchen Intermezzo's von diefein grofsen Mei- 
fter erwehnen, das mit aufserordentlichem Witz 
im acht komifchen Styl gefchrieben ift; wobei 
aber, wie in den Werken aller grofsen Meifter, 
vortreiliche korrekte Arbeit ift. 

S. 404 fehlt: 

Feriiu, ein Kaftrat der am Ende des vo- 
rigen Jahrhunderts, atuTer feinein Talent als 
Sanger auch dadurch in Rom fehr beriihmt 
war, dafs er die Frauenroltcn, in der grofsen 
Oper mit vielem edlen Anftande und achter 
Grazie bis zur a'ufl'erften Taufchung fpielte. 
Mir fcheim diefea clefto inerkwiirdiger, da alle 



Kaftraten, die ich in Rom in Frauenmllen 1 tuf 
clem Theater fah, widrig unci ekelhait an*u- 
fehen waren. 

S. 408 fehlt: 

Le Fevre, ein braver Violmift in Berlin, 

der 1777 ftarb * <la er eben zuin AnCflhre r r el " 
nes damals neuerrichteten Orchefters furs Iran-, 
zbfifche Hoftheater erwahlt wurcle, nnd 1111 Ue- 
eriff war eine Sammlung Oden, Plaimcn und 
Lieder drucken zu lalTen, die gar nicht von 
gemeiner Arbeit waren. 

S. 409 fehlt: 

Hala, der befte noch lebende Gatnhife. 
1790 Kefs er fich im Sommer in Breslau vor 
deiu Kcinige, und bald darauf auch in Berlin 
mit grorsem Beifall horen. Vielleicht lit : er 
• auch derfelbe, der im Lexicon S. 408 als Ho- 
boift genannt wird; jener ift auch ein Bohine, 

Finazzi (Filippio) hat auch die grofse 
Oper Themifkocle in Mufik gefetzt. 

S. 414 fehlt: 

Fiorillo ( — — — ) ein Sohn des vo- 
rigen, der ein fehr gefchickter Virtuofe auf der 
Mandoline ift, auch die Violine brav fpielt, 
und viel angenehme Sachen fiir beide Inftru- 
mente komponirt. Vor 12-14 Jahren Licit er 
fich in Pohieh auf- reifte dann in Deutfchland 
nnd Italien, und lebt feit 1785 in Paris, wo 
er mehrere (vuvres, Quartetten, Sonaten u. d. 
gl. hat ftechen lalfen. - 

Fifcher (Ludwig) Kdniglicher Sanger bei 
der grofsen italianifchen Oper in Berlin, ver- 
client. einen ausfiihrlichem Artikel : denri er ift 
ein vortreflicher Bafs [auger : feine Stimme hat 
faft die Tiefe dea Violoncells und die natiir- 
liche Hohe eines Tenors, dabei ift weder feine 
Tiefe fchnarrencl nock feine Hohe dunn; die 
Stimme giebt beides mit volliger Leichtigkeit, 
Sicherheit und Annehmlichkeit an. Zum Lobe 
feiner Singart darf man nur fagen, dafs er ein 
braver Schiiler des grofsen Tenoriften Raff's 
ift, der in der ganzen europaifchen fingenden 
Welt fiir den erften Tenoriften gait, unci im- 
mer noch gilt. Auch hat er mehr Fertigkeit 
und Leichtigkeit in der Kehle, als vielleicht 
noch je ein Bafsfa'nger gehabt hat, nnd in fei- 
ner Aktion weifs er fich auf clem ernfthaften 
Theater wie auf dem komifchen zu nelnnen. 

Seine Lebensumfta'nde find folgende: Er 
ift 1745 in Mainz geboren, und war fchon als 



63 



Sanger in Dicnften ties ctamallgen Churfurften, 
als or mit Bewilligung de9 Churfiirften nacli 
Mannheim ging fich unter der Leitung des 
grofsen Tenorilten Raff ganz auszubilden. Es 
wurde ihm vom Pfalzifchen Hofe bald ein En- 
gagement angetragen; er nahin es an, unci blieb 
eilf Jahre dort. Das letzte Jahr war er xnit 
dem Hofe und der ganzen ubrigen Churfiirft- 
lichen Kapelle in Miinchen. Von da ward er 
nach ffien fi'ir das Kaiferliche Nalionakheater 
berufen. Au9 Mifsvergniigen iiber einige 
Neuerungen beiin Theater, nahin er nach 4. 
Jahrcn feinen Abfchied, ging nach Paris und 
fang dort im Concert fpirituel mit grofsem ' 
Beifall. Von Paris ging er nach Italien, wo 
er befonders in Neapel bei Hofe eine fehr 
gunftige Aufnahme fand: er fang ofters beam 
Konige in Caferba und fpielte im Figaro den 
Bartholo. Von Neapel ward er nach I\om + 
berufen, wo er im Theater Argentina in einer 
grofsen Oper von Marefchalchi fang. Das fol- 
gende Jahr fang er una feine Frau in Venedig 
im Theater St. Benedetto in der Oper Ade- 
viira von Luchefi. Auf einer nachherigen 
Reife nahmen beide ein Engagement beim 
Fiirften von Turn und Taxis in Jlegensburg 
an , wo fie 5 Jahre blieben. Im Jahre 1783 
war Herr Fifcher in Berlin und fang mit gro- 
fsem Beifail bei Hofe und im Publikum. 
1789 ward er vom Konige wieder nach Berlin 
berufen , Uin in meiner Oper Brenno die Haupt- 
rolle zu fingen. Er fang und fpielte diefen 
alten gallifchen Helden mit fo aufserordentli- 
chem entfehiedenem Beifall, dafs der Konig 
ihn gleich nach der erften Vorftellung auf im- 
jner mit zioeitmtfend Thaler jahrlichen Ge- 
halts engagirte. 

Fifcher (Madame, geb. Straffer) ward 1768 
in Mannheim geboren, und erlernte die Singe- 
kunft von einem dortigen Singemeifter Gior- 
getti: 1772 ward Re beim Pfa'lzilchen Hofe 
engagirt, unci folgte 1773 mit Einwilligung des 
Churfiirften einem Ruf von dem Wtirtember- 
gifchen Hofe. In Ludwigsburg fang fie wah- 
rend dem Carneval in der grofsen Oper Fe. 
tonle und in 10 Operetteii. Sie folgte dem 
Pfalzifchen Hofe nach Munchen , verheirathete 
fich dort 1779 mit Herrn Fifcher, trat mit ihm 
zugleich ein Engagement beim Kaiferlichen 
Nationaltheater in Wien an, folgte ihm dann 
nach Pertedig, wo he mit grofsem Beifall 
fang, trat dann mit ihm zugleich in die Dien- 
fte des Fiirften von Turn und Taxis, und 
wurde gewifs auch fchon in Berlin ihr Enga- 
gement gefunden haben, wenn eine Bruli- 



krankheit, die Re in den Jahren 1789 unci 1790 
iiberftanden, lie nicht genothigt hatte, iich bisher 
zu fchonen. Wenn Mad. Fifcher itzt ihie 
ftarke klingende Sopraliflimme in eine Contr' 
Altflimme verwandeln will , fo wird fie mil: 
weniger Gefahr, und gewifs durch eine fchtine 
Tiefe, und ihre groke Fertigkeit und Praci/ion 
kimftig mit eben demfelben gliicklichen Er- 
folg ihr Talent anwenden und zeigen k&nuen. 

Fifcher (F, A.) der Hoboift, reifte im Jahr 
1787 in Deutfchland, unci war auch in Berlin. 
Seine Feinde nn'iifen ihm zu diefer Reife, nu> 
der er feinem alten Ruf fehr JTchadete, gera- 
then haben. 

S. 4.18 fehlt : 

Fifchietti ("Giovanni) ein nenpolitanifcher 
Kapellmeifter. Mir Ift; von ihm eine Oper be- 
kannt, die 1737 unter dem Titel : La Coftama 
Comedia per mufica bekannt wurde. 

S. 4.19 fehlt: 

Flcifchmann ein braver Violoncellift in 
der Koniglichen Kapelle zu Berlin. Er pflegt 
den Konig bei feinen Reifen zu begleiten. 

S. 4.Q1 fehlt: 

Floroni ( — — ) ich befitze eine acht- 
ftimmige Mejfe von ihm, die er in Mayland 
gefchrieben hat. Der Schreibart nach fcheint 
er mir gegen die Mittc diefes Jahrhunderts ge- 
lebt zu haben, 

S. 4.23 fehlt: 

Foigneb einer der beften Singemeifter. in 
Paris: er hat auch einige kleine -franzofifche 
Singefachen ftechen la/Ten. 

S. 4_3o batten wohl J. R. und G. Forfter, die 
Weltumfegler, genannt werden follen. Sie ha- 
ben nicht nur in der Befchreibung ihrer Reife 
urn die Welt mehrere Nachrichten von dem Ge- 
fange vieler wilden Volker und einige Gefange 
felbft aufgezeichnet, fonclern auch viele mufika- 
lifthe Inftrumente der Wilden, die im Londoner 
Mufeum, in demKabinet ties Fiirften von JDeffau 
u. a. O, aufbewalnt werden, nach Europa ge- 
bracht. 

Franz (Johann Chriftian) der Bafsfa'nger, 
ein Schujer von Concialini, dem Caftrabenf fo 
wenig als er fein Sohn ift, Er fingt nicht nur 
in Oratorieuy fondern feit 1787 auch in der gro- 
fsen italianilchen Oper mit Beifall, den ihm 
feine angenehme Stimme unci Geftait erwirbt. . 

S. 44 3 > 



0*9 



S. 442. 

Frenufe foil Fvcnenfc heifsen. 

Frick (P. J.) lobt nicht miifsig In Lon- 
don, fondern arbeitet an einem Syfteni der 
Mufik, durch welches cr die Kunft fehr aufzu- 
heilen und weiter zu bringen 1. >h. Auch 
giebt er Unterricht doit iiu Klavier. 

S. /\$ 1. Fricdrich II, 

Ich mag nut ITerrn G. fiber die Art, wie 
cv in diefeiu Artlkel meine fruheften, fiiihern, 
lpalern und fpateftmi Urtheilo und Erzahlnn- 
gen von nieinen Studentenjahren an bis ziuu 
letzten Jahre meine? zdiiijahrignn Dienftes als 
Kapellmeifter bei diofeni grofsc-n Konige, und 
fpiiter zufaminengeftelk mid kouunentiit hat, 
nicht rechten , weil es einer meiner heiligften 
Grundlatzc ifh iiber nieine YYerke und Schrif- 
ten nie offentlich zii liraten. Ich will diefem 
Artikcl nur den eigenllichun und tiefcren Grund 
beiftigen , nul' dejn die Beharrlichkeit des Ko- 
nigs in feinem Gefchmacko vorziiglich beruhte. 
Sic betraf nicht niif die Mufik, fondern alle 
andere Dinge, deren Ausfvihrung hier aber 
nicht hergehi'ut, eben fo fehr. Da der Konig 
1740 zur Reuiernng kain, war er wirklich von 
deiu danialigcu Zultande der Kiinfte und Wif- 
fenfehaften fehr untenichlet. Er lialte clen 
grufstcn Thcil feir.es v.irigen Lebens ganz den 
WiUenlchaftcn und Km ill mi gewidmet. Dies 
konnte nun, da er den Thron mit de.n Vor- 
latze befiieg, felbft zu rcgiercn, und fich als 
Eroberer und Meld Ruhm zu erwerben — wie 
feine Biiele uu-.l Sdirilien bezeugen — nicht 
fo fortgefct/.t werden. Yon nun an follten 
ihm die Kiinfte unci WiU'enfchaften nur Erho- 
lungsgenufs nach Rrgierungsgefdiaflen und 
Heldenarbeil gewahren. Seine kOniglichen 
Grundfatzc und Befchafligungen hinderten ihn 
alfo, die Fortfchrittc und Neuerungen in den 
Kiinften nnd Wifleiifdinften eben lb ernftlich 
und aufnierkfani wie bisher zu verfolgen ; fein 
Konigsiinn litt' aber niihr, dafs diefes fiir Zu- 
riickbleiben gal re, und lb mufste in ihin felbft: 
fchon die Alaxiiue enlliehen: fo full es nun 
daunt bidden. Hierzu kain nun aber noch, 
dafs er damals von Mannern uingeben war, 
die einen liohcn Begriff von der Kunft liatten, 
die wohl wufsten, dafs die Tonkunli in Ita- 
lien ihren hochften Gipfel erreiclit hatte, unci 
dafs L.eo und Vinci , die die Pcriode der gro- 
fsen ecllen Mufik befchlollen , und die die an- 
geni'huicre, durdi lnnnnigfaliigere Rcitze er- 



gotzende Mufik anhuben, N.ichalimer erweck- 
ten und in Schaaren erwecken wiirden, die 
die neuen Reitze und bald die Flittern und 
Purpurlumpen, die fie felbft clen Reitzen wie- 
der umhingen, fiir ihre alleinige Goltheit hal- 
ten wiirden, dafs jene beiden Manner mit ei- 
nem Worte in ganz Italien keinen Nachfolger 
hatten, wie fie folche in Deutfchland an Haffe 
und Graun wirklich hatten; und was war na- 
tiiriicher, als dafs diefe Manner, die in eben 
cleui grofsen Sinn und Gefchmack Virtuofen 
in der Kunft waren, dem Konige gi-ofse Ver- 
ehrung fiir den damaligen Zuftand der Mufik 
und Ahfchen gegen alle Neuerungen einflofsten. 
Guam der in leiner Art ein fehr defpotifcher 
Regent war, hatte hieran den grofsten Antheil; 
ihn und feine Meinungen erkannte man audi 
in alien Aeuilerungen und Urtheilen des Kd- 
nigs iiber die Kir; ill. Dafs Qnanz Hajfcn fo 
vorziiglich, oft felbft ziun Naditheil Gramu in 
Schutz nahin, beruhte auf perfonlicher Freuncl- 
fchaft und Aehnlichkeit der Charaktere. Sie 
hatten zufamnieii in Italien gelebt, Quanz war 
Zeuge des erften Beifalls, welchen Hajfe in 
Italien fand, ein Beifall der damals etwas inehr 
bedeutete als itzt, nnd gewifs nicht bios auf 
Vorurtheil fich griindete. Huff* war ihni, wie 
er felbft erzahlt, in Italien fehr freundlich be- 
gegnet; Jlaffe kam bald in Dresden zu fehr 
hohen Ehreu , welches auf Quanz nicht wenig 
wirken mufste, da er die Dresdner Mufik zu 
t\p.r er vorher gehorte immer als Mufier vor- 
ftcllte, und vor alien in Ehren hielt; und — 
was auf Leben und Ui theile fo grofsen Einflufs 
hat - QuaiiTi war ihm ahnlich an Charakter, 
dahingegen Graun, den Ouanz anfanglich inehr 
als Sanger wie als Komponifi behandelte, mit 
leiner Sanflmuih vieles ertrug, was er nicht 
ei'tragen durfre und follte. — Auf diefes \"er- 
halfnifs zwifdien Guam, dem Lehnueifitii 
des Kfuiigs, unci Graun dein Kapellmeifter def- 
felben, beruhen noch in lierlin unverlilgbare 
IMifabrauche. — Genug, ohne diefe Privat- 
freundfehaft wa'ren vielleicht Leo und Find 
fchon zu Hirer Zeit in Berlin fo bckannt ge- 
worden, wie es HaJJe bahl wurde, dem frei- 
lich die Niihe von Dresden audi zu ilatien 
kam. 

Wie weit des Konigs Abfdicu fiir neue 
Mufik, unci belbnder* Mufik der neuern lia- 
lianer ging, die ihm durch ihre grofse Liobe 
und ha'ufige Bearbeitung der komifchen 0[jci- 
hochft vernchtlich geworder. waren, kann man 
aus folgendeni Urtheil des Konigs «rlbhen, dan 
ich leiner Oriiuialitat wceen nut feinen a,anz 



70 



eigncn Ausdriicken herretzen will. ]0a tier 
Kchiig mich 1770 von Kouigsberg zu der Ka- 
pellnieifterftelle berief, and ich dem gewohn- 
iichen Vornrtheil gemafs vermeinte, es wiirde 
ttxiv doch wohl zum Nachtheil bei ihm gerei- 
then, dafs ich noch nicht in Italien gewefen, 
ich mir auch feft vornahm, ihn bei der erften 
Veranlaffung mu die Erlaubnifs zu einer ita- 
lianifchen Reife zu bitten, und er mich nun 
nach Potsdam kommen liefs, war feine erfte 
Frage, oh ich in Preufsen geboren ware, unci 
die zweite, ob ich in Italien gewefen ware: 
meinem JVein folgte auf den Lippen fchon die 
Bitte, mich hinzufchicken ; kauiu aber hatte 
ich diefes unerwartet gliickliche Nein ausge- 
fprochen, als der Konig mir mit ftarkerm Ton 
in die Rede fiel und fagte : das ijl fein Glilck ; 
hut' er fich fiir die neuen Italianer, fo'n Kcrl 
fchrcibk ihm wie'na Sou. Seine Sanger durf- 
ten in den Kammerconcerten auch nie andre 
Arien fingen als von Hafl'e unci Grawi, 
oder die fo ganz in dem Styl diefer Meifter 
gefchrieben waren, dafs man fie dafi'ir nehmen 
konnte. Selbft freinde Sanger unci Sangerin- 
nen, die ihre mitgebrachte Mufik fangen^ be- 
kamen fehr oft das Konipliment zu horen, dafs 
es ihm leid thate, dafs He ihre fclu'me S limine 
und ihr Talent an folche Bierhausmufik (Mu- 
fique de cabaret) veiTchwencleten; und wenn 
er fie in Potsdam aufhielt und ofterer hiiren 
wollte, fchickte er ihnen wohl Graunifche unci 
Haffifche AriCn, unci liefs ihnen einige Wbchen 
7,eit, folche zu uben. Der italianifchen Opera 
bujftiy die zuweilen, wiewohl felten, fiir hohe 
Gafte in Potsdam fpielen mufste, wohnte er 
aus Abfcheu fiir die ncue unci komifche Mufik 
aufl'erft felten unci faft nie ein ganzes St tick 
hindurch bei. 

Friedrich PVilhelm. 

Von diefem Konige hatte in einem mufi- 
kalifchen Lexicon vorziiglich verdient als Gc- 



genfatz angefiihrt zu werden, dafs er fich 
durchaus fiir keinen Gefchmack in der Mufik 
ausfchliefslich erklart, fondern bisher Werke 
von alien Ai'ten aus alien Schulen und Stylcn 
aufFi'ihren la'fst. Sclion als Kronprinz liefs er 
eben fo gerne grofse Jliindelfche Oratorien ala 
franzbfifche Operetten in feinen Concertmufi- 
ken auffiiliren, hcirte damals in meinen fiir 
ihn errichteten Concerts fpiritue/s, bei denen 
jnein Hauptbeftrcben dalnn ging, die vortrefii- 
chen und in Berlin ganz unbekannten -Arbeiien 
der altern grofsen Italiiiner bekannt zu machen, 
eben fo gerne die Oratorien und andere Kir- 
chenfachen von Leonardo Leo, als das Carmen 
Secidare von Philidor ; machle beim Antritt 
feiner Regierung gleich die fehr gate Einrith- 
tung, dais jahrlich eine Oper von feincm Ka- 
pellmeifter unci eine daneben von einem Frem- 
den aufgefiihrt werden fonte, welches audi 
bisher 1788 in meiner Andromeda und lierto* 
id's Orfeo, 1789 in Naumanns Medea und fei- 
nem und meinem Protefrfao, *) 1790 in mei- 
nem Brenno und Allejpmdri's UlyJ/e ausge- 
fiihrt worden ifl, und ohne meine ttruflkrank-* 
heit, die mich im Oktober 1790 iibernel, unci 
mich am Einftncliren unci Dirigiren meiner 
eben beendigten Kompofition. der Opcr Olim~ 
piade hinderte, auch 1791 mit meiner Olimpiadc 
und AllcJJandrVs JDario gefchehen ware. So 
ward die Olimpiade aber erft im Oktober bei 
den Hofvermahlungen aufgefiihrt. Auch hatte 
der Konig fchon Glncks Alccfte auffiiliren lal- 
f?n, wenn es bisher nicht an gutcn Tenoiftim- 
men gefehlt hatte, unci es nicht allem geftm- 
den Urtheil und Gefchmack zu fehr entgegen 
ware, diefe Oper, mit der Gluck fogar in 
Italien den Verfuch wagte, die Kaftrateu vom 
Theater zu verdrangen, und daher die miinn- 
lichen Rollen in feiner Alcefte fiir lauter Te- 
nor unci Bafsfiimmen fchrieb, diefe mit Ka- 
ftrateu befetzeu zu laJl'en, und fo eine acht 
tragifche Oper, deren Interefle auf ehelicher 
und elterlicher Liebe beruht, von Kajtrateu 



*) Dafs Naumann und ich die Oper ProtefUao zu- 
Canimen in Mufik zu fetzen bekamen, liatte fol- 
gende Veranlaflimg. Ich folltc fchon im Jahr 
jyfiq die Reife nach Italien machen, die ich her- 
nach tin Jahr fpater machte; es verzog fich aber 
damit bis in deu November. Die zweite Oper 
liu di .!» Caviieval foilte Fedra von Vaefiello fey 11, 
die woiite ficli aber far die hiefigen Siinger 
jiicJit recht pa/Ten; mir allcin nun nocJi eine 
Oper zu bcai-beiteii aufzutragen, dazu liielt man 
cs fiir zu fpat, und fo wahlte man eine Oper 
?on zwei Akteu, und N. und ich lofsten um die- 



Akte. Mir /lei der crfte zu. Indefs nahmen 
wir una beide gleich vor, dafs jeder die Oper 
ganz komponiren wolle. Sobald ich nut meinem 
erften AJaferlig war, ging ich an den zwciten, 
wurde auch damit bis zur erften Probe des Nau- 
mannfehen zwciten Akts fertie;, nnd gal) meine 
bereits ins reine gefchricbeue Tartitur des zwei- 

,ten Akts an diefem Tngc an N., damit audi er 
fich die L.uft mnchtc, zu fehen wie wir beide 
den Akt vciTchieden behandelt Iiiitien. Im voii- 
gen Jahr iiat mir N. gefchrieben, dafs er nun 

■ auch den erften Akt bcarbeitet habc. 



vorftellon zu fehen. Eben fo fieht clev Konig 
auf feinem kloinen Theater mit gl'oichem Ver- 
gniigen italianifche, IVanzofifche unci deutfche 
Operetten. Bei der Anwefenheit der Erbftatt- 
halterin von Holland warden in Charlotteu- 
lurg, einem Kunigl. Luftfchlofle, der Tifchler, 
il Faleguamo von dinar o fa durch die italiani- 
-fche Operiftentruppe des Konigs, unci Nina 
mit der franzolifdien Muiik von D'Jlleirac p 
und Claudine von Filla bulla von Gothe mit 
meiner Mtifik durch die Sanger und Sangerin- 
ncn vom deutfchen Nationaltheater vorgeitellt. 

In den Concerten des Konigs Fpielen die 
Virtuofen und fingen die Sanger Sachen von 
alien italianifchcn, franziififchen und dentfchen 
Komponiften ganz nach eigner Wahl. Zur 
Faftenzeit werden in die fen Concerten Ora to- 
ri en von italianildien und deutfchen Kompo- 
niften aufgefiihxt, u. f. w. 

Als merkwiirdige Beweife der Freigebigkeit 
nnd Grofsniuth des Konigs gegen Kiinftler hatte 
verdient angefiihrt zu werden : i) dafs der Ko- 
xiig alien alten Kapelliften des vorigen Konigs, 
die audi itzt nicht inehr gebraucht werden, ihr 
voiles Gehalt gelalTen, und einigen Penfionirten 
fogar erlaubt hat, ihre Penfion auswartig zu ver- 
zehren. So hat der Tenorift Grajfi, der 14 Jahre 
beim vorigen Kunige in der grofsen Oper gefun- 
gen hat, fein halbes Gehalt als Penfion behalten, 
11 lit der Freiheit foldie in Italien zu verzehren. 
Audi ertheilt der Konig Mufikerwittwen anfelin- 
liche Penfionen. So hat die Wittwe feines ehe- 
maligen Lehrmeifiers iiu Violoncell Graziairi, 
das halbe Gehalt Hires Mamies, niimlich 600 Tha- 
ler Penfion behalten; eben fo der Wittwe des 
ehemaligen Fagottiften Eidmer u. a. m. 2) Dai's 
der Konig aufelmliche Peniionen jahrlich giebt, 
zurUnteririitzung und Ausbildung jungerfahiger 
Kiinftler : unter den Artikeln Ilimmel, Jonas, 
Mofer findet man hiervon einige Belege; es 
konnten nocli weit melnere genannt werden. 
5) Kann ich audi wohl das zuden merkwiirdigen 
Beweifen der Freigebigkeit za'hlen, dafs der Ko- 
nig mir auf mein Gefuch einen dreijahrigen Ur- 
laub mit Beibehaltung meines vollen Konigli- 
chen Gehalts, ertheilt liat, urn durdi ruhigen 
Landaufenthalt und einige Reifen meine im vo- 
rigen Jahre durch eine tiidtliclie Kran'<heit fehr 
gefchwachte Gefundheit ganz wieder herftellen 
zu konnen, 

Frifchmxdh (Johann Chiiftian) id 1789 zu 
Berlin geftorben. H'cfscly ein braver und ge- 
bildcter jinigcr Tonkunfller jiulifdier Nation, 



V 

der fchon feit einigen Jahren neben Frijchmuth 
Mufikdirefoor beim deutfchen NationuUheater 
war, trat nun ganz an feine Stelle und ift feit 
der Zeit fehr eifrig bemiiht, das Orchefter zu 
verbeffern, wo von das Publikum auch fchon, 
befondera bei der Auffiihrung von /Hazard's 
vortreflichem Figaro merkliche Wirkung ver- 
fpurt hat. 

Gabrieli (Catharina.) Einige Scenen die 
ich im vorigen Jahr 1790 mit ihr in Rom erlebte, 
hab* ich an einem andern Orte erzahlt, da fie 
neues Licht auf ihren hoclifi eigenfinnigen Cha- 
rakter werfen, durch den fie eben fo fehr als 
durch ihr grofses Talent beriihmt geworden ift, 
und von dem im Lexicon einige Ziige angefiihrt 
werden, unter denen aber doch der ftarkfte fehlt: 
Da fie einft in Petersburg auf keine Weife zu be- 
wegen war in der Oper zu fingen, unci ihr die 
Kafferinn unter andern fagen liefs : es fey fehr 
nndankbar von ihr gehandelt, da fie ein Gehalt 
hatte wie es nur ein Generallieutenant bekame, 
liefs fie der Kaiferinn fagen: fie mftchte denn 
doch ihre Generallieutenants in der Oper fingen 
lafsen. 

Galuppi (Baltafar.) Zu feinen Arbeiten furs 
konuTche Theater gehbrt auch die Operette : /'a- 
varo pmiito. 

S. 470 fehlt: 

Garat (le cadet) ein penfionirter Sanger 
der Konigin von Frankreich, der bei einer an- 
genehmen Tenorftimme das Talent hat, alle 
Sanger und Saneerinnen aus alien Nationen und 
Schulen mit aufserordentlicher Wahrheit nach- 
znahmen, welches ihm von der Konigin eine 
Penfion von Gooo Livres erwavb. 

Giacomelli (Geminiano) hat auch 1724 in 
Mayland folgende beyden Opern gefclnieben : 
Catone in Uiica und V Arrerdone. 

Giomovichi u. f. w. S. 609 ift mit dem Jar- 
nowich S. 687 Eine und diefelbe Perfon. Ei 
verliefs 1785 die Dienfte des damaligen Kron- 
prinzen, jczigen Konigs von Preufsen, weil er 
zu ftolz war urn unter dem Violoncelliften JDu- 
port zu ftdien, der damals fchon als Lehrmei- 
lier des Kronprinzen im Fivlonceli, wiewohl er 
eigentiidi in des Konigs Dienflen ftand, die Di- 
rektion der iVIufik des Kronprinzen fich zuzueig- 
nen ftrebte. Es war nidit mciglich, dafs dicfo 
beiden gleichgefchickten Virtuofen langer zu- 
laninien dienen konnten, da Giomovichi , als 
ein fehr heftiger Gharakter feine Rache an Da. 
port anfs dufserfte tricfo. Er fordcite ilm nach 

K 2 



7 2 



-inem Concert beim Kronprinzen auf den De- 
gen heraus, unci da JDuport fich daranf nicht 
einlall'en wollte, trieb er feine Hitze fo weit, 
dais Du/tort fich inehrere Tage in feinem Haufe 
veifchloilcn halten mutate, urn fein Leben in 
Sicherheit zu ftellen. Dais man G. darauf mit 
grpfsem Bedauern abreifen fahe, kann man fich 
iejcht denken, da er wirklich einer dev grofs- 
ten Virtuofen if't, die je fur die Violine exifiirt 
haben. 

Gluck (Chriftoph.) Ich will hier nur die 
nothigfien Berichtigungen anbringen, und mich 
mehrerer Zufatze, die fich mir in grofser Men- 
ge zu diefcm Artikel darbieten, und meines 
eignen Urtheils enthalten, vveil ich feit Glucks 
Todc die Idee gefafst babe, fcin Leb.n zu fchrei- 
ben, und dazu nur manche Nachricht und ge- 
nauere Beftimmung des fchon Bekannten von 
feinen nachften Freunden envarte. Gluck ift 
1714 in Bahmeu auf einem Dorfe geboren. 
1708 kain er nach Mayland und fchrieb dovt 
feine erfte Oper. Bald daranf arbeitete er fin- 
die meiften Theater in Italien. Seit feinem 
Aufenthalte in London war er audi in JDiin- 
iiemark und wieder in Italian, daranf in fJ'icn 
und wieder in Italien, danii wieder in IVien, 
wo er auirer den unter den fianzofifchen Opern 
angezeigten kleinen Stiicken audi noch fol- 
gende fiir ein Kaiferl. franzofifches Theater 
konrponirte: La faujje Lf clave, Le Cadi 
duppe, JJArbre enchant e, L'Yvrogiie corrigt', 
Lc diabie a quatre und audi einige andre, 
I'agt e:n franzGfifches Manufcript, das ich iiber 
I ein Leben in Handen habe. Aufl'er den an- 
gefuhrten italianifchen Opern find mir audi 
noch von ihm bekannt: La Cle?ne?tza di Tito 
und Jiitigono ; audi weifs ich niit Gcwifsheit, 
dais er in friibern Jnhren noeh mehrere Opern 
in Italien gefcbrieben hat. Seine Hernianns- 
fthlacht if't leider mit ihm begraben, fo audi 
inehrere feiner Kompofitionen Klopftockilcher 
Oden. Eine davon, der Tod, fchrieb ich noch 
im Jahr 1775 aus feinem Munde auf. Dafs er 
audi Kirchenfachen gefcbrieben haben foil, ift 
mir ganz unbekannt. 

Aufler den Anekdoten von clem Ki'initler- 
leben diefes wahren Genies, die ich felblt in 
mcinem Kunftmagazin von ihm habe abdrnk- 
ken lalfen, unci audi bereits in mehrern deut- 
fc.ben Schriften von ihm Ziehen, erzahlt das 
vor mir liegende franzofifche Manufcript von 
der Hand eines Kavaliers in 7T r ieu nocb fol- 
gendc: t ,Gluck der inl Jahr 1708 in c'lem Haufe 
dcs Piinzen JUelzi in Mayland als Muiiker en- 



gagirt war, unci fchon verfdiiedenc Beweife 
von feinem mufikalifchen Genie gegeben hatte, 
wurde aufgefordert, eine grofse Oper furs May- 
li'indifche Theater zu komponiren. Gluck nahm 
diefe Auffoderung an, und indem er fich den 
Eingebungen feines Geniees uberliefs, entfernte 
er fich von der gewohnliclien Balm der an- 
dern Komponiften feiner Zeit und fchrieb eine 
ganz expreflive Mufik. Ein Genre, worin er 
nachher fo fehr excellirte, und welches er to 
zu fagen erfchafFen bat. Bei diefer Gelegen- 
heit ereignete fich folgende Anekdote. Gluck 
war ein vertra titer Fionnd von Sanmartino, 
der damals einen grofsen Namen hatte und zu 
Mayland lebte. Er unternnlnn indeta feine 
neue Arbeit ohne irgeinl jeniamlen dabei zu 
Bathe zu ziehen, und beendigtc fo die Oper 
bis auf eine Arie, die andre Worte erforderte 
und deshalb noch unkomponirt blieb. Die 
erfte. Probe von Glucks Oper wurde im Thea- 
ter gehalten, und die Nuiigierde zog eine 
Menge Menfchen liiu, die ungeduldig war, 
diefe n er/'ten Verfuch eine? neuen Kojnponiften 
zu bcurthdleu. Die Ohren der Zuhorer wa- 
ren an diefes Genre niclit gewobnt,. und alle 
lacliten in ilnen Bart und hielten fich fiber 
den jungon Komponilten auf. Gluck bcmerkte 
es, fagte nichts und blieb feinem Genie gctreu. 
Die eine noch unkomponirte Arie fchrieb er 
aber in einer ganz verfchiedenen Manier, und 
fuchte damit bios den Ohren zu fchmeicheln, ' 
ohne fich ans ubrige Ganze zu kehrcn ; ganz 
nach den Wiinfchen der Italia'ner, die diefes 
lieben, weil fie im Theater nur ein fuperficiel- 
les Vergniigen fuchen, ohne die Arbeit zu er- 
gri'inden, und auf das Ganze zu achten. Die 
Generalprobe zog noch mehr Menfchen bin, 
und fo wie die Zuhorer die neue angeneh- 
me Arie nur horten, brachen Pie in den laute- 
ften Beifall aus, und raunten fich ins Obr, 
die Arie fey von Sanmartino. Gluck fah' unci 
horte alles, und fchwieg. Bei der erften Vor- 
ftellung feiner Oper lief alles hinzu: der Er- 
folg der Mufik war vollkommen, denn die 
Wahrheit. hat das Becht uberall erkannt zu 
werden. Die von alien iibrigen fo verfchiedne 
Arie ward fade und fo wenig den iibrigen an- 
pafiend befunden, dafs man fchrie: fie ent- 
Itellte die Oper. Nun rachte fich Gluck und 
beftarkte das fo voreilig errathende Publikum 
in der Meinung, jene Arie fey wirklich von 
Sanmartino. 

„AIs er nach NeapeL berufen wurde, m\\ 
dort zwei Opern zu komponiren, fa ml er da 
den grofsen Sanger Cafariello von der Nation 



7^ 



angebetet, und von nller Welt mit den ans- 
gezeuhnelften Ehrenbezeugungen uberh.iuft ; 
alle Mufiker betrugen iicb uiit vieler Unter- 
werfung nnd Bef'pckt gegen ihii. Gluck ward 
clavon untcrrichtet, nnd klbfi tlazu aufgefor- 
dert. Er aber machti- nicmandem die Yifite, 
obglekh er wul'ste, ckd's Cufaricllo in feiner 
Oper fingen folltc: lo dafs dicier, erftaunt i'lber 
dies unerhiirte Veriahren , gezwungen war 
Gluclivit die Vilife zii macheu. Nachher war- 
den fie die beitcn Freunde. " 

„In Neaj»el koinponirte Gluck fiir dicfen 
Sanger die beriilnnte Arie: So inai fenti fpi- 
rarti fid volio , gegen die Iicb alle damalige 
durtige Kojupuniften verbanden and behaup- 
teten, dais in einer Stelle, wo die liiftmmente 
wuhrend einem langen Hake tier klingcndcn 
S Limine ties Cafariello viel zu than hatlen, 
die I\egeln verlet/.t wj'ren. Sie lief en hanfen- 
wcife mit tier Pariilnr diefer Arie zu Durante, 
deiii clamaligen Oi.ikel der Tonkunft, ma feine 
Emit heidnng /u horen. Diefer grofse Meifler 
nnterfuchte die Stelle mid fagte ihnen: ich 
lung nicht enthheiden, ob das fo ganz <\m 
hegeln tier Kompofition genu'ifs fey; das fag 
icb each aber alien, dais wir alle, bei mir an- 
gefangen, uus lehr both darnit beriihnien wiir- 
t\en, wenn wir eine folche Stelle gedacht uml 
gefclirieben batten." 

„In Parma weintc tier grofse Sanger Mi- 
lieu als man ilim die Jiollc ties Orfeo brach- 
te, inn fie auf dem lioftheater zu fingen : cb-nn 
es ftbien ilmi als wenn das dnrchaus keine 
Roile fi'ir einen prima fatotno nach italianikher 
Sitte fey. Nachdem er aber nnter Clucks Di- 
rektion die Bolle cinftudirt h.Ute, fchamte er 
Cdi feiner Kurzfichtigkeit, gewann damit den 
vollkommenften Beifall, nnd wanl fo ganz 
Glucks Frennrl, dafs er daranf be/tantl, einige 
Jabre init Gluck in Ft icn zn leben. " 

„In Paris wnvtle ibm an dem Tage, da 
feine Jphigcuia in Aidide ziim erftenmal anf- 
gefiibrt werden follte, gemeldet, tier erfte San- 
ger fey j; : "'tzlith krank geworden, nnd tlie 
Kobe mi'ifi den Abend voji eineni antlern ge- 
i'ungen werden: dies war vielleicbt nur eine 
Kabale uui die Oper falleji zn machen. Gluck 
anerkte tlieies nnd antworlete, tlie AufFiihrung 
miiffe vcrkhoben wertlen. Man vcrficherte 
ilun dies fey mminglith: f l a s Stack fey ange- 
kiindk'l, tlem Iloi'e gemeldet, unci eine I'.ik'be 
plotzliche VciTcIiiebung finer erwaiteten Vur- 
ftellung fey ohiic ullcs Bciljuel ; das Stuck uuill'c 



alfo nothwendig fo guf es feyn ktinne, g«:-geben 
werden. Gluck ukLiile tiagegen, er wiinie feine 
Oper licber ins Feuer werlen^ als eine verftiun- 
melte Vorftellnng gebeji, nnd blieb in leiner 
Entfchliefcimg uneifdnUterlich. Man nnter- 
richtele den Hof davun, and die Vorftellnng 
ward verfchoben." 

„Als Gluck einft in Tlleu eine feiner Opern 
beim Fliigel dirighte, ergriff das Feuer am Entle 
des erften Ballets eine Couliffe. Es entftaml ein 
grofser Larin ini Theater, die Ta'nzer zogen licb 
zuriick, tlie Zufcbauer fucbten /icb zn relten: 
das Feuer wmtle iudefj gelufcbt nnd man bcfahJ, 
den zweiten Akt tier Oper anzufangen. Gluck 
witlerfetzlc fit.b, weil derTmnult iicb nocb nicht 
ganz gelegt batte, mid verlangtc tlas Ballet lolle 
noil) eimnal jjegeben werden, tlamit iicb unter- 
tlel's der Liiriii lege. Es entftaml dariiber ein 
beftiger Streit. Die Tanzerinnen zittorten nocb 
von Schreck, die Ta'nzer w.uen bereits cnlklei- 
t'et. Gluck aber ftieg endlicb auf feinen Stnhl y 
nntl rief in Gegenwart tics Holes laut iibcrs The- 
ater: entwetler tlas Ballet wird nocb eimnal ge- 
tanzt, oder tlie Oper ill fiir bcute aus. Alan war 
gezwungen das Ballet nocb eimnal anzufangen, 
woranF die Oper mit tlem ausgezeiebnetften Bei- 
fall fortgefpielt wurde. Diefer bewnndeniswiir- 
dige Muth bat ibm bei vielen Gelegenheiten, be- 
fontlers in Frankreicb, grofse Dienfte getban." 

„ Gluck ricbtete wo er nur innner konnte, 
feine Mnfik nach tlen Perfonen, tlie fie fingen 
follten, dem Orte and tlen Uniltanden ein: das 
entzweite ibn einft mit 11/ injtajio ; denn Gluck 
wollte die Ortlnung nnd Vertbeilung tier Bollen 
niuiintlern, inn fie beifer tlen Sangern, die eben 
da waren, anzujiaifen. Die Wirkung recbtfer- 
tigte Glucks Urtbeil, das jederzeit von feinem 
vicbtigen Gefi'ihl zeagte." 

„Nocb itzt (iin Jalir 1786) hat Gluck ein fehr 
empiindliches Herz; kaum dafs man von einer 
feiner Opern zn fpretben beginnt, fo nimmt er 
Theil, geriith in Feuer, in Leidenfchaft , weint, 
nnd fagt nierkwiirdige Worte dariiber. So al's 
nnd fcblief er lalt nicht, wenn er eben im Feuer 
der Arbeit war. Innner von feinem Gegenftande 
voll, fjuaiig er oft ties Nachts auf, verliefs oft 
die Tafel ma zu fchreiben. " 

,,In Horn nalnn er den Titcl eines Bitters 
vovi gu/dneu Sporn an. Diefes trug iiichts zrt 
feinem j.-erfdnliciicn Vertlienft and I\ahm bei, 
gab ibm aber den in nianchen Fallen angench* 
xnen Tiled ties Chevalier's. 

K 5 



7'f 



Ich will hicr run- noth der Anekdote' die im 
Lexicon von Ilandcl unci Gluck erzahlt wird 
eine aiulre cntgcgen fetzen, die icli in London 
feibiT viclfach erziihlen hdrte und die jene et- 
wa9 umvahrfcheiulich macht. Gluck kompo- 
nhte zu Hand els Zeiten audi fur die grofse 
italianifche Oper in London; feine erile Oper 
foil bey der erfien Vorftelhuig niclit gefallen 
haben, nnd Gluck bekfigte fich dariiber gcgen 
Handel, ihm feine Partitur vorzeigend. Iliin- 
dcl erwiderte ilun darauf : Ihr habt Each nur zu 
viel Millie mit der Oper gegeben, das ift hier 
■aber niclit anpebracbt; fiir die Englander miifst 
Ihr nuf irgend etwas Frappantes und fo recht 
aufs Tronunelfell Wirkendes raffinirer: uiulEure 
Oper wild dann gewifs fehr gefallen. Diefer 
Rath foil Gluck auf die Idee gebracht haben 
zu den Choren der Oper Pofaunen zu fetzen, 
und nun foil die Oper aufserordentlich gefallen 
haben. Ich gebe diefe Anekdote vvie fie niir 
erzahlt word en ift; jene aber von Hdndels har- 
tem Urtheil iiber Gluck als Contrapunktiften ift 
auch nur Sage, and hat weniger Wahrfchein- 
Uchkeit fur fich. Man kaun aber auch anneli- 
men dafs fie beide wahr find, und dafs Iliin- 
del, einer der groTsten Contrapunktiften leiner 
Zeit, Glucken als Contrapunktift mil lick felbft 
verglichen, fiir keinen Contrapunktiften gehal- 
ten habe, fo beweift das dock nichts zuiu 
Nachtheil des grofsen leidenfchaftliehen The- 
aterkomponiften. Da ich )iiich hieriiber fchon 
in dem 7ten Stuck meines Kunftmagazins 
bei Gelege'nheit der Gluckfchen Arie: JMijcro 
ah che faro? weitlauftig ausgelaJTen, fo will 
ich meinen Lefer nur dahin verweifen. Auch 
weifs ich, dafs mem Herzensfreund Schulz die- 
felbe Idee gefafst hat, Glucks Leben zu bear- 
beiten, und von dem kcinnen die Freunde der 
Tonkunft jenen wichtigen Unterfchied zwifchen 
Theaterkomponiften und Contrapunktiften fehr 
voUkonnuen ausgeflihrt erwarten, 

S. 5ao feh It: 

Gi> the der fich durch die neue Ausgabe 
feiner Schriften urn jede Kunft und alle zur 
Kunft Berufene, vorziiglich aber auch.um die 
Tonkunft und den achttm Componiften liuchft 
verdient gemacht hat. Von dem herrlichen 
Gedicht das den eiften Band anhebt, Zuelgnung 
iibeifchrieben, und das in der fchweren Dich- 
tungsart, die die Ilalianer ottave rime nennen» 
ein fo vollkommenes Muftar ift, wie es viel- 
leiclit felbft die Italiiiner niclit aufzuweil'en 
rnben, bis zu dem kleinen Drama: Ki/nftlers 
/f/jocu.-oTf. das den achten Band befchliefst, 



weht durcb. alle Stiicke ein fo achter grafter 
Kunftgeift, dafs diefe Lektiire allein, jedtui. /ur 
Kunft Berufenen wecken und auf den rechten 
Weg leiten kann. 

Dort fpricht die PT'ahrheit; durch de8 Dicli- 
ters Mund: 

Dem Glurkliclien kann es au niclits gcbiecjicii, 
Der dies Gefclienk mit /tiller Seelc niromt; 
Aus Morgenduft gewebt mid Sonnenklarheit, 
Der Diclitung Schleyer aus der Hand der W«iJir- 

Jieif. 

Hier die Mufe: 

So wirkt mit Macht der edle Maun 

JaJirhunderte auf feines Gleiclieu: 

Denu was ein guter MeiifcJi errcichen kann 

Ift niclit im eogen Raum des J^ebeus zu errcicheu 

Drum lebt er audi nach feinem Tode fort, 

Und ift fo wiikfam als cr lebte. 

Die gute That, dns fchone Wort, 

Es /trebt unfterblicli, wie er itcrblich ilrebte. 

Fiir alle Lebensmomente desKiinftlers, von 
der Stunde der Einweihung bis zu leiner Apo- 
thcofe linden fich in Giithe's Schriften, erwe- 
ckende, leitendc, erhebende, bildencle, golclne 
Spriiche. Und was miifsen jedem achten Kiinft- 
ler, oder auch wahihaft Berufenen, Gothe's 
volleiidete Darfteliungen nicht alles feyn und 
gewahren ! Seine Tphigenie und fein Taffo find 
gewifs die vollendetften grofsten Kunftdarftel- 
lungen die irgend eine Sprache aufzuweifen 
hat, fein Glitz von Herlichingcn und fein Faujl 
— Doch ich trete aus den Schranken des Ton- 
kunftlers, der ich hier nur feyn darf und foil, 
und fo fey auch diefer nur damn erinnert, daft 
er in der nenen Ausgabe von GiJiha's Schrif- 
ten fiir jede Art, die nur je auf dem deut- 
fchen Theater vurgeftellt werdon und wirken 
kann, vortrefliche Gedichtc findet, die ilnn den 
wahren Gang der Leidenl'chaft und des EfFekt- 
thuenden unverkennbar vorzeichnen. Sie ent- 
halten fiir den Gefang aufser einer Menge fehr 
bedeuteruler fchonev einzelncr Gedichte, im 
achten Bande folgende Stiickc : i) Clau- 
dinc von Villa Hell a. a) Erwiu und Ul- 
nar c. 5) Jery und. lidtcly. 4J Scfierz, Life 
und liache. 5) Lilla, 0) Der Triumph der 
Lmpfnulfamkeit. j) Die Vagel. Diefe bei- 
den letzten fehr laimigen Stucke geben <\cm 
Tonkiinftler viel Aulafs zu a'cht koniifchor 
und ()riginallauniaer Mufik. Haydn, DiUers- 
dorf u, f. ip. konnten ihr fchoiics Talent 



'!'> 



gar fehr dabey anwenden. Die drey er/ten 
Stiicke hab' ich mit grofser Lufi: in Mufik ge- 
fetzt, unci bereits in Berlin mit fehr gluckli- 
chem Erfolg' auffiihren fehen. 

Goldberg ( — )• I c " befittfe von 

ilun audi einigc grofse fehr fchwere Fli'igel- 
concerte. Von fen i or ungeheuern Fertigkeit 
erzahlt man Wuuderdinge : er foil die fchwer- 
ften Sadien nicht nur vom Blatte, fond em 
audi vom umgekehrten Blatte leicht und frey 
gefpielt liabcn. In fcinen Phantafien loll er 
unerfchopHich gewefen feyn. Was er felbll 
fi'trs Klavier auffchrieb, foil er immer nur fur 
elemle Kleinigkeiten fiir Damen gehalten ha- 
ben. Der grofse Sebaftian Bach hat ihn jeder- 
zeit fur feinen ftarkften Scliiiler im Klavier 
und in der Orgel gehalten. Er befchaftigte 
iich aber audi Tag und Nacht mit der Mulik 
und kiimmerle fich mu alles iibrige durchaus 
gar nicht. Er war ein aufserft melancholifcher 
und cigeniinnigcr junger Mann. Eine feiner 
tscliweftern die einen Danziger Major zum 
Manne hatte, liab' ich als Knabe oft Stunden 
lang von ihiu erzahlen huren. Sie felbft fpiel- 
te die fchwerflen Sachen ihres Bruders mit 
grofser feltner Fertigkeit und Pracifion, olme 
aber je cinige Unterweifung von ihm erlialten 
zu haben, fie diuTte nicht in fein Zimmer 
kommen wenn er fpielte, fondern laufchte nur 
aufserhalb an der Tin ire; dahingegen er fich 
mit einer altern Schweiter die er liebte, die aber 
nicht das mindefte Talent zur Mufik hatte, alie 
mfigliche Miihe gab fie mufikalifch zu machen : 
doch vergeblich. Es ift diefes ein fehr merk- 
•wi'irdiges Beifpiel wie in der fchonen Kunft 
allc Miihe da verlohren ift, wo kein nati'irli- 
dies Talent zum Grunde liegt, und wie das 
wahre Talent hingegen nur des guten Beifpiels 
bedarf, urn aufgeweckt und gebildet zu wer- 
den: denn wenn ich die Frau Capellnteijlerin 
fj'ejtanholz in Ludicigsluji und die Frau von 
Schadcn in Augsburg ausnehme, fo befinne 
ich mich nicht je eine grofsere Klavierfpielerin 
gehcirt zu haben, als die ununterrichtete Scliwe- 
iter Goldbergs. 

Orajp, (Antonio) lebt feit 1789 in JPlfa 
und geniefst auf Lebenszeit eine Penfion vom 
Konigl. Prenfsifchen Ilofe. 

Graun (Carl Heinrich). In der Anzeige 

der Werke clieles Meifters fehlen die italiiini- 

fihcu Gantaten die er in zieinlicher Anzalil 

'komponirt hat, und die zur richtigen Beur- 

tlifiluDg feines VercUeniies als Singekoinponift 



vor alien andem am beften zum Mc.ifsfube 
dienen. Er fchrieb dude gun/- frey, nach eig- 
11 em Sinne, und fchrieb lie giufsentheil* fur 
l'eine eigne vortreflichc Ti.ni.rftimme. 



D 

ei'z 



S. 53 7 feh It: 

Grave ( — — — ) ein junger Sanger 
defTen fchone Tenoifthnnie und Gdtait 11119 
einen ganz vorziiglichen Theaterhinger ver- 
fprachen ; der Tod rafte ihn aber in der fcln'iii- 
ften BliUhe weg. Die verwittwete Ileiv.'>g'm 
von IT'eimar, in deren Dienften er zuletzt itand 
fcliickte ihn vor einigen Jahreit nacb Italien 
und er war eben in Neapel in der vortrefli- 
chen Schule des Alto - Sanger Jprile als eine 
Art von Verriickung ihm den Tod bewirkte. 

Graziaut war ein braver italianifcher Vio- 
loncellift und feit Hejfcns, des Gambiften Tode, 
und bis zu Duports Ankunft in Berlin, L-eh- 
rer des jetzigen Kunigs von Prcufsen im Vio- 
loncell. Er ftarb 1787 in Potsdain: l'eine Frau, 
die an den Operettenvorftelluneeii der daniali- 
gen Kronprinzefllnn von Preufsen oft. die Ehre 
hatte als Sangerin Antheil zu nehmen, bit 
vom Konige das halbe Gehalt ihres Mai.ues, 
namlich fechs hundert Thaler als Pen Hon be- 
halten, und erzieht an ihrer Tochter, die cine 
ftarke voile Contr' Altftiinme hat, eine brave 
S«'ingerin fiir diefe fo feltne und inuner feltner 
werdende Stinmie, 

Grctry (A. E. M.) Schade dak H. G. bey 
diefem Artikel nicht die reichhaltigcn fonder- 
baren Mcmoires diefes Kunfilers hat benutzen 
konnen. Er hat darinnen fein Kiinftlerleben 
mit grofscm Detail befchrieben, und zn fo 
vielen andern Memoires einen nenen Bewois 
geliefcrt, wie felten die Memoirenfchreiber 
ihres eignen Lebens fich felbft kennen. 

S. 547 fehlt . 

Grillo (Nicolo) delTen Cantaten in Italien 
fehr gefchatzt werden. Man hat von ihm audi 
einige iiber Poefien im neapolitanifchen Volks- 
dialekL 

Le Gros (Jofeph) hat bereits fe't zehn J.ih- 
ren das grofse Operntheater in Paris veilail'en, 
und wollte im Jahr 17O7 ills dem letzten Jahr 
feines erften Privilegimns audi das Concert 
fpirituel aufgeben und auf einem Landguie fein 
Leben befchliefsen. 

Grojfc (S. D) der Violinift, liarb 1789 in 
Berlin, allgemein bedauert, in fcinen belten 
Jaluen. 



7 6 



S. 55i fehlt: 

Groffe, cin gefcluckter Hoboift in der Ko- 
liiglichen Candle, der an feinem Sohne einen 
fehr braven Y'ioloncelliften erzieht. Diel'er hat 
fich als Knabc bereits bey Hofe und dem Pu- 
bliknm mit Beyfull horen lalfcn. 

S. 565 fehlt: 

Guiguou, ein ehemaliger braver Klavier- 
fpieler in Paris. 

S. 5G6 fehlt: 

Gitrlich, Msheriger Organift bey der Ca- 
tholifchen Kirche in Berlin, und feit 1790 Con- 
traviolonift in der Koniglichen Capelle dafelbft. 
Er hat einige fehr gnte Klavierfachen in Ber- 
lin bey RelUlab drncken lairen und audi fur 
den Gefang einige Cantaten und Scenen kom- 
ponirt die ihm Ehre inachen, und einen vor- 
zuglichen Componiften fi'ir die Zukunft ver- 
Iprechen. Eine deutfthe Cantate auf den Ge- 
LmrLstag des itztregierenden Konigs fur das 
ILiebhaber concert , und eine italianifche : la 
Tevipefta fi'ir Herrn Fr aniens angenelnue Bafs- 
ftimme gefchrieben, zeichnen fich vorznglich 
danmter aus. 

Handel (George Friedrich.) lux Verzeich- 
nifs der Werke diefes Meifters fehlen folgen- 
tle: Unter den Opern, die italianifchen Opern: 
Rinaldo und Raii 'ainijlo, die ich in fauber ge- 
ftochener PartiLur befitze. Bei einer wieder- 
hollon Vorftellung umfs Handel neue Slucke 
liiiizugefi'igt haben, denn er hat fpa'ter, unter 
dem Titel: Arie aggiwiLc di Raddmifto nocli 
v.ehn Alien und ein Duett ftechen lall'en. Die 
Oper: P aft or fido gehcirt nicht unter feine 
dcutfthen fondern unter feine italianifdieu 
Werke: fie ift vielleicht feine gefalligfte Arbeit ; 
ich habe audi etwns damns ini KuitfimagarJu 
abdrucken lall'en. Unter den geiftlichen Sarhen 
fehlt cines feincr allenvithtigften und fdiuii- 
ften Werke: Funeral Anthems : das genauc Siu- 
dium diefes einen Werks konntc ein a'chtes Ge- 
nie zum Componiften bilden. Ich befitze audi 
ein grofses in Kupfer gel'tochenes Werk vim 
440 *Kupferplatlen, welches den deutf'chen Yer- 
ehrern ll;'indels vorziiglich bekannt zu wenien 
verdient; denn es enthiilt die fchonftcn Alien 
ans den meiffn Opern die von Handel in 
London aufsefuhrt wonlen find. Ich will znr 
Erleichternng der Nachfrage den ganzen Titel 
tlavon herfet/en, iiberzeugt, dais man lich die- 
fes Werk, das die Bluihen und Blmnen dev 
lueiilen Hiindelfchon Opern enthiilt leichter 



verfchafFen kann, al* die Opern felbft, die nur 
zum Theil in Kupfer geftochen find. -Erheifst; 
Apollo's Feaft or the Harmony of the Opera 
ftage being a well.chofeii Collection of the J a- 
■uourite and moft celebrated Songs out of the 
late ft Opera's compos' d by Mr. Handel, done 
in a vlaln a intelligible Character with their 
Symphony* for Foices and Tnftruments the 
whole fairly engraven ct carefully corrected 
(diefes letzte ift nicht wain) containing e5x 
Plates. JLoudon Printed for and fold by 
f'Falsh in Calerine ftreet in the ft rand and 
Jofeph Hare in Co nihil I near the Royal JLx- 
change. 

Ein dritter Theil differ Sammlung, der 
aus 209 Kupferplatten befteht, hat nodi fol- 
gende Nachricht auf dem Titel: /// this, and 
the ift Collection is contain' d all the cele- 
brated Songs out of I/Ir. Handel's Operas. 
Das ift nun nicht fo ganz wahr, indefs ent- 
halten beide Theile — der zweite, den ich 
nicht befitze, iimfs Werke cines andern Mei- 
fters enthalten — docli die fchonlten Alien 
aus i\en meiften Hiindelfchen Opern und zwar 
aus Gulio Cefare, Flavin, Jluzio fcevola, 
Othone, Floridantc, liimcrlano, Rinaldo, To- 
lomeo, Admeto, Allefjandro, Rodeliuda, Scipio, 
Siroe y Radamifto, Ricardo I. Thefeo. Die 
Titel der Opern find in diefeni Werke grofs- 
tentheils englifch abgedrnckt, audi enthalten 
viele Arien nehen der italianifdicn Poefie ei- 
nen untergelegten englifch en Text. Die mei- 
ften Alien find in vollftandiger Partitur abge- 
dnickt, und da, wo nur eine Violinftiuune und 
der Bafs neben der Singfliuuue fleht, — zn- 
weilen fteht audi bios Fiolino uius : iiber der 
Siiigftiiume — - ift wohl audi bei der Auffuh- 
rung, nach der damaligen Simplicitat der Be- 
glcitung und doiiiinirendcn Gultheil: der 6>;ng- 
itimnie weiter keine Begleitting gewefen, und 
man fnulet fie audi fo in den vullftiimnig ge- 
ftodienen Partilinen; die meiflen Alien liaben 
indefs ztoei Violinen, Jirutjche und liafs: ei- 
nige audi blafende Inftruniente, die man da- 
nials nocli fehr zu hervorftechender und ganz 
beftiminter Wirkung auffpartc. Die Singltim- 
me der meiften Diskantarien ift im Violin- 
fdiliiilel, nur felten, und meift bei tie fern fa ft 
Contr' Altarien im Diskantfchlulfel. Man ift 
dannls in London eben fo Mug gewefen, ala 
aiu\n es itzt in Berlin ift : . zu grofsen lieroi- 
fchen I\ollen audi die Bafsftinune auf tleiu 
italianifchen Opernlheater zu gebrauclien: es 
ift eine Freude die fchoncn Handelfchen Bafs- 
arien auzufelien, die nicht Diskantarien IVyn 

wollen, 



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rvollen, fond em a elite Bafsiirien find und von 
Anfang bis zu Ende es hkibcn. Dk meiften 
Avien find am Ende nodi fur cine Flute, eine 
Quintc, auch wold Sexie ln'iher abgedmckt, 
workmen die Oberlihume a us den ftitornells 



fowohl als von der Singepanhic, Note f fir Note 
fteht. F.ndlich cnthalt die Samnilung auch 
noch einige Duetten a us den Handelfch.cn 
Opern. 



3. Freimuthjjre Gedanken iiber das erfte Heft des mufikalifchcn Woclicnblalls. 

An die Ilcrrn Ilerausgebcr. *) 



Ihr Unlcrnehmen ift zu ri'ihm'.kh und die 
Ausfi'ihrung zu gli'icklich begonncu, als dafs 
nicht jeder eifrigo Kuiiufrennd wi'mkhen kibe, 
liu- Wochenblatt mit jedeni folgcnden Stiicke 
dcr Vollkommeuheit naher ruck en zu felin. 
Man erkcnnt gar wuhl an manchem Auffatze 
des erften Heftes die Meiflerhand, und iiber- 
all die lublkhe Abficht, dnrch ftrenge und 
feine Critik die Ki'uifiler auf die beften Zwecke 
der Kunft und auf ihr wahres Wefen aufmerk- 
fam zu niaclicn. Gcwifs geht Ihr Hauptaugen- 
jnerk dahin, den fatalen Schlendrian, in dem 
die meiften Knnftler unfrer Zeis fo gedanken- 
los hinfchlendern, und der Erbarmlichkeit. un- 
frer feilen Critik mit Macbt entgegen zu ar- 
beiten und um To einpfindlicher miifte Ihnen 
felbtr. jeder Mangel, der bci einein folchen 
Werk unvenneidlichift, werden, wenn er ofter 
fich einftellte, oder gar bleil)end wi'urle. Es ift 
aber nicht mbglich, dafs dieHerausgeber felbft, 
die hniuer nur mit der Fortfetzung befchaf- 
tigt feyn mi'iHen , ganz ftrenge allenial wa'hlen 
konnen, oder mit fo ruhigem unbefangenem 
Blick auf das Werk zuri'icklelien konnen, mit 
dem es der ruhig-anfmerkfame Lefir betrach- 
tet. Audi werden <iie offentlichen Crkiken 
nicht unbefangen und oiTen genug Ihr Werk 
beurtheilen. Die meiften Zeiturigscritiken, die 
einmal zur Auspofannung der Exiftenz eines 
Werks nothvvendig geworden find, werden alles 
loben, vvenn iia Ihnen nicht gar zmnuthen, 
dafs Sic die lobenden I\ecenfioncn felbft ein- 
fchicken folleu. Die belferen Journale werden 
Ihnen eine Menge Anzeigen und ftecenfionen 
zu le fen geboi:, die cntweder von Frcunden 
Q.der Fcinden gefchrieben werden. An diefen 



letzten wird os Ihnen bei Hirer grofsen Frei- 
miithigkeit nidi! fehkn, an jencn eben lb \ve- 
nig, da die Z;:!il liner iNlitarbeiter grofs /u fcyn 
kheint, und iidi auch Manner van wkhtipem 
Einllufs bereits angc-kneen iiahcu zu nennen. 

In diofem Sendfchreiben bkiet Ihnen cin 
Mann freundli h die Hand, den Sie durcli die 
Abficht und Ausl'uhrung lines Unternehniem 
bereifs zum aufmerkfamen und theilnehmcn- 
c\en Lefer gemacht haben , und der die Ver- 
vollkommnung Hires Werks herzlich wiinkhl, 
und nacli feinem Vernuigen dazu boilr.igen 
liiuchte, wenn Ihnen die Idee gefiele, Ihnen nach 
Beendigung eines jeden Heftes die felbft ge- 
machteii oder bier und da aufgefangenen Bo- 
merkungen iiber dalTclbe zum Abdruck im fol- 
genden Hefte mitzutheilen. Sie winden diuch 
dicfe MitLhcilung eines Tadel*, den Sie gcrecht 
finden, den beften Bow-is able2.cn, dafs Ihnen 
die Vervollkonunnung Hires Werki wahrhaft 
am Herzen lage, und jeden Tadel den Sie 
nicht anerkennen konnten, mi'ifsten Sie gleicli 
in hinzugefiigten Amuerkungen widerkgen, 
oder die entfchuldigenden Uml'tande fo weit 
fie der offenllichen Bckanntmacbnng werth wii- 
ren , hinzumgen. Auf diefe Weifc wiirden 
Sie dem Lefer manche hiftorifche Nachrichr 
von der Entftehung diefes und jenes Auffatze? 
bckannt machen konnen, wozu Ihnen fori ft 
die Veranlalfimg felilen wiirde. Mancher hin- 
ge wo rf en e und halb oder niifsverftandene Ge- 
danke wiirde auf diefe Weife genauer entwik- 
kelt werden u. f. w. 

Wir machen dann zum voraus untercin- 
ander ab, dafs icli das bios zu Lobende nie 



*) Tin Fclder in dcr AdrcfTc Iiat diefei tins fclir 
•willkoiitniiic Sf:Iue;l)ei! fj),Uer in imfie Il.nule 
kommcii laiTi"n. Wir p)icn mit dem btfton V\'il- 
leit in 'lie like dc< Ilcrrn BricffdiiRiburj eir., 
mid werden in dem i..n li/tcn Su'ir.k die Aumor- 
kun^fii iiber d.i? eriic I luff mit oinigcii vim mis 
liiuzitgufiigtcii Ainitcrkungcit abdrttcken Ia/IVh. 



Der Fort f<jt 7.ti ng folclier freiniiiihicfir Ct>danI:on 
iihur n nfer ^^ oclicnldau, und ddicn iiuiuik )i- 
r\g.c. Forifei/<inj>; als JMon.uhsfclirift felien wir, 
und verniutldiili tmfrc Lefer mit mis, ir.it Vlt- 
i^iiiiai-n ciUioacii, 

' " J. It. 



7 5 



beriihre, unci dafs ich meincn Tadel fi'ir mcht9 
antlers gebe, als fi'ir Bemerkung eines Kuiifc- 
freuudcs, der in tier Vervollkoiumnung Hires 
Werks unci felbft in Hirer Wiclerlegung feines 
Taclels eigne Belehrnrig fucht. Dcn^Lefern 
kann es audi nidi »: uninterefTant feyn, an einer 
folchen Joyalen Unterhandlung Antheil zu neh- 
men. Ich denke mir das vielmehr ah eine 
nicht unangenelune Erwartung mehr im Hcr- 
zen Hirer Lefer. Und bekannllich ill die Bc- 
nutzung und Vervielfa'ltignng dieter Erwartung 
ein Hauplzug rchi-ifYIicllerirciicr Klugheit. i\lit 
gutem deutfchem Vertruuen fend' ich Ilmen hie- 



mit die Anmerkungen, die Ich nnd die mich 
zunachlr Umgebenden iiber i!as erfte Heft Hi- 
res Wochenblalts gemacht haben, und Hire 
Aufnaiuiie wircl entltheiden, ob ich kiinftig 
fortfahren oiler fchweigen foil. 

Hah 3 ich gegen Hire Einwendnngen wie- 
der etwas auzuiuerken, fo loll das in moglich- 
fter Ki'irze, und innner mit der Achtung ge- 
fchchen, die nun fthinnern fJiuldig ift, die 
zuni walnen Vergniigen und zmn Unlerricht 
des Publlkuuis thaiig wirken. 

(Die Fortfetzung im n.icbfien Snick.) 



dllgcvieine Gefchichle der Mufik von J. iV. 
Forkel. ,xv Band (koftet in der neucn Ber- 
linifchen Mufikhandlung 5 Rthlr. i5 Gi\) 

( E r ft e Fortfetzung.) 

In dem erften Kapitel, welches vom Ur- 
fprung und dan Eifindern der iMufik handelt, 
h'ifst licli II. F. mit Rccbt auf die verfdnedenen 
oft fehr wunderlichen Me'mungen iilterer und 
11011 erer SchriftfielltT vom Urfprunge der jMtifik 
gar nicht ein. Er fagt (.S. 69.) fehr walir: die 
Alufik i it ein eben fo nothwendiger Tlieil [in- 
fers Wefens als unfre Spraihe. Si J ift die 
.Sprache urifors Her/ens, und den Kchn der- 
felben bringt jeder Alenfch bei feinem Eintritt 
in dicfe Welt mit fidi. Im c. 3. 4. 5. und 
6. (j. handelt II. F. von dem fehr langfamen 
allmahligen Fortfchritte der Kiinfte und Wif- 
fcufdiaflen im Verbal tnifs mit dem Zuflande 
der JSauonen. Von den allererften Eifindern 
mag das wohl gel ten was IT. F. S. 71. mit 
jtllarpurg bchauplet: ,,Sie find nidi 15 mehr 
und nidus wenieer als erfte Ausiiber der 
Kiinfte, odor folchc* Menfdien gewefen, die ir- 
gend eine Kuuft oder einen Tlieil derfelben 
zuerft ausgeiibt und nm einige Sdnitle weiter 
gebradit habcu, als lie unter ibren iibrigen 
iVlitburgern war." (). 7. heifst es gar gut: die 
IWufik \ommt aus dem Herzen und geht in 
die Herzen. Ein unmittelbares inncres Gel'iihl 
hat den Menfdien nothwendig, fowuhl auf 
den Gefang als auf die urfpriinglidi fo nahe 
daiuit vervvandtc Sprache leiten miilfen u. f. w. 

<$. 0. zeigt IT. F. fehr gut, dafs kein an- 
gehender Slaat die Kuuft zuerlt auf einen ge- 
vvillen Grad der Vollkunimenheit gebradit ha- 
ben kann. Die ichC'iieu Kiinfte iiwl Kinder 



L RECENSIONEN. 



des UeberfluiTes unci nur in dem Grade in 
welchem* die Verfeinerung und Veredlung 
menfclilicher Gefiihle zuninnnt, konnen lie 
zur hohern Vollkoiumenlieit hinaufileieen. 
Nidtt uninterelfant ware bei differ Gelcgcnheit 
die naliere Erorterung des Uniftandes gewefen, 
dafs die gn'ifsere .Sd.aife und Feinheit tier 
aulfern Shine bei den Wildcn nidits zur fri'u 
hern oder fdmellern Ambihlung der fchonen 
Kiinfte beilragt und beitragen kann. Es liefse 
fidi tlabei am he f ten zeigen , wie es bei Aus- 
bihlung der fchonen Kunftt: gar nicht alleiii 
auf die Befchalfenheit der aulfern Sinne an- 
koinmt. 

Die JEgy/il/vr, llebraer, ^riecken und Ro- 
mer waren nach §. 9. die Volker, die unfres 
Wi liens die Kiinfte zuerft ait: einen gewilfen 
Grad der Vollkominenheit braditen , und Co 
die Lehrer der iibrigen bewo.'inten Welt 
wurden. \Vas H. F. im t). fi. fn.-ifo, und int 
q. (). von Hirer der F.ihickv'ilsexilvvickelung 
voillieilhaften VerfaiVung und dem giinftigen 
Einllufs einer mihlen .Somie kurz erwalmt, 
erinnert den Rec. an eine fehr wahre weiter 
eingreifende Siclle in Iutut.t Kritik der Ur- 
ttwilskrtij't 1 die die Lefer hier gewifs mit 
Vergniigen fintlen wcnlen. Kant fagt S. a58: 
die i J roj)a'devtik zu aller I'chonen Kuuft, fofern 
es auf den hochften Grad ihrer Vollkominen- 
heit angelegt ift, fdieint nicht in Vorfchriften 
fondern in der Kuli.nr tier Geniiithskrafte, 
ihtrch tliejenigen Vorkenntrh.Jl'e zu liegen, wel- 
die man humaiuora nennt, vermuthlich, weil 
Ilunianitat cinerfeits tlas allgeiueine Theilneh. 
miing.sgefubl, anderfeits das Vefniogen fidi in- 
jiigft und allgjenn.in mittheileu zu kiinnen be- 
tleutet, welche Eigenfchaften zufanimen ver- 



79 



bunden die der Menfcbheit angcineffenc Ge- 
felligkeii. ausmadicu, wodurch fie Ikh von der 
tlikrifdieu F.ingekhraukthe-it unterfcheidet. Das 
Zeitaher low obi, uU die Vulker, in welchen 
dcr rege Trkb zur gefetzlkhen Gefelligkeit, 
wodurch ei ji V'ulk cjji dauerndes gemeines 
Wel'cn ausmacht, niit den grofsen Sdiwierig- 
ke'iten rans:, wckhe die fchwere Anfgabe Frei- 
heit (und" alio audi Gkichhcit) init einem 
Zwange (mehv dcr Achtiuig unci Unterwcrfung 
aus Pdkht :.U Fiii'dir) zu vereinigen, umga- 
ben, ein foidu-s Zcitaker und oin fokhes Volk 
inufste die Kunft der wechfelfeitigen JMitlhei- 
lung ckr Ideen des ausgebilcletften Tbeils mit 
dem roheren, die Abllimnning der Erweite- 
rung nnd Verfeinerung der erftern zur natiir- 
lichen Einfalt unci Originalitat der let z tern 
nnd auf dkfe Art dasjenige Mittel zwifdien 
der hohern Kultur nnd der genugfatnen Natur 
zuerft erlinden, welches den rkhtigen, nach 
keinen allgemeinen BegeJn anzugebenden 
Maafsftab audi iVir den Gefchmack, als alie;e- 
mcinen Menl'chenfinn ansniadit. Schvverlicli 
wird ein fpatercs Zeitaker jene Mufter entbehr- 
lich machen; weil es der Natur iuuner weni- 
ger nahe feyn wird, nnd fich zulejzt ohne 
bleibende Beifpiele von ilir zu ha ben, kaunt 
einen Begrilf von der gli'icklichen Vereinigung 
des gefetzlkhen Zwanges der hochften Kultur 
init der Kraft urnl Bkhtigkuit der ihren eige- 
nen Werth fuhlenden freien Natur in cineni 
nnd denifelben Volke zu lnnchen im Staiule 
feyn niiichte". 

Im zweiten Kapitel handelt H. F. von 
dcr Mulik bei (\cn Egyptiern. Da der Verf, 
die wenigen nnd ziemlich unbedeutenden 
Nach rich ten aller alien nnd neuern Gefchicht- 
fdireiber beftmoglkhft benut/.t lint, I\ec. audi 
cben fo wenig als der Verf. felbft in Egyj)i.en 
gewefen, inn unter den Huineii unci Kunft- 
wcrken , die Zeiclinungen von niufikalifchen 
Inltrunienten unci das Mufikzhnmer in deni 
Grabe des Ofynunders bei Theben zu unter- 
f uchen, auch nicht einmal zu cineni der drei- 
oder lieber fiebeninal gli'icklkhen Orden ge- 
hort, die von der a! ten Egyprifdien Weisheit 
nnd Kunft fo wunderbar volliiandig unterrich- 
tet find, l'o bleibt ihm nkhts anders ubrig, als 
die Befultate aus diefer Abhandlung, zur Nach- 
ridit fur den Lefer getreu anzugeben, unci 
hochftens zu bedauern, dafs der Verf. liir ei- 
nen vollkomnmen unpai tlieyifchen Gefchicht- 
fchreiber fich zu felir clem Hange iiberlafsf, 
da wo die Nachrichten nkht hinreichen, unci 
in. die augeni'allemle Beilpkle iehlen, alfo itzt 



nichts inclir vnikmdcn ift, gleich zu verniu- 
then, dais audi wol-l nie etw^s da gewefen 
ift, das cinker Adiiung win dig feyn miichte. 
Diefen etwas einfeiik.n MuiliJiiafsungcn aber 
andere nkht weniccr imhewiefene JVluthuiaf- 
fungen entgegeu zu i'idkn, wird fich I\ec. 
wohl liiiten. Er erinneil fidi tlabei vines gu- 
ten Ein fa Ms unfers unftcrbiichen Ldl'ings, der 
einen feincr Freunde, wddier audi etwa-s iiber 
die Gekhkhte dor JWufik alter Viilker gekhrie- 
ben hatle, felir be.c.Uickwiinldite, d.ifi er da 
ein Buch gefduieben h.'itto, wijgegen gcr.vifs 
niemand etwas einwenden follte, unci darauf 
die Befchaniung feincs befchtidenen Freundes 
damit beruliigte: d.ifs fiber den Gegenflanil fei- 
ncs Buchs gewif-j jeder andere eben fo wenig 
wille als er felbft. 

Hier find nun die Refultate der Abhand- 
lung. 

5. 1. Egypten wird als das alrefte Land 
angenoininen, wo Wilfenfchaffen und Kiinfto 
geijlitht haben. 

§. 1. Egypten ift das Land dcr Sonder- 
barkeiten und Fabeln. 

(). 5. Die Egyptier fchreiben, wie f.ift alle 
Viilker zu thun jn'legen, die Erliiului:a; tier 
Kiinfte unci Wiilenfchaften ihren c.ften Bdierr- 
fchern , deiu OJiris, der JJis y deni Jlcrcur 
Oder Hernias zu. 

5. 4. Die Egyptier haben von den altefien 
Zeilen her die Aufiiierkfanikeit der nieiften 
gleidizeitigen Natiuntii r.ul' fich gezngen. JJc 
rudot der ahefte griediifcbe Gefchiciitfchreiber 
vermochie fchon in Egyjiten febft, wedcr die 
Zeit des Danes ihrer noch itzt Bewiinderung 
und Ehrfurcht erregenden Teinpel und I'yra- 
nxiden, noch die Bedeutung der darauf ent- 
haltenen Ilieroglyphen zu entdecken. 

§. 5. Es ift zu vcrmulhen, dafs weuig- 
ftens die eiften und einfachften Lehren der 
Harmonik odcr die Ausnielumg der Kliinge, 
und die Geletze ihrer Verhakniife gegen ein- 
andcr, cbcufalls eiue Er/indung diefos Yolks 
warm, deni die IlcbWier unci Griedien fall 
alle ihre Wiilenfchaften und Kiinfte dankten. 

§. 6. 7. 8. widerlegt die Meinung des 
Diodor's, als ky die Mufik bei den Egyptiern 
in Verachtting gewefen, init Stellen aus Bf.t>fes t 
Fythagora.\ r, Hero/lot , Plato, Clemens 1:011 
Alexandrian und aus deni Diodor felbft. Fine 
Vergkkhunt: von dem vcriichiliclwui und von 

L 2 " 



Go 



dem be/Tern Theile tier Nation wirklich vevach- 
teten, gegemvartigem Zuftande der Mufik in 
Italicn untl ihrem eheiualigen mit Recht fo 
hoch verehrten Zuftarule, hatte die Wider- 
Ipriiche alterer untl neuerer Schriftfteller wohl 
am be.ften ins Licht geftellt. 

<$. 10 « Unter der ftrengen e<rypdfchen Po- 
hzei litten auch die Kiinfte. (daft aber alle 
Kunfiiibungen ohne alle Fcrandcrwig einmal 
wie das andre vefrichtet werden mufsten, wi- 
derlegen Paw und Goguet.') 

§. 11. Von der UnwUTenheit der Gefchicht- 
fchreiber iiber die Mufik der Egyptier. (Die 
'Schlufsfolge in der Widerlegung des RouJJier 
leuchtet dem Rec. nicht ein. Er begreift fie 
To wenig, dafa er faft eine Liicke in. dem %. 
vermuthet.) 

§. 12. Es fehlte ihnen wahrfcheinlich an 
einem geordneten Syftem. 

5. i3. Von ihrem muthmafslichen Syftem. 
Hier bemerkt H. F. felir richtig gegeh liouf- 
jier: „man mufste wirklich fi'ir 'die Egyptier 
.felir eingenoiiunen feyn, uin in ihrer bildlichen 
Vorftellung von mehrern Dingen etwas Ver- 
dienftliches zu finden; denn eben die Bcnier- 
kung der Uebereinftimmung ihrer Tonleiter 
mit der Ordnung der Planeten, der Wochen- 
tage und Tagesftunden, ift der auffallendfte Be- 
weis, dafs fie von dem gemeinfchaftlichen 
Bande, womit alle Wilfenfchaften und Kiinfte 
zufammenhangen , kaum c\en Schatten des 
•wahren BegrifFs batten, den Cicero damit ver- 
bancl. Die Bemerkung welche die Egyptier 
von der Aehnlichkeit der VerhaltnilFe unter 
den Tonen ihrer Mufik, undindenPlaneten, Wo- 
chentagen und Tagepftunden gemacht haben, 
gri'indete fich bios auf die Aehnlichkeit der 
Entfernungen, die man an die fen Gegeiiftiinden 
gewalir wurde. u. f. w. " 

5. 14. i5. iC. MuthinalTiingen i'xber die 
Tonleiter der Egyptier. Von dem Verha'ltnifs 
der Tone zu den Planeten und zu den Tagen 
der Woche, nach RonUler. 

§. 17. 18. 20. Die Egyptier machten von 
ihrer Mufik nur bei ihrcn Gotterfeften und 
LeichenbegangnhTen Gebrau ch. 

§. 19. Von den heiligen Bi'ichern ihres 
Hermes, die mit grofser Feierliclikeit in Pro- 
zeUIonen herumgetragen wurden. 



5. £1, Die Egyptier hatten nur gottesdienft- 
liche Fefie. Schaul'piele kannten fie nicht. Sie 
fchienen nicht zur Luft und Freude erfchaffen 
zu feyn. Indefs fcheint doch auch die Feier 
ihrer Geburtstage bei ihnen eingefuhrt gewefen 
zu feyn. 

$. 22. Ihre Inftrumente waren meiftens 
von egyptifcher Erfmdung. 

5. 2-3. Von der dreifaitigcn Lyra des Mer- 
kur. Eine am Nylufer von der Sonne ausge- 
trocknete Schildkrbte dcren angefpante Sehnen 
beiin Anftofs mit dem Fufse erklnngen, foil 
die Veranlaflung zu ihrer Erfindung gegeben 
haben. Die vierfaitige Lyra von welcher Jioe- 
thins fpricht, fchreibt H. F. einem griecliifchen 
Merkur zu. 

5. 24. und 2.5. Von einem mufikalifchcn 
Inftrumente mit zwo Saiten und einem Hals, 
dem neapolitanifchen Cola'fcione ahnlich, wel- 
ches man auf dem zerbrochnen Obelisk auf 
dem Marsfelde in Rom abgebildet fieht. 

(J. 5.6. Von der gebogenen Flote, einem 
Kuhhorn ahnlich, vielleicht gar nur ein wirk- 
liches Kuhhorn. 

$. 27. Vom Syftrum, von der Pauke, der 
dreieckigten Lyra, derTrompete und der vielto- 
nigen Flote. 

§. 28. Ueber die Unzulanflichkeit der Nach* 
richten von Reifenden fiber die Form und Be- 
fchaffenheit der auf alten egyptifchen Denk- 
malern abgebildetcn mufikalifchen Inftrumente. 

$. 29. Enthalt das ziemlich ausfiihrliche 
und reichhaltige Schreiben von /. Bruce an 
Harney. 

5. So. Aus der BefchafFenhcit diefer In- 
ftrumente, fo weit die Be't hn-I'jiusgen aus- 
reichen, glaubt II. F. mit Walnfcheinlichkeit 
fchliefsen zu kbnnen, dais die egyptifche Mu- 
fik ein roher Anfang der Kuril! , ein der Be* 
trachtung der Nachwelt unwiirdiges Ding ge« 
blieben ift. Mit Recht fagt H. F. „Es gibt 
der Erfordernilfe auch nur zu oincm mafsigen 
Grade von Vollkommenheit diefer Kunft, noch 
auller den Inftrumenten fo viele, die fajntlich 
von den Gelchichtfchreibern der egyptifchen 
Kiinfte und Wilfenfchaften iiborgangen find *) 



*) Tiir wclclie Wiflenfcliaft und Kun/l der Egyptier reichen abcr wohl die Nacliriclnen alkr Vefchitiit- 
fchreiber weit? 



Hi 



und ohne welche "gleichwohl fo wenig in tier 
Mufik, als in antleni Kiinftcn und Wilfenfchal'- 
ten cine wirklich etwas betrachtliche Atisbil- 
dung gedacht werdcn kann, dafs man geno- 
thigt iit, die Beftintmung diefer Frage entweder 
ga'nzlich anfzugeben, oder Vermuthungen und 
Folgemngen 7.11 wagen u. f. w. H. A", thut 
diefes wie folget. 

§. 5i. Von der Wichtigkeit dor Notirungs- 
kunft ; ohne lie iiiufs -die Mufik unbedeutend 
bleiben. 

5. 32. unci 33. Von clem langfainen Fort- 
gange der Schreibekiinfl bei den Egyptiern. 

§. 54. Kein Sclniftfteller ties Alterthums 
«rwahnt einer egyptifchen Mufikfehrift. 

§. 55. Ans der vielfeitigen Aelmlichkeit 
der Egyptier niit den Chinefen wirtl die Ver- 
luuthung gezogen, dafs fie vieileicht auch eine 
ahnliche Mufikfehrift gehabt haben. Von der 
Unbequemlichkeit nnd Einfeitigkeit der chmefi- 
fchen Notirungskunft. 



§. 56. H. F. glanbt am wenigften dem Irr- 
tbuni ausgefetzt zn feyn , wenn "er iiberbaupt 
anninunt, dafs die wirklich grofse Kunfi, Mufik 
zn Ichreiben, bei den Egyptiern gar nicht be- 
kannt war. 

§. 57. H. F. glaubt, dafs die ganze Mufik 
der Egyptier bli,s*'aus einer gewillen Art von 
kurzen Liedern beftandm haben kann, fo wie 
ungefahr unfre Volkslieder find. Zur Bcftiiti- 
gung diefer Mr'"- \>g fiilut H. '\ einige Gefange 
(wie er fi<j «»'i;:"::) an, ( v\; die Einwohner von 
Abyifinicn, Aili'i-'M u *( Tigre Jahr aits Jahr ein 
nnverandtrl vviederhnlen follen, nnd die dem 
ft 11 fen »i'»d Lock* m unfrerSchweine- und Ga'nfe- 
jnngen, aber nicht un fern Volksliedern ahnlich 
find. Wir wollen zur Ehre der fich durch fo 
Blanche eigne, Verwunderung erregende Kunft 
nuszeiclmentlen Egyptier hofFen, dafs fie eben 
fo wenig Aelmlichkeit mit den ehemaligen egyp- 
tifchen Gefangen haben. Viehuehr hat fich H. 
F. dabei auch unbekannt mit unfern a'chten 
Volksliedern, oder ungerecht dagegen bewiefen. 

$* 58. 5g. 4°* handelt noch einmal von 
den Inftrunienten der Egyptier, urn zu zeigen, 
dafs auch Cm kcine giinliige Meinung von tier 
Mufik der Egyplkr erregen konnen. H. F. 
geht Uicr in feinem JEifer fo wcit, dafs er un- 



fre in diefem Jalnlmmlerte fo fehr vervoll- 
komnmetc Harfe, die in den Handen einea 
■Krumbholz in Paris, eines Cardon in London, 
an Mannigfaltigkeit nnd Kraft mit dem Forte 
piano wetteifert, und an Annehmlichkeit es 
weit iibertrift, herabfetzt, 11111 die von Bruce 
vortheilhaft befchriebene i3 faitige Thebanifchc 
Harfe tle/io ficherer herabwi'irdigen zu konnen. 
Er fagt : „ihre i5 Saiten wollen, gegen den no- 
thigen Reichthum von Tonen verglichen, wel- 
che zn einer Mufik von ciniger Vollkommen- 
heit erforderlich find, nur fehr wenig bedeu- 
ten. Um diefes vollkounuen einzufehen, darf 
man nur an die einfache Harfe nnfrer Zeit 
denken, die, ob fie gleich einen Umfang von 
5 vollen diatonifdicn Octaven hat, dennoch 
von jfdem wahren Mufik verftandigen zur Her- 
vorbiingung einer etwas betrachilichern Mufik, 
als elwa ein Lied, odrr ein anderes auf eine 
einzige Tonart eingefchranktes kleines Stuck 
i ft, unbrauchbar befunden wird." Sollte H. 
F. die Pcdalharfe und die Moglichkeif, fie mit 
derfelben Sicherheit und Fertigkeit zu gebrau- 
chen als das Clavier nur je gcfpielt werden 
kann, fo gar nicht kennen? Abor audi ange- 
noinmen, dafs H. F. nur von der ganz geniei- 
nen Harfe fpricht, die nur die tliatonilche 
Tonleiter mit Sicherheit und volligcr Reinig- 
keit darbietet, fo ift folchc doch viel zu fehr her- 
abgefetzt und es beleidigt doth an cinem lol- 
chen Sclniftfteller, wenn er den Werth tier 
Inftrumente nach tier Anzahl feincr Saiten ab- 
milst. H. F. fetzt hinzu: wenn 5 voile Octa- 
ven fo wenig vermogen, was wollen i5 Saiten 
die nicht einmal zwo voile Octaven ausina- 
chen ? 

($. 4-i. Das egyptifcheGefelz, nach welch em 

jeder Sohn bei dem Gefchafte feines Vaters 

bleiben mufste, wird als ein dritter Grnnd be- 

trachtet, warnm fich bei den Egyptiern fchwer- 

lich eine etwas vollkbmmene Mtifik denken 

lafst. Rec. mochte H. F. doch gegen feinc 

Schlufsfolgen die Bachfche und Bendafche Fa- 

inilie nennen, zu tleren man wohl noch viele 

andre Beilpielc finden k5nnte, die aber aliein 

im Stonde find die vorgetragtnen Einwiirfe zu 

viderlegen. Von den unzahligen Bachs und 

Benda'a die wir kennen, hat keincr fo bios 

das alte Lied des Vaters bios nachgefnngen 

nnd nachgefpielt. Auch fieht Rec. gar nicht 

ein wie H. F. ans jenem Gefetz, dafs der Sohn 

bei der Kunft feines Vaters bleiben mufste, 

folgern kann, dafs er durthans nur das alte Lied 

des Vaters j;arhfingen durl'te, und nicht bis- 

weilen ein neues fur feine eigne Emplimlung 

L 3 



Oa 



paffenderes erdenken oder evlinden clurfte, wie 
er S. 9G als ausgemacht vortriigt. *) Aber frei- 
lieli lalst fich dazu wiedor der Nachfatz gut 
anbringen ,,und fo ill es darchaus ummiglich 
an die Ausbildung irgend einea Theils der 
Kunft z,u denken." 

§. 42. 43. Endlich fchliefst H. F. nnch 
von der Befchaffenheit der iibrigen Wiil'en- 
fchaften mid Kiinfte **) auf den ^vahrfchein- 
lich geringen Gracl der Vollkommenheit der 
egyptifchen Mufik und fummirt §. 44: die 
Mufik der Egyptier alio nacli alien Nachrich- 
ten, die wir von ihr haben, und nach alien 
Vermuthungen, die fich aus ihreinNationalcha- 
rakter, aus ihren Gefetzen, Sitten, Ge'braiichen, 
Religion, Inftrumenten, und aus clem Zulian- 
de der iibrigen Kiinfte und WiuenfchaFteu ab- 
leiten lall'en, war hochftwahrfcheinlicherweife 
nur cine Tehr unvollkommene Mufik. Sie 
kann bios aus kleinen Liedern beftanden ha- 
ben, die leicht, ohne Notirungskunft, voin 
Vater auf den Sohn fortgepflanzt werden konn- 
ten , fo wie fich in den neuern Zeiten etwa 
Volkslieder Jahrhunderte liindurch auf ahnliche 
Art erhalten haben. 

§. 4-5. 4-6. enthalt noch einige Nachrieh-. 
ten von der Zeit nach der Unterjochung der 
Egyptier, in der griechifchc Kunlt und Sitte 
in Egypten eingefuhrt wurde. 

(Die weitere Fortfetzung folgt.) 

Melodieen zu Liedem mit odcr ohne BcglcU 
lung dvs Claviers zu fiugeu. Erftes Ileft, 
Koppenhagen und Leipzig, bei C. G. l J roft, 

Man erkennt in diefen Melodieen mehr 
den denkenden und kritifch genauen Kunft-. 
kenner als den begeifterlen darltellenden Iviinft- 



ler. Diefer wi'irde .inch fchwerlich das Motto 
gewahlt haben, wclJics der imgenannte Coai- 
])onif't auf den Tilel gefetzt lut, fo wahr en 
audi in gewiHer, doch nur eingefchriiiikte/ 
Riicklicht feyn mag. Es heifst: ha Mufique 
n'agic point jire'cijriitciU comine IMufique, mais 
covtme figiic me'morulif, aus Rouifeaus Avlikel: 
Mujique. Sehr wahrl'cheinlifh fuchte und land 
der V. fei ne Melodieen n.it RouUcau auf Eineiu' 
Wcge. Mit ilen Kuullmitteln die dazu gehu- 
ren, einer den Verfm angemettmen Meioclie 
auch rytlnnifche Oviliuuig und gute bedeuten- 
de hannonifche Begleitung zu ""geben, ill der 
Verf. aber beirer bekannt als es Rouileau nach 
feinen Convpofitionen zu urtheilen gewefen zu 
feyn fcheint. Einige Liuder find in jeder 
Riickncht vortreflich. Vorzi'iglich hat dcin Rec. 
das erfte gefallen, nur zwingt ihm lei 11 Gefiihl 
es nicht aus es lunuern aus e dvir zu fingen ; 
und dann die drei 1'ehr naiven Melodieen S. 10 
ji 18. Die Melodien S, 20 ss zeigen von 
grofsem Sinne, von Fahigkeit zum hoheren 
Genre und von einiger Bekanntfchaft nut den 
Werken gtofser Meifter. — Ohne die Clavier- 
bcglcitung much ten aber wohl die meiften 
Lieder nicht ohne grofsen Verluft zu lingeu 
feyn. Das erfte und letzte allcnfalU wohl, 
aber die iibrigen? — 

Wir d itrFen den Verf. wohl bitten uns 
hald das zweite Heft zu geben unci fich dann 
auch zu rieimen. Es ift als konne man clem' 
freudegebenden Kiiriitler belle r danken, wenn 
man ihn auch zu neimen weifs. Dann neurit 
der Verf. auch wohl die Dichter feiner Lieder. 
Diefes Ileft enthalt unter mehreren deiu Rec. 
nicht bekannten Gedichten einige von Kloj>- 
Jlock f Claudius und Burger. 

/. F. 



5. Officieller Btricht den der Kunigl. KapellmeifterHerr Reichardt bei feiner Ruck- 

kunft aus Italien im Junius 1790 Sr. Maj. dem Koniue perfonlich und 

fcliriftlich liber die itzt in Italien brillhendeii Tenoriiien und Contre- 

altilten abgeftattet liat. ***) 

Monbelli, hat eine fehr angenehnie und fmgt init Gefiihl und Ausdrnck, auch ift feine 
kliugende Sthnmc, befonders in der Tiefe, und Gellalt und Action angenehni unci bedeutend. 



*) Gcgen diefe Mcinung hat Rec. fchon anf die 
Widerlcgung von Paw und Goguet venvci- 
fcu. 

**) Wer wcifs dnvoii viel? Die Biiuart nllc-hi kann 
nocli aus cJji'wfii-difjcn Jlndiis cinigei - mafseii 
bcurtJieiJt oder yiolniehr gciiliudet werden, und 



damns ;pflegt man eben nicht gegeit die Nation 
zu 1'cliliefsen. 

'*■) Diefer Auffaiz, von dem uns zuf.illigei-weife 
das Original in die Ilandn koninit, enthalt eine 
fn gcniue Cliarakicviflik der vor/CisUrliftcn ita- 
li.uulch.cii Tenoriiien uud.Coiurealiiiteu, dal's et- 



Er verlangt jahrlich i5oo Dukaten, unci einen 
Contract nnf 5 Jal.ro. Wenn ihiu das Engage- 
ment am langere Zeit verfichert und tteife- 
geld accordirt wi'irde, kaine er wohl audi "fi'ir 
1C00 Dukaten. Mir hat cr vor alien andern 
gefallen, 

D avid , hat eine ftarke aber ungleiche 
Stimnie a on grofsem Ujtifange nnd eine an- 
fehnliche Geftalt. iiein Vortras ift felir bizar 
und bunt; er ilt unier den Sangern das was 
Lulli unter den Violiniften ift. Seine Execu- 
tion ift vortreflkh, feine Action affektirt. Er 
verlangt jahrlich i5oo Dukaten, wiirde aber 
fiir i2oo Dukaten gewif. , vielleicht ancli fiir 
1000 Dukaten kommcn : dcnji er wiinfcht eine 
fichre Verforgung zu linden. 

Babini, hat eine angenehme aber fehr 
fchwache Slimtne. Seine Manier hat er nath 
jMiuchcJi gi'hildet, die zwar fiir eine Tenor- 
ftiniine we.-.iger vortheillfaft, bei ihni aber 
doch meiitens angenehm ift. Seine Figur ift 
auf deni Theater fehr anfehnlich, obglcich er 
fehr linger ift. £r niacht aber zur nothwendi- 
gen Condition, clal's cine erfte Tiinzerin mit 



83 



der er lebt zngleich engagirt wiirtle. Beide 
verlangen zufamnien 2000 Dukaten, fiir i5oo 
Dukaten wiirden lie aber konunen. *)' 

RTaffali, hat eine angenehme aber audi 
fehr fchwache Stimnie, und fein Vortnig ift 
noch hunter als David nnd Babiui feincr. 
Geftalt und Action find fehr angenehm, und 
bedeutend. Er wiirde fiir 1000 Dukaten jahr- 
lichen Gehalts wohl kommcn. 

Der junge Menfdi den ich Ew. Majeftiit 
von Neapel aus vorcefthlascn babe, wi'irde in 
einigen Jahren den Widen" letzten glekh koin- 
inen kniinen. V.c lieilVt. Purmigiaiiino und 
wiirde fiir 1200 Bthlr. zu engagiren feyn. 

An Contrealttften find alle Theater und 
alle Confervntorien hr.dift arm. Aufscr Bubi- 
iiello der fehr grolVe Fonierungen machcn 
wiirde, audi noch in England ift, ift nur J/c- 
fcitctii **) in der Capelle zu Turin anpei.ehm. 
Ini confer •vutoriuin ai mendicant;, in /■ cv.cdig 
ift eine aufl'erordentlidi fchone Frauen-Contrc- 
altftinune, Sigr. Bianka, die audi mit vie- 
lem Ausdruck und Gefcluuavk fmgt. 



6. Nachricliten aus Brief en. 



Konigsberg in Prcufscn den \otcn Junius 
»7i> 2 - 

Es mag fiir die dramafifche Kunft kcin 
kleiner Gewinn feyn, wonn Dichter und Com- 
|>onift an einein One zu Ilaufe find. Wonig- 
itens hat unfre Stadt einige Jahre hintereinan- 
cler aus diofem Umftande viel Unterhultung 
und Vcrgniigen gehabt. Die nicht gemeinen 
Beweife, die der verftorbene Herzogl. Aiecklen- 
bingifche Kaminercompoiiteur Benda von dem 
theoretifchen und practifchen Theil feiner Kunft 
bier gab, verfchaiften ihm die Bekanntfchaft 
des hiefUv.ii Oberforftral.hs Jcfter der lange 
vorher fchon Talenie fiir die Biihne an den 
Tag gelegt hattc. Die nahere Verbindung die- 
i'er Manner brachte dan leiztern vermutblich 



auf den Einfall, fich audi in der komifdien 
Oper zu verf uchen nnd fo eniftand unfer er- 
ftcs einhindifches Product diefer Art; Die 
Verlobuug. Ausgcnu'cht ift es wohl, tlafs der 
Componift feine Redlining bei diefeni Sliicke 
fo gut nicht fand, als bei tinein andern, wel- 
ches Heir Jcjier den Winter drauf unter dem 
Nainen Louifc auf die Biihne brachte. Einen 
ungeniefsnern Beifall hat wohl kauni eine Oper 
bier erhalten, nichts war alio natiirlicher, als 
dafs Dichter unci Komponift dadurch muthiger 
wurden, und den nachften Winter mit einer 
neuen zuin Vorfchein kamen. Sie war eine 
Fortfetzung der beliebten JLouifn , fiihrte den 
Titel jHarivcheity und land zwar keinen fo willi- 
gen, aber doch iininer viel unerwarteten Beifall. 
Man hatte nun eimnal am Einlandifchen Ge- 



Jlch (lailiivcJi lY.lion, n:ic]i oline wcilere Benbilcli« 
liiamx^, diu il.ibei i>i.if! Jia- 1:11 krmntc, zur oPkiii- 
liriioii Jiilv.iiiiiiiiiai Jin. 1.', cjijiilificiri. t/cl)ri"tm ill 
*;s liL'ktiiint , «fifiS<. ;M»j. der Koui^ von ilea Te- 
iiorilien Iliirii Jj.ibini :.ew.dilt hat, 

") If. Baf-ini i'i in ilicfuin Jalir niclu in Ccfdlfdiaft 
jtiiiT X,uizu'iii, iuiuatn in Gcfvllfdiaft ciiicr jun- 



cen Saiigeriii Sigra Canioni geltommcn, mit dcroa 
iAiisbilclung cr lich bei Gcli'cenlieit tkr GyciDario 
ancli grofse MiiJic gegebenliat. 

**) H. Mofdietti ift nun nticJi am KoiiigUdiui llnfe 
et>ji.ti*iri, mill ill bciciis in d t r 0|u'r Oliinjiiadc 
■vwiJii.idi.uil mil Jidl'nll aiii'^otvuiuii. 



8+ 



fchmack gewonnen; die Theaterdirektion hatte 
fich durch ihre Eiunahmc bei den vorigen Stiik- 
ken hiervou iiberzeugt; Antrage almlicher Art 
dmfl.cn angenommen zu werden hoffenj was 
war gleichfalls natiirlicher, als dafs neueMitkam- 
pfer auftraten, die ihre Kra'fte an ahnliche Preife 
zu fetzen whnfehten, Herr von Ziaczcke ver- 
einigte fich luit Herrn Halter (einem audi aus- 
warts bekannten Komponillen einer Sammlung 
von Licdern und Sonaten) und verfevtigte die 
komifche Opef : die Caiitonsrcvijioii, die letztrer 
in Mufik zu fetzen unternahm. Ehe fie offent- 
lich gegeben wurde, fpielte Herr Halter einigen. 
Glicdcrn der Gefellfchaft, die in Singfachen 
das .Stimmrecht bei ibr haben, feine Arbeit vor, 
undfie verficherten einniiithig, dafs fie ganznach 
ihren Wunfchen ware und fie ihrerfeits nichts 
anders vermutheten, als dafs das Publikum 
denfelben Antheil daran nehmen wurde. Dies 
that das Publikum dann audi wirklich und 
zvvar ohne dafs es dazu befprochen, aufgefor- 
dcrt, oder fonft verfiihrt wurde, denn Herr 
Halter ift ein [tiller, beinah angftliclier Mann, 
der auch nichts von der Practik verfteht, die 
man bei dergleichen Gelegenheiten faffc durch- 
gangig zu Hiilfe zu nehmen pflegt. Um ganz 
ehrllch zu feyn, mufs man aber noch gettehen, 
dafs ev auch die Mittel und Verbindungen da- 
zu nicht hat; denn fonft ware es doch ein 
wenig unerklarlich , wic fo gemeine, grofse 
und nahgelegne Beifpieie fur ihn allein ohne 
Anfteckung feyn konnten. Genug feine Ar- 
beit blieb lcdiglicli ihrem eignen. Werlhe iiber- 
lallen, und hlitte zweimal hintereinander ein 
voiles Hans, das vor Beifali zvvar nicht auITer 
fich gericth, aber ihn doch durch jene frohe 
und fanl'tere Unruhe aulferte, die viel gewiffer 
auf ein iichtes Kunftwerk fchliefsen lafst, als 
wo die auf numcherlei Art erregte Empfmdung 
fo wild aus den Ufern tritt, dafs Befinnung und 
Gefchmack gleich weit dadurch aus einander ge- 
tiieben werden. Was ihren Eindruck aufs Pu- 
blikum noch juehr bewiefs, war, dafs man fie 
nicht durchweg ohne Fehler fancl. Man hatte 
fie ja aufmerkfam, man hatte fie mit zu vielcr- 
lei Iniereffe angehort, als dafs fie zum Urtheil 
iiber fish nicht\gleithfam geuothigt hatte. Da- 
bei gins; es denn wie iiberall, wo man aus .Lb, 
felblt und ohne freniden Einliufs veifahrt: mm 
kounte iiber Lob und Tadel einzelner Thcile 
nicht bis znr Abrede einig werden. Eine dcuu 
Ki'mfiler freilLh gewogne, im Ganzcn aber uu- 



pnrtlieyifchc Stlmme ubernahm es, aus fu-lcn 
Stiicken und offentlich diefe verfchiedenen Ur* 
theile durch freiiniithige Darlcgung ihres eignen 
zu berichtigen. Einen Tlieil der Schuld mufste 
Herr von Baczcko tragen; er replicirte, wie man 
vermuthen konnte, dagegen; eine drauf.folgen-. 
de Duplik fuchle den Strcitpunkt g'enauer zu 
fixiren, und wurde — in Nebendingen, mithiu 
fo gut wie gar nicht beantwoitet. Ob ubrigen* 
jene Stimme es an Beliutfamkeit fehlen lail'en ; 
ob der Eigenliebu niehrerer Perfonem durch fie 
zu nahe gefchah; oder ob iiberhaupt jedes nocli 
junge Verdienft, fobald es fo laut und offentlich 
als ein altes anerkannt whd, auf diefem Wege 
dem Neide am gewiireften in die Ilande fallt, 
und fich nun entweder noch holier hervorar- 
beiten oder unter diefen Handen erliegen mufs? 
foil hicr am wenigltcn unterfucht werden: nur 
unbemerkt miifst' es nicht bleiben, dafs von 
Stund an die Halterfche Arbeit erft ha Stillen 
verkleinert, dann allgemeiner angetaftet, hier- 
auf zwar noch einitral gegeben, zugleich aber 
auch fo ficbtlich bei Seite gelegt wurde, dafs der 
Tlieil cles Publikums, dclfen Enipfindiing unci 
Gefchmack iiberall keinen Einflufs iiber fich lei- 
det, vielleicht Gclulir iauft, fie nie mehr wieder 
zu horen. *) 



Cojjpcnhagen den 29. Junius 1792. 

Von unfers Herrn Capellmeifters Schnlz 
Liedern im Volkston waren bisher nur wenige 
einzelne Texte ins D.'inifche iiberfetzt, und in 
verfchiedenen vermifcliten Samnilungen mit 
Schulzens Melodieen abgedruckt worden. Dieje- 
nigen Mufikfreimde abgerechnet welche deutfeh 
fuigen, und deren findet man aufser den deut- 
fcheji Haufern in Copenhagen unter den ge- 
bohrncn Da'nen nur wenige, find Schulzcne 
Volksliecler allgemein bisher fo unbekannt hier 
geblieben, als feine grofsern Werke ohne Nach- 
frage in Deutfchland. Es war dsiher ein guter 
Gedanke, den Herr Sonnichfen vor geraumer 
Zeit fchon geauifert und jetzt realifirt hat, 
eine Ausgabe mit danifchen Texten zu veran- 
[talten. Er hat aber aus den drei Theilen des 
deutfehen Originals nur einen Auszug von iSj 
Bogen geliefert, wozu die mciftcn Unterlegun- 
gen von dem Herrn ProfeUor ]\ahbcck gearbeitet 
find. Zwei neue original Danifche hat dicfe 
Sammlung vor ihrer Quelle voraus. Man. foll- 



*) Wir wcrJcw i" einem der n.iclificn SUickc cinige klcine angenehme Ocfinge aus dicfer Operctie mil theilen. 



65 



te wiinfchen , dafs die Tolge der Lledev fo wie 
im Deiufthen ceblubcn ware; irutefien be- 
giebt man fich corn tiiotV.s Wunfchcs; aber dafs 
fo vielf.ikig theil.i der Charakter dcr Gedichte 
verwilcht, llieils diellaiiptaccente derMelodieen 
vernacliiafsigt, Llieils f-igar in' einem Liede das 
SylbeninaaJ's des Originals ganz mifdverftnnden 
worden, und jedes Stiick von Herm Rahbeck 
die -Spureu dcr Un wiflenhek in muiikalifchen 
Dingen, nnd iibcrdiefs nodi des allezeit ferti- 
gen Versniachers verrath, das verfchmerzt man 
nicht fo leicht. 

Indem ich dnrcli obige Nachricht einem 
Schrk'tfteller widerfpreche, der begierig gelefen 
wild, fo fincle ith niidi veranlafst, hinzuzu- 
fiigen, dafs Schnlz fich liier ein inanumentiim 
(Vie perenuins errithtet hat, aber dui'ch nkhts. 
weniger als feine Licdtr, fondem durch feine 
Opern unci Oratorien, Nur die letztern, A tha- 
lia, zweiPall'ions-Oratorien, eine Hynme, Aline, 
das Erndtefeft unci verfthiedene Gelegenheks- 
Mufiken kennt man hier, unci es iff grund- 
f al fch, was der Heir Friedrich Wilhelm Ba- 
filins von Ramdohr aus Hoy a im erften Theil 
feiner Studien zur Kenntnifs der fehonen Na- 
tur, der fchbnen Kiinfte, cler Sitten unci der 
Staatsverfalmng, auf einer Reife nach Durme- 
nuil Seite 586 fagt: „Schulz bat fich bel'nn- 
„ders durch feine angeuehni gefetzten Lieder 
,,f angeuehm gefctzl :.'".' .' ) Beii'all erworben : 
„feine grofsern Werke Jiabcn ilm nicht in glei- 
„cher Maalfe erhukon. " Es gehcirt nicht zu 
meiner Abficlit, auch das iibrige zu lufhiren, 
was diefer Rclfendc iiber den Zuftand der hie- 
figen Mufik gefagt hat, fori ft .... aber Mufik- 



kundigc- merken ohnehin, dafs fie dort dieZeich- 
nmig eine-i Blinden vor lidi haben, die nach 
der Vorzeichnung eincs andern Blinden gecon- 
terfeyt lft. 

O. 



Frankfurtli a, M. den 7. sl.,g. 1792. 

.... Von unferm Theater kann ich Th. 
nen bis itzt weniges fagen, weil wir lauter 
bekannte Opern eiuftudiren, 11111 erft ein Re* 
pertorium zu fnrmiren. lndeil'en durfte Eine 
lhnen doch nnbekanrit feyn, nehmlich Purls 
unci Helena von IT'intvr. Die Mufik hat hier 
den Beii'all erhalten , den fie verdient, da fie 
ohne Zweifel zu den fchonften Produkten ge- 
hi'irt, die unfre deutfche Biihne anfzuweifen 
hat. Fiir die kimftige Meffe wird die Zttiuber- 
Jlotu von Mozart und dur wuthende Roland 
von Haydn einftudirt, zwei Mufiken von de- 
nen man fich viel verfpricht. Es wird itzt 
itark an den dazu gehbreiiden Dekorationeri 
gearbeitet. Herr Kunzen hat uns bis itzt erft 
eine Arie von feiner Arbeit hbren laiTen, die 
er in eine Operette eingelegt, diefe hat indefs 
fo viel Gliick hier gemacht, dafs wenn es der- 
einf't mil einer Oper verhaltiufsmafsig fo gienge, 
er obendrauf feyn miilste. Wir hoBen dafs 
er uns bald feinen vortreflichen Oberron wird 
hiiren lallen. Herr Freiizel if't nun auch hier,. 
und diefe beiden jungen Kunftler, denen die 
Direktion der Mufik bei unferm Nationaltheater 
ubergeben worden jft, gehen bis itzt ink einer 
Einigkirit und Freundlichkeit darinnen zu Wer- 
ke, die ihnen walne Elire macht. 



7. Kurze Nacliriclitc n. 

Berlin. Sv. Maj. der Konig haben den Hem: Kapellmeifter Alleflandri verabfehiedet, und 
das Gedicht der ihm bereks fiir den nachflen Karneval aufgetragenen Oper Alboin ihm abneh- 
men, und folches durch den Konigl. Hofpoeten Herrn Filiftri an den Konigl. Kapellmeifter 
lfenn Reichardt nach deffen Sommeraufenrhalt in Giebichenftein, nebft einem eige:.ihandigen 
Schreiben gefandt, worinnen Sr. Maj. Herm Reichardt den Auftrag ertlieilen jene Oper in Mufik 
zu fetzen. 



Unfer vcrdienter Hr. Fafch hat nun feine vortreflichen Verfetts, — an welche 
atzte forgfaine Meifterhand gelegt zu haben fcheint, von welchen aber noch die jechs 



— an welche er nun die 
letzte forgfaine Meifterhand gelegt zu haben fcheint, von welchen aber noch die jechs letzten von 
ihm zu bearbeilen fteben, bevor lie alle ein fnrtlaufendes fchiines und feltenesGanze ausmachen — 
bereits in zweien Kircheu vor einer freundfchaftlichen \'erfaminlmig aufget'iihrt, urn den EfFekt im 
Grofscii zu beobfiCliten. 



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Die Vol leu dung-. 



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Welt, Ileil! der Thranc danu an nici-nem Gra - be, die auf bin - ge - flren- to Ro - fen 



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Wann icli einft das Ziel errungen lube. 
In den Liclitgtlilden jentr Welt, 

Heil ! der Thranc d.inn an nicincm Grabe, 
Die ai»f lungcltrente Rofcii .fallt. 



Eil', o eilo mith empor zn /Iflrjeln, 

Wo ficli nnt(-r mil- die "\A.-1 ten drehh, 

Wo im Lebeiwiuc II full Palnu-n fpi.^rln , 
W<) die LieLviidrn lic.li widderfdin. 



Sehnfnchtsvoll, mit lioliev Ahndunaswonne, 
Ruliig, wie der lnondbcglair/.R 1 llain, 

jLiichiJ'iul, /wiu beim Niedetganp; diu Sonne, 
Hair' icb, guttlielic VuUemlung, dem! 



Skla venketten find der ErJt; I.,eiden; 

Oet'tcn, arh! zcin.ifsi tin imr der Toil I 
Blnimiikr.inzLii »ltii-li. n Hire Frouden, 

Die cin WeiihancJi zu cntblattcrn clrolu. 



8? 



Milliter. 



li— 3- 



Mein JMadclieitL 

— i — ^ — 
-• — i — . 



Gi on Li ml. 



-ft — s--o — 5— 5-3— --— •--• p—r 1 - -**■-•— i — f- -p-P— B— ■-!- 



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YVemi man mir einM.. lclien neiiiU, als das fchonfte un - ter alien; vrennmanfa«i, cin 



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je - der breunt , dicfem Miiddien zu ee-fal-leu. O diefs ifl fie! diefs, cliefs, diefs, 

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fc: 



ganz gi-vvif:. 



ifl mein Miidchcn 

zzzzzzV 



z^zzzi"^-/- 



EtzeIIzE: 



Weiin man mir cin Mcidchcn nennt, 
Ah das fchon/te inner alien; 
Wcim man fngt: ein jeder brennt, 
Diefein M.idrhcn 7.n «-<-f.illen: 
0! diefs ili fie! diefs, diefs, d i c T? , 
III mcin M.uKlit'ii £,.1112 scwifs. 

Sagt man: fie ifi vwifs und roth, 
Cltiili den Lilitn und Rnfcn; 
Je* 1 ' r 7ug cin A n foe 1 ioc, 
Ui' li.r lJuldimi lie. inkofen : 
0' .'i.fs ift It-' dief. , 'iel;, ( ]icfs, 
III nicin iUaddieii ganz aewil's. 



RiihnU man eine kleine Hand, 
Und ein Aermclien, fanft zu drficken, 
Eineii. VVuehs, den man umfpaiuit, 
Und ein Fufsclien zuni Entzficken : 
O! diefs ill lie! diefs, diefs, diefi, 
Jit nicin Miiddien ganz gewifs. 

Lobt man grofsev Allien pvadit, 
Und ein Ilaar von Rabenfdiw.irze, 
Einen Mund znm KiiTs acmarht, 
F.i:ie JBj-ult , den Tliron iltr Sdarze. 
O diefs iii fie! diefs, diefs, .'ids, 
I/t niein iM.iildicu gau?. aewiCs. 



8 : 3 



An den Moncl. 



Langfam und Icife 



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J. F, Reichardc. 



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.1 -4- + — 4. 4_. 4- p-4. 4 



Sil - bern wal - left du mir n,i - her Bild der himmlifch fii - fsen 

. s~ -%- /- ■-•- ••- -#- -P- ~-£i 'jtlB-tL 

fc b — •— * rH»-t— t-r— ■"! t-r-p-! f- — »■+— t-r-P-P- +-B-P-P-1-P-I— "-- 



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Rulil doch tUm Her - zen wird liur wc - her, und die ScJiwermutli 

Bn_fe^ '•— t- 1 * art - =-"P" — i — ^~P~ t i~ •- 
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f-H- — 

f-H- 



Silbern wallcft du mir nalier 
Bild der himmlifch. fiifsen Huh! 
Doch deni Ilcrzen wild mir welter, 
Und die Schwerruuth wcim dir zu. - 



Freudevolles Wiedorfelien 
JBi - ing,t deiti liei.dic.hes Geiichi : 
Mcen-, W.ildur, Thai und lli.hcu 
Kiiiizeli du mit Wouuclielu, 



WieJeiTohcn — o wic lange, 
O wie bnnge hair' ich dein! 
Harre, bis mir wird die Wange 
Bleich, wie Aloud am Leiclicnflein. 



Fr. von Klenke* 



*£. 



MUSIKALISCHE MONATHSSCHRIFT. 



►*i 



V I E R. T E S STUCK. 



October 1792,- 



BERLIN, 
hi tier neuen Berliriifchen Mufikhandlung. 



*H 



I n h a 1 t. 



Seite 

i Etwas uber Taktgefuhl , vom Hm, Hof- 
fiskal Stengel zu Nauen. 89 

a. Auszug aus einem Verfuch einer fyfte- 
anatifchen Entwickelung cler Taktarten 
und Voxfohlage zu neuen ;Taktzeiehen. 91 

3. Fo&fetaueig det Berichtig«ngen*und Zu- 
fa'jze znm Gerberfchen Lexicon der Ton- 
kimftler ere. von J. F. Reichardt. g5 

4' Recenflonen. Ueber: 

a) Turks Clavierfchule. J 00 

b) Hafle's raid Hillers Beitrage zu wahrer 
Kirchenmu/ik. joj 

u'c) HaJTe's Alcide al Bivio, d) Grauns Can- 
tate: Lavinia. a Turno, e) 6 Son, p. le 
•Xlav. ou F. P.. par Kufner. 102 

:.S) 3vSon. p«yle P/F. ouClav. par Herr- 
.arann,,. g) 3 Son. p. le Clav. ou P. F. 
, pai Briinings , h). Tanz und Opferge- 
fang aus der Oper Axur oder Tarar von 
Salieri, nut einigen freien Verandemn- 
gen fiir das Clavier von jC. F. Zelter, 
1) Verfuch eines fonnularifch und ta- 
bellarifch vorgebildeien Leitfadens, im. 
Bezug auf die Quelle des hariuoni- 
fchen Tonung^ausfliuTes etc- k) Pto- 
leauaeus und Zarlino , oder wahrer Ge- 
fichtskreis der haltbaren Univevl'ali la- 
ten der Elementar-Tonlehre in den fo- 
wohl altern als neucm Zeiten;. vom 
.YerfioTer -des Vorigen. 10S 



Seite 
1) Kurzgefafstes mu/ikaHches Lexicon 

von G. F. Wolf, '104 

an) Marches et Ballet de Triomphe de 

l'Opera Brenno, par J. F. Reichardt. jo5 

5. Von pifentuVhen Luftbarkeiten und Spie- 
-len des Landnianns iin fiidlichen Frank- 

reich. 106 

6. Nachricht von einem Volksfefte in Mont- 
pellier. — 

7. Von dem Betragen des italianifchen Far- 
ters bei der Oper , und uber den Kunft- 
grifF gewiffer franzofifcheF Componiften. 108 

8. Mufikauffubrungen , in a) Berlin — 
b) DelTau. 109 

g, Ricbtige Wiederholung einer Stelle des 
Auffatzes uber die Vogeltone. 110 

10. Erklarung. an 

11. Schreiben an die neue Berlinifcae Mu. 
iikhandlung. — 

is. Anekdoten. i»2 

i3. Kurze mtulkalifche Nachrichten aus 
Stockholm. jj3 



Muftkftucke. 

» 

Fabel von der Henne, in Mufik gefetzt 
vpn J. A. Hiller. njj. 

Tanzftrick aus der Oper Brenno, von J. F. 
Reichardt. 116 



Das aaiufikalifche Pubiikum hat nun vier- 
midzwanzig Stiicke unfers mufikal. Wochen- 
blatts in zwei Heften, uhd vier Hefte der urn. 
fikalifchen Monatlisfchrift, als Fortfotzung jenes 
Werks vor Augen. Das funfte und fechfte Heft 
erfolgt noch in diefeni Jahre ganz ohnfehlbar 
und damit ware dann der erfte Jahrgang be- 
fchloflen. Ob nun aber ein zweiter Jahrgang 
anit dean Januar 1793 wieder begonnen wer- 
den foil, wird allein von der Erklarung der 
Subfcribenten und Pranuineranten abhangen. 
Melden fich bis zuan neuen Jahre eine hin- 
langliche Ai«zahl, die luit Einem Holl. Duka- 
ten auf den zweiten Jahrgang fubferibiren oder 
pranumerircn, fo wird folcher nut dem Januar 
i7y5 ohnfehlbar begonnen. Wo aber nicht, 
fo unterbleibt die weitere Fortfetzung, 

Die Herren Buch « und Miulkhandler, fo 
wie iiberhaupt diejenigen , welch m Leipzig na- 



her ift, als Berlin, werden gebeten, Hue Be- 
ftellungen dafelbft an Herrn Breitkopf jun. zu 
inachen, bei welchem, fo wie in Berlin anfser 
der unterzeichneten Handlung avcli bei Herrn 
Buchhandler Lange, auch Exeniplare von dem 
muTtkalifehen PI ochenblatt und der Monaths* 
Jchrift (fur folche, die zugleith auf den zwei- 
ten Jahrgang pranumeriren, noch fur den I'rS* 
nuaneraUonspreifs) und Reichardts nrnfikaltfches 
Kunftmagaxin und Qeijk des mufikal. Kunft* 
magazins t wie auch vorn nuifikal. Blumen* 
ftranfs zu haben find, Auf die Fortfetzung des 
Blumenftraiifses, die im November d. J. er« 
fcheiut, wh-d dafelbft auch 16 Or. Frannuiera* 
tion angenonunen und auf den erften Thsii, 
von Reichardts Mufik zu Goethe's Wei ken niit 
Einem Thaler pranuanerirt oder fubfkiibirt. 

Berlin, den lften October 179a, 

JOio ncue JSerl. JlZitJik/mndlwig. 



MUSIKALISCHE MONATHSSCHRIFT. 

VIERTES STUCK. 



O c t o b 



t r 



7 9*- 



i. Etwas uber . Taktgefulil. 



t] aktgefiihl ift, glaub' ich, ein allgemeinefr, 
jedem MenlVhen natiirliches Gefiihl, und 
bedarf nur, mfrhr oder weniger, Entwickelung, 
um fich thiilig zu zeigen. Wenn ich von ei- 
nem allgemeinen Taktgefiihle rede, fo darf ich 
wohl nicht erft erinnern , dafs icli damit zu- 
gleich Tagen will: es zeige fich bei jedem Men- 
lchen auf eine und eben diefelbe Art wirk- 
fam; der cine fuhle niimlich den guten Takt- 
theil eben da, wo er dem andern merklich, 
ift, und es fei eben fo umnoglich, dafs d,erje- 
nige Theil, welcher jenem als cuter Takttheil 
aufFa'llr, dielein fiir einen fcldccftten gelfce; als 
es unmiiglich ift, dais diejenige kdrperliche Be- 
riihrung, welche Einem Menfchen Schmerz 
verurfacht, bei dem andern — voransgefetzt, 
dafs alles Uebrige gleich fei — ein angeneh- 
mes Gefiihl errcge. Nun fra'gt es iich aber: 

Hnt man, fiir jeden Fall, von diefein all- 
gemeiiien Taklgefuhl nbfhahirte Btgeln t 
' welche der K.ompoiii/1 nur belolgen darf, 
inn das Gefiihl diefer oder jener Taktart 
r«ege zu uiachen und zu unterhalten? 

oder : 

mufs auch.der Kompor.ift ficli hiebei grufs- 
tentJieils feinem — freHich ausgebildeten 
mid" erhohten — Gef tilde uberlaffen? 

Dies letztcre nicht zu glauben, beftimmen 
mich, der iili jedoch, wq nicht ganz Laic, 
dorh lukJiftens nur Lxdenbruder in der Ton- 
kunft bin ■ und wiinle ich a uch, war' icli et- 
was mehr, wohl ji'no Fragen anfgeworfen ha- 
jjen 9 — j'olei'iidc Griinde: Mufik iiberhaupt 
ift Sache ties Gei'iihls. Alle Gefetze tier Har- 



monie griinden fich einzig auf den -AusfprucU 
deflelben. Jedem gefunden Ohre, wenn e* 
gleich dem Kopfe eines ganzlich JMichtmufika- 
iifchen angehort, wirtl z. B. eine nicht aufge- 
lof'te DhTonanz, oder eine Folge von Ouinten 
widrig auffallen. Der Laie vermag nicht, /ich 
von tlon Urfachen diefer Eindriicke Rechen- 
Tchaft zu geben, Dem theoretifchen Mu/iker 
dagegen find die Gefetze bekannt, nach wel- 
chen diefe Tonverbindungen auf das Gefiihl 
wirken , er weifs , icodiirch , und irariim fie 
nicht angenehme, fondern widrige Eindriicke 
machen, and nur deshalb, weil er dies ire/fs 

— nicht, weil er es, gleich dem Laien, fufdt 

— kann er fie venneiden. — lhm find fo vie- 
le ans der Natur des Gefiihls abftrahirte allgo- 
meine Gnindfn'ue gcgenwitrtig, die er nur be- 
nutzen darf, mn feines Zwecks , diefes oder 
jenes hervorfiec/icndere Gefiihl — von den fei. 
neni Niiancen ift Jiier die Rede nicht — ?u 
xvecken, ficher nicht zu verfelilen. Sollte er 
in Anfehwig des Taltgeftikh , das doch ge- 
wifs, eben weil es ein aljgemeines Natnrgefuhl 
ift, unter die henvorfteoh.cnd.ft en gehort, vor 
dem Laien nichts voraus liahen? Die Profodie 
der Sprache hatte Regeln , nach wt-hhen diefe 
cider jene Sylbe entweder /.;//■- oder latig ge- 
braucht werden kann oiler mvfs? Und die'pro* 
fodie der Ulufik — wenn ich mich fo ausdrii- 
cken darf — der es in Anfehung der grufsern 
Perioden, Rhythmen, Einfchnitte und Cafu- 
ren nicht an Regeln fehll, hatte — zwar -eben- 
fnlls Metra (derm was find Taktarten anders?) 
~- aber keine Gefetze, riach welchen dnrcli 
diefe oder jene Verbindnne; der Tone notli- 
vciulig ein guter oder fchlecliter 'J'akifufs, noili* 
uendig diefes oder jenes Taktmetrum und 

N 



go 

fchlechterdmgs kein andres als das verlangte, 
fuhlbar werden mufs? welche, z. B. den l«. 
terfchicd zwifchen % und $■ Takt, der, wie- 
wohl einige behaupten, dais jener bios ans 
zwei zufammengefetzten £ Takteu beftelte, tlocli 
gaiiz zuverlafsig vorhanden ifi, merklich iua« 
chen lehrien? 

Es giebt zwar — wie in der Profodie un- 
ferer Sprache willklihrlich lange oder kurze 
Sylben — - fo in der Mufik Kombinadonen, die 
willkiihrlich mehr als Ein Taktmetrum zulaf- 
fen, z, B. eine Reihe von Tunen gleicher Dauer 
und auf derfelben Stufe; allein folcher Verbin- 
dungen find gegen dlejenigen, wo fchlechter- 
dings nur Eine Art tier Taktabtheilung mog- 
lich ift, und wo durch jede andere, diefer EU 
?wn Taktabtheilung entgegen avbeitende, Ac- 
centuation, eine dem Gefiihle fehr merkliche 
Taktverriickung entftehen wiirde, docli wohl 
nur wenige. 

So find auch Verbindungen von Tonen 
moglich, die fich eben fo wenig als Profe, in 
ein gewifles Metrmn biingen lalfen. Wodurch 
wird nun in jenem Falle das Gefiihl diefer 
Einen Taktart, alien Bemi'ihungen khm durch 
veranderte Accentuation eine andre Richtung 
zu geben zum Trotz, unterhalten? wodurch 
wild in diefem Falle die Eintheilung in irgend 
ein gewifles Taktmetrum gehindert? und wel- 
che Regeln lehren den Componiften folche 
Hindernifle befiegen? Denn warum follte er, 
gerade mir hier , feinem Gefiihle iiberlafl'en 
feyn? 

Was die gewohnlichen Theorien vom Vor- 
bereiten, Anfchlagen und Auflofen der Diflb- 
nauzen, vom Beibehalten oder Weglaflen, Ver- 
doppeln oder nicht verdoppeln gewifl'er In- 
tervalle, im gutcn oder fchlechten Takttheile, 
lehren, mag wohl etwas feyn, urn in dicfein 
oder jenem Falle das Taktgefi'ihl zu befriedi- 
gen. Es kann aber fo wenig alles feyn, als 
auf jeden moglichen Fall paflen ; denn es giebt 
Verbindungen, ohne Diflbnanzen, und, in der 
freien Schreibart hefonders, wo doch die grofs- 
te Mannigfaltigkeit der Taktarten moglich ift 
— da hiugegen im ftrcngen Style die vielen 
kleinern lelcht und lk-blich dahin hiipfenden 
Metra durch wenige grofse, gewichtvolle grofs- 
tentheils ganzlich ausgefchlolfen werden 
handelt man niiht felten alien diefen Regeln 
ceradehin zuwider, ohne dafs darum das Takt- 
sefiihl nur im mindeften beleidiget wiirde. 
Sich davon zu iiberzeugen , gelie man irgend 



cine n en ere Soriate durch, tmd fehe, wle oft 
jene Vorfchriften beobachtet, wie oft lie iiber- 
treten feyn. Das Uebergewicht diirfte auf die 
letztere Seite fallen. 

Die Regel, dafs Takt 'th ei lie nicht als Glie* 
tier , und umgckehrt, dargeftellt werden mtif* 
fen, fcheint mir ebenfalls bei weitem noch 
nicht beftimmt genng. Denn woran crkenne 
ich nun, welche mclodifche Verbindung noth- 
wendig , als Theil y nicht als Glied, und urn- 
gekehrt, gebraucht werden mufs? An i\em 
Umfange und der Endigung der rhytimiifchcn 
Theile? Aber auch hiebei ift ja eine grofse 
Mannigfaltigkeit rnoglich. 

Wenn nun luer nicht bios das Gefiihl 
entfehciden foil, fo mufs es eine volHtandigere, 
in jedein Fa'lle und auf jedt beliebige Taktart 
anwendbare, gegen jeden Verftofs wider das 
Metrum Xichernde, Theorie geben. 

Ift aher eine folche Theorie vorhanden? 

und, wenn fie es ift, wie ich nicht zweifle : 

fj'o wird fie gelehret? 

Ueber diefe Fragen wiinfchte ich Belehrung. 
Sollten Sie, uicme hochzuvevehrende Herrn, 
das lalenhafte Raifonnement eines Dilettanten 
einiger Aufmerkfamkeit nicht ganz unwerth, 
die darin aufgeworfnen Fragen nicht etwa 
zwecklos linden, und ware in Ihrer belieblen 
mufikalifchcn Zeitfchrift der Ort fur meine 
Anfrage und deren Beantwortung, fo haben 
Sie die Giite, meinen Wunfcli zu befriedigen. 

Nauen am Giften Marz 179c 

C L. Stengel. 



Nachfchrift der Herausgeber. 

Wir tlieilen diefe Anfrage uhfem Le- 
fern 11m fo lieber mit, da es zum wahen 
Gewinn der Kunft gereichen miifsle, wenn 
mehrere gri'mdlith unlerrichtete unci fchaiffin- 
nige Forfcher an ihrer Beantwortung Theil 
nehmen mochten. Obgleich in JMathefons t 
Ricgelsy Scheibe's, HZarpurgs , Kimbergers, 
Sulzers, Forkels, u. e. a. Werken einzelne gnte 
und zum Theil feine Bemerkungen und Ideen 
iiber diefen wichtigen Gegenftand enthalten 
find, fo ift er doch im Ganzen noch fo wenig 
bearbeitet, und uberall fo wenig zur Spracbe 



gekommen , dak die beftcn practifrhen Kfinft- kimft geben follen. Die Hercuwgebev b 
ler felbft in nicht. geringer Verlegenhcit lich es ficJi vor, bei erfter Mufse ihr Scherfle 
befinden, wenn fie clamber in Worten Aus* zutragen. 



behalron 
Scherflein bei- 



2. Auszug aus einem Verfucli einer f) ftematifclien Entwickelung der Tactarten 

uiid Vorfchlage zu neuen Tactzeiclien. *) 

St tons ccs fipics, fagt Roufleau im Ar- gliederungen der Tactzeichen fo vnllen Mufik, 
Mc/hrc von den Tactzeichen, nachdem mit vier oder fechs Tactarten (denn Hiehr 



tlkel 

er fie v'orangefuhrt hatte; „Ji tous ces Jienes ruumt Roufleau dein nothwendigen BediVrfnuTe 
»font inflilue's pour marquer anla-u de c'lrjfe- nicht em.) ausreichen? Wie verhalten fich Tact- 
^rentes fortes de JlZcfures, il y en a beuu- 



, t conp trap i et .rV/.r Ic four } pour exprimcr 
,,/e.r divers de'grvs tie -7J o u 1 'erne n I , it 
j,'/')* a pas ('{fez ; put < que, indepeudummeni da 
fjl'cfpece dc Ulefurc el de la divijiou des 
fflc/ns, on i'jl prtwquc toujotirs contraink d'a- 
yij outer mi mob att commencement deV Air pour 
^determiner le 'Jons. " Nach Roufleaus Mei- 
nung haben wir alio dev Tactzeichen, mid wie 
Sulzer den Genfer verftcht, dev Tactarten, in 
ciner Rikkficht zu viel, in andrer zu wenig. 
Sulzer verwirft <]cn Gefichtspunct, aus wel- 
cheiu die Tactarten betrachtct er felbft geAeht, 
dafs wir zu viel haben, und bleibt ehizig in 
denrjenigen ftehen , worin er Houlleau fagen 
lafst, dafs ihrer zu wenig find. Ob wir nun 
aber, in diefom Gefirhtspuncte die Tactarten 
betrachtet, ihrer uirklich zu wenig haben, 
wie Kouilenu nieini, oder ob die Zalil volJ- 
ftandig fey; dies zu unterfuchen und dumber 
Beftimmungen zu gcben, ill Sulzer der Vor- 
treflichkeit feines Works ldiuldig geblieben: er 
hat die niehr oder weniger gebrauchlichen Tact- 
arten nach einander in einer gewilTen Ordnung 
bios aufgezahlt, als wonn es ihin , was denn 
freylich audi die Ihmpifache war und be/tan- 
dig bleiben wird, nur da rum zu thun ware, 
den practifchen Gebrauch zu zcigen. 

Sollte fich aber, jenes zu beftimmen, nicht 
em untrhglicher Aiaafsftab finden laiTen ? Kon- 
nen wir lerner in unferer heutigen , von Zer- 



arlen und Tactzeichen zu einander? fuhrt jvde 
Tactart immer nur ein Zeichen? und find meh- 
lere verfcJiiedene Tactzeichen Beweife von eben 
fo viel vc-rfchiedenen Tactarten? Endlich, ill 
es nothvvendig, dnrch die Tactzeichen zugleich 
den Gang der Bewegung anzudeuten? (Nach 
den bekannteften Theorieen follen Cia mit dazu 
dienen ; alio denn audi noch die Frage:) find 
lie dazu lo gefchickt, dafs man kcine beflere 
zu wunfehen brauclite, oder liegen uns beque- 
mere und zuverlafsigere Mittel zur Hand? 

Dies alles find zu verwickelte , in einan- 
der greifende Fragen, uiu fie einzeln zu beant- 
worten , ohne in ciftere Wiederholungen zu 
fallen. Ich gehe lieber einen andein Weg, und 
fange mit deui an, was meine nachfte Ab/idit 
war, den l.'rfjirung der Tactarten uuil ihren 
Zufammeiihang darzuftejlen. Da bey werde idi.s 
urn fo mehr lalfc-n konucn, wenn fich am Ende 
zeigte, dafs es i'tberflu'.sig v.iire, die Fragpuncte 
noch einzeln zu beleuchten. 

Ich fiellc ntir jeden Tact als eine Einheit: 
vor, und linde, dafs i ire einjuehftc, (unmittel- 
harc , Obcr- oder wi'j ich (ie vorhin genannt 
babe, Slamm- IJciregimt:) zwei/eitig oder drei- 
zeitig ift : das heifst, jeder Tact zerlallt in 
zwey oder drei gleiche Zeittheile. Wollte ich 
bier ein wenig ausfchweifen , fo war es in deiu 
Beweife, dafs der Einvierteltact (der aus nur 
einem Zeittheil be/tehende Tact,) ein Uncling 



*) Der r'<liri.iii(lip;e Anff.ttr. ficlit im Miirz 1792 
tits il' utf' It'-n Magazins , mid emlililt anTsgr rnan- 
thiMi ii.ihcrn J'.rl.iuicnin^cn <les hicv vorgeiragc- 
ueii , .inch iiiflji-eif f. -iiu-. kritifrlie Benierkun»e» 
iiUt-r ciiit'ii zicitiiicli widjfdcutendcn Auffatz von 
lirijon 'un Dcctiiiljer 1788 del Journal encyclo- 
ptdh/ue, und iiLut Kuufl'enus und Sulzers Mei- 
iiiini;< 11 den iiiti' .di^oli.iiululrcii Gi;e;oiirtJnd be- 
trt.Ji'.iid. JJ'ii ]Ji-t'jnst>cbcrii ditfe.r iT) 1 1 (i k ;i 1 ilcJi tr j\ 
JMonaiJcJiiil't frJiiuii dir Auff.ilz zu wicJili-t , mil 
es dcai ZuiaJl zu iibcrlailen, ob cr uudi^durcll 



I 



jaws litttmiifdie und poliiifdic Journal den 
IVuiindcn di-r Tonkiinit, odtr vidniehr den Ton- 
kiinftlevn fclbtt in die If.mde konmien nioditc. 
Donpdt angcticlnn wiird' cs slinen feyn , dmch 
diekn Auszug maiidien Lefer, der jejies felir in- 
tere/Tanic und rcichhahisu Journal bidier unter 
der gi-ofsi-ii Meiuie Vuu Jininialun fibcrfibr n h.ii- 
tt-, nirlii nur auT jci:i:ii Auffatz, ioitdrin aiif das 
\^erk fclb/t aufjntrkfani genud:t 211 h.ibcn. 



N 2 



-D. II. 



ift, ob es gleich, ihn auszudriicken, Fonn und 
Zeichen giebt. 

Die Zergliederung des Tacts in zwei oder 
drei Zeiten driicke ich, uui .das Ganze und die 
Theile zugleich nebft den dazwifchen liegen- 
elen VerhaltniJlen mit einem Blick zu fatten, 
auf folgende Art aus : 

und dies ift die einfache, (unmitcelbare) gera- 
d* Tactart. 

Die einfache ungerade, oder der einfache 
Trippeltact, bekonimt alfo diefe Geftalt: 

Auf die Darftellung in Ziefern konunt mir. 
viel an, weil fie die Idee von der nothwendi- 
gen Einheit eines Tacts vor aller Verirrung 
und Vernufchung mit unniitzen Nebenideen 
verwahrt. In diefer Riickficht mufs ich noch 
cine etvvas umfchweifende Anmerkung machen. 

Wer die Tonzeichen oder Noten nach ih- 
rem Werthe fo kennen lernt, als ein gewcihn- 
licher Lehnneifter fie dem Anfanger nut ihren 
Eintheilungen und Namen beibringt, wie felbft 
Sulzer im Artikel JS/oten fie abhandelt, dem 
mufs in der Folge beim erften Erwachen des 
Selbftdenkens aufFallen, dafs wir nur fur die, 
durcli Zerlegen der runden (ganzen) Note mit- 
telft dem Theiler 2 entfpringenden Tactzeiten, 
eigenthiunliche Noten und Namen haben, die- 
jenigen Tactzeiten aber kaum in der Schrift, 
und in der Sprache gar nicht befonders aus- 
driicken, welclie entftehen, wenn die runde 
Note unmittelbar durcli 5, oder mittelbar durch 
c und 3, imglcichen 5 und 3, getheilt wird. 
War's ein Wunder, wenn er in unferer Zei- 
dienlelire eine grofse Liicke zu entdecken glaub- 
te ? zu behaupten anfieuge, es fehle fiir einc 
Menge Tactzeiten uns an Namen und Zeichen, 
und diefem Mangel miiUc abgeholfen werden? 

Wirklich find hier Dinge mit einander 
verwechfelt worden, deien Verfchiedenheit zu 
au/Fallend ift, um den Grund der Verwechfe- 
lung fogleich zu entdecken. Wir Deutfche ha- 
ben iibel gethan, dafs wir die von den gera- 
den Theilern, a, 4, 8, 16 u. 1". w. hergenom- 



menen Namen der Noten, Ganze, Halbe, Vier- 
tel, Achtel etc. liefsen mit fur die trij>pelu,e- 
theilten Tactzeiten herrfchend werden, und 
da, wo fich dies nicht fi'ig^n wollte, den Aus» 
druck von Trioleu zum LuckenbiuTer mach- 
fen; wohingegen unfere weftlichen Nachbaren 
die im Lateinifchon gebrauchlichen , von der 
Figur der Noten abgeleitcten Namen beibe- 
hielten, wornach Cm eine Note unv ronde, 
blanche, noire, troche, double -croche etc. nen-s 
nen, die bei uns gewohnliche ganze, halbe* 
viertel, achtel etc. Note heifst. Dies hat zur 
Folge, dafs eine Note den Namen Vlevbel be-, 
konunt, wenn fie gleich, dem wahren Wer- 
the nach, ein Drittel oder ein Sechjiel ift^. 
und mit eben dem Keclite in diefem Fall ein. 
Drittel , ein Sechftel genannt zu werden fodern, 
kann, als in jenem Fall, d,\ ihre Dauer den. 
vierten Theil des Tacts betriiet, cm VierteL. 
Hierbei fiihlt man auclv, wie fehr die Nameu. 
von Drei viertel , Zweiviertel , Sechsachteltact 
den. BegrifFen von der Sache widerfprechen. 

In der. Art die Noten zu nennen, liegt 
alfo wiirklich etwas JEiufeiliges, welches nur 
gar zu leicht zu falfthen Vorftellungen ver- 
fiihrt; allein, an Tonzeichen (Notengattungen) 
felbft haben wir, fo wie keinen Ueberfiufs, fo 
anch keinen Mangel: der hinter den Noten ap- 
plicable Punct und die Schreibart der foge- 
nannten Triolen fiillen hier die fcheinbare 
Liicke fehr gefchickt aus. Nur die alten, von 
der Geftalt der Noten genommenen, mchrfei- 
ligen Namen wieder gang und gebe gemacht, 
fo ift die Vorftellung gelautert, welclie beim. 
Kennenlernen der finnlichen Tonzeichen in 
der Imagination erregt werden, und von blei- 
bendem Eindruck feyn mufs. 

Den einfachen geraden Tact 1 : Q — r; | 
nenne ich Z,weiziveitei ', oder fthlechtweg Zwei- 
teltact , und lein Zeichen Idle icla § feyn. 
Der ungerade einfache Tact, dem ich hernach 
■| zmu Zeichen gebe, heifst alio, nicht Drei- 
zweitel oder Dreiviertel , miter welchem und 
andern Namen ihn unfre Praxis kennt, fon- 
dern Dritieltacb, Als ganze oder Tactsnoten 
braiicht man in beiden gewuhnlich weifse und 
fciisv.uze; im Drittellact, zur gefchwindellen 
Bewegung auch gefcliwanzte. Ueberdies ge- 
hvirt im Dritteltact zur Vollftandigkeit der Tacts* 



*) Kamlich: 1 dividht durcli 2 giebt zwei Halficii. 



JDtfr Eiafender. 



note noch der Verliingernngsptvo.ct," de/Ten Da* 
feyn fiir die auskhliefsende Dreizeitigkeit ent- 
fcheidct; wo er felilt, da ift denn die Note 
l)los zweizeitig. 

Durch weitere Zerlegung der Tactzeiten 
leite icli nun aus den einfachen Gnmdtactarten 
alle bisher gebranchlithe und je brauchbare 
Tactarten her. Mich wundert, dafs RoiuTeau 
nicht bereks diefen Weg eingefchlagen , oder 
beftiinmter, dafs er ihn nicht verfolgt hat: 
Y^chaque Terns, ainji que chaque Me Jure, 
9 ,peut fe divifer en deux ou en trois parties 
„c'gales, " fagt er ganz rich tig, und man follte 
den ken , er vviirde auf diefem Grande das gan- 
ze Gebaude der Lehre voni Tact auffiihren. 
Allein er fcheint wenig darauf geachtet zu ha- 
ben ; als wenn nichts weiter daraus zu folgern 
ware, fchreibt er fort: „ccla fait une fubdivi- 
jyjiou , qui donne quatre efjjeces de Mejures 
„tvz tout. (t 

Konnen wir denn nicht noch weiter thei- 
len ? und mullen wir's nicht, urn die feltenere 
Arten abzuleiten, welche unter den Nainen 
von Zvvcilfachtel, Zwolffechzelmtel , Vier und 
awanzig — Sechszchntel vorkommen? oder 



imfsbilligt Ronfleau ilillfchweigends den Ge- 
brauch diefer Tactvorzeichnnngen? — Viel- 
leicht; und wolil ear mil Recht! Wir konnen 
nur durch a und 3 theilen; (denn die Einheit 
theilt nicht, in 4. und 6 find die Theiler Q. 
und 5 fchon enthalten, 5 und 7 aber gebert 
Verhaltnifle, die unfer Ohr nicht faffen kann, 
wenigftens wie verfchiedene Verfuche *) be- 
ftatigt haben, nicht faffen mag; wie weit aber 
die Theilungen gehen divrfen, das gehort fur 
die Entfcheidung des Ohrs. Mich dunkt es 
Kegel, dafs die Tactvorzeichnung die herr- 
fchenden Zeiuheile der Einheit angeben miuTe; 
unter welchen Zeittheilen aber blofs die leicht 
zu faflenden, im Gefiihl Eindrack jnachenden 
und inuner widerkehrend fcheinenden zu ver- 
iiehen find, ohne Ri'ickficht darauf, dafs ihrer 
inehrere bald in kleinere vielartige Theilchen 
zerfplittert werden. Solcher herrfchenden Zeit- 
theile kann das Ohr nun wohl aufs hochfte 
nicht mehr als Zwolf fallen; und fo batten wir 
allenfalls auch nur einen Tact mehr als Rouf- 
feau geftattet, — inuner aber noch weniger, 
als der Componiften-Gebrauch den Schein hat, 
glaubend zu machen, dafs in der Natur der 
Sache exiftiren. 

(Die Fortfetzung im liacliiteu Stuck.) 



3. Fortfetzimg der Berichtiguiigen und Zufatze zum Gerberfchen Lexicon. 

der Tonkiiiiftler etc. von J. F. Reichardt. 



S. 586 fehlt: 

Jlurfon war ein fehr gefchickter Organift 
bei der Marienkirche in Berlin. 

Ilajps. Ich be/itze das felten gewordene 
Miferere diefes Meifters, das er friih in Vene- 
dig fiir zwei Soprane und zwei Contr' Alte 
fchrieb, und halte diefes mit dem Pater Mar- 
tini fur eine feiner beften Arbeiten. 

S. 6o5 fehlt; 

Ilatzfe'd (Hugo Graf v.) jetziger Mainzi- 
fcher Gelandter in Berlin, und Bruder des vo- 
rigen , der wegen feiner iVhonen Tenorftimme 
und feines augenehmen gef'clmiackvollen Vor- 
trages als ein vorziiglicher Mu/ikdilettant ge- 
najiiit zu werden venlient. 



S. 624. fehlt: 

Nerbigj ein braver Violoncellift in der 
Konigl. Preufsifchen Gapelle: er ift ein Schil- 
ler voni jungen itzt fo beri'ihmten Mara, unci 
vom Konige fehr gefchatzt. Es ift fchade, 
dafs feine fchwachliche Gefundheit ihm kein 
langes Leben verfpricht. Mit einer obligaten 
Violoncellarie in meiner Oper sfndromeda er- 
warb er fich auch im Publikum eben fo all* 
gemeinen Beifall als im vorigen Jahr Herr 
JHansmaini , der fich fchon bei meinen ehema- 
ligen Concerts f/urituels im Publikum fehr 
beliebt machte, mit einer andem Arie in mei- 
ner Oper JBrciino, die ich fur Madame Todi 
u lit einem obligaten Baifon, fiir den vortrefli- 
chen, vollkommenen Fagottiften Hitter, mit 
zwei obligaten Waldhornern, fiir die beyden 



*) Von Tikitiniin, uml befontJers von Conrad Mi- 
fliacl Schneider, wtiiand Alufikdireciur und Or- 



ganift zu Ulm, in de/Tcn techs Tlieilen Clavier* 
libiing, zu Augsburg iu Kupfer geJiocheu, 

N 5 



04- 

ebon' fo vorlreflichen mul vollkonimenen Kiinft- 
ler, Thuvfclnnhlt und Palfa t und mit einem 
obligatcn Violoncell fiir Herrn Hausmanu ge- 
fchrieben hatte. Diefe Ario: Dei di Roma, 
ill vielleicht an kehiem Orte in der Welt wie- 
der mil der Vollkommenheit aufzufuhren, mit 
welcher jene funf Vutnofen fie geltend machton. 

Herder (Johann Georg). Aufscr dencn an- 
gefuhrten mit dev Tonkunfi verwaudten Schrif- 
ten gehoren audi noch folgentle von H. hie- 
her: P'ou deulfv/ier Art uud Kuii/t, lH'jS. Bru- 
tus, ein Drama znr Mufik, 1774. Liedar der 
Licbe t 1778. Zioei IT'cimarifchc Oefangbii- 
c/ter, 1778. Folksliedcr aus dem Englifchcn, 
Schottifchen , Spanifchen, Litthauifchen u. a. 
Spr. Q Ba'nde, 1778 u. 79. Cantate beim Kirch- 
gange der reg. Herzogin , von tier Herzogl. Ca- 
pelle aufgcfuhrt 1779. E me Oftercantate, Han- 
dels Meflias deutfeh imtevgelegt. Es ift fehr 
zu bedauern, dafs H. nicht mehr fur die Mu- 
fik gedichtet hat: denji er gehort, wie Gothe, 
zu den fehr feltnen gebohrnen Dichtern, die 
auch Sinn und Gefiihl fiir die Tonkunft ha- 
ben. Nie hat mir jemand richtigere Bemer- 
kungen iiber meine Arbeiten gemacht, als H. 

Herfchcl CFriedrich Willhelm) bat feine 
Organiftenftelle in Bath langft niedergelegt und 
wohnt feit mehreren Jahren als penfionirter 
Koniglicher Aftronom zu Wind for, wo der Hof 
fich (\&n griifsten Theil ties Jahres auflialt , und 
der Konig felbft mit ilun eifrig Aftronomie 
ftudirt. 

IleJJel, der als Verferdger einer Klavier- 
harmonika in Berlin ' genannt wird, ift kier 
ganz unbekannt. 

IFirttmely ein junger Klavierift von vor- 
zi'iglichem Talent und grofsev Gefchickliohkeit 
iiii" Klavierfpielen. Vor einigen Jalircn erwarb 
er fich dadurch beim Ktinige von Preufsen eine 
jahrliche Penfion, nm damit bei einem felbfi- 
gewahlten Lehrmeifter die Compofition zu llu- 
diren. Er und feine Freunde bei Hofe wa'hl- 
ten Naumann, und fo lebt er feit der Zcit 
grofstentheils in Dresden, Doch hat er fchon 
einige Male dem Ktinige feine Arbeiten iiber- 
bracht, durch die er zeigt, dafs er fur die Na- 
ttir feines Talents fich an Kallmann den rech- 
len Lehrer gewahlt hat. 

Jomclli (Nicolo) H. G. lafst mich bier fa- 
gen: ich glaube, Jomelli lei Muiiklehrer im 
Confervatorio Si: OnoJ'rio unter Leo und Du- 



rante gewefen : ich fage aber in meinem Com- 
juentar, den ich fiir Jiiein ehemaliges Conceit 
Ipiiituel fiber JomelUs tlamals auJgefiihrtes 3li- 
(ciere fchrieb, und aus dem diefe Naclmcht 
mir genonuuen feyn kann, fait gerade das Ge- 
gentheil; ich bozweifle tiort fogar, dafs er die 
Mufik unter Durante ftudirl: haben follte. — 
Da jener Comuiiilar ein ziemlich ausfiihrli- 
ches und beftinunles Urtheil iiber Jomclli. ent- 
halt, an welcheni mich anch fpatere Bekannt- 
fchaft mit mehreren feiner Werke und das Ur- 
theil feines italianifchen enthoufiafiifchen Le- 
bensbefchreibers , an den fich H. G. vorztiglich 
halt, nichts antlern lallen, fo will ich ihn 
ganz hieher fetzen. Die Textbiicher zu mei- 
nem damaligen Concert fpirituel , die folche 
Commentare enthalten, fintl ohneliin langA 
vergelleji und verflogen. 

„Jomelli ift unter den Italia'nern diefe3 
Jahrhuntlerts einer der beriihmteiten und be- 
licbteften Komponiften feiner Nation. In fei- 
nen friiheften Jahren, die in den Anfang die— 
fes Jahrhuntlerts fallen, Audirte er unter Du- 
rante; es ill aber kaum zu glauben, tlafs er 
bei dielem giofsen Harmtmiker die Kompofi- 
tion ftmlirt hat, vielleicht war er mir fein 
Sangnieifter: tlenn Jomclli hat keincn Theil 
feiner Kunft grimdlich I'tiulirt. .Sein iiberaus 
feuriges Genie und feine gli'ihentle Imagina- 
tion, konnten in feinen friihern Jahren den 
Zwang tier Regel nicht ertragen, odev liefsen 
ihm vielmehr nie Rube genug, das Kunftfy- 
Ilem, und noch weniger tlas innerc wahre 
Wefen der Kunft zu Audiren. In Ipiiteren Jah- 
ren, da ilun der Vorwurf, bei all feinnm Ge- 
nie unwillend in der KnnA zu feyn, unange- 
nehm wurde , auch wirklich einmal zu Erlan- 
gung einer wichligen Stelle im Wege Aand, 
that er, als wolle er fleilsiger arbeiten, mag 
auch wirklich fich mehr urn tlas Studium der 
Harmonic bekiimmert haben, drang aber nie 
fo ticf , dafs er mit Sichevhcit nnd lemer Walil 
feine oft herrlichen Melotlieen , mit paffender 
reiner und ungezwungen gcarbeiteter Harmo- 
nic biitte begleiten, viehveniger noch feine Me- 
lotlieen durch reiche und fein gefiihrte Har- 
monic vcrfchonern und an Wirkmig verftiir- 
ken kiinnen. Er fuchte vielmehr feinen fpa- 
tern Arbeiten durch frappante und gehaufte 
Ausweichungen , oft ohne Griiml.und Urfache, 
ein gelehrtes Anfehen zu geben, und verdarb 
datlurch oft die fchimfte trcfFendfte und aus- 
dnickvolleAe Melodie. Niemand fuhlt das bef- 
fer, als der Sanger, der oft diefelbc Melodic, 
die er allein fur fich fehr teicht untl bequem 



9 5 



gefungen, kamn mehr rein unci Acher fingen 
kann, fobahl die unnatiulich gehaufte grund 
lol'e Harmonie dazu kcimmt; und felblt der 
Sanger wird das nie lebhafier fiihlen, als we*i 
cr lolche iMufik mit der nicifterhaften Arbei<\ 
eincs L f co vergleicht, wo die Harmonie inmi' 
der Melodic ircucfte Fi'ihrerin xincl StiUze iit, 
wo eine Stiuune die audere tra'gt unci fichert. 
Es ift vielleidit kein Koniponilt, an dem man's 
belfer zeigen konnte, wie das wahre tiefe Stu- 
tlium der Knnft das Genie nicht erdrtickt, wie 
es ihm vielmchr Kraft unci Feftigkeit giebt, 
all fein Vermogen immer zum rechten Zweck 
anzuwenden, als Leo. Unci wenn auch Leich- 
tigkeit unci Schimheit cler Form clurch tiefes 
Studium cler Kunft etwas leiclen follte, fo wird 
cloch an Klarheit, Fafsliihkeit, Beftimmtheit 
nnd Vollendung gewifs mehr gewonnen, Es 
ift von cler andem Seite vielleicht kein Kom\- 
ponift, an deux man es fo einleuchtend zei- 
gen konnte, dafs auch das lebhaftefte Genie, 
die feurigfte Einbildungskraft, ja felbft hauiige 
Erfahrung nicht himeidiend ilfc, den Mangel 
des Studiums der Kunft uberall zu erfetzen, 
befonders wenn fich der Kunftler ins Feld des 
Erhabenen wagt, — als Jomelli: unci unter 
alien feinen Arbeiten zeigt das vielleicht kei- 
ne fo gaiiz, als diefes i\J(fercre , fo wir heute 
auftuhren wollen. 

Es herrfcht in diefer Mufik ein Beidithuni 
an fchonen Melodieen, an einztlnen ausdmck- 
vollen Stellen, wie vielleicht nur in irgend 
einein andern grofsen Werke. Allein diefe 
fchonen Melodieen find To felten mit guter rei- 
ner zweckniafsigcr Hannonie begleitet und fart 
nie durch fchiin gearbuitete reiche unci feinge- 
fiihrte Harmonie verfdioiiert und gekraftiget, 
dafs auch die fchiiufte diefer Melodieen keinen 
befiimniten und bleibenden Eindruck bewir- 
ken kann. Es ill alles nur moiuentan; frei- 
3ich fiir den einzelncn Angenblick zuweilen 
das LiebKchfte, was man lichen anag: gleich 
darauf aber zerftiirt. wieder ein gewaltfamer nil- 
vorbereiteter wcithergehnlt r Akkord all den 
fchonen Eindruck. Unci der Kunftler gar, der 
gewohnt ift, dem Gauge cler Harmonie mit 
clem Verftande zn folgen, findet fich allaugen- 
blicklith getiiufcht, irregefiilut unci am Ende 
inibefriedigt. 

Bei all diefen Ma'ngeln bleiben diefer Mu- 
fik fo viel SchonheUen der Melodic nnd des 
Eflekts, dafs fie, wie nur je eine andre fei- 
ner Arbeiten, von dem lebhaften Genie und 
fchonen Kunftlinn des Kumponiften imwider- 
leglich zeugt. 



Ein befonderes Verdienft, das Jomelli uber- 
all hat, zeigt fich bier oft fehr (lark: das ift, die 
Klugheit oder Witz, mit wenigen No ten oft 
eine grofse frappante Wirkung hervorzubrin- 
gen. Befonders in den ltitornelleii' und klei- 
neh Zwifchenfpielen der Inftrumente find oft 
aufserft frappante, oft audi aufserft angenehnie 
Zuge. Das hat leine Theaterarbeiten immer fo 
hochft anziighch xmd grofswirkend gemarht. 
In der Kirche erfetzt dies freilich bei weitem 
nicht den Mangel grofsgedachter , ki'ihn unci 
eclel gefi'ihrter Harmonie. Man mufs vielmehr 
doppelt bedauern, dafs ein Mann, der fo viel 
Scharffinn zeigt in Anfehung der aufsern Be- 
gleitung, dafs der nicht durch tiefe Einficht in 
die Kunft in den Stand gefetzt ward, die edlern 
und grolserwirkenden Mittel, die die Harmo- 
nie darbietet, zum hochften und edelften Zweck 
tier Kunft geiftvoll anzuwenden. " 

Ich ffige dielem Urtheil ein anderes des 
Friiizen Belofelsky bei, welches, bei aller fei- 
ner Vorliebe fiir die Italianer und felblt fin* 
Jomelli, den Kunftcharakter diefes Kunftlers iiu 
Ganzen richtig clarftellt. Auch giebt mir fol- 
ches noch Veranlaffnng zu einigen Anmerkun- 
gen. Er fagt, in feiner fianzofifchen Abhand- 
luiig de la. Mvjique eu Italie , Folgendes voo 
Jomelli. 

„Jomelli fi'ihlte fich friih zur Mufik beru- 
fen, und wurde bald beriihmt. Seine Opern 
IJigenia, Cajo Mario , und Aftianatlc erfchie- 
nen auf den Theatern von Neap el und Rom 
mit aufserordentlichcm Beifall. Diefe drei 
Werke voll Feuer und Gefang ki'mdigten einen 
feinen und fichern Gefclnuack, eine grofse Seele 
an, die mit Pcrgolcjhr unci Vincis fchonem 
Naturcl zu wetteifern fchienen. Sein Iluf unci 
feiue Talente wnchfen taglich; er ftand im Be. 
grifF zum Gapellmeifter bei cler pabftlichen Ca- 
pelle ernannt zu wcrden : aber das romifche 
Mu/ikercorps wolite ihu erft priifen, und be- 
hauptete, er keime die Begeln der beiligen Mu- 
fik nicht hinlanglich. Jomelli fi'ihlte iich durch 
diefen Vorwurf befchamt; er verliefs Horn ;mcl 
ging nach Bologna, tint unter dem Pater Mar- 
tini den Contrapunkt zu ftudiren." (Im G. Lexi- 
con ftelit falfclilicli JSeapel, wo Martini nie 
war. Ich kann mich hier nicht enthalten eine 
Amnerkung hinzuzufugen, die ich clamals in 
meinem Commentar nicht machen konnte, weil 
mir diefer Uiitftand unbekaunt war. Der /.<•///•- 
mcifter Maitiur, der nur den eigentlichft ma- 
theniatifchen Tlieil der Mufik lludirt hafie unci 
wirklich vcrfhmd, auch felblt «ie etwas koan- 



96 



ponirt hat, das ein wahrer Kiinftler rein unci 
gut gefchrieben nennen, unci ein feines gebil- 
detes Ohr mit Vergniigen hoYen konnte , der 
erklart bier ganz den Abweg ties Sdiulers von 
der wahren Kunft und die falfche Anwendung, 
die er von der Zeit an von einem oberflachli- 
chen Studium der Hariuonie gemacht hat. 
Uebrigens ift es unbegreiHich, wie in Italien 
fchon damals, zu einer Zeit, da die achten 
Kiinftler, die Leo^ Feo, J'iuci, wahre grofse 
vollendete Kunftwerke in folcher Menge dar- 
ftellten und horen Uefsen, wie da junge Leute 
als Ptrgoltfi und Jomelii u. a. die lich noch 
nicht die Miihe und Zeit genonunen batten, 
unter jenen grofsen Meiftern das eigentliche Ge- 
fetzmafsige der Kunft zu ftudiren und zu iiben, 
wie die denfelben grofsen Erfolg bei demfel- 
ben Publikum, das jene Meifter befafs, haben 
konnten. Das follte einem faft alien Glauben 
an der Moglichkeit der Kunftbildung eines Pu- 
blikums benehmen. Unci nun wieder zu un- 
ferm kunftliebenden Prinzen.) if Jotnelli war 
damals fchon iiber dreifsig Jahr' alt. Das Stu- 
dium ift fur das Genie, was die Politur fur 
den Diainant ift : es verkleinert ihn , indeiu es 
ihn reinigt. *' (Hierau;, denk' ich , fteht die 
Antwort im vorftehenden Commentar.) 

„Der gelehrte Anachorete, eingenommen 
von dem prahlerifchen Gefchwatz der Anthi- 
tbefe und der laftigen Narrheit uberall Note 
gegen Note zu fetzen (diefes verfteht der Prinz 
-vermuthlicli beffer, als feine Lefer) liefs fie 
audi feinen neuen Schiller annehmen, unci 
JomelWs Genie war bald unter der pedanti- 
fchen Laft von Vorfchriften und mufikalifchen 
Axiomen erdruckt. Daher komint diefeni 
•Kiinftler die Idee, eine Art metaphyfifcher 
•Mufik auf das Theater zu bringen, feine Ge- 
danken auf unendliche Weife zu martern, die 
Tone zu zergliedern und gleichfam das Orche- 
'fter differtiren zu lalfen. Ein UebevHnfs von 
Gelehrfamkeit erftickte den Gefchmack, den er 
von der Natur erhalten hatte, (der Prinz ver- 
\rechfelt hier Genie und Gefchmack) nnd fei- 
ne zweite Manier, die am meiften bekannt 
•wurde, ftrotzt von langwc-iliger Kunft. So find 
feine Opern Armida t Temijlocle und Demo* 
foittc, die in ihrer traurigen Zergliederung der 
Empfmdung nichts mahlen. Seine Inftrumente 
erfchopfen euie Ide« und fpielen Noten, um 
damit ein Gewebe von liietaphyfifcheui Gefang 
iniihfamft zu verdecken. Audi hat diefe au- 
fserordentliche Mufik nirgends als in Deutfch- 
land, wo man die Schwierigkeiten liebt, Gliick 
geiuacht; in Italien fand fie nur taube Ohren. 



Er ftarb endlich aus Gram, feine Iphigenia bei 
der erftcn Vorftellung fallen zu fehen. ** 

„Indefs hat der grofse Beifall , den Jo* 
nielli an dem gldnzenden Wi'utembergifchen 
Hole fand, ihm vide Anha'iiger erworben. " 
(Sluttgard war audi wirklich der einzige mu- 
nkalifche Ort in Deiitfchland an dein Jomelii 
gefcliatzt wurde: dovt galten alle grofse unge- 
heure Anftalten mehr clem prachtigften Specta- 
kel, als der wahren Kunft. In Mannheim t 
Dresden, Berlin unci fp'ieu, WO man lich 
auf die Kunft beifer verftancl, unci folche wirk- 
lich beherzigte, hat Jomelii nieiuals etwas ge- 
golten. In Italien ift es eine ganz allgemein 
angenommene Sitte, dafs man jeden Compor 
niften, der gewufst hat, lich zu feiner Zeit 
auf irgend eine Weife einen Namen zu uia- 
chen, wenn er 20 bis 3o Jahr todt ift, unter 
die grofsen Componiften vergangener Zeiten 
zu rechnen , und weil die wirklich grofsen 
Componiften aus dem vorigen Jahrhunderte 
unci der erften Halfte diefes Jahrhunderts , gro- 
fse Harmoniker waren, fo wird nun jeder, 
dellen Name im Munde der Enthufiaften bleibt, 
zu den ehemaligen grofsen Harmonikern ge- 
rechnet. Ueber Jomellis Mufik hab' ich einige 
der komifchften Scenen in Horn unci JSeapcl 
erlebt. 

Die Kenner und Kennerinnen von Pro- 
reffion rechnen das mit zu ihrem kunftver- 
derblichen Metier, bei ihren Privatmufiken un- 
ter den neuern unci neueften Sachen, die grofs- 
tentheils komifch find, einige auffallend ver- 
fchiedene Stucke aus alteren Zeiten anszuiiben 
oder ausiiben zw lalfen. Hierzu werden nxin 
audi Jomalli's Sachen noch gebraucht. AVa'h- 
rend cler Ausiibung einer folchen Scene oder 
eines -Duetts von Jomelii fchnitten die Mufi- 
ker und audi die Zuhorer oft bei den harten 
unverdaulichon Snellen, fdneckliche Gefichter, 
am Ende des Stiicks hi els es aber allgemein 
mit dem hochften Ton der Bewunderung: ah! 
jjer Dio ! un capo d* op era! u. f. w. Mir ge- 
mahntc das immer ohngefahr fo, wie die ge- 
ineinen Leute den unverfchamteften Polterer 
und Karrikaturenfchneider unter. den Schau- 
fpielern am meifteh bewundern, weil fie fnh- 
len , wie fchwer es ihnen werden wurde , fich 
often tlich fo zu haben unci zu gebehrden. 

In Rom hat Jomelii es fpa'ter dahin zu 
bringen gewufst , dafs in der pabftlichen Ca- 
pelle am Palmlbntage bei Amtheilung der Pal- 
men ein Stuck alia Capella (J\loLetto a 4- Poce 

per 



97 



p&r la domcnica delia Pain in) und anch am 
erften 0-fterl.age iin Cbor zu 67. Peter ein an- 
deres Shisclttuk : Srr/uentiu Pafcfialis von ihm 
gefungen wir<!. li'a bcfiizc diefe beiclen Stu- 
cke, kann aber nicht fagen, c!ais fie ink von 
i'-gencl einer Seite befnnders fchatzbar zu feyn 
fcheinen: lie find Heir unci hie unci da platt; 
find audi nur fn ebon nothgedrungendit rein 
gefdnieben. Kein Kindlier, der den reinen 
batz verflelit und lelbll ausi'ibt, wird fie fiir 
gut gefchrieben hallen. — Doch meine An- 
merkung wild zu lang; alfo weiter im Text 
unfers Diletlanten.) ,, Seine Feblcr abgcrech- 
net, kann man ilin iibrigens fur den griind- 
lichften und groklen Kiuililer hallen, der ]e 
auf der hamioiiifchen Balm gegliinzt bat. Sei- 
ne Werko erfordern aber ein gdchicktes Or- 
cbefter und geiibte Ohren , um verftanden und 
genoffen zu werden. Sie find dem Creiifcben 
Labyrinthe gleich, und es gelnirt Ariadnens 
t'aden dazu, um iich gliicklich hinaus zu fin- 
den. " (Delfen bedarf es docb bei wabrer acb- 
ter IWcifierarbeit nicht, bei welcber Klarbeit 
eine der wefenllidiften Eigenfcbaften ift.) 

„Ralieii und Frankreich baben nur gar 
zu viele der mittelmiifsigen Talente und ge- 
iiteinen Autoren, die nur iuuuer nachaffen, 
und gefchaftige rMlaftertrcier auf ilei" Balm find, 
die Aieiiter gebabnl baben. Jomelli lialte audi 
eine Menge Nachahmer, die iich in ein deda- 
lil'ches NoLerdabyrinlh verwickellen. Ziim duck 
batten fie nirht den Geift ilnes Mufters und 
ahmten nur feine Fehler nach; inul zu nocb 
grofserem Gliick crboben HaJTe und Galuppi 
ihre Hanpter land vcrjagten Tie." (Zu JIaffb 
fag' aurb icb: slmeii! gefell' ihm aber lieber 
Majo bei.) 

Die Herausgabe der Jomellifchen Opern ift 
iibrigens in Stuttgard mit feiner Oper Olim- 
piade wirklich begonnen ; und ich wurde iiu 
Jabre 1789 bei eineni kurzen Aufentbalte in 
Stuttgard von dem Director der dortigen gro- 
fsen Militairfchule, mit einem Exemplar der 
dafelbft gedruckten voUftandigen Partitur jener 
Oper befchenkt. Audi batte man damals die 
Giite fiir micb, mir einige originalgedacbte 
Opernfyinphonieen von Jomelli, wodurch er 
ficb zu feiiicr Zeit befonders auszeichnete, und 
einige fehr brav geinachte Stiicke von Herrn 
Zumfteg, von dem Herzogl. Orchefter hbren 
zu lalfen. 

Senas, ein junger Klavierfpieler von gro- 
fscm Talent. In feiner friihon Jtigend uber- 



gab ihn die Prinxejfin Amalia von Prcnfwn 
unferm vorlreJlichon Muhklehrcr rafch , und 
gab ihn zugleid^, aul's Juachimstbalifche Gym- 
nafium. Nacb ihrem Tode Iiat ib:n der jeizige 
Ki'inig von l'reufsen den niiiiiLJiicbeii mid. 
wilfenfchaftlichen Unl.eirii lit fortfeUen , tmd 
ihn im Jabre 1790 die Univcrfiiat Unlit: be- 
ziehen lail'em H. J- bat befonderj in Phsn- 
tafieen auf dem Klavicr und audi in <-ii.i;?en 
Arbeit en fiir den Gefang bislior die unverkeun- 
barften Pry ben eines ganz \orztiglidieu Talents 
gegeben. Dabei bat er voi lo vielen jujij.evi 
Kiinftlern (\en grofsen Vorzug unter Fafchcns 
Anleitung don mecbanifeben und wi/lenfcbafl- 
lichen 'Fbeil der Kindt auf die belle und griimi- 
liclifle Art ftudiert zu baben. Benutzt er mm 
nocb das wiirenfchaftliche Stiniium zu a'chter 
Aufklarung des Koi>fs und acbler Bibbing des 
Gefcbmatks, lb kann die Kunit kiinftig von 
ihm fehr viel uruarten und erhalten. 

Kalkbrenner (Chriftian) ift feif 1790 Capell- 
meifter des Prinzen Ihinrielis von Prcnf.sen in 
Wieinsberg , und erwirbt ficb dort durcb fei- 
nen Eifer zur Verbellernng des Ortheiters vie- 
len Beifall. Er bat audi nocb 1789 drucken l;d'- 
fen : Tlieoric der Tonknnjl mit i3 Tabelhn. 
.Berlin bei Ihnnmel. 

S. 707 feblt: 

Karftvn , ein vorlreflicher Tenorift bei der 
fchwedilcben grofsen Oper in Stockholm. Seine 
Stimnie und Vortrag und iiulserlidie Bibbing 
macben das angenebmfte Enfemble, das viel- 
leicbt nur je ein Sanger befelfen hat. 

Kaufmann (Carl), ein braver junger Or- 
ganifi; bei der Paiuchialkircbe in Berlin, der 
ficb nocb neuerlicbft durcb die recbt brave Aus- 
iibung einiger neuen fcht'inen Jiigen von Mar- 
purg auf feiner fchonen Orgel deu Beifall zweck- 
mafsig verfammelter Kenner erwarb , die gewif* 
nicht vergeblicb cinen vortrellicben Organiiten 
in ihm erwarten. Erift audi ein braver Vio- 
linfpieler. Audi hat: er 1790 Pariulionen furs 
Foriepitruo iiber ein kleines naives Stiick aua 
dan Bainn der Diana drucken Jalfen, die ihn 
audi als Ooniponift von einer vortheilhaften 
Seite zeigen. 

Kauiis (G. G.). Ich befitze audi vier fdiwe- 
re Violinfonaten von diefem INleiller, inLiilticb 
geftochen und opera yrima benannt. Man foll- 
te diefe Sonaten oft fiir die Arbeit des feel. 
Franz Benda halten; nur find fie viel fdiwerer, 





98 



als die meiften Benda'fchen Violin fa ch en; unci 
tier Gefang J)at nicht den nrui'irlicheu Flufs unci 
dnrchaus bchaupteten edlen Charakter, der die 
Werke jenes Meifters fo eigen auszeichnet, 

S. 755 fehlt; 

Krauje (junior). Er ift audi Flotenift in 
(lerKonig'lichenCapelie zuBerlin, unci einSchii- 
lcr feines Binders, den er an Annehmlichkeit 
des Tones und Leichtigkeit der Execution iiber- 
trift. Er blaft neben diefem die zweite Flote 
im Orchefter. 

La Horde , ift nicht Gelehrter, fondern 
Fermicr general zu Parts, und mit dem vor- 
ftehenden Opercomponiften eine und diefelbe 
Perfon. Wenn ein reicher Generalpiichter, dem 
es in der Behdenz der fchonen Kiinfte rur urn 
den Ruhm zu tliun ift, ein grofses fchon in die 
Augen fallendes Werk iiber Kunft herausgege- 
ben zu haben, nicht leichter wiirde, ein fol- 
ches Werk zufammen zu tragen und tragen zu 
laffen, als unfer einem, fo wi'irde der Schlufs 
des Herrn G. ganz richtig feyn, fo aber — 

Das Hans des LaBoide ill iibrigens dieNie- 
derlage der It;\lianer in Paris, daher denn audi 
in feinem Werke die ausfi'ihrlichen Elogen aller 
neuern Italiiiner, die nur je in Paris wareu und 
the L. B. auf feinen iralianifchen l\eifen per- 
fonlich kennen lemte, und der dagegen felir 
ilrolligL abftechende drei, vier Zeilen Jange Arti- 
kel fiber Ghick , der nur bios die Titel feiner 
Opern benennt, und iibrigens vorausfetzt, dafs 
man von diefem beriihmten Componiften hin- 
liinglich unterriditet fey. Wenn ich der Haus- 
freund Piccini und Sa echini ware, i'o wiirde icli 
diefe Wendung gegen niich gedeutet und /ie dem 
Herrn L. B. felir ribel genoiumen haben. Sein 
iibrigens fehr reichhalliges Werk: (Pjjui fur la 
3'Itinque ancienne et modeme) units jedem, der 
nicht ini Stande ift, fidi vide theoretifche und 
iiiftorifche Werke zu verl'chaffen , lehr ange- 
nehm feyn, nur will es mit vieler Sachkennt- 
nifs und iidiLer Kritik bentitzt feyn, um nicht 
mit dem oder denen bios zufainnienfragenden 
Auroren felir oft in die ofFenbarfteri VVider- 
fpriiche und Inconfequenzen zu verfallen. 

5. 7 7 5 fehlt: 

Lais, ein vortrcflicher Tenorift hei der 
grofsen Oper in Paris. Seine Stimme ift vol! 
und angenehm, und ich iiabe ilm audi aufser 
dem Tixe«itor ilix Concert fpirilucl mit dem 



beruhmteften italianifchen Ttm.uiften JDavid 
in Vortrag und Ausdruck wet; extern und (lurch 
wahre ruhrende Shnplicitat gewinnen horen. 

Leo (Leonardo) ift fur den Beobachter, 
Kunftgefchichtfoifcher und Ki'inftler der wich- 
tigfte "Componift diefes Jahrbunderts. Keinev 
hat fo allgemein und mannichfach auf fein 
Jahrhundert gewirkt, als er. In feinen Wer- 
ken iindet man alle Formen , die die Ton- 
kiinftler bis itzt bearbeitet haben und noch 
bearbeiten. Die id tern verfcliunert, vervoll- 
kommet und mit unzahligen neuern vermehrC 
Die grofse Oper in Italien hat bis diefen Tag 
nichts, wozu in feinen Werken nicht die Grund- 
formen liegen. — Die ftondoform, die itzt 
meiftentheils fo unfchicklicb in der grofsen 
Oper angebracht wird, ift keine iieue Form, 
fondern nur aus der Opera bnjfa, in der fie 
audi Leo brauchte, heri'iber genommen. — 
Es ift hier um fo weniger der Ort mich hier- 
iiber weiter auszubreiten , da ich es an meh- 
reren Orten meines Kunftmngazins bereits ge- 
than und in einer Skizze yon feinein Leben 
noch umiiandlicher zu thun im BegrifF ftehe: 
idi will hier nur noch anzeigen, dais mir von 
diefem iiberaus reiclien und l'ruchtbaren Com- 
poniften aufser denen von ihm angezeigten 
Theaterfachen noch folgende bekannt und. 
grofstentheila in meinem Befitz find, zmn 
Theil audi fogar in feinen eigenhiindigen Ori- 
cinalpartituren. Die grofsen Opern: Arianne 
e 7'tjeo L , Olimpiade , Dcmojonte , dndroma- 
cha , Achilla in Siria, Giro ricoininfciiito , Le 
noze di PJichc con Amore, Fejlo teatralc. 1739. 
Screnula per Spagna II Varte. Componi- 
mento paftorale II Parte, noch eine Serena- 
ta, die in feiner eigenha'ndigen Partitur nicht 
vollendct ift und eine Men&e einzelner Alien 
und Duet ten , und das Intermezzo: La Zin- 
eareota \no\ gefdirieben. An Kirchenfachen 
befitz' ich vnn ihm, und zwar zmn Theil in 
feinen eigenha'ndigen Originalpartituren Fol- 
gendes: Pin Miferere fiir zwei Chiire alia C«- 
pella, welches ich in einem nieiner ehemali- 
gen Concerts fpiritucls auffiihren liefs und mit 
einem Common tar begleitete : das fchone herrli- 
clie Chor, cor mundum crea, in meinem Kunft- 
magazin, ift aus diefem Meifterwerke. Ein 
lilotett, hot nos mifcros , fur fi'mf Singftim- 
men alia capella. Znrci Oratorien: 1) Sanb 
Plena al Calvario poefia di Ji/etajlujio. Q) 
Abele e Caino , wori'iber ich ehemals zu ei- 
nem meiner Concerts fpiritnels einen kleinen 
Commentar drucken liels, <len fleir P> • >f. 
Cramer fanxmt den vorhererwahnten audi in 



00 



fe'meni miifihalifvlwn Magazin wieder hat ab- 
drucken lallen. tier Meffcn: i) Fur zwei So- 
/train', Alio, Teuore c Buffo unci Ordiefterbe- 
gleitung von Saiteninftruiuenten, a) 5) unci 4.) 
ebeufalls fiir 5 .Singftinunen niit einer grofseu 
vollih'indigen Oidielturbegleitung von alien ge- 
wohnlichen blafenden unci Saiteninftrumenten. 
JDrei .Dixit: 1) Fur zwei Diskante, Alt, Te- 
nor unci Bafs uiit ciner grofson Orchefterbe- 
gleitung, g) Fiir ;. wet vierfthmnige Chore und 
zwei verfchicdcne Orchefier. Kin Te ID cum 
fi'ir vier SingfUmmen unci ein grofses Orche- 
l'ter. JLin Credo , fiir vier Singftiininen und 
Begleitung von Saiteninfirnmenten. Zwei 31a- 
guf/icat : 1) fi'iv zwei Snprane, Alt, Tenor 
unci Bafs unci cine Orchcjierbvgl.eituiig ton 
Saibeninfmonenleu. c) Fi'ir vier Singcp./iuiiitu 
unci zwei Violinen und Bafs zur BegleUunc 
Zwei Caul at en: 1) Cunt id a per il Gloriofo 
S. P'inccnfo Ferrai o Jin moletio a ciiu/ue 
Toci con Stronienti (ein vollftandiges Orcbcfter) 
2.) Cautala per il miracolo del Gloriofo S. 
Gennoro , auch fiir 5 iSijigftiiinnen und ein 
grofses Orchefter. JLin Jfotclt : Jam fur r exit 
dies gloriofa fi'ir fimf Singilinnnen unci ein 
grofses Orchefter. 

ImIIy (Jean Baptiile). Schade dafs H. G. 
nidit bei Bearbeilung diefes Artikels das neue 
178c in Paris herausgekoiiu-uenc Lebcn diefes 
JK.unflJ.crs bei tier Hand hatte. Es Lieht im 
zweiten Heft einer Snuimluna, die i\en Titel 
fi'ilirf. Vies des sfrtiftcv unci Heftweife her- 
auskimimt. Diefes Leben zufanihiengehalten 
mit tleni, was lioilecm , tier Zeilgenoffe und 
Feind Luily's, und Voltaire, in verfdriedenen 
'feiner Srhriften u. a. von ihni fagen, audi al- 
lenfalls was slrteuga in feinem neuen Werke 
iiber J.idly und die; i'ranzofifche Mufik iiber- 
haupt beigebradit hat, mi'ifste einen fehr in- 
tereifanten Artikel gegeben haben. Wer dazu 
nodi die eigne Bekanntfdiaft mit den Werken 
diefes feinen ralhnirenden Kiinftlers befafse, 
mhfste aus Luily's Leben eine fo interejlante 
Biographic liel'ern konnen , als nur je ein Mann 
tier Epodie geinnc lit bai , veranlafst hat. Hier 
vu'irdcii Zufat/e nadi eignem Geftchtspunkte 
211 weit fcihren. 

Seite 855 feblt: 

Jllaniiu, ein ilaliaruTcher Opernkomponift 
gegen die Mittc did'es Jahihunderts. 1753 
lchrieb er in 7U>?//. 



Mara (Johann) lebt nodi fehr wohlbdial- 
ten in J^oiulon und wild bald an tier Seile 
feiner vortre/lidien einziggrofsen Frau als un- 
abhangiger und reidxer Freiherr leben konnen: 
wenn Mad. Mara nicht anders den fchmeichel- 
haften Rnf nadi Berlin audi tier angenehm- 
ften Unabhn'ngigkeit mit wahrem und erwunfch* 
tetu Ki'uiftlereifer vorzieht. 

Marefcalchi (Luigi) hat in Neapel einc 
Mufikniederlage errichtct, in welcher nian alle 
Opern und Operetten, die feit zehn bis zwau- 
zig Jahren dort aufgefi'ihrt wortlen find , und 
nodi aufgefi'ihrt werden, in Parti tur vollftan- 
dig haben kaun. Die LieblhiEsarien lafst er 
audi haulig in Kupfer ftedien, audi kann man 
einzelne Alien, Duetts oder g.mze Scenen ge- 
fdnieben von ihin erhalten. AVein in Deutfch- 
land fein Mufikkatalogus mit beigel'etzlen Prei. 
fen zu Gefichte konunt, ill vielicitht daiuit 
gedient zu wilfen, dafs ein neapolitanifcher 
JJucaLo ohngefahr fo \iel als ein Reichstha- 
ler ift. 

S. 9 5 7 fehlt: 

Mdfer, ein junger Violinift in Berlin, tier 
fchon als Knabe bei tier erften Violine in 
tier Cajielle des verftorbencji Markgrafen von 
Sdiwedi: hand, feit defl'en 'J'ode aber das Gl iick 
gehabt lint, von clem Kunigo unterftiitzt , in 
Jlaacks Schide zu konuuen. Diefer jim-re 
Mann hat fchon einen fo hohen Grail von me- 
chanifdier Feftigkeit und a'chter Bravour, dafs 
es ein wahres Gli'ick fiir ihn ift, einen Lehrer 
zu haben , der nidit nur jene Eigenfchaften 
in hohem Grade belitn, fondern tlaneben audi 
allcs bat, was zu einem aditen griindlichen 
Aolleruleten A'irtuofen gehcirt. Er kann ally 
nitht fo leidit zu der, jungen Leuten fo leichi 
gefahrlithen Meinung gelangen : er habe nun 
aJles, weil er grofe .Schwiengkeiten fehr brav 
executirt. Wenn er Haacks Unterricbt ganz 
benutzt, kann er einer der eritgn VioLiniften 
werden. 

S. 98/1- fehlt: 

Munchhanfeu, (Baron von) Caminerherr 
am Hofe ties 'Frinzen Heinriclis von Preufsen, 
ein fehr pailionirter unci gebildeter Mufikdilet- 
tant, der Klavier und Harmonika fehr gut 
fpielt und auch vor einigen Jahren, bei Hum- 
m«l, Symphouieeu herausgegebeu hat. 



2 



100 



4- R-ECENSIONEN. 



Klavierfchvle Oder Anweifung zum Klavier- 
fpielen J'iir Lehrer und l.ernende mit 
kritifchcn Aiimerhingeu von Daniel Gott- 
lob Turk. 

H. T, liefert mit diefem Werke eine An- 
weifung, die durch ihre Vollftandigkeit, Gri'mcl- 
lichkeit unci FaftHchkeit, faft alle bisher im 
Gebrauch gewefenen Anweifungen zum Kla- 
vier encbehrlich macht. Das Ganze ift fur drei 
Anen von Lefem befhmmt. Der Haupttext 
enthalt allea, was jeder Lernende, der griincl- 
lich unterrichtet feyn will, wiflen mill's;, die 
kleiner gedruckten Anmerkungen find grofsen- 
theils weiteve Auseiuanderfetzungen, oder Be- 
weile, oder Fingerzeige fur den Lehrer; die 
mit noch kleinerer Sclirift hinzugefiigten No- 
ten find kritifche Unterfuchungen , Vorfchlage 
und Bemerkungen, die dem forfchenden Ton- 
ki'mftler StofF zu weiterm Nachdenken iiber 
die beriihrten Gegenftance geben konnen. 

Ob die fchnellere Verbreltung diefer fehr 
rmtzlichen Anweifung durch diefe' fi'ir jein ei- 
gentliches praktifches Lehrbuch vielleicht zu 
grofse Ausfiihrlichkeit nicht leiden wird, und 
ob H. T. nicht wohl thate, von dem pofitiven 
Theile, der die wohlgegriindeten, und als rich- 
tig anerkannten Lehren fur den Clavicrfpieler 
vortra'gt, eine Art von kurzem erliem Ele- 
mentarbuche zu formiren, das fur die Beweife 
raid grofsere Ausfuhrung der vorgetragenen 
Begem auf diefes grofsere Werk v'ervviefe, und 
diefes fo als zweites Elementarbuch immer je- 
dem, der ganz gri'mdlich unterrichtet feyn 
wolltc, nothwendig bliebe; diefes will R. H. 
T. zu iiberlegen geben. 

Uebrigens enthalt diefc-3 Werk, aufser ef- 
Tier an guten Bemerkungen und Erinnerungen. 
reichen Eink-itung von 3s Sei'tch , 'folgende 
Abhainilungen. Kap. I. Abfchn. l) Von der 
yJbt/ieiliing des Claviers in. Oktaven ; von der 
JBew-nmuig derlXoteu- von den Schlujfeln vnd 
Vcifetzungjz.icfreu. In diefem Abfehnitte kom- 
nien aufser dem fehr umitandlichen Untenicht, 
auch viele gute und angenehme hifiorifche- 
Nachrichten vor. e.). Von den lntervaUen ; 
von den Tbuleitem und Tonarten ; voil der 
"Forzeichttung und' von den Tonarten der Al~ 
ten. Dufch die den Befchreibungen der alten 
Tonarten gleitfi baigofiigten kurzen Beifpiele 
sms tin fern Choralmelodieen , ift der Artikel 



fehr einleuchtend und fafslich ge word en. 5) 
Von der GcUttug der Noten; von den JPunk- 
ten und Pan fen. l\-) Font Takte. Diefer Ab- 
fchnitt ift ganz vorziiglich gri'mdlich und voll- 
flandig abgehandelt. 5) Von der Beweguug 
und dem Charakter elites Tonfliicks. Die zu 
Bezeichnung der Bewegung gebrauchlichen 
Kunftworter find bier vollftandiger angefuhrC 
und beifer erklarl, als irgend wo anders. Uih 
die richtige Bewegung ein.es Tonftucks nach 
der genaueften Bezeichnung deiTelben ficher 
zu trefFen, kommt alles auf richtiges Gefuhl, 
Beurtheilungskraft und Uebung des Spielenden 
an, wie Heir T. fehr richtig bemerkt. (>) Von 
v erf clue denen Nebenzeichen und Kwifiwortern. 
Auch fehr vollftandig abgehandelt. Cap. II. 
Von der Fingerfetzuug. In fivnf Abfchnitten 
hat Herr T. diefe Materie erfchopft und fie 
durch e^ne Menge fehr gut gewahlter und den 
Lehren gleich beigefiigter Beifpiele fafslicher 
und unterhaltender gemacht, a's lie bisher vor- 
getragen word en ift. Cap. III. Von den Vor- 
uud 2\ ac/ifchlageu. In vier Abfchnitten. Cap. 
IV. Von den wefentlichen ZIIauie>en. Audi 
in vier Abfchnitten, Cap. V. Von den urill- 
kithrlichen Manieren. In drei Abfchnitten. 
Cap. VI. Von dem Vortrage. Vortreflich! 
Hier erkennt man in dem Verf. auch den vor- 
zuglichen Coinponiften unci Virtuofen. 

Der Mangel anRauui, der uns fclion uber 
die letzten Capitel in unfrer Anzeige fchneller 
hinwegzugehen zwang, erlanbt uns auch nich.t 
von dem Anhange etwas weiter zu fagen , als 
dafs er reich an mancherlei kieineren Abhand- 
luiigen voll feiner Kritik \\n<\ grrindlicher .Sach- 
kenntuifs ifr. Das f;.;in/e AVerk bufchliefst jnit 
eineiii Kfgiiter cli:r gewiilnilichfi:. vi Kunftwor- 
ter und AitiiUvicke, dereu Erklarungen in clem 
Werke voxkommen. 

Was 'Herr T. am Ende des Werks fo be- 
fcheir!en wunfcht geleiftet zu haben, hat ev 
gewifs in vorziiglichem Grade geleiftet: ,,Be* 
ftirdening des wahren gefclnnackvollen Cla- 
vierfpielens und befonders des bisher noth fo 
wenig in Regeln gebrachten mufikalifchen Vor- 
trags. " Gewifs, niemand wird fein Werk ftu- 
dieren, ohne hjerau uterklich gewonnen zu ha- 
beii, lind cla'3 allein mnfs es kimf tig beim wah- 
ren Clavieruhterricht unentbehrlicli machen. 

H. T. hat feiner Anweifung noch zwolf 
angenehme Hanaltucke von verfchiedenem Cha- 



101 



rakter und ungleicher Schwere zum Gebrauch 
beiia Unterriditon beigelugt unci die Finger 
dariiber gefetzt. 

/. F. M. 



Seitrdgc zu waJirer Kirchettmufikj von J. 
sJ. Hajfe u. J. A. Hitler . Leipzig bci 
Rohmv 1791. 

H, Miller tn'igt in dicfem Auffatze feme 
Idee vur, den Cantoren unci Mufikdirectoren 
Hafsifche Compofitionen verfcliiedener Art mit 
imtergelegteri deutfchen Texten in die Hitnde 
zu liefern, urn dadurch Ichlcihte Kirchenfi- 
chen zu verdrangen. EtTt giebt er Nachricht 
da von, wie fchwer es ibm beim Antritte fei- 
nes neuen Mufikdirectoramts geworden, cine 
liinliingiichc Snnunlmig guter Kirehenfachen 
zufammen zu bringen; Text und Compolitio- 
nen waren grufsentheils mager und kraftlos. 
Was II. H. iibor die befte Einrichtung geiftli- 
cher Can ta ten und mulikalifcher Gedicbte iiber- 
Iiaupt fagt, ftiinmet ganz mit deni iiberein, 
was Herr Capellm. Reic/iardt in feineni mufi- 
kalifchen Kunftmagazin und mehreren and em 
Schriften haulig vnrgetragen hat, und mufs nm 
fo me In* Eingang linden. Es werden audi ei- 
nige aufTallejule B.ifpielo a us fthlechten nuili- 
kalifdien Gedichten augcfiihrt. 

Dei* Gedanke, dafs Hafle alle feine Meifter- 
arbeiten fur den Gefang auf italianifche Texte 
verfertigt liat, uiid diel'e dndurcft fi'ir Dcutfcli- 
land- verloren wiiren , erzeugte bci H. littler 
den anderen mehreren Hafsifdien Alien und 
Duetten deutfthe gciftliche Texte unterzule- 
gen, und in der Kirdie auf/iifuhren. Der 
Beyfall, den er liamit fa rid, erniunterte ilm 
die Ichcinften und originellften Stiicke aus 
HaflTens Werken auszulieben, ibnen eleutfebe 
geiftlidic Paroclieen unterzalegen und die cif- 
fentliche Bekanniiuadvmg durch den Druck zu 
verfuchen. 

Bei Junius \:\ Leipzig iftbereits unter dem 
Titel: llli'ipctjl.icke des ibalia-dfehcn Gefan- 
ges ein He.'i crfchienen, das feths folcher Arien, 
Ein Dueit und Ein Choi* en! halt. H. H. 
wiin fcht damit fchneller fortzufahren , als es 
iiii Verlage eines Buchhandlers gefchchen kann ; 
ges/en fechzig Arien, iiber zebn Duetten und 
zebu Cliiire vvi'infcht er 'in zwei bis drei Ban- 
den nrit klcinem Noten gedruckt, die Herr 



Breitkopf befonders dazu wird giefsen laflen, 
durch den Dmck bekannt zu machen, unci er- 
bittet Jkh dazu die Unterftiitzung deutlcher 
Hcjfe und des deutfchen Publikums. Schlids- 
Hch giebt II. H. zur Probe drei und dreifsig 
feiner Parodieen zu Arien, iieben zu Duetten 
und fiinf zu Choren von Haffe. Von dem 
Werth diefer Parodieen kann man nur urtliei- 
len, wenn man die dazu gehorige Mufik vor 
Augen hat. 

Ob die Idee des Herrn H. Unterftiitzung 
verdiene, ift keine Frage: fie ift patriotifdi, 
rind hilft einem grofsen Bedivrfnifs ab. Audi 
die Herausgeber diefer Monatsfchrift und ele- 
ven Verlagshandlung machen es fich zur Pflichr, 
alles was" lie vennogen zur Ansfuhrung eines 
fo li'ilimlichen Unternehmens beizutragen. Al- 
les was zur Forderung der guten Sadie gerei- 
chen kann, wild diefe Momtsfchrift mit Ver- 
gniigen bekannt madien, und die Handlung 
wird gerne Subfcription dafi'ir amiclimen, fo- 
bald H. H. die na'heren Umilande bekannt ge- 
macht haben wird. 

Ob aber durch diefes Untemehmen Haf- 
fen felbft ein grrif seres Rhrendenhinald geftif- 
tet werdc, als er ficli bereits durcli feine un- 
fterblichen Werke felbft geftiftet hat, das be- 
zweifeln wir eben fo fehr, als dafs HaJFe felbft 
damit h:iue znfrieden feyn kounen, daf6 fei- 
nen tlieatralifclien Werken, die fich cloch ixber* 
all fehr charakteriltifch von feinen Kirchenar- 
beiten unterfcheiden , durdi neu untergelegte 
geiftlidic Texte von ihrem wahren Exiflenz- 
punkte in die Kirdie verfetzt werden. 

Audi wi'mfchten wir, dafs H. H. weder 
feiner Ankiindigung nodi dem erften Heft fol- 
che Titel gegeben hatte, die etwas anriers und 
inehr veiheifsen, als eigcntUch gegeben wer- 
den foil. Zur Erfnllung des erften Titels 
mi'ifste HaJTe Hillerifche geiftliche Gedichte fiir 
die Kirch e neu coinponirt haben, und zur Er~ 
fi'illung des andern miifste H. H. eine Sam nu- 
lling der grcifsten Meifterwerke von Palejiri- 
na, /lUcgri , Baj f Car/JJimi t Marcello , Peri, 
Isco, Fco , Durante u. a. und ebenfalls dazu 
Meifterftiicke ihres braven und beften deutfchen 
Sdii'ilers Uajfe geben. HalTifche Compofitio- 
nen allein abcr JMeifterftiicke des italianifclien 
Gefanges zu riennen, verrath einen falfchen 
Nationalftolz, der nur zu leicht femer Ablich- 
ten verfehlt. 



■* * * 



o s 



102 



Alcide at lit mo. — Fejle thcabrale del Sign. 
G. A. Ilajjc. — Accommodala al Clavi- 
cembalo con lutti gli llecitatioi 7 cori c 
Sinfonie. (K.oftet in der neuen berlini- 
fchen Mufikhandlung 2 Rthlr. 18 Gr.) - 

Cantata; Lavinia a Tnrno a Soprano Solo f 
2 Violini , Viola e BaJJb , coiii])ofta dal 
Sign. C. E. Graun. (Koftet in der neuen 
Berlin. Mufikhandlung 10 Gr.) 

Die Herausgeber diefer Monatsfchrift ma- 
then es fich zur angenehmen Pflicht, einige 
mit grofsem Unrechte vergellene Werke, fol- 
cher Meifter, als Haffe, Graun t Bcnda, Bach, 
(lurch kurze Anzeigen unci w r o es nutzen kann, 
tlurch nahere kritifche Beleuchtung ins Gedacht- 
nifs der Mufikfreunde und Tonki'mftler zuruck 
zu rufen. Dem ftudierenden jungen Ki'mftler 
find jene Meifterwerke noch gar nicht entbehr- 
lien gemacht worden, fo ungeheuer grofs auch 
die Anzalil der neuen Componiften ift, und 
To fruclitbar diefe auch zuui Theil ihre Un- 
fruchtbarkeit an den Tag legen mugen. 

In der vor uns liegenden kleinen Hafsi- 
fchen Oper nmfs dem aufnierkramen Kiinftler 
in den Recitativen vorziiglich der Gang der 
Modulation merkwurdig feyn. Ohne geluchte 
harte und fchnelle Ausweichungen, ohne alle 
enhannonifche Ri'ickungen, die itzt fo viele 
Componiften wiecler beim Ausclruck jeder ftar- 
ken Leidenfchaft unentbehrlichglauben, herrfcht 
cine beftandige und kriifc'tige Fortfchreitung in 
der Modulation, die nie ruck - und vorwarts 
in ihre eignen Fufsftapfen tritt. In denen vow 
Orchefter begleiteten Recitativen ift auch gro- 
fsentheils hohe Wahrheit des Ausdrucks, man- 
cher fchone ohnfehlbare Effekt und immer achte 
Orchefterbehandlung merkwurdig und lehrreich 
zu ftudieren. In den Alien herrfcht fail durch- 
aus der edelfte Gefang, wie ihn nur je die iia- 
lienifche hohe SchuLe in Hirer fchonften Zeit 
hatte, und meifterhafte Fiihrung der Singftim- 
rae unci eben fo meifterhafte klare, Licht unci 
Schatten wohlthatig vertheilende Begleitung 
iiberall unverkennbar. Die veraltete Form der 
Arien machi fie freilich den ekeln nur Neu- 
heit liebenden Dilettanten weniger geniefsbar; 
doch kann man mehrere Arien, die im Gan- 
zen von grofsem Ausdrucke find , wenn gleich 
die genaue Behandlung der Poefie, die die 
neuere feinere Kritik forder.t, nicht iiberall fich 
findet, bios durch Weglail'ung cler hiiufigen 
Triller unci Rulaclen vicl geniefsbarer machen. 



Die Behandlung der Chore und deHeii, 
wis man eigentlich die Scene nennt, zeigt in- 
dels febr auffallend, wie viel diefer Theil der 
tragifchen Kunft unferm unfterbUchen Ghtck 
tlxx danken hat; unci zeigt es gerade hier am 
auffallendften , weil Hajfe auch ftir Theater- 
elfekt unter alien Componiften, die vor Glucks 
letzter Periode fchrieberi, obenan fteht. 

Diefe Graunfche Cantate, ob fie gleich un- 
ter den vielen meifterhaften Can ta ten unferes 
unfterbUchen Grauns niclit die allervorziig- 
lichfte ift, kann dem jungen Componiften den- 
noch befonders von Seiten der Modulation 
und der ganzen harmonifchen Behandlung, 
auch von Seiten der Fiihrung des Gefanges zum 
nutzbringenden Studimn dienen. Singemei- 
fter konnen keine zur Bildung der Stimiuc 
unci des Ohres fchicklichere Uebungen wiihlen, 
ate die Gefange diefes Meifters, der auch als 
Sanger ein Meifter war; felbft Mufikdilettan- 
ten, die noch nicht der Sclaverei der Mode fo 
ganz unterliegen, dafs fie nur Modenahmen 
huldigeii diirfen, werden an diefer Cantate ci- 
ne Kopf - und Herzbefch;il'tigende Unterhal- 
tung finden. Fiir diefe mats es auch ange- 
nehm feyn, hier aufser der Partitur auch die 
Inftrumentalparthieen befonders abgedruckt zu 
finden. Um fo mehr, da zu kleinen Cammer- 
concerten dergleichen Cantaten mit fchwacher 
Orchefterbegleitung weit pafslicher find , als 
grofse Opernarien, die faft immer mit Riick- 
licht auf ein zahlreiches Orchefter gearbeitet 
werden. 

Dilettanten konnen fich auch aus diefer 
klargearbeiteten und fehr ordentlich abgedruck- 
ten Partitur, mit der Einrichtung ciner Parti- 
tur weit leichter bekannt machen, als es durch 
die meiften neuen mit Begleitung iiberlade- 
nen Partituren moglich ift. 

J. F. 



Six Sonates pour le Clavecin on Forte pia- 
no par Mfr. K/ifnet: Paris : chez Hairy. 
(In <ler n. Mufi'khandl. aThL 3 Gr.) 

Sind im hekannten neuen Gefchmack ge- 
fthrieben und machen, gut und mit etwas 
Vorliebe fur dergleicheu Sachen . vorgetragen, 
einen garxz angenehnien Effekt, obwolil fie an 
Gedanken eben nicht neu und hervorftechend 
find. IndeiTen ift darin doch eine gute Ver- 
bindung derfelben, unci fur eine gewille Mit* 



1UJ 



telgattung von Spielern kiinnen fie ziemlich 
unterbaltend and brauchbar feyn. — Aber die 

Trois Satiates pour le Plana forte on Clave- 
cin par ID. Hermann, a Paris chez le Due 
(hi der N. JB. Mufikhandl. x Thl. 18 Gr.) 

zu welch en auch eine Violine gefetzt ill, deren 
Abwefenheit indellen dem Clavierfpieler kei- 
nen Abbnich thut (Beweil's, dafs fie nicht doit 
hingehiht), zeichnen lich aus durch feurigen, 
brillanten Satz; durch Gedanken, die nicht zu 
den alltaglichen gehoren unci durch gute und 
bin und wieder kecke Modulation. Da fie ei- 
jien geiibten Spieler verlangen , fo lafst fich 
denken, dafs fie, von fokhem rein und r.ach- 
drvicklich exekutirt, den Zuhorer leiclitlich mit 
fortreifsen konnen. Der Parifer Stich ift recht 
gut, nur Hiufs man es mit den Verfetzungs- 
zeichen nicht hiuner fo genau nehmen. 

In einem noch emfteren, mehr gebunde- 
nen Styl find gefchrieben folgende 

Trois Satiates pour le Clav. ou P. forte 
par Jean David Brutiines. (In der neuen 
Berl. Mufikhandl. 1 Tlilr."i6 Gr.) 

Sie fetzen einen ziemlich feriigen Klavierfpieler 
voraus, und find niches weniger, als geniein. 
Befonders brav aber ift die tlritte Senate gear- 
beitet unci felbft ein geiibter Bachil'cher Kla- 
vierift wircl .ciaran zu timn findeu, fo wie die- 
fe Sonaten iiberhaupt, fullte ihnen auch das 
Leichte unci Fliefsende nicht fo ganz eigen- 
thiiinlich feyn , Keunern von folcher Arbeit ge- 
wils Unterhaltung und Vergniigen gewahren 
Hiulfen. In deiu Exemplar, welches Kecen- 
f en ten vnrliegt, ift die zw'.-lfte Platte ver- 
kehrt abgeclruckr, welches hoffentlich nicht 
iiberall fo feyn wird. 

Ganz kiirzlich ift herausgekommen 

Tanz und Opfergefang avs der Oper Axur 
Oder Tarar von Salieri, mit einigeu frcieu 
Vei dnderuugtti fur das Clavier von C. 
I: Zelter. (In der Rellftabfchen Mufik- 
handl. 12 Gr.) 

Hr. Z. ift einer von den Kunftdilettanten, 
die nebenher mehr Erfpriefsliches fur die Kunlt 
dtnken und arbeiten, als viele Mufiker von 
Profelfion von Bei iiJmi ■■cgeu i welch e letztere 
fich clenii aber auch je Linger je melir gefallen 
lailen niuJlen , dais, wenn fie es jenen nicht 
an .Studiuin, an Gefci icklichkeit unci gereiften 
Promctionen zuvor ihun, man ihren Werth 
nitht fonclerlich both mehr anfchlagt. Vorlie- 



gende Variationen find "ein neuer Beweis von 
dem aiiien Gefchmack, unci dem Kunftileifs 
des Hrn. Veil"., der ficli fchon durch mehrere 
Sachen folclier Art zu feiner Ehre bekannt ge- 
macht hat. Beide Gefange find fehr liiibfch 
mit einander verbnnden ; die meift frcie Aus- 
fiihrung des Tanzes ift iliefsend und unterhal- 
teml, "und alles lal'st fich ohne merkliche 
Schwierigkeit fpielen. Dafs fie durchaus rein 
in tier Harmonie find, verfteht fich von Hr. 
Z. ohnehin. Das eimnal nachgeahmte Thema 
in der Octave fteht recht gut an feinem Ort; 
nur hatte Rec. gleich anfangs den Bafs nicht 
mit b, i'ondern f eintreten laffen, wie es audi 
naihher in der Umkehrung gefchehen ift. Ein 
]>aar Drwkfehler find zu verbelTern: 5. 5, Syft. 
5 niiiileii die jiathl'dilagenden Noten der rech- 
ten Ha. id heifsen, ftatt a es : f c unci gleich 
darauf der iinken ftatt c b: eg. Unci S. 6, 
Syft. 8 ift im Bafse die Octave von g verfehlt. 

C. S. 

Verfuch eines formularifch und tabellarifch 
vorgebildetett Leitfadens im Bezug auf 
die Quelle des harmonifcheii Tonungsaus- 
JJufses, ferner auf die tnechanifch aus- 
fiihrbarc Stimmungsiiberlragung der fo- 
wohl Rational ftiunnung , als auch unglvich 
fchwebcuden jixeu TempcraLurflimmung auf 
der Oigel und dem iafteninjirumcnt. Aus 
einem feharfer dnrchdachteti Mauufcript 
ausgeliobeUy und der populaireu Gemcin- 
nutzigkeit, fafdich zugefeilt , dargeboten. 
Nihil eft in iniellectu quod non antea me- 
rit in fc-nfu! dem BIcifter der JHufikali- 
jciicu Theorie lie/ m Friedrich 11 ilhclni 
Blurpurg 'vugceifi.net. Dresden in P. C 
Hiitliers Mufikverlage, Queerfolio. 

Plolcmaeus und Zarliuo^ oder ivahrer Ge~ 
Jichtskreis der haltbarcn Uidverfalitdten 
der £lemc/Uar - Toulehrc in den fowohl 
dltem als ueucru Z.eiteu. Vom J' erf offer 
des vorau.igefandteu f'erfuchs eines f or - 
mularijc/t und, tabellarifch 'uoigebildeLeii 
Leitfudens it. f w, Eben dafelbft, grofs 
Quarto. 

Der VerfaiTer diefer beiden Schriften fchliiat 
eine neue Tempera tur der Tafteubiftruinente 
vor, und grim del fie auf die Behauptung, dafs 
alle nmfkalii'clien Tone oder Intervalle aus 
den beiden Intervailen der Octave unci Quince 
enlfpringen, und entfpringen miilTen. llier- 
aus wiirde nun folgen, dafs das Verhahnifs der 
grofsen Terz nicht \un 4. zn 5, lomlem von 



io4- 



6/f zu 8i, ocler von 4. zu o T *^ feyn miifie. Auch 
erkliirt tier Verfaller am Ende der 5ten Seite 
feincr zwciten Schrift, die nach. cler arithme- 
til'chen Theilungsmethode erzeugten Mittels- 
time, mitl alio die Intervalle von 4. zu 5 und 
/> zu 6 , die aus cler arithmetifchen Theilung 
cler reinen Quinte entfpringen , fi'ir namenlofe 
Mitteltone. Der Beweifs hicrzu fchrankt fich 
im Grunde auf die grofse Einfachheit eines 
Syftems ein, dafs nur zwei Intervallen brauchr, 
Tim alle Time herauszubringen. Der Abbe 
Roull'ier wollte audi vor etlichen zwanzig Jah- 
ren in feinem Met/wire fur la mujique des An- 
cictiSy ohngefahr die naiulichen Satze verthei- 
digen, und die ausiibenden Tonkiinftler i'iber- 
reden, dafs ihr Gehcir fie triige , wenn lie die 
grofse Terz nach dem VerhaltnuTe von 4. zu 5 
geftimmt, fi'ir rein hielten. Allein es fcheint 
nicht, dafs feine Grunde das Gefiihl cler dama- 
ligen Tonkiinftler iiberwa'ltigen konnten, nnd. 
Recenfent zweifelt felir, dafs unfer Verfaffer 
jnit den jetzigen Tonkiinftlern gliicklicher feyn 
wird; zumal da das Syftem, nach welchem das 
Verhaltnifs von 4. zu 5 die reine grofse Terz 
angiebt, wenigftens eben l'o einfach ift , als das 
vorgefchlagene, indent das ganze Syftem aus 
dejn einzigou Inlervalle der Octave, delfen 
Verhaltnifs" von 1 zu Q ift, nach einer cinzigen 
Hegel, die arithmetifche Theilung, fich ent- 
wickeln lafst. Noch zweifelt Recenfent > dafs 
der VerfaiTer fein, wenigftens in cler erften 
Schrift vorgeftecktes Ziel, populair unci ge- 
iueinniitzig zu feyn, erreichen wird : denn ihm 
wenigftens fcheint der V r ortrag dunkel. Die 
Titel beider Schriften niogen fur oder wider 
die Meinung des Recenfenten fprechen. 

Da es indefTen den ausiibenden Tonkiinft- 
lern mehr um eine brauchbare Temperatur, als 
iun Theorie zu thun ift ; die vom Verfall'er vor- 
gefchlagene Temperatur aber wiirklich einige 
Vorziige zu haben fcheint , unci felir wohl ohne 
feine Theorie beftehen kann, To will Recenfent 
fie mit wenigen Worteri hier anzeigen. Man 
fangt mit dem tiefen f im Diskant an unci 
ftinmit mit Hiilfe der dazu nothigen Octaven 
die eilf reinen Quinten f, c, g, d, a, e , h, fis, 
ris, gis, dis, und ais, welches ais fiir b gelten 
foil , aber zu lioch ift. Nun fucht man diefes 
ais, oder b, fo herabzuftimmen, dafs es die 
None von dis, (welches fiir es gilt) zu f, in 
zwei gleich fchwebende Quinten theilt, unci 
hienmf beruhet die Richtigkeit der ganzen Tem- 
peratur. Nun ftimmt man von b an zuriick 
durch lattter reine Quinten und andert die be- 
reits geftimmten Tone, dis, gis, cis, fis, wel- 



che alfo alle um eben fo viel tiefer werden, als 
dafs zuerft herabgeflimmte b tiefer, wie ais ge- 
worden ift. Hat man nun alles richtig getrof- 
fen , fo mufs das lelztgeftimmte /is , gegon das 
gleich anfangs geftimmte h, eine mit den fchwe- 
henden Quinten von es zu b mid von b zu f, 
gleich fchwebende Quinte ausmathen. Uebri- 
gens verweifen wir diejenigen, wekhe ein meh- 
reres iiber die Temperaturen iiberhaupt, ihre 
Berechnungen und Lebertragung auf den Ta- 
ft eninftrumenten zu wiilen wiinlchen, auf Ma r- 
purgs neue Mcthode allerlei Arten von Tempe- 
raturen clem Claviere aufs bequemfte mitzuthei- 
len, unci begniigen tins hier noch zu bemerken, 
dafs der gelehrte HerrVerfalfer, fo unpartheiifch 
er fich auch in cler Vergleichung der hier vorge- 
fchlagenen Temperatur mit der Kirnbergerfchen 
gezeigt, doch einen Vortheil der Ietztern anzu- 
geben vergefleii hat, nehmlich diefen, dafs kein 
einziger Ton umgeftimmt werden darf. 

II. 



Kiirzgefafstos mufihalijches Lexikon, zn- 
fammengeLragen van G. F. /To If, St o lib. - 
Stollbergifchrm Kapolhne/fter. Zweite v«r- 
beU'eiie und veruiehrte AuHage. Halle, ge- 
druckt bei J. C. Hendel 1792. (Koftet in 
der neuen Mufikliandlung ia Gr.) 

Mit dierem kleinen Werke hilft H. W. ei- 
nem wirklichen Mangel auf eine augenehme Art 
ab , und den Mufikfreunden , die mehrere gr<">- 
fsere 'Werke, in verfchiedenen Sprachen nicht 
lefen ki'mnen , oder mogen , wird gewifs diefer 
aus den beften deutfehen mufikalifchen Schrif- 
ten zufammengetragene kleine Band willkom- 
men feyn. Wenn H. W. bei kiinftigen Aufla- 
gen, die bei einem fo gemeinniitzigen und wolil- 
feilen Werke nicht ausbleiben kcinnen, ferner 
fo guten Fleifs zur Veniiehrung und Verbelfe- 
rung der Artikel anwendet , als bereits bei die- 
fer zweiten Auflage gefrhelien ift, fo wird ihm 
am Ende auch der Beifall der Kenner undKiinft- 
ler nicht fehlen,. 

Rec. will den V. hier nur auf Einiges auf- 
merkfam machen, das ihm bei der erften Durch- 
lefung des Buchdaben A beigefallen ift. Es feh- 
len z. B. in diefem Buchftaben folgende Artikel: 
Abfchuitty Acuta , Agrements , Alteration, Al- 
to - Viola ffranzcififch Taille) Anaphora, An* 
tiftrophe, Arco (coif), Arpa. Anxfetzen in Stim- 
nien 11. a. m. Da»egen hat H. W. ganz unge- 
wohnliche Worte zu Artikeln gemacht, die auf 
die eigentlichen Kimftworte erft verweifen, als: 

AOkiir- 



io5 



Abki'irzungsfchrctbarten , f. Abbreviatnren ; Ab- 
ivclchwvgszcicJuii , f. Sc/ilufitakt (beitles gar un- 
gewohnlich), A/ta, f. Lii/foiio, a piacitnciito 
(das fogar dopp.lt vorkommt) amabile, a fuo 
arbilrio (ftatt ad libitum), A uffchwellen der 
Tone, in diefem Artikel ill Clavier wohl ein 
Druckfehler, u. a. m. Sehr vielen Raum hat- 
te H. W. fich auch erfj>aren konnen, wenn er 
fur die verfchicdenen Schreibarten der Worte 
.mit c k ocler z nicht doppelte Artikel ge- 
juadit hiitte, als: Accent unci Akzenb (wie es 
fogar der Rec. noch nie gefchrieben gefunden 
hat), Accolcule und Akkolade ( und beide ver- 
weifen erft wieder auf Klautmer, was gar nicht 
gebrauchlich ift). Accompagnerncnt und Ak- 
kovipagnement, Accompagiiircn und. Akkom- 
pagnircn (die beide erlt wieder aitf Beglcitcii 
verweifen). Aecampctgnijl mid Akkowpagm'fl, 
Accord und Akkord u. 1'. w. Die beitlen Sei- 
ten Q und 3 voll No ten lind audi faft ganz 
iiberfli'ifsig; einige Zcilen batten dalTelbe aus- 
gcrichtet. 

Es giebt anch hie und da leere Artikel: 
wie z. B. „Alt£Jl, wire! derjenige Sanger ge- 
nannt, welcher die Altftimme fingt, oder de- 
ren Tone in feiner Gevalt hat. " Das hcifst 
Tvkht vicl mehr, als ein Altift ift ein Aliift. 
Da diefer Artikel docli gerade recht viel guten 
Stnf zur Belehmng fur Sangerinnen und Com- 
poniften giebt, und audi als hiftorifcher Arti- 
kel interelfant iff. Ferner: „ A vifta fpielen 
heifst: aus dem Stegereife fpielen. " IJnd and 
dem Stegreife? — Der Artikel Arte ift fehr 
einfoitig nach Kraufe behandelt, der in feinem 
von uiancher Seite fdiatzbnren Buch dodi nur 
eben den damaligen Sdilendrian abhandelte. 
Ueberhaupt fcheint die Lecture, auf die fich 
diefes Werk griindet, etwas einfeitig zu feyn, 
wie auch'fehon das Verzeichnifs der in der 
Vorrede voin V. genannten benutzten Werke 
zeiget. Fiir die ki'mftigen Auflagen ware fehr 
zu wi'mfchen , dafs li. W. fich Jiiit den fran- 
zofifchen, englifchen und italianifchen Schrif- 
ten fiber die IVIulik naher bekannt machte; 
oder weniglicns foldie Werke audi benutzte, 
die aus jenen gefch.'ipft haben. H. W. hat zu 
gut begonnen , als dafs der Wimfch ausblei- 
ben konnte, er niuchie nun auch diefes Werk 
y.u cineni fiir Mufikfreurnle ganz befriedigen- 
tlen Werke machen, wozu auch grofsere Sorg- 
falt fiir eine beftimiutere und rcinere Schreib- 
art vieles beitragen kann. 

/. F 



Mar dies et Ballet de Triomphc de I' Opera 
Jircuno, par J. F. Reichardt. (Koltet in 
der neucn iMufikhandlung 6 Gr.) 

Diefes ift ein Clavierauszug von den drei 
ineinander geflochtenen IlJ.irfclien , die bei der 
fehr prachtvollen AufFiihrung der Oper Breu- 
no , im Triumpheinzuge von drei verfthiede- 
nen grofsen Mufikchihen von Blasinftrumen- 
ten auf dem Theater erft nach einander, dann 
in verfchiedenen Entfernungen gleich dem 
Marfche der Truppen gewilfennafsen perfpec- 
tivifch und zuletzt in ciner mahlerifchen Stel- 
lung, die die ganze Weite und Hohe der Sce- 
ne einnahni, von alien zugleidi geblafen wur- 
den uiul eine fo grolse allgemeine Wirkung 
thaten, dafs fie feit der Zeit bei alien feftli- 
chen und unfeftlichen Veranlalfimgen , bei den 
militarifchen iManovers und beiiu Ausmarfche 
der Truppen geblafen wurden. Ein guter Cla- 
vierauszug nuifs den Clavierfpielern um fo an- 
genehmer feyn, da die haufigou Abfchriften 
davon wie gcwohnlich fiir gute Clavierfpieler 
unbrauchbar find. 

Von dem grofsen Trimnphballet der Gal- 
lier ift hier nur der erfte allgemeine Tanz im 
Clavierauszug geftochen. Diefer zeichnet fiiii 
durch eine originelle Idee aus, wodurch der 
Componift vermuthUch den rohen und frenu 
den Charakter des gallifchen Volks hat aus- 
drticken und gegen den edleren riiuiifchen Cha- 
rakter im erfien Ballet contraftiren lalfen wol- 
len. Er hat eine ziemlich gemeine Melodie 
gewahlt, die man gewohnt ift, mit der ge- 
wiihnlichen trompeten - und waldhornartigen 
zweiftimmigen Begleitung zu horen , bat die- 
fer aber eine ganz fremde und fraj>])ante har- 
monifdie Begleitung beigefiigt. Die Menge 
von raufcheriden und wildklingenden Inftru- 
menten, die bei der Auffuhrung funfzig an 
der Zabl auf dem Theater waren, und mit dem 
eigentlichen Orchefter wahrend des ganzen 
Marfches und des Ballets ein doppeltes Orche- 
fter formirten und das oft einlallende Chor 
von einigen fiebzig Singftinmien hob den liar- 
ken Effekt noch urn vieles. Auch gab ein 
liiituntergemifchtes fonderbar hi'ipfcndes und 
angenehmes Minore, das von kleinen Floten 
geblafen unci von den Saiteninftrumenten piz- 
zicato begleitet und von Kindern getanzt wur- 
de, jenem wiederkommenden wilden Tanze 
einen neuen Sclnvung. Das Minore ill hier 
anit geftochen, und der eingreifende Fanfare 
von Trompeten begleitete die wilden und ki'inlt. 
lichen Fahneiifchwenkungen der Taiuer. 



i#6 



5. Von oflentlichen Lu/tbarkeiten und Spielen des Landmamis im 

ludliclien Frankreicli. 



Der Franzofe in den fiidlichen Gegenden 
des Reichs ift zwar fo frohlich und heiter nicht, 
als in den nOrdlichen; aber er ift immer um 
ein grofses aufgeweckter und lebhafter, als es 
die Bewohner der Schweiz und Deutrdilands 
uberhaupt zu feyn pflegen. Der Tanz ift fei- 
ne Lieblingsfache; er gehrirt zu alien feinen 
Feften und mifchet fich in alle feine Vergnii- 
gungen. An den Feiertagen ^eren es in. dem 
Iranz&fifchen Kirchenkalender noch (fo viele 
giebt, am Sonnabend und Sonntage JTelbft fieht 
Juan in der Stadt beinahe auf atten offentli- 
chen Platzen ganze Schaaren von Landleuten, 
Fabrikenarbeitern, Gartnerjungen und Ma'dchen 
aus dem gemeinen Volke mit dem Tanzen 
belchaftigt. Ein Tambourin, eine Mufette, 
wozu fich noch zuweilen ein Tambour de Bas- 
que und ein Flageolet gefellen, inachcn im- 
mer die Mufik dabei aus. Der Tanz win! mit 
einer Art von Menuet erdrnet, deffcn Bewe- 
gungen fo einformig und defTen Mufik To 
Ichleppend find, dafa oft meine Geduld ermi'i- 
dete, wenn ich unter meinem Fenfter ftun- 
denlang dalfelbe Geleier fortdauern hdrte. End- 
lich fa lit die Mufette in eine nahe verwandte, 
aber lebhaftere Melodie ; der vafchere Rythmus 
wiirkt alsbald auf alle Zuhorer fort; und aus 
dem ganzen Haufen , vorher ein mufsiger Zir- 
kel ma die Menuettanzer, wild auf-cinmal 
ein tanzendes Gewimmel. Zuletzt folgt eine 
Art deutfchen Tanzes; der aber hier ganz am 
nnrechten Orte zu feyn fcheint, indem man 
fich gar nicht damit zu nehmen weifs. 

Diefes ift der gewohnlichc Gang aller fol- 
cher Luftbarkeiten, die dabei immer ein paar 
Stunden fortdauern. Die Tanzer und Midi- 
kanten fitzen am Ende in einer Schenke zu- 
faimnen, und die Madchen gehen woher fie 
gekommen find. So geht es audi den Sonn- 
abend und Sonntag in den Dorfern zu. 

Die Neigung zmn Tanzen ift unter den 
niedren Volksklafien fo allgemein, dais es bei- 
nahe keine Handwerksinnung , keine Gewerk- 



fchaft giebt, welche nicht alle Jahre ihren felt- 
lichen Tag hatten, an welchein die jungen 
Lente, die diefes Handwerk treiben, gemein- 
fchaftlich vor den Haufern der Reichen und 
auf offentlichen Pliitzen tanzen. So habe ich 
die Stnimpfvveber, die Fafsbinder, die Gart- 
ner, einige Fabrikgefellfchaften diefes jahrliche. 
Schaufpiel geben fehen. Auch fogar die Laft- 
triiger haben ein en folchen Ehrentag, an wel- 
chem fie ihren plumpen lunungstanz vor den 
Haufern ihrer Kundleute zu machen gewohnt 
find. Die Strmnpfweber trugen auf eineiii niiC 
Blumen. und Bandern gezierten Geri'iftc einen 
holzemen Weberftuhl, an welchcm ein Knabe 
zu arbeiten fchien. Die Gartner hatten einen 
Baumtopf, mit einer Stange darinnen, von 
der, ftatt der Aefte, eine Menge Blumenket- 
ten herabhiengen. Die Fafsbinder trugen halbe 
Reifen, die audi mit Bandern und Blumen 
ausgezieret waren. Alle hatten fehr artige Tan- 
ze gelernt, und machten fo meifterhafte Wen- 
dungen mit den Bhunenketten oder den Rei- 
fen und wickelten fich wieiler fo gefchickt und 
ordnungsvoll auseinander, dafs ich ihre Kunft 
bewundern mufste. 

Zmn Gefang fcheint der Langedozier wenig 
aufgelegt zu feyn; eigenthi'xmliche Lieder habe 
ich beim Volk noch keine gefunden, und wenn 
ich nicht zuweilen irgend ein Bruchftiick ei- 
nes Liedchens vom Theater in den Strafsen 
fingen horte, fo wiirde ich fagen, dafs man 
uberhaupt in diefer Gegend gar nicht mufika- 
bfch fey. Volkslieder find keine vorhanden; 
doch fieht man es vielen Liedern der Trouba- 
dours an, dafs fie zmn Sim en fur* das Volk 
beltiuimt waren. Der Gefanju fordert heilere 
und zufriedne Seelen; vielleicht niacin's die 
traurige Lage des armen Lancluianns, dafs er 
mehr dazu aufj2<±le°t ift, fich mit larmenden 
Freuden zu betauben, als mit lanfteren und 
ruliigern zu vergni'igen! 

Aus den Brief en i'/ber die fid!. Prov. Vffii 
Frankrcich von Fifch, Zurich 1790. 



6. Nachriclit von einem Volksfefte in Montpellier. 

Ein Volksfeft in Montpellier hat mir fehr Her wichtigen Begebenheit ankiindigt. Diefes 
gefallen, weil es beim erften Anblick, fich Volksfeft ift der foaer.annte 'Jam des Pjerd- 
als Denkmalil einer alten , aber fur Montpel- ehens (la danfe dw chevaiet) , der gcwohnlich 



XdJ 



im Hornung, von' den Junglingen axis den be- 
llen Fauiiliexi dcs 3. i 1 1 1 r»l f •--• r : :<> gehnken wird. 
In diefem Jalue true i. ' ; alle blau feidene 
Beinkleider unit weils Lidene Strunxpfe; ihre 
weifsen Hcmden waren an tlen Armen mit Ban- 
dern unci urn den Lcib mil. blau feidenen Scher- 
pen gegiirtet ; axif tlen Hi'iten hatten fie den 
Lieblingsfchmxu k tier Nation , weifse Fcderbii- 
rdie. Die An ft* h re r waren in Offiziersklexdixng. 
In diefem Aufziige zogen die Tanzer des Che- 
valet, in grofser Anzahl, paanvcire durch die 
Strafsen, und tanzten unter dem Scball einer 
fchonen turkilYlxen Mxxfik auf den Cffentlrchen 
Platzen und vor den Hiiufein der vornehmften 
Magiltratsperfonen. Einer der Jiinglinge hatte 
ein Pferdchen von Pappe, in der Cruise eiires 
Fullen, an den Leib gebunden, dafs er wie ein 
Keuter zti Pferde nuslah: rings um das Pferd- 
chen war ein feidenes Tuch angelieftet, das die 
Beine ties Centauren bedeckte. Ein anderer 
J angling trug einen Tambour de Basque mit 
Hafer angcfi'ilk, xnn dem Pferdchen Futter an- 
zxxbxeten ; tliefes wollte aber nicht frefl'en , fon- 
dern with iinmer tan/end axis. Unterdeifen 
tanzte tier ganze xibrige Trupp in manxiichfal- 
tigen Wenclxxngen um die zwei Hauptperfo- 
nen herxim, xxnd fdiien bald das Pferdchen, 
bald feinen zxxdringlichen Wohlthiiter tlnrch ab- 
wechfelnde Stellungen zu begiinftigen, bis end- 
lich das eigenwillige Thier fo eingefclxloden 
ward, dafs es vor dem angebotenen Hafer ftill- 
halten mxxfste. Diefer Tanz hat etwas fehr Ge- 
fa'lli^es, und ward mit viel Gefchicklichkeit aus- 
gefixhrt. Ich vermxxthete bald , dafs ix-gend eine 
befondere Bedeutung dabei zum Grixntle liegen 
made; konnte aber nichLs Beftimmtes and Ge- 
nugthuendes erfahxen. Endiich fand ich ind'jE- 
grcjeuille 's Gefchichte der Stadt Montpellier und. 
im franz. Merkxir vom Oct. 17*21 die gefuchteEr- 
la'uterung in folgexuler fehr artigen Anekdote. 

Wilhelm der Letzte, Erbherr von Mont- 
pellier, hinterliefi von feiner Gemahlin Eudo- 
fia , der Tocliter des griechifchen Kaifers Ema- 
nuel Kominenus, eine einzige rechtmafsige Er- 
bin, die als Wittwe zweier anderer Manner an 
Peter den Zwei ten, Konig von Arragonien, ver- 
heirathet ward. Alloin ihr neuer Gemahl hatte 
wenig Liebe fur fie; er liefs fie zxi Montpel- 
lier iitzen, und en thick fich alles Umgangs mit 
ihr. Die Einwohner von Montpellier, welche 
ihre Gebietexinn iuxfserit lieblen, und gern ei- 
nen Erben der Arragonifchen Staaten auf ih- 
rein Sthoofse gefehen " hattcn, nahmen diefe 
Vernachliifsigung , eben fo fehr, als die K6ni» 



ginn felbft, zxi Herzen. Einmal wurde der 
Konig dxxrch Gefchafle nach Montpellier ge- 
fixhrt ; wo er fich baltl in eine fchone Wittwe 
am Ilofe feiner Gemahlin verliebre und ihr 
nxancherlei Antrage thun liefs , die aber alle 
verworfen wurden. Die Konfuln tier Stadt, 
von der Liebe zxx Hirer guten Koniginn befeelr, 
wagten es , ihren Herrn zu betri'xgen ; fie beie- 
deten die fchone Wittwe, den dringenden Lieb- 
liaber in ihr Schlafgemach zu beitellen, und 
legten die Koniginn in das zu verbotenen 
Frexxden beftimmte Bette. Der Konig, der, 
den genxachten Bedingungen znfolge, ohne 
Licht kommen mxifste, wartl den Betrng erli 
den folgenden Morgen gewahr, als die Kon- 
fule, welche die ganze Nadxt in der Kirche 
mit Betexi zugebracht hattexx, mit Fackeln in 
das Schlafgemach drangen, fich ihm zu Ffxifen 
warfen xxnd fi'xr die wohlgemeixite Taufchxing 
um Vergebxxng baten. Er lachie felbft i'xber 
den frommen Eifer diefer guten Lexite und 
verzieh 1 ihnen da.-> dieifte Unternchmen. Den 
folgenden Tag ging er auf die Jagd, wuhin 
ihn axxch feine Gemahlin begleitete; xxixd als er 
des Abends in tlie Stadt zuriickkehrte xxnd die 
Koniginn mit fich auf feinem Pferde fiizen 
hatte, liefen die F.inwohner der Stadt, xxnter- 
(luiTen von der gauzen Bt-gebenheit unterrich- 
tet, zxxfanunexi ; tanzten vol! Frendexx xxxn das 
Pferd, welthcs das Ktinigliche Paar trug xxnd 
fxihrten es endiich im Triumph in der Stadt 
lierum. Die Koxxiginxi fall bald ihre heifsen 
Wixnfche in Erfullung gehen; fie ward Mutter 
von einexxi Piinzen, der nachher unter dem 
Nahmen Jakob der Eroberer die Staaten feines 
Vaters vergrofserte. Als diefer Fi'irft im Jahre 
1Q09 feixie Stadt Montpellier befxxchte, ftellten 
die Einwohner unter andex'ix Freudenbezeugxin- 
gen axxch den Einzug feiner koniglichen Ekcrn 
auf einem Pferde vor, und wiederholten den- 
felben Tanz, den ihre Freude vor drei und 
dreifsig Jahren hervoxgebracht hatte. Der Ko- 
nig Jakob, durch diefe n naiven Ausdruek der 
Liebe feiner Unterthanen gerxihrt, befahl da9 
Andejiken einer ihn fo nahe betrefFenden Be- 
gebexxheit, durch die jiihrliche Wiederholung 
des fefllicheu Tanzes , iV.xtlx auf die fpiitefte 
Naclivvek fortzupHanzen. Die forterbende va- 
terlantlifche Sitte erhielt ihn axich wirklich, un- 
geachtet fein Urfpnxng xxxxd feine Bedeutung 
beinahe ga'nzlich vergeflen warden, bis auf 
unfere Zeiten herab. { 'S. Tli. I. S. 186.) 

AuS den Brie fen iiber d;t> fiUll. PrOV. van 
FrmkreUh , v- njr/t, Zurich 1790. 



P a 



io8 



7. Von dem Betragen des italianifchen Parters t>ei der Opel-, und iiber den 
KunftgrifF gewiffer franzofif cher Componiften. 

(Aiis den Briefen iiber die Scliweiz, Italieii, Sicilien und Maltha *) iiberfetzt.) 



. . Man lafst die Arien fehr oft wiederho- 
ten: diefes verlangert die Vorftellungen fchon: 
mehr noch aber werden fie durch das Aplau- 
diren verlangert, das fich in: Es lebe der Com* 
ponijl (viva il Maeftro), in Handeklatfchen und 
in unaufhorlichem Bravo .' Bravo .' aufsert. 

Ich glanbe wohl,' xlafs diefes Bravo, auf 
folche Weife ertheilt, fiir jeden, den es trift, 
fchmeichelhaft ift ; man hat aber noch eine 
andre Weife Bravo zu rnfen, die befonders fiir 
den "Componiften gehort. Ich glaube nicht, 
dafs ihm diefe fehr angenehm ift, und er fich 
dabei eben fo weit vom Fliigel und dem Or- 
chefter entfemt wiinfchen mag, a}s er ihm 
nah ift: ich will mich erklaren. 

Die Italianer find iiber den Punkt der Ma- 
lik nicht fo geduldig und artig als wir; fie lie- 
ben nicht den Kiinftlerraub (liabbia) und find 
unbarmherzig gegen alle die fie erkennen. 
Wenn daher der Componift, deffen Werk auf- 
gefiihrt wird, einem andern eine Arie, oder 
nur eine Tirade, oder einige Takte entvvandt 
hat, fo erhebt fich in dem Augenblick, dafs 
die entvvandte Melodie fich horen lafst, von 
alien Seiten das Bravo , dem man den Nah- 
Hteii des Gomponiften beifugt, welchen die 
Melodie eigentlich angehort : fo z. B. wenn 
es Piccini ill, der den Saeluni beftohlen hat, 
wird ohne Erlallung gefchrieen: Bravo, Sa- 
chini! wenn er bald von diefem, bald von je- 
nem etwas gepliindert hat, lb lafst man mit 
Bravo Guluppo , Bravo Traetta, Bravo Gu- 
glichni, alle die die Revue palllren, von denen 
er geborgt hat: und durch diefe Art Bravo hat 
man oft ein Stuck ganzlich fallen fehen. 



(der andern nicht zu gedenken) wuxden nicht 
dalle! be Schickfal haben! 

Dwri, z. B. hatte rufen horen: Bravo, 
Hajfe .' bei der Arie , Ah ! la maifou mandite t 
deren erften iunfzehn Takte, die erften funf- 
zelm Takte der Hafllfchen Arie: Priva del 
.caro bene find. — — 

P/iilidor hatte bravo Pergoleji rufen h.5- 
ren fur feine Arie ; On me fete, on me cajole^ 
deren Hauptacconipagnement aus der Arie : 
ad un povero Volacco genommen ift; — Bra- 
vo Cocchi! fiir die Arie: II falloit le voir 
au Dimanche, — ■ quaud il Jortoit dn caba- 
ret; —>- die der ganzen Arie: Donne belle che 
pi glial e — Jo giammai vi crederb , wie ein 
Tropfen Waller dem andern ahnlich fieht; 
Bravo Gahippi ! fiir die Cavatine , die er uns 
fiir die feine gegeben: voit le chagrin qui 
vie de'vore; Bravo, Gluck! fiir eine gewilfe 
andre Arie aus einem Gluckl'chen Chor gexo- 
gen,' und gar fehr kenntlich, trotz der luftigen 
MeBamorphofe etc. etc. etc. 

Monjigny hatte fain Bravo Pergoleji ge- 
habt fiir fein Duo: venez, tout nous rei/J/lt, 
point de grace , das ganz ans der Arie: 2u fei 
troppo S< ellerato genommen ill ; . Bravo die- 
fer und Jeuer fiir feine Arie : Je ne fais a quoi 
me rejoiidre etc. etc. etc. , ( 

Gretry hatte auch fein gut Theil empfangen. 

Diefe. kleinc Probe zeigt, dafs unfre klei- 
nen, fogenannten Componiften niclit fchwii- 
rig und eckel find. Hier i'ehlt gar vie] daran; 
die Raubvi'igel unter den Componiften machen 
hier damit nicht ihr Gliick. — 



Hatten wir diefen Gebrauch in Frankreich Darum zielm fie wohl fo geme nacli 

cingefuhrt: wie viele imher komifchen Opern Norden! 



8. Mujikauffuliriingen. 



Berlin. 
Das Winterconcert tier Mufikliebhaber, un- 
ter Aiu'uhrung der jetzt dazu vereinigten Her- 



ren , Kapellmufikus Bachmann und Marggraf- 
lich-Schweiitfchen Concertmeifter Hdnlze, ift 
am 5ten October wieder erofnet worden, und 



*) Letues eciites du fuifle, d'italic, de Sicile et de Maltlie par M * *. Tome V. p. 140. 



gleich zum erftenntal zu allgemeinem Beifalle 
ausgel'allen. Es litis t fich nach diefeni erl'olg- 
ten Beweife einer zweckmafsigen Anorclnung 
zum Ganzen uiul bei zunelr* tender Bekannt- 
fchaft fo vieler braven Bepieniften mit dem 
wahren und gleichformigen Stil einer guten 
Ausfuhrung, gewifs erwarten, dais das Con- 
cert einen i'ehr merklichen Grad der Vollkom- 
menheit erreichen ward, wozu denn audi dem- 
feiben eine lebhafte Unterftutzung von Seiten 
des Berlinifcheii Publikmns zu wiinfchen ift. 

Der bekannte Vlrtuofe auf dem Oarinett, 
Herr Taufih , bliefs em von ihm felbft ganz 
brav gefetztes Concert meiflerlich, and audi 
Hm. Miifer, der eine ausnehmeml grofse Fcr- 
tigkeit auf der Violine befitzt, gelang die Aus- 
fuhrung eines fchweren Concerts in D moll 
von Mdey vorzuglich; fo wie denn audi Mad. 
Hachmaiin eine Scene vom Hrn. Canimermu- 
fikns Giirlich l'ehr gut vortrug. Was bei dem 
Concerte iiberhaupt noch, nnter andern, zu 
wunfchen feyn mcigte, ware, dafs das Piano 
und Forte noch forgfaltiger beobachtet wiircle, 
unci dafs man bei Begleitung mancher Stellen 
der Singftimme unci der concertirenden Inftru- 
mente die Anzahl der Repieniften lieber ver- 
jninderte. 

In der Nicolaikirche ward am 5ten Nach- 
mittags eine Cantate von Hrn. lufc/i unci der 
527 Pfalm von Handel, unter Direktion des 
Hrn. Mufikdirektor L.ehmann y aufgefiihrt. Er- 
ftere', zu welcher der Text auf das Erndtefeft 
im Allgemeinen ziemlich glitcklich unterge- 
legt war, enthielt drei tretliche unci kiinftliche 
Chore, wie man fie nur von einem fo geift- 
reichen unci kunftgelehrten Komponiften cr- 
warten kann, und eine Strophe des Chorals, 
Aim dauket (die Golf., war kimftreith und 
edel, nach ftrenger Meilfnr *). figurirt; eine 
Manier, die in Kirchenmufiken Nachahmung 
verclient, wozu aber ein gri'mdlicher unci ge- 
fchmackvoller Harmoniker, wie Hr. F. gehort. 

Was die Chtire von Handel betrift, fo find 
lie la'ngft fiber alles Lob erhaben. Allein man 
kann doch nie umliin wieder auszurufen: wie 
gri)fs, wie erhaben ift fokhe Arbeit, wie felt 
fteitt fie fur alle Jahrhunderte da! Der Chor: 
ffenn fich mich ein Jlcvr aider vtich entri'i- 



109 

Jtet, fo filrchte ich mich dennoch nic7tt t und 
wciiu Krit'g und J lord mir drohete, fo <ver- 
laffc ich mich auf ihii, ift aufserft erf chit tternd, 
unci es ift durch das ganze fugirte Chor hin- 
durch, als wenn der Bal's da unten lauter Meu- 
terei begonrie. 

Es macht dem Anzeiger vie'l Vergniigen, 
dafs er dabei die gute Ausfuhrung der hieli- 
gen Chorfchiiler dicsmal riihmen kann. Wenn 
fie nur audi, in vereinzelten Choren, auf den 
Strafsen endlich einmal beffer fingen wollten! 



Deffau. 

Herr Mufikdirektor Jluft in Deflau, der 
feit vielen Jahren fchon fo manche trefliche 
vollftinnuige Arbeit Fur die Stadt und den 
Hof lieferte, ohne dafiir fondcrlich mehr, als 
das Bewufstfeyn des Ki'inftlers unci Beifall da- 
von zu tragen, und ohne davon etwas weiter 
fiir das Publikum bekannt werden zu laflen — 
hat unlangft wieder eine fehr hiibfehe Cantate 
auf die Vermahlung des Erbprinzen Friedrich, 
mit der Pr. Amalie von HeU'en-Homburg kom- 
ponirt, unci am xften July in der Schlolskirche 
mit allgemeijiem Beifall aufgefiihrt. Auf Ver- 
laiigcn des Holes hat fie noch einmal in der 
lutherfchen Kirche gegeben werden muflen. 
Der wiirdige Hr. Bull, der dem Anzeiger die- 
fes die Partitur mitzutheilen die Giite gehabl 
hat, wird ihui das Vergniigen giinnen, dem 
Publ. fagen zu diirfen: dafs, nach feinem Ur- 
theil, ihm diefe Cantate, fowohl was die e'dle, 
kirchliche Simplicilat, den lebendigen Empfin- 
dungsausdruck , den fchunen von kraftvoller 
Harmonic uiiterfmtzten Gelang, und die fchlich- 
te gehaltcne Inltrumentalbegleitung und befon- 
dets die iiberlegte Anorclnung der Blafeinftru- 
mente betrift, zu den vorzi'iglicheren diefer 
Art zu gehoren fclieint. Die Chtire find brav 
unci kral'tig gearbeitet, infonderheit der erfte 
Chor; auch der lelzte hat viel Starke unci 
Klarheit, nur ift des Wortfchwalls darin zn 
viel, woran aber (wie oft ift doch das der 
Fall!) der Verfafler des Textes allein Schuld 
ift und nicht der Komponift. Stellen aber 
wie diefe: Frolocket, iiir IVelten^ JLrfchaJJ'e- 
110 pre/ft ; denn Gott ijl die JLicbe t bei wel- 
chen letzten Worten fich natiirlich Tempo unci 



*) Ornun li.u dies niuh fcJum im Tod Jtfit getlian ; 
nilfiii die kltinlitJic Spiclcrei mil dem Pizzicato 
der Violiiien > cl.is vyahrfcJitinlich das TropMtt 



der Tltranen an?dn'ickcn foil, vermindevt den 
\A ertJi differ fouil fclionen 8 telle. 

P 3 



no. 



Taktart andern; war Odem hab lebet (lurch 
Lsielx; etc. ; das Hallelujah, was in einem an- 
<lern Chor Of tors von zwei Chorparthieen zwi- 
fchen durch gefungen wird, miuTen, gut voi~- 
getragen, auffallend gute Wirkung gethan ha- 
ben; wie audi die brav gearbeitete Arie in D 
moll : Wie flleereswogen braujeu , obwohl die 
Vergleichung nut heutigen Revolutioncn , eine 
inU'sliche inabibrit clu jour , fehr fuglich aus ei- 
ner Kirche hatte fortbleiben konnen. 



Uebrlgens inacht es den De/Tauifchen Scho- 
nen, etliche zwanzig an der Zahl, deren eiui- 
ge hier als liebe Sangerinnen angcfiihrt wcr. 
den konnten, venn juir da/.u die Erlaubnifs 
zuiti'mde, recht viel Ehre, dafs fie Werke obi- 
ger Art durch Hire Stiminen OiFentlich und 
gern verhenlichen helfen. Ein wahr Wort, 
das fie in ihrem befcheidenen Sinne doch ju 
nicht fur ein blofaes Kompliiuent aufnehmen 
mogen ! E. D. II. 



g. Richtige Wiederholung einer Stelle des Auffatzes iiber die Vogeltiine. 



Herr Dr. Chladni fagt im zweiten Stuck 
diefer Monathsfchrift , ich wolle im mufikal. 
Wochenblatte S.eite 180 nicht zugeben, „dafs 
bei einer Saite eine Folge foicher Liingentdne 
ftatt finde, wobei fie in aliquoten I'heilen 
fchwingt. " 

Alles , was Hr. D. Chladni bisher von die- 
fen neuen Tonen bekannt gemacht hatte, fteht 
in feinen Entdeckungen fiber die Theorie des 
Klangs auf einer einzigeu Saite beifanunen, 
und diefe ill zu wiederhohlten Mahlen von 
mir angefuhrt worden. Die erwiihnte Folge 
der Tone ilt darin nicht nur aufs Ausdri'ick- 
lichfte behauptet, fondern es ift auch, wie man 
fie hervorzubringen habe, fo hinla'nglich ange- 
geben, dafs fie dem Ungeiibteften nicht verfa- 
gen kann. Unter folchen Umitanden konnte 
nun allerdinge nicht ohne einigen Unwillen ge- 
glaubt werden, dafs ich ihr Dafeyn lSugnen 
wolle. Wie weit ich aber davon entfernt gewe- 
fen fey, das wird, anderer hiehei gehorigen 
Aeufserungen meines Auffatzes nicht eininal zu 
erwahnen, aus der oben angezogenen Stelle 
von Seite 180 , felbft fchon erhellen , wenn ich 
fie in ihrem ganzen Zufammenhange nocli ein- 
mal richtig ht-rfetze, und einige voliig hieriii 
palfende Parenthefen hinzufi'ige. 

Dritbes Gefebz. Mit der Llinge der Saiten 
fteht bei iibrigens gleichen Umftanden die Ho- 
he der Vogeltone umgekehrt im geometrifchen 
Verha'ltnifs, gerade wie bei denen gewOhnlichen 
Tonen und ihren Flageoletten. Der Vogel- 
ton, den eine Saite angiebt, wird z. B. in 
die Sccunde, Tertie, Quarte, Quinte oder Oc- 
tave fteigen, wenn man diefe Saite 11m ihr 
gtcl, Otel, 4-tel, 5tel oder gerade bis auf ihre 



Halfte verki'uzt. Durch diefe Beifpiele ("dafs 
ich namlich gerade nur <)tel, 5tel, 4-tel u. f. 
w. nenne ) bin ich aber nicht etwa willens r 
das Gefebz aiif Jblc/ie J^erkitrzungen ein- 
zufchriiu/icn, bei denen die gauze Sake in 
aliquobcn Tlicileii zu Jihwiugen veranlafsb wer- 
den kann: auch fetze ich gar nicht voraus^ 
dafs (bei der Anwendung meines Gefetzes) die 
Beriihrungsftellen als etwas feine Schwingungs- 
knoten behandelt werden, wie Hr. D. Chlad- 
ni zu fordern fcheinfc. ("Es wird namlich in 
Hrn. Chlatlnis Enbdeckuugvu etc. Seite 76 auch 
fchon „der niimlichen Vcilniluiiue" zwifchen 
den neuen Tonen und den gewohnlichen To- 
nen der aliquoten Theile erwahnt; aber es 
fchien mir, dafs dabei nur folche Verkurzxm- 
gen und folche Behandlungsart verfucht wa- 
ren, wie man bei den Flageolett - Tonen ge- 
braucht: und das von mir gegebene Gefetz foil 
dagegen von alien beliebigen Verkiirzungen 
gelten, und keine befondere Bcruhrungsart 
ausbedingen.) 

Meine gegenwartige Berichtigung diefer 
Stelle befteht nun darin, dafs hier nicht wie- 
deruiu fehc voraus und finden itatt fetze var- 
ans un<l fordern gedrnckt i/K *) Diefe behleil 
Druckfeliler find audi ficherlich fthon unter 
den ubrigen mit aulgefi'ihrt, die ich glelch 
nach Erluiltung des 2jltcii Jilattes an die Hrn. 
Herausgeber iiberfchickte. Ohne Zweifel ka- 
men fie zu fpiit, uin fchon in dem 24-ften 
angezeigt zu werden; und mit diefem horte 
das Wochenblatt auf. Icli erfuche die Herren 
Herausgeber meine damals eingefchickten Ve^. 
belferungen nunuiehr uoch lunzuzufugen. 

Bujfe. 



*) Die Anzeige v«n den ilberfiuuhen Dnickfehlern ei 

iit nicht verloien gegangen. Alleiu, da der Gc- Ii 



ciifiiind der ftbrigens fehr ^rttiidliclicn Abh.md- 
ung an lich nur wenigc LcTer imercfllrt liabcn. 



in 



10. E r k 1 a r u n g. 



E9 hat fich an verrdiiedenen Orten, infon- 
cterheit in Halle, die Meiimng ausgebreitet, 
als fey ich tier Recciifcnt Bsw in tier allge- 
meinen deutfchen Bibliothek von des Hrn. 
IVlufikdiv. Turk jimvvifwlg zum Gcueralbafs- 
fpielen, wogegert er eine griindliche JBvleuch- 
tung , die geiegentlich hier wohl noch einnial 
erwahnt warden diirfte, ins Publikum gehen 
zu laffen fich genothigt gcfunden hat. Ich 
kann nicht fagen, ob mir jene Recenfion, was 
ihren wiiTenfchaftHchen Inhalt betrift, zur Eli- 
te oder Unehre gereithen . winde; denn ich 
inuts geftehen, dais ich — vver kann alles 

fleich lefen? -- - noch keine Zeile davon gefe- 
en habe. Allein, ohne mich nur einmal anf 
das Zeugnifs des Hrn. Nlcolai zn berufen, der 
doch wohl am beften mill's wiflen kSnnen , ob 
ich jemals eine mufikalifche Production in der 
A. D. B. beurtheilt habe, fo will ich nur des 
einzigen Umiiandes gedenken, der, wenn jene 
Recenfion fiir Hrn. Turk krankend hat feyn 
iniiflen, fiir einen ehrlichen Mann mehr als 



alles andere ausfagt: „dafs ich nehmlich fchon 
feit vielen Jahren her mich der Freundfchaft 
des achtungswiirdigen Kiinftlers erfreue, und 
dafs ich ilnu viel Gutes verdanke." — Wer 
fich in den Sinn diefer paar Worte nicht 
linden kann, der verdient wohl, dafs man 
ihm das Vergniigen einer folchen Verlegenheit 
gonne. 

Uebrigens aber habe ich, nun ich mich 
hier offentlich als Hrn. Turks Freund erklarE 
habe, uni felbft alien Schein der Partheilich- 
keit zu venneiden, welche fich diefe Schrift 
von Anfang an zur Regel gemacht hat, die 
Beurtheilung feiner fo eben erfchienenen Scch- 
zt'g Haiuljlhcke fur angehendc Kluvierfpieler t 
die ich nach meiner Ueberzeugung als ganz 
vorziiplich zweckmafsig und als cine der be- 
ften praktifchen Arbeiten des Hrn. Verf. wurde 
aushebeu iUuH'en, von mir abgelehnt. 

a & 



11. Selireiben an die neue Berlinifclie Mtifikiiandlung. 



Ihre mufikal. Monathsfchrift, welche ich 
Jliit vielem Vergniigen lel'e, veranlan'et mich, 
Sie, ineine Herrn, noch auf einen Handlujigs- 
zweig aufmerkfani zu machen, welcher, wie 
ich glaube, mit zur Vollftandigkeit Hirer Mu- 
fikhandlung gehort — ich meine Kupferftichc 
von Bildniffen beruhmter Mufiker. Obgleich 
Deutfchlands Kupferftichladen mit Bildnilfen 
aller Art, und befonders von Standesperfonen, 
die ofters weiter kein Verdienft haben, als — 
die Geburt — iibcrhaiift find, fo Jindet man 
doch von Mufikern wenig oder gar keine. Eng- 
land und Frankreich, welche wir Deutfchen in 



andern Stricken fo gerne nachahnien } kiinnte 
uns hierin zum Multer dienen. 

Da viele Mufikfreunde mit mir diefen 
Wunfch hegen, fo wird es Ihnen, ineine Her- 
ren , an Kaufern nicht fehlen, und durch Ihre 
ausgebreitete Korrefpondenz werden Sie die- 
fen Wunfch leicht befriedigen kdnnen. In 
diefer Hofnung nehme ich mir die Freiheit, 
Ihnen einige wenige Englifche Blatter, wel- 
che ich vorziiglich zu haben wunfchte, nam- 
haft zu machen : 



mid alfo nicht mit tier Genauigkeit des fnch- 
lundigen Geldmen gelefen worden feyn dtufte, 
audi ein Regilitr von Diuckfehlern nicht wohl 
in die neue Monaihsfdnift himiber o-ebrncJit 
werden koiinie: fo unterblieb der Abdruck dcr- 
felben. 

Uebrigens aber ift e* wohl fbhr naturlich, 
dafs, wenn ein langis Mnuufcript ineift raaihe- 
lnatifchcn Inhalts und voller Kiiniibeneninm^en 
und Ausdnicke felir unleferlich, wie jenes , ge- 
fehrieben Hi , fich Fehler beim Abdrucke dcilel- 
ben omfdileichcn, da maw billigenveife wcder 



dem Setzer noch auch dem Korrektor die Eiti- 
ficht. des Matheniatikers von Profefllon, nodi 
weniger das Verniogen vollkovnnen richcio- zu 
rathrn, annul then feyn kann. Wenn der Vevf. 
eines, Auff.itzes abwefend i/t, fo fcheint uns kein 
nndcr Mittel da zu ftyn , I'chlern vorzubt;tigcu, 
als cntwcder die Korrektur felbft zu l'lbcriicli- 
jnen , oder deutlicher zu fchreiben. Hcit IV. 
J$. Avird uns diefe Erkliuuug zu nnfercr Ilcdu- 
ftrtigung zu gute lialten. 

D. II 



il2 



Abel (Carl Frledr.), Bach (Joh. Chrift. der 
Londner ge'nannt) , BUlington Mrs, , JBonon- 
eini- (Giov.) , Bumey (Doctor), Mara (Mada- 
me), MarchefiiU, Moubanari (Franc.) etc. 



Sollte mem Vorfchlag bei Ihnen , meine 
Herren , Beifall finden , lb erfuche ich Sie, 
durch Dero beliebte Moiiathsfchrift tins Nach- 
richt zu geben. *) 

31. v. TV. 



12. Anekdoten. 



Ein Franzofifcher Opemtanzer hatte deal 
Hrn. C. M. Reichardt fchon mehrmalen ange- 
legen, die fi'ir feine, Solota'nze beftimmte Ma- 
lik nach feiner Phantafie umzuandern und das 
immer mit der gemeinen Wenching 'vorgetra- 
gen, dafs er die Mufik zmn "Ballet uberhaupt 
ubertrleben lobte, und dann mit einem maii 
mon dir! Monfieur das fur ihn beftimmte 
Tanzfti'ick zu a'ndern bat. Da er diefes in dem 
erften Ballete zur Oper Brenno wieder wort- 
lich anbrachte, erwiderte ihm Hr. Reichardt, 
j'e Jliis las de Lous vos mais t Mr. et j'e vous 
ferai pour le'Jecand ballet un air qui ue dir a 
que ma is du commenceineitb jxdsqiC n la fin 
(ich bin Eures abets mi'ide, und werde Each 
zum zwciten. Ballet ein Tanzfti'ick machen, 
das von Anfang bis zu Ende niehts als ma is 
1'agen foil) , und diefes iibte er in deni Tanz- 
fti'ick , das in diefem Hefte abgedruckt erfcheint, 
wirklich aus. Man weifs, wie ftark die Fran- 
zo fen mit einem gewiifen nafale das mats in 
folchen Fallen accentuiren, und das wurde 
durch die mit rf. bezcichnete liingere und 
fehr ftark angfcgebene Note fehr Ueutlich be- 
z«icjhnct» Als der Tamer glaubte, fein kom- 
pomrtes mat's hatte riuh cininal ein erwi'tnfch- 
tes Ende, riahm die Hoboe mit ihrem franzo- 
frfehen Accent das Thema noch einmal auP 
und gab dew mufikalifchen mats das hochite 
Leben. ' • 



und achtzehn Wochen lang die Stube hi'itert 
mufste. Er fuhr niehts deftoweniger fori, iri 
den guten Stunden, welche ihm das Fieber. 
verftattete, allerhand Themata auszuarbeiten, 
und da Sebattian diefen aufserordentlichen Fleifs 
bemerkte, fo erbot er lich zu ihm auf die 
Stube zu kommen, weil ihm das Ausgehen 
nachtheilig feyn kSnnte , und das Hin - und 
Herfchicken der Papiere etwas muhfam war. 
Als Rirnberger feinem Mieifter eines Tages zu 
verftehen gab, dafs er nicht im Standi feyn 
wurde, ihm fur feine gutige Bemiihungen ge- 
nug erkenntllch zu feyny fo fagte Bach, t\et 
die kiinftigen Verdienfte feines Schiilers urn" 
die Erhaltung des achten Satzes ohne Zweifel 
.voraus ' fahe, imd der die Ktin/t ihrer felbft 
wegen, und nicht blofs der dauiit verkni'ipF- 
ten Vortheile wegen Kebte: „Spreclien Sie, 
,,mein lieber Rirnberger, hichts von Erkennt- 
„Jichkeit. Ich freue mich, dafs Sie die Runft 
„der Tone - aus dem Grunde ftudiren'wdllen, 
„und es wird nur von Ihnen abhangen , fc* 
„viel mir davon bekaimt geworden, /ich eben- 
„falls eigen zu machen. Ich verlange' niehts 
„von lhnen,' als die Verhclierung ,' dafs Si e : 
„diefe9 Wenige zu feiner Zeit wieder auf ari- 
„dere gate Subjecte fortpflanzen wollen , die'. 
„lich nicht mit dem gewohnlicheri Lirumla- 
„rum begniigeh etc." Diefes hat 'Rirnbergef 
auch treulich ausgei'ibt. Sc/ir/lz, f'ievlihg, Ki)h- 
nau und andre Meifter unfrer Zeit mOgen vott 
feinem gliicklichen Eifer zengen. 



Als Kirnbergor fich cnach Leipzig bogab, 
uin miter der Anvveifung des grofsen Sebajiiau 
Bach deu Contrapankt zu ftudiren, und rein 
vierftimmig fchreiben zu lemen, fo griif er 
(ich fo heftig an, dafs er .eio. Fieber bekiun, 



Duphly, ein fehr eleganter und fertiger^ 
Componift zu Paris%, wurde- in-eiiier mufikali- 
fthen Verlanunlung von einer. alten Dame er- ; 

:• ■ • < ■■:•■.■ -■ fuchetjs 



'*) Die Unternelimer dev neuen Beilinifclien Mii- 
fikhaiulluug wevden mit Vei'gndgcn deu Wiuifch 
des Herru "IVI. v. W. , der audi Tchon von nich- 
roren Scitou her gt'iiufsevt warden ill, /.a erffil- 
lou fuchb-ii; audi nacU deu ubeiungegebeiieu Ku- 



pferfliclien fogleicli fchreiben. . laflfon. 



So bald 



ptevlti< 

dicfe, die -zn liufiieiligiing incbrerer J^iebhaber 
in liielireren Kxemnlareii veifdirieben wurden 
follen, anlaugcii, foil davim in ofFunilidiwi 
Blatieiii Ati-zelge gel'dielien. 

A. d. II. 



u3. 



fuchet, ctwas auf dem Fii'igel zu fpiclen. Er 

hat es mit einer von ihm gefetzten neuen 

Sonate, unci crhielte zwur von (lev ganzen 

iibrigen Gefellfchaft vide Lobfpriiche, aber 

nicht von der alien Dame, clip zwar feinen 

Fingern a lie nuigliche Gerechtigkeit wiederfah- 

rcn liefs, aber an feinei Sonate keinen Gefal- 

len hatte, weil fie, wie fie fagte, den Gefang 

diefes Tonlli'icks nicht begreifen konnte, und 

die Partien zu bunt unter einander giengen. 

„Spielen Sic mir doch, mein lieber Mr. Du- 

„phly, fi'igte fie hinzu , die Folie cV Efpagns 

jyinib den Danglebertifchen Vcranderungen 

„vor. Ich babe fie bei der Hand. Hier ill 

„fie. " Er liefs ficb die zu extempormrende 

Anfgabe gefallen, fpicltc aber das Stuck in 

zwei verfchiednen Tnncn , die Oberftimnie in 

JD moll, unci den Bufs in C moll. Wiihren- 

dcr Zeit die Gefellfchaft, welche die fchalk- 

hafte Idee des Clavieriften bemerkte, aus I\e- 

fpect fiir die alte Marquife das Lachen zuruck- 

hielte, ob fie gleich anderer Seits das grofse 



Talent dcs Hm. Duplily bewunderte , der aus 
zwei Tonen zugleich a vijta richtig fpielte, 
war die Daine vor Entziicken aufser fich. Sie 
umarmte den Tonkiinftler fur 1'eine Gefallig- 
keit, bemerkte ihm aber zugleich, dai's-er, 
ohne Zweifel durch die neuere Mufik ver- 
wohnet, fowohl das Ton/tuck als die Veran- 
derungen etwas moderuifiret zu liaben fchiene. 

Die Scene trug fich iitt Jahre 1747 zu, 
als Bameau, Mondonville, Leclair unci an- 
dere einen andern Gefchmack einzufiihren an- 
fiengen, unci die Lullyfche Schule und Com- 
pazine keine Profelyren mehr machte. Ila- 
nieau wurde in der Folge wieder vom Caffa- 
relli, und diefer wieder vom Gluck dethroni- 
firet. — Man weifs, da Is es neun Damon find, 
welche unter dem Nahinen der Mufen auf 
dem Parnafs das Oberprafidium fuhren, und 
die Damen find leydcr! unbeftandig. Hanget 
etwan die Vervollkommnung der Kunft von 
der Veranderung der Mode ao ? 



13. 



Kurze mufikalifclie Nacliricliteii aus Stockholm. 



Das Operntheater kann nirgend leicht gliin- 
zender feyn, als es hier unter dem vorigen K6- 
nige war. Fremde geftehen fall einbellig, dais, 
was das Enfemble betrift, die Gluckifchen Opern 
Orpheus, Iphigenia en Aulidc und en Tai/ride t 
Annido unci Aleefto kauin mit fo vieler Voll- 
kommenhcit in Paris gegebeu worden find, als 
hier. Das Orchefter ift nicht fo zaldreich, als 
das Parifer, aber vortreflich eingefpjelt und von 
wackern Leuten befetzt. Die vorzi'iglichften 
Sangerhmen und Sanger, welchen man viol 
wahre Virtuofitat zugeftehen inufs, find Mad. 
Midler, geb. Waiter, eine Danin ; Dem. Sta- 
rting, cine Deutfche ; die Hoffekret.'irs Stenbiirg 
und Katjien, beides Schweden und treiliche Te- 
noriften. , 

Es find drei Kapellmeifter, derAbt Voglcr, 
juit dem hochften Titel Mufikclirektor, der alio 
mehrfagen will, als in Deutfchland. Seine vor- 
•/.uglichften Opern Gitftav Adolph und Alhalie 
jfind Jjiit vielem Pomp und grofsem Beifall auf- 
gefiihrt worden. — Voinllol'kapellmeifter Vtiui 



wurde im vorigen Winter Tel is und Peleitt ge- 
geben. Der dritte ill JofepJt Kraus , von dem 
die Operu Dido und -litnihkryon finely welche 
]£tzte im vorigen Jahre vielen Beifall erluclr. 
Ueberdem ift auch von ihm eine wohlgerathene 
Trauermufik auf c\en verftorbenen Konig. *) 
Auch ein Opernkoinponift ift Aldftrbm, ein 
Schwede und Lehrer des ietzigen Kcliiigs auf 
demKlavier. Eben lo Ilaf'ner , ein Deut&her, 
Singmeifter beim Opernthealer, der die Opef 
FJccLra gefetzt hat. — Ueherhaupt giebt es in 
Stockholm aufser dem Operntheater deren noch: 
d*.s National - oder chuimatifche Theater (eine 
iuiideruarc Benennuug, als wenn fich ein Thea- 
ter ohne Drama denken Hefse, man miifste es 
derm dem anatomllchen Theater entgegen fetzen 
wollen) j das Franzofifche ,' welches aber jetzt 
eingegangen ift, und das Schwedtfche komifche 
Theater, wovcw Stenburg der Entrepreneur ift. 

Sondcul-ar ift es, dafs in Stockholm fonft 
keine oilemJiJje feftftehende Concerto find. 



*) Si i ne Jiit<-nii('; ! cs pour Amphitryon ; arr. p. L fortcpiano par Ahlfrwii /iucl iu der neuen Betl. M\iftkli. 
Xiir 2 llthir. 3=Or. und Icutere fttr S Or. au h.'.ben. 



Druckfelilcr. 

Sliick 3> Sjwltc 2, Zcilc s3 Tutt einign- liefs ianiger. 

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n4- • 

Fab el von der Henne, in Mulik gefetzt von J. A. Hiller. 

Andantino, ^- ,~ £^ ^ _ 



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*-JtK-§zzfest 



f#flfci 



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Es war mal eine Hen - ne fein, die legts fici - fsig Ey - er, und pflegte dann gan* 



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-0-4- -§4| — -£— P-j-»— • — •— •- 



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un - ge - racin, wenn fieeinEyge - legt,. zu felireyn, als war im Haufe 



Feucr. 




*• Ein alter Tnithahnindem Stall, der Fait 



Tom Den - ken 







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* ward bos darob, and Kuall und Fall tv.it cr zurllenn', und fag-te: 

— — f • i\f \~t~ g-t 

'"- i~- !". ITT — ^--\— -- — % ~«— B — 1 




l . \t~H -j- — j— ; — 4 • 1 \«.__y 1 - _| _j 



„Das Schreyn, Frau 'Nach- bniinn, -war* ebennichtvon NOtlieu; und weil os dach sum 



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Eynichts thut.fo legt das Ey, nnd 'damit gut! Ildic, feyd.danini ge - been! Ihr wiflet 






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nicht, wic's dmch dun Kopf mir gcht — " 



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Nachbarinn, and that mit einemFufs vor 



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trcten: Ihr wifot \vohl fchfin , was heu - cr die 



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Mode niic fich bringt, ihr tingczognes Vieh ! F.r/t kg'uhmcinc Ey - cr, crfl lc'ich 



meine 



^Ieseee k0&& feefe^ 



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Tanzftuck aus der Oper Brenno , von J. F, Reichardt. 



Modern to. mais! 



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MONATHSSCHRIFr. 






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FtFNFTES STOCK, 



November 1792. 



BERLIN, 

in tier neuen J3erUnifchen JMufikhantUnng. 



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In halt 



i. Fortfetzung ties Auszuges aus einemVer- 
fuch einer fyftematifchen Entwickeiung 
der Taktarten und Vorfchliige zu neuen 
Taktzeichen. 

fi. Aus D. Martin Luthers Tifchreden. 

3. Briefe mufikah'fchen Inhalts. Zweiter 
Brief. 

4. Paris , Theatre de la rue Feydeau. 

5. Schreiben aua Coppenhagen. 

6. Gedanken iiber den Urfprung und Ge- 
brauch des Septimequartfecundaccprds. 

7. Recenfionen. Ueber 

a) Forkels allgemeiner Gefchichte der Mu- 
fik lften Band. Zweite Fortfetzung, 

b) Geift des mufik, Kunftmagazins von J. 
F. Reichardt. Herausgegeben von J. A. 

c) Sechszig Hancli'tiicke fur angehende 
Klavierfpleler, vonD.G.Tiirk. lfterTh. 

d) Sorg Mufik vid Hogft SaligHansKongl. 
Mayt. Konung Guiiaf III. Bifattning i 
riddarholms Kyrkan den i5. April 1792, 
forfated af Kongl. Capellmaftaren, Joh. 
Kraus. e) Intermedes pour Amphy- 



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126 



129 

134. 



tryon , compotes par Mr. Kraus, arran- 
ges pour le Fortepiano par Mr. Ahl- 
ftrom. f) Gefange am Clavier, von 
Friedr. Ludw. Seidel. >3'5 

g) Drei Sonaten fiir das Clavier, von C. * 
F. G. Schwenke. h) Trois Son. pour 
le Clavec. ou P. F. av. l'acc. d'un Vio- 
lon, par C. F. Schwenke. i56 

i) Eine machts wie die andre, oder, die 
Schule der Liebhaber. Oper in zwei 
Atifziigen , von Mozart. i5j 

8. Fortfetzung der freimiithigen Gedanken 
iiber das erfte Heft des mufikalifchen Wo- 
chenblatts. i38 

9. Theaternachrichten aus Paris. 141 

Mufikftiicke. 

t. Aus der Operette : die Cantons Revifion, 
von W. F. Halter. 142 

2. Kleine Handftiicke, von D. G. Tiirki. 
a) Hanns ohne Sorgen; b) die zartlich 
Liebenden. - 144 



Mufik zu Goethe's Werken, 

von J oh aim Friedrick Reichardt. 



.• -1 



Unter diefem Tifcel kiindigen wir dem mu- 
fikalifchen Publikum die gliicklichften und voll- 
endetften Arbeiten des Hrn. Capelhneifter Rei- 
chardt an , zu deren Empfehlung wir hier nur 
fagen mdgen , dafs Poefie und Mufik vielleicht 
nie inniger vereint einhergingen , als in den 
Arbeiten cliefer beiden fiir einander gefchaffe- 
jien Manner. Der- erfte T-heil wird die Com- 
pofitionen zu alien fangbaren Oden und Lie- 
dern des achten Bandes der neuen Ausgabe 
von Goethe's Schriften enthalten. Man pranu- 
merirt oder fubferibirt darauf nach Gefallen 
Einen Thaler (den Friedricbsd'or zu 5 Rthlr. 
gerechnet). Sobald fich eine hinlangliche An- 



zalil Liebhaber gemeldet hat, wird der Druck 
begonnen und die Zeit der Erfcheinung des 
eirften Bandes befthnmt, zugleich auch der zwei- 
te Band, der das Singefpiel JSrwin und Mhnire 
'enthalten wird, angekiindjgt werden. Aufser 
der unterzeichneten Handlung nehmen alle 
wiohtige deutfche Mufikbandlungen, und Buch- 
handlungen die fich nut Mufikalien abgeben, 
Subfcription und Pranuineration an. Jedem 
andern, der fich danut bemuhen will, geben 
wir das 6te Exempl. frei. 

Berlin, den loten Mai, 1792. 

Die iteue Berlinifche Miifikhandlung. 



An die Liebhaber der Harmonie'ttnd des GeneralbalTes. 



Die erfte Abtheilnng meines gemeinnutxli- 
€heil Elemcntanverks der Harmonic wul des Ge- 
neralbaJTes fiir Anfanger, Lehrer und Geiibtere, 
niit fechzchn Notentafeln, ift bereits vor vier 
Monaten erfchienen, und fowohl von Ken- 
nern als Liebhabem niit BeifaU aufgenoaurien 
worden. 



Da von diefem Werke, das ich in vier Ab- 
theilungen nach und nach herausgebe , in Ober- 
und Niederfachfen keine AvertLTements ausge- 
breitet worden find: fo kann noch ein Jeder, 
welcher Luft hat, bei der zweiten Abtheilung 
als Pranumerant eintreten. Der l^anmuera- 
tionspreis einer jeden Abtheilung ill 16 Ggr.; 



MUSIKALISCHE MONATHSSCHRIFT. 

FUNFTES STUCK. 



November i j q z. 



J. Fortfetzung des Ausz-iiges ans einem Verfuch einer fyftematifclien Entwicke- 
lung der Tactarten und Vorfclilage zu neuen Tactzeiclien. 



N,: 



unmehr kann ich die T.i(famviengefetx,ten 
(mittelbar abgeleitetcn) Tactarten von mehrfa- 
cher Bewegung folgen laflen, in der Ordnung 
wie fie entfpringen, und mit den Namen und 
Zeichen, die ihnen eigenthumlich zu feyn 
fcheinen. 

1: 2: a = *. Diefer Tact entfteht, wenn 
die Einheit erft in zwei Theile, unci jedes 
Gliecl wiedertnu in zwei gleiche zerlegt wird, 
wodurch die Einheit vier herrfchende Tactzei- 
ten bekommt. Er heifst am beften Piertel- 
lact t feine gewohnlichen Einheitsnoten find 
weifse , fchvvarze und einfachgefchwanzte unci 
feine Bezeichnung kann (lurch % gefchehen. 
Uufre Componiften fchreiben ihn c $ y^-. 

Wenn in Anfehung des accentuirenden 
Ydrttags der Sanger oder Spieler in einem 
Stuck von gerader Tactart durchgangig bios 
auf die erfte Note des Tacts einen Accent le- 
gen foil, fo ift dies ein ficheres Kennzeichen, 
oafs das Stuck im Zweiteltact gefetzt ift, mag 
tier Componift auch das Zeichen des Viertel- 
tacts vorangefetzt haben. Von geraden Tact- 
arten ill der Zweiteltact, und von ungeraden 
der Dritteltact, der einzige, wo nur eine Note 
i\en ohne Kunft herbeigefiihrten Accent hat. 
Im Vierteltact bekoiumen zwei Noten, die er- 
fte und dritte, folche Acceute, von denen die 
erfte der It'irkere ift : 

t « 

c c c c 

Kein Stuck , am wenigften aber die lieu* 
tigen Tonfttitke, gehet fo einforuiig, dafs (Fu. 



gen etwa und Characterfli'icke ausgenommen) 
die Acxente niclit bald von ihreiu natiirlichen 
Sitze veniickt, bald venuindert, bald vermeh- 
ret werden. Wollte man das mit zum Syftem 
rechnen, was dieKunft auf unzahliche Art mit 
den Accenten vornimmt, fo kamen verfchie- 
dene Vierteltacte heraus, und mochte auch der, 
wie Stilzer ilin nennt, grofse Vierviertellat 
deswegen fiir eine befondere Art gel ten, weil 
feine Noten ohne die geringfte Schattirung von 
Piano und Forte vorgetragen werden. Allein, 
dies find fnbjective Unterfchiede, wichtig ge- 
nug fiir die mufikalifche Gefchmackslehre in 
den Kapiteln von Declamation unci Characte- 
riftick der Tonftucke, nur hier, wo die Tact- 
arten einzig nach Urfprung und objectiver Be- 
fchalFcnheit zu betrachten find, waren fie fo 
iiberfhifsig als clem richtigen Gefichtspunct ge- 
fahrlich. Wo man einfehneidet,' da* kbmnit 
der Schnitt zu fghen; man kann den Ein- 
fchnitt wieder verkleiftern, dafs er niclit zu 
fehen fey, kann an den Stellen herum, wo 
nicht eingefchnitten ift, etwas hinkritzeln, das 
wie eingefchnitten ausfieht; das alles aber ver* 
andert die Sache nur iin Aeufsern, die innere 
natiirliche Befchaffenheit bleibt, ungeachtet 
ihre Wiirkung auf die Sinne gchemmet ift> 
doch iumier diefelbe. 

Als ein Schema, was fiir den Dichter da» 
Sylbenmaafs ill, in Anfehung der Accente ob- 
ject! v das Zeitmaafs betrachtet, ift jede Tact* 
art nur einer Art: denn umgekehrt ift es Ver- 
fchiedenheit der natiirlichen Einfthnitte, (Ac- 
cente,) was Verfchiedenheti der Tactarten. her. 

R 



n8 



vorbringt ; daher von heiderlei die Anzahl firh 
gleich I'eyn null's. Himvoggedacht, was die 
Kiuift der Melodiee verbram), bleiben dem Vicr- 
teltact zwei accentuate tind zwei nachklin- 
sende Glieder, von denen die Erfahrung lohir, 
dais der erfte Accent den Vor/.ug des tiefern 
Eindrucks vor dem zwei ten behauptet, die 
Nachklange ficli aber gleith find. 

Das war lange genug beim Vierteltact ver- 
weilet, mix defto ki'irzer bei den ubrigeu zu 
feyn, von denen ich nun zucrfl die Tactart 
folgen lalfe, welche durch ungerade Theilung 
der in der einfachen ungeraden Tactart ent- 
haltenen Glieder entfpringt. 

Wenn man nanilich im Dritteltact Jedes 
einzelne Glied wieder durch 5 theilet, (i: 5: 
5 =. £) dafs diefe Subdivision als herrfchend 
ins Ohr fiillt, fo bekonunt der Tact neun Zei- 
ten, deren jede ein Neuntel der Einheit ift, 
nnd nach denen getauft er nicht Neunviertel 
oder Neunachtel heifsen inn Is, wie die Lehr- 
biicher berichten , fondern Neunneuntel , oder 
ki'irzer ah, JSteimteUacr. Den Grund davon 
brauche ich nicht zu wiederhohlen : audi er- 
giebt fich aus dem Vorigen, dafs fein Zeichen 
£ feyn konnte, und dafs feine Bewegung nach 
der Figur ccccccc'cc abgemeffen wird. 
Aufser der Tactsnote bekonnaea auch die aus 
der erften Theilung entfpringenden Glieder den 
Verlang erungfpunct. 



bewegung 



Aus der Theilung der Einheit, in der Ober- 

3gung durch zwei, und in der nachften 

Unterbewegung durch drei, welche Zergliede- 
rung fechs gleiche Zeiten hervorbringt, (i: 2: 
S =rr £) entfpringt mit punctirten Einlieits- 
imd Unterabtheilungs- Koteri; ein Sechsteltact, 
den ich zum UnterTchiede von einem and em 
Sechsteltact, 3 nit- einem aus der Vcrbindung 



feiner Beftandtheile entlegener 



hergenomme- 



nen Namen bezeichnen nmfs, nnd Drkkcl- 
holbtaci nenne. Den Nanien vera'ndert, ift 
er vollig nnfer alter Sechsviertel, Sechsachtel 
oder T % Tact, deren Bewegung c' c c c c c ift. 
Mit feiner Vorzeichnung, wie die zu beftim- 
men , bin ich in noch grofserer Vorlegenheit, 
als anir fein Name uiachte: die Figur % ware 



To unbeftinnnt als die Benennung Sechsteltact, 

Wenns nicht fo angeht : — '-"'— weldics frci- 

6 

lich bunt ausfieht, und fur die folgende Tact- 

art diefe Figur ' V *' fo miuTen Sie mir 

doit fowohl mit einer beflem aushelfen, als 
hier bei dem 

Ilalbdritteltact i : 3 : 2 = £ , 

dellen punctate Emheit^note fich inc'cccc'c 
anfloT't. Unfern Theoriften hat diefe Tactart, 
welche fie unter der Rubrik von Dreizweitel 
abhandeln , einige Schwi'irigkeit gemacht. Sie 
haben wohl gefuhlt, dafs hier nicht drei, fon- 
dern fechs Zeiten in der Einheit herrlcliend 
find ; fie warden ihm daher gern ein Zeichen 
und einen Namen gegeben haben, worin die 
Zahl der Tactglieder enthalten ware; allein was 
durch Scc/is zu benennen und zu bezeichnen 
Hand, war fchon in Sechsviertel und Sechs- 
achtel verfchwendet; aus Noth alfo nur nah- 
men fie von der Drei beirles her, Zeichen und 
Namen, erfchwerten aber, indem nun der Un- 
terfchied zwifchen dem einfachen dreigliedri- 
gen und dem zufanmiengefetzten fechsgliedri- 
gen Trippeltact *) verwifcht war, das Verftand- 
nifs von den Gliedern und Tonfiifsen diefer 
Tactart dergeftalt, dafs fie ihre Warnungen vor 
Verwechfeiung einer Tactart mit der andem 
hier zu verdoppeln fich gedmngen fiihlten. 
Es giebt Tonftiicke, in denen die Vorzeich- 
nung durch \ eben fo umichtig ift, als die es 
ware, wo der Komponift ftatt c oder $ ha'tte 
c oder £ hingefchrieben. Sehn Sie einmal das 
erfte Allegro aus F in Baths Sonaten, Frie- 
drich dem zweiten dedicirt, darauf an, ob die 
Bewegung da nicht durchaus fechszeitig ift. 

Aus dem Viertelrnct enffteht i: Q: G: G ==: 
$, der AchLctlact, mit feinem Zeichen \. Er 
koinmt nicht h.'iufig vor, aber doch giebt es 

Stucke, in denen die Figur c'ccccccc 
herrlcliend ift, wo er alfo die eigentliche Tact- 
art des Stacks ift, ob man fie gleich in der 
Vorzeichnung als Viervierteltact angedeutet 
findet. 



Auf andre Weife getheilt t: 2: &: 5 : 
kommt ein Zwoll'teltact (es giebt ihrer anehrej 



H 



*) Die Vorzeicli nung gefchielit imnter nur ihtrch 
Drei 1 \ 4 \ > Dreizweitel, Dreiviertel etc. wenn 
gleich fccliS diftintte Tacticiten lierrfchen. In 



der gcrailen Tactart ift Volliliindigkcii: Zwei- 
zweitel , Viervicrtel. 



11C 



diefer k5rmte Diittvierkel heifsen;) zum Vor- 

fchein, mit der Bewegung, c'cccccc'ccccc, 
in welcher Sie unlern Zwnlfachtel - oder Zwe'ilf- 
fediszohnteltact erkennen werden, deifen Ein- 
ht-iisnote die ruiide oder die weifse ift. 



Ein paar andre Zwolfteltacte find; 



3: 



12 

IT 



imd 



T2 
TS 



llQIOlQ: 

die nm* Tellea gebraucht werden und fihon 
auF der Grunze ftelien, wo das Ohr die Tact- 
zeiten we»en Hirer Menge nicht mehr deut- 
iich unteri'cheidet:, mid der Sanger oder Spie- 
ler fie tleiix iyuipalliifiremlon Taclgefuhl gleich- 



fam in Wiirfen von zwei, drei oder vier No- 
ten zuzahlt. Wo man indeilen lie findet, ill 
|- ftir den erfien, und £ die gebrauchliche Vor- 
zeichnung fur den zweiten. 

Hier haben Sie fchon mehr Tactarten als 
der Spieler des Komponilten halber hent zu 
Tage kenuen mufs;. wollten Sii; inich aber noch 
weiter gehn laJFen, fo zahlte ich Ihnen ferner 
eine Tactart vox von fechszehn Zeiten, drei 
von achtzehn, vier von vier und ZAvanzig ti. 
f. \v. die, je weiter man theilt, defto ua* 
brauchbarer werden. 



2. Aus D. Martin Luthers Tif cine den. *) 

Vou der Mufica. 



tes 



Der fchon Men vnd herrlidiftcn Gaben Got- 
eine ift die Mufica, der i It der Satan fehr 



feindr. , damit man viel aufcchtungeri vnnd 



bole gedanken vertreibel 



der Tenffel erharret den 



jhr nicht. 



Mufica ill der belle kunft eine, die Noton 
machen den Text lebendig, Sie verjagt den 
Geift der Trawrigkeil , v.ie maji am Konige 
Saul fihet. Etliche vom Adel vnd Sdiarhau- 
fen meinen , fie haben meinem gnediyften 
Herrn jarlidi boon Gulden erfpart an der Mu- 
fica, Indes v ert.hu L man vmii'ii/. daffir 00000 
Gulden. Konige, Flirften vnd Herren mi'ifien 
die TVIuflcaiu erhalten, denn grofsen I'otenta- 
ten und Kegcnten gebiirct. vber guten freien 
Kiinften vnd Geiezen zu halten, Vnd da gleich 
einzeln, gemeinc vnd Priuat Leute In ft dazu 
haben, vntl fie lieben, eloeh koiinen lie; ir ij)e 
aiicht erhalten. ".." -p 

H. Georg, der LandgrafF zu Heflen, vnd 
H. Fride. Churf. zu Sachfen , hielten Senger, 
vnd Canterey, Jetzt helt fie der Herlzog zu 
Beyern , Keifer Ferdinandus vnnd Keil'er Karl. 
Daher lifet man in der Bibel , das die from- 
men Konige, Senger vnd Sengerin verordnet, 
gehalten vnd belbldet haben. 

Mufica ift das befte Labfal einem betri'ib- 
ten Menfchen, dadurdi das Hertze wider zu 



fried, erquickt vntl erfrifchc wirdt, Wie der 
beim Vergilio : Tu caJamos injlare Le-ues t ego 
dicer:.- vcrfuYj Singe du die Noten, fo wil ich 



Text fingen. 



Mufica ift eine halbe Disciplin und Zucht- 
meifterin, fo die Leute gelinder vnd fanfFtmu- 
tiger, fitfamer vnd vernixnftiger niachet. 

Die boTen Fidler vnd Geiger dienen dazu, 
das wir fehen vnd heiren, wie ein feine gute 
Kunft die Mufica fey, denn weilfes kann man 
beii'er erkemien, wenn man fchwartzes dage- 
gegen belt. 

Anno xxxviij am xvij Decemb. da Doct. 
Mart. Lnth. die Sanger zu Gafte hatte, vnd 
fchihie liebliche Mute ten \iu\ Stiicke fungen, 
fjiradi er mit verwunderung, Weil vnfer Herr 
Gott in d\h Leben, diss doch ein lauterSchmeifs- 
haus ift, fob he ed-ele Gaben gel'chut vnd vns 
gegeben hat, Was wird in jenem ewigen Le- 
ben gefchehen, das alles wird auifs aller voll- 
konnnenefte vnd luftigfte werden, Hie aber ift 
nur Materia primely der anfang. 

Mnficam hab ich allzcit lieb gehabfc, Wcr 
diefe Kunft lean, der ift enter Ait, zu allem 
gefebickt. Man mufs Mulicain vou not we- 
gen in Sdmlen behalten. Ein Schnlmeifter 
mufs fingen konnen, Sonft felie ich ilm ja nit an, 
Alan fol audi junge Gefdlen zum Predigampt 



*) Wir dun 
burs an 



ken dciu Urn. T Iofratli Jwi* in Horn. 
Holrj r.-dit l'chr fiir diefea iattr-. 



clfa 11 ten Ansr.ng, der gewifs dem cv.fstcn Theil 
uiifivr Lcfur v^illkon1In(;l! I'cyu wird. 



R 2 



D. Tl 



ISO 



nicht verordnen, fie haben fich denn in der 
Schule wol verfucht vnd geiibet. 

Da man etliche feine Mutete des SenfFels 
fang, verwunderte fich D. Mart. Luth. vnd 
lobt fie fehr, vnd fprach: Eine folche Mutete 
vermocht ich nicht zu machen, wenn ich niich 
audi zerreiflen folte, Wie er denn audi wi- 
derumb nit einen Pfalm predigen konte als 
ich, Dri'tmb feind die Gaben des heiligen Gei- 
ftes mancherley, gleich wie audi in einem Lei* 
be luancherley Glider feind. Aber nieinand 
ift zufricden mit feinen gaben, lefstTich nit 
geniigen an clem das jlun Gott gegeben hat, 
alle wollen lie der ganze Leib leyn, nicht 
GliedmaJTe. 

Die Mufica ift eine fchSne herrliche Gabe 
Gottes, vnd nahe der Theologie; Ich wolt 
mich meiner geringen Mufica nicht umb was 
groiTes verzeihen, die Jugent foil man fteta zu 
diefer Kunft gewehnen, denn fie macht feine 
gefchickte Leute. 

Singea. 

Singen i/l die befte Kunft vnd Vbung, Es 
hat nichts zu thun mit der Welt, 111 nicht 
1'iir dem Gericht noch in Hadderfachen , Sen- 
ger feind auch nicht forgfeltig, fondern feind 
frolich vnd fchlagen die forge mit fingen aufa 
vnnd hinweg. 

Davids Mufica. 

D. M. L. fagte einmai zu einem Harpf- 
fenfchieger: Lieber fchlagt mir ein Liedlin her, 
wie es Dauid gefchlagen hat, Ich halt, wenn 
Dauid ietzund aufferftiind von den Todten, fo 
wi'irde er fich fehr verwundern, wie doch die 
Leute fo hoch weren kommen mit der Mu- 
fica , Sie iit nie holier kommen als jetzt. Wenn 
Dauid wird auff der Harpffen gefchlagen ha- 
ben , fo wird's . garigen feyn , . als das Magnifi- 
cat anima mea Dominum, in 8 Tono f denn Da- 
uid hat fchlecht ein Decachordum gehabt. 

Von fPeltlichen und Geiftlichen Gefetigell. 

Vnd fprach ferner darauff : Wie gehts doch 
zu, dafs wir in Carnalihts , fo manch fein 



Poemn, vnd fo manch fchon Carmen haben, 
vnd in fpivitualibus , da haben wir fo faul 
kalt Ding, ct recitabab aliqnas Germanicas 
cantilenas, den Thurnier, von dem vollen. Ich 
halt es fey diefs die vrfache, wie S. Paulus 
fagt : Video aliam Legem repugnantem in mem- 
bris meis, es wil da nit alfo fiieflen, Es gehet 
da nicht fo von ftat als doit, In Ecclefiafticis 
commendabat praecipne illud. Vita in Ligno. 
JEl dicebab tempore Gregorii illud et fimilia 
effe compojltaj ante ejus tempora noil fuiffe, 
Es feind etwa feine Schulmeifter vnnd Pfar- 
herr gewefen, die folche Carmina vnd Poemata 
gemacht, vnd damach auch erhalten haben.' 
Die Schulen haben das meifte bei der Kirchen 
getlian, vnd die Pfarherrn die feyn Ecclefia 
geweft, vnd diefelbigen haben gearbeitet, E3 
hat fich fonft niemand der Jugent angenom- 
Darnach ifts corrumpirt durch die Klo- 



men. 



fter vnd durch die Stiff t, die find erftlich auch 
Schulen geweft, fed cum creverunt opibus t da 
haben fie die Arbeit von fich gefchoben. Die 
liebe Mutter Gottes Maria, hat viel fchonern 
Gefang, vnd mehr gehabt, denn jr Kind Je- 
fus. Einen fchonen Sequentz fmget man im 
Aduent, Mitbibur ad Virgiiiem etc. Er ift 
nicht fo grob, fondern wol geraten. S. Maria 
ift mehr celebrirt worden in der Grammatica, 
Mufica vnd Rhetorica, denn jr Kind Jefus. 



Die Muficam fol man nicht verachten, 

Wer die Muficam verachtet (fprach D. M. 
L.) wie denn alle Schwenner thun, mit de* 
nen bin ich nit zufrieden. Denn die Mufica 
ift eine Gabe vnd Gefchenk Gottes, nit ein 
Mdnfchengefchenk , So vertreibt fie auch den 
Teuffel, vnd macht die Lent frolich, man ver- 
giffet clabei alles zorns, vnkeufchheit, hoffart 
vnd anderer Lafter. lth gebe nach der Theo- 
logia, der Mufica den naheften Locum vnd 
hochfte ehre,* Und man fihet, wie Dauid vnnd 
alle Heiligen jre Gotfelige gedanken in Verfs, 
I\eime, vnd Gefang gebracht haben. 

puia pads tempore regnat Mufica. 



3. Briefe mufikalifchen Inlialts. 

Ziueiber Brief. un ^ ZW eitens als mufikalifthe Verfchonerung 

Eine Vokalmufik kann in gedoppeltcrRuck- eines lyrifchen Gedichts. In einem vortrefli- 

ficht betrachtet werclen, eirunal als Mufik blofs, chen Werk ift beides vereint, fchone Mufik, 



tax 



fchon e Zuftimmung der Mufic zu den Worten; 
und well der vortreflichen VVerke von jeher 
rmr wenige gewefen lind , lafst fich fchon dar- 
aus limthniafsen, dafs es oft an dem einen 
oder dem andern fehlt. SchSnheit der Mufik 
an fich ift indeflen das erfte Erfordernifs. Wo 
die Mufik matt, gedankenleer, alltiiglich ift, da 
mag die Zufti minting derfelben zum Texte 
noch fo harmonifch ieyn, es wird doch nicht$ 
herauskonuuen. Umgekehrt aber kann die 
dichterifch - mufikalifche Vereinigung Fehler 
haben, und das Werk fich demungeachtet 
durch die Schonheit der Mufik erhalten. Die- 
fe Fehler find, wenn ich richtig bemerkt ha- 
be, vornehntlich zweierlei Art, Fehler, die 
ein Genie, dem es am TViJfen mangelt zu be- 
gehen pflegt, und Fehler, mit denen der Wir- 
ier ohne Genie beladen ift. Der Coinponift 
von Genie trift immer den Character feines 
Textes, Hefert getreue Abzeichnungen, er com- 
ponirt den Sinn des Gedichts richtig und fehlt, 
wenn er fehlt in der Declamation einzelner 
ffbrte. Das thaten z. B. Handel, Graun. 
Die Werke diefer Manner werden nie verge- 
hen! Anders macht es der genielofe Kopf; 
feine FalTungs- und Darftollungskraft reicht fo 
■weit nicht, einen ihm vorgezeichneten Cha- 
racter in Mufik zu itbertragen, er kann feiner 
Denkkraft nicht gebieten , ihm zu reichen, 
was er braucht, denn fie befitzt nichts, und 
was ihm nach langem Betteln zugeworfen 
kommt, ift abgenutztes oder fremdes Gut; 
dies fetzt er zufammen, und was daraus wird, 
das mufs er es werden lalTen; er wendet alien 
Fleifs darauf, fchlagt alle Autoren und noch 
jnehrere nach, als Efchftruth citirt, giebt jeder 
Sylbe ihre logifch genaue La'nge oder Kiirze; 
kurz, er cbmponirt die f forte feines Textes 
richtig i nur den Sinn nicht, als etwa-" durch 
einen Zufall. Solcher Leute Nahmen ift kein 
Gedachtnifs, wenn fie auch, wie z. B. Herr 
Efchftruth thut, noch fo fehr proteftiren, nicht 
zu dem Trofs der kreuzfahrenden Tonritter 
gezahlt zu werden. 

Nun zu unferm Oratorium zuruck und 
tmterfucht, wie die Mufik an fich, und wie 
die Vereinigung derfelben mit der Poefie be- 
fchafFen fey. Vorher indeifen follte ich Sie 
das Gedicht kennen lehren, aber ich habe, die 
Wahrheit zu fagen, keine fonderliche Luft da- 
zu; und ob ich gleich, tun leicht davon zu 
kommen, den Text nur abzufchreiben brattch- 
te, fo thue ich auth das nicht, theils weil ich 
ihn beqnetncr und fi'iv mich zeitfparender im 
Verfolg eirizuflecJiten hoffe, theils weil er lb 



hingeftellt, eine gar armfelige Figur machen 
witrde. Sie fehen, wie fthonend ich bin; untl 
ich bin es Ihrentwegen, weil Sie nie Gnade 
vor Recht ergehen lalfen. Was Sie an der Poe- 
fie der Mufik wegen kennen zu lernen brau- 
chen, das follen Sie aber auch alles bekom- 
men; nur nicht mehr als das. Ich fiihle es 
als eine Art Pflicht, den Text in Ruckficht auf 
poetifchen Werth unberiihrt zu lalfen, ob ich 
gleich den Grund davon nicht in diefem Au- 
genblick anzugeben vermag. Dennoch mochte 
ich gem wilfen, wie er zu der Ehre, compo- 
nirt zu werden, gelangt ift, ob durch Ann 
Componiften felbft, oder durch Vermittelung 
einer hOhern Hand? Denn wenn Herr W. eine 
vortrefFliche Poefie gewahlt ha'tte, fo witrde 
ich ihm folches zu grofsem Lobe gerechnet ha- 
ben , und aufs Gerathewohl will ich ihm nicht 
abfprechen, dafs er, um eine Poefie zu wah- 
len, Poefieen zu beurtheilen verftehe. 

Wie die Mufik nun mir vorkomme? wel- 
chen Rang fie mir zu behaupten fcheine? — 
Ich mufs geftehen, vortreflich, Geniewerk ift 
fie nicht ; ware fie das, fo wiirde ich nicht jetzt 
erft von ihr zu reden beginnen. Bei Ihnen 
heifst es: aub Caefar axtt nihil', und weil Sie 
an dem Caefarem ejje verzweifeln, fo wollen 
Sie ein nihil bleiben. Allein darin find Sie zu 
ftrenge, wenn es nicht gar Eigenfinn ift, was 
Sie leitet. Mit lhnen felbft mogen Sie indefs 
verfahren wie Sie wollen, mich nur werden 
Sie nie zu der Siinde verfuhren, alle MitteL- 
klaffen vora Caefar bis zum nihil herunter 
zu verwerfen, in denen man fo viele wackere 
Manner antrift, die zum Genufs des menfch- 
lichen Lebens beigetragen haben. Es fteht fo 
mancher defidiofus am Markte der Wilfenfchaft 
und Kunft, dem man, wenn er quid melius 
agam fra'gt, nicht antworten mufs: quiescas. 
Diefe Mufik hat gewifs fchon viel Vergniigen 
gewahrt, fie hat einem angefehenen Publikum 
ge fallen, und ficherlich Mannern unter dem- 
lelben, deren Urtlieil nicht gleichgultig ift. Es 
ift wahr, mehr als ein- oder zweimal witrde 
ich nicht hingehen, fie zu horen, aber ich bin 
iiberzeugt, dafs andre, vielleicht beflere als 
ich, zehmnal hingehen und immer neues Ver- 
gniigen hohlen. Zwar kennt man Kunftrich- 
ter, die ihre Foderungen beftandig nach dem 
Maafsftabe des abfolute Vollkommenen abmef- 
fen, und die Kritik felbft fcheint diefes zum 
Grundfatz anzugeben; allein, ich halte es doch 
fur riclitiger, wenigftens fiir nutzlicher, aua 
dem Guten und Vomiglichen eines Werks zu 
abftrahiren, was der Verfafler zu leillen vet- 

R 3 



122 



mag, unci nicht mehr von ihm zu fodern, nls 
man fieht, wie weit feine Kratte reichen. 

Unfer Componift gehdrt nicht zu den gro- 
fsen Kupfen , aber auch koineswegs zu den ail - 
ta'glkhcn. Grofse, Schwung, Erhabenheit der 
Gedanken, Neuheit und Originalita't kann man 
ihm nicht zufchreiben, aber fein Werk ill nkhts 
weniger als Compilation; der VerfaJfer hat felbit- 
gedacht und erfunden, er bat eine Art eigner 
Manier, fidi mufikalifch auszudriuk on, er ver- 
fteht eiiuun Satze Form unci eine gewiffe JAun- 
tlung zu geben , welche errathen lafst , dafs er 
clahotm viele Zeit mit Voriibungen zugebracht 
hat. Die meiften Spuren des Erfmdens und des 
Feilens zeigen die Themata feiner Stiicke, ila- 
hingegen die Ausfiihrung oft trocken ill. So- 
viet der Auszug auf die Parritur fchliefsen lafst, 
mogen die Stimmen unter iich und fiir die In- 
ftrumente gut vertheilt feyn; uuchl'cheints, dafs 
die Begleitung den Gefang nirgends verdunkelt. 
Das Werk bleibt fich von Anfang bis zum Ende 
im Styl gleich^ der Verfalfer hat feineu feften 
Gang, an dem man allenthalben ihn kejint, e* 
mag fchnelle oder langfame Schritte thun. Sei- 
ne Melodieen find gefangvoll; wo der Dichter, 
aber leider nur felten, ihm einen beftimmten 
Character aufgegeben hat, find fie ziemlicher- 
maafsen ein richtiger und fchoner Abdruck defj 



felben. In den Alien und Choren ifi: die !oa;i- 
fche Dvtlaniation aufserordentlich genau b.job. 
nthtet, wicwohl doch t-inige Y'erfiuise t'agegen. 
angetrolFen werden. In den Hedlativ.-n ifi die 
logifchc Declamation weniper duivugaugig ridi- 
ng, auch iit die leidenh haUlkhe cia nodi ofle- 
rer verfehlt, als in den Aden und Choren, wo. 
man im Ausdrnck der Empfindur.geii die Starke 
und Mannigfaltigkeit vermifst, wodmdi \o)i 
Anfang bis zu Ende fines Sliicks auf die Shine 
des Zuhnrers diejenigen angcnelimen Eindriicke 
hervorgebracht werden, wekhe, vveil ihre be- 
Ir.'indige Erneuerung keinern Geiianken, bis zur 
Klarheit der Voritellung zu reifen , Zeit lafst, 
dermaafsen entziicken , dafs man ikh in einCJU 
Zauberkreife zu befmden glaubt. 

Da haben Sie nun meine Meinung iiber- 
haupt von dem Hewn Weinlig und feinem Ora- 
torimn, die jch mit dem Wunfch befchliefse, 
dafs er, aber ehrgeitziger in der Wahl feiner 
Teste, zu arbeiten unci feine Compofitionen be- 
Jtannt zu machen fortfahre, Vermnthungen 
fiihren leicht irre, built w;'ir ich najio dabei, zu 
veifichern, dafs fein nullifies Werk auch bei 
Keimem die vorlheilhafie Autnahme verdieuen 
wird, auf welche das gegenwiirlige bei den Lieb- 
habem Anfpruch luacheu darf. *) 



A. Paris. 

Theatre de la rue Fey tie au. 



Montag den £A.. gab man // confictato 11 
Fietro, oder lefeftin de Fierre, eine ital. Oper. 
Am Ende diefes Stiicks ift ein brillantes Spec- 
takel : es war aber leicht vorherzufehen , dafs 
diefe Art Schaufpiele zu unfrer Zeit nicht mehr 
das Gli'ick machen wi'irde, das es in vorigen 
Zeiten gemadit hatte. Es find fchcine Stcllen 
in der Mufik *"), fie hat unterdeJfen nicht den- 
felben EnthuiJasmus erregt, den die Werke 



eines Paifiello und anderer grofseV Meifler Ira- 
liens ***) hervorbringen. Verfchiedene Stiicke 
find applaud! 11. worden, unter andemliefs man 
eine Arie von Mengazzi wiederhohfen. : 

A Ion tag den 1. gab man die crfie VoiTtel- 
Inng von d'-ax X/ cade ///a , oder lejr Francois 
dans' la pluiicte dc Ju]>itcr % eine Polle vou 
(Joujiil Jarjucs. 



*) Der fdir einfichts - tind gcfchmnckvolle Bear- 
ilicilcf f.dut nun fort diefes Oiiiiorium Satz vor 
S.uz een.\u und gvfliullidi zu zcrgliedern uiul 
mit tier Jiellcn Fatkel tier Crilik zu boleuclitcn. 
Die Eimidiiuiig dicfer Bliltter erlaubt es aber 
wenigAftis fftr nzt noch nicht, folclie ausfidn- 
liclie Abliandlmigeii aut'zunehnien. Die Forife- 
tzung bleibt Salter noch in itnferm Archiv, tloeh 
fiml wtv beicit, Jic dem Compoiiii'ten i'elbft ziun 
Dnrdifehcn niitzutheilcn. 

JD. //. 



**) ].\t Jo ; 1 r; 1 11 lift fagt niclit von wem fm fey; 
inJi-lli:ii wollen wir hoifen, dafs cs nicht Mo- 
7.41-is Doin Juan war, woiin einzdne Alien inehi' 
inncin Worth Jiabeu, als gauze Opera ron Pai- 
fiello. 

***) In weldiem Winkcl Jt.iliens die leben m(j- 
gcii, ill Ucberfotaeru dkies Anikels vollig uu- 
bckiiiin. 



ia5 



Nach gcrade war' es wohl Zeit, 'dafs die 
Theater der Uanptftadt aufhurten, ims Sti'icke 
gegemvuvtigcr Zcituinftiincle zu geben! Zeit 
war 1 es wold, dafs man cliefe gefahrliche Gat- 
tung von dor Buhne verbannte, die die Zn- 
fchauer, die da nur hingehen, um fich zu un- 
terhalten, dcm lurch i.erlichen Partheigeift, dem 
Stimmenfanuulen der Oabale, clem Defpotis- 
mus der Meinnng Preifs geben, unci fie in 
Zankereien unci alio moglichen Unannehm- 
lichkeiten verwickeln. Die ehrlichften wohl- 
clenkendilen Schriftftcllcr kunncn fich in Ab- 
ficht des Zwecks folcher Sti'icke irren; unci wie 
kraukend mufs es ilmen fcyn, -\venn he die 
Unannehmlichkeiten , denen he das Publ. aus- 
fetzen, mid den Schaden, den he dadurch ei- 
nem Theater thun kunnen, bcrechnen! . . . 
Man erwartete nicht, dafs nach dem Stiick: 
le Club des Bonnes -gens, worm die fanfteften 
unci reinften Grundfaue, ohne Laune unci ohne 
Leidenfchaft vorgetragen warden, dafs in les 
deux Nicodcmes nicht diefer Geift der Einig- 
keit, der das Gli'ick des Cure Picard mac-lite, 
und der i'm Ganzen Allen gefallt, fondern.der 
Geift der Mafsigung, der falfdifte und gefahr- 
lichfte, den man unter die Leute hringen 
konnte, herrfchen follte. Jeder Par they wech- 
felsweire Recht zu geben, bald cliefen, bald 
jenen die WafFen in ilie ilande zu geben, mil 
lich damit wechfelsweife zu Ichaden, heifst das 
nicht fie Preifs geben, heifst das nicht die 
Starkern gegen die Schwachern zu hetzen, unci 
die Wnth diefer Letztern verdoppeln, indeiu 
man ihre Rache reitzet? . . . Dies ill unge- 
fahr die Wirkung, die dies Stuck hervorge- 
"bracht hat. das unter fo Lurchterlichein Lerin 
gegeben ward, dafs die Polizey die Kraft des 
Gefetzes amvendbar machen mufste, uni ihn 
zu ftillen. Die Fahel des Stiicks ift folgencle ; 



Die Fran , die Mutter und der Bruder des 
Nicodcme wift'en, dafs diefer Letzte nach dem 
Moncl gereifet ift, fie equipiren daher einen 
Ballon ," und reifen in Gofellfchaft eines Aftro- 
nomeu ebenfalls clihin. Sie Linden von unge- 
fiihr ini Planeten des Jupiters, wo (\e einen 
geliehten Kaifer, eine weife Onftitntiori, und 
eine gliickliche Nation vorlinden. Unterdeiren 
erfcheint Nicodcme felblt in eigner Peilon, 
indem er mit dem Bifchof diefes Planeten, 
der ihm nach Frankreich folgen wolltc, voni 
Monde znriickkommt. Der Kaifer erzeigt den 
Freinden fo viele Ehre, dafs die FanhT.e des 
Nicodcme Lull bckOmmt am Hole des Nico- 
dcme zu bleiben, indelfen dafs Letzterer zur 
Enle'zuriick will. Die Urfachen zu Einem oder 
dem Andem werden ahgewogen. 1ft man 
gliicklich in Frankreich? oder ift man es nicht? 
Nicodcme preifet die Conftitution an; feine 
Mutter, feine Fran und fcin Bruder laflen lich 
iiber die Unthatigkeit aus, mit welcher die Ge- 
fetze ausgefiihrt werden; daher entftehn die 
Anwendungen fur alle Partheyen, Endlich ge- 
lingt es Nicodcme feine Familie dahinzubrin- 
gen, dafs lie ihm folge, unci das Stuck en- 
digt mit Couplets, wovon der hier aiigefulnte 
befonders wiederhohlt werden mufste. Ea 
fchien, als habe der Autor geahndet, welchen 
Einclruck fein Stiick machen mufste. 

Air: des dctbes. 

L'auteur, confus tie vos bontes 

Voit bien des efprits mites : 

C'eft ce qui le defole . . . (bis.) 

II a pu domuT dans lYrreur; 

Mais ton excufe ell dans fon coeur ! . . , 

Celt ce cpii le confide. (bis.) 



5. Sclireiben aus Coppenliagen. 



Madame Zink, die bei vorfallenden Gele- 
genheiten mit ihrem fchonen Talent menials 
cigenniitzig geitzet, fang vor einiger Zeit eine 
Arie von Jojeph Haydn und eine Scene von 
Naumann : Vadafi del mio bene in difefa in 
aiba mit dem bckannten Rondo : Si Nintendo, 
ombra dilebca. Sie fang das Recitativ ganz 
vortreflich, mit Leidenfchaft unci reiner arti- 
cnlirt, wie lie es Ion ft pflegt, vom Orchefter, 
welches fehr genau ehifiel, wirkfam unteriliitzt. 
Eben fo trug fie mit vielem Beifall das Rondo 
vor, welches, wie das italianifche Cantabile 
uberhaupt, von der Art ile, dafs cs mehr clinch 



einen ftudirten methodifchen Vortrag und durcb 
eine fchono Ordnung in dem Acconipagne- 
ment, als durch Neuheit der, Erfindnng/an- 
genelnne Eindriicke verurfacht, mehr durcli 
den lebendigen Gefang des Vortrags entzi'ickt, 
als durch den todten Buchftaben feiner Melo- 
diereihen die Mitbevvunderung des Kiinftlcrs 
erregt. Solche Stiicke lind furs Concert ilie 
fchjcklichflen, fie gefallen inuuer belfer ah ]e- 
des andere dem Verfaffer fchatzbareres Sihik. 
Man braucht den Text gar nicht zu verftehen, 
die Situation fey, welche fie wolle, mit ein 
paar Tacten ift man fchon hinein unci iiber. 



12+ 



lafst man feinc Empfindungen ganz dem un- 
wiclerftehlichen Zaubcr des Gelanges. So war 
es audi hier, unci ich geflehe, dafs das Rondo 
vielleicht melu" Wirkuisg that, aid Haydns vor- 
U'efliche Arie: Or vidua a to mio cave, von 
der ich, weil ich fie a us tier Fartitur *) fehr 
genau kenne, die grofste Erwartung hegte. 
Ha'tte ich aber nur daran gedacht, dais fie au- 
fserft theatralifch ift, und ohne Kenutnifs der 
Zuhorer von dem Text und der Situation im 
Concert nothwendig verlieren muf>, fo wiirde 
ich nicht melir erwartet haben, als herauskam. 
Sie gefiel indeU'en fehr und wurde mit aller 
Genauigkeit des Orehefters herausgebracht, nur 
dafs die Bafte, ,veil fie mit deiu Ganzen nicht 
hinlanglich einverftandigt waren, an einigea 
Stellen die antlern uberftimniten. 

Diefe Arie fcheint aus einer Oper zu feyn. 
Jch. ftslle mir die Situation fo vor: Ein jun- 
ges Madchen, Rezia heifst fie hier, durch 
Schickfal von den Ihrigen entfernt, ift wider 
Willen fur den Harem eines Sultans beftimrnt, 
hat aber in ihrem, vielleicht chriftlichen Va- 
terlande, einen Jangling zuriickgelail'en , dun 
fie liebt und deni iie treu zu bleiben wi'mfcht. 
$ie firmt daher auf Mittel zu entrinnen, und 
es gelingt ihr, noch ehe fie mit ihrer Freiheit 
alles verliert und indem der Mufelmann ab- 
w\fend ift. So mm, fich in Sicherheit wif- 
fendv, fingt Tie beim Abfchied, in uberftrdmen- 
der fliichtiger Freude ties Herzens, folgende 
VVorte : 

Or vicina a te, inio cuore 
gia mi. par pin dolce a more 

gia efler parmi in liberta. 
Smani il Tuico al fuo ritornol 
e mi ctrchi atiorno attorno! 

flezia piii non trovcra. 

' Bald bei dir, niein Gcliebtcr , 

tout ITifser mir d$iner Liebe Stimme, 
jfiiJile ich. wieder, dafs ich frei bin. 



Ev wute, der Turk, vrenn lieimkehrend 
audi mir er fuclu Iiierlicriun , donherum; 
Rezia wird er nie wieder /inden. 

Wo Haydn audi nur errcheint, in Inftru- 
mental- oder Vocalmufik, im Ernfthaften otler 
ini Laimichten, da ift er allenthalben der un- 
erfchopllh he Erlinder und gelreue Character- 
mahler. Zu der zweiteii Zeile gia mi j>ar jriu 
dolce atnort'y welch ein fcines zartes Gewebe 
von lieblichen NachrigallentiJnen das ift! als 
wenn die Liebe felbft, in welter Feme einem 
fanften Madchen Erinnerung winkend , Zau- 
ber Uspelte. In dem erften Theil der Arie be- 
fchaftigt die Singende fich allein mit ihrem 
Geliebten, in dem zweiten uberl.ilst fie licli 
zunachft der Freude, dafs Pie den Mufelmann 
fo angefuhrt liat, und dies driickt. die Mufik 
ganz unvergleichlich aus, Mit dem Schlufs der 
drltten Zeile denke ich mir die Rezia in dem 
Gefange der folgenden Zeilen , wie fie zu der 
Begleitung, wo uber die zwifchen den Vioii- 
hen vertheilten braufenden Sechszehntel im- 
mer einige, jene gleichfam fchwichtigende Vier- 
tel wegfteigen, — wie lie da die i'.uiiojuiuie 
macht, ,,dafs der Mufelniaim fich nur nicht 
„zti fehr angireifen nioge, alles Schelten und 
„Toben helfe doch nichts, fie rathe ihm mit- 
„leidig, feinen Verluft in Hi Her Gelaffenheit 
„zu verfchmerzen , und allenfalls kcinftighin 
„wachfamer tax feyn." In der Rulude auf tro- 
ver a daueit the Neckerey fort: in der langen 
Cadenz ziim Anfange leichtiinniger Jubel, dann 
auf einem Ton ' fellhaltend und immer neue 
Axisfalle von Spotteley; bis die Ejnpfinthmg, 
von dean veradueten Gegenftande und dem 
nicht mehr drohenden Uebel wcg, wiederum 
bin auf den Geliebten und auf das Gliick der 
Freiheit fich wendend, ernfthaft zu werden 
fcheint. So fchliefst es hier i>> tier Dominan- 
te; aber die Freigewordene kann es noch nicht 
vergelfen, wie liltig fie den Wnlliiilling ange- 
fuhrt hat. Gieicli wietler ruft fie pathetifch 
aus ; Rezia — und ein wenig hier inne hal- 

tend 



*) Sie erfclnen vor vier oder fiinf Jahreii, in Kn- 
pfer eeftodien, unter dem Titel: Aria, Or vU 
cino « te mio cuore, dal Sigr, Giufeppe Haydn. 
In Vienna prejfo Artaria Comp. Prezzo F- x. 

Es find verfchiedeiie Stichfehler darin, oh- 
ne die vorlier zu verbeflern man fie zum Ab- 
tclirciben nicht Idngeben kann. So z. E. gleich 

ini Anfan»e Tact 5 fteht im Bafle c, welches 
eine sanze Note 4} und T. 6 ftclu g, yreldw* 



ciu Viertel c feyn folltc, und das iilbrige Pan- 
fen. Seite 11. T. :5. Viol. pr. das dritte Vi«riel 

a, foil h feyn. S. £1, T. 7 ftatt h d\ in der 

Singftimme, a r. S. 23. T. 7. Viol. fee. fiatt. 

des Viertel f~, oin ViertelTT S. 20. T. 3. Viol. 

pi. foil die fcchli-.! Note / wohl ein Achiel h feyn. 



125 



tend liifsf fie, neben der trippelnd fchleichen- 
dcn 'Bogleituns: der erflen Violine, uiit nach- 
lufsigef Stininu.', voll diuchblinkcnder Schalk- 
lieit, die iibrigcn Worte nachkommen: pin 
lion trover it. Driler Salz wild wiederhohlt, 
und mit der let/ten Sylbe des troverii fi'igt 
der Componift nocli eine in der Singftimme 
weit anshohlende Cadenz hinzu, wo uiit die 
Aric vcillig. in dor Dominante fchliefst. 

So lebemlig bis dahln, fo und nocli genie- 
vollcj lit in dem Folgenden die Characterzeich- 
nung. Die gcgen cinauder nunctiitcn Sechs- 
zehritel und^Viertel, vvie fie vorher gewefen, 
beybehaltend, modulirt der Componift fofort 
nach d molL Auf dem Grundaccorde der Do- 
minante a la'fst cr die SinglHmme eintreten: 
Smani il Turro al fuo ri/onto; bci der fol- 
genden Zeile: c mi ' ccrchi attonio altoruo, iXt 
cr mittelft der Veih-tzuiig wieder in c dur ge- 
kominen; und mm wci'IV man gar uiclit, wo 
er wohl weiter bin wolle. Der liegendt* Drey- 
klang von c fddagt mit dem Eintritt der letz- 
ren Zeile wieder an, wozu die Singende eben 
lb wie vorber: lic-Ja — p.uhetifth ausruft mid 
dann. wieder, diesmal einen ganzen 'Fact, Icbalk- 
baft inne halt, hide IV die JBegleitung zu dem 
nocli aushaltenden Drdklange die kleine Sep- 
time zu haben fdieiut. Nocli lauter Ungewifs- 
heit; plotzlich aber, inclem nun die VVorte 
jiiii nou trovcra nacliEchtdilt werden, entfehei- 
det es ficb, durtb cine enharmonifche Ver- 
Avechfelung, da die Soph' me b als iibermafsige 
Sexte at'j ■'"" behandell wird, kommt das Ohr 
liin, ab war es nach h dur , mid da fchliefst 
diefer Tbeil der Arie. 

Jeder fiililt , wie chaivcrcriftifch die Wen- 
dung iit, und wie febr lie 'luit der Herzens- 
1'prache an differ Slello barnionirt. Teh kenne 
jiicht viele Genicziige a on fnleher Starke und 
Ueberrafchung. Zugleidi bewahit fich aus die- 
i'em Gange, welch erfiaimlidic Wirkungen in 
tier blolVen Harmonic verborgen liegen. Der 



ganze Abfcbnitt bis hieher lit vortreflicli , und. 
wie auffallend viel tr.'igt diefe einzige uner- 
wartete Modulation am Schlufse delfelben zu 
der Vortreflicbkeit bey! So zu ntoduliren mag 
zwar mancher fi'ir kein Kunilftuck balten, und 
in abftracto hat er It edit; dergleichen Wen- 
dungen kann man iich bekamif. machen, und 
welcber Anfanger lerut nicht eine Menge Ue- 
bergange aus einer Tonart in die andre, mit 
leichter Miihe auswendig zu be.halten ; aber 
wie weit von todter Kenntnifs der Mittel iit 
Jebendige Anwendung derfelben verfdiieden? 
UuUiigHrii in fich zu fi'ihlen, dies oder jenes 
iey an dem Ort gerade das einzige wahre und 
fchone, — das gebort zur Darftelhingskunft. *) 
Hat der Compouift davon kein richtiges und 
andre iiberzeugcndes Gefiibl, fo werden feine 
no ch io belVeimlend auffalJendcii Moduktio- 
nen, wo er hoflte, dafs he angenehiii iiberra- 
feben wiuclen, viel mehr das Gefuhi <iinporen. 

Nach dem Abfatz in // bebt nun die Sing- 
rtimme wieder mit dem fiifsen Them a in c 
dur an, und die gauze Arie wird gewillerma- 
i'sen wiederhohlt. Das iit aber eiue Wieder- 
hohlung wie nur felten WiederhoWungen ge- 
artet hud ; bier find zum Theil lauter neue 
Siitze, nur dafs <lie vorigen den Stoff dazu ge- 
reicht haben. Man mtiTs Haydn .audi darii* 
bewundern, wie gefchickt er iiberall in feinen 
Coinpoiitionen einen Satz oder Gedanken zu 
verandern und zu erweitern, neue -Gedanken 
daraus zu Ziehen verfteht. Hier zeigt er das 
vorziiglich, gleich uach dem erften Abfatz, in 
dem Ichonen Kettengewebe zu <ler vierten uud 
fi'inften Zeile; in <ler Conceutrirung der Sa'tze, 
zu eben den Zeilen, n-eiterbin nach der Colo- 
ralur auf troverii; und in der Declamation 
ties Re-Ja, die zum zweitenmal eine Terz ho. 
her fteht. 

Wenn diefe Arie aus einer Oper ift, wie 
der Anfchein zu deullich vernitli, fo hat Haydn 
hikhft wahrftheiulich die Oper ganz coiuno- 



*) Wir Jiabon Coniponi/icii, (lit ich Haydn eben 
Jiiclit u.ii Jifctzttii iiK'dih, ,il)( r das iniils icli (la- 
bel "e/iclicn , koim-r iii.-i-i'tril't iliii in (It Fei'tig;- 
Jccil 7 das ri( liiii J'.iiijI'iiikIciiu rcitznhalK-n , unci 
Toiii'uilicn J.r/.n yu '-rfiinli.il, die in dtv Soc-lc 

Si.'iM.'u ininu-r c!.;i i .i;.!i.iiif Jiild wittier r.ur 
nfe Jiii id i<-lifei il i-ili_i.i, von Avi-hlicin in? in- 
fpriinclii-h < in A''i'ii.l ii'id. Di-.fc Ft rtit-ktit, 
in dc'n Jiotli/i'ii (ji'.sti' ;i lull «i;Aacltt , i/i "vicl- 
h'iclu das, v. .is dur l J I;ilofop)i, wenn iii.ui ilin 
i'r.igte, wie iiv mil tiuciu Aiulcni Nanica Jn.'ifse, 



fi-cntlicli mnfic.ilifclios Cenic nennen Wiirde. 
AAiil m.wi ficJx diu hiidiften Grade dcnkcti niiifs, 
man alio voransfcizi, .dafs das Gcfuhl der Man- 
ner von ("oh her Fertiaktit iiufsciTt ,fein ift, io 
fol^i, dais die ielirhiMisn-neln den waJiren Ge- 
nies vied zn jin.L-l.alitii. ./iiid , tmd dafi ioldw 
Kiin/tltr in illan CoinpoJiiiniu-ii bt/i.uidi» i-ri- 
cin:d bidden, w-.il iie ger.ule jjnnier die fein- 
lien UuKij'diitde in ilm-ii HiMern der F.uii.ifip 
niiUndun, iiuvlen, und ii.itJiasubililen rcrtiakcit 
Jiabcii. 



ifiG 

jiirt, unci wiirde ich, war ich ihm nur naher, Situation fo reitzcnd feyn, als diefe Arie; nilt 

nicht aufhdren, ilm mit Bitten zu beftiirmen, Riickficht clarauf tragt aber gewifs jeder ein- 

bis er fie in Partitur drucken liefse. Wohl zelne Satz den unverkennbarcn Stempel Haydn- 

nicht jedes Stuck derfelben kann, olme Ruck- fcher Originalitat. 

ficht auf Individualist des Characters und der G, 



6. Gedanken uber den Urfprmig und dea Gebrauch des Septime- 

quart - fecundaccords. 

An den Veifaffer der kritifclieii Briefe an einen jungen Tonferzci-. 

Sie haben in den erften Band: der limfi. Accorde durch Umkehrungen einzelner, und 
kalifchen Realzeitung, 1788 N^tf.' <2 und 6, ein durch Ineinanderfchiebeii inehreicr Accorde iich 
paar Briefe iiber den Septiinc/- cpiart - fecund- ableiten laflen, und die daher als wefentliche, 

urfpriingliche , oder als Grundaccorde angefe- 
lien und fo benannt werden konnen. Man 
niiifte das Gefetz der Sparhunkeit beftreiten, 
wenn man diefer Art, den Urfprung, die Ver- 
wandtfchaft und die Verhaltnifl'e der Accorde zu 
entvvickeln, eine andre Yorzoge, die auf der 
einen Seite durch lange unci unfichere Umwe- 
ge nicht weiter als auch nur eben dahin fiih- 
ret, auf der andern aber zu keiner einzigen 
Bemerkung Anlafs giebt, die man bei jener 
Entwickelungsart nicht eben fo leicht liiuchen 
konnte. 



accord eimucken lailen, welche in dem jun 
gen Tonfetzer, an den. he rxjfpriinglich ge- 
lchrieben waren, keinen lehrbegierigern IVIu- 
nkfreund konnen gefunden haben, als in mir, 
der ich es wage, mit einigen Zweifeln gegen 
Ihre Satze hervorzxitreten. Ich wende mich 
gerade an Sie, weil ich, was Sie von fich fag en, 
dafs Beforderung mu/ikalifcher Aufklarung Ihr 
Zweck fey, aufrichtig glaube, und wciTEm- 
wendungen, fo ungegriindet lie auch miithten 
befunden werden, inimer denjenigen zunachft 
interelfiren , gegen deifen Behauptungen fie ge- 
richtet find. A] em Zweck ift mit dem Ihrigen 
derfelbe, es wird mir alfo gleichviel feyn, wo 
die Wahrheit liege, ob ich weit vom Ziel oder 
nahe dabei fei ; Behauptung und Ueberzexigung 
iffc bei mir Eins, unci der letztern fehlt es we- 
nigftens nicht an gutem Willen; Widerlegung 
der nachftehenden Gedanken ift mir daher im- 



Das Gehor lebrfc, dafs aufscr dem Acrorde 
des Grimdtons, alle iibrigen Accorde der in 
und anfser der Scala deil'ulben enthallcnen 
Tuna iiiuner etwas crwarl.cn iailcn, bis man 
in den Dreiklang des Grundtons zuri'ickkuiunit.. 
Ich gehe z. E. von C dnr aus, fo mag ich 



jner lieb, wenn he mir zeigt, dafs ich gcirret Accorde nehmen, Schlull'e anbringen, welche 

ich will, das Ohr befindet fkh dabei imiiicr in 
einem Zuftand abwechfelnder Erwarfungen, bis 
ich in C zuriickkcbre und da fchliefse. Demi 
cigentlich find gegen dfTi Dreiklang des Tons, 
aus welchem ein Si. tick gelit, alle Accorde als 
DiUouan/cn anzuU-hen. Der Sprachgebranch 
mac lit aber die fen L'nterfchied nicht, lYmdem 



habe. 

Alle denkbaren Accorde, Verdoppclungen 
nicht mit einbegriffen , konnen, wie die Setz- 
kunft lelirt, in dem Ranui zwifchen demGrund- 
ton xxnd der None dell'elben, angcfchlngcn wer- 
den. Die Natur giebt hier alio 'clem Syftenfa- 
tiker fchon einen Wink, mit der Eniwickelung 
der Tonverha'ltiiilfe nicht iiber den Umfang 
von neun Tonen hinauszugehen. Die Deci- 
men , [Undecinten u. f. w. ciiirften daher als 
von der Terz, Quarte xx. f. w. verfchiedene 
Intcrvalle, aus dem Syftem bleiben , und bio fa 
als Benemmngen dazxx dienen , in der Terz, 
Quarte u. f. w. eine befondere Eigcnfchaft zu 
bezeichnen. In diefem Ranm einer None trift 
man, was die lange Unterfucliung von Jahr- 
hunderten aus der grofsen IMenge practifcher 
Tonarbeiten abftrahirt hat, zwei Accorde an, 
den Dreiklang nnd den Septimenaccord , von 
dencn alle iibrigen iii der Praxis vorhandsnew 



verfteht unter l)ill'nn;o:z nur die engern Ver 
haltnilfe einzelner Accorde zu einander. Auf 
jenes DillWniren aller Accorde gegen i\en Gruncl- 
ton beruht aber, beilaxifig gefagt, die Regel, 
dafs ein mufikalilches Stiick aus einem gewif- 
fen Ton gehe , in dem es anfange unci endige. 

Jedes Ton/li'ick la 1st femer bemerken, dafs 
die einzelnen Tone tines Accords, fo lange 
das Intervall einer Secunde, oder der durch 
die Umkehrung der Secunde entfpringenden 
Septime nicht clarin vorkojnnit, iiber und un- 
ter hch fortfehreiten diirfen. Diefe Fortfchrei. 
tungen von Tonen, welche der Sprachgebrauch 



tS7 



cigemlich Confonanzen nennr, find alfo v.-lll- 
Uulnlith, obwohl nicht in oleirhem Maal'sc ; 
denn bei eir.igcn verfpi'ut 111:111 doch cine ftar- 
kere oder fchwa'ihere Te» -ik-iiz des einen Tonn 
zuiu amlem Inn. Merklicher dark, als irgcnd- 
wo ill aber diefes liiul'trcbon nach einem gewif- 
fenTonda, wo in einem Accorde das Intervall 
einer Se. untie gthort wild. Mier mufs der Ton, 
7.11 welt hem der andre Ton die Secmule ift, je- 
.iiem gldchfam ausweichen iind in den nachften 
Ton unter iith gchen. Djher die Kegel, dafs 
die Sep dine, lie ley grofs tuterklein, wenii fie 
im Dreik lange die S telle dor Octave veniitt, be- 
ftandig herunter liiufs. Daher audi die Einthei- 
hmg in Confonanzen und Dill'onanzen, und die 
Unterabtbeilung der erftern in vollkommene und 
nnvollkominene, je nachdem fie das Ohr mehr 
Oder weniger in Erwartung fetzen; daher end- 
lich audi, we'll Viele Iich nicht darin haben fin- 
den ktinnen, dafs zwifchen Con- und Dillonanz 
Mittelklange liegen, die von beidem etwas ha- 
ben und nur durch tlie Behandlung das Eine 
oder das Andre wenlen, der lange Sireit iiber 
die Quarte und iiber die Quinte des vernunder- 
ten Dreiklangs u. f. \v. 

Was bisher von Act ordenreihen in Abflcht 
des Confonirens nml Dilluiiirens voiausgefuhickt 
worclen, betraf nur die ungeiui fell ten oder lim- 
peln Accordenfolgen, worunter ich fnlche ver- 
ftehe, in denen kein Ton anticipirt oder re tar- 
dirt wird. Sie befbeben aus ileni Drciklang und 
dem wefentlichen Septimenacoorde, mit deren 
Uinkebrungen. Alle iibrigen Accorde, fo viel 
die Mnfik ihrer hat, eiillpringeii aus cIqjc Ver- 
wehung melnerer Accorde in einander; jene 
Jind urfpriinglich und gleithfam felbflftandig; 
diefe fintl abgeleitet und haben ihr Da feyn von 
andern her. Was diefe beiden Gattungen am 
Ticlitigften cliaracteiiini , diuftc feyn, daf5 in 
jenen die zu einem Accorde gehbrigen Tone 
Iich gleichfam einig find, eine gewiil'e Zeit lie- 
gen zu bleiben mid dann vereint, ohne einer 
dem andern vorbei zu ren;:en, in einen andern 
Accortl und fo weiter zu at lien; in diefen aber 
eine foiche Einigkeit nicht horrfeht, fondein es 
eix\en oder inehrere Tone giebt, die bei den an- 
dern nicht bleiben nuigen , fundern eigenlicbig 
in wefentlicheK lange eines neuen Accords liber- 
gehen, und jene zuruckgelall'enen cntweder zur 
Nachfolge nothigen oder, wenn diufelben zu 
hartnackig find und ihien .Stand behaupten, 
nachgiebig in ihre Stella zurtickkehren. Diefe 
Uneinigkeit verurfacht ein Dilfoniren, welches 
fo lange dauert, bis tier eincTheil, wie iiberall 
fo auchbier, der I'tli'vachcm nachgiebt, bis die 



vovausgognngenen Tone entweder zurucktreten, 
oder die licgeiigebliebenen nachfolgen. 

Jetler con>'.>:iirende Ton hat, fo lange Um- 
ftantle ihn ;, ii.hr zwingen, wie gefagt, eine ge- 
wille Freiheit zn ceheu, wo er bin will; von 
diefer Freiheit biilst er dber vie) ein, wenn er 
durch Anlicipiren oder Reiardirc-n leine erfte 
Eigenfihaft verliert und dili'wimend wird. In 
diefem Tall kann er nur da hingdien, w.< er enl- 
Aveder ln'tgekommen iff, oiler wo die andom 
iliui 1-lar.z neben Iich g<-iaifen haben. GemeU 
niglich g:-ht die Forth hreiiung der tlurch Anti- 
cijiiren e.illlehcnden \ orhalte untervvart^; fehr 
liiiufig aber gelit he anch aufwarts, wenn die im- 
terwarts liegenden Tone nicht zur Ilarmonie ge- 
horen, oder ihre Platze fchon orcupirt lind. 
Von der Au/lofung der umvefentlit hen (denn fo 
nmfs man fie zum Lnterfchied von dem Drei- 
klang niit der wefentlichen, der Hegel nach im- 
mer abwarts refolvirenden Septime benennen^ 
Diironanzen di'nfte daher die in alien Fallen Au-s- 
knnft gebende Regel geiten, die Dillonanz in 
den zur Harmonic noch fehlenden oder der Ver- 
doppelung fahigen Ton zti fiihren, in welchen 
fie, ohne Dillonanz geworden zu feyn, Jiiilte 
hingehen miiU'en otler konneiu 

Betmchte ich nun den Septime - quart- fe- 
cumlaccord, fo leite ich ihn aus einer Vermi- 
fchung ties Dreiklangs vomGrundton, oder des 
Sejuimenaccortls auf der Seeunde des Tons, mil: 
dem Scptimeuaccord tier Dominante her; auf 
die Art, dafs entweder einer tier bei den erfibe- 
nannten Accorde, (beim Dieiklang den Crnnd- 
t..n und bei dem Sej t-imenai corde die Septime 
im Bafs gelegt,) erft angefchlagcn wird, und d^f 
Dominaiitenaicoril md dei Septime darauf folgt, 
Oiler ump;ekelut. 



c h — 


d h — 


g h - 


a g — 


u f — 


f f — 


c d — 


d tl — 



c 



c 



Das erfte Exempel enthalfc den Urfpnin* 
des -, '|, 2 •— Accordes aus der Vernnl'chun| 
der Dreiklange , ties vomGrundton roran, nntl 
des von der Dominante hinternach. Das zwei- 
le weicht von dem erllen darin ab, dafs llatt 
des Dreiklangs vom Gruiulton, der Sextqnart- 
fecundaccord voraus geht. Jn der Mauptfache 
koinmen beide ii herein, darum will ich blol'a 
bei ileni erften Exempel bleiben; denn was 
ich c'.a von fagen vrente, h'sfst, wen« es rich- 

S 1 



ia8 



tig ift, inehr als blofs auf das 7weite> die no- 
thigen Anwendungen inachen. 

Kehrt man die Ableitung urn, fo erfcheint 
der Satz in diefer Form: 



h 


— c 


g 
f 


— g 

— e 

— c 



G C — 

In der Geftalt, wie cTer Septime- quart- 
fecundaccord hier fteht, kennt ilin jedermann. 
Er hat ein Janusgeficht, und daher mag es 
vielleicht kommen, dafs die practifche Bekannt- 
fchaft mit demfelben von der theoretifchen Er- 
kennnng bisher etwas verfchieden gewefen ift. 
Die Sache ift aber klar, es macht einen we- 
fentlichen Unterfchied, ob ich fo liege, dafs 
das Ohr die Vollendung des G accordes erwar- 
tet , oder ob die Anticipation der Art fey, dafs 
der C- accord fchlechterdings feine Vollfta'n- 
digkeit verlangt. Wenn der Bafs von der Do- 
minante in tten Hauptton tritt und die Ober- 
ftinnnen noch in Tonen verweilen, die abfo- 
lur zum Accorde der Dominante gchoren, fo 
ifts niche miiglich zu irren ; man fiililt zu l'ehr, 
dafs Ietzteie in Tune des Dreiklangs vomGrund- 
ton gehen nmilen. Eben fo wenig ift es 
fchwierig, fi'ir jeden Ton in der Nahe einen 
andern zu finden, mit dent er abwechfele. 
Das h geht in c; f in e; g bleibt liegen; d 
tritt in e oder c. Nun ift alles da. Eben fo, 
wenn die Oberftimmen, bei C im Bafs, Tone 
des G -accords anticipiren, fo fiihlt man nicht 
weniger dentlich, dafs das C im Bafs der an- 
ticipirten Harmonie freind ift, und dafs es in 
einen Ton hatte gehen follen, der zu diefem 
Accord den conlonirenden Bafs angabe. Allein, 
hier kam manther Componift in Verlegenheit ; 
das diifoni ende C des Bail'es, dailite er, niuls 
hernnter, und mufs in den nachften Ton her- 
unter. — Aber li lag ilim fchon oben ; liefse 
er C in H gehen, To kiime ein unfurmlicher 
Satz heraus ! — Was war derm zu thun ? Um 
das C in H treten zu laffen, mufste eine tin- 
fchuldige Oberftimme weichen, beinahe nicht 
anders, als hatte lie einen Fehltritt begangen. 
Das cibere h retirirte fich alfo in d oder g hin- 
auf, unci nun hatte man derm feinen Accord 
vollftandig. Freilich war das ganz vortreflich 
arrangiret; aber unfere Septime h, lo gem fie 
auch felbft aus innerm Triebe ihren Platz ver- 
taufchte, konnte es dock nicht leiden* dafs es 



als eine Schuldigkeit gefodert wurde. Sie fetz- 
te einen Werth auf ihre Gefa'lligkeit und blieb 
nun einmal auf ihver Steile liegen, run ihre 
Freud a daran.zu haben, was wohl daraus wer- 
den wurde. Natiirlicli kam nun das G des 
Bafifes in die grofste Verlegenheit; nach G hin-, 
zufliichten, was ein guter Ausweg war, fiel 
keinem Alenfchen ein, wcil man ohne alle Ein- 
fchrankimg glaubte, dafs eine Diflbnanz noth- 
wendig nur Einen Ton fortfehreiten di'irfte; 
nach 13 oder F zu wandern, wollte man viel- 
leicht eben fo wenig wap.cn , oder man fiirch- 
tete eine zu weitlaunige Verletzung der Tone, 
welche diefe Pla'tze fthon inne hatten; mehr 
Auswege gab es fchlcchterdings nicht, alfo blieb 
niches iibrig , als Gewalt mit Gewalt zu ver- 
treiben, ftiil auf dem Grundton liegen zu blei- 
ben und abzuwarten, was die itbrigen thun 
warden. Was war nun der Erfolg? die andern 
fallen wohl, dafs gegen das Imponirende des 
Bail'es niclit aufzukommen war, und fchlichen 
am Ende betroifen wieder in ihre erften Stel- 
len zuriick. So entftand fiatt der eigentlichen 
Hcfolutionen, die in dem obigen Exempel, um 
fie hier alle auf einmal anzubringen, nicht an- 
gecleutet waren; 



— e oder g 



c 


h 


— 


c 


c 


h 


a 


c 


S 


g 


— 


g 


g 


g 


— 


g 


e 


r 


— 


e 


e 


t 


— 


e 


c 


d 


— 


c 


c 


a 


— 


e < 


C 


— 


G 


C 


C 


— 


H 


G 


c 


h 


_ 


c 


c 


Ix 


— 


c 


fi 


g 


— 


g 


g 


g 


— 


g 


e 


f 


— 


e 


e 


f 


d 


e 


c 


d 


g 


c 


c 


d 


— 


g 



C — D E 



C — F E 



ftatt diefer vicr nnti'irlichen Befolutionen, durch 
Vervollfrandigung des erwarteteii Accords, eine 
weniger naturlithe durch Zurucktreiben in den 
vorherigen Accord, Die Analogie begiinftigte 
vielleiciit ihre Aufnahme. Auf der Dominante 
wechfelte man anit dem Dreiklang der To- 
nica ab: 

h c h 

g 

d e d 
G 

warum. follte dies nicht ran&ekehrt auch tuf 
der Tonica gefchehen diirfenV 



h © 






c 



Ob ich indeflen, was jen ( e vierfache Hefo- 
tutionsart betrift, wo der Bafs in G, H, D 
oder F fortriickt,'an die Richtigkeit derfelben 
fm mindeften nicht zweifle, fo 'wiirden Ein- 
wendungen dawider inich doch gar nicht be- 
fremden, Beftiinden fie aber daiin, dafs der 
Bafs als Diifonanz mir in den nachften Ton 
iiber oder unter fich , oder vielleicht gar blofs 
unter fich gehen diirfe, lb niufs ich geftehen, 
dafs mein Gehor in der Natur der Klange 
nichts findet, was von den umvefentlicheri Dif- 
fonanzen eine folche Kegel durchaus etabliren 
konnte. 'Dennoch laugiie icJi nicht, dafs zu 
diefer Regel ein ficherer Gnind in der Natur 
liegen konnte; mir ill er nnr nicht bekannt.. 
Alle gleich gut find die vier Arten der Auf J fi- 
ning, nicht; die zweite nacli H bin, giebt mir 
die meifte Befriedigung; die nach G weniger, 
und am wenigften die nach F. Da aber in 
der Mufik, fo wie in alien Kiinften, das Gute 
und Scbune etwas Relatives ift unci die Mate- 
rialien, durch cleren Yermifchung und Zulain- 
jnenfutzung der Kunltler als Schopfer erfcheint, 
von Verhaitnilfen abhaugcn, die demfelben ihre 
Grade des mehr oder weniger Vortreflichen zu- 
jnefTen; da man nicht abfolute, fondern im- 
rner nnr in Riickficht auf irgend etwas, fagen 
kann , diefe oder jene Tonfolge , Stimmenver- 
theilnng und derg!. fey better oder fchlechter 
als eine andre, — fo kann es imnier Falle ge- 
ben, wo von jenen Auflufungsarten diefe oder 
jene, welcbe die Aefthetik im Allgemeinen 
verwiirfe oder niclit grid's achtete, gerade die 
trefFendfte ware; und darum babe icli fie alle 
angefuhrt. Ich weifs fiir die Richtigkeit mei- 



123 

per Auflofungendes Septime - quart - fecund- 
accords inittelft der erwarteten vervollftandig- 
fen Harmonic, dafs der Bafs vor dem Schlufs 
einen Ton des G- accords beruhre, gegenwar- 
tig wenigftens nichts minder und nicht mehr 
anzufuhren, als diefes, dafs, wena ich. dia 
Tone 



s f 

e a 

o'hne Bafs nach einander anfchlage, f mein Ohr 
zu dem erften Griif einen Ton aus dem C- 
dreiklange, und zu dem zweiten einen aus 
dem G- accord verlangt, und zwar zunachft 
C und G, die Grundtone felbft, und dafs in 
Anfehung a Her iibrigen vermifchten Accorde, 
Theorie und Praxis fich darin einig find, dafs 
die unwelentlichen Diilonanzen Vorhalte von 
den Tonen find, in welcbe fie, wenn fie nicht 
zuriickgeblieben waren, fogleich mit den an- 
dern Tonen wiirden gegangen feyn. Zur Ver- 
theidigung' der zweiten Art, da man das Zu- 
riicktrciben der anticipirten T5ne in den vor- 
hergegangenen Accord, die Refolution des Sep- 
time - quart - fecundaccords feyn lafst , habe 
ich inich noch nicht anheifchig gemacht. Dafs 
ich diefe Art aber nicht verwerfe, leuchtet 
fchon einigermafsen aus dem Obigen hervor: 
weiterhin werde ich indelfen etwas mehr dar- 
iiber fagen. Ich konnte dies fogleich thun, 
und damit die IVIaterie befchliefsen ; erlauben 
Sie aber, dafs ich dem Fa den Hirer Gedanken 
folge, wo ich vielleicht fchickliehere Gelegen- 
heiten finde, die mir noch iibrigen, zum Theil 
damit vorwandten Bemerkungen in dem, rich* 
tigften Geiichtspuncte darzuftellen. 

(Die Forifetzuiig im niichftcn Stiick.) 



7. RECENSIONEN. 



jftlgemeinc Gefchiclitc der Mufik von J, JV. 
Forkei, \fter Band. ("Koftet in der neuen 
Berl. Mnlikhandlung 5 Ktlilr. i5 Gr.) 

(Zneite Fortfetzimg. } 

Im dritten Kapitel handelt H. F. von der 
Mufik der FJebnier. 

<$. i. Es liegt im Wefen der Mufik, dafs 
wir uns felbft von der Mufik derjenigen Voi- 
der kerne riduige und vollkoinmene Voriiel- 



lung machen konnen, deren Tonzeichen und 
Grundfatze bis auf uns gekommen find. Wie 
viel fchwerer mufs nun diefe Vorftellung von 
der Mufik folcher Volker werden, von wel- 
chen uns nicht einmal diefe wenigen, diefe 
todten Hulfsmittel iibrig geblicben find? 

§. 2. Mit der Tonkunft der alten Hebraer 
find wir in diefem Fall. Beilfiufige Nachrich- 
ten von ihren Inftrumentett find die einzigen 
Huifsmktel. — 



100 



5« 3> Nur die monarchifche Periode korin* 
te der Kultur der Tonkunft gunftig feyn, unci 
War es zur Zeit Davids und Salomons wirklich; 

§. 4. Jubal, Erfmder der hebr. Mufik. Nach 
Chardin werden noch itzt bei den Arabern und 
Perfern die Spieler und Sanger Cay lie genanut, 
und die Nahmen der yon Jubal erfundenen 
Inftrumente find noch vorhanden. 

§. 5. Mit Recht halt H. F. die Nachricht 
des Erziiigners Jofephus von Errichtung der 
Gedachtnifsfaulen fur einen blofsen Einfall. 
Dafs Gervajius Tulberienjis und Adam de Fill, 
da'y als eifrige Enthoufiaften fiir die Tonkunft 
jene Nachricht fiir gewifs annehmen, beweift 
riichts dafiir. • ■ 

§. 6. Nach Mofes Nachricht von Jubal wird 
der ganzen Tonkunft nicht eber wiedcr gedacht, 
als fechs hundert Jahre nach der grofsen Ueber- 
fcbwemmung ; bei Gelegenheit der Flucht Ja- 
cobs von Laban. Es kommen dabei fchon 
Pauken und Harfen vor. 

§. 7. Im Hiob kommen fogar fchon alle 
mogliche drei Gattungen mufikalifcher Inltru- 
mente , Blafe - Saiten - und Schlaginftrumente 
vor. Luther nennt Pauken, Harfen xmd Pfei- 
fen. Auch des Mifsbrauchs der Muiik wird 
dort fchon gedacht. Davon aber mit anderen 
nuf Vollkoiiunenheit der damaligen Mufik zu 
i'chliefsen ill thoricht, 

(J. 8. Auch unter Mofes konnte fie nicht 
viel bedeuten, was er von der Mufik wufsie, 
hatte er von den Egyptern gelernt; imd weder 
die langwierige Sclaverei, noch die Lebensart 
der Hebra'er war den Mufen giinftig. 

$. 9. Mofes Triumphlied nach dem Durch- 
gauge duichs rotbe Meer. Miriam, die Pro- 
jiheiin, fang tanzend es vor, eine Pauke in 
der Hand. 

§. 10. Vermuthung, dafs bei den Ifracli- 
ten die Mufik nur von Weibern ausgeiibt wor- 
den fey. Von Ephraims Jtmgfrauen Choren. 
Die Begleitung von Inftrumenten und Tanz 
zum Gelange brachte Miriam eine entlluhene 
Egyptierin auch wohl aus Egypten mit. Diele 
Art Gefang und Tanz zu vereinigen, foil un- 
ter den GiioLhen zu den Dithyramben Anlafs 
gegeben haben. Sehr richtig bemerkt H. F., 
data die Bewegung des Tanzes dem eigentli- 
chen Singen unmoglich gunftig feyn konnte; 
dicfej war wohl nur ein wildes Gefchrei. 



(). u. In der Zeitperiode nach der dritie- 
halbhundertjahrigen tfefangeiifdiaft, in welcher 
die Ifraeliten em anfanaen ein wirkliches Volk 
zu wenlen, konnte diefes zu keiner eigeutli- 
chen Kuuft gelangen. 

0. 12. Die Xrompete war bei den Ifraeli- 
ten das Hauptinftrument. Vom Trompeten- 
feft. Von den Widdei burn ern ein militarifche* 
Inftrument, das aber auch bei andern Gelegcu- 
heiten gebraucht wurdo. 

§. iq. Von dem Triumphliede der Prophe- 
tin nnd Sangerinn Debora und Baracks. Merk- 
wurdige Verfetzungen nnd Wiederholungen in 
diefem Gefange. Herders Meinung von die- 
I'em Gefange. 

$. 14. Von Jephtas Geliibde und feiner gott- 
geweihten Tochter. 

5. i5. Von Sdmucl und feinen Prophelen- 
fchulen , worinnen auch vorziiglich Mufik ge- 
ubt wuide. 

§. 16 - Co. Von den Prophcten als wei- 
fe Rathgeber des Volks, die .Voefie und Muiik 
oft anwendeten, um defto ficherer auf das 
Volk zu wirken. 

$. 21 - Q.5. Von Saul. Von der Wirkung 
der Mufik auf feine Weilfagnngsgabe und auf 
feine Melancholic H. F. fiihrt eine fehr fcho- 
ne Stelle aus Herders Geift der hebraifchen 
Poefie an, die nicht genug beherzigt werden 
kann, und alfo auch hier ftehen mag. Hier 
ift fie. „Wenn iiberhaupt Tonkiinftler die L'u-b- 
lingstone und Giinge einzelner Menfchen ftu- 
dirien, und nachher zur hfich/tcn AV'irkung auf 
diefelben anwendeien; welrhe Wuuder konu- 
ten lie auf diefe einzelne Menfchen whkenl — ■ 
Bei einfachen Nationcn liud diefe Tone durch 
Nationalgefangc gugc-ben, die mil gewiffen Liob- 
lingsgegcjiliiinden Uea Stolzcs und Vaterruluns 
ficli von Kindheit an de> Herzens und Gehirns 
jedes Individuums bemachtigen, und wenn fio 
nachher unter folchen und andern feyerlichen 
Anliifsen wiederkommen, jeden gleichfam ver- 
jiingen und die angenehnieu Krampfe des frii- 
heften Enthuliasmus bei ihm erneuern. Jeder- 
mann weifs, was die Zufammenkunft, noch 
mehr die Zufammcnftimmung einer grofsen 
Verfanunlung fiir lnagifthe Kraft hat. Nicht etwa 
nur, dafs die confon vereinten Luftwellen auch 
die Empfindung verliarkt angreifen, und die 
Seele, diq fich nur als Tropfe"in diefem Strom 



i3* 



fiililr, in denfelben fortreifsen; der allgemeine 
Enthufiasmus verwandter Ideen ergreift fie, und' 
fo werden die frifsen Rafereyen daraus, iiber 
die der Weltihann fpottet, und die fich der 
kalte Philoloph fo wcnig erkliirt." Hr. F. er-* 
vriihnt nun noch der Erzahhtngen im Journal 
ency clop edi que von wunderbaren Wirkungen 
der Mufik. Auch find ihm felbft Gemiithskran- 
ke bekannt gewefen , fur welehe Mufik fehr 
heilfam war, und bei denen fie fichtbar zu ih* 
rer Genefung bcitrug. Auch erzahlt Hr. F. Her- 
dern eine intereffante Erzahlung nach von ei- 
n er jungen Perfon, der vom hitzigen Fieber 
Verirrungen nachgeblieben waren, die durch 
das Anhoren folther Lieder, die fie in ihrer 
Kindheit am meiften geliebt hatte, aufmerkfam 
und geruhrt wurde, endlich in Thriinen aus- 
brach und fragte : wo fie fo lange gewefen ? 
Schlufslich fuhrt H. F. noch eiuige zwanzig 
Sthriftfieller an, die iiber die wunderbarc und 
heilfaine Wirkimg der Mufik gefchrieben ha- 
ben. Es ware fehr zu wiinfclun, dafs ein ver- 
ftandiger und dcnkender Kiinftler von gutem 
Urtheil mid Gefdimack aus alien den Schrif- 
ten das wichtigfte und bewahrtefte benutzte 
und deullick abhandelte, mit Hinweglaffung 
alles fabelhai'ten und metaphori r chen. Es ift 
vielleicht. kcine einzige darunter, die nicht et- 
vvtis Walires enthalt, aber auch wohl nicht 
eine, die fich nicht durch Uebertreibung fcha- 
det. Selbft RouiTeau, der hier nicht genannt 
ift in feinem Dictionaire de Mujique , liat 
die iiliefien Fabeln mit neuen Thatfachen ver- 
mengt. 

§. 24 -29. Von David. Von der grofse- 
ren Aufnahme der Mufik unter leiuer Regic- 
rung. Von feiner Einrichtung der gottesdienft- 
lichen Mufik. Die Zahl aller Sanger und Spie- 
ler belief iich auf l\.ooo. Unter ihnen waren 
s88 Meifter, die in vier und zwanzig Ordnun- 
gen unter vier und zwanzig Unterkapellmei- 
ftem ftanden f die fammtlich Sohne der drei 
Obcrkapellnieifter waren. (Wie Hr. F. fie mit 
Hrn. illarpurg nennt.) Von einer Aehnlicb- 
keit in den Einrichtungen des judifchen Got- 
teidienftes mit denen der Chifener nach Amiot. 
Von dein Aniheil, den Weiber und Knaben an 
der gottesdienftlichen Mufik der Hebraer nah- 
men. Von den Inftrumenten , die beiin Got- 
tesdienft gebraucht wurden, nach BefchafFen- 
heit der Fefte. Ueber alle andre, die Mufik 
nicht betrefFende Umftande verweifet Hr. F. 
den Lefer fehr weislich auf Tils Dicht- St'/tg- 
u/ui SpUlhinJi der alten Hebraer. 



$. So -34-. Von Salomo, Von dem Tem- 
pelbau; von der grofsen Vermehrung der San- 
ger und Spieler die Jofephus!! auf 480000 an- 
giebt. Von der Salonionifcben Hof kapelle, die 
wahrfcheinlich die erfte des Alterthums , fo wie 
die des Longobardifchen Konigs Liiitprandus die 
erfte in der neuern Zeit gewefen feyn foil. 
Vom hohen Liede Salomonis. Alle Ausleger 
deffelben haben es einftimniig fur ein drama- 
tifches Stuck gehalten, und Hr. F. mag fich bei 
dem fo bekannten Liede nicht aufhalten. Stha- 
de, dafs Hr. F. nicht Herders Ueberfetzung und 
Comentar gekannt, vor zehn bis zwolf Jahren 
unter dem Titel Lieder der JLiebe gedruckt. 
Herder halt fie gewifs mit mehrerem Recht 
fi'xr einzelne zartliche Lieder, die der jnnge 
feurige Salomo in feiner Jugend gedichter, und 
die hernach von Sammlern zulammengereiht 
worden find. Audi enthlilt der Comentar man- 
che vortrefiiche Bemerkungen, die Hr. F. hatte 
benutzen konnen. 



§. S4 - S7. Von Rchabeam bis znr Zer- 
ftreuung der Ifraeliten in alle Welt. Dem bal- 
digen Verfall und ganzlichen Verluft ihrer Na- 
tionalmufik. 



$. 08-42. Der vornehmfle Gebrauch, den 
die Hebraer von ihrer Mufik machten , war 
gottesdienftlich. Doch ward fie audi wohl bei 
andern VeranlalTungen angewandt. Bei Gaft- 
mahlen, Leichenbegangniffen , (den fchonen 
cinfachen Trauergefang eines alten Rabiner, 
den Hr. F. hier auch anfiihrt, hat Hr. Ca- 
pellmeifter Reichardt in dem einfachften alten 
Kirchenftyl in Mufik gefetzt, er fteht im er- 
ften Stuck der Caecilia) bei der Erndtefeyer; 
das Trompetenfeft ift wohl eigentlich das Ernd« 
tefeft gewefen. — 

Man mufs den grofsen Fleifs fall bedauern, 
mit welchem Hr. F. die hochftunfruchtbare Ge- 
fchichte der Hebraer, die fich auf fo fchwache 
und nnfichre Gewahrsmanner ftiitzt, hier ab- 
liandelt. Um fo mehr, da fur die nahere Kennt- 
nifs der damaligen Mufik, fo fall gar nichts 
daraus erwachfi. Um unfre Lefer nicht zu er- 
miiden, laifen wir die Folge diefes dritten Ca- 
pittels, die von den mufikalifchen Inftrumen- 
ten der Hebraer , von den Ueberfchnften der 
Pfalmen , von der innem Befchaffenheib , und 
von der Litteratrir der heir, Mufik handelt 
fiir ein kunftiges Stuck 



102 



Grift dcs viufikulifchen Kimftmagaz'uny.von 
J. Fr. Reichardt. Ilerausgegeben \vou J. 
A. Berlin , 1791- n c * er "eueu Berliui- 
fclien JVlulikhandl. koilet auf Sdiweizer- 
papier i5 Gr. und .auf Druckpanier 12 Gr.) 

• Die Abficht, wekhe der Herausgeber cl.i- 
bei gehabt hat, ill, nach der Voirede: nicht 
aliein (wo fern das noch iitithig ift) auf das 
grofse Werk, das infonderheit der fdiiMiun Denk- 
male aus dev Vorzeit fo viel enthult, aufmerk- 
famer zu machen ; fondern audi diejenigen Auf- 
fa'tze und Urtheile, in welchen der eigene Geift 
des Verf. lebt, der feine Kunft fo gem wieder 
zu ihrer cheinaligen Hohe erlioben fehen mog- 
te, zweckmafsig zufammen zu ftellen, 

Diere Abficht ift hierdurch nllerdings er- 
reicht, und fchon die blofse Anzeichnung dcs 
Inhalts diefer zudem audi elegant gedruckten 
Sdrrift wird hinliinglich feyn, uni unfer nm- 
fikalifdies Publikuin, das leider gegen wahre 
Kunil und das, was fur und fiber diefelbe ge- 
fagt und getlian wird, fo fehr kaltlierzig zu 
feyn fcheint, auf die Niiizlichkeit diefes Aus- 
zuges aufnierkfani zu madien. 

1) An junge Ki'" l f^ er i vou riditiger Be- 
merkungen, obwohl der Ton darin etwas zu 
enthnfiasmirt ift, welches freilich einer glii- 
henden feuri&en Seele, zumal in ihrein jiin- 
gern Leben, fehr nali'irlich zu feyn pflegt. Wie 
wahr ill der Satz; Halbes SLiulium der Kiuift 
ift nicht niiher, als gauzes. „Nur gauzes S/:t- 
dium bring!; crft wieder der JSatur nalt." Nicht 
fo ganz Widerfpruchsfrei ift der Satz: Alles, 
audi das dentlich Erkannte, mufs dem Gefiihl 
des a'chten Ki'mftlers unterworfen bleiben. — 
Was deutlich erkannt oder nut dem Verftande 
liditis begriffen wird, ift freilich an fidi uji- 
wirklam und als folchcs deni Ki'mftler in i\en 
Momenten der Biiduug feines Werkes zun.'ithll 
nicht brauchbar; es mufs ihin aber als lcii.cn- 
de Regel vorfchweben und fich mit feinem Ge- 
fiihl innig verfchmelzeri. Damit wird die F.r- 
kenntnifs aber noch nicht dem Gefiihl utiu-r- 
worfen, welches nie aliein vollfla'ndiges Crite- 
rium und Princip, felbft nicht in Sachen der 
Kunft, feyn kann. Der iichte Ki'inftler, deifen 
Gefulil fchon lange berichtigt ift, kann fich 
clerfelben iminer iiberlallen, und es wird Hil- 
das vvahre Scbone entfeheiden; aber Itu Grun- 
de ill das <loch nur pfydiologifdie Taufchung, 
tind die gebildete Vernuuft leiht nur glcidi- 
lam dem empfmdenden Theile iler Seele ein 
gewiffes Kraft^efiihl , eine Aliniuig der Selbft- 



ftandiglteit,, . welches diefe aber fo wenig file 
fich hat, als die geliebte Gattin, die mir am 
Ende durcli gefallige Befignition i\e$ Gatlcn zu 
einer Art von Bewufatfeyn des Befirzes nj.'inn- 
licher Kraft unci mannlichen Vorrechts gelangt. 
— Indefs, l\ec. will nicht den voUieJiidien 
Verf. diikanieren, und den nur nicht bc/limmt 
genug ausgedriickten Satz nicht weiler rugen. 
Aliein, giade dafs jeJer Sdiwachling in der 
Kunft fich gewohnlich um nidits weiter, als 
mn eine Art von Kuuftgcfiihl' bemuht, wah- 
jrend er das Studium clerfelben hihtenan fetzt, 
grade darum fehen wir loviel Subjectivitat lies 
Modegefchniacks und der Slinnpeiey. Gewiife 
Behauptungen aus dein Munrle eines in feiner 
Art grolsen Mamies, wenn fie nirht ganz rein 
.abgewogen find, bringen inehr Scliaden her- 
vor, als man gewohnlich glaubt , unJ es giebt 
audi in der Kunft, wie in der Mural, (Jnbi- 
ncLsregelii, die fich durchaus nicht auf ^en Dii- 
cherii predigen lalTen. 

2. Ucbcr folkslicdcr. Ein guler Auffatz. 
Nur ein paar Stellen daraus: 

„Sdii")iie Zeiten, <\:\ der gliiddiche Unbe- 
fangene fich nicht hinliullte, zu fehen oder zu 
horen, wo her und wohin? fondern es fuhlte, 
und fich feines frohen Gefiihls erfreute. Nun 
fteir iich «iner hin und wart 1 aufs Gefiihl, das 
ihm durch die meiflen unferer Alltagsgefange 
werden foil!" — Ferner: der hochlte Gipfel 
des jetzlgen fogenannten Kiinftlers ift: (dies/o- 
genaniUe mufs man aber ja nichl uberfehen.Bec.) 
die grots te Sumine der 1'horhei ten feines Bezah- 
lers mit einmal zu befjiedigen. — Wahr m id 
ein Wort zu feiner Zeit ift folgende Stelle, <lie 
fowohl auf dieGenies, als auf die traurigenSchul- 
jneifter fehr anwendbar ift, welch e in ihrer 
Klaufe ein paar gerechle Sl.ibe zuiedit fdu.i- 
tzeln kiinnen, und. jiiui gleidi glauben , fie 
kiinnten felbft ein-ach.'iifches SchilF aufdasliohe 
Meer fclmken. » Der eine 'J'lieil verfteht Har- 
nioiiie, nichtx iicitrr oh Ilnrmoiiie. , und halt; 
dicfc fur idles. Der andere verfteht nidits von 
derfeiben und will uberalt febeinen, als verfland' 
er fie xukI miifst' er lie iiberall anwenden.'* 

„Dafs mm jene, die oft achtungswiirdige 
Kenntniife, zuweilen audi wohl Kunfttalent be- 
fitzen, einzelnes StiidiumderHarmonie fur gan- 
zes Studium der Kunft halten, und dafs cliefe 
oi't bei vielem Genie nidits von der Harmonie 
verllehen, liegt zum Tlieil beides in der V'er- 
worrenheit junfers Syftems, und in der noch 
verworrenem, gewoluilidien Lehrart deffelben. 

(Zuver» 



*35 



(Zuverlafsig!) Der junge feurige Kunftmann 
tchauert zuriitk beim Anblick des chaotifchen 
Gewebes einzelner Regeln: der iich glvicklich. 
hindurch arbeitet, mifst den Grad feiner Ein- 
ficht nach den nuihvollen Jahren, die fie ihm 
gekoftet, und hat hernach nicht wahre Kunft- 
liebe genug, vieles Erlernte fiir das zn hal- 
ten, was es ift: nicttis (oder vielmehr fiir et- 
was, das nicht halt- und anwendbar ift und 
oft nur auf eigenfinniger Meinuiig der i'chul- 
gerechten Theoiiften bernht. Ilea) halt viel- 
mehr, gelit er in die iibrigen Theile der Kunft 
ein, alles, was diefem oder jenem erlernten 
zu wider limit, fiir Ketzerey; da es ihn doch. 
billig auf fein erlerntes Syliem aufinerkfam 
inachen follte. Diefes Uebei mufs defto allge- 
meiner feyn, je weniger feines rithtiges Ge- 
fuhl, grafter Blick firs Gauze allgemein ift, 
und je weniger die iibrigen Theile der Kunft, 
gleich der Harmonic, in Regeln fefigehalten, 
feftgefetzt werden konnen. " •• Gut; aber war- 
mn nicht konnen, was eigentlich feyn mufs? 
Soil unfre mufikal. Gcfchmackslehre wahr unci 
fiir alle Zeiten unabanderlidi feyn, die z/t/dl- 
lige Form der Subjectiviiat des Ki'inftlers und 
des Zeitalters abgerechnet, w el die iich in der 
jedesmaligen Voritellungs - und Empfindungs- 
art griindet, fo mufs es endlidi dahin kom- 
inen , dafs alle Theile, felbft der ausiibenden 
Kunft, auf Principien zuriukgcfiihrt werden, 
die ans der Natur der Scele, aus den Gefetzen 
der Natur und aus den allesgcbietenclen Vor- 
fihriften der Vernunft abgczogen find. Allein 
dazu mufs einmnl fiir die Mufik ein Proteus, 
ein Kant aufftehen, der uns etwas gebe, was 
wir nodi nicht haben : eine Kritik des reinen 
Gefchnucks und des wahrcn Wefens der Kunft, 

o. Ueher die nmjikatifche Idylle ; ein fei- 
nev und griindlicher Auffatz. Nur ift I\ec. 
nicht mit der Behuuprung einverftanden, dafs 
zum Taftorale nur allein blafende Inftruinente 
•/.ur Begleitung gebnuicht werden follen, well 
fie zu fehr criiiiidcn und wir es damit niclir. 
auf die Dauer aushalten, wie dies auf die be- 
fcheidenllicbe Auflorderung des Rec. (im nten 
Wochenblatf) die achtungswurdigen philofophi- 
fcben Aefthctiker, IIj-. Prof. Rberhard und Hr. 
Hofr. Efchcnburg bereits zur Geniige darge- 
tlian haben. 

4. Ucbcr das Rondeau. §. Infriirncnlal- 
mufik; fehr lehrreich. Eine Stelle mag hier 
nur ausgehoheu i'lehen: Der Geift des i\lcn- 
fchen, dem es nur 11111 wirken und treiben zu 
thun iit, ift ehen fo wenig auf jedem Abwego 



aufzuhalten , als der bios Anordnende fyftema- 
tifche vurwurts zu bringen ift. . 

6. Ueber die mufikal. Aiisfuhrwig t wobei 
audi unter andern auf Baitkunft tmd den Bau 
der Inftruinente Riickficht genommen wird. 
Wie richtig und bewahrt ift folgendes P.afon- 
nement in Abficht cler Ausfiilirung: Die Kom- 
poniften, die nicht fo gli'icklich find, ein Or- 
chefter zur Hand zu haben, anf welches fie 
perfimlich mit ihrem ganzen Geifte wirken 
konnen, follten nichts Angclegentlicheres ha- 
ben, als auf die Mittel zu beiferer Ausfiihrung 
ihrer Werke zu finnen. 

Es ift diefes freilich nicht fo leicht ausge- 
fiihrt, als gefagt. „Der ausuben.le Tunkiuift- 
ler, der ein edles Werk ganz im Geifte des 
Komponiften ausiiben foil, mufs, die Erfindung 
ausgenommen, faft alle Fahigkeiten und Kennt- 
nille des Komponiften befiizen; derm cr mufs 
das Stuck '-verfteheji ; fein en Zweck einfehen 
und fvihlen, die Mittel kennen, wodurch der 
Vortrag wieder verftandlich und der Zweck er- 
reicht wild; hierbei mufs er nun noch fiir 
fir.h die Fertigkeit haben, alle jene Mittel mit 
Leicluigkeit und Sicherheit anzuwenden und 
auszuiiben. " — Dies alles erwogen, werfe man 
nun einen Blick auf manche Orchefter in Con- 
certlalen, in Theatern und in Kitchen, und 
f i'thl e dann, woher die fo oftmalige Verhun- 
zung und Verftiimmelung fo manches herrli- 
dien Kunftwerkes kommt; von nichts anderm, 
als von der ignoranlin recti und der Abwefen- 
heit (U?s f/jiritus familiar is. 

7. Ueber das dcu'/c/ic Singe fc/iauf/jiel, fehr 
lehrreich , infonderhek fiir -Schaufpieldichter, 
und iiberhaupt die Frucht des Nachdenkens unit 
der eigenen Erfahrung von einem geiibten Ar- 
tiften; fo wie audi der Ote Auffatz: iibcr das 
mufikalifcjie Gauze , wo von fo mancher gar 
kcine ileutliche Idee hat, und ohne welches 
doch alles hochftens nur 1'ihapfodie ift. 

• 
Es liefse fich dariiber fehr vieles bei die- 
fer Gelegenheit fagen; aber Rec. mufs zum 
Schiufse eilen. Der i)te Auffatz: iibcr die JO>- 
c/icurm/Jik, iler freilich einer viel grofsern Aus- 
fiihrlichkeit liediirfte, eiithalt fehr gute hiehin 
gehiuige Winke, fovvohl was den Character 
der gciftlichcn Mufik, als audi die geiftlirh'i 
Poefie betrift. Bee, der bereits manilies d;ir- 
liber entworfen hat, denkt cinftens nocii fein 
Schcrflein zu diefer wichtigen Matesie beizu- 
uagcii. Es ift nacli vrcit bin, bis man e.i al- 
T 



i34- 



len unfcrn Kirchengefiingen wird anhoVen kun- 
nen , was Herder mit einem fchonen Bilde da- 
Tan andeutet, wenn er fagt: zu ijfFentlicher 
Verfammlung follten Gefange unci die Tone, 
die fie begleiten, wie auffchwingender Aether, 
wie erquickende Hinunelsluft feyn, inn die 
Seelen der Verfammleten zu vereinigen und 
zu erheben ; und man mogte wohl ofters den 
Kirchenkomponiften mit Lavuter zurufeu ; 
Tandelt ihr ewig (auch hier?) mit den Men- 
fchen, ihr fchonen Kiinftler? 

10. Ueber die Singecliore ; ein wahres Wort 
zu feiner Zeit. 

11. Uebcr StimmpJiyfwgnomik ,' gute und 
lesbare Gedanken, die indeifen meift aus dem 
eigenen, leifen Gefuhle des Hrn. C. M. Rei- 
chardt abgezogen find, und die, fo viel Tref- 
fendes auch darin ift, dennoch, fo wenig wie 
die Gefichtskunde, Allgemeinheit und Allge- 
meingi'iltigkeit erhalten di'irftcn. Denn Stina- 
ine und Seele, im ftrengften Shine gefragr, 
was haben diefe mit einander zu fchaiTei'., und 
wie viel Lug und Trng nut fa dabei ftatt fin- 
den? obwohl auch die .Stimine in fehr viclen, 
infonderheit leidenfchaftlicheu Fallen, ein ziem- 
lich ficheres Organ der Gemiithszuftande ift, 
dem, welcher darauf zu merken verfteht. Die 
Rithter in Gerichtshofen infonderheit miifsten 
manche Erfcheinung diefer Art fehr gut zu 
ihren Zwecken benutzen konnen, To wie denn 
auch der gefeilfchafiliche Umgang, falls keine 
Horchcrci cms Syjlcm dabei vorginge, unge- 
mein viel dadurch gevvinncn miiiste. 

Zuletzt kommen noch Fingerzeigc fur den 
denkenden und forfchenden Deutfchen (war-um 
nur Deutfchen? ) Taiikihifiler , die meift aus 
Stellen aus Kajits Kritik der Urtheilskraft be- 
ftchen und die allerdings auf Nachl'orfchung 
lei ten. Wie wahr und herausgefchieden ift, 
was Kant fagt: das Genie kann nur reichen 
Scoff" zu Produkten der fchonen Kunft herge- 
ben, die ^erarbeitung deilelben und die Form 
erfordert ein durch die Schule gebildetes Ta- 
lent, um einen Gebratich davon zu machen, 
der vor der Urtheilskraft fchoner Gegcnfta'nde 
beftehen kann, zu welcher, als folcher, Ge- 
fchmack erfordert wird, welchen Kant nachher 
die Disciplin oder Zucht des Genie's nennt, 
wie es denn miter andern der heut zu Tage 
leider zu fehr bei Seite gelegte Burke (vom 
Erhabenen und Schonen) auch fchon fo ge- 
nannt hat. „Was wir vorzugsweife Gefchmack 
nennen, fagt er, ill im Gnm.de mehr eine 



feine ausgebildete Urtheilskraft, " — • Unci ob er 
gleich, foviel Rec. fich erinnert, an einem 
andern Orte einmal , da er davon fpricht, ob 
man nicht durch Gefchmack und Cultur am 
Genulle fchoner Werke verliere, hinzufctzt: 
da fa die Urtheilskraft faft immer damit um- 
gehe, die Einbildungskraft in ihrem Laufe 
aufzuhalten , die Scenen der Bezauberung zu 
vertreiben und uns an das befchwerliche Jocli 
der Vfrnunft zu binden ; dnfs ferner das ein- 
zige Vergniigen, welches ein richtig urthei- 
lender Menfch mehr als nndere geniefse, faft 
in nichts anderm beftehe, als in einer Art von 
Stolz und dein Bewufstfeyn der Erhabenheiri 
welche er iiber die iibrigen hat, in fo fern er 
richtiger urtheilt, als fie: fo ill ea doch immer 
der Mi'ihe werth, fich um einen folchen wah- 
ren Gefchmack in jeder Kunft zu beiniihen, 
und diefe edle Art von Stolz, von welcher 
viele, viele virtuofe Menfchen nichts wiffen, 
fich durch fleifsiges Anfchauen und Studiren 
achter Werke der fchonen Kunft fich zu eigen 
zu machen. So gebe denn Apoll, dafs wir 
liimftig recht viel von diefem Stolze bei uns 
i'elbft vermerken, und ihn an alien Kim/Hern 
und Kunllfrounden je lunger jc mehr wahr- 
nelmien mogen! 

a s. 



Scchzig Handftucke fur angchende Klavierm 
fpieler , von JD. G. Turk , Mufikdircctor 
in Halle. JLrfter Theil. Leipzig und Halle, 
bei Sch wicker t und Heuuuerde. 

Es ift ein fehr gliicklicher Gedanke, eine 
folche Folge von UebungsIH'icken in der Ord- 
nung und von der ganz allmalig anwachfen- 
den Schwieiigkeit, wie do der gute Clavier- 
lelirer bedarf, diefem in die Hande zu liefern. 
Die Ausfiihrung zeigt von eben fo viel Witz 
als Einficht. II. T. hat ilie Sammlung in vier 
Abtheilungcn eingetlieilt, und in jeder nach 
Verhaltnifs von den dinrakteriltifchen Formen 
Gebratich gemacht. In der erften Abtheilung, 
die aus kurzen fehr leichten bios zweiltimmi- 
gen Handftucken beileht, konunen Wiegen- 
liedermelodieen und eine Kinderromanze vor, 
und mehrere Ueberfchriften find fo gut ge- 
wahlt, dafs fie bei der Jugend Luft und Ver- 
langen zu den Stuck en felbft erzeigen miiiren. 
Die zweite Abtheilung, die aus etwas lange- 
ren und fchwererern auch nur zweiftimmigen 
Handftucken befteht, bat auch ein Ballet und 
eine Meloclie im Volkstone und ein Rondo 



i3c 



im Kleinen, ein Waldhorncrfii'ick mit dem 
Echo, unci manehe reclit wilzige Ueberfchrift. 
Die dritte Abtheilung cnthalt unter andern 
einen Schiitzenmarfch, ein Spinnerlied, einen 
Minuelt, eine Mufelte, einen militarifchen 
Parademarfch , eine Choralmelodie, eine Po- 
lonoifo unci manches enillhafte Charakterftiick. 
In tier vierten S'anunlurig endlich findet man 
fehr vcrmifchte Stiicke frohlichen und ernft- 
haften Cluuakters, die die meiften zur iichten 
Uebung tier Hand gehiirigen Figuren in fich 
enthalten. Dem Lehrer und Sdi filer ift gewifs 
noch nie ein willkonmineres Work in die Ha'n- 
de gekommen, und bcide werdeu gewifs die 
baldige Forti'etzung davon mit uns hcrzlich 
wiinfchen. Hr. T. hat auch die Sorgfa.lt ge- 
liabt, iiberall, wo es nur einigenuafsen nuthig 
Avar, die Finger hinzuzufetzen, und fehr weis- 
lich zeigt er bei jeder Yeranlalfung auf feine 
von uns bereits ange/.eigte Clavierfchule, zu 
nahcrem L'nterrichte hiij. 

Wir theilen unfern Lefern mit Vergniigen 
eines der leichteften und tines der fchwere- 
ften Stiicke aus diefer Ichatzbaren Sanunlung 
heute mit. 



Sorg lilufik vhl Ifi'pji Sal/g Hans KonpL 
May l. Komi tig GnJ'taJ, III. Bifdttning 
i riddarhohns kyman den i5. April 1792 
J-orJattud aj Ko/ts;/. Capclh/iaftaroi Jo- 
Jcph Kraitr. Slokhol/n och Kongl. I'ri- 
vilcgierada Not Tryckcriet. (Koftet in der 
neuen Bod. Mufikhaiull. 8 Gr,} 



Intermedcs pour Amphitryon ; compofcs par 
Mr. JCraus, arranges pour h Forte piano 
par d/r. Aid fl rum. Stockholm dc Tin/pre- 
merie dc witpquc, privilt-gic'e du /lot'. 
(Koftet in der neuen Mufikhaiull. 2 IUhlr. 
b Gr.) 

Der Ilerr C .11. Krcnr zeigt Jficli in die- 
fen bciden Werken von fehr verlchiedenem 
Charakter, als ein denkemior Ki'inftier, der fei- 
ne Kun/t griindiiih ltudirt und fleifsig geiibt 
hat. UcIkm ill leuihler der fclbftbeobachtende 
Ki'mftler hervor, der ticfl'emle ElFekten und un- 
terhaltende Mnnnigfaltigkcit unzulegen und aus- 
zufuhren veritcht. 

j. r. 



Gvfungc am Chtvicre t von Friedrich J.rtd. 
'ivig Scidil, Org/mijh an der Mavicnkir. 



c7ic. Berlin, in der Frankenfchcn Buch~ 
■//audi. 1793. (Koftet in der neuen liml. 
Mulikhandlung 1 Bthl. 4 Gr.) 

H. S. kiindigt diefes fein erfles Werk in 
der Vorrede mit fo vieler Befcheidenheit an, 
dafs die Critik fi'ir ihn nicht anders als nach- 
fichtig unci aufmunternd feyn kbnnte, wenn 
die Arbeit felbft auch weruger Fleifs und Sorg- 
falt verriethe, als Bee. wirklich darinnen fin- 
det. Uni fo lieber empfehlen wir diefe Sayun- 
lung den Freunden deutfehen Gefanges, und 
uin fo williger machen wir den Coinponiften 
auf einige uns aufgeftofsue Nachliifsigkeiten 
aufmerklain. Diefe betreffen mehr die Be- 
handlung der Poefie als die Mufik an und fur 
fich. Auf die Beinigkeit der Harmonie fcheint 
H; S. die ui elite Sorgfalt gewendet zu haben, 
und das ill in unfern Tagen doppelt n'ihinlich. 
Dafs H. S. nun aber auch dabei alle Steil'heit 
und Trockenheit follte vermieden lubeu, kann 
man von ilim nicht erw.uten, da diefes erft 
die Frucht der langern Uebung und haufigeu 
Erfahrung feyn kann. Eher konnte man ver- 
langen, dafs einige todte Stellen in der Melo- 
die, die wie Mittelftiunnen klingen, nicht fte- 
hen geblieben waren: als S. 2 die Melodie zur 
vorletzlen Zeile. S. 5o, die erlt en vier Takte, 
und der neunte und zelmte Takt u. e. a. Feb- 
ler gegen die Profodie find befonders S. 19. V. 
G, a unci 4. S. 42, T. /f-6. S. 5i , T. 1-4.. 
S. oV, T. o. Nachliifsigkeiten in der Hanno- 
nie, S. G, T. 9. S. 18, T. 5. S. 48, T. 5. Auch 
habeu fich mehrere Dinckfehler eingefchlichen, 
als S. 10 im let/.ten T, fehlt das b vor dem a. 
S. i.'f , T. 3 mufs nolhwendig ein Druckfehler 
iai cler Mittelftimnie feyn. S. 4G, T. 5 mufs 
im Difk. b Itatt c fiehen: das c wi'irde einen 
harmonifchen Queerltand machen, den Hr. S. 
gewifs nitht gefetzt hat. Die oben angezeig- 
ten Fehler gereichen Urn. S. gevviUermafsen 
zur Eine ; fie find ein Bevveifs, dafs er die Lie- 
der feincm Lehrer, wie er Hrn. C. M. Hci- 
chardt in der Zueignung nennt, nicht vor dem 
Drucke zur genauen Durch/icht iibergeben hat. 
Gewifs wiircle diefer fie nicht haben fiehen laf- 
fen. Gefallen haben dem Bee. in diefer Samin- 
lung yorzi'iglich die Stiicke, S. 5, 8. 9, 10, 16, 
s.c, 55, 44, 46, 02, 56 unci 58. 

/. F. 

Drci. Sonatcn far da.t Klavier , von C F. 
G. Schiicnkc. ILtllc, ai/f Koficn des /Vv- 
fti[Jvr\y 1-89. (Koltcn in der neuen Bed. 
'M'niikh.uull. 1 l\ihl.) 
•V 2 



»3Q 



Trois Senates pour le Clavecin on Fortcpia- 
no avee l" Accomp, d'un Pi ohm. Cotup. par 
C. K G. Scnimuke. Otrnvr. 5. (Koften in 
der neuen Berl. INlufikhandl. 1 Rthl. co Gr.') 

Per talentvolle VerfalTer diefer Sonaten, 
der an Ph. E. Bach bekanntlich einen grofsen 
Mann zmn Vorganger in feineni mufiUalifchen 
Pollen gehubt hat, liefert in jenen voranftc- 
henden die Erftlinge fciner, wie fich infon- 
derhcit aus der dritten Sonate ergiebt, damals 
freilich noch ziemlich jugendlichen JMufe. Die 
Erfullung feiner Bitte, welche er in der An- 
kimdigung fchon an die Recenfenten ergehen 
liefs, und die er in der befchciden gefchriebe- 
nen Vorrcde wiederholt , ihn nainlich in Be- 
trefF diefer Sonaten Jlreiige zu bcurtheilen, 
kann man jctzt ficher dem Hrn. Verf. anheiiu 
ftellen und es ihni felbft uberlallen, an dem 
damaligen Verfuche das Gute und Schone, das 
.fich darin findet, von dem Minderguten; das 
Dahcrfti'imiende nnd Verworrene der jugend- 
lichen Phantafie, die, unbeki'umnert mn ftren- 
ge Finheit, Gcdankcn wohl oder ubel aus- 
iirGmt, wie lie fich darbioten, nunmehr felbft 
herans zu fcheiden: {internal ein dreijalniges 
Studium einen Mann von Talent viel uber die 
Zeit hinaus heben kann. Als ein folcher ver- 
jnag Hr. S. gewifs am beften zu fiihlen, wie 
es ehemals nm ihn ftand und was an leinen 
fri'ihem Arbeiten noch bieiben kann, oder da- 
von abgefchnitten werclen niufs. Gewifs alio 
wird ihm yjtzt an diefen erfitn Sonaten, die 
iibrigens gar nicht zu den fchlechten gehoren, 
die eriiiiUlcjidc Lange und Weitfcliweifigkeit, 
der huuiige Modefang, der viele Harfenbafs, 
(Son. Q.) das umftandliche Wiederholen man- 
cher Figur mid manches eben niclit vorzi'ig- 
lithen Gcdankcns, befonders bei den SchliuTcn, 
nicht gefallen (wie /. B. in Son. 5, Tlieil i, 
wo die ietzten fethszelm T;ikte recbt gut weg- 
bleibcn kunnten) und er wird ibnen inehr 
Oekonomie der Periodcn amvi'tnfchen, (als 
Son. i beim crefcendo ; Son. 5, wo der 71c 
nnd Ote Takt viillig iibeifliifsig find, fo wie 
auch in demfelbexi Falle im zweiten Theil 
derfelben etc.) 

Obfchon fich nun auch bei den Icrztem 
Sonaten manches erinnern lafst, fo i'lbertref- 
fen diefe doch an Reife und gediegenem Ge- 
halt das erfte Werk des Verf. bei wei- 
tem. Vorziiglich aber zeichnet full die 
driite Sonate in C dur aus. Das erfte Alle- 
gro hat einen fehr licblichen Gefang zu An- 
fange, und fliefst fehr iiati'ulich fort bis zu 



Ende des erften Theils, wo der Komponifi 
etlicbe unbedeutende Figuren wiederum zu 
oft wiederholt, und dariiber am Ende ganz 
matt wird. Der zweite Theil deirelben ift da- 
fur brav gearbeitet, mir werclen darin wieder 
ganz uberrliifsige Takte wiederholt (z. B. z(i 
und £7; vielleicht auch, mut. mut. , 58 unci 
40.) ~- Das Adagio cantahile ift unftreiiig viel 
zu lang, und uberdem einc treue Nachahnnuig 
der Mozardfchen Adagio's, die nieiften theils 
diefen Fehler haben. IndolEon ift an verfchie- 
denen Stellen der Gefang neu und fliefsend, 
und die Ausweichungen , welche befonders zu 
Anfange des zweiten Theils in fehr entfernte 
Tone (Tonarten", wie man fonft unrichtig fagt) 
fi'ihren, ungezwungen. — Das letzte prejlo 
fchcrzando macht dem Verf. viel Ehre, und 
zeugt von wahrem Talent. Die beiden Wen- 
dungen, wo der Verf. im erften Theile un- 
vermerkt inH moll, im zweiten an der nelmi- 
lichen Stelle ins C moll iibergeht, find recht 
ichon; nur Schade, dafs die gleich darauf fol- 
gemlen Takte, wo die linke Hand fiber die 
rechte hinauf gehet, einem Kozeluchifchen 
Gekliniper ahnlidi find, wclchem nachzuahmen 
Hr. S. eben nicht nothig hat. Das ganze Pre- 
jlo ift fonft vom Anfange bis zu Ende in ei- 
nem gleichen Style abgefafst, und macht mit 
der begleitenden Violine einen fchonen EfFekt. 

Weniger erheblich fcheinen Rec. die bei- 
den erften Sonaten zu feyn. Das erfte Allegro 
der erften Son. in A dur bleibt fich in rein em 
gefalligen nnd leichten Anfange gar nicht gleich. 
Rec. will fo viel fagen , dafs die zweite Hiilfte 
des erften Theils mit der erften gar nicht recht 
in Verbindung fteht. Auch ill die Harmo- 
nieenfolge Takt a/\. und 20, des erften Th. un- 
richtig. Das E im c.\. T. ift cine kleine 7 
von Fi.s, welche fich im 25. T. aulliifen follte, 
wo aber E im Grurule init ciner f erfcheint, 
wovon fich weder die 7 noch die 9 anfloft. 
So etvvas kann die Theorie des Satzes keines- 
weges billigen. — Der Uebergang im zweiten 
Theile, wo das Thema in D dur anfangt, 
fcheint Rec auch zu gezwungen. 

Das Andante cantahile hat einen fchonen, 
fortftromenden Gefang. — Im dritten Stiick 
diefer Sonate, Tempo di mf/iuetto, ift gleich 
im erften Takte das dritte Viertel A im Bafe 
felirplatt; fo wie aufserft hart das B im achten 
Takte. Auch macht die Violine in der Mitte, 
wo lie der Verf. fehr tief fetzte, gar keinen Ef- 
fekt. Gegen das Ende aber legt der Verf. das 
Thema in den Bafs, nnd arbeitet es gut durch. 



■>" 



Die zweite Sonate hebt mit einem Adagio 
an. Das gleich darauf folgende Pre/to ift, be- 
fonders fur das fo fchnellc Zeitmafs, zu ki'inft- 
lidl oder vielmehr zu gekunjlelt. Yx.ec, ver~ 
kennt nicht die Arbeit mid den Fleifs, wel- 
cher darauf verwandt worden ift, viel weni- 
ger die contrapunktifche Kemitnifs, die dcr 
Verf. befonders im Anfange des zweiten Tbeils 
in vollem Lidite fehen lafst. Allein er wircl 
ihm erlauben, dafs er das Ganze demungeach- 
tet fur ileif mid gezwungen erkliirt. Wenige 
Stellen thun -mit der Vinline Effekt, mul wie 
gefagt, das Ganze ift zu ranh , zu voll ge- 
pfropft, hat zu weiiig edlen Gefang, unil ift 
mit Harmonieen, ocler wie man es oi't lieber 
nennen mogre, mit Disharmonieen zu iiber- 
laden. Man fehe mir miter andern die aufserfr. 
disparaten Fortfchrcitungen, pag. i3 , unten, fo 
-wie p. i5 oben, wo hier wenigftens durth Um- 
kehrung des Ba files die ganz uncrtraglichc Ha'ite 
etwas hatte gemihlert werden kciniien. Schade 
fiir folche Bi/.arrerien ! 

Das darauf folgende Moderato ift nati'ir- 
licher. Der zweite Takt des zweiten Theils 
der erften Variation almit febr fchon den er- 
ften Theil nach; nur wiinfcht Rec, den unhar- 
moniichen Qneerfiand bei Takt 6 urid fort, 
wo sis im Bafs auf g in der rechten Hand fa' lit; 
eben f*> Takt 5 , wo d nnd f in der rediten 
zu cis im Ball'e angefchlngen werden. Die 
•zweite Variation in D dur zeiclmet fidi befon- 
dcrs dmch den fliefsenden fthonen Gefang der 
Violine aus, die, ohne fich an die neue, mi- 
gezwungene kontrapunktif( be Klavierbegleirunsj 
zu binclen, wie ein murmelnder Bach limit 
dabin fdileicht. — Die driUe Variat. ift zu viel 
von der erften kopirt. 

Rec. bat aus Aditung fiir den Urn. Verf. 
lich diesmal fo genau auf Einzelnheilen einge- 
liuVun, nnd wvnifcbt fowohl, dafs derfelbe als 
ein talcntvoller anftrebender Kiinftler fiber den 
Tadel bin mid wicder weder bofe werden, 
nodi uns Sachen von fehier Arbeit, fie feyen 
nun Sonatcn oder etwas anders," lange vorent- 
halten moge. 

C. & 



Ei:ic macJits rr/'c die andr/f, oder, die Sc7iu- 



le. dcr IJcbimb-. ■ , Over in ziuei 
gr;iy -vcni Kajjellinrijler Mozart. 



Aufz 



ZU' 



107 

Nach der Hochzeit de9 Figaro, welche, der 
Meinung des Bee. gemafs, nnter alien tbea- 
tralifchen Werken Mozarts den Vorrang be- 
bau])tet, ift diefe Oper unftieitig die vorzug- 
licbftc. Selbft diejenigen klcitwi Flecken, wei- 
rbe eine , idi mocbte fagen, mikroskopifche 
Kritik an den beiden ATeifterwerken , Bclmon- 
te nnd Conjianze unci JDom Juan zu linden 
wufste: die zuweilen zu concertartigen Arien 
in der erftern , mid die hie nnd da etwas ge- 
fucbten Harmonieen in der letztern Oper, bat 
der Verewigte bier auf eine febr gliickliche Art 
zu vermeiden gewufst. Befonders find die viel- 
ftimmigen Sachen von einem Ausdruck und 
einer Schiinheit, die Jich eber fuhlen als be- 
febreiben lalfen. Gleidi eins der erften Qnin- 
tetten, in welchem die Liebbaber Ablchied 
von ibren Geliebtcn nehmen, mid ibv Freund 
fie ironilch triiftet, ift ein Meifterftuck der 
Bearbeitung. Wie tie/Tend z. B. der Aus- 
druck, bei den Worten : „Rubig, Freunde! 
hat nicbts zu fagen!" Das Finale des erften 
Acts ift durch mid durcb vortrefflich. Im 
bocliften Grade ausdrucksvoll nnd paftend find 
die cbromatifeben G;'inge bei der Stelle, wo 
die Liebbaber vergiftet zu feyn vorgeben. 
Nicbr. minder vortreflicb ift die komifdie Stel- 
le des als niagrietilireivden Arztes verkleide- 
ten Kamnicnnndcbcns, und dcr erfebiitternde 
Sdilufs dieles Final?. UnverbelTerlicb febon, 
mid eines belfern SlufFs wiirdig, ift die Arie 
der er/len Simgerin: „W'ie die Felfen etc." 
Welch cine Grol'se in .lem Thenia, mid welch 
cine Win ile in der Au>fulining! Das Duett des 
zweiten Acts: „Ja rerl.leidet" ift originell mid 
zui'leich roll der fiil'seften, hinreifsendften 
St<.llen. Die Arie: „Miidchen, liftig feid ihr 
alle etc. " kann als IVInfter einer komifchen 
Arie angefehen werden. — Hier, bei der Re- 
cenfion eines Mozartfcben Werks , fiihlt man 
es, wie aufserft niangelbaft nnfere jnufikali- 
feben Bccenfioncn i'ibeibanpt find; weil man, 
ohne nicht ganze Bogen anzufiillen, nicht im 
Stande ift, audi lmr die nllernotbigften Bei- 
1'piele anzufiihren. Wie felir ware es doch zu 
wi'infchen, da!s man ki'mftig c' ; e in der Mufik 
zu unterrii btenden Kinder zugleicb mit der 
neuerfundenen Schnlrjfcitcn Taljlatur bekannt 
macbte; um wenigfteiis khnftigen Generatio- 
nen ein Mitt el an die Hand zu geben, fidi im 
mtifikalifd;en Fadi, fo wie im'litterarifchcn, 
durch Beifpiele verftiindlich machen zu konnen. 



T 3 



i38 



8. Forlfclzung der freimutlilgen Gedaiiken fiber das erfte Heft des 

muOkalifclien Wochenblalis. 



"■> 



) r~ 



Und nun zur Sache! 

S. 5. Sollte der Zufatz zu di'in ' 
fchen Lexicon der Tonki'mftler: Aca'aft i 
fckricben wohl zweckmaTsig feyn, una .ollte 
man von Hm, G, wirklich verlangen diirfen, 
dafs er folche Manner, die Xich als Dilettanten 
wn das Opemtheater iiberhaupt, oder gar nur, 
wie diefer, urn die Mafchinerie verdient ge- 
macht haben, unter die merkwi'irdigen Ton- 
ki'mftler aufnahme? Wo wiirde das hinfiihren? 
Mich di'mkt, Hr. G. hat nur fchon viel zu viel 
Artikel der Art in feinem Lexicon aufgenom- 
inen ; ich jnnche diefe Aimierkung ungern, 
denn der Artikel an fich hat niir viel Vergni'i- 
gen gemacht, aber darmu fcheint fie niir doch 
gerecht und wichtig. *) 

S. 5. In den beiden zufammcngefchobe- 
nen Nachrichten von der Oper Axur befmdet 
fich ein unangenehnier Widerlpruch , das Ver- 
dienft der Sanger betreffend. Der Auffatz er- 
halt cladurch etwas fchiefes. 

Die erften Stucke en thai ten zu viel yon 
Berlin , und der interefl'ante Inhalt der Beur- 
theilungen und Nachricliten haben den Lefer 
kaum vor der gewiihnlichen Wirkung folcher 
Einfonuigkeit iichem konnen. **) 

S. g. Die Oper Olhnpiaue ift: hier fo 
beurtheilt, als konnte der Lefer die Parti tur 
davon vor Augen haben. Doch ift fie noch 
nkht OfFcntllch erfchienen. Diefes hat fi'ir den 
Lefer den Nachtheil, dafs ilim vicles unver- 
liandlich bieibt, und oft das Verlangen nach 
eincm Stucke, das er doch nichl befitzen kann, 
I'elir iebhaft wird. ***) Ich bin wahrlirh nicht 
geneigt, an der Yoi'treflithkeit der Conipofi- 



tion diefer Oper zu zweifeln, oder den aner- 
kannten Verdienften des Hrn. C. M. Reichardt 
zu nahe zu treten, aber doch hat es niich be- 
fremdet, dafs diefe grofse ausfuhrliche Beur- 
thcilung an jeneni VVerke nichts zu tadeln 
fand. Mich diinkt, ein folches Lob niiUle ej- 
nem Manne, wie Hr. 1\. felbft weniger ge- 
f all en, als gegrundeter Tadel neben vvohbuo- 
tivirtem Lobe. 

S. i2. In der Beurtheilung einer coini- 
fchen Oper fcheint niir die Anfuhrung zweier 
ernlHiaften, die Kirchenmufik betrefi'enden 
Schriften unfchicklich. 

S. i5. Die Operette , / Zingari von Pai- 
fiello , mufs fehr fchlecht in Berlin aufgefuhrt 
word en feyn, dafs der Beurtheiler fo kalt fur 
die allerliebfte reichhaltige Mu/ik hat bleiben 
konnen. Sie fcheint mir cine der unterhal- 
tendilen Compofitionen der Art zu feyn. 

S. 20. Wenn die Oper Dario von Alef- 
fandri nicht ganz und gar fchlecht ift, fo hiitte 
doch, di'mkt mich, ein anderer Ton bei Beur- 
iheilung derfelben getroffen werden miuTen. 
Die augenfcheinliche Schonung, die hier und 
da die Ha'rte des Urtheils mildern foil, machc 
es nur mn fo beleidigender. Hr. Alcffandri 
liat zwar nirgend mit feinen Arbeiten grofsen 
Beifall gefunden, und es befremdete die gauze 
nmnkaliiche Welt, ilm in Berlin zur Zeit der 
neuen brillanten Epoche neben Rcuhardh und 
Kaumami auftieten und gar neben deiu Evllen 
feftun Fufs fallen zu felm: doch kann man es 
fich kaum vorfielleu, dafs Hofcabale bei cincm 
kunfiliebenden Hole die dreimalige Wieder- 
holung einer ganz fchlechten Oper folltc bc- 
wirken kiiunen. 



*} Voltaire fagt*. >>das crfle Bediirfnifs eines Bnchs 
id, dafs es geh'IV-n werde, und das notliweiidig- 
ftc VenUeiilt de* ScnriftfteHcrs, dafs cr fein Bach 
au^euehni and ii-sbar rnaclu'." Es wiirdi* zu 
weit iulireu, wenn wir dicfon Gedankun in Bc- 
zicluing auf obi^eii Artikel liicr ausfrilu'ua woll« 
ten, lJcr liningc BricfTrlircibcr wild nns fcluui 
■vi'r'itehen. Ueb"ii^':ns giebt dur Ariikcl Ace. auch 
vim dem danialigcn /^.uftandu ilm' Opci' iu lt*- 



licti eiiU'ii anfclididichen Bi-grilT. 



A. J. II. 



**) Der Vorbericlit befagt, dafs man wegen der 
damaligctt brillamtn an mii/icalifclicji S.Jiaufn'u'- 
Jru fo rcichen Zcit in Berlin das Wo.;h<.iibJait 
cben daniah angefau^mi liabr. Die Forifciznng 
ift um fo rcichhaltij'rr ccworden, 

A. d. II. 

«*M Das Woclienblati: hat j.r fiftercr ang«kftndigf # 
<bfs die eiiizelnen Singe/lilcke , und Balletic aits 
dor Oper Olinipiado abfcFiiiftlich in der rtcucn 
Ui-rlinifchca Mulikli.widhmg z\x haben find. 

A. </. Jl. 



»3 9 



S. £7. Das Lob, das h«er den belden Sin- 
geftucken : Orpheus und die Grazien von Frie* 
cirich Bcnda beige] eg t wild, fcheint mir par- 
theiifch, wenigftens gcgen andre flrenge abge- 
fertigte Werke, zu fchonend. 

Um niclit zu fehr ins elnzelne zu gehn, 
fei es mir erlaubt, iiber die Hrn. C. S. und W. , 
die ich beide niclit unter diefen Zeichen er- 
kemae, ein Wort iiberlmnpt zu fagen. Hr. C. 
S. fchreibt niit grofser Ldjhaftigkeit, und in- 
tereiTirt faft innner, auch find feine Auffatze 
voll feiner gegriindeter Critik, wiewohl man 
auch wieder hier und da crkennet, dafs er 
felbft kem erfahrner Kiuiftler feyn mag. Sein 
Ton fchadet ihm aber fehr. Er nimmt die 
Backen zu voll und fpricht zu fcharf ab. 
Beim Schonen ill er faft in niter zu hoch aus, 
behn MittehnaTsigen zu wegwerfcnd. Diefe 
Bemerkung entftand vorziiglich bei der iibri- 
gens fehr reichhaltigen und interelfanten Beur- 



theilung des Oratoriums, Hlob von Dittersdorf, 
S. 41 und 4.9. *) 

Hr. W. macht in feinen Nacluichten vom 
Berlinifchen Nationaltheater manche richtige 
und feine Bemerkung, auch find mehrere Ur- 
theilej von Aen Convpofitionen der Operetten 
gegri'indet. Doch verfallt er oft in den fata-, 
len Panegiriftenton. Sein Urtheil iiber Mo* 
zards Doti Juan, ift hflchft vibertrieben und 
einfeitig. Nieniantl wird Mozard, den Mann 
von grofsen Talenten und den erfahrnen, reich- 
haltigen und angenehuicn Coniponiften ver- 
kennen. Noch bab' ich ihn. aber von keinero 
griindlichen Kenner der Kunft fur einen cor* 
rekten viel weniger vollendeten Kiuiftler hal- 
ten fehn, noch : weniger wirtl ilin der ge- 
fclunack voile Kritiker fur einen in Beziehung 
auf Poefie richtigen und feinen Coonponiften 
halten. 



*) Da der Hr. Verf. obiter Noten inm Texte <les 
Wochenblatts midi in Pcifun, als Mitarbeittv 
C. S. critifirt, fo mufs ich ja wohl auch als ful- 
dier niich dariiber crkluicu; und dai time ich 
denn, wie folgct. 

Es kann jedem wold licb feyn, r.n verneh- 
men, was fein Gcfchrtibe fiir cinen EiTekt anf 
einen gefcheiitcu und, wie cs Jiier wenig/teiis 
fcheint, der Sadie ktindigcn Mann niacin, IiufiT- 
1'en, wie will dock ein dritter, der offers we« 
der mit dom Locale, noch, wie er I'd b ft fae;t, 
niit den recenfiricn Werken bikannt ill, die tJY- 
theilc andercr Lcute darubcr wieder am vor fdn 
einzelnes Forum zidiui , und dariiber bdiinmi- 
ten Ausfprucb thun? J/1 das niclit gerade d.is, 
■was er an mir laddn will, Jfarte und Abfptc- 
clien? Es matr innner f( \ 11 , dafs niciu Tadd zu- 
weilen ctwas'"milder hade ausgedriickt fey 11 k<"m- 
nen, und dafs das nalie und fdiaife Einwiiken 
dev Gegeii/lande, die fogleicli der Beuiuieilting 
vnrlagen und von -welclien zuweilen fciuu-lle 
Rccheiifchal't cegeben worden rnufste, einii;en 
Theil daran geliabt luben konne. Allein, i/f in 
RccenJionen mir Urbanitat, und ich iioffe, nicht 
da wider vcrflofsen zu haben — fo l'afst flcli iiber 
den Ton chridben billigei"vveifc welter nichts 
votfehrciben. Jeder, fagt Lulling, rede wie ihin 
der Schnabel gewadifeii i/t. 

So wie es nun aber McnfcJien giebf, -welclie 
in ihrsm vrrltdivten Simit , der oft fflv Kunfi- 
rifliterfinn geltcn fol', fich aegen das ubcrwalti- 

frnde GefiiJil de5 Sdi6non geratJezu ftiauben> ficJi 
es Eindrucks dc/Itlben fcLain^n » und mit jvdem 
h?rzlidicn Anshnck drrEmpfniduiig vornelnn an 
f»ch htiitcn, w.iliixnd ,-,.i,(l>rii dirlichm Lenten 
vor Kithriing tuid IVii r^eftiiil Thranen in dtn Au* 



gen zittern? eben fo gitbt es wiedr-rain ander«>, 
welclie in Sdiriften und im Unie,ane;e iiberall, 
audi wenn von Wabrlieit die Kcile Hi, itratz- 
fi'sfsdey treiben, aus Mcufdienfiirclu otler ver- 
mdnttr {icf.illigcr Lebemart Allts, audi das mat- 
te mid kraftlofe i\liudjn.ifsi»u, gar Jiuirlidi und 
faubt-riidi finden, ficli nie tin be/iiunutes und 
drtiftt-s Urtheil eilauben, alle iluu Gcclanken in 
kleine Ktipfermunzen anspragen und fo zuzaJiltn, 
und den Mann, wie die Sadie lauerfam muli.ngft- 
lich umgehen. ~— Meine Leute find iie nidir, diefe 
Herrcu, die nidit kalf nodi warm feyn konnen ; 
imd weder der Umgang, nodi die Sdirifi/Ldlerei 
und nanientlidi die Katik, habea nocli jue durcU 
£u gewonnen. 

Wenn nun alfo jemand fich irgendwo derEin- 
vrirkung dt-s Schonen von ganzem Herzeu iiber- 
lafst und audi feine Lefer gcrn von deiidben Em- 
pfiudung erwarmt fdien mogte, dann i/t er zu 
hoch aus? Dann iiimnit er ( follte dicle Pbrafe 
wohl den Grazien gefallenV) die Backet zu roll? 
— Wo es in einem an Raum fo eingcfchr.inkten 
Ulatte mir iminer anging, Achcn die Griindc mei- 
iier Urtheil e allemal da, wie dem Hrn. Einfen- 
der der Verfolg diefer Schrift fattfam mufs be- 
wiefen haben ; und i/t dem irgendwo fo niclit, fo 
wird das bei diefer Zeitfdirifi wohl nicht mdir 
anf lich haben, ds es bei alien gelehrten Zeitnn- 
gen anf /ich hat. Notenbeifpiele — fo dienlich fie 
an /Ich w.iren — haben doch ihr Unbeqnemcs in 
Sdmitcn diefer Art; ubrigens aber miifste man 
doch auch, folk 1 ich nieinen , einem Reccufen. 
ten, der /ich fon/i diufes Namens «icht mi. 
\VLiih macht, ciniges zuweilen anf fein chrli- 
ches A'V ort glauben koiiuea. Sat Jatis i 



- S. 34- Die Biiofe au3 Rom warden fehr 
gewormen haben, wenn man erft mit clem 
Sten Briei'c! angei'angen ha'tte. Die erften bei- 
den waren zu unbedeutend unci liel'sen die 
Wicluigkeit der folgenden auf keine Weife 
vermnthen. *) 

S. 4-3. Die Recenfion fiber Schulzens Ali- 
ne erinnere icli mich fchon mit der Unter- 
zeichnung von J. F. R. in irgend einem 6f- 
i'entlichen Blatte gelcfen za haben. **) Sie ill 
vermutlilich (lurch ein Verfehen ins Wochen- 
blatt gekommen ***), da die Herren Herausge- 
ber fich diefer Oeconomie, wodurch das Cra- 
merfche Magazin banquerout machte, ferner 
nicht fchuldig gemacht haben. 

Die Recenfion fiber Clementis Sonaten 
fetzt den Lefer in eine unangenehme Verle- 
genheit. Sie macht begierig nach dem Werke, 
unci liifst nicht erfahren , ob es geftochen oder 
gedruckt zu haben ift. ****) 

S. 45. Bei der launigen Rede des invali- 
den Trommelfchlagers Hans Fritz mufs der 
Verfaifer einen befondern Zweck gehabt haben. 
Sonft ha'tte der Lefer fie wohl mit der darin 
erwa'hnten Anweifung zum Trommelfchlagen 
zu lefen bekommen. *****) 

S. 5i. Den Schlnfs der ausfiihrlichen Re- 
cenfion iiber Dittersdorfs Hiob ha'tte ich lieber 
als cine befondere Abhandlung ausgefi'ihrt ge- 
i'ehn. 

S. 57. Bei den Beitriigen zu Gerbers Le- 
xicon entftand der Wunfch bei mir, da fa Hr. 
Capellmeifter Reichardt doch audi die in der 
ausfiihrlichen Recenfion in dor allgemeinen 



Llfferaturztitung bios angeclenteten fehlenden 
Artikel weiter ausfhhreii miige. Sie fuui 
ganz verfdiieden von den feinigen, mil ver~ 
r.tthen in Vergleich mit diefen von giois- 
teniheils praktilchen Kimftlern, den Anthuia- 
rius in der Kunfr. f) 

S. CO. Bei dem fehr interefxanten Briefs 
aus Paris rhut es clem Lefer oft herzlich wehe, 
dais alles fo kurz abgefertigt ift. Mochte der 
aufmerkfame reriia"n(li2,e Brieffchreiber nn$ 
doch umftandlichere 3\aclirieht von den huchft- 
intereilanten Dingen geben, die er hier nur 
eben beri'ilnt. ff) Ilr. Forkel findet an ihm 
einen neuen ftarken Gegner in i einem Eifer 
gegen Gluck unci die fiaiizbfifdie Oper iiber- 
liau.pt. 

S. 73. Barneys ziemlich einfeitige Ab- 
handhmg iiber die mufikalifche Kritik wild 
der vortrefliche Ueberfetzer ftt) oc ' er ( ^ e r * er ~ 
ren Herausgeber hoiFentiich niclit ohne Bench- 
tigung lailen. 

5. 9D. Das Abbrechen interc/Tanter Auf- 
fiit/c unci RereiiuoiU'ii worden die Merren Her- 
ausgeber doch wohl kimL'ug iimner mt-hr zu 
vermeiden fnchen. Warum follte nicht oft 
ein gsnzes Blatt mit Einem intereiTantcn Auf- 
fatze gefiillt werden? Ueberhanpt wi'mfchte ich 
dem Wochenblatte eine etwas beftimmtere 
Form. Es fchwankt wohl noch zu fehr zwi- 
l'chen Zeilung mid eigentlichem Wochen- 
blatte. fttt) 

Bei den jedem Blatte beigefi'igten , den 
Lefern fehr willkommenen MufikftUcken will 
icli nur amnerken : da Is Aline von Sc/atlz wohl 
fchon in zu vielen Handen ill, als dafs man 

nicht 



") Umgekchrt war' os dock wohl nicht bcfler gc- 
wel'en. Und daun cidn es Lefer, dcncii tlas ge- 
iiauc Verzeidinifs der Fefilidikciien in den er- 
ften Biicf'eii nielli' ill, als alius folgciule llaifou- 
Jicnient. 

A. a. II. 

*■*) Gaiu recht! ***) und abermals lxclul 

'* '•*) Tii London bei der im Artikel Clementi mit. 
gethciJteii Adie/fe find aJle Arbeiten diefes Moi- 
ilvrs zu lubcu. lut audi die neudleii in der 
r.ctien Deri. MtifikJiandlung. 

**♦**) F.s ill nifhrevon Lefern fu gegan^cn , d.tf.. do. 
die Aitgcu im Erultc ;iuf jciie Aiivveii'iin^ gdid'u c 



haben. So was h.ingi nun einmal von deu Au- 
^eit del Lefer ab. 

f) Der Wink foil benutzt wciden. 

|j) Diefer bravo deutfdie Kiiu/ller, der nodi in 
l'aris h-bt, hat dem Wudicubl.uie nnififtndJirheie 
Jsaclni Jitcu l;lu»rt /nirrf.ijj,t : wir IiofTen, dafc er 
dii .fft Zulag;e audi b.'.ld cri'iilleu wird, und for- 
dci'ii ihn hicrdurcii von nciicm da?.u auf. 

Hi) Wir wftnfdu-n fdir, dafs Hr. Pr.Efdienburg 
diife Aii/Torderung .inneinnen niogol die Kunft 
wiirde gowifs dabei CfV.uir.on. 

if ft) Durdi die vi iMiiiiuiic I'.irm de.5 Bl.uts ift die- 
Iciu rcdlyii l/vbel abixhulkM V.'uidei!. 



*4* 

■rueht lieber ein' ancleres fchones Stuck dafi'ir nen Saroyarden von Daillarae find eben 
gewiinlcht hatie. *) Und die Rmnanzen aus nicht gel'chitkt, beiui Clavier Vergnugen zu 
Axur von Salleriy und aus den beiden klei- geben. ") 



g. Theateniacliricliteii aus Paris. 



Man giebt feit einiger Zeit im Tfie'atre 
de Mile. Manleitfier den /Hix de Beaucaire, 
Operette in drei Acten, -vsm Herrn Boulhil- 
lier , in Mufik gefetzt voai Herrn Highc-l. Der 
lnhall des Stiicks ift aus dem IJ'Ju;jfanaiis de 
Vhomme J'eiifible , des Herrn Arnaud gezogen. 

Die beiden erften Acte liaben einige Lon- 
gueurs, die lcichr. zu heben waren. lxu Gan- 
zen hat dies Stuck den Beifall verdient, den 
es erhalten hat. Dafs die Mufik vom Hrn. Iii-g- 
heliR, fcheint Fiir die Giile derfelben fchon ge- 
«ug gefagt. *") 

lm TJicaLrc de la rue de Louvois ftndetZe- 
lia, eine Operette in drei Acten, von dem Hrn. 
JDubuiffon, in Mufik gefetzt vom linu JDes- 
fiayes, immer grolsen Beifall. 

Es ill fehr angenehm, wenn man denl 
Publ. von einem guten und wohlverdienten 
Erfolg eines Stiicks Nadiricht geben kann. 
Derjenige, den Zc! : a erhalten hat, lafst nichts 
zu wimfchcn iibrig. Die Anlage, das grol'se 
Intereire des Gedichts, die Schonheit, oder 
viclmehr der Heidillium von grofsen Wirkun- 
gen, womit i'lberall die Mufik brillirt, alles 
hat da/u beigeiragen, den Entbufiasnius des 
Publikuius hervorzubringen, der machte, dais 



es am Ende die Autoren und alle Acteurs her- 
ausrief. 

Wir find abermals den allezeit to erfin- 
dungsreirhen Djutfchen , die unfer Theater fo 
bereichert haben, diefes Snjet 1'chuldig. Ze- 
lia ift nichts anders als Skellu von Guthe. 

Die Mufik kann als ein Meifterftiick in ih- 
rer Art betracluet werden. Das Finale des 
zweiten Acts ift befonders ein Stuck, das den 
beften deutfchen und ilal. Compofitionen an 
dif Seite gefetzt werden kann. Sie ift indef- 
fen von eineju Franzofen , der fich aus Be 
fcheideuheit nicht dazu bekennen wollte, und 
dem fie die grofste Elare macht: es ift Herr 
JDcshayes, der Componift des faux ferments 
und anderer Werke, die ebenfalls nicht fchlecht 
find, indeflen doch diefer Conipofition nicht 
gleich konimen. Das Gcdicht kann niclit bef- 
ler angelest werden, als es wirklich ift. Wenn 
die Entwickelung nicht ganz genugt, fo mufs 
man bedenken, dafs es wohl die fchwcrfte Auf- 
gabe war, die ein Verfafl'er fich auflegen konn- 
te. Der zvveite Act aber ri'ihrt bis zu Thra- 
nen , und erregt beim Zufchauer eine lebhafte 
Theilnahme, ohne ihn in Schrecken und Ab- 
fchcu zu veifetzcn. 



*) Der Ilerausgcbev und die Cnninuffionare wif- 
fon am bcflcn , ob jencs fdn'ini: Work mifers 
Schulz fcluiii fo aU^cnibiu vcrbveitet ift, als us 
iu fey ii vci'dicnt. 

**) Das liogt im VYcfen ucr nenodifdien Sc7irift.cn, 
dafs niclit alios alien go-fallen kann und darf. 
Der all". Liu. Zoihui" gefideii alle Stiicke bis 
auf zwei gaiiE vtifdiictuiiu s>.n orn/ihafte, die die- 
fora Kritikor wittier -•- fallen ljabc.11. 



Ob wir die cinsrclaufnen Bcmcrknngen un- 



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fun tinoji-iinniitrn Kiuikers Tiber d.is zweitc Ilufl 
des VVu. iienbl.iiis ebon fo bei'eilwillig inirtlici- 
loii fullo.'i, wild vcni dem Urilicilt! unficr JLrfer 
abliano,!!. Diefer mid jnier giebt fich vicllcidit 
dicAItdic, nns luoriibei leinc^Meinung zu fagen. 



J. d. H. 



") In Dciufdiland wolil eben niclu. 



J. J. H. 



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Aus der Operette: die Cantons Revifion, von W. F. Halter. 







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Poco Andante. 



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weit. Lafst; Seufzen und Kla-gen, wir wollen nicJit za - gen! ver-gef-fet die Zukuufr,'wii' 







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le - ben noth hcut ! Cc - fi'ilh ift der Burlier, dns 

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En -de iiocli weit. 



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Was fenfzen , ivas klagen ! den Becher gcfullt J 
Oft hat er die Snrgru der Liebe gefiilJr. 
Was Tcliadet die Narbe und vrcniger S.ddf 
Es find ja Jem JCriegcr die Madchcn fo hold. 
Chor. Lafst SutiLaii und Klaacn! 
Wir -wollen nicht zngen! 
Cejaucnzet iJir Binder, den Ucchcr geffilltF 
Scliou oft Jiat die Eoigt.ii der JJeclicr gcftillt! 



Lafst Seufzen nnd St&hnenf tins Iohiiet das Glttek, 
Wir kchrcn einft fuller als Sieger zurflck I 
Dcnkt Vaier und Mutter die jnhf-lu fo lant! 
Und dnnn wird din SiliOnfle dts Tapfur/ten JBraiit, 
Chor. Lafst Seufzen und Stohntn I 
Es lcben die SchOnen, 

Uns lolmc die Liebe, tins luhnc d.iS Gli'ick! 
"W'ir kchren einit flcJitr als Sieger zurtick. 

v. Pazha. 



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Kleine Handftucfce, von D. G. Turk. 



No. 4. Allegro modorato. 

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Han ns ohno Sorgen. 



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No. 5o. Aiulantino con tcncrezxa. 

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Die zartlich Liebenden. 



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MUSIKALISCHE MONATHSSCHRIFT. 





X. • 






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S .4E C H ST E S 


S^T U C K. 


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December 


1792. 

1 



BERLIN, 

in der neuen Berlinifthcn Mufikha ffdlung. 






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I n h a 1 t. 



Seite 
i. Fortfetzung der Gedanken fiber den Ur- 
fprung und den Gebraueh des, Septime- 
quart- feeundaccords. 14.5 

S. Ueber Herrn Profeflbr RahbekS Danifche 
Liedertexte, vom Herrn Kapellmeifter 
Schulz. i5z 

3. Ueber die Natur der Tone. Fortfetzung 
des fan erften Stuck enthaltenen Auffatzes 
vom Herrn Confiftorialrath Horftig in 
Detmold. i53 

4. Nachrichten aus Briefen. i5g 

5. Recenfionen , iiber 

a) Sammlung deutfcher Gedichte, in Mu- 

fik gefetzt von G. C. Grosheim. 161 

b) Trois Sonates pour le Clavecin on For- 
te Piano compofces par A. E. Miiller, - 

c) Zweiter inufikalifcherBIumenftraufs. 162 
d) Seize Chorals , compofcs par Mrs. Rei- 
chardt, Giinlich, Zelter, Kunzen etc. i63 



Seitf 
e) Conr. Gottl. Aritons Verfuch, dieMe- 
lodie nnd Harmonic der alten hebrai- 
fchen Gefange zu mtzifFern. »<H 

6. Noch einige merkwiirdige Stellen von 
und iiber D. M. Luther. 166 

7. Magia harmonica. 167 

8. Nachricht von achten alten italianifchen 

"Inftrumenten. 168 

g. Die Herausgeber an Hrn. B. v. W. 169 

10. Ein Wort an Hrn. Schwenke in Ham- 
burg. • — 
-ji.. Nachricht. — 

Mufikjli'tcke. 

1. Elyfunn, von F. VV. Rufh 170 

2. Verfetto. Aus denl LI. Pfalm, von Hrn. 
Carl Fafch. J 172 



Mufik zu Goethe's Werken, 

von Johann Friedrich ReichareLt. 



Die meiften Mufikfreunde, die fich fur die 
Herausgabe diefes Werks interelfiren, wiinfchen, 
dafs mit der fehr beliebten Compofition von 
Erwin und Rlmire der Anfang gemacht werden 
nidge. Wir niachen deshalb bekannt, dafs der 
erfte Band diefe Operette im vollftandigen 
Clavierauszuge, der auch die Recitative liefert, 
enthalten und zu Oftern ohnfehlbar erfchei- 
nen wird. 

Da der Band dadurch aber wenigftens dop- 
pelt fo ftark wird, fo betragt die Prannmera- 
tion zvvei Thaler in Golde. Der Ladenpreis 



wird nach Verhaltnifs der Bogenzahl merklich 
erhohet werden. Anfser der unterzeichneten 
Handlung nehmen die nieiften anfehnlichen 
Kunft - und Buchhandlungen Pranumeration 
an. Jeder Kunftfreund , der Luft hat, fich da- 
fur zu bemuhen, erhalt das fechfte Exemplar 
frei. Nur bitten wir uns fo baW als miig- 
lich Nachricht dariiber aus, nm die Zahl dev 
Abdri'icke darnach beftimmen zu konnen. 

Berlin, den i5ten Dec. 1792. 

Die neue BerliiUfche Mujikfiandlurig. 



Aus einer vorrathigen Sammlung von 
lelchten Cluvierliedern , die auf gute Verl'e ge- 
fetzt find, will ich eine forgfaltige Auswahl 
treffen, und die, welche nach des Hrn. Kapell- 
meilier Reichardb Urtheil die beften darunter 
find, in kurzem herausgeben. Einige davon 
ftehen in den beiden mufikalijchen Blurnen- 
Jlraiifsvn, und alien habe ich mehr Leichtig- 
Jceit und Anmuth im Gefange und mehr Kor- 
rektlieit in der Harmonie und Begleitung zu 
geben mich bemiiht, als in meinen fri'iliem 
Liedcrfammlungcn wohl anzutreifen feyn mag. 



Der Pranumerationspreis ifl 16 Grofchenj 
und da ich den Ueberfchufs fur eine gute, aber 
arme und unverforgte Familie beftimme, fo 
kann ich menfchenfreundlichen Collekteurs 
wohl nicht gut eine Provifion fur ihre Benin* 
hung anbieten, 

Man .adreifirt fich dieferhalb in Halle an 
Hrn; Mufikdir. 7}'trk, in Berlin an die neue 
Berlinifche Mufiklmndlung , an die Akadem* 
Kunfc - und Buchhaiidluug und an den 

Hofrath C. Spazier, 



MUSIKALISCHE MONATHSSCHRIFT. 

SECHSTES STUCK. 



December i 7 9 z. 



I 



1. Forlfetzung der Gedanlcen uber den Urfprung und den Gebrauch des 

Septime- quart- fecundaccords. 

An den YcifaJTer dcr kiitifchen Briefe an einen jiingcu Tonfctzcr. 



eh inula bei Hirer Abluitung des Septhue- 
qiutrt - fecundaccords anfaiigen, denn diefe ift: 
mein Hauptgegner. Ich fetze Hire Worte, zu- 
fammengezogen, aber den Sinn nicht verftiun- 
melt, her. 

„Der (Seite 11.) Septime - quint- quait- 
„recundatxorc! ift die vierre Umwendung des 
„ ui.it der Undecime verbundenen kleinen Sep- 
„timenaccordes, worunter " (das Exempel ift 
ziainlich in C) „G der Hauptklang, h die gro- 
f ,fse Terz, d die reine Quinte, f die kleine 
M oder Unterhalhings- Septime 1 und c die gro- 
„fse Undecuuc m : 

u c 

I f 
5 d 

3 h 



G G 



„Hier find drei Confonanzen, G, h, d, 
„mid zuei DilVuiiaiizon, die Septime f und 
„und die Undecime c. In der vierten Um- 
„weiichmg bekommt der Accord die Geftalt, 
ft in welcher er bier zu beleuchten ift: 



n 


h 


5 


g 


l\ 


t 


1 


d 



c c 



„Das h, welches in diefer Umwendung, 
„dcs veranderten Verhaltnifles wegon, die gro- 
use Septime als eine liier vermeintliche Dif- 
„fnnnnz vorftellt, ift feinem Urfprung nacli 
„eine Confonanz; folglich ift die gewohnliche 
^Benennung der in die Octave /ich aufwarts 
„auflofenden Septime fehr uneigentlich und 
„falfch. Die Undecime c nuifs, weil die Dil- 
„fonanzen nur unterwarts ihre Auniifung Ari- 
sen, fich ab warts in h auflofen. JUit clem f 
„als der Unterhaltungsfeptime hat es gleiche 
„Be\vandnifs. Das f und das c diiloniren 
„beide, aber letzteres weit ftarker und verlann 
„durcliaus die Auflofung unterwarts in h. Ein 
„Beifpicl von der richugen Vorbereitungs- und 
„Aulluinngsart des Accordes ware deiunach 
„t'olgende5 : 



8 
5 

3 



11 

7 
5 

3 



10 



8 
8 
5 

5 



C G — G 



„und in der vierten Umwendung: 

n 4- 

8768 
5 5 5 5 



C C H C 



welches in Noten fo ausneht, das erUe: 
X 



j46 



c — • h c 

g f — e 

e d — c 

h - g 

C G — ' C 



„tmd die vierte Uinkehrung fo: 

c h d c 

e f — e 
d 

C C H C 

„ Von diefem Septime- quart- fecundao 
„cord ift eine gewifle fehr bekannte Verzoge- 
„rung oder Zuriickhaltung des vorhergehenden 
„ Accords bei einem Schlufsfall, w v obei die 
„grofse Septime, verbunden mit derSecunde, 
„Quarte und Quinte, gleichfam ein Vorhalt 
„des folgenden Accords ift, wohl zu unter- 
„fcheiden. In diefem Falle ift die Septime 
„des 7, 5, 4, 2 - Accords von den Regeln der 
„Vorbereitung und Aufldfung ausgenommen, 
„weil ein Vorfchlag, desgleichen eine Verzo- 
„gerung und Verriickung, ganz und gar nicht 
„zur Harmonie gerechnet werden darf. Daher 
„ift auch die Bezieferung 



7 
5 
3 
G 



I 



7 
5 

4 

2 

€ 



8 

5 
3 
C 



II 



„in Riickficht delTen unrichtig, und follte ei- 
„gentlich nur der Hauptaccord nut | oder mit 
„3 allein angezeiget werden. " 

So weit Ihre Aeufserung iiber den Ur- 
fprung und die Behandlung unferes Accordes. 
Nach demjenigen nun, was ich oben von fei- 
nem Urfprung gefagt habe , kann ich in die- 
fem Punct Ihrer Meinung nicbt wohl beitre- 
ten; eininal weil ich nichts finde, das meiner 
Entwickelungsart entgegenftiinde , und zwei- 
tens, weil ich in der Ihrigen etwas irrefuhren- 
des angetroffen zu haben glaube. Ich leite 
meinen Septime - quart - fecundaccord ohne 
Verdoppelung eines Tons (denn das g kann 
ich gern herauswerfen) her; Sie brauchen aber 
dazu eine Verdoppelung von der Art, dafs Sie 
den Ton h einmal fogleich anfchlagen und 
einmal von c vorhalten laflen. Verdoppelun- 
gen enthalten Ueberflufs, Unwefentlichkeiteii ; 



alfo mufs man fie nicht in Redlining bvin- 
gen, wenn von UnteiTuchung . der wefentli- 
chen Theile eines Duiges die Rede ift. Es ift 
aber eine wahre Verdoppelung, dafs Sie, wenn 
Sie vor h einen Vorhalt fetzen; dennoch in 
einer andern Octave h anfchlagen, welches Ih- 
ncn dazu bei dem»Ruckgang in C als verdop- 
pelter Leitton noch fehr im Wege fteht und 
eine Fortfchreitung in g machen mufs, die, 
fo gebrauchlich und aus der Noth befreyend 
Ae audi ift, doch nicht die dem h natiirliche 
genannt werden mag. Nehmen Sie nun aber 
das h weg, denn das mufs es, wenn c blei- 
ben, und der ihm aufgefparte Platz nicht ei- 
nem unberufenen Gaft zu Theil werden foil* 
fo fiehts mit der Ableitung fo aus: 



c 


— 


h 


c 


g 


f 


— 


e 


e 


d 


— - 


c 


C 


G 


__ 


C 


8 


7 


— 


8 


5 


5 


_ 


5 


3 


4 


3 


3 



und fo bekommen Sie, nehmen Sie ihn aticli 
noch fo vollftimmig als iie wollen, alle der 
Verdoppelung fahigen Tdne dazu, keinen Ac- 
cord, in welchem der Septime- quart- fecund- 
accord enthalten ware; denn Ihnen fehlt ein 
Hauptton deffelben, die Septime. Beilaufig ge- 
fagt, habe ich nichts dagegen zu erinnern, dafs 
man, in Folge Ihres Exempels, fo geht, wie 
das Tl^ema des vortreflichen fugirten Vorfpiels 
im erften Bande der Anthologie St. 14 anfangt, 
obfchon ich folche Gange der Uebervollftandig- 
keit im Allgemeinen hart, oder kiihn finde, 
je nachdem e$ zum Uebrigen pafst, und der 
Conrponift im Ganzen 'entweder ein trockener 
Kopf ift, oder Johann Sebaftian Bachs Fener 
aus ihm ftromt. 

Sie unterfcheiden im Septime- quart - fe- 
cundaccord zwei Eigenfchaften, die der Ur- 
fprunglichkeit, (S. 43) und die des Vorhaltens, 
(S. 44.) Ich verftehe, was Sie damit andeufcen 
wollen, aber ich wi'xrde fur das erftere einen 
bezeichnendern Terminus gefucht haben. Denn 
felbft nach lhrer Theorie ift Ihr urfpriinglicher 
Septime - quart - fecundaccord kein urfpriing- 
licher wie der Dreiklang mit und ohne Sep- 
time, foridem ein abgeleiteter, da Sie feina 
Exiftenz, wie Sie dem Dreiklange die Unde- 
cime hinzufugten, in einer Zufanimenfetzung 
gefunden haben. Aber nun den Namen feit- 
warts gelaifen, fo ill Ihre Eintheilung zwaT 



»4-7 



tjchtig unci brauchbar, alleln ich fehe nicht, 
warum es zvvei verfchiedene Accorde feyn fal- 
len, da der eine unci der andere einerlci Ur- 
Iprung haben. Wir betrachten die Accorde 
bier blofs als Mittel, was kommts alfo darauf 
an, wie viel Zwecke dadurch erreicht werden 
konnen. Wie ich meine, diefer, oder wie Sie 
glauben, beide Septime- quart- fecundaccorde, 
kann oder konnen nicht ohne Vorbereitung 
angefchlagen werden: einer mufs vorher lie- 
gen, der Accord der Tonica oder der Domi- 
nante, bevor der andere hineingreifen kann: 
und das giebt einen iieuen, nnd nur Einen 
Accoril. Dcfto befler, dafs er zwiefach zu brau- 
chen ift, fein Grundton C als Vorhalt des G- 
accords, und I'eine Obertone d, f, h als Vor- 
halte des C- accords. Anders wird man ihn 
audi nie finden , er inoge mitten iin Text ei- 
nes Perioden vorkonunen, oder am Ende ei- 
nea halben Einfchnirts, fo dafs das folgendc 
Glied eines Salzes mit den zu feiner Aufliifung 
errordcrlichen Klangen eintrete. Iui letzten 
Fall ill er nur ein verliingcrter Vorhalt, wo die 
cine Stimme wirklich. einen Einfchnitt macht, 
die andere aber keinen; oder wo lie beide, je- 
de allein betrachtet, Einfchnitte haben, ini Zu- 
fammcnklang aber fich einander verdunkeln 
und das Olir zweifelhaft machen , ob ein Ein- 
fchnitt da fey oder nicht. Audi dies halte ich 
fur etwas, das nur das Aeufsere, die Einklei- 
dung, den Ge branch unferes Aceordes angeht, 
unci fein Dafeyn in abflracto una nichts iin- 
dert. Er bleibt darum noch i miner der allei- 
nige, von clem alle diefe guten Gaben fur den 
Tonkiinftler kommen. Auch in der Beziefe- 
ferung mochte ich feine Hechtc nicht fchnu'i- 
lern. So wie Sie ihn als blofsen Vorhalt be- 
trachten, foil er in der Bezieferung des Gene- 
ralba/les iibergangen werden ; aber auf die Art 
wiirde nichts zu beziefern feyn, als die bei- 
den Grundaccorde mit ihren Verwechfelungen, 
und da wiirden beim Accompagnement ftatt 
DiHonanzen wirklich Uebelklange herauskom- 
wicn , die doch in der Wufik nicht feyn follen. 

Sie nenncn in deui fimultanen Satz G h 
d f c, das c die Undecime von G. Ich habe 
fchon geaufsert, dafs die Decimen-, Undeci- 
men-, unci dergleichen fiber die None hinaus- 
gehenden Intervalle iiber/liifsig find, und ihre 
Namen, wenn man he behalten will, blofs da- 
zii dienen konnen, in der Terz, Quarte n. f. 
w. cine befondre Eigenfchaft, die namlich des 
Sonirens iiber eine Octave weiter vom Bafs, 
zu bezeichnen. Ich kann nicht uiuhin, es hier 



zu wiederhohlen. Sie fagen fchlechtweg , die 
Undecime ill eine DuTonanz , unci fetzen vor- 
aus , dafs man fich zu demonftriren wifle, war- 
um he es als Undecime fey. 

Hier freilich diflbnirt das c, \veil es ein 
Ton ill, der zu dem nachfchlagenden, die 
Nerven des Gehors flarker reitzenden Accord 
von G nicht mit gehort, und daher unwider- 
ftehlich nach h hinftrebt. Aber wenn das eine 
h, um deflfentwillen Quarte und Undecime un- 
terfchieden word en zu feyn fcheint, nicht fchon 
da ware, wiirde das c darum weniger nach h 
fich hinneigen, und was follte alsdann die Ur- 
facli feyn konnen, im Septime - quint - quart- 
accord die Quarte niclit Quarte, foil dem Un- 
decime zu nennen? Nur wenn Terz nnd Quar- 
te in clem Fall, da ein und derfelbe Ton in 
der einen Octave angefchlagen unci in der an- 
dern Octave vorgehalten wird, zufainmenkom- 
nicn und fich ftofsen, dann giebt man du letz- 
tem, wcil Tie eilf Tone vom Grundton ab fich 
fern halten mufs, den Namen der Undecime; 
und das hat fein en guten Grund. Eben fo 
mag die um eine Octave mehr entfernte Sex- 
te, Terzdecime heifsen, wenn der anticipiren- 
de Grundton des folgenden Dreiklangs feine 
Terz nnd Quiiite fogleich mit anfchlagt, indefs 
noch die Scxte und Quarte in der obern Octa- 
ve als Vorhalte fchweben. Inzwifchen will ich 
ganz indifferent in Anfehung der iiber die 
None hinausgebenden Intervalle bleiben, bis 
die, von mir fehnlich erwartete Gelegenheit 
iich zeigt, auf welche Sie die Lehre von der 
Undecime vollftundig zu entwickeln und dnrch 
Beifpiele zu erlautern fich vorbehalten haben. 

Die Art wie Sie den Septime- quart- fe- 
cundaccord, das C *des Bafles namlich in H 
heruntergefiihrt, zu behandeln vorfchreiben, 
trift mit einer derjenigen vier iiberein, die ich 
oben fiir moglich angegeben, und von denen 
ich die Ihrige gewiflermafsen fiir die beffce er- 
klart habe. Diefe wild alfo bleiben, wenn Sie 
mir die andem audi alle, wie ich das gar 
nicht fiir unmoglich halte, wegdemonftriren. 

Die Quarte zu erkennen, ob fie in einem 
gegebenen Fall eine Gonfonanz oder eine Dif- 
lonanz fey, geben Sie Seite 4-5 zum Criterium 
an, dafs die Quarte, als Gonfonanz, allemal in 
dem Sextquartenaccord, der zweiten Venvech- 
felung des Dreiklangs, begri/Fen fey, als Diffo- 
nanz aber nicht mehr die Quarte, fondern die 
Undecime hcifse. 

X 2 



148 

Das ift unftreitig wahr ; aber bisweilen fieht 
der Satz To aus, als war' es der vcrwechfelte 
Dreiklang, mid er ifts doch nicht. Was gabe 
es in diefem Fall denn fur Unterfcheidungs- 
merkmale? Mancher" di'irfte ftutzen, wenn ich 
ihm die Frage vorlegte: ift, falls ich blots in 
Tonen der Scala meines Haupttons bleiben 
foil, (ich bin in G dur und habe mir vorae- 
numnien, kern Fis oder b zu beriiliren ;) "ift 
dann die Quarte im Sextquartenaccord auf C 
ilnmer confonirend oder diiTonirend ? — Ihr 
Exenipel Fig. i(3, wo die Quarte Confonanz 
feyn foil, fieht gerade fo aus, als das zu jener 
Frage gehorige. — 

Uebrigens will mich diinken, man konnte 
ancli auf die Art das fon'jrende Verhaltnifs der 
Quarte beftimmen, dais man fagte, fie fey im- 
mer confonirend, nur in dem Falle mi'ilfe fie 
aber als DhTonanz behandelt werden, wenn fie 
in einem durch Vermifchung (Ineinanderfcbie- 
bung) entftandenen Accord als retardirend er- 
fcheint, fie mag in dem vorhergegangenen Ac- 
corde, von dem lie fich herfchreibt, Dilfonanz 
oder Confonanz gewefen feyn. Nach meinem 
Gefuhl dilfonirt fie aber fo fchwach, dafs fie, 
wenn der dicht iiber ihr liegende," zur nach- 
folgenden Harmonie als Confonanz gehorige 
Ton noch \inberiihrt ift, und, wie lich von 
felbft verfteht, keine falfche Octaven - oder 
Quinten - Fortfchreitungen entftehen , iminer 
verdoppek werden kann; zumal iiu mehr als 
vierftimmigen Satz; und iin vierftimmigen 
audi gern, weil fie auf dem Fall allemal in 
dem. vorhergehenden Accord einer Verdoppe- 
lung fahig gewefen ift. Nur mufs die eine 
Quarte notliwendig in die Terz herunter, von 
der fie ein Vorhalt ift. Iojjfcfuge einige folcher 
Falle als Beifpiel und Erlauterung binzu. 



f — e 

h -* c 

r _ g 


c 
e 

c 


— 


d c — d ** 
d oder f e f — 
h c — h 


DC — 


C 


G 


— C G — 


f — 
f — 

d. — 


e 

g 
c 




a — — g 
f e — d 
c — — h 


a — 


ff 




f — — — 


F C 






c — — d 



F C G — 

Endlich komme ich nun auf die Behand- 
lungsart des Septime- quint- quart- fecundac- 
cords, welche Ihr junger Frgnnd nur-zu ent- 
fcJnddigeiij gefchweige zu rechtjcrtigcn gefucht 
hat, und die Sie durchaus fiir fehlerhaft erkla- 
ren. Das Anfehn eines gewiffen berulmiten 
Componiften, das mit zur Entfchuldigupg hat 
dieiien follen, ift Ihnen nicht \on hinlangli- 
chem Gewicht. Sie fagen, (und im Allgemei- 
nen vielleicht richtig,) dafs mancher genierei- 
che und nachher beruhmt gewordene Tonfetzer' 
das zu feiner Zeit vorhandene, wiewohl un- 
vollkommene , und mit vielem Unrichtigen 
und Willkiihrlichen angefiillte Tonfyftem obuW 
Priifung angenommen und nach demfelben 
gefetzt hat. Wie aber, wenn es Joliann Se- 
baftian Bach, der grofste Hamioniker aller Zei-' 
ten, wenn felbft der es ware, bei dem fich 
unfer Accord auf die beftrittene Art gebraucht 
findet, fo reichte, was Sie gegen Anfehen be-' 
riihmter Meifter aufwerfen , nicht hin , urn die 
Richtigkeit eines Satzes in Zweifel zu ziehen. 
Ich fetze nur folgenden Anfang einer Clavier- 
fymfonie her, von dem ich glaube, dafs der 
Satz darin nicht als Orgelpunct, fondern als 
zu unferer Materie gehorend betrachtet wer- 
den mufs. 



Adagio. 




H9 



Flier - Telle ich den o ». itlme - quart- fe- 
cimduccnrd, wo/.u flat I: der Quinte nur die 
kleiite Sexte als Vurfchl.ig dcrfelben genom-' 
men ill, gcrade fo refolvirt, als Sie nicht zu- 
geben. Mit der Refolution ift der Satz aus, 
mid hiitte Bacli, fialt des wiederkommenden, 
nach der Umenioniinaiite fiihrenden C, jeden 
and em Ton im Bafs nehmen konnen, wenn 
es ihm To beliobt hiitte. Jch mufs geftehen, 
dafs ich, — Ion It kcinen Menfcher. , aber Jo- 
hann Sebailian Bach einigermafscn fi'ir infalli- 
bel halte. Der Mann hat fichtlich keinen Ac- 
cord, keine Note fo oder fo gefetzt, olme ei- 
nen bi'mdigen Grund dafi'ir gehabt zu haben. 
Wenn man feinen Gcdanken iimner bis in ihr 
Innerftes nachfpiiren kiinnte, fo winde man 
gewifs zu alien bekannten nnd unbekannten 
mufiknlifcheii Wahrhciten die trelfendften Be- 
lege in feinen Werkeu linden. 

Aber was ware dcnn fi'ir die freye Be- 
handlung des Septime - quart - fecundaccords 
wohl anzufiihren? Gebraucht wird er lange 
tmd haufig. Ihn zu verbannen, diirfte kaum 
inoglich. feyn; wenn audi nur aus deni Gran- 
de , daTs (es find lhre Worte ;) unfre Ohren 
fchon verwohnt find ; dafs viel Feinheit des 
Ohrs nnd Scbarffinn des Geiftes dazu gehort, 
urn das Unrithtige nnd Eckelhafte zu bemei- 
ken ; und dafs die durch Dilfonanzen gemar- 
terten Ohren fchon zulrieden geftellt find, 
wenn auf Disharmoniecn nur wieder Harmo- 
nieen folgen. — Wo aber ein — es fey Ge- 
brauch oder Mifsbrauch — U< allgemein ift, 
da mufs doch , dcnn hier eelinst kein Bcfte- 
then, wenigflens etwas Scheinbares ihn auto- 
rifiren. Mich di'mkt aber, hier id mehr als 
Schein. Wer nach dein Dreikhmg der Tonica 
den Septime - quart - fecundaccord anfchlagr, 
der nimmt fich fchon etwas heraus, weil er 
den Bafs nicht gehorig mit fortrucken lafst. 
Diefe Licenz gehort fchon lange nicht mehr 
zu denen , von welchen es heifst : liccntia de- 
teriores fumus. Nun liegen die obern Tone 
da, keiner will riicken, um den Bafs eine Se- 
i nnde unter fich trcten zu lafl'en , der Bafs 
i'firchtet audi den Sprung einer Onarte unter 
fich zu thun, und bleibt dalier liegen. Die 
obern Stinnnen mogen nun wollen oder nicht, 
lb mi'uTen Jie doch fort, denn der I. ant des 
Bafstons ift fo penetrirej'J, dafs er fie alle mit 
einander fa ft i'lberftimnit Mntl durch feine Fi'ille 
das Ohr zweifelhaft marlit, ob es feine, oder 
jener ihre Parthie nehiuen, den ungeinifchten 
Tonica - oder fieri Doininanraccord vorziehen 
folic. In diefejii Gedrange fehen jene /ich. nun 



nach Auswegnn um, und werden audi zn ihrer 
Freiicie gcw.Vhr, dafs fie nur Secmidcnintervalle 
zu fthreiteu haben, um in ihre vorige Lage 
zu komnien, die von der Befchaffenheit ift,. 
dafs der Ton des Baffes fie in Rube lafst und 
die knrz geftorte Eintracht viillig wieder her- 
geftellt wird. Es ift wal.vr, die obern Tone e, 
g, c hat ten, wenn fie fich der miiglichen Fol- 
gen nicht heifer verfahen, lieber nicht in d, 
f, g, b gehen follen; es war muthwillig, oder 
zuni mindeften unvorfichtig, dafs lie's thaten. 
Aber Mutter ftreiige Kegel fahe dein Wagftuck 
von Anfang bis zu Ende zu, und ftrafte nicht,. 
Einigen Willen, fagt fie, mufs man den Kin- 
dern lafien , dadurch werden fie nicht verdor- 
ben; lie haben dort ja Niemanden leid gethan, 
was foil ich fie denn fur ihre Kuhnheit ftra- 
fen, der ich nicht wehren kann und mag, fo 
lange ich fehe, dafs es gut ablauft. 

Olme Gleichnifs nun: wenn es verftattet 
ift, eine Septime unvorbereitet anzufchlagen; 
■wenn es erlaubt ift, diefer Septime ihrenGmnd- 
bafa eine Zeitlang vorzuenthalten ; 

c h d 

S f ~ 
e d — 



C - H 



wenn der Orgelpunct eine ungeheure Mengo 
von Accorden fiber Einen Ton hinpflanztj 
wenn der ungebundene Satz iiberhaupt man- 
cherlei Freiheiten hat; warum follte es denn 
mehr ah eine herausgenommene Freiheit, war- 
um follte es geradezu. Unrecht feyn, noch ei- 
nen Schritt weiter zu gehen und jene Tone 
d, f, g, h ihren rechtmafsigen Bafs einmal mit- 
unter ganz entbehren zu lalfen, da fie ohne 
denfelben liinkommen, wo fie hinwollen, und 
das eben fo bequem und gemachlich, als auf 
jedem andenl Wege; da der Bafs ferner den 
Vortheil davon zieht, in feiner Lage bleiben 
zu konnen; und da das fchiedsrichterliche Ohr, 
mit dem Zufainmenhange der Sache fchon 
liingft bekannt und des guten Ausgangs ficher, 
an dem Verfahren nichts weiter, als die Ver- 
nachlafcigung einer Formalita't bemerkt: denn 
foviel, als ich hiermit fage, geftehe ich dem 
Ohr, als der hochften Inftanz, iiber den Aus- 
fpruch des a priori zu; und das Ohr hat in 
unferm ftreitigen Fall fchon allgemein feine 
Entfcheidung kund gethan. 

Aus diefcm Geficlitspuncte betrachte ich 
den Septime- quint- quart- fecundatcord , rc» 
X 5 



100 



folvh t auf dem liegenden Bafs. Diefe Behand- 
lung gehtirt zu den Kuhnheiten , welche die 
Kunft vor der Wilfenfchaft voraus hat, und 
durch welche das tdnendc Genie, gerade weil 
das wijfende etwas anomalifches darin ent- 
deckt, die grSfsten Wirkungen hervorzubrin- 
gen in Stand gefetzt ift. In diefer Behand- 
lung unferes Aceordes griinden fich die Fort- 
fchreitungen gleichfam auf ein Naturrecht der 
Kliinge. Bei ihrer Unterjochung in eine biir- 
gerliche Verfaifung haben die Tone von ihren 
angebohrnen Rechten inehr hingegeben, ala 
*ur Erhaltung einer guten Ordnung nothig 
war. Sxe kannten entweder den Umfang ihrer 
Rechte damals noch nicht, und unterwarfeia 
fich blindlings zu vielen Zwangsgefetzen , dc- 
ren Abfchiittelung fie fich bei allmuhliger Ent- 
iiullurtg der Kenntniife ilirer Telbfi: angelegen 
feyn Men;, oder fie kannten ihn wohl, und 
wichen nur der gefetzgebenden Uebennacht, 
behielten fichsaber auf giinftigere Gelegenhei- 
\fin vor, einen Theil ihrer Anfpriiche wieder 
geltend zu machen. So ift es hier mit dem 
Septime - quart - fecundaccord gewefen ; und 
wer weifs, ob unfre Nachkommen , wenn daa 
Ohr, nicht einzelner Menfchen, fondern der 
Menfchheit, in Abficht der Mufik einen b.6- 
hern Grad der Verfeinerung oder gar einen der 
Ueberverfeinerung nach Jahrhunderten erreich- 
te, — ob dann die Tonfetzer nicht noch ei- 
nige Freilieiten ini Satz inehr haben werden, 
die wir jetzo theils nicht kennen, theils ein- 
ftimmig fur Ziigellofigkeit oder Fehler, und 
uauh unfera OhrbedurfniiTen, mit Recht da- 
fur halten. 

Man braucht nur in die Gefchichte der 
nractifchen und theoretifchen Setzkunft zuriick 
zu gehen, uni eine folche Vennuthung fiir 
keine Weiflagung zu halten. Die Praxis 
ift immer vorausgegangen und nie ftillc ge- 
ftanden. Die Theorie ift ihr immer einen 
Schritt nahe gefolgt , hat immer viel zu beffern 

tefunden, aber auch immer bei dem nachften 
chritt etwas von ihrem Tadei .turiickgenom- 
xnen. Sollten. wir denn gerade in einer Pe- 
riode leben, wo — oder follte es in unfe-ffi 
Periode moglich feyn, dafs die Tonkunft, viA 
mit ihr die Tonwiflenkhaft ftillftiinde! Lafa 
fie Schritte zuriick oder feitwarts thun, fie tlmt 
doch immer neue ; und das Gute, was entdeckt 
wird, zu der MaiTe deflen, was die Vollkoiu- 
jnenheit der Kunft ausmacht, hinzugethan, 
wird man fagen diirfen, dafs 'die Kunft ab- 
siehme? die Kunft mufs bei jedem Schritt, 
war's auch nur an Erkenntnifs ihrer felbftj ge- 



wfnnen; was geht ihr der Kiinftler an, deflen 
die Scheere der Parze vielleicht fchon vor fei- 
nem Leben wartet. Wir haben eine Menge 
Tonfetzer, die diefes Namens nicht wehrt find, 
aber Re t und felbft die Komponiften, die nur 
fchlechtweg gute heifsen, werden fo gewifff 
vergeflen werden, als ihre nicht minder zahl- 
reichen Vater zu Grauns, Haffe, Bachs, Han-r 
dels Zeiten es .wurden. Nach zwanzig, drei- 
fsig, vierzig Jahren, wenn von der heurigen 
Erndte der Weitzen gefichtet und die Spreu 
ins Feuer wird geworfen feyn, dann werden 
unfre oft fo verfchrieenen Zeiten mit andern 
Augen betrachtet werden; dann werden felbft 
wir jiingern, die wir *dann gevvifferinafsen 
Rechnung mit unfern Ueberzeugungen abge- 
fchloiren, und fiir neue Wahrheiten nicht die 
ehemalige vorurtheilsfreye Empfanglichkeit ha- 
ben, gerade unfre Zeiten als die goldenen des 
Tonkunft preifen, wo fich unter uns leicht 
einer linden konnte, der in feiner Grabfchrift 
der Kunft zugleich die ihrige fetzen liefse. 

Ich halte daher die neuere Behandlung des 
Septime - quart - fecundaccords fur eine nicht 
unwichtige Acquifition im Gebiete der Kunft, 
und bin weiterhin keinesweges des Glaubens, 
dem auch Sie zugetkan fcheinen, „dafs, weil 
„der grofste Theil der Tonfetzer hcut zu Tage 
„Theorie und Griindlichkeit liiehe und die 
„FeiTeln der Begeln von fich werfe, die Ton- 
„kunft dadurch ihrem Verfall augenfcheinlich 
„nahe gerathe, wenn dem Uebel nicht in Zei- 
„ten noch Einhalt gethan werde." — ■ Zugege- 
ben einmal, dafs der ja'hrliche JBeitrag zu den 
Kunft werken, die in dem Tempel der Voll- 
kommenheit fiir die fpatefte Nachwelt aufbe- 
wahret werden , jetzo klelner ware, als in vo- 
rigen Zeiten, fo lage der Grund davon hochft 
wahrfcheinlicli nicht in der zunehmen folleri- 
den Vemachlafsigung der Tonvviifenfchaft, fon- 
dern in dpx Natur, die keine grofse Kopfe her- 
vorbrachte, oder in einem ungiinftigen Zu- 
fall, der fich dem Einporftreben des Genies 
gewaltfamerweife widerfetzte. Denn der Mann, 
welcher von der Natur dazu beftimmt ift, in 
.'„Iaer Kunft zu glanzen, war' es nur halb, 
wenn er nicht einen Trieb fiihlte, das Innere 
iierfelben wilTenfchaftlich kennen zu lernen. 
Diefer Trieb la'fs.t fich, bis er feine Nahrung 
in fich felbft findet, durch Fingerzeigen be- 
friedigen; und wo e3 zu bedauern ift, dafs er 
fehlt, da .la'fst er fich einigermafsen erregen. 
Theoretifche Unterfuchungen und»— ich neh- 
nie das gleich dazu — ftrenger Unterricht, der 
dpn Anf anger beftandig unter den hegeln au 



»5i 



bleiben zwingt, haben daher unftreitig einen 
grofsen Nutzen, letzleres vorziigHch. Wenn 
die Tonkunfl: aber einmul in Verfall zu gcra- 
then drohete, oder eigentlicher, wenn es an 
grofsen TonTetzem fehlte, fo wiirden alle Sy- 
fteuie und aller Unterricht keinen einzigen gro- 
fsen Componiften hervorzubringen ini Stande 
feyn; die Natur konnte es aber fur fich allein. 
Demi es ift, fo grofsen Wertb ich auch auf 
die Bearbeitung dcr Wiflenfchaft einer Runft 
fetze, doch immer wahr, dafs ihre meifte Wir- 
kung nur darin beftebt, Kinder und Kindes- 
kinder von geiftlofen Componiden und Regel- 
drechslern, die fonft etwas andcres geworden 
waren, in die Welt zu fetzen. Ob aber fol- 
die una elite Sbhne der Kunft fich heut zu 
Tage dadurch von jhren Vatern zu unterfchei- 
den angefangen haben, dafs fie Theorie und 
Gmndlichkeit fliehen , und die Felfeln der Re- 
geln von ficb werfen , wem ift daran gelegen ? 
Der Kunft gewifs am allerwenigden. Defto 
Ibelfer nur nocli, wenn das Ma.ifs ihrer Seich- 
tigkeit voll ift. Ein anderes ift, wenn hier 
oder da ein guter Kopf aus Indolenz oder aus 
einem gewilfen Muthwillen es eben fo macht. 
Diefen feine Talente fcliatzen und anwenden 
Jehren, wozu eine Itrcnge aber befcheidene 
Kritik das befte Mittel reicbt, ill Verdienft uin 
die Kunft, und grblk'res noch als Abhandlun- 
gen, die, vom Allgemeinen red end , fur je- 
dermann und fiir niemanden gefchrieben find. 

Ich wollte, was mir, dafs icli es follte, 
ein belferer Genius, als der meinige vielleicht 
fchon ira Anfange diefer Blatter zugefluftert 
hntte , bier fchliefsen ; komme aber doch noch 
einmal auf die Hauptmaterie zuriick, die, was 
den Gebrauch der neuern Refolutionsart des 
Septime - quart - fecundaccords in afthetifcher 
Riickficht beLrift, vielleicht noch einige practi- 
i'ebe Benierkungen fiir den Tonfetzer iibrig 
liifst. Etwas Anomalifches hat diefe Art zu re- 
foh iren olme Zweifel, und darum durfte fie 
wobl nicht allentbalben an ihrem rechten Orte 
ftchen. Das Aushalten des Balfes auf Einem 
Ton, wozu andere Tone fich in zwei fo ver- 
fchiedeuen Harmonieen horen laflen, hat im 
Zufainmenklang etwas Heterogenes, welches 
an feinem Ort fo characterifiilcli feyn mufs, 
als es zur Unzeit angebracht die AbJicht de8 



Componiden nicht begunltigt. Worm beftfm- 
de aber wohl das Chaiacteridifche? Diefe Frage 
ware StofF fiir den UnteiTucher. Ich gctraue 
mich nicht, fie auch nur einigermafsen zu be- 
antworten, daher find es abgeriifene Gedan- 
ken, was ich hier gebe. 

Im Anfange eines Stiicks, das ein be- 
ftimmtes Tliejna hat, wiirde ich den Septime- 
quart - fecundaccord nicht brauchen, es ware 
denn, dafs ich meine Zuhorer ein Gefprach 
wollte anhijren lalfen, wo unter den fprei hen- 
den einer ift, der nur Eine Meinung hat und 
aller Gegenreden ungeachtet diefer Meinung 
bleibt. Diefer, Avas er nun wiire, Starrkopf, 
Rechthaber, Paradoxirt, Ueberfcheier , und der- 
gleichen, im Ernft oder aus Muthwillen, -— 
ich kenne einen Mann, der in gefellfchaftli- 
chen Gefprachen immer zuerft feine Meinung 
kurz fagt, fie nur ielten zuriicknimmt , und 
wahrend des Gefprachs feine Worte wenigftens 
dreimal in einer Minute unvera'ndert wieder- 
hohlt, was die iibrigen auch dawider einwen- 
den — diefer konnte mich den Accord brau- 
chen machen. Liefse ich einem Tonftiick eine 
kleine Einleitung vorausgehen, fo wiirde er 
auch da Platz finden, befonders wenn es das 
Anfehen haben follte, als ware der Componift 
noch unentfchloflen , ob er ein ordentlich 
Stiick machen wolle, oder als fehlte es einer 
Gefellfchaft an Materie, urn das Gefprach ali- 
gemein zu inachen. Am Ende eines Ton- 
ftiicks, wenn mein Thema fo befchaffen ware, 
dafs es anginge, wiirde ich bei der Recapitu- 
lation diefen Accord am haufigften brauchen, 
und glauben, ich ha'tte dadurch ausgedriickt, 
dafs diefer und jener noch ein Wort nachhohlt, 
die Verftandigern aber den Gegenftand ihrer 
Unterredung fur abgethan halten. Ueberhaupt 
fcheint der Septime. quart- fecundaccord zum 
Ausdruck vermifchter Empfindungen brauch- 
bar zu feyn, wo in einer oder mehrern Per- 
fonen auf dey einen Seite Rnhe, Stillftand, Un- 
thatigkeit, auf der andern aber Bewegung und 
lebhaftigkeit, den Character macht. Diefer Ge- 
danke liefse fich noch genauer beftimmen, irh 
will mir aber keine Muhe darum geben, wsil 
es eine Materie betrift, iiber welche die Ein- 
bildungskraft vielleicht aui beften raifomrirt. 



X 



- «*-"-*-?s%i^, , i'--afl^|fj 



i5a 



2. Ueber Hemi Profeflbr Ralibek's Danifche Liectertexte, vom lierrn 

Capellmeifter Scliulz. 



• -• In tlem dritten Stuck tier mufikalifchen Mo- 
nathsfchrift wird S. 84 und 85 der Ausgube ei- 
ner betrachtlichen Anzakl meiner Lieclcr im 
Volkston mit Danifehm Texten geclacht, und 
dabei von clem Herausgeber, Verfuller und 
Ueberfetzer des bei weitem grofsten Theils dcr- 
felben , dem Hrn. 1'rofefl.br llahbek , mit einer 
Herabwiirdigung gefprochen , die nmr der Eifer 
gegen jeden Mangel der hochften Vollkommen- 
heit in den Kiinften einem To feurigen und ein- 
fichtsvollen Kunftverehrer , als dem Einfender, 
der mir durch feine Unterzeichnung wohl be~ 
kannt ift, in die Feder dictirt haben kann: ein 
an fich fchatzbarer Eifer, der doch aber leicht zu 
weit fuhrt, und befonders bei diefer Veranlaf. 
fung, wie ich gewifs glaube, blofs aus iiber- 
triebener Vorliebe des Einfenders fur meine Me- 
lodieen zu den Original texten entftanden ift, 
ohne in Erwagung zu ziehen , dafs jede Ueber- 
fetzung diefer Art in keiner Sprache fchwerlich 
durcbaus denjenigen Grad der VoUkommenhgit 
erreichen werde, nodi konne, den der enthu- 
fiaftifche Kunftkenner zu verlangen jederzeit fo 
prompt ift. Ohne diefe Erklarung ware mirs 
unerklarbar , wie der fonft fo biedre, und mit 
der Danifchen Litteratur fo bekannte G. bei die- 
fer, fiir das Ausland fo wenig bedeutenden Ver- 
anlalnmg, einen der erften und fruchtbarften 
panifchen Liederdichter, (und fchwerlich liat 
irgend eine Nation'einen folchen Reichthum gu- 
ter Volksiieder aufzuweifen, als die Danifche) 
der iiberdies durchgangig als einer der ge- 
fchmackvolleften Schriftftelier diefer Nation mj- 
erkannt ift, durch die harte Benennung eines 
allzeit fertigen Versmachers bezeichnen kcinnte, 
ohne Rlickficht clarauf zu nehmen, wie nnch- 
theilig ihm felbft diefe Bezeichnung eiues Ge- 
lehrten werden konnte, den felbft das Ausland 
fchon vortheilhaft kennt, und de/, falls feine 
Empfindlichkeit dadurch gereitzt wiirde, (ich 
dennoch bei diefem Angriffe wehrlos lehen 
miifste, da das Corpus delicti , wegen Unkun- 
de der Sprache, nur von fehr wenigen in 
Deutfchland, an deren Entfcheidung er alien- 
falls appelliren jmuste, beurtheUt weriUm kann. 

Dafs eine Liederiiberfetzung zu fertigen 
Melodieen nicht ofters in einzelnen Strophen 
ftellenweife gegen die mufikalifchen Accente 
anftolsen l'ollte, la'fst fich wohl nicht vermei- 
den. Diefer Mangel der Vollkommenheit hat 
in der Natur der Sache felbft fcinen Grund, 



und ift dem Dichter allein nicht zuzufehrei- 
ben. Wenn die Hauptaccente in den mehr- 
ften Strophen treffen, wie in den Rahbekfchen 
Unterlegungen , fo ware es eben fo hart , ihm 
iiber einzelne Anftofse Vorwiirfe zu litachei}, 
als es unbillig feyn wiirde, von einem Com- 
poniften zu verlangen, dafs feine Melodieen zu 
fertigen Lieder texten die oratorifchen Accent^ 
durch alle Strophen gleich genau treffen follten.' 
Der Dichter wird leicht monuLU", ,v eim er 
imiwr in alien Strophen feine Hauptaccenre 
an die namliche Stelle verlegt ; und doch foil 
rrnr eine und die namliche Melodie zu alien 
Strophen gefungen werden* Wie kann es an- 
ders feyn, als dafs in einzetnen Strophen die 
Accente des Gefanges mit denen des Texte? 
nicht genau zufanuuen treffen? Von diefer Set- 
tle wird die ganze Liedergafctung, (einige Aus* 
nahmen in Jp eric beweifen nichts tlagcgen) i»n- 
mer erne mangelhafte Gaitmig der Kunft feyn 
und breiben. Sie kann von andren Seiten gro- 
fsen Genufs der Vollkommenheit gewahren ; — 
doch davon kann hier die Rede nicht feyn. 

Dafs Hr. Rahbek nicht buchfta'blich iiber- 
fetzt, manche Texte verkiirzt, zu etlichen Me- 
lodieen Texte von ganz anderem Inhalt, der, 
aber deswegen dem Character der Melodie 
nicht entgegen ift, verfertiget hat; dazu hat 
er Griinde gehabt, die mir zum Theil bekannfc 
find, und denen ich meinen Beifall nicht habe 
verfagen konnen; Griinde, die fiir den Aus- 
lander, der die Originalausgabe gebrauchen 
kann, nicht in Betrachtung kommen, da diefe 
Ausgabe nicht fur ihn, fondern fiir Einge- 
bohrne beftimmt ift, denen die Originalaus- 
gabe entbehrlich ift, und denen allein diefo 
Abjinderungen zu Gute kommen follen. Dio 
mehrften Texte habe ich felbft vor dem Druck 
gefehen, und oft Gelegenheit gehabt, die Ge* 
fchicklichkeit des Verfalfers , fo leicht und tref- 
fend fiir die Melodie zu iiberfetzen, oder auch 
felbft zu dichten, zu bewundern. In eiiy»m 
einzigen Liede ift, nicht wie Freund G. be- 
hauptet, das Silbeninaafs des Originals ganz 
mifsverftanden worden, fondern dadurch, daf« 
aus Verfehen des Druckers die Melodie einer' 
jeden Strophe abgedruckt. ift, wie im Origina* 
le, wo die urprofodifche Franzofifche Sprache 
rhytmifche Abanderungen nothwendig machte, 
der Danifche Text in den mehreften Strophen 
unricktig untergelegt worden , aber nicht durch 

did 



V)'j 



die Schuld des Uebcrfetzer?. Denn da (lis be» 
lUmmtere DunilUie lVoiodie eben fo wenig, 
wie die Deulfcbe. fob ho rlntnnfchc Aba'nde- 
rungen in clcr iMelodie einc> Liedes von meh- 
rern Strophen vertragt, fo h.'itto von diefeui 
Liede nnr die Melodic der zwoten Strophe, die 
genau das Silhenmaafs ilcr Danifchen Uebcr- 
fetzung hat, ?V>':<.'nickt werden follen, wo- 
nach der gauze Text ohne Anftofs lichtig ge- 
funge" weiden kann. 

Da ineine Lioder im Volkston hier nnr 
wenig, urid in don Danifchen ll.iufcm faft 
gar nicJit bekannt waren *), lb fi. baize ii:h es 
mil" zur Thre, dafa eia 2iahb<;k t von dellen 



Dichtevtalent fchon die poetifche Zueignungi- 
fcluifr, wuiiiit diefe Ausgabe gezieret iO-, iiml 
die cm Meilierhuck von Feinheit, Eleganz unci 
Gra/.ie ili, ein en IJeweifs gicbt, fich ties un- 
dankbaren Gefthafts hat uhierziehen wollen, 
Diimlche Texte miter melne Mclodieen zn le- 
gen, urn fie dadiircb hier bekannler zu ma- 
rhen: und ich crareife dief'e Geleaenheit , urn 
iluu fiir diele niiihlame, und fur jeden imbe- 
fangenen Kunftliebhaber, der der Danifchen 
Sprathe mathtig iff, mehr als wohlgeralhene 
Arbeit Olfentlich Dank zu fa gen. 

Copenhagen, im October 1792. 

J. A. 1\ SchuU. 



3. Ueber die Natur der Tone. 



Fortfotzun^ dts im oifiun Snick cmhahncn Auff.uzes voin Ilona CoufiAomlraiU Ho'ftt* 

in DtunolJ. 



Da ich von der Natur einfacher Trine 
fpnurh, behaupiete ich, dais jeder einzehie 
Ton um fo viel fi hiiner genannt zu werden 
verdiene, jc reincr er ley. Dicfer Behauplung 
diirfte mm wobl nicht leicht von jemanden 
wideifprochen wenlen, der nnr einigermaL\en 
das Schone zu empluidcu gelemt. hat, Allein 
da die Reinigkeit ilc-s Tons aid' der Gleithfdr- 
inigkeit der Lufterl'chiilterungen beriilm foil, 
vrovon unfre Geluknervcn atficirt werden: fo 
Ju'innte es fcheinen, ais wenn ich (lurch die 
•Erklarungsart des Schoncn einfacher Tone, 
mich zugleich aufcer Stand gefetzt hiitte, die 
Schonheit bannonifcher Tonverbindungen auf 
irgend cine Weife begreUlhh zu m.-chen. Ver- 
fchiedenheit der Tone, wild man lagen, kann 
doch nur allein thirdi Vci IthiedcnhciL der Luft- 
cifrhiitlerungen einpfmiden werden. In die- 
fem Falle werden unfre N erven auf keine cin- 
fiirmige Weife in Bewegung gefetzt; und 
glcichwnbl lehrt uns tli-; Erfahrung, dafs das 
hnrmonifche Zufammcufiimmcn mebrerer To- 
ne unlet- Uhr we;t angenclnner alficire , al*. 
jeder einfachc Ton. 

Man erinnere fich aber nur an da?,, was 
ich in meinem fri'ihern Auffatze von der Be- 
fchafl'enheit unfrer Nerven, und von dem ver- 



fthiednen Grade Hirer Spannung gefagt liabe, 
ah tier wefentlichen Bedingung, inner wel- 
cher uns irgend eine Empfindunti mehr oder 
wenlger angenehm feyn mill's. Eben der l/rn- 
ftand, der mis beiiu erftcn Anblick eine Vn- 
vollkommenheit in der Einrichumg unfere? 
Nervengcbautlcs zu verralhen fchien ^der Un:- 
Itand , cl.if^ unfre Nerven bci einer f-:»i tdauernd 
gleithformigen Erfchuttening crfthlaJlen, folg- 
lich auch das, was ilmen aiifauglich fo ance- 
nehm diiucbte, in der I'olge bei anhalr.cndor 
Emplindung immer weniger angenehm find en, 
— diefer Umihnd euthalt die Urfarhen von 
den taufenl Anneh.ulic'ukeiten, di<; aus i\n: 
Abwet hfclung der Tone und ibrer Veriuifchung 
enl.'piingfii. D.d's unfre Xerre.-i auf eine cin~ 
fs'iruiige W'uife beriili.t fuyn wollen, wenn fie 
etv.,;a Sclii'mes empfmden follen, das lehrt uns. 
nicht nur da* unleuiib,<r Juf.se Gefiihl von Rei- 
nigkeit einzelner 'ldne, dai foil uns auch der 
Wohlklang mchrerer zufammcni'timmeuiler To- 
ne beweifen. Allein daraus folat bei weilem 
nicht, «lalV unfre Nerven entwctlcr nur einer 
eiuzigen Art von cinformiger Beviihruna f.:!u> 
wa'ren, o.ler dali fuh iliefe Ilinformigkeit in 
der Beruhrung der Ncryen mit keiner Man- 
nichfalligkeit vereinbaren Hefse. Vielmehr b«- 
ruht auf diefer doppelten Abwechslung die ua- 



•} BIov ibr "slif Tlifil ■ meiner gci/lliaWn Lie-br 
\% - .o' d'O'.J'. die \ fi>-iii*s-* J'cii.idiun^ i!c c Urn. 
Ciiici.trj.iiiiiktu Sit'tiu. 1 utg mil tlc-m I'vritliintutt 



Di.littr, dim Ilru. M;prm , ,].j- ,ij Texlo i!'»in<r. 
In ft im Drfiufclu: uljeif-tat Jin, iii.-r bi 

Wvl\!*». 



i..1Ilill »c« 



i54- 

rerkennbare Schonheit der Melodie und Har- 
monic tier Tone. Wir wollen bei der letztera 
merit anfangen. 

Wenn unfer Ohr irgend eine Verfchieden- 
heit ron Tonen empfmdet, fo dafs wir fagen 
wiirden, es liefsen fich jetzt zwei oder meh- 
rere Tone zugleich auf einmal horen; ift e3 
nns denn gleichgiiltig , von welcher Art und 
Befchaffenheit diefe Tone find? Ill es una 
gleichviel, ob fie zufammen einen Wohlklang 
oder Uebelklaiig ausmachen? Woher entfteht 
aber der Wohlklang bei der Empfindung meh- 
rerer Tone? Worauf bernht die Empfindung 
des Angenehmen und Unangenehmen in dem 
Spiele unfrer Nervcn , fobald wir mehr als ei- 
nen Ton vernehmen? Beruht lie nicht auf 
dem grdfsern oder geringem Grade von Ueber- 
ein/Hmmung unfrer Nervenfchwingungen , die 
von der Luft in Bewegung gefetzt worden 
find? Haben wir nicht die Verhaltnifse aller 
Confonanzen in der Mufik nach Zahlen be- 
rechnet? und lind diefe Verhaltnifle unter ein- 
ander nicht mn fo viel reiner und folglich 
audi in tier Ausiibung dem Olive um To viel 
fchmeichelhafter, je leichter in der Theorie 
die eine Verhaltnifszahl das Maafs der andem 
erfchopft? Vorlaufig ift dies Beweifs genng, 
dafs audi in der Harmonie, beim Zufammen- 
ftimmen mehrerer Tone, cfie Schonheit auf 
das Gefetz xon Einformigkeit gegri'mdet wer- 
den mi'ilfe. Aber wir wollen es naher unter- 
fuchen, woher es komuie, dafs die Harmonie 
jnit grofsrer Kraft auf unfre Nerven wiirke, 



als jeder einfache Tori, der an Starke tier 
Siunme aller haniionifclien Tone gleich kommt. 
Indem ich inich fo ausdrucke, will ich tlem 
Gedanken zuvorkommen , als wenn die Kraft 
der Harmonie nur allein in der Ver/larkung 
liege. Nicht als wenn ich diefer Verllarkung 
ihren Werth abfprechen wollte. Eine ftarke 
Beriihrung der Nerven wiirkt allerdings mehr, 
als eine fchwache Beriihrung. Allein da unfre 
Nerven nach dem Maafse ihrer jed«;smaligen 
Anfpannung nur einen gewilfen Grad von. 
Starke bei der Beriihrung ertragen kdnnen, 
fo wiirde man fich fehr irren, wenn man in 
der Meinung, dafs eine jedc Verllarkung die 
Empfindung des Schonen erhohen iniiife, die 
Nerven bis zum Uebermaafse anftrengen wollte. 
Man achte nur einmal auf die Wiirkung, wel- 
che das allinabligc Anwachfen eines einfachen 
reinen Tones bei uns hervorbringt. Mit feU 
ner allmahligen Verftarkung wacliu urifer Ver- 
gniigen. Allein wie bald wild diefes Vergnu- 
gen feinen hochflen Grad erreicht haben und 
in Mifsbehagen fich verwandeln , wenn es die 
Natur des Inftrurnentes erlaubt, dafs der Ton 
iimner fortdauernd ohne Aufhoren fich ver- 
Aarkt. Jetzt wollen wir annehmen, dafs fich 
zwei Tone zugleich hdren lalfen, wovon der 
eine dem andern in Anfehung feiner Hohe untl 
Tiefe vollkommen gleicht. Da auf diefe Wei- 
fe beide Tone gleichzeitige Lufterfchiitterun- 
gen hervorbringen , fo ill es unmoglich, dafs 
unfer Ohr die geringfte Verfchiedenheit zwi- 
fchen beiden wahmehmen konne. *) Wir 
empfmden alsdann nur Einen Ton, der aber 



•) Die moglicheVerfchiedcnhcit zwifchen zweiuiii- 
foiicn Touch, die icli dem fcharffinnigcn Denkcr 
gar nicht ablcugnen wcrde, ift fo uiibeileuteiid 
wnd fclbft dem guiibtoften Ohre i'o wcnig emjiJind- 
bar, dafs ich fie vollig mil Stillfchweigen iiber- 
gchen konnte. Allein es konnte Lefer. geben , de- 
Ten Aufmerkfamkeit fich bis auf die feinften Un- 
terfchiede der Dinge er/iveckte ; und von diefen 
erwarte ich, dafi Be auch da iioch Vevfchieden- 

Tig. a. a b Fig. 2. g . 

c . A i , 

e I 

Die gleichweit von einander abflehendcn 
Puncte, Linien, Halbzirlel mid Winkel follca 
die in Anfehimg der Zeit gleichweit von 'einan- 
der abftchenden* Luftcrfchutterungen der unifo- 
iien Tone aiideutcn. Diefe gleichzeitigen I-ufier- 
fchiitteruiigen kimnen, wexin wir fie als fo viel 
cijizcluc Stofse betrachien , die unfre Nerven em- 
pfaugen, nitwcdtr auf einen Punct zufajiuiicn- 



lieit entdecken wei'dcn, wo andre nicht den ge- 
ring/leu Untcrfcliictl inelir -wahrneJunen. Sic wer- 
den bei genaner (Jnierfiichutig /ijiden , dafs /ich 
zwifchen zwei Tonen, die in dem lein/ien Ein- 
klange ftelien, noch cine doppelte Verfchieden- 
lieit denken laflc, fiber die ich mich nicht leich- 
ter ausdrucken kann, nls wenn ich fie tuner niicli- 
(uhcadfu Figurcn dem Auge bildHch vorftello. 



I i I i » t 



h 

k 



1 
u 



m 
o 



rreffert, wie die Linien a b, e A, wenn fie fiber- 
einander gelegt werden, oder die Stofse des einen 
Tons komien immer' etwas frfiher die Nerven 
trcfFen, als die Stofse des andern Tons. DaCs da- 
durch. Iceirie VerfchidBenheit des .Tons cvKcngt 
werde, ergiebt ficJi atts'dem gleichen Abfiande 
der l'uncte. Dafs aber auch unfer Ohr die Ver- 
fpdtuiigen der Stofse des andem Tout e f nicht 



VJ > 



nodi dumal Fo flark nuf nnfre Ncrv.cn wFirkt, 
al» jeder eiuzelne von dea gedaditen Tonen 
wi'irken wi'ude. Gcfetzt aber, die beiden To- 
ne, vvelche fich zufamnicn hiiren liefsen, \va- 
ren von ungleidier Hohe oder Tiefe, alsclann. 
werden die, Lufterfdiiitterungen, welche fie 
ijervoibriugen, in Anfehung ihrer Gefdiwin- 
digkeii, fich nichl mehf glqichen. Unfer Ohr 
cuipfindct einen Unterfdiied von Tonen, dcr 
um fo auffallendcr feyn wild, je ungleidiai ti- 
ger das Vcrh:'iltnifs ill, worm beide Tone in 
Beziehung auf ihro Gefchwindigkcit gegen ein- 
ander lichen. 

Hier wild es noting feyn, deni Auge de3 
Infers durdi bildlidic VnifLdiungen zu HiiH'e 
zu konnnen, unci BegriU'e, die iich mit. Wo r- 
ten nicht wohl ausdriicken Iallen, durdi Fieu- 
ren abzumahlen, die anker dem Verdienlle 
der lebendigen Verfiunlidmng, vor jederSdirift- 
fpradie nodi den befomli-rn Vorzug baben, dafs 
Xie melnere Idecn anl* ciumul gleidizeitig der 
Seeie vor/tcllcn. Man denke iidi alio miter 
nadiftclicnden punctirtcn Linien verfdiiedne 
Tone. Unter den Puncicn denke man Xich 
die LuFtcrrdiutterungen — man verwandle die 
Begriffe von Raum in Begriffe von Zeit, und 
ftelle lich unter dent glddiortljchen Abftande 
der Ptinktc von einander, den gleidizeitigen 
Abfiand der Tonfdiwingimgcn vor, fo ha ben 
wir cin Alphabet, mit dellen Hulfe wir in dcr 
Leiire von der Befdiaffenheit der Tone nian- 
ches Capitel lefen werden, welches wir aufser- 



dem a!s imrerftandlidi tmel imerklurbar batten 
uberfdilagen irtiiiren. 

Nun betradite man nadt diefen vorlaufi- 
gen Erklu'riingcn folgende einfadie Tone, die 
wir nachher willkulnlidi zufanimenftellen 
werden. 



Fig. i. 



a b 

c d 

e ' f 

g •• k 

Die Lange der Linie a b foil Tins einen 
Zeitnum vorJicllen, der olwgdahr den vicMcri 
Theil von einer Secunde ausmacht. Aisdanu 
wird die Linie a b fclbft, die aus zwi'ilf gleidi 
weit von einander abftelienden I'lmcten befte- 
lien foil, die Vorftellung von einem einfadien 
reinen Tone gcbeu , der wegen leiner langfa- 
luen Sdiwingungen das Gcfiihl von einer be- 
trachtlichcn Tiefe in unferm Olne cnvedieri 
wird. Die Linie c d /telle einen andern ein- 
fadien Ton vor, der in eben dem /cifraume, 
■worin der eriie Ton zwolfmal die Luft er- 
fchiiuerte, vier und zwanzig gidehzeitige 
Sdiwingungen in der Luft hervorbringt. Die- 
fer Ton wird unferm Ohre um vide* Jn'iher 
vorkomnien ; nodi holier wird uns der Ton 
klingou, der durdi die Linie e f be/.eidinet 
iff. Die Linie g li foil einen Ton vori'tdlen, 
der von einem unreinen Korper crzeugt wird: 
diefer verdient wegen feiner ungleidiformigen 



enipfindcn konne, l.ifst fieli fehon dadurc.lt ciiii- 
guinaCicii Iiegreillidi niaciicn, wcil wcmi wir die 
mucreinander ftdiendeu Punctc mit Linien vcr- 



binden wollten, auf die Art j | | | S\\\ 

diefo Linien, fie nndgcu fenkrecht oder fdiicf 
gczeidiuet werden, inner einander la u lei' Paral- 
ielcii Jii.iclicu wi'irJfii. • — Vicl b.odeiitendcr aber 
jit dcr C'iituifcLif.': zvtcicr miiroticn T6nu, dcJi icli 
Fi::. 2 anC fin>: d'jjuH-ltc Weife ahzubildvu ver- 
fnclit b.ibe. J)i-.le Fianr f- >11 die LitfterfeJu'ittf 
rungen zweic-r 'i'iuie roriidlen , wdcJie von vei> 
fcltiodneii Juitriuiuiucii ir/cujii ■srordi.-n. JIs ill 
nuleugbar, dafj wir die Vcrfdiiedcnheit zwcit-r 
Inlii-Liiiiciitc emp/iiiden , worn jedes davon nur pi- 
nt-a Ton auf eiimul iiOrcii lafst. Jcli wiJl iiicr 
des Unt«rfchiedc& von Starke und Sdnv.iclie »av 
jiu lit gedenken. Da' grid's te L/jUerfuliitd zwifclie-Mi 
dun Tfuifii vui zwt-i'verfcliiflncn liihruinoitcvii, 
Ltiiibi in der verfi iiie-lne.i Art, wie unfit. Ncr- 
t t-ii iinivJi ■!!■• I.iif(ii'''fso b' ; lilirr -\vri:\ mi , -vveJrbe 
tuj. d-jt !~.iii.S'.aV;v.r,;-' n d«r lOuwidi n K ••)";-• i <-"*'• 



icngt -werden. Diffu Lufifi«;fso fclinffcii in nn- 
ferin Olir-e cntwcder die Kiiiji/indunc, von ttvvi> 
liartcjn and fciiarfem, odor von eiwaVfaufieiii iind 
wcicliem, welcJies fait ininicr mit der nali'irli- 
clicn Jiefdiaffenheit der loiianden Kiirper (ibcrci::- 
koninit. Jch habc die Stcifse der erficrn Art dmrh 
Puiicte, oder iioch denlliclicr, durdi Ilalbzirkol 
und die SiGfsc dcr letzturu Art durdi Siriclie oder 
durch fpitzi»e Whtkel vor^e/iclli. VV.inii nun 
zwei vtifoliicdne InfUiiiiKiite einen Ton von <>Li. 
tber If olio anneben, fo irc/Fcn die liarfm 'n/id 
weieben Su>i\c, fo rrrfdiiedrn lie audi ilnvr X.i- 
tur nacli Ton einander feyn muVen , deniiodi fo 
genauauf einen Zeitpuukt ziifanihicii , (1 m, « oj: 
oder lie Jidm dodi in einer fo irleicJizeitioen Ver- 
Lindiing iifben dnander, (g h, \ k) dafs jailer M.»- 
mem unfrer IDnip/induiig'di-iii ii,iehlL fol^enri a 
JMonifiiite voliki.mnien gleielit; und fo gefcT:iehts # 
dnfsAviun uuJucre IiiLiruniente vi'illis (.iucrlci 
Ton i!i^< Inn, wir nirlii leidu zu iiiu'erfeJi/'id u 
ini Staii.le Ji'id, uli dii-fi r Ton nur von eiii'in 
oder reu nitlucrn Inltruuienu.H civ.eii:.t \ruidij. 

V i 



x56 



Bebungen nicht einmat den Nahmen eines 
Tons; es ift ein blofser Schall, der um fo un- 
verfta'ndlichcr -dem Olive feyn mufs, je weni- 
ger feine Schwingungen fich mit den Bebun-, 
gen reiner Tone vergleichen lafl'en. Die drei 
vorhergehende Tdne aber lafl'en fich mit ein- 
ander fehr wohl vergleichen. Es fallt in die 
Angeii* dafs der Ton c d nocli einmal fo viol 
Schwingungen enthalte, als der Ton a b, und 
tnu die Hiilfte weniger, als der Ton e f. Folg- 
lich kqnnen wir im voraus den Schlufs machen, 
dafs der Ton e f noch einmal fo hoch, als der 
Ton c d und diefer wiecler noch einmal fo 
hoch, als der Ton a b in unferm Ohre klin- 
gen werde. Nun lafl'en fich aber zwifchen 
diefen genannten drei Tonen noch fehr viele 
Zwifchentone denken. Es lafst fich denken, 
dafs in dem beftiminten Zeitraume, worin der 
Ton e f acht und vierzig anal und der Ton 
C d vier und zwanzig mal die Luft erfchuttert, 
irgend ein andrer Ton die Luft fechs unci 
fcwanzig oder dreifsig mal erfchiittern kdnne. 
Gefetzt nun, dafs er fechs unci zwanzig mal 
die Luft erfchiittre, fo folgt daraus, dafs feine 
Schwingungen mit den Schwingungen des 
Tones c d nur in zwei Punkten zufammen- 
treffen, in alien ubrigen Puncten aber nicht 
mit einander ubereintrefFen werden. 

Hieraus ergiebt fich, dafs unfer Ohr die 
Verfchiedenheit diefer beiden Tone fehr deut- 
lich und lebhaft empfinden mi'ifle. Itzt ver- 
gleiche man einnial den Ton a b mit dem 
Tone c d. Auf die Art, wie wir diefe beiden 
Tone abgebildet haben, lafst ftch ohne Miihe 
erkennen, dafs die Schwingungen des einen 
Tons, mit den Schwingungen des andern zwar 
nicht vollig iibereinftimmen, aber doch in deni 
genauften Verbal tnifle gegen einander ftehen, fo 
dafs der andre Ton immer zwei-mal die Luft 
erfchuttert, wahrend dafs der erfte nur Eine 
Erfchiitterung hervorbringt. Wer begreift niclit, 
dafs der Unterfchied zwifchen diefen beiden 
Tonen zwar empfindbar, aber doch bei wei- 
tem niclit fo merklich fey, als der Unterfchied 
der vorhin angefiihrten Tone, die fich gegen 
einander verhalten, wie vier und zwanzig zu 



fechs unci zwanzig. Noch mehr, die VorfteU 
lung der beiden Tone, a b und c d, fo wie 
fie durch Puncte abgebildet wird , lafst uns 
ear keinen Zweifel iibrig, dafs zwifchen die- 
fen beiden Tonen durchaus kein dritter exifti- 
ren konne, der mit einem von beiden mehr 
ubereinftimme, als fie felbft mit einander uber- 
einftimmen. Hieraus folgt, dafs zwei Tone,' 
deren Verfchiedenheit wir bemerken folleu, 
nur alsdann auf das vollk'ommenfte mit einan* 
der iibereinftimmen, oder harmoniren, wenn. 
fich die Maafse ihrer Gefchwindigkeiten gegen 
einander verhalten, wie eins zu zwei : das heifsry 
wenn der eine Ton zweimal die Luft erfchut- 
tert, wahrend dafs der andre die Luft nur ein* 
mal erfchuttert. Unci fo waren wir denn nn- 
verinerkt auf den BegrifF der reinften unci voll- 
kommenften Confonanz *)■ gekoimuen, die wir 
in der Mufik mit dem Namnen der Octave be- 
legen. Unter einer Octave verftehn wir alfo 
dfen bemerkten Unterfchied zweier Tone, wo* 
von der eine noch einnial fo fennel l die Luft 
erfchuttert, als der andre. Wenn fich irgend 
zwei verfchiedne Tiine in unferni Ohre wohl 
mit einander vertragen follen, fo aniiifen es 
diefe feyn. 

Allein aufser diefen beiden Tonen muff 
es noch andre geben, die wenn fie audi nicht 
mit einem von diefen beiden fo vollkommen 
iibereinftimmen , gleichwohl in ein fehr gates 
Verbal tnifs mit einander gebracht werden kOn- 
nen. Man denke fich eimiial folgende TOnej 1 



Fig. 2. 



I I II 



I I 



i ' ' i 



Der erfte und dritte machen, wenn fie 
ziifammen gehcirt werden, eine Q ctwe aus, 
weil der dritte grade noch einnial fo viel 
Scliwingungen, als der erfte enthiilt. Unter 
alien moglichen Tonen, die zwifchen diefen 
beiden in der Mitte liegen, kann es nur einen 
geben, der aufser dem dritten mit dem erften 



*) Ich nenne die Octave in der Mufik die reinfta 
und vollkommcnfle Conl'onanz, weil der Ein- 
klang oder dns Zufammeiiklingen zweier Tone 
ron gleicher Hohe oder Tiefe, wegen der oben 
angeftihrten und erklarten Unmuglichkeit, fio 
von einander zu unierfcheiih.n , den Nahmen ei- 
ner CoJifoiiauzj oder tines Zul'ajnnienlOneiis gar 



nicht rerdienr. Rein nenne ich fie nacli dem 
Sprachgebrnuche der TonkuniUer, die zu diefem 
Ausdrucke, durch die bemerktc Einftirmigkeit der 
Lnfterfchiitlerung, die !>ei jedeni einfacKen Tons 
das VVcfeii der Itemigkeit ausmacht, gar yvvhl ba- 



re chtigt find. 



,5 7 



noch am nieiflen ubcreinftimmte: und das ift 
der Ton, cler (lurch die zweite Linie vorgc- 
ftellt wird. Es fallt nach der oben erklarten 
Zoichnung in die Augen, dafs er die Luft im- 
jner dreimal erfchi'ittre, wahrend dafs fie cler 
erfte Ton nur zwehnal crfchi'ittcrt. Die Ton- 
kunftler haben ilm die Quinte genannt, weil 
er unter den brauchbariten Mitteltiinen, die 
in dem ftnume einer. ganzen Octave liegen, 
in der Ordnung der Hohe unci Tiefe die funfte 
Stelle einnimmt. Diefe Quinte inacht alfo 
niichlt der Octave den reinften Wohlklang aus, 
Und verdient daher in der Reihe der Confo- 
jnanten die zweite Stelle. Zngleich benierkt 
man aber auch, wenn man die drei oben vor- 
geftellten Tone unler einander vergleicht, dafs 
der zweite mit dem dritten, oder welches nun 
einerlei ift, die Quinte mit der Octave in ei- 
nem fehr geuauen VerhiiknilTe unter einander 
itehen, fo dafs jene die Luft dreimal erfchiit- 
terte, wenn diefe viermal die Luft in Bewe- 
gung gefetzt hat. Hieraus entfteht ein neuer 
Wohlklang, den man mit dem Nahmen cler 
Quarte zu bezeichnen pflegt, weil in der fo- 
genannten Stnfenfolge der Tone der hier mit 
No. 3 bezeichnete Ton , wenn man von No. 
<2 zu zahlen anfangt, die vierte Stelle ein* 
nimmt. Wollte man Quarte unci Quinte ne« 
ben einander ftellen, fo wiirde dies ohngefaiir 
folgendc Voi/iellung gcben. 

Fig. 5. 1 ...... . 

1111 
4 . . . |.. .1 . . . 

5 1. .!..'...! 

No. i ftellt den Hauptton vor, da? heifsf, 
irgend einen Ton, os ley, welcher es wol'e, 
mit dem wir andre hohere Tone vergleichen 
wollen (denn bei Yerplcichtmg mehrerer Tone 
unter einander pflegt man dem tiefften jedes- 
mal den Vorzug einzuraumen). No. 4 ftellt 
die Quarte des Hanpttons vor, welche fich zu 
diefem verhiilt, wie vier zu drei, das heifst, 
die Quarte eifclmtfert die LuTt viermal wah- 
rend dafs fie der Hauptton r.ur dreimal er- 
fchitttert. No. 5 iiellt die Quinte des Hanpt- 
tons vor, welche ficli zu diefem verhiilt, wie 
drei zu zwei, oder welches einerlei ift, welche 
dreimal die Luft eihhiittert, wahrenl dafs fie 
vom Haupttone nur zweinial erfcluittert wird. 
Jeder lieht gh-iih aus differ Vor/tellung, dafs 
die Oninte holier a!s die Quarte klingen mi'ilfe, 
weil fie mehr Luftfchwin^iuigen erhfilt : unci 
diefe Bemcrkung reciilfcrtigt zufurderfr die 
Rangordiiiuig der bciclcn Tuuc ; dafs nehiitlich 



die Quarte der Quinte, dem Nahmen und der 
Stellnng nach vorangehe. Zngleich aber fieht 
man audi aus obiger Vorfteliung, dafs beide 
Tone, die Quarte und Quinte, mit dem HaupU 
tone ungleich befler ubereinitimmen, ab die 
Quarte und Quinte unter einander, derm diefe 
verhalten fich gegen einander wie acht zu neun, 
wahrend daf> fich die Quinte zitin Haupttone 
verhiilt, wie drei zu zwei, und die Quarte zuia 
Haupttone wie vier zu dr. i. Das heifst, die 
Quarte mufs, wenn wir die Lufterfchiitterun- 
gen der Tone als fo viel einzelne Sehliige an 
unfer Ohr betrachten, acht folcher Schiage voll- 
enden, ehe ein einziger von diefen Schlagen 
mit einem Schiage der Quinte iibereintrifft. 

Vergleiche ich aber den Hauptton mit der 
Quarte oder Quinte, fo finde ich, dafs diefe* 
vermitt.elft der bewegten Luft nur dreimal ana 
Ohr fchlagen darf, fo trifft alsdann fein vier- 
ter Schiag fchon wiecler mit einem Schiage der 
Quarle zufammen, — und will ich ihn mit 
der Quinte zngleich horen lailen, fo trifFt fchon 
fein dritter Schlug wieder mit einem Schiage 
der Quinte zufammen. Deutlicher lafst fich 
nicht beweifen, dafs die Quarte und Quinte 
zufammen einen weit geringern Wohlklang 
machen, als die Quarte oder Quinte mit dem 
Haupttone. Diefer Wohlklang ift in der Mu- 
fik auch vvirklich fo gering, dafs man ihn fur 
gar keinen- eigenthchen Wohlklang rechnet. 
Man belegt das Zufammentonen der Quarte 
und Quinte (die zufammen eigentlich eine Sc- 
cu-ude ausmachen) gar nicht mit dem Nahmen 
einer Confonanz. Allein fo viel wird jeder 
nach den obigen Vorftellitngen begreifen, dafs 
wenn irgend drei verlchiedne Tone zufammen 
wohiklingen wollen, fo miiflen es, wenn es 
nicht drei Octaven feyn follen , nothwendig 
drei folche Time feyn, wovon die beiden letz- 
tern die Quinte und Octave des erflem oder 
des Hanpttons ausmachen: denn diefe ftimmen 
nach der Vorftellung Fig. 2 anf das genaufte 
mit einander itberein. Zuforderft der erfte Ton 
mit dem dritten, oder der Hauptton mit der 
Octave , claim aber auch wieder der erfte mit 
dem zwei ten, oder der Hauptton mit feiner 
Quinte, und endlich auch der zweite mit dem 
dritten, oder die Quinte mit der Octave. Man 
lall'e ilatt der Quinte die Quarte horen, oder 
man denkc fich fiatt Fig. 2. folgende Figur; 

Fig- 4- 

J I I 



Y3 



s58 



So findet zwor ancli Iiicv cine Ait von 
Haruionie oiler Ut'bercinfiimniui.y. UatL ; idle in. 
<1;tl's diefe bu weitem ukl;t fo rein tuul voll- 
kommen fey, wic die Harmonie Fig. ?. lehrt 
tier Augenfchein. Man fieht nehnilich, dais 
tier niedriglte Ton dreimal die Luft crfehiittern 
iniuTe, ehe er mit den beiden hohern Tonen 
wiedev einin;:! vollkomnien iibereintriiri; da in 
tleiu obigen Falle Fig. u. dor tiel'e Ton imr 
zweimal die Luft ei-llbi'iltem darf, uni beiiu 
drittenmale fchon wicder mit don beiden an- 
dern Tiinen voUkonunen iibereinzutrefFen. 

Wollcn wir nun zu den chei gefundenen 
Tonen, die unter einander in dem moglithft 
vollkommenften harmonifchen VerhaltniHe 
ftehn, natnlich zu ilem Hauplone mit feincr 
Quinte und Octave nodi cinen hinzufetzen, tier 
wenn er mit dun genannten Tonen zngleich 
gehOrt werden foil, auf das beftuioglichfte mit 
alien dreyen harmonire, oder iibereinftimme, 
fo lafst fich unter alien in dem Umfange einer 
Octave befintllirhen Tiinen kein anther dazu 
ausfiindig machen, als die fogenannte Terz, 
ein Ton, tier, wahren.l tier Zeit, dafs der 
Hauptton vier Schwingungen yollendet, grade 
fiinfmal die Luft erfchuttcrt. Hier i& die Yor- 
fteilung tlavon; 



Fig. 5. 



1 

3 
5 
8 



I 



! 



I 



I 



! 



I 



Es ergiebt fich ana diefer VoiTteliung, dafs 
in dem kleincn Zeitraume, worm irgend ein 
Ton viermai fibrirt, feine Terz fiinfmal, feine 
Quinte fechsmal, und feine Octave acbtuiai 
fibrire. Man verfuche es einmal zu den zwei 
Tonen, die hier mit No. i und No. 8 bezeich- 
«et find , zwei andre zu erfinden , welche zwi- 
fchen den beiden No. i und 8 in der MUte 
iiegen follen, das heifst, welche nitht mehr 
Schwingungen, aid der letzte, und nicht \ve- 
niger als der erfte en thai ten; ob es wohl in<"<g- 
licii feyn wird , zwei fo befthriebene Tone 
aufzmvcifen, welche mit dem Haupttone unci 



fciner Octivc I.uchtn- ubrr.-infliinnucn, als die 
vorhhigenaimtc Ter/. und (Quinte. 

Der cinzige m.'.alahe Ton ware der, wel- 
clier in dcin'gedachLen Zeitraume fiebemnal 
Jibiirie, deim alio iibrigen Verlialuiifle find ci> 
fchopl't. 

Allein es vei fieht fich von feibfi, dafs als- 
dann '.einer von den 'iYmen wegfa'len miifstc, 
die hier mit No. i, 5, 5 111^8 bezeichnet 
find, weil imr von vier Tonen the Jiede ift. 
Und nun urtlieile man felbft, ob in dem an- 
genommenen Falle fo viel Uebereinftiruimuig 
Itatt linden werde, als fich bei Fig. 5 bemer- 
ken lafst. Man fieht na'mlich Fig, 5 , daf* 
wenn No. i einmal iibrirt, No, 8 in demfelben 
Zeitraume zweimal fibriren niiiUe, — wenn 
No. l. zweimal fibrirt, fo fibrirt No. 5. drei- 
mal — wenn No. 5 dreimal fibrirt, fibrirt No. 
8 viermai, — wenn No. i viermai fibrirt, fi- 
brirt No. 5 fiinfmal — wenn No. j fiinfmal 
fibrirt, fibrirt No. 5 fechsmal, wenn No. 5 
fechsmal Iibrirt, fibrirt No. 8 achtmal. 

Welche Uebcreinuiinmung! Und grade die- 
fe Uebereinftimmung ill es, welche den rcgel- 
inafsigen reinen Accord ausmacht, den man 
in der Mufik mit dem Nalnnen ties harmonic 
fchen Dreiklangs belegt hat. *) 

Man follte ihn den harmonifchen Vier- 
klang nennen, miichte vielleicht irgend jemand 
fagen : allein in der Mufik pilegt man die Oc- 
tave wegen ihrer nUzugeuauen Uebereinftim- 
mung mit dem Haupttone, niit eben dem 
Nahmcn zu benennen, womit man den Haupt- 
ton benennt. Auf die Art braucht man nur 
den Nahmcn von drei Tonen zu wiflen, xun 
alle Tone zu kcunen, welt lie zu einoui reinen 
Accorde gehoren ; und a us ciiefem Grande hat 
man fich lies Nahmens; haimonifeher Drci- 
klang bedienen wollen. 

Indem ich mich bemuht habe, meine Le- 
fer mit den Grundgefetzen der Harmonie be- 
kannt zu machen, habe ich mir dadurch den 
Weg zu den folgendeu Unterfuchungcn ge- 
bahnt, die nicht viel mehr als llefullate aus 



*) T\ i/1 liirr noeli niulit «l«r Oil en rcig' v n , wehlie 
l'j-1'.nu'rc J f ,j rtiiojji'-i.n diuvh das AiiM-iiiaiiticri fl- 
«kcn «U.r i ni.c cutU'.'hcii » « «ji« iuh iibti.- die 



C re nzen cinr.r Oot-ivo liinaiisfrlii-fiitrn, odnr wean 
jell /l >.;t ■.-imr v : - j i'.w-lv.-n Uu'i'ir.nic uiir «tM<: 
i'iiujl- <jtii_r ni(,Ju-f/-. ! .t viiiU.'j'.'a \-viJl.. 



dem vorhevgehenden enthalten werden. Mei- 
ne Abficht war, zu zeigen, woher es konmie, 
dafs in den harmonifchen und mclodifchen Ver- 
vielfakigungen der Tone eine fo unbefchreib- 
lich grofse Annmtb enthalten fey, daft fogar 
das geuieinfte Ohr dicfelbe empfmden mufs, 
wenn es auch die Urfachen und Grimde davon 
nicht anzugeben weifs. Jeder Lclcr wild mir 
zugeilehen, dafs 'vier gleich itarke Time vier- 
liial iiarker auf unfre Nerven wiirken, als je- 
der einzclne von diefen Tonen. Stitnden diefe 
vier Tone untcr einander im vcilligen Ein- 
klange, fo dafs keiner davon weder huhcr noch 
tiefer von unferm Ohre enipfimden wi'irde, fo 
miifste daraus eine Winkling entftehen, die 
unfer Ohr wegen ihrer vierfachen Starke nuht 
lange aushalten konnte. Zerftreue ich nun 
aber diefe Tone, oder nuuhe ich, dafs der eine 
holier, der andre tiefer klinge; bringe ich fie 
aber auch zugleich in ein folclies Verhaltnifs 
nnter einander, dafs mein Ohr dabei die grofste 
Uebereinftimmung fuhlej fo entfteht daraus die 
fiifse YVurkung, womit wis die Harmonic in 
der Mufik zu bezaubern pflegt. Indejn unfer 
Ohr durch das glcichzeilige Anftimmen meh- 
rerer Time lebb.tft gemhrt werden mufs, wird 
es zugleich durch die unmerklichen Abwechfe- 
linigen feiner Tonfchwingungen auf eine i.o 
diatctifche Weife gefehont, dafs die Nerven 



»5<j 

nichr. fo friih evfchlaffen konncn, als fie er- 
Ichlaffen wi'irden , wenn mit der namlichen 
Starke ein cinziger Ton auf fie eindriinge. Un- 
fer Ohr vertra»r jedesiual nur einen gewiflea 
Grad von Starke des Tons, der von dem jedes- 
maligen Grade der Spannnng unfrer Nerven 
abhangt. Alles, was diefen Grad i'tberfchreitet, 
mufs liem Ohre widrig uud liiftig werden, 
weil unfre Nerven das Bediixfnifs auszuruhn, 
eben fo wohl empfmden, als das Bedurfnif*, 
gc-mhrt zu werden. 

Durch die Erfindnng der Harmonie unA 
Melodie hat man diefem doppelten Eedurfnilfe 
abzuhelfen verfuclit. Und liefer Verfuch ift 
fo wohl gerathen, dafs er nach einer taufend- 
faltigen Wiederholung iinmer noch die Probe 
ausgehaltcn hat. Von der Hariuonie haben whr 
bisher gefpiochen. 

Aber auch die reinfte Harmonie von T5- 
nen wiirdc unferm Ohre liiftig werden, wenn 
fie ohne die geringfte Abwochfelung inimer 
fortdauern follte. Es ift daher nothwendig, 
uns mit den Regeln der Schiinheit melodifcher 
Tonverbindungen bekannt zu machen, deren 
Unterfuchung wir, um auf einmal nicht zu 
viel zu fagen, unierm Lefer bis auf eincn b$r 
quemern Zeitpunct verfparen wollen* 



4. Nacliricliten aus Briefen. 



Paris den \5tert October 1792. Zwei 
kleine Operetten von einem Akte, Parca und 
la chaumihre , haben in der vorigen Woche 
auf dem Theater de la rue Fcydaau vielen 
Beifall gefundeu. Das /.weite Stuck ill eine 
Fortfetzung des erften. Das Gedicht von bei- 
den ift von Dumonjlicr , der der franzofifchen 
Bi'ihne fchon mehrere gute Sti'icke geliefert 
hat. Die Mufik ift von Gavaux, Schaufpieler 
bei diefem Theater. Das Accompagnement ift 
oft zu bunt und A-erworren, und felbft der Ge- 
fang hie und da unbeftimmt und gefucht. In 
feinen friihern Arbeiten ift Herr Gaoaux weit 
naturlicher und angenehmer. Es fcheint, er 
hat hier den bizaren und iiberladnen Stil man- 
cher neuen Italianer nachalimen wollen und 
dainit hat er fich offenbar Schaden gethan. Die 
VerfaJrer warden indefs beide haufig beklatfcht, 
und Madame Sclo land fi'ir ihre reine helle 
Stimme und Mad. La Sage fur die Annehm- 
lichkeit und Leichtigkeit ihres .Vortrags den ge- 
wohjuteo Beiiali. lien- Gavaux, der in bei- 



den Slacken die Rolle des Parca fpielt, mach» 
te durch feinen vortreflichen Vortrag mehr ah» 
jemals den geringen Umfang und tiie Schwa- 
che feiner Stimme vergeflen. 

— • — Zu den vielen, feit der Revolution 
in Paris neuerrichteten Theatem kommt fchon 
wieder ein neues: das Theatre du Palms , das 
in den nachften Tagen erofnet werden wird, 
und fchon vor einigen Wochen erofnet wor- 
den ware, wenn nicht viele von den Leuten, 
die an c\cn Mafchienen und Dccorarionen ar- 
beiten, als Freiwillige in den Krieg gegangen 
waren. 

— Bei der grofsen Oper fa'ngt man an zu 
bemerken, dafs feit einigen Monathen keine 
Opern von Cluck geeeben word en find. Ewig 
fchade ware es, wenn tier Hafs des Volks pe- 
gen die Konigin, auf die Werke diefes MeU 
lUrs, den fie nach Paris brachte und anfang- 
lich geaen alle Cahalen in Schutz nahin, Ein- 
ilufs haben konnte ! Noch nie blieb das gvoi'ac 



iGi> 



Op<?intlieator, feitdem Cluck feme Opern h\er 
g;ib, fo lange olme eine \orftcllung derfelben. 

So wenig audi der Krleg unci die Revo- 
lution i'tberhaupt den hiefigen Theatern bisher 
gefchadet hat, 1; fehr leidet doch die Concert- 
mulik darnnter. Diefe wtirde vorzi'iglich von 
lblchen Lenten unterftiitzt, die zum Hofe und 
der grofsen Ho f welt gehcirten , oder in den 
Finanzen ihren Ueberhufs fanden. Das grofse 
Liebhaberconcert, das zuletzt von der Loge 
olmipic/ne gehaltcn wurde und wo hi das erfte 
feiner Art in der Welt war, ift ganz einge- 
gangen. Der cine Directeur deffelben, der 
Graf Dogni, ehemaliger Intendant der franzo- 
fifchcn Pollen, ill todt, und der andcre, Heir 
dc la llaye , ehemaliger Fcrmier general , lebt 
auf clem Laiide eben fo eingezogen und klein, 
als er ehemals in Paris grofs und verfchwen- 
derifch lebte. Die vomehmften Virtuofen, die 
Jene Concerte verherrlithten, haben fich auch 
von Paris entfernt, und zieren itzt manche 
kijnigliche und furftliche Capelie. Der Wald- 
hornili Puuto ill einer :ler wenigen, die man 
hier nodi zuweilon in den Conceits und dan 
Vorftellungen dea italianiichen Operettenthea- 
ters hoit. 

Part's den 2.2ftcn Octoher 1792. Im Thea- 
ter It-alien (d. h. das Franzofifcbe Operettcn- 
1 heater) wircl vriedcr ein neues Stuck von 
der Compofition dea unerfchopilichen Gretry 
gfgeben. Es heifst Sa/ile, das Sujet ift a us 
dem Don Quichob genornmen und von Se- 
daij'.e bearbeitet, Es hat im Ganzen wenig 
Wirkung gethan, wiewohl die Alufik eben niche 
Grttry's unwiirdig ift. Es find einzelne Stiicke 
darinnen, die an feine erfte Originalifat erin- 
nern und noch immer Spuren von einer leb- 
luftcn Imagination zeigen. Mit jedem feiner 
fpj>eren Stiicke zeigt fich aber dor Nachtheil 
voin Mangel an Studium der Knnll immer 
inerklicher. Eine frilche reiche Imagination 
mid, angeftrengte Jusendkraft wilfen in friihern 
jahren manches fo zu erfetzen und zu beklci- 
den , dais wenigftens der ungelehrte Kunft- 
frcuml ganz befriedigt werden kann. Wenn 
aber die Imagination zu evkalten anfangt und 
der auf feinen friiherworbnen Lorbeern ruhen- 
de Kiinftler mit wenig Anftrengung erhalten 
inc'iehte, was fri'ih er in feiner vollen Kraft 
mit hochfter Anlirengung eivvarb, dann wild 
der Mangel an inuerni Gewicht und an Cor- 
rektheit Tiberali fo fichtbar, dnfs audi der Laie 
eine ilmi freilich unerkliirbare Leere und Kiilty 



fiihlt. Komnit nun lioch der fatale Umftand 
dazu, dafs der Ki'mftlcr wa'lmt, jenen Mangel 
mit eitlem Aufhiiufen hart undgelehrtklingendor 
Harmonieen und Ausweichungen erfetzen zu 
liiijffen, und wcifs er auch diefes niuht ein- 
inal mit ticbter Kunftcharlatansklugheit anzu- 
greifen, fo lekleu Ohr und Sinne bei jedem 
Zuhsjrer zwiefjeh, und man kann mir am 
Ende eincs Stacks aplaudiren, well man fulilt, 
man ift dem Mamie, der fo lange und fo viel 
zur Beluftigung dea Publikums beitrug, Dank 
fchuldig. 

Gobha den iften November iJQl. Zur 
wahren Freude aller Mnfikfreunde ift hier wic- 
der fur diefen Winter ein angeuehmes Lieb- 
haberconcert zu Stande gekommeu, welches 
Heir Sctilik, der vortrefliche Violoncellift, und 
feine Frau, die unter ihreiu Geburtsnahiuen 
Sbrinazachi beruhmte, gar liebe trelliche Vio- 
liniftin, mit ihren feltnen Talenten verfcho- 
nern. Wir haben hier fo viele brave Ki'inft- 
ler und Kunftlerinnen, die bei Hofe, feitdem 
uns der uuerfetzliche Capelhlirector Bctula ver- 
lail'en hat, und feitdem der Capellmcifler 
Sekweizer todt ill, Lift g;ir nichL gebiauclit 
werden. Ein trauriger Umftand , der um fo 
ejiipfindlicher fur die herzogliche Capelle feyn 
jnufs , da die regierendc Ilerzoginn eine ii elite 
Kennerinn und Freundin der Tonkunft ift. 
Der gluckliche Uni'laud , d.ifs der Ilerzog in 
London an den ll.indelfclicn Meifterwerken 
Gefchmack gefunden hatie, liefs uni eine neu« 
fchime Epoche fi'ir die Tonkunft hoffen, die 
um fo wich tiger und wohlthfitiger ftir die Kunft 
felbll feyn mi'ifste, da eine lange und auf* 
aufserfte geti-iebcne Abweichung vom grofsen 
achten Gefchmack, die Ili'ickkehr zum verlafte- 
nen guten Wege vorzuliereiten und doppelt 
wiinfclienswerth zu machen fcheint. Wir hof- 
fen noch immer! — . 

Der Capelhlirector Benda fiihrt fort, fein 
ganz von der grofsen Welt abgezogenes ftille* 
philofnphifches Leben in der fchonen Gegend 
bei l\onneburg im Altcnburgifchen zu leben. 
Gerne gi'umen wir ihm die fufse Kuhe nacH 
l^ngem th.'iligem riihuilichem Leben, und hof- 
fen, er wirtl uns am Ende auch die fchonen 
Fruchre', die diefe felbfigewahlte Ruhe hervor- 
bringen mufs, geniefsen laifen. 

Paris den St en .November 179C Bus 
neuefte Product auf dem Iheabre de la rue 
Feydeau ill der Sabinetwaub Yon Piccard ; ein 

ziem- 



id 



zieinlich lebhnftes Stuck en vaudevilles; *) Die 
Romer, die eben ihre Stadt erbaut, auch fchon 
Weinberge haben, die eine gute Einfammlung 
verheifsen, haben noch keine Weiber; ihre 
JJachbaren, die Sabiner, haben Weiber, aber 
keinen Wein. Kin Sabinergreis, der den Wein 
better geniefsen kann , als die Weiber, fchlagt 
einen Tauich vor. Die R inner laden die Sa- 
biner zu eineiii Fcde. Diefe konnnen mit 
ihi'en Weibern. Man giebt den Mannern hin- 
langlich Wcin zum Einfchlafem , den Weibern 
gerade genua, um ihre Imagination zu beleben. 

Eine Rivalitat zwifchen Romulus und Tul- 
lus, einem }un«ren .Schiiter, die beide die Toch- 
ter des Tatius lichen, thut keine Wirkung auf 
dem Theater. Nacli eineni fehr wohl vorge- 
ftellten Gladiatnrkanipl'c , verfolgen die Romer, 
die die fabiniuhen Manner ini Schlaf verfun- 
ken fehen, die W'eihcr, ilie vor ihnen fiiehen. 
Die Sabiner erwachen und folgen ihnen. Al- 
les greift zu den WafFen. Die Weiber fchla- 
genfich ins Mill el, unci das Stuck endet mit 
dem bereits vorgel'chlageuen Taufch. 

Bel der erften VtnTtellnng haben einige 
gedehnte Stellen und einige Unordnungen in 
der Ausiibung der Wirkung gefchadet. Die 
Munterkeit und der Geid vieler Gelange, und 
die Rolle eims alten belrunkenen Sabinermi- 
riider, werden das Stuck gewifs beliebt ma- 
chen. Die Gef.mge find gut gewahlt; nur 
mjifstc die viel zu erndhafie und traurige An- 
ruffing der Romer bei der Statue des Mars 



fehr abgekfirzt, wo nicht gar weggelaflfen wer- 
den. Der Gel'ang Ainors und der Venus am 
Ende des Stiicks war auch weder von Seiten 
der Mufik notlr der Poefic fo intereflant, als 
es in dem Momente feyn konnte und mufste. 

Neapel den i5teu September i?g2- — — 
— Die Operetten, die in der lelzten Zeit hier 
das meide Auf.'ehen gemacht -haben, find: 11 
Jauatico in berlina, o Jia la lacanda, n lit Mu- 
fik von Paifwllo ; 11 Poet a di Campagna von 
Gugliclmo und le trame Spirilofe von Tritto. *) 
Paifiello, der was die Ausarbeitung anbelangt 
zwar immer mehr auf leinen Lorbeern zu ru- 
hen beginnt, bleibt durth leine angenehmen 
Meiodieen und oft gliick lichen lebhaften mufi- 
kalifchen Scbilderungen innner noch der treb- 
ling des neapolitanifchen Publikums und des 
Hofes. Gugliehni wendet augenfclieinlich mehr 
Sorgfalt auf die Ausarbeitung feiner Operelten; 
er arbeitet auch mit mehr Rulie und i ti 1 lev 
Muil'u, indem er fad befi.j'ndig auf eineni klei- 
nen Landhaufe vor der Stadt wohnt. £r ift 
ein gar lieber heiterer Alte; und wenn man 
ihn gefehen und gefprochen hat, wundert man 
fich nicht mehr iibev die Annehmlichkeit und 
l-'rifche, die feine Melodieen noch innner ha- 
ben. Der vorjahrige Aufenthalt der verwitt- 
weten Herzogin v.m W'eimar, von der cv noch 
innner mit Begeiderung fpricht, und die ihn, 
durch ihre fchontn kleinen Goncerte, die fie 
fad t/iglich gab, nngmchm befchaftigte, hat 
den lieben Altcn um viele Jahre wiecier ver- 
ji'uigt. 



5. RECENSIONEN. 



Sammlung dculfcher Gedichte , in Ulujlk go- 
fetzt von G. C. Gra/ieint. Bei 23. Schott 
in Mainz. Koftet i Fl. 12 Xr. 

Die lMelodieen diefer Lieder fmd voll 
Imiigkeit und ridirender Naivitat und wenn 
Hr. G. fich noch u'w Muhe g^ben wird, fie 
von Seiten der Behamllung dev Pocfie correk- 
ter zu machen , fo werden mehrere diefer Lie- 
der unter die beften deutfehen Gefa'nge zu zah- 
len feyn. Am haufigden verftofst Hr. G. ge- 



gen die Interpunction. Man findet haufig hal- 
be und gauze Gadenzen, da wo der Sinn des 
Verfes noch nicht vollendet id, der Vers oft 
nicht eininal einen Abfchnitt hat. Wie z. B. 
Seite a, Takt 4. S. 5, T. 2 und 4. S. 10, T. 
4 und 8. S. 14., T. 4 und 8, S. 18, T. 4 
und 12 (ohne diefen Fehler ware diefes Lied 
iiberaus 1'chun!) 

Vorziiglidi gefallen haben dem Rec. die 
Lieder S. 5 und 4 (bis auf die Wiederholung 



") Das lioifst: tin Su'ick, dai aus lauter bekaitn- 
icii Volks- 11111I Ojn'rvticninulndiucn ztir.unnien!ie- 
fcixt id, (Iciicn liuuo, fin Gaiues foriiiircn'Je, 
Text* unlci'iielegt worctn. 

A. d. H. 



9 ) Wer die ohengonauntcn Opcvetten zu liabcii 
vrilnfthr, beliL-be, ficli tlcsbalb an die neuc Berk 
MufiKJiau'.lhuig ?.u vyemlcii. 

D. II. 

Z 



i6a 



des vierten Veifes, die nur ein Nothbehelf ift). 
<■-. 6, 9, unci ic (bis auf den empfindungswi- 
drigen Fall der Melodie iiber dem vierten Vers). 
5. i3. Wo aber die an fich fehv fchcine Melo- 
dic iiber dem fiinften und fechften Vers die 
Empfindung irre leitet; fie ift wie ein Blick in 
vcvgangene Seeligkeit, und foil doch nur das 
melancholifche Gemalde vollenden helfen. S. 
10 und so. Hier ware aber zu wunfchen, daft 
«ler ( Componift, befonders in Riickficht der 
iibrigen Strophen, den, audi fur ein Lied 
iiberall zu frappanten Fall am Schlufse zu ver- 
meiden , oder zu ittildern gefucht hatte. 

Ganz mifelungen fcheint dem Rec. nur 
das Vnterlandslied S. 16 , das aus eineiu Stuck 
einer zieuilich gewohnlichen italiariifchcn Arie 
beiteht. Das Gegenftuck S. 17 ift belTer, doch 
ift dem Rec. die weiche Tonart und die Bafs- 
bewegung, deren fich der V. audi fchon in 
einigen Liedern bedient hat, etwas anftofsig. 

Der Rec' nahm es mit diefen Liedern, 
die an IntereiTe manche correctere Sammlung 
welt ubertreffen, fo genau, weil er mit wa liver 
Freude in Hrn. G. , von dem er bisher nichts 
gekannt hat, einen vielverfprechenden deut- 
i'chen Liedercomponiften erblickt, tier es fich 
felbft und dem Publikum fchuldig ift, bei fei- 
nen kiinftigen Arbeiten alle Muhe anzuwen- 
den, um ihnen auch Gorrectlieit und Vollen- 
dung zu geben. 

/. F. 



Trots Sonates pour le Clavecin ou Forte 
Piano compofees par A. E. Mullcr. Of- 
fenbach) chez J. Andre. Prix v\ F. 

Mit recht frohem innigem Genufs ift Rec. 
dem fchonen vollen Strolmie der Empfindung 
und der Imagination des Componiften diel'er 
Sonaten gefolgt, die fich unter fehr vielen 
neuern Clavierfachen gar fehr zu ihrem Vor- 
theile auszeichnen. Es find ganze Satze in 
fliefen Sonaten, die an Eriindung und Aus- 
fuhnmg felbft einem Clementi Ehre machen 
konnten. Sie verrathen auch einen fehr feu- 
rigen und empfindungsvollen Clavierfpie'er aus 
der Clementifchen Schule. Was Rec. am mei- 
ften daran erfreut hat, ift das Beftreben, bei 
grofsem Reichthum, der oft Ueppigkeit erzeugt, 
und bei unaufgehaltnem Fortftrohmen des Ge- 
fanges und der reichhaltigen Figuren, nach 
Correkthcit und Einheit. Diefes iichte Kiinftler- 
ftrebcn gicbt die fichore Auslicht, dal's II. M. 



dem grofsen und kleinen mufikalifchen Publiko 
einft mchi feyn und bleiben kann, als uufer 
Fteyel ; derdurch feine erften gli'ick lichen Nach- 
ahmungcn Haydnfcher Satze, dem grofsen 
leichtglaubigen Publico weit mehr verfprach, 
als er gehalten hat. DelTen angenehmes Ta- 
lent man fchon geneigt war, mit Hayd'ns 
Originalgenie zu vergleichen, und von deil'en 
Kiinfilerverdienft faft nur noth die Hofdamen 
und Mufikhandler fprechen. Apollo behiite Hrn. 
M. fiir Hofdauien- unci Mufikhandlergunft! 

Zweiter muJikaUfcher Bhtmenjiraufr. Im 
Verlage der neuen Perl. Mujikhandlung. 
Preis 16 Gr, 

Es giebt fiir einen gefiihlvollen Menfchen 
fo manchen fufsen Augenblick im Leben, wo 
fein von mahnichfachcr Empfindung durch- 
bebtes Herz fo gerne ausftromen mochte, und 
wo er fich nach einem Medium umfieht, um 
feine Gefiihle, nut welchen er, follen fie in ihm 
verfchlollen bleiben, nichts anzufangen weifs, 
in ivgend ein andcres lebendiges Wefen , und, 
hat er das nicht, in ein leblofes iiberzuleiten, 
das ihm den reinen Nachhall Ceiner Empfindun- 
gen wieder gebe. Da ift nun nichts Sufser9 
unci Willkommneres, als ein Lied voll Ein- 
falt und Naturempfindung zur Hand zu haben, 
das man, ohne dabei an einen Mangel clurcli 
Kunftgeprange verfehlter Wahrheit erinnert zu 
werden, in fein Klavier hinein fingen kann. 
Lieb und angenehm mufs uns daher jede mit 
Sorgfalt gewahlte Sammlung von Liedern feyn, 
die, indem fie reine, edle Verfe a'cht und 
fchmucklos darftellen , des StofFs zu Gedanken 
und Empfindungen fo viel darbieten. Nichts 
von mufikalifchen Dingen lafst fich fobald be- 
greifen, veiftehen unci nachfingeii , und nichty 
vermag fo leicht von Mund zu Mund, von 
Herzen zu Herzen iiberzugehen , als ein gutes 
Lied. Aber der Kunitkenner und jeder, wer 
fich in <liefer Gattung verfucht hat, weifs auch* 
wie fchwer es ift, ein fo leicht uberfehbahres 
Ganze, in welchem eben darum vorziiglich 
Klarheit, Einheit und Vollendung feyn mufs, 
und worin fich fobald die nachfolgenden Stro- 
phen mit dem Gefange der erften uberwer- 
fen, in einem leichten Gufs darzuftellen, fo 
dafs nichts leiditer, als ein folches Lied, wenn 
es einmul da ift, fich fingen ialfe, und dafs es 
fcheine, als fey es, ohne die Kunft um Rath 
zu fragen, lediglich bei der miitterlichen Na- 
tur beftellt. Abev die Natur ift eine gute und 
vemimftige Mutter, unci gewiihrt fo was jvu* 



103 



ilrren befl*em Kindern, die es fich mu Hire 
Gunlt durch Anftrengung fauer werden laffen. 
Es gehort fchon eine geiibte Hand dazvi, um 
em Lied zu machen, dem man es anfehe, dafs 
es nicht zwecklos hervorgeklimpert fey, nnd 
nicht Worte nnd Mufik einftweilen nur neb en 
einander fortfchlendern, olme fich weiter cin- 
ander anzugehen. Es fetzt vielmehr ein lei- 
fes nnd richtiges Gefiihl der herrfchenden Em- 
pfindung, nnd des Sinnes iin Liede, de9 poe- 
tifchen Nmnerus nnd Wohlklangs, der orato- 
rifchen nnd mufikalifchen Deklamation nnd 
Recitation, Bekanntfthaft mit der eigenthiim- 
lichen Oekonomie in der Begleitung eines Lie- 
dergefanges und mit noch manchem andern 
vorans, wovon fo viclc nichts ahnden, die da 
glanbcn: ein Lied Fey ja nur eine Kleinigkeit, 
nnd man konne iie zu Dutzenden frifch weg 
fchreiben. 

Abcr wer 7. B. nnr bei dem einzigen klei- 
nen Licdchen von Kunzen : IJabt ihr gefehn 
eiiL Lilie, nicht fiihlt, vvic viel eigenthumli- 
clier Geift nnd Verlaugnnng feiner felbft gleich- 
raiu da/.u gehort, nin folche heimliche, fo 
fcheinbar iich felbft olme Begleitung iiberlaflene 
Melodie zu criinden, dcv hat noch nie ein 
wahres charnkteriftifthes Lied, das fein ware, 
wit fich heruingetragen, und follte er auch 
ganze Maflen von Lied urn dem Publikum fchon 
•zugeworfen ha ben, oder, fo Gott will, ftthro- 
bjn noch zuzuwerfen geclenken. 

Obige Gedanken glaubte Rec. einmal auf 
fo angenehiue VeranlaJlung, als gegenwartiger 
Bltunenftraufs ihm gab, liier aufsern zu iniif- 
Fen, urn auch fein Urtheil iiber denfelben, wo 
judglich dadurch um fo vollgi'dtiger zu ma- 
chen, wenn er von demfelben aus voller Ueber- 
fceugung behauptet,: dafs er der wahren, trefli- 
chen und meifterlichen Lieder nicht wenige ent- 
halte , die alien Anforderungen der Kritik voll- 
kommen entfprechen; ja dafs kein einziges 
darin fich finde, das nicht feinen Platz mit 
Ehren verdiene. 

Die Koinponiften , welche Beitrage dazu, 
— es find ihrer zwei und zwanzig — gelie- 
fert haben, find Gluck, Rcichardt, Schulz, 
Kunzen, Hitter, Spazier , FVejJ'ely, Seidel und 
Gronland. Die Gedichte find von Goethe, 
llolty, Herder, Vofs , Mablhijfon, Jacobi, Fr. 
v. Klenke, F. ff\ A. Schmidt, Gallifch und 
Hermann. 

Wenn Rec. nach feinem Gefiihl beftim- 
men foil, welche Koiitpofitionen iluu am mehr- 



ften zum Here en fprechen, fo find es die von 
Reichardt, S. 10, 14, 20; von Kunzen, S. 56, 
4.0, 44; von Schulz, S. 52; die beiden fiifsen, 
nnd einfachen Geiange von Spazier, S. 22 und 
e8 ; befonders das Standchen , wo der Tonfall 
iin Bafse des dritten Takts gar fehr roinantifch 
klingt und uns ganz an den Harfner aus der 
Minnezeit erinnert; ferner die Deklamation 
von Gluck, die einige hinzugefiigte Begleitung 
fordert, wenn fie nicht etwas zu leer bleiben 
foli, und uberhaupt frei vorgetragen feynwill; 
das von Gronland S. 16 ; und das Opferlied 
an Zeus von Seidel, das nur nicht den grfr zu 
chriftlichen Choralfchlufs haben follte. 

Der Stich ift nicht fo rein und richtig 
ausgefallen, wie iru vorigen Jahre; indeifen 
laflen fich einige Noten, die nicht ganz auf 
der Linie ftehen, und zuweilen nicht genau 
unter, einander gefetzt find, leicht heraus- 
finden. 

zr. 



Seize Chorals, compofe's par Mrs. Rcichardt, 
Giirrlich, Zelter, Kunzen etc. (find in der 
neuen Berl. Mufikhandlung fur 12 Gr. zu 
liaben.) 

Es ift ganz wahr, was auch mit andern 
Worten in dem Yorbcricht zu diefen Chora, 
len angedeulet wird, welche die erften iind, 
die man fiir die franzofifchen Gemeinen in 
den Brandenburgifchen Staaten komponirt hat, 
nnd die nun bereits in Berlin und Potsdam 
eingefuhrt find: dafs an der traurigen Mono- 
tonie der bisherigen geiftlichen Gefange in 
franz. Kirchen vorziiglich mit die vielfylbig- 
ten Zeilen Schuld find, die gar keine Energie 
der Melodie zulaflen. Wer kann fich etwas 
Oederes und Einfcirmigeres von mufikalifchen 
Producten denken, als einen tief nach unten 
zu langfam fortfchleichenden franziififchen 
Halm, wo jede Silbe weit ausgereckt wird und 
worin nichts von der Stelle will? Es wi'trdc 
faft unbegreiflich ftheinen, wie die lebhafte 
gallifche Nation in ihren Kirchen folchen un- 
Ichmackhaften nnd fchwerfalligen Sang fo viele 
Jahrhunderte hindurch hat dulden mogen- 
wenn man nicht wiifste, que les extremile's 
Je tonchent. Wenn ich eine Vermuthung wa- 
gen durfte, fo mochte ich diefe Gewohnheit 
aus der Gefchichte der Entft*hung des Kiichen- 
gefanges in der gallikanifchen Kirche herlei- 
ten nnd crklarbar linden. In des Lv 33evf 
TraUc hiftorhjue et pratique fur U Chant cL 
L 2 



x64 



'ejlajtique fteht nehmlich elne Stelle, woraus 
rheflct, dais die < 



cle J 1 . 

erheuct, dais die erften Gefange, die man in 

Kirchen eiiifiihrte , luxurun'e heidnifche Gefan- 
ge auf heilige Worte gelegt waren ; unci es 
koimte leicht feyn, dafs man, um dem Ilei- 
(lenthum endlich ganz ans dem. Wege zu ge- 
hen, alle auch noch fo geringe Lebhaftigkeit 
der Melodieen" habe vermeiden wollen. "Die 
Stelle ift diefe: 

Les chants de Paganisme , qui eboienb fur 
des paroles dangereufes , out e be place's il 
y a pent -cbre plus de mille ans (LeBcuf 
fchrieb 17/fi,) fir des paroles de uos Foe- 
tes J acre's , furboub les brois dernier s jours 
de la f emetine fainbe, a/in de faire oublier 
les rejles du paganisnw de ce terns -la; 
ron fe fervoib an commencement de la 
voix des eiifans pour toucher les coeurs 
des fidhles par les chants amoureux et 
teiulrcs. 

Dies wird mir noch wahrfcheinlicher aus einer 
Anfpielung, die ich einmal in einem paar al- 
ien Charteken von Raphael Volat err anus und 
Gaitdvntius Urixienfis gelefen zu haben inich 
crimiere. Die gallikanifche Kirche ift eine der 
alteften , und die alteften Antiphonien fchrei- 
ben fich mit aus derfelbigen her; Remi von 
Auxerre , der Abt von Cluny t St. Odon % 
JEftienne, Bruno, Bifchof von Toul, befchaf- 
tie'en iich damit fchon im neunten, zehnten 
und eiitten Jahrh under t. 

Nun das bei Seite ; fo ift es eine ange- 
nehme Erfcheinung, dafs man nach grade bei 
uns anfiingt, fich dem melodieufern deutfehen 
Kirchengefange zu na'hern, und in diefen vor- 
liegenden Pro ben wird alles geleiftet, was man 
fur fo vielfylbige Chorale, als diefe doch noch 
find, verlangen kann. £3 la'fst fich ohnehin 
fchon vermuthen , dafs von Mfinnern , wie 
Rcichardt, Kunzc/i, Zelter und auch von dem 
gefchickten und braven Tonkiinftler, dem Or- 
ganiften und Kammermufikus in Berlin, Hrn. 
Giirrlichf etwas vorziigliches auch in diefer 
Gattung werde geliefert worden feyn. 

Bee. fcheint es indeiTen, dafs im zweiten 
und dritten Choral theils die Melodie fur den 
Chorton an einigen Stellen zu hoch liege, (fie 
geht bis ins zvveigeftrichne g) theils dafs 
in diefem letztern, im dritten und vierten 



Verfe, die Harmonic mehr gelheilt, beflere 
Wirkung thun wi'irde. Uebrigens find die Ball'e 
meift iiberall gut und kornig angidegr, und 
gehen in ernften grofsen Schritten dahin, wie 
es auch recht ift. 

a s. 

Conr. Gottl. Anions Pet-fitch, die Melodie 
und Harmonic der alien hebraifchen Ge- 
fange und Tonjli'tckc- zu eutzijfern. (Im 
neuen Repertorium Cur biblifche und mor» 
genlandifche Litteratur von Paulus. 1. Th. 
Im zweiten und dritten Theile werden aus 
der Theorie felbft nur Folgen gezogen, die 
den Muliker nicht weiter intereifiren, *) 

Es ift eine dem Talmud gleichzeitige Tra- 
dition, dafr die Accente ehedem mufikalifche 
Tonzeichen gewefen find. Anton wagte daher 
die Entrathfelung der hebr. Mufik^ weil man 
bei einer harmonifchen Cc-mpofition annehmen 
darf, dafs die letzte, auch v/ohl die erfte Bafs- 
note den Grundton anzeige, und weil bei ei- 
ner unrichtigen Entrathfelung inu/ikalifcher No- 
ten unmoglich durch blinden ZvifaLl auf rich- 
tige harnionifche Fortfchreitungen gegrimdete 
Melodieen entftehen konnen. Ein einziger ran. 
fikalifcher Accent bezeichnete bei den Hebraern 
eine ganze mufikalifche Phrafe. IndeiTen zei- 
gen fie bisweilen nur einzelne Tone an, wenn 
z. B. eine einzige Sylbe zvvei Accente hat, ein 
Umftand, der fiir die mufikalifche Beftinnnung 
derfelben und fur die Bekanntfchaft der Hebr. 
mit dem ligurirten Gefange fpricht. Wenig- 
ftens wollten die Maforethen (taimudifchen Ge- 
lehrten) durch die von ilmen erfundenen Zei- 
chen die zu ihrer Zeit noch bekannten Melo- 
dieen vor dem Untergange verwahren. Zum 
Leitfaden bei der Auffucbung der Melodieen 
dienet die bei Setzung der fogenaniiten tren- 
nenden Accente (Zoichen eines ganzen ode* 
halben Schlufles) geuau beobachtete Ordnung. 
Da Silluk mit dem Soph Pafuk am Ende der 
Strnphen und ganzer Lieder fteht, fo mufs er 
den Grundton anzeigen. Denn nur in diefem 
fmdet das Ohr die gehorige Beruhigung. In 
den wenigen Pfalmen, in welchen nur zweier- 
lei Schlulle vorkommon, wechfelt der erwiihn- 
te Schlulsaccent blofs mix dem Atnach. S. 
Pfalm 114.. Diefer mufs alfo den erften mit 
dem Grundtone im erften Gi ad verwandten Ton, 



*) Wir Jialteu licute aus Mangel an Rjum die Fort- 
fetr.nng rJev Rei:. fiber Forkels GefchicJite der Mil* 
iick. zurucJc , und geben diefe Kcc. iibcr Hui. An- 



tons Vcrfuch lieber vorher, weil der Rec. jencs 
Wcrks licli darawf be»ieiu. 

D. H. 



i65 



alfo in C den Ton G anzeigen. In denjenigen 
P fa linen, in wekhen dreierlei Schliiire vorkoin- 
iilen , fchliefst fich der crlie Satz auch biswei- 
Icn fchon in tier erften Strophe mit dem Mer- 
ca > diefer nmfs alio den zweiten mit dem 
Grand tone im erften Grad verwandten Ton, 
d. i. in C den Ton F. anzeigen. — Ein zwei- 
ter Leitfaden ift die doppelte Accentuation clef, 
felben Liedcs, nandich die poetifche unci pro- 
faifche. Vergl. Pf. 18 nut a Sam. 2Q; Pf. 96 
•und io5 mit 1 Chron. iG. Ganz unveranderte 
Stellen find nicht nach zwei ganz verfchiede- 
nen Melodieen gefungen worden. So haben 
Pf. 14, i~4j 7 una Pf« ^5, i-5, 7 beinah 
einerlei Worte und einerlei Accente. Nur Pf. 
63, 6 mufste fich die Melodie mit den Wor- 
ten zugleich abandern. Die poetifchen Accente 
find gleichfam der beziiferte Bafs. — 

Die poetifchen verbindenden Accents, die 
keinen eigentlichcn Schlufs anzeigten, waren 
nun: 

1) Munach, das Zeichen des harmonifchen 
Dreiklangs auf der Tonika; er bedeutet alfo in 
eineni Stiicke aus C dur den Dreiklang C clur. 
Ueber einer Sylbe zeigt er einen in der obern 
Octave liegenclen Ton aus diefem Dreiklange an* 

2) Mahpach ~ Dreiklang der Oberdomi- 
nante, alfo in C den Dreikl. G. 

3) Merca H3 Dreikl. der Unterdominante, 
d, i. F dur in C clur. 

4.) Zerach ~ Dreikl. der Secunde vom 
Grundton , in Dur - und Molltonarten , und 
zwar in einer niedern Lage, d. i. D moll in 
C dur; (ehedem B dur.) 

5) Aadma auch der Dreikl. der Secunde 
vom Grundton in Durtonarten , und zwar in 
C dur entweder D moll oder D dur in einer 
hohern Lage; in Molltonarten der Dreikl. auf 
der Septime, weil er mit dem Pfik vergefell- 
fchaftet einen wirklichen Schlufs macht z. B. 
Pf. G, 12 unci einer Molltonart der Schlufs in 
die Sekunde zu fremd ift. 

6) Schalfcheleth ~ Dreikl. der Terz, alfo 
E moll in C dur. 

7) Der hinten ftehende Tiphcha hat mit 
dem vorderften einerlei Bedeutung; er zeigt 
den Dreikl. der Sexte, fulglich in C dur Dreikl. 
A an. — 

Die trenncnden Accente, welche die Schlufle 
der Strophen, der Sa'tzc, oder die Cafuren, oder 
fich auf eine anclere Art auszeichnende Dreiklan- 
ge an den ten, find: 

1) Silluk mit dem Soph Pafuk ~ Schlufs 
in den Grundton, alfo in C dur entweder einen 



•wirklichen Schlufs in C dur, oder doch einen 
Schlufs in 0, als Quinte von F dur. 

2) Atnach ~ Schlufs in die Oberdomi- 
nante. 

5) Merca mit Mahpach ~ Svhlufs in die 
Unterdominante. 

4.) Rebhia ~ Dreikl. der Sexte vom Grund- 
ton. 

5) Der vornftehende Tiphcha ift auch das 
Zeichen entweder eines wirklichen Schlulfes in 
die Sexte vom Grundton oder in die Quarte 
der Sekunde, und zwar in einer tiefern Lage. 

6) Sarka, wenn er nachfteht, ein Schlufs 
in die Mediante, als Quinte von der Sexte, 
oder einen wirklichen Schlufs in die Mediante. 

7} Pafer in Durtonarten entweder einen 
Schlufs in die Sek'.mde oder in die Quinte von 
der Oberdominante, in Molltonarten einen in 
die Septime. 

8)' Gerefch ~ Dreikl. der Unterdominante 
in der obern Lage. — 

Uebrigens getraut Hr. Anton fich nicht, 
zu behaupten, dafs die Hebraer fich in den 
friihften Zeiten after dicfer Accente bedienten, 
da lie anfangs mit fieben auskouimen koimten. 

Man findet unter denPhonicifchenAlphabe- 
ten, deren einem das alte hebraifche ahnlich war, 
Eines, in welchem die erften Buchftaben mit 
fechs oder fieben hebr. Accenten unlaugbare 
Aehnlichkeit haben. S. Eichhorn Einleitung 
ins alte Teftam. Th. 1, zweite Tafel. 

Diefe Aehnlichkeit wird nun gezeigt, unci 
zugleich die mufikalifche Bedeutung der fieben 
Buchftaben in Vergleichung mit eben fo viel 
Accenten feftgefetzt. 

Merca, aus dem Aleph entfprungen ~ 
Dreikl. F. in C dur. 

Terach, ahnlich dem Buchftaben J7 ZZ ehe- 
dem B dur, hernach D moll. 

Gimel, auf den Palaftinifchen Mi'mzen dem 
umgekehrten Tiphcha ahnlich ~ A moll. 

Daleth, umgekehrt dem Pafer ahnlich '. 
Dreikl. D. 

He, ahnlich dem Mahpach ~ G dur. 

Vau ift, die vera'nderte Lage abgerechner, 
dem Sarka ahnlich ZZ Quintfextenaccord , mit 
e im Balfe. 

Sain , der zum Soph Pafuk gehorige Sil- 
luk ZZZ der ganze Schlufs in C dur. 

Es lag alfo in diefen fieben Buchftaben 
diefe richtig fortfehreitende Tonleiter von Drei- 
klangen 

f|g 

.1 • A 



c 
a 
f 
f 
Z S 



e 

cis 
a 



f . .. 
B I A 



d 

b 



g 


f 


a 




c 


f 


b 


a 


c 


e 


i" 


f 



g 

e 
c 

c 



\66 



Zulelzt zeigt Hr. Anton nocli, dafs audi 
die Ucbereinltimmung tier arabifchen Zahlen 
mit dcr bci der Scala der Dreikliinge zu Gran- 



de liegcnden Scala fur feine rithllge EntzifFe« 
ning der Accente binge. *) 

F. II Q. 



6. Nocli eiiiige merkwurdige Stellen von und ilber D. Martin Luther. 



„Was Toll icli fagen von der Menfchen- 
ftimme, gegen vvelche alle andere Gefange, 
Klang and Laut gar niclit zu reclmcn find? 
Denn diefelbe hat Gott mit einer fokhen Mu- 
iica begnadiget, dafs audi in demjenigen feine 
uberfchwengUche und unbegreifliche Gi'ito und 
Weishcit nicht kann nodi mag verftanden 
werden. " 

Wider die Verachter des Gefanges fagte 
er einmal: ,,der Teufel treibet fokhe Leute 
wider die Natur, weldie Natur allein Gott 
dein Schopfer aller Creaturen mit folcher ed- 
len Gabe, der Mafic, dienen, ilin ehren und 
loben follte. Allein es werden diefe ungera- 
tlienen Kinder und IVechfelbdlge durch den 
Satan dazu getrieben, dafs fie folche Gabc 
Gott dem Herrn nehmen und rauben, unci 
dem Teufel, welcher ein Feind Gottes, der 
Natur und diefer lieblichen Kunft ill, daniit 
dienen. " (Encomium Mujices,) 

Von dem mehrflimniigen Gefang fchreibt 
er hochft naiv und herzlich, unci mit wahrer 
Kindlichkeit, mogte man fagen, folgeuder. 
geftalt : 

„Wo die naturliche Kunft durch die Mu- 
fik gefcharfet und probiret wird, da fiehet und 
erkennet man erft znm Theil (denn ganzlich 
kanns nicht begruTen, nodi verftanden wer- 
den) mit grofser Verwunderung die grofse und 
vollkommene Weislieit Gottes, in feinein wun- 
derbaven Werke , der Mufica , in welcher vor 
alien das feltfain und zu verwundern ift, dafs 
einer eine fchlechte Weife oder Tenor (wie 
es die Mufici heifsen) herfinget, neben wel- 
cher drei , vier oder fiinf andere Stimmen audi 
gefungen werden, die umb folche fchleehte 
Weife oder Tenor gleich als nut jauchzen, ge- 
rings hertimb um folchen Tenor fpielen und 
fpringcn, und mit mancherlei Art und Klang 
diefelbe Weife wunderbarlich zieren und 
fchmucken, und gleich einem himmli fehen 
laiizreihcii jithren , freundlich dnander begeg- 



ticn und Jicli gleich herzen unci lieblich urn* 
fahcn; alio dafs diejenigen, fo fuiches ein we- 
nig verftehen und dadurdi bowcget werden, 
fich defs heftig wumierj) mufTen und meinen, 
dafs uiclits Seltfainers in der Welt fey, denn 
folcher Gefang mit viel Stimmen gefchmiickt. 
— Wer abei' (fetzt Luther ein wenig kraftig 
hinzu) dazu keine Luft hat, und durch folch 
lieblich Wunderwcrk nicht bewegt wird , das 
mufs wohl warlich ein grober Klotz feyn, der 
nicht werlh ift, dafs er folche Mufica, fondern 
das wilde Efelgefchrey, oder der Hnnde und 
Sawe Gefang und Mufica hore. (Encom. Muf.) " 

,,Ich bin gar nicht der Meinung, dafs durchs 
Evangelium foil ten alle Ki'uifte zu Boden ge- 
fchlagen werden und vergehen, wie etliche 
Abergeiftliche vorgebeu ; fondern ich wollte 
alle Kindle , fonder licit die AJiiJ'uu, gem fehen 
ini Dienfte defs, der ..c gegeben und gefchaf- 
fen hat." (Vorrede zu feinen Liedern.) 

Viel falfcher Meifter jetzt Lieder ticlucn, 

SieJie dich fiir, unci leni lie rccht ricliten, 

Wo Gott Jiin bav.-et fciu Kirch uml fcin Wort, 
Da wiil der Teu/Tcl fcin Mittrug und Mordr. 

(Ebcndaf.) 

Und nun ftehe no:.'i das Zeugnifs des 
gleichzeitigen fachfifchen Kapellnieifters Hal- 
titer iiber Luther hier, was wohl weruge un- 
ferer Lefer f<nft zu fehen bekommen diirften. 

„So weifs und zenge ich wahrliaftig, dafs 
der heilige Maun Gottes, Lutherus, welcher 
deutfeher Nation Prophet und Apoftel gevveft, 
zu der Muiica im Clioral vnd Figural- Gefan- 
ge grofse Lull hatte, mit welchem ich gar 
manche liebe Stunde gefungen, vnd oftmals 
gefehen, wie der thewre Mann von fingen fo 
luftig vnd frolich im Geifle ward, dafs er des 
fingens fchier nicht kiindte miide vnd fatt 
werden, und von der Mufica fo herrlich zu 
reden wulste. Denn da er die deutfche Mell'e 



•) Was uian in dicfer Ablundlnng am mfiiften ver« 
millet, ift cine deutliche Anzeige des regulativen 
I'rincips, das Hni. Anton bci BiTltimninng der mu- 
iik;ilifcheti liedeuumg der Accente geleilct hat. 
M»u light niclit, warum er, die drei. ScUufsac- 



ccnte ansgenommen , jedem andcrn gcrade dicl'e 
und keine andere J3cdcutnng c;iobt. JL>iefe Bedcu- 
tung fclieiiu ij,ni2 willktiliilleh , und es ftheint, 
dais cin blofs" znfalligcs Zuueffen muJiksiifclicn 
Zufamineniiang gcbe. 



iG? 



zu Wittenberg anrichten wollte, hat er clurcH 
feine Schrift an den ChurfinTten zu Sachfen, 
■vnd Ilerzog Johanfen , hochloblicher Gediicht- 
TJi'ifs, feiuer Clmrfurftl. Gnaden der Zeit alten 
Singmeifter, ILhrn Conrad Rupff, vnd mich 
gen Wittenberg erfordem lailen, dazumahlen 
von den Choral -Noten vnd Art der acht Ton 
Unterredung mit uns gehalten, und befchliefs- 
lich hat er von iluu felbft die Choral -Noten 
octavi toui der Epiftel zugeeignet , und Sc-x- 
tttm tonum dem Evnugelio geoidnet, und 
fprach alfo: Chriftus ift ein frenncilicber Herr 
und feine Ileflen find lieblich, da rum wollen 
wir Sextum tonum zuin Evangelio nehmen. 
Und weil St. Paulus ein ernfter Apoftel ift, 
■wollen wir octavum tonuiti zur Epiftel ord- 
nen. Hat auch die Noten vber die Epifteln, 
Evangelia und vber die Wort der Einfetzung 
felbft gemacht, inir vorgefungen und mein 
Bedenken dariibcr horen wollen; und hat mich 
drei Wochen zu Wittenberg aufgehalten etc. 
Und fiehet und greiiFet man augenfcheinlich, 



■wie der heil. Geift im Herm Luthero, wel- 
cher itzo die deutfehen Choralgefiinge meiften- 
thcils gctichtet imd zur Melodey braclu, felbft 
mit gewirket, fo dafs er alle Noten anf den 
Text nach den rechten Accent und Concent 
fo meifterlich wohl gerichtet hat. Und ich 
auch die Zeit feiner Ehrwiirden zu fragen ver- 
urfachet ward , woraus und woher iie doch. 
diefs Stiicke oder Unterricht batten: Daraut' der 
thewre Mann meiner Einfalt lachte und fprach : 
Der Poet Firgilius hat mir folches gelehret, 
der alfo feine Curmina itnd Wort auf die Ge- 
fchichte, die er befchreibet, fo kimftlich nppli- 
ciren kann. Alfo foil auch die MuJica alle ihre 
Noten und Gefa'nge auf den Text richten. '* 

Ob der Mangel dei Studiums der Dichtei- 
und der Pro fo die und Rythmik iiberhaupc 
nicht auch noch heut zu Tage grofsen Antheil 
an der verkehrten Artikulation der Melodieen 
zu Texten haben mag? 

C. 5. 



7. Magia harmonica. *) 



Befiehend in folgenden ganz befonderen 
Mufikftiicken. 
l) Ein Menuet auf die Violin. Die Prim fpielt 
von oben herunter, die Secund von un- 
ten liinauf. 

fi) Ein geftimmtes Tronvpetten- Stuck. 

S) Rouffeaus Stuck von drei Noten in einem 
franzofifchen Liede. 

4) Rouffeaus Air fuiffe appelle le Mans - des- 

V aches. 

5) Zwei ganz befondere Stiicke fiir Canaricn- 

Vogel. In dem erlten lehrt man einen 
Vogel die Prim, in dein zweiten die Se- 
cund zu pfeifen, dergeftalt, dafs, wenn 
ciner diefer Vogel auch erft in der Mitte 
oder weiter, als den erften Takt fein Stiick- 
gen anfinge, der zweite Vogel, er mag 
anfangen wo er will, cVch hiarmonifch ac- 
coinpagniren wird. 

6) Ein harmonifches Wiirfelfpiel, mittelft wel- 

chem man einen Menuet, Violin, und Bal's 
componiren kann, ohne die Noten zu ver- 
ftehen, und die JVlufic zu will'en. 



*) D'u'Sca Kiinfififick - Vcr/,cithii ; fs, dafs uns als von 
eincr wivklicli c-xi/tirendon nurl znm K.iuf .iitgi-- 
tr.icencn Sninnilinij; eingrf.uult woviIlmi, iit V.:« 
wcrkwiiidig in fciucr .Art, als dafs wir cs unlcrn 



7) Dafs eine Violin den Ton einer Trompette 
von fich giebt. 

Q) Ein Stiick Prim, und Secund auf einer ein» 
zigen Violin, und zwax durch zwei Pei> 
fonen gefpielt. 

9) Ein Stiick das hintev dem Riicken gefpielt 

wird. 

10) Zwei Stiick von zwei Perfonen, bei wel- 
chen die Prim 2uf einer Violin auf ge- 
meine Art, und die Secund gegen ube» 
mit verkehrter Hand fpielt. 

11) Quartetto auf die Violin eingericht, wel- 

ches, ohne anf dem Inftrument zu fingern, 
von vier Perfonen gefpielt wird. Von 
Martinez. 

12) Ein zweites Quartetto von eben diefer Ax\* 

Von Holler. 

i3) Rufsifche Jagd-Mufic, welche in extertfo 
fowohl in mufikalifchen Auffatzen, und 
Noten , als dazu weitliiuftiger Befchreibnng 
von Grafen Nareskin in Petersburg erfun* 
den, und einer hohen Sundea-Perfon den 
aSften December 1733 iiberfchickt worden. 



I.eu-in nicht mittheilen foil ten. Wiv lafTcn e» 
bn: h/iablich Juer abdvueken. Eine Stelle ans ei- 
jiir vfn- zvviiiizip; Jaiu-cn erfchientweu Kanlifchtn 
ficlnift uia^ ts j^clwiicii. 



i<>8 



14.) Solo auFdie Violin, bei welcliem die A Sef- 
te an tier D Saiten Stelle, unci die D 
Saite an der A Saiten Stelle gekreutzt 
werden, doch To, dafs die zvveite Saite 
ihre ordinaire Stimmung, unci die D Sai- 
te ihre ordinaire Stiiiunung beibehalten. 

i5) Drei muficalifche Stiicke niit Accompagne- 
ment auf einer einzigen Violin. 

16^ Ein verftiiumtes Mozartifclies Solo auf der 
Violin. 

17) Mehrere Menueten auf einer einzigen Saite. 

18) Ein Stuck nur auf Einer Saite gefpielt, unci 

der Bogen (chief gehalten, wodurch ein 
harmonifches Pfeifen erreichet wird. 

19) Ein fonderbar mil fi calif dies Stuck, welches 
auf clem Clavier, der Violin, und clem 
Bafs, und zwar auf verfcluudene Arten 
kann gefpielt werden. 

Qo) Menuet i kann nach belieben umgekehrt 
gefpielt werden , und wircl doch das nem- 
liche fcyn. 

ai) Menuet' 2 ift das vorhergchcndc, veikehrt 
aber wild fich ein ganz anderes zeigen. 

qq) Menuet 3. Drehet man diefes urn, fo fin- 
det man den zweiten Theil. 

fi3) Menuet 4. Violin No. 4 und 5 kann man 
in zwei Partien fpielen, einer die Violin 

bei dem A Schli'ifsel, unci einer den Bas 
bfri dem 0',j: Schli'ifsel. 

C4) Auf der Bafsgeige und Violin zugleich zu 
fpielen. 

fi5) Befonders gebogenes Papier, welches gleich 
Anfangs e'men Haufen Noten vorftellt, unci 
nachgehends , wenn das Papier neuerdings 
gebogen wird, unci die Noten dadurch ver- 
deckt find, eine Schrift zum Vorfchein 
bringt. 



fl6) Der allz'eir fertige Polonoifen- und Me- 
nueten Componift. 

£7) Ein Violin Solo, das zur Helfte unter den 
vier Saiten gefpielt wircl. Von Loll). 

£8) 80 andere kim/Hiche Stiicke, die man 
Weitliiuftigkeuen zu erfpahren, nicht an- 
zugeben verinag, \md thcils als Flo ten, 
Chahuneaii , ikh fclbft accompagnireud, 
Pizzicato, Su una Car da, YVachtel, Kuckuck, 
und mehrere fondci lidie Dinge dutch ganz 
befondere Accorde darftellc. 



Eine Stelle aus Kanls Bcobacldwigcn uber 
das Gefi'ihl dcs Schauta und Erhabcuen, 

Es ift ein ge witter Gei/i der Kleinigkeiten 
(efprib des bagatelles) > welcher eine Art von 
feinem Gefuhle anzeigt, welches aber gerade 
auf das Gegentheil von dem Erhabenen abzielt. 
Ein Gefchmack fur elwas, weil es fehr kiinft-. 
lich unci miihfam ift, Verfe, die fich vor- unci 
viickwarts lefen lalfen, Iia'thfcl, Uliren in Bin- 
gen, Flohketten etc.; ein Gefchuiack fiir alles, 
was abgezirkelt und auf peinlkhe Weife or- 
deullich, obzvvar ohne Nutzen ift, z. B- Bii- 
cher, die fein zierlich in langen Reihen im 
Biicherfchranke ftehen , und ein leerer Kopf, 
der fie anfieht und fich erfreut. Zimmer, die 
vvie optifche Kaften geziert und tiberaus fau- 
ber gewafchen find, zul'amt einem ungaftfreyen 
und mi'urifchen Wirthe, der fie bevvohnt. Ein 
Gefclnnack an alien demjenigen, was feken 
ift, fo wenig, wie es auch fonften flen innern 
Werth haben mag. Epiktets Lanipe, ein Hand- 
fchuh von Konig Carl dem Z wolf ten; in ge- 
wiifer Art fchla'gt die Miinzenfucht niit hier- 
auf ein. Soldi e Perfonen ftehen fehr im Ver- 
dachte, dafs fie in den Wiilerifchaffcen Grithler 
und Grillenfaiiger, in <\cn Sheen aber fiir alle» 
das, was auf freye Art fchtin oder edel ift, 
ohne Gefiihl feyn werden. 



8. Nacliricht von acliten alten italiaiiifclieii Inftrumenten. 



Bei Hrn. Franz Albiuoni und Camp, in 
Mayland find folgende Inftrumente um billige 
Preife zu haben. 

Violincn oder Geigen. 

Von Antonio Hicr. Amati aus Cremona von den 

Jahren 1617. 1618. 1662. 1664. 
Von Andrea Guarnerio aus Cremona vom Jahre 

1C62. 



Von Glufeppe Guarnerio aus Cremona vom J. 

1707. 
Von Pietro Guarnerio aus Mantova v. J, 1717. 
Von Francejco Rugeri aus Cremona v. J. i655. 
Von Joan. Batt. linger i aus Brefcia v. J. 1690. 
Von Anion. Stradivari aus Cremona von d. J. 

1714. 1719 un.I 1724. 

.Von Carlo Bergouzi aus Cremona vom Jahre 

Von 



i6"t> 



Von Giovanni Gr.vicino. ans Milano v. d. J. 

iG'ji. "65. 90, 9} uini 1701. 
Von Carlo Tejlore aus Milano v. J. 1717. 
Von Maltia Albani aus Rom v. J. 1702 u. 1709. 
Von Santo Serafiuo aus Venedig v. J. 1698. 
Von Santo Alaggiui aus Brefcia v. J. 1690. 
Von Cappa aus Saluzzo v. J. 1661. 
Von Abate Bonporli aus Trient v. J. 1C90. 
Von Meiadri aus Lucca v. J. 1702. 
Von Tononi aus Bologna v. J. 1711, 
Von A/ to ay mo. 
Von Jacobc Steiner in Abfom prope Aenipon- 

turn v. J. i6$i, 

Bratfchcn, 

Von -futon, Uier. Amati aus Cremona v. J. i5g2 
un.1 1619. (di f'.)nna fp : ccoIita grande.) 

Von O.ov. Maria Ua Huijetu aus Cremona v. J. 
x-58o. (di forma comoda.) 

Von Giov. Grauciuo aus JMaylaud v. J. 1G6G. 
(di forma comoda.) 



Bajfcttcls odor Iluloncelli. 



Von Jut. Uier. Amati aus Cremona v, J. iQiq, 

(di forma grand e.) 
Von Nicolo Amati aus Cremona v. J. 1692. (di 

forma comoda.) 
Von Andrea Guarneri aus Cremona v. d. J. 1662 

unci 1679. (di forma comoda.) 

Von Giovanni Granciuo aus Mai land v. d. J. 

1693. 99. unci 1700 und 1701. (di forma 

grande e comoda.) 
Von Lorenzo Storioni aus Cremona v. J. 1778- 

(di forma comoda.) 

Von Jacob Steiner noch ein kleiner Contrabaflo 
v. J; 1664. unci eine Fiola di Gamba vori 
1643. 

Fur den deutfchen Kunfifreund ffigen wir 
die Anmerkung hinzu, thd's A. It. Amati, Ant. 
Stradivari unci Jac. Steiner fur die groistcui 
Meilter gehalteu wurden. 



Der Hi-. B. v. W r . in D. hat mis gegeu die 
Recen/ion im vierten Stuck diefer Monaths- 
fchrift S. io5 fiber zwei feiner Schriftcn eine 



ilvucKvii augenusi^ ciais wir una tier > erum- 
tlung mit clem fehr hochachtungswerthen Ge- 
Ichrtcn, der jene Becenfion aufgefetzt hat, un- 
werth machen wurden, wenn wir fie in cliefem 
Blatte , an welchem er aus reinem aclitem 
Kunfteifer Antheil niramt, abdrucken liefsen. 
Ueberdem zeisit diefe fogenannte abgedrnngene 
Gegenerklaning nur den aufgebrachten eillen 
Autor, und euthalt kcin cinziges Wort zu na- 
herer Beleuchtung der Sache, oder zn Wi- 



,9. Die Herausfeber an Urn. B. v. W. 



-derlegung der Becenfion. Wir glauben daher 
dem Hrn. B. v. W. felbft einen Dienfi zu er- 
zeigen, dafs wir ilm nicht mit einem ange- 
fehenen und allgeinein hochgeachteten Gelefir- 
ten in die unangenehme Lage bringen, fich 
kiinftig bei kalterem Blute. einer in der Lei- 
deufchaft begangenen Unart fchamen zu muffen. 
Das beigelegte abgedrungene Pro memo- 
ria an die churfvirfllich - fachfffchen Herren Ca- 
pellmeifter in Geftalt eines Briefes, der immc* 
nur einen weiter nicht genannten Herrn Ca- 
pellineifter anredet, hat wohl follen ei<"entlich 
auf die Poft gegeben werden , und i/t daher 
wohl nur aus Verfchen in den Umfchlag fi'ir 
die neue Berlinifche Mufikhandlung gekommen. 



10. Ein Wort an Herrn Schwenke in Hamburg. 



HeiT Schwenke hat geglanbt, er muffe dem Rc- 
cenleiucn feiner 7.wei SoWtenranimliiiiijcn , mit def- 
fen Uribeii 111c lii'jii; £aii7. <;ewi< bfijje Kiinltler in der 
TTaii plf.11 lie vwl!:^ r jir. <•> ft,TiiJi.;i liud, (wie aid' Vi. 1- 
lanxi'n iczciit v. ' ideii k.uiii) ciic Urbnniiat, die er ihm 
wicderfalireh l.-.l'-.-n, mil l-rg ■ zc^ciili&h , und aitfikh- 
ti2;cs KiiiiiiinU!;-Ce mit iihhrrlichvm Vornrhi; .ihur und 
J'orilrrhuti" fi-iiur Woric in dein unpartiieiifi )>jn ham- 
btsrii'fclien C<>m.fpoiulen!eu vcreelkn. DicLr plaitht 
nun" Hrn. Schw. nicht befltr dafiir diencn zu kimjirii, 
*li weuii ci Uiu grofscu Vcrdicuiic, die fich dcifelbe 




-• .^.u «.ui, wenn man glaubcu 

knnn , <r k.,11,,0 hier und don wohl nocb l c J,fiii. R* 
ift «h.fh ruic fcli.-.ne Sache „ m die VtrntrbtfrrHchkeif 

heneil.cJie Hr. Schwenke incJit iraend einnial norli 
aus dielem fufsen Traum aufgeftyrt w«r<len SSgte" 

Recenfeiu-. 



11. Nacli richt. 

IT.: vv Tl'eVer, <-Iie*-n.ih Mnnkdirokmv beiw ("to ft. 



tnnntitr.l.nti 'Jii-aitr and 11.1 liberie ,•• Cvnu-ortiMei/'i 1 iji 
Sjirui'uck, V'Ju dciu liicr iiuliiu^U cine ucfiiclic jMu- 



fik: T Wings Totfrffeier, mu f.d.r rcrdicnicm B.;'ir.ill 
nuLdubrt wt.rden , ,/ t ; ,l s MmikdirAu.r bei deni 
iwnnijl. Nauoiiflllhcaicr aiigdUllt worden. 

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ll.iin! Jer von der Gotterfrieden, 

Wie vom Thau die Piofe trauft, 
\Yu die Friuht dev Hcfpuriden 

Zwifrhen Silbcvbliiten reift ; 
Dvn tin rofenfarbncr Aellier 

Ewij; imbcwolkt urnflrufst, 
Dtr den Klagctou vcrfthmahter' 

Zartlichkcit veiTtumnien heifst : 



Pfyche rrinkt, und nicht vergebens! 

l'loi/.lich in dcr Fluteti Grab 
Sinkt das Isaduiii'ick ibrcs Lcbeua 

Wie eiu Traumgcfiiht Jiiaab 
Cl.m'/.cndtr, niif kuhnein Fluj,c-ln 

Schwebt fie ans ties Tlules Nacht 
Zu den goldbeblfunten Hugeln, 

Wo ein ew'ger Frtthling lacht. 



Freud igfihaueYjnl in dcr Fiille 

Iluhcr Gcticif. liskeit, 
Gviifit , cntflohn dcr Erdcnhiille, 

I'fvche, dciiu- Dunkelkeit, 
Wuiiiici wo kein Ncbelfchleier 

Hires L'lii'ifs J'ltiiiv- tviibt, 
Wo fit; fifiiiij.i-1 und freit.r 

Den cullmmliun Fiuig tibf. 



Welch eiu feicrliches Schweigen! 

Lcifo uur wie Zcphirs Haueh, 
Saiiftlts in den Lorbeerzweigen 

Lebts im Amarameuiiniughi 
So in heilger Stille nth ten 

Lnft und Wogen, alfo fchwieg 
Die Nairn- , da ans den FlutJien 

Anadyomene Itiog. 



Ha.' fchon cilt anf Rofcnwegcn 

In vcrklaner JLichtgcitalt , 
Sie detn Schaiteurh.il entgegen, 

Wo die Jicilir Lethe wullt; 
Fiibh lich m.iiif^li hingezogen, 

Wie v<»n lt-'iier Geifterhund , 
Schaut entzi'ickt die Silberwojieu 

Und des Ufers Bltunemand ; 



Welch ein ungewohnter SchimmcrS 

Erdcl diefes Zauberlicht 
Flamnue fclb/t im Lcm/e ninuuev 

Von Aurorens AnscJiclit! 
Sicb , dus flatten Efetis R.inken, 

Tauchen hell in Pur'purglauz ! 
Blumen, die den Quell umwanken, 

Fuukcln wie ein Sternenkvaiu. 



Knict voll fufscr Ahnduns; nieder, 

Stbr.pfvi, und ilir zitternd Bild 
Leuchtet ans dun Stromc wieder, 

Dcr dcr Menfchheic Jammer /iillt, 
Wie anf fanfter iVkcresflacbe 

Die entW'ilkre Luna fehwimnit, 
Od<r ivi K.i iit.jll dcr Biiche 

Jlffj'i :s g.-idno F.ickcl glimmt. 



So beganns im H.iin zu tagen, 

Als die kcufcJ.e Cynthia , 
Hoch vom Itolzen Drachenwagcn, 

Den geliebten Schliifer fall. 
Als die Flurcit hch verfchOnten 

Und, init holdem Zaubeitoi»|, 
Gottcrmelodieen Uuintcu ; 

Stliger Eiulymion. 



Maithiflon. 



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Am dem LI. Pfalm, von Herm Cail Fafch. 

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Verfetfo, 
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